WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016
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OSTDEUTSCHLAND | 27<br />
Fotos: Harald Lachmann<br />
ter dem schwachen Ölpreis, ein anderer<br />
sei völlig unberührt davon. Und wo sich<br />
SPS erst als Lieferant etabliert habe, lasse<br />
der Kunde diese Verbindungen auch<br />
nicht wieder abreißen, freut sich der Unternehmer.<br />
Dafür sorge schon ihr ausgefeiltes<br />
Qualitätssicherungssystem.<br />
Doch an den Walzstraßen und Fertigungslinien<br />
sieht es weniger rosig aus.<br />
Angespannt ist die Situation wegen chinesischer<br />
Dumpingprodukte auch in Freital,<br />
wo gut 600 Mitarbeiter Edelstahl produzieren.<br />
Dabei gab es hier in den letzten<br />
Jahren eine gute Aufwärtsentwicklung,<br />
nachdem die BGH-Holding – das<br />
Kürzel steht für Boschgotthardshütte –<br />
sogar den Hauptsitz ihrer Tochter BGH<br />
Edelstahl aus Nordrhein-Westfalen nach<br />
Sachsen verlegt hatte. So arbeitet hier<br />
heute der größte Konzernstandort. Herzstück<br />
der Umformung bilden eine durch<br />
massive Investitionen erneuerte, kombinierte<br />
Stabstahl-Draht-Straße sowie<br />
eine ebenfalls modernisierte Block-Grob-<br />
Straße. Der Elektrolichtbogenofen, der<br />
im Stahlwerk die neue Horizontalstranggussanlage<br />
versorgt, gilt sogar weltweit<br />
als einer der modernsten.<br />
Auch bei den Elbe-Stahlwerken Feralpi<br />
GmbH in Riesa nahmen zuletzt die Sorgen<br />
wegen der Lage am Weltstahlmarkt<br />
zu. Rund 580 Beschäftige walzen hier vor<br />
allem Betonstahl, also stählerne Geflechte<br />
für Betondecken im Hausbau. So waren<br />
auch einige Riesaer dabei, als der europäische<br />
Stahlverband Eurofer unlängst<br />
eine Großdemonstration in Brüssel veranstaltete.<br />
Ziel war es, den Entscheidern<br />
der EU klarzumachen, dass ohne<br />
Schutzzölle gegen China-Ware allein in<br />
Deutschland zehntausend Arbeitsplätze<br />
gefährdet sind. Denn da die chinesischen<br />
Stahlhersteller mehr produzieren, als das<br />
Land braucht, exportieren diese den Rohstoff<br />
noch unter den Herstellungskosten.<br />
So räumt der Riesaer Feralpi-Werksleiter<br />
Frank Jürgen Schaefer ein: Die momentane<br />
Stahlkrise gehe „nicht spurlos“<br />
an ihnen vorbei. Da jedoch Betonstähle<br />
für deutsche Baustellen auch deutschen<br />
Baunormen entsprechen müssen, treffe<br />
sie diese Misere zum Glück „noch nicht<br />
in der vollen Härte“.<br />
Doch nach und nach<br />
wird auch chinesischer<br />
Stahl deutschen<br />
Standards<br />
entsprechen, weiß<br />
man an den ostdeutschen<br />
Stahlstandorten.<br />
Deshalb verabschiedeten<br />
unlängst Vertreter<br />
der Wirtschaftsministerien<br />
Brandenburgs, Sachsens<br />
und Thüringens sowie der IG Metall eine<br />
gemeinsame Erklärung, in der sie die Politik<br />
eindringlich zum Handeln gegen diese<br />
Schieflagen mahnen. Immerhin werden<br />
allein in diesen drei Ländern 6,2 Millionen<br />
Tonnen Rohstahl erzeugt – rund 14<br />
Prozent der gesamtdeutschen Produktion.<br />
Zudem sei die ostdeutsche Stahlindustrie<br />
heute „technologisch und qualitativ hervorragend<br />
aufgestellt“, heißt es in dem Papier.<br />
Sie beschäftige 8.200 Menschen direkt<br />
und verantworte damit bundesweit<br />
rund 53.300 Arbeitsplätze.<br />
Dabei gab es in letzter Zeit bereits herbe<br />
Einschnitte. So etwa im sächsischen Gröditz,<br />
wo erst Mitte 2015 die Stahlguss Gröditz<br />
GmbH dicht gemacht wurde. Im Gegenzug<br />
investierte aber deren Eigentümer,<br />
die Georgsmarienhütte Holding GmbH<br />
in Hamburg, in das nebenan gelegene<br />
Schwesterunternehmen: die Schmiedewerke<br />
Gröditz GmbH. Hier entstehen<br />
Freiformschmiede stücke und Ringwalzerzeugnisse,<br />
wobei<br />
den Stahl hierfür ein<br />
angegliedertes Elektrostahlwerk<br />
liefert. Somit<br />
ist man weniger vom<br />
Weltmarkt abhängig.<br />
Auch die Stahlbranche in Sachsen-Anhalt<br />
beschäftigt in insgesamt 37 Betrieben<br />
knapp 7.200 Mitarbeiter, die in der<br />
Summe einen Umsatz von 3,18 Milliarden<br />
Euro generieren. So arbeiten im Land drei<br />
Stahlgießereien, während acht Betriebe<br />
auf die Herstellung von Stahlrohren spezialisiert<br />
sind. Zu den Schwergewichten<br />
gehören hierbei die Ilsenburger Grobblech<br />
GmbH mit 750 Beschäftigten, die KSM<br />
Castings Group GmbH in Wernigerode,<br />
die 350 Mitarbeiter zählt, sowie Walzengießerei<br />
& Hartgusswerk Quedlinburg mit<br />
130 Menschen in Lohn und Brot.<br />
Im Stahlwerk Thüringen, das mit seinem<br />
Sitz in Unterwellenborn auf die einstige<br />
Maxhütte fußt, finden knapp 700 Beschäftigte<br />
Arbeit. Das Traditionsunternehmen,<br />
das zu einem brasilianischen Stahlkonzern<br />
gehört, fertigt eine sehr breite Palette von<br />
über 200 verschiedenen Formstahl-Profilen<br />
nach nationalen und internationalen<br />
Normen.<br />
W+M<br />
Fräsanlage bei der SPS Schiekel Präzisionssysteme GmbH im sächsischen Dohna, hier<br />
Metallfachmann Wolfgang Reitz.<br />
Familienunternehmer<br />
Peter Schiekel.<br />
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