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WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016

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30 | W+M LÄNDERREPORT<br />

Pellets-Pleite und<br />

geprellte Anleger<br />

Die Pellets-Produktion auf dem Markt<br />

der Erneuerbaren Energien schien zum<br />

Selbstläufer zu werden. Doch schon damals<br />

geriet das Unternehmen unter Zugzwang.<br />

Um die im Wismarer Werk installierte<br />

Produktionskapazität von circa<br />

256.000 Tonnen auszulasten, mussten<br />

rasch ausländische Märkte erschlossen<br />

werden. Denn in ganz Deutschland wurden<br />

im Jahr 2008 lediglich 900.000 Tonnen<br />

Holzpellets verbraucht. Zuletzt erreichte<br />

die Jahresmenge 2014 und 2015<br />

jeweils rund 1,8 Millionen Tonnen. Der<br />

geschäftsführende Gesellschafter Leibold<br />

schlug einen rasanten und kapitalintensiven<br />

Expansionskurs ein. Es wurden<br />

Konkurrenten in Deutschland und Österreich<br />

übernommen und neue Firmen in<br />

Italien und den USA gegründet. Auf diese<br />

Weise wurde für viel Geld auch Umsatz<br />

hinzugekauft. Laut German Pellets<br />

gelangen 2011 und 2012 Umsatzsprünge<br />

von plus 121 beziehungsweise 233<br />

Millionen Euro. 2014 belief sich der Umsatz<br />

der Gruppe auf 593 Millionen Euro.<br />

Binnen eines Jahrzehnts ist die in Wismar ansässige German Pellets<br />

GmbH zum weltgrößten Hersteller von Holzpellets aufgestiegen.<br />

Doch die Erfolgsgeschichte hat in diesem Jahr ein jähes Ende<br />

gefunden. Hemmungsloses Expansionsstreben führte das<br />

Unternehmen in die Insolvenz.<br />

Von Thomas Schwandt<br />

Das Geschäft mit<br />

umweltschonenden<br />

Holzpellets lief lange Zeit gut,<br />

doch German Pellets häufte dabei<br />

einen riesigen Schuldenberg an.<br />

Die zum Wismarer Holzcluster zählende<br />

German Pellets GmbH galt<br />

viele Jahre als Vorzeigebetrieb.<br />

Aus dem Stand entwickelte sich der<br />

2005 auf dem hafennahen Gewerbegebiet<br />

Haffeld gegründete Hersteller von<br />

Holzpellets in der Folgezeit zum weltweiten<br />

Branchenführer. Zuletzt umfasste<br />

die Firmengruppe von German Pellets 27<br />

Tochterunternehmen, an denen die Muttergesellschaft<br />

überwiegend zu 100 Prozent<br />

beteiligt war. Das Geschäftsmodell<br />

von German Pellets wurde von der nachhaltigen<br />

Idee getragen, den fossilen Energieträgern<br />

Erdgas und Erdöl, die den Heizungsmarkt<br />

in Deutschland zu 75 Prozent<br />

dominieren, eine umweltschonende Alternative<br />

entgegenzusetzen. Holz wächst<br />

nach und erzeugt weniger CO 2<br />

-Ausstoß.<br />

Mit dem exorbitanten Anstieg des Erdölpreises<br />

auf über 100 Dollar pro Barrel<br />

(159 Liter) schien diese Rechnung von Firmengründer<br />

Peter Leibold aufzugehen.<br />

Der Unternehmer arbeitete zu Beginn seiner<br />

Karriere zunächst im Zeitungsverlagswesen<br />

und erlernte später in einem österreichischen<br />

Sägewerk-Imperium das<br />

Manager-ABC.<br />

Beeindruckende Geschäftszahlen, denen<br />

jedoch ein großer Makel anhaftete, wie<br />

sich zu Beginn dieses Jahres herausstellen<br />

sollte. Der Aufbau des Firmenimperiums<br />

und die Bilanz waren weitgehend auf<br />

Pump finanziert und German Pellets in einen<br />

gigantischen Schuldensumpf manövriert<br />

worden. Im Halbjahresbericht von<br />

2015 beliefen sich die Verbindlichkeiten<br />

bei Banken auf 65 Millionen Euro, bei Lieferungen<br />

und Leistungen auf rund 110<br />

Millionen Euro. Im Dezember 2015 musste<br />

die Produktion eingestellt werden, weil<br />

sich geprellte Lieferanten weigerten, German<br />

Pellets mit Holz zu versorgen. Da<br />

brannte die Hütte bereits lichterloh. Wenig<br />

später brach Leibolds Firmenkonglomerat<br />

zusammen wie ein ausgebrannter<br />

Dachstuhl. Am 10. Februar <strong>2016</strong> musste<br />

die German Pellets GmbH Insolvenz beantragen.<br />

Kurz darauf annoncierten vier<br />

Tochterfirmen ihre Zahlungsunfähigkeit.<br />

Diese Zahl stieg bis dato auf ein Drittel<br />

aller German-Pellets-Firmen.<br />

Mit Beginn der unternehmensinternen<br />

„Aufräumarbeiten“ durch Insolvenzverwalterin<br />

Bettina Schmudde entwickelte<br />

sich auf der finanziellen Ebene die German-Pellets-Pleite<br />

zu einem TV-reifen<br />

Wirtschaftskrimi. Beispielweise wurde<br />

zum 1. April <strong>2016</strong> eine erste Unternehmensanleihe<br />

fällig. Vor fünf Jahren war<br />

die mit 7,25 Prozent verzinste Anleihe<br />

mit einem Emissionserlös von 80 Millionen<br />

Euro am Kapitalmarkt platziert worden.<br />

Die Anleger werden ihr Kapital vermutlich<br />

nicht wiedersehen. Ebenso die<br />

anderen Käufer weiterer Anleihen und<br />

von Genussrechten. Alle Verbindlichkeiten<br />

aus derartigen Finanzgeschäften der<br />

Gruppe addieren sich auf 760 Millionen<br />

Euro. Davon entfielen im Fall des Totalverlustes<br />

270 Millionen Euro auf die drei<br />

German-Pellets-Anleihen aus den Jahren<br />

zwischen 2011 und 2014 und auf zusätzlich<br />

ausgegebene Genussrechte. Zudem<br />

müssen Anleger in den USA befürchten,<br />

Foto: German Pellets<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2016</strong>

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