WIRTSCHAFT+MARKT 4/2016
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BRANDENBURG | 15<br />
Christian Görke: Das Zeitfenster der Nutzung<br />
der Braunkohle schließt sich. Wie bekannt,<br />
streben wir den Ausstieg aus der<br />
Braunkohle bis zum Jahr 2040 an. Darüber<br />
gibt es bei den Linken keinen Streit. Jetzt<br />
kommt es aber darauf an, den damit verbundenen<br />
Strukturwandel sozial verträglich<br />
und energiepolitisch sinnvoll zu gestalten.<br />
Für das Ausstiegsszenario ist die Speicherung<br />
von Erneuerbaren Energien im industriellen<br />
Maßstab die Schlüsseltechnologie.<br />
W+M: Was erwarten Sie vom tschechischen<br />
Energiekonzern EPH, der jüngst das<br />
Braunkohlegeschäft von Vattenfall in der<br />
Lausitz übernommen hat?<br />
Foto: W+M<br />
Christian Görke mit W+M-Herausgeber Frank Nehring (r.) und W+M-Chefredakteur Karsten<br />
Hintzmann (l.).<br />
chen Geschwindigkeiten entwickeln –<br />
der Speckgürtel entwickelt sich rasant,<br />
während es in den Randregionen eher<br />
schwer vorangeht. Was tun Sie, damit die<br />
Uckermark oder die Prignitz wirtschaftlich<br />
nicht abgekoppelt werden?<br />
Christian Görke: Ich kann diese Einschätzung<br />
einer stark gegenläufigen Entwicklung<br />
nicht ganz teilen. Es stimmt, dass<br />
wir in den letzten Jahren viele Ansiedlungen<br />
junger Unternehmen im Speckgürtel<br />
sowie ein kontinuierliches Wachstum<br />
der dort bereits etablierten Unternehmen<br />
ZUR PERSON<br />
Christian Görke wurde am 17. März 1962<br />
in Rathenow geboren. Von 1983 bis<br />
1988 studierte er an der Pädagogischen<br />
Hochschule Dresden. Anschließend arbeitete<br />
er bis 2003 als Lehrer in seiner<br />
Geburtsstadt Rathenow.<br />
1985 trat Görke in die SED ein und blieb<br />
auch den Nachfolgeorganisationen treu.<br />
Seit 2003 engagiert sich Görke in der<br />
Brandenburger Landespolitik. Zunächst<br />
als „einfacher“ Landtagsabgeordneter,<br />
später (2012) als Fraktionschef der<br />
LINKEN im Landtag. Seit Januar 2014<br />
fungiert er als Landeschef der LINKEN<br />
sowie als Finanzminister. Nach der Landtagswahl<br />
im Herbst 2014 wurde Görke<br />
zum stellvertretenden Ministerpräsidenten<br />
ernannt.<br />
Er ist geschieden und Vater zweier Kinder.<br />
verzeichnen konnten. Aufgrund der dort<br />
zahlenmäßig stärker vertretenen Unternehmen<br />
mit innovativen, digitalen Geschäftsfeldern<br />
ist die mediale Aufmerksamkeit<br />
hier natürlich auch stärker als in<br />
Regionen wie beispielsweise Lauchhammer.<br />
Schaut man sich aber Umsatzzahlen<br />
und Arbeitsplätze an, ist das Bild nicht so<br />
einseitig. Ein Beispiel: Die Region Brandenburg<br />
Nord, zu der ja auch die Uckermark<br />
zählt, war 2015 mit knapp 117 Millionen<br />
Euro die Region mit dem größten<br />
Investitionsvolumen im wichtigsten Wirtschaftsförderprogramm<br />
GRW-G. ILB,<br />
ZAB und die Wirtschaftsfördergesellschaften<br />
arbeiten zudem Hand in Hand,<br />
um die regionalen Unternehmen bestmöglich<br />
zu beraten und zu unterstützen.<br />
W+M: Die Braunkohle ist ein wichtiger<br />
Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber speziell<br />
im Süden Brandenburgs. In Ihrer Partei<br />
herrscht zur Zukunft der Braunkohle ein<br />
Richtungsstreit. Wie halten Sie es mit der<br />
Zukunft der Braunkohle?<br />
Christian Görke: Ich erwarte, dass der<br />
Energiekonzern seiner Verantwortung als<br />
Arbeitgeber, aber auch bei der Frage der<br />
Übernahme von Folgekosten, die sich aus<br />
dem Abbau von Braunkohle ergeben, gerecht<br />
wird und die Zusagen hinsichtlich<br />
der Beschäftigten einhält. Und als Finanzminister<br />
habe ich die Erwartung, dass er<br />
den Firmensitz seiner Braunkohle-Sparte<br />
nach Brandenburg verlagert. Schließlich<br />
ist mit der Übernahme von Vattenfall<br />
hier nun auch das größte Braunkohle-Abbaugebiet<br />
innerhalb des Konzernbereichs.<br />
W+M: Vor einigen Wochen geriet die rotrote<br />
Koalition durch den Rücktritt Ihres<br />
Justizministers Helmuth Markov in unruhiges<br />
Fahrwasser. Wie regiert es sich als<br />
Juniorpartner der in Brandenburg seit 25<br />
Jahren dominierenden SPD?<br />
Christian Görke: Dass wir schon in der<br />
zweiten Legislaturperiode gemeinsam<br />
regieren, zeigt, dass die Schnittmengen<br />
zwischen SPD und LINKE noch lange<br />
nicht aufgebraucht sind. Wir arbeiten<br />
weiter vertrauensvoll zusammen.<br />
W+M: Kommunikationserfahrung haben<br />
Sie ja auch im Umgang mit den Christdemokraten<br />
– Ihr Vater und Ihre Schwester<br />
sind CDU-Mitglieder. Sehen Sie da relevante<br />
Schnittmengen für künftige Koalitionen?<br />
Christian Görke: Politische Diskussionen<br />
in der Familie sind das eine. Mit Blick<br />
auf die märkische CDU halte ich eine Zusammenarbeit<br />
als Regierungspartner für<br />
utopisch. Es ist übrigens auch bezeichnend,<br />
dass mir noch kein ernstzunehmender<br />
Unternehmer gesagt hat, dass er die<br />
CDU in Brandenburg vermisst. Der eingangs<br />
erwähnte wirtschaftliche Boom unter<br />
Rot-Rot spricht für sich.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
und Frank Nehring<br />
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