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WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016

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42 | W+M TITEL KLUGE KÖPFE<br />

in der Hochschullandschaft der neuen<br />

Bundesländer zum Teil moderner als in<br />

den alten Bundesländern. In den Hochschulen<br />

gibt es diese Ost-West-Thematik<br />

heute eigentlich nicht mehr.<br />

W+M: In Ostdeutschland ist die Wirtschaft<br />

durch einen zumeist kleinteiligen<br />

Mittelstand geprägt. Es gibt kaum Konzerne<br />

und große Unternehmen. Kleine<br />

Unternehmen haben jedoch kaum eigene<br />

Kapazitäten für Forschung und Entwicklung.<br />

Was tut Ihr Ministerium, um<br />

Mittelstand und Forschung enger zusammenzubringen?<br />

ZUR PERSON<br />

Johanna Wanka wurde am 1. April 1951<br />

in Rosenfeld (Landkreis Torgau) geboren.<br />

Nach dem Abitur studierte sie Mathematik<br />

an der Universität Leipzig. Von<br />

1974 bis 1993 arbeitete sie in verschiedenen<br />

Funktionen an der Technischen<br />

Hochschule Leuna-Merseburg. 1994<br />

wurde sie zur Rektorin der Hochschule<br />

Merseburg gewählt. Im Jahr 2000 startete<br />

sie eine beispiellose Ministerkarriere:<br />

Bis 2009 war Wanka, die im Jahr<br />

2001 der CDU beitrat, Ministerin für<br />

Wissenschaft, Forschung und Kultur in<br />

Brandenburg. Zwischen 2010 und 2013<br />

fungierte sie als Ministerin für Wissenschaft<br />

und Kultur in Niedersachsen.<br />

Seit Februar 2013 ist Johanna Wanka<br />

Bundesministerin für Bildung und Forschung.<br />

Sie ist verheiratet und Mutter<br />

zweier Kinder.<br />

Johanna Wanka: Seit Mitte der 90er<br />

Jahre gibt es zahlreiche Programme.<br />

Wir haben aber insgesamt die Situation<br />

in Deutschland, dass die kleinen und mittleren<br />

Unternehmen noch nicht genug an<br />

den vorhandenen Forschungsmitteln partizipieren.<br />

Die Förderung des Bundes ist<br />

zwar über die Jahre gewachsen, die Innovationskraft<br />

der kleinen und kleinsten<br />

Unternehmen ist jedoch konstant geblieben<br />

und hat sich mitunter sogar abgeschwächt.<br />

Das war für uns der Anstoß<br />

für das Programm „Vorfahrt für den Mittelstand“,<br />

das wir im Januar <strong>2016</strong> gestartet<br />

haben. Mit ganz konkreten Änderungen<br />

in der Förderkulisse in unserem<br />

Haus. Zum Beispiel muss jetzt ein Unternehmen<br />

nicht gleich einen kompletten<br />

Antrag auf Forschungsförderung<br />

stellen, der möglicherweise<br />

sehr aufwendig ist.<br />

Es genügt zunächst, nur eine<br />

Skizze einzureichen. Dann<br />

bekommt das Unternehmen<br />

eine Einschätzung, ob es sich<br />

lohnt, einen Antrag zu stellen<br />

oder ob es von vornherein wenig<br />

Aussicht auf Erfolg gibt.<br />

Wir wollen damit auch die<br />

Unternehmen noch zielgerichteter<br />

mit den<br />

Fachhochschulen<br />

zusammenbringen<br />

und so nach wie<br />

vor bestehende<br />

Berührungsä<br />

n g s te<br />

abbauen.<br />

W+M: Sie engagieren sich dafür, jungen<br />

Flüchtlingen mit Bleibeperspektive und<br />

den entsprechenden akademischen Voraussetzungen<br />

ein Studium in Deutschland<br />

zu ermöglichen. Wie ist da der Stand<br />

der Dinge?<br />

Johanna Wanka: Vorrangig ist zunächst,<br />

die studierfähigen jungen Flüchtlinge auf<br />

ein Studium vorzubereiten. Sie müssen,<br />

selbst wenn sie das Abitur haben, in der<br />

Regel erst auf Studierniveau geführt werden,<br />

auch was die deutsche Sprache betrifft.<br />

Das geschieht in den Hochschulen<br />

durch die Studienkollegs. Wenn sie<br />

dann in die Hochschulen kommen, brauchen<br />

sie eine intensivere Betreuung. Für<br />

diese Maßnahmen haben wir unkompliziert<br />

Geld zugesagt und die Umsetzung<br />

läuft. Unser Ansatz ist: Keine Absenkung<br />

des Niveaus, sondern aktive Hilfestellung<br />

beim Einstieg in die Hochschulausbildung.<br />

W+M: Als langjährige Wissenschaftlerin<br />

und Wissenschaftspolitikerin gehört<br />

es zweifellos zu Ihrem Tagwerk, sich mit<br />

Zukunftsfragen und Visionen zu befassen.<br />

Daher unsere Frage: Wo werden<br />

die neuen Bundesländer in punkto Forschung,<br />

Bildung und Fachkräftesicherung<br />

im Jahr 2030 stehen? Wagen Sie<br />

eine Prognose?<br />

Johanna Wanka: Ich lehne solche Kaffeesatzleserei<br />

eigentlich ab. Aber 15 Jahre<br />

sind ja noch halbwegs überschaubar. Ich<br />

hoffe, dass es uns gelingt, unsere Wettbewerbsfähigkeit<br />

zu halten und vielleicht<br />

noch zu steigern. Das erfordert große Anstrengungen<br />

im Bildungsbereich, aber<br />

auch im Transferbereich und bei der Fachkräfteausbildung<br />

sowie bei der Integration<br />

von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive in<br />

den Arbeitsmarkt. Bezogen konkret auf die<br />

neuen Bundesländer hoffe ich sehr, dass<br />

die exzellente Forschungsinfrastruktur vor<br />

allem auch von vielen Unternehmen<br />

genutzt wird, um noch mehr Forschungspersonal<br />

in diese Region zu holen.<br />

Also aus der Chance, die wir jetzt dort<br />

haben, auch wirklich einen Erfolg zu machen.<br />

W+M: Welche persönlichen Pläne haben<br />

Sie für die Zeit nach der Bundestagswahl<br />

2017?<br />

Johanna Wanka: Wir arbeiten konzentriert<br />

und nächstes Jahr ist die Wahl und<br />

da kämpfen wir natürlich dafür, dass es<br />

ein gutes Ergebnis gibt. Und dann werden<br />

wir sehen, wie es weitergeht.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

und Frank Nehring<br />

Foto: W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2016</strong>

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