15 JAHRE BOLOGNA-REFORM Quo vadis Ingenieurausbildung?
2016_VDI-VDMA-Mercator-Studie-15_Jahre_Bologna-Reform
2016_VDI-VDMA-Mercator-Studie-15_Jahre_Bologna-Reform
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 Monitoring der öffentlichen Diskussion zur Studiensituation in den Ingenieurwissenschaften<br />
komplexen Anerkennungspraxis innerhalb Deutschlands<br />
die fehlende Harmonisierung des ECTS auf<br />
europäischer Ebene kritisiert (Preuss 20<strong>15</strong>). 1<br />
In der Frage des Promotionsrechtes, das ebenfalls<br />
zum Themenbereich Mobilität gezählt werden kann,<br />
zeigte die SPD-Bundestagsfraktion im Frühjahr 2013<br />
Verständnis für die Forderung der Fachhochschulen,<br />
ihnen das Promotionsrecht zuzugestehen. Die Fraktion<br />
forderte den Bund vor diesem Hintergrund zur<br />
Auflage eines Förderprogramms „Promotionskollegs“<br />
auf (SPD Bundestagsfraktion 2013, S. 12).<br />
Die soziale Mobilität ist ein weiterer Teilaspekt der<br />
Mobilitätsdebatte. Von Anfang an wurde der Bologna-<br />
Reform in Deutschland vorgeworfen, zu „sozialer<br />
Selektion“ unter den Studierwilligen zu führen (Fraktion<br />
DIE LINKE. im Bundestag 01.12.2010). Dieser<br />
Vorwurf wurde in der Vergangenheit regelmäßig<br />
wieder aufgegriffen (Fraktion DIE LINKE im Bundestag<br />
27.04.2012).<br />
Im Jahre 2012 haben die zuständigen Minister des<br />
Gemeinsamen Europäischen Hochschulraums erklärt,<br />
sich verstärkt für bisher an Hochschulen unterrepräsentierte<br />
Schichten einsetzen zu wollen, um die<br />
Verringerung der Ungleichheit durch bessere Unterstützung<br />
und Beratung sowie flexiblere Lern- und<br />
alternative Zugangsmöglichkeiten zu den Hochschulen<br />
herbeizuführen (EHEA Ministerial Conference<br />
2012, S. 2).<br />
Im nationalen Bericht zum Stand der Umsetzung der<br />
Ziele des Bologna-Prozesses aus dem gleichen Jahr<br />
sprachen sich alle an der Erarbeitung des Papiers<br />
beteiligten Institutionen, darunter KMK, BMBF,<br />
Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und DAAD dafür<br />
aus, die Beseitigung sozialer Hindernisse durch das<br />
Einwirken auf die entsprechenden finanziellen und<br />
strukturellen Faktoren voranzutreiben und durch<br />
die Herstellung von Chancengleichheit die gleichberechtigte<br />
Teilhabe und das Erschließen von Bildungspotenzialen<br />
zu gewährleisten. Mit dem Blick auf den<br />
hohen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften sei die<br />
Erhöhung der Durchlässigkeit des Bildungssystems,<br />
z. B. durch den erleichterten Übergang zwischen Berufsbildung<br />
und Hochschulbildung oder durch die Studienfinanzierung<br />
mithilfe eines Aufstiegsstipen diums,<br />
von großer Bedeutung (Kultusministerkonferenz<br />
und Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
(BMBF), S. 26–27).<br />
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen forderte in<br />
der Vergangenheit wiederholt, das BAföG weiterzuentwickeln,<br />
um eine soziale Öffnung der deutschen<br />
Hochschulen voranzutreiben (Bündnis 90/Die Grünen<br />
29.01.2014). Dies sei ein geeignetes Mittel, um mehr<br />
Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit herzustellen<br />
(Bündnis 90/Die Grünen 26.03.2014). Die<br />
Bildungsmobilität in Deutschland sei nach wie vor zu<br />
gering und immer noch stark von der sozialen Herkunft<br />
abhängig (Bündnis 90/Die Grünen 24.04.2014).<br />
Die SPD-Bundestagsfraktion kritisierte im Sommer<br />
2014 ebenfalls die „sozioökonomische Spaltung“<br />
der Studierendenschaft in Deutschland scharf. Sie<br />
forderte größere Anstrengungen, um mehr Kinder von<br />
Nicht-Akademikern zum Studium an die Hochschulen<br />
zu bringen und schlug dafür die Erhöhung der BAföG-<br />
Sätze sowie das Schließen der „Förderlücke zwischen<br />
Bachelor und Master beim BAföG“ vor (SPD Bundestagsfraktion<br />
18.06.2014). Die sozialen Aspekte des<br />
Bologna-Prozesses müssten in den Fokus rücken und<br />
die soziale Öffnung der deutschen Hochschulen fortgesetzt<br />
werden (SPD Bundestagsfraktion 19.06.2014).<br />
Vor dem Hintergrund des <strong>15</strong>. Jahrestages des Beginns<br />
der Bologna-Reform erneuerten die Grünen ihre Forderung<br />
an Bund und Länder, mehr für das Erreichen<br />
des Mobilitätsziels zu tun und dabei nicht ausschließlich<br />
auf quantitative Faktoren zu schauen. Die soziale<br />
Öffnung der Hochschulen müsse vorangetrieben und<br />
dafür die finanzielle Unterstützung der Studierenden<br />
sichergestellt werden (Bündnis 90/Die Grünen<br />
06.05.<strong>15</strong>, S. 3).<br />
Wie andere Aspekte der Mobilität, so bleibt auch soziale<br />
Durchlässigkeit ein Thema. Im Bericht der KMK<br />
und des BMBF zur Umsetzung der Ziele des Bologna-<br />
Prozesses aus dem Jahre 20<strong>15</strong> wurden die Forderungen<br />
nach Öffnung und sozialer Durchlässigkeit des<br />
Hochschulbildungssystems, um Bildungspotenziale zu<br />
erschließen und eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen,<br />
wiederholt. Die „sozialgruppenspezifische<br />
Bildungsbeteiligung“ bleibe eine Herausforderung<br />
(Kultusministerkonferenz und Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung (BMBF) 20<strong>15</strong>, S. 30–31).<br />
3.1.2 Die Positionen der Hochschulen<br />
Insbesondere die Realisierung einer größeren Mobilität<br />
der Studierenden wird der Bologna-Reform von<br />
den Vertretern der Hochschulen oft abgesprochen und<br />
es wird festgestellt, die Reformmaßnahmen hätten die<br />
Bereitschaft zu Auslands-, insbesondere Studienaufenthalten,<br />
während des Studiums eher noch verringert<br />
(Key und Seeßelberg 2012, S. 50).<br />
1 <br />
Dies tat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur von Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb, in einem Interview mit der<br />
„Süddeutschen Zeitung“ am 17. Mai 20<strong>15</strong> unter dem Titel „Alles ein starres Korsett“ Preuß 20<strong>15</strong>.