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Rilke Monatsheft Mai 2016

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Aus Dichtungen des Michelangelo, Übersetzung Rainer Maria<br />

<strong>Rilke</strong><br />

mitrilkedurchdasjahr.blogspot.de/<strong>2016</strong>/05/aus-dichtungen-des-michelangelo_30.html<br />

Rainer Maria <strong>Rilke</strong><br />

Dichtungen des Michelangelo<br />

~. Michelangelo .~<br />

Michelangelo Buonarroti.<br />

Wenn durch belebten Stein die Kunst vermag<br />

ihr Antlitz Tag für Tag<br />

im Gleichen hinzuhalten; sollte nicht<br />

der Himmel erst, da sie von seiner Hand,<br />

wie dies von meiner ist, so viel Bestand<br />

ihr leihn, daß sie (nicht nur für mein Gesicht)<br />

nicht menschlich mehr, als Göttin sich erhielte?<br />

Und doch geht alles hin und währt nur kurz.<br />

Mir scheint, daß ich im "Wichtigsten verspielte,<br />

wenn da ein Stein besteht nach ihrem Sturz.<br />

Wer wird dies rächen? Einzig die Natur.<br />

Denn was sie wirkt, geht mit der Zeit; und nur,<br />

was ihre Kinder wirken, hat hier Dauer.<br />

So weit über mich<br />

machst du mich, Herrin, steigen.<br />

Worte sind mir nicht eigen<br />

dafür, nicht Gedanken; ich bin doch nicht mehr<br />

dasselbe ich.<br />

Da ich denn länger von hier,<br />

wenn du mir Flügel nicht leihst,<br />

nicht mich erschwinge und flieg zu deines<br />

Angesichts Geist,<br />

gib, daß ich bleibe bei dir;<br />

wenn es erhört sich erwies,<br />

daß je ein Sterblicher mit steige ins Paradies.<br />

Darf es nicht sein, o so trenn<br />

mich von der Seele durch Tod.<br />

Daß ich die Seligkeit kenn<br />

wenigstens einmal<br />

in der mit dir entfliehenden.<br />

Aus: Dichtungen des Michelangelo, Übersetzung Rainer Maria <strong>Rilke</strong>.<br />

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