WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016
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40 | W+M TITEL<br />
„Die Infrastruktur der Hochschulen ist heute zum Teil<br />
moderner als in den alten Bundesländern“<br />
W+M-Interview mit Prof. Johanna Wanka,<br />
Bundesministerin für Bildung und Forschung<br />
W+M: Frau Bundesministerin, wie ist es<br />
aktuell um die Wissenschaft in Deutschland<br />
bestellt?<br />
Johanna Wanka: Ja, woran misst man<br />
das? Wenn man sich anschaut, wie uns<br />
andere einschätzen, dann können wir<br />
uns freuen. Bei den Innovationsrankings<br />
in Europa sind wir stets unter den ersten<br />
drei Ländern. Das Weltwirtschaftsforum<br />
hat sich 140 Staaten angeschaut und da<br />
ist Deutschland auf Platz vier. Ein Land<br />
mit nur einem Prozent der Weltbevölkerung<br />
auf Rang vier der Industrienationen,<br />
das kann sich sehen lassen. Übrigens,<br />
nach China sind wir das zweitstärkste<br />
Land, was den Export von Hightechgütern<br />
betrifft. Bei den Patentanmeldungen<br />
pro einer Million Einwohner sind<br />
wir doppelt so gut wie die USA. In der<br />
Quintessenz ist der Stellenwert von Forschung<br />
und Innovation in Deutschland<br />
sehr gut. Wir merken das auch am absolut<br />
verstärkten Interesse von ausländischen<br />
Studierenden und Wissenschaftlern.<br />
Nach den USA und Großbritannien<br />
sind wir das drittbeliebteste Studienland<br />
der Welt.<br />
W+M: Wie steht es um die Forschungslandschaft<br />
in den neuen Bundesländern<br />
und Berlin?<br />
Seit 2013<br />
Bundesministerin<br />
für Bildung und<br />
Forschung:<br />
Professorin<br />
Johanna<br />
Wanka.<br />
Universitäten, Hochschulen und den vielen<br />
außeruniversitären Instituten. In den<br />
neuen Bundesländern hatten wir nach<br />
1990 eine starke Veränderung der Wissenschafts-<br />
und Forschungslandschaft.<br />
Doch bis heute haben wir die Situation,<br />
dass der Großteil der Forschung öffentlich<br />
finanziert ist. Nur ein Drittel wird durch<br />
die Wirtschaft bezahlt. In den alten Bundesländern<br />
ist das umgekehrt. Deswegen<br />
brauchen wir in den neuen Bundesländern<br />
nach wie vor eine anders geartete<br />
Forschungsförderung. Das ist keine Nachhilfe,<br />
sondern ein Reagieren auf die immer<br />
noch veränderte Struktur<br />
in den neuen Ländern.<br />
Inzwischen haben<br />
die Innovationsausgaben<br />
der Unternehmen<br />
in<br />
den neuen Bundesländern<br />
die Zehn-Milliarden-Euro-Marke<br />
überschritten, da ist also auch eine Entwicklung.<br />
Aktuell gibt es 94.000 Vollzeitarbeitsplätze<br />
in Wissenschaft und Forschung,<br />
davon sind 59.000 Arbeitsplätze<br />
im öffentlichen Sektor.<br />
Allerdings haben wir bereits festgestellt,<br />
dass die Drittmitteleinwerbung pro Professor<br />
in den neuen Ländern durchschnittlich<br />
höher ist als in den alten Bundesländern.<br />
Das ist ein Indiz dafür, dass<br />
sich die Wirtschaft hierzulande zunehmend<br />
an der Forschung beteiligt.<br />
W+M: Welche wissenschaftlichen Leuchttürme<br />
zwischen Rostock und Suhl würden<br />
Sie an dieser Stelle nennen?<br />
Johanna Wanka: Was uns sehr<br />
begeistert, ist Wendelstein in<br />
Greifswald, wo jetzt das erste<br />
Plasma in einem Fusionsexperiment<br />
des Typs „Stellarator”<br />
erzeugt werden konnte.<br />
Das ist ein Meilenstein<br />
in der Grundlagenfor-<br />
Foto: W+M<br />
Johanna Wanka: Wenn man sich die<br />
Forschungslandschaft anschaut, dann ist<br />
es immer eine Kombination aus der Forschung,<br />
die die Wirtschaft finanziert, und<br />
der staatlich finanzierten Forschung an