15 JAHRE BOLOGNA-REFORM Quo vadis Ingenieurausbildung?
2016_VDI-VDMA-Mercator-Studie-15_Jahre_Bologna-Reform
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Ergebnisse der Befragungen<br />
47<br />
Die Gruppe der Studierenden wurde zudem gefragt,<br />
ob sie als Teil ihres Studiums bereits Praxisphasen<br />
oder Praktika absolviert habe. 69 % der Fachhochschulstudierenden<br />
und 77 % der Universitätsstudierenden<br />
bejahten dies. Ein noch größerer Unterschied<br />
ergibt sich im Vergleich der Antworten von<br />
Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund:<br />
Die Studierenden mit Migrationshintergrund haben<br />
deutlich weniger Praxisphasen (65 %) absolviert<br />
als die Studierenden ohne Migrationshintergrund<br />
(75 %) (vgl. Anhang 4, Tabelle 6). Vor dem Hintergrund,<br />
dass Praxiskenntnisse aus Sicht der Unternehmen<br />
als relevantes Einstellungskriterium für<br />
Berufseinsteiger/-innen angesehen werden, können<br />
sich daraus möglicher weise schlechtere Einstiegschancen<br />
für Migrant/-innen ergeben.<br />
Trendaussage o<br />
Studierende mit Migrationshintergrund haben<br />
weniger Praxisphasen während ihres Studiums absolviert<br />
als diejenigen ohne Migrationshintergrund.<br />
Darüber hinaus wurden die Studierenden um eine Bewertung<br />
der absolvierten Praktika oder Praxisphasen<br />
hinsichtlich des Nutzens für den beruflichen Werdegang,<br />
der Orientierungsfunktion für Berufsziele sowie<br />
des Kennenlernens der beruflichen Praxis gebeten.<br />
Dabei zeigte sich, dass die Befragten Praktikumserfahrungen<br />
insgesamt sehr positiv bewerten. Für alle<br />
drei abgefragten Items antworten jeweils mehr als<br />
drei Viertel der Befragten positiv. Masterstudierende<br />
schätzen Praktika dabei insgesamt hilfreicher ein als<br />
Bachelorstudierende (vgl. Anhang 4, Tabelle 7).<br />
Eine Studienform, bei der Praxisorientierung integrativer<br />
Bestandteil ist, sind duale Studiengänge. Sowohl<br />
Hochschullehrende als auch Unternehmen bewerten<br />
ihre Erfahrungen mit dualen Studiengängen positiv.<br />
Knapp 20 % der Hochschullehrenden geben an, aktuell<br />
in dualen Studiengängen zu lehren (vgl. Anhang 4,<br />
Tabelle 8) und fast die Hälfte besitzt Erfahrungen mit<br />
dualen Studiengängen (vgl. Anhang 4, Tabelle 9). 22<br />
72 % der Befragten geben dabei an, dass sie gute bis<br />
sehr gute Erfahrungen mit dualen Studiengängen<br />
gemacht haben (vgl. Anhang 4, Tabelle 10).<br />
Bei den Fach- und Führungskräften gibt etwas über<br />
die Hälfte der Befragten an, Erfahrungen mit dualen<br />
Studiengängen zu haben.<br />
Eine praxisnahe Ausbildung der Absolvent/-innen<br />
wird dabei als wichtigstes Argument für die Beteiligung<br />
an dualen Studiengängen angesehen (91 %<br />
der Fach- und Führungskräfte haben dies als Grund<br />
angegeben, der für duale Studiengänge spricht). Dies<br />
zeigt, dass duale Studiengänge dem Wunsch der<br />
Führungskräfte nach Absolvent/-innen mit Berufserfahrung<br />
entsprechen.<br />
Trendaussage p<br />
Duale Studiengänge werden von Hochschullehrenden<br />
und Unternehmen positiv bewertet und können<br />
als Erfolgsmodell angesehen werden.<br />
Fach- und Führungskräfte aus Unternehmen, die<br />
Erfahrung mit dualen Studiengängen besitzen, geben<br />
an, dass im Bereich der grundständigen dualen<br />
Studiengänge ausbildungsintegrierende und praxisintegrierende<br />
Modelle gleich häufig angeboten werden<br />
(jeweils 50 %). 23 Im Bereich der weiterbildenden<br />
dualen Studiengänge (berufsintegrierend) 24 liegen die<br />
Angaben bei 25 %. (vgl. Anhang 4, Tabelle 11). Wenn<br />
man bedenkt, dass nur 5 % aller Studiengänge in den<br />
Ingenieurwissenschaften weiterbildende Studiengänge<br />
sind (vgl. Ergebnisse der HRK-Sonderauswertung),<br />
ist der Wert von 25 % für weiterbildende duale Studiengänge<br />
hier relativ hoch.<br />
22<br />
Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Lehrveranstaltungen für dual und nicht dual Studierende oft gemeinsam angeboten werden und somit<br />
auch die Lehre in einer solchen Lehrveranstaltung schon als Erfahrung mit dualem Studium angegeben worden sein kann. Die Zuordnung ist<br />
hier somit nicht ganz eindeutig.<br />
23<br />
Im ausbildungsintegrierenden dualen Studium wird das Studium mit einer Ausbildung verbunden und neben dem Hochschulabschluss<br />
zugleich ein Abschluss in einem Ausbildungsberuf erworben. Im praxisintegrierenden dualen Studium ist das Studium mit längeren Praxisphasen<br />
in einem Unternehmen verbunden; dabei wird ausschließlich ein Hochschulabschluss erworben (vgl. Hochschulkompass, Erläuterungen<br />
zum dualen Studium). Aus der Sicht der Entwicklung des Bildungssystems sind ausbildungsintegrierende Studiengänge als duale Studiengänge<br />
im eigentlichen Sinne zu sehen. Aus Unternehmenssicht kommt es hingegen eher darauf an, dass die Studierenden Praxiserfahrungen<br />
neben dem Studium sammeln (und weniger auf den zusätzlichen Ausbildungsabschluss). Laut der Sonderauswertung der HRK gibt es in den<br />
Ingenieurwissenschaften etwas mehr ausbildungsintegrierende (193) duale Studiengänge als praxisintegrierende (122) (vgl. Anhang 1, Tabelle<br />
„Bachelorstudiengänge in den Ingenieurwissenschaften nach Studienform“).<br />
24<br />
Berufsintegrierende Studienmöglichkeiten richten sich an Studieninteressierte mit abgeschlossener Berufsausbildung und Berufserfahrung.<br />
Das Studium dient meist der beruflichen Weiterbildung und verbindet ein duales Studium mit einer beruflichen Tätigkeit mit inhaltlichem<br />
Bezug zum Studium. Der Zugang ist auch ohne Allgemeine Hochschulreife oder Fachhochschulreife möglich. Die betriebliche Freistellung<br />
der Studierenden wird in einem Vertrag zwischen Hochschule, Studierender bzw. Studierendem und Unternehmen vereinbart (vgl. HRK-<br />
Hochschulkompass, Erläuterungen zum dualen Studium). Dieses Studienmodell wäre ein wichtiges Element, um die Ziele der Durchlässigkeit<br />
im Bildungssystem und der Sicherung des Fachkräftebedarfs zu erreichen. Der HRK-Sonderauswertung (s. Anhang 1) zufolge, wird diese Form<br />
aber tatsächlich bisher fast gar nicht angeboten. Fraglich bleibt daher, ob die Unternehmen, die angegeben haben, dass sie sich an dieser Form<br />
beteiligen, hier wirklich diese Form gemeint haben. Aus Unternehmenssicht spielt es vermutlich eine geringe Rolle, ob ein weiterbildendes<br />
berufsbegleitendes Studium dual angelegt ist oder nicht.