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Barriere

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SPORT MIT MS<br />

fahrlässig ist. Ich habe eine Familie und möchte<br />

nicht riskieren, dass meine Krankheit weiter vo ranschreitet.<br />

Ich sehe bei einer Bekannten, die auch<br />

MS hat und dagegen Medikamente nimmt, dass es<br />

ihr super geht. Wichtig ist, dass jeder Patient selbst<br />

entscheiden kann, was für ihn stimmt und was<br />

nicht. Ich weiß auch, dass ich meinen Krankheitsverlauf<br />

und meine Situation immer wieder neu<br />

anschauen muss. Vielleicht kommt eines Tages der<br />

Moment, wo ich zu einer Behandlung ein Ja habe,<br />

zumal es immer bessere, noch gezielter wirksame<br />

Medikamente gibt und man immer längere Erfahrungen<br />

mit diesen Wirkstoffen hat.“<br />

ICH MUSSTE DIE HANDBREMSE ZIEHEN<br />

Lange Zeit verhielt sich die Krankheit von Jasmin<br />

Nunige ruhig. Bis vor der Heim-Europameisterschaft<br />

in Zürich im letzten Jahr. „Ich merkte,<br />

ich bin nicht fit und immer nur müde. Diese<br />

Müdigkeit war völlig anders als sonst, wenn man<br />

aus einem verständlichen Grund nicht mehr mag.<br />

Und ich hatte eigenartige Muskelschmerzen, wie<br />

wenn ich immer kurz davor stand, einen Krampf<br />

zu bekommen.“ Zuerst wollte die Spitzenathletin<br />

das alles nicht wahrhaben. Als sie merkte, dass es<br />

einfach nicht mehr geht, machte sie ein MRT. „Ich<br />

brauchte die Gewissheit, ob ich mir das alles nur<br />

einbilde, oder ob es sich um einen zweiten Krankheitsschub<br />

handelt. Als sich in der Magnetresonanz-Untersuchung<br />

wieder neue Entzündungsherde<br />

im Gehirn und im Rückenmark zeigten,<br />

musste ich sofort die Handbremse ziehen.“<br />

Ein Traum platzte. Die ganze Vorbereitung<br />

umsonst. Für einen Lauf im eigenen Land, der<br />

für sie mit so viel Ehre und großen Hoffnungen<br />

verbunden war. „So etwas zu erleben, ist etwas<br />

ganz Besonderes. Es war unser Familienprojekt,<br />

das wir jahrelang miteinander aufgebaut hatten. Es<br />

tat mir nicht nur meinetwegen leid, sondern vor<br />

allem auch wegen meines Mannes, der so viel dafür<br />

investiert hatte, an Zeit und an Energie.“ Nach<br />

dem ersten Schock kam der zweite: Die Krankheit<br />

hatte sich erneut unbarmherzig gezeigt, nachdem<br />

es Jasmin Nunige lange sehr gut ging und sie<br />

bessere Leistungen erbringen konnte als je zuvor.<br />

„Ich dachte schon, ich sei wieder gesund und die<br />

MS hätte mich vergessen. Und plötzlich stand sie<br />

doch wieder vor der Tür, völlig unangemeldet und<br />

mit ihrer ganzen Wucht. Wieder war ich gegen<br />

die Wand gelaufen, nachdem ich mir sagte: Das<br />

passiert dir nie mehr! Das zu akzeptieren, dass die<br />

Krankheit wieder da ist, war nicht einfach. Und es<br />

brauchte lange, bis ich körperlich regenerierte.“<br />

MEINE BEINE SIND WIEDER DA<br />

Gedanken kamen auf, ob das unbeschwerte Laufen<br />

überhaupt jemals wieder möglich sein würde.<br />

Diese Gedanken taten weh. Es folgte der Winter.<br />

Wie zu Beginn ihrer langen Karriere betrieb<br />

Jasmin Nunige Langlauf. Sie bekam Distanz zum<br />

Erlebten und auch zum Laufen. Erst im Frühjahr<br />

zog sie wieder die Joggingschuhe an. Zuerst nur für<br />

kurze Einheiten von 20 Minuten. Es tat enorm gut.<br />

Wochen später folgte ein Lauf zusammen mit der<br />

Familie. „Meine Beine sind wieder da!“, sagte sie zu<br />

ihrem Mann. Die Schmerzen waren verschwunden,<br />

und die Leichtigkeit beim Laufen kam zurück.<br />

Weshalb hängt jemand so am Laufen, mit 42<br />

Jahren, nach zwei durchgemachten MS-Schüben?<br />

„Es ist dieses unbeschreibliche Gefühl, mit sich<br />

und dem Körper eins zu sein. Du forderst deinen<br />

Körper, und er gibt dir das, was du von ihm verlangst.<br />

Das ist etwas so Besonderes, dass nur der es<br />

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