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Nr. 1 Atwood´sche Fallmaschine Teil A - KFU

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<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

<strong>Nr</strong>. 1 <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> <strong>Teil</strong> A<br />

Mithilfe der <strong>Atwood´sche</strong>n <strong>Fallmaschine</strong> sind verschiedene Bewegungsvorgänge zu<br />

analysieren.<br />

Abb.1: Atwood'sche <strong>Fallmaschine</strong><br />

Die <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> benützt die Erdbeschleunigung als Ursache für die<br />

Bewegungsänderung. Durch die Verwendung von zwei über einen Faden miteinander<br />

verbundenen unterschiedlichen Gewichten wirkt dabei nicht die volle Erdbeschleunigung,<br />

sondern nur der Anteil, der durch die Gewichtsdifferenz gegeben ist. Dadurch wird die<br />

effektive Beschleunigung zur einfach beobachtbaren Größe reduziert. Da der<br />

Verbindungsfaden dabei über eine Rolle geführt, wird muss auch die Drehbewegung der<br />

Rolle mitberücksichtigt werden.<br />

1. Notwendiges Basiswissen<br />

Einfache Bewegungsvorgänge; Newton´sche Gesetze, Kenntnis über Begriffe wie: Masse,<br />

Kraft, Beschleunigung, Geschwindigkeit, Ort und Zeit; Einfluss von Reibung auf<br />

Bewegungsvorgänge; Zusammensetzung von Linear- und Rotationsbewegungsvorgängen.<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 1


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

2. Aufgabenstellungen<br />

a) Bestimme das Weg-Zeit-Diagramm einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung<br />

mithilfe der <strong>Atwood´sche</strong>n <strong>Fallmaschine</strong>.<br />

b) Berechne aus dem Weg-Zeit-Diagramm das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm, das<br />

Beschleunigungs-Zeit-Diagramm und das Beschleunigungs-Geschwindigkeits-Diagramm<br />

c) Werte aus den erstellten Diagrammen den Anteil der Reibung aus.<br />

d) Analysiere die Bewegung einer über die Rolle fallender Kette.<br />

Vorgangsweise<br />

ad a) Vor Starten der Messung wird durch Doppelklicken der Ikone "getatwood" der<br />

Computer in Aufnahmebereitschaft versetzt. Ein eigenes Fenster<br />

(Übertragungsfenster) wird am Bildschirm geöffnet und die aktuellen Daten der<br />

seriellen Schnittstelle angezeigt. Die Gewichte werden in Ausgangsstellung<br />

gebracht. Dabei wird der rechte Kontakt geschlossen. Bei Loslassen des Fadens<br />

bewegt sich die schwerere der beiden Massen beschleunigt nach unten. Dabei wird<br />

der Auslösekontakt freigegeben, was den Messvorgang startet. Wenn das leichtere<br />

Gewicht oben an der Prallplatte anstößt, wird der Endkontakt betätigt und der<br />

Messvorgang beendet. Die pro Längenintervall gemessenen Zeiten werden an den<br />

Computer übertragen. Wenn im geöffneten Übertragungsfenster keine<br />

Fehlermeldung ausgegeben wird, so war die Datenübertragung erfolgreich. Die<br />

Daten werden im file "test.dat" auf D:\daten abgespeichert. Durch Betätigung der<br />

"Return" Taste wird das Übertragungsfenster geschlossen. Falls ein Fehler<br />

aufgetreten ist, muss das Experiment wiederholt werden. Durch Doppelklicken der<br />

Ikone "atwood" wird ORIGIN gestartet, welches für dieses Experiment bereits<br />

vorbereitet konfiguriert ist. Durch aktivieren des Worksheets und der Spalte A kann<br />

mit der Funktion Importieren ASCII das file "test.dat" in die Spalte A übertragen<br />

werden. Die Werte sind auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Es kann öfters<br />

vorkommen, dass die Randwerte unvollständig übertragen werden; diese sind dann<br />

im Worksheet zu löschen. Um die richtigen Zeitwerte für die x-Achse und die<br />

richtigen Wegwerte für die y-Achse zu erhalten, muss noch richtig kalibriert<br />

werden. Dazu muss während der Messung die Gesamtzeit tG, welche zwischen<br />

Startvorgang (Lösen des Startkontaktes) und Beendigung (Betätigung des<br />

Endkontaktes) verstrichen ist,, mit einer Stoppuhr gemessen werden. Außerdem<br />

muss die Gesamtwegstrecke lG mit dem Rollmaßband bestimmt werden. In die<br />

Spalte t des Worksheet sind die Daten aus Spalte A so skaliert zu übertragen, dass<br />

die Gesamtzeit (letzter gültiger übertragener Wert) genau der gemessenen<br />

Gesamtzeit entspricht. Ebenso sind in der Spalte s die richtigen Wegstrecken<br />

einzutragen. Diese sind äquidistant mit den übertragenen Zeitwerten. Demnach<br />

entspricht dann die Anzahl N der übertragenen Werte der Gesamtlänge lG, wodurch<br />

sich die richtige Skalierung als Weginkrement lG/N ergibt. Das Wegzeitdiagramm<br />

kann dann im richtigen Maßstab und richtig skaliert dargestellt werden. Durch Fitten<br />

mit einem quadratischen Polynom kann die wirksame Beschleunigung, ein<br />

möglicher Offsetwert des Weges etc. bestimmt werden. Der Versuch kann mit 2<br />

verschiedenen Trägheitsmomenten der Umlenkrolle durchgeführt werden. Das<br />

Trägheitsmoment der Umlenkrolle wird aus der Masse ermittelt.<br />

ad b) Durch Differenzieren des zurückgelegten Weges mit der Zeit werden die benötigten<br />

weiteren Diagramme erstellt. Wird das Differenzieren numerisch als<br />

Spaltenberechnung in ORIGIN programmiert, dann ist zu beachten, dass aufgrund<br />

der Ungenauigkeit der Messwerte in den höheren Ableitungen großes Rauschen<br />

auftreten kann. Dieses Rauschen kann reduziert werden, indem die Weg und<br />

Zeitdifferenzen über ein größeres Intervall genommen werden. Durch Fitten der<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 2


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

erhaltenen Diagramme mit den entsprechenden theoretisch abgeleiten Funktionen,<br />

welche der Bewegung zugrunde liegen, können die Randbedingungen s0, t0, v0 und<br />

die wirksame Beschleunigung bestimmt werden.<br />

ad c) Durch Vergleich der gemessenen Daten in Weg-Zeit-, Geschwindigkeits-Zeit- und<br />

Beschleunigungs-Zeit-Diagramm mit der entsprechend gerechneten Kurve, wird die<br />

Differenz als auftretende Reibung interpretiert. Wird die Differenz zwischen<br />

gerechneter und gemessener Beschleunigung mit der wirksamen trägen Masse<br />

multipliziert, so kann die wirksame Reibungskraft direkt abgelesen werden. Aus den<br />

Diagrammen Beschleunigung-Zeit, Beschleunigung-Weg und Beschleunigung-<br />

Geschwindigkeit können Hinweise gefunden werden, ob die wirksame Reibung eine<br />

konstante Kraft ist (z.B. Gleit- oder Rollreibung), oder ob Inhomogenitäten eine<br />

Rolle spielen (Ortsabhängigkeit der Reibung) oder eine<br />

Geschwindigkeitsabhängigkeit der Reibung eine Rolle spielt.<br />

ad d) Der Versuch mit der fallenden Kette kann in gleicher Weise durchgeführt werden<br />

wie unter a) beschrieben, nur mit dem Unterschied, dass zum Starten und Stoppen<br />

der Messung die entsprechenden Schalter zusätzlich händisch bedient werden<br />

müssen. Das entsprechende Zahnrad ist als Umlenkrolle zu montieren. Die Montage<br />

der Gewichte sollte hier nicht erfolgen, da dann das Gesamtgewicht zu groß wird<br />

und die Lager und Achse beschädigt werden können.<br />

3. Zur Auswertung notwendige Zusammenhänge<br />

ad a)<br />

ad b)<br />

ad c)<br />

ad d)<br />

( A(<br />

i)<br />

)<br />

Max = A(<br />

imax<br />

) lG<br />

t(<br />

i)<br />

= A(<br />

i)<br />

, s(<br />

i)<br />

= i ,<br />

t<br />

i<br />

1<br />

s( t)<br />

= s0<br />

+ b 0 0 0 0 − t<br />

2<br />

G<br />

2 ( t − t ) − bt ( t − t ) + v ( t )<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 3<br />

0<br />

max<br />

M 2 − M 1<br />

v ( t)<br />

= b(<br />

t − t0<br />

) + v0<br />

, b = g<br />

M r<br />

M1<br />

+ M 2 +<br />

2<br />

siehe ad a) und ad b)<br />

g<br />

b =<br />

( M − M + ρ ( 2l<br />

( 0)<br />

− l ) )<br />

2<br />

1<br />

⎛<br />

⎜ M<br />

⎝<br />

1<br />

f<br />

+ M<br />

2<br />

2 0 − 2gρ<br />

f x I M r<br />

, = + πrρ<br />

2<br />

f<br />

I ⎞ r 2<br />

+ ρ f l0<br />

+ 2 ⎟<br />

r ⎠


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

<strong>Nr</strong>. 1 <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> <strong>Teil</strong> B<br />

4. Beschreibung der Geräte<br />

4.1. Geräteliste<br />

1.<br />

Atwood'sche <strong>Fallmaschine</strong> mit Elektronik zur Datenerfassung und serieller Schnittstelle zum<br />

Übertragen der Messdaten zum Computer. Zweite Umlenkrolle und Zahnrad mit Fahrradkette.<br />

2.<br />

Computer mit Windows 2000, Übertragungsprogramm, ORIGIN zum Auswerten.<br />

3.<br />

Maßband<br />

4.<br />

Stoppuhr<br />

4.2. Detailbeschreibungen<br />

Computer<br />

Atwood-Maschine<br />

Zubehör<br />

Umlenkrolle<br />

Stop-Kontakt Start-Kontakt<br />

Maßband,<br />

Stopuhr<br />

Schnittstelle<br />

Umlenkrolle<br />

Zahnrad<br />

Kette<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 4


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Ad 1) Die Atwood'sche <strong>Fallmaschine</strong> besitzt auf der Achse der Umlenkrolle einen optischen<br />

Geber, welcher Impulse pro zurückgelegter Wegstrecke abgibt. In der nachfolgenden<br />

Elektronik wird die Zeit seit dem Startvorgang, welcher durch Lösen des rechten Kontaktes<br />

erfolgt, pro Impuls und somit pro zurückgelegter Wegstrecke gemessen und abgespeichert.<br />

Nach Beendigung, welche durch Betätigung des linken Kontaktes erfolgt, werden die<br />

gespeicherten Zeitwerte über eine Serielle Schnittstelle (COM1:, 9600Bd, 8Bit, no parity, 1<br />

Stoppbit) automatisch ohne Handshake gesendet. Durch Betätigung der Starttaste wird die<br />

Elektronik zurückgesetzt und alle bisherigen Messdaten gelöscht. Die Umlenkrolle ist einfach<br />

auswechselbar und kann gegen eine Umlenkrolle mit anderem Trägheitsmoment getauscht<br />

werden oder es kann die Zahnkranzrolle für die Fahrradkette montiert werden.<br />

Ad 2)<br />

Mit dem Usernamen "student" kann der Computer benützt werden. Das Password bitte vom<br />

Betreuer erfragen. Zwei Programme sind für den Versuch vorbereitet. Das erste ist ein DOSbatch<br />

Programm, welches die serielle Schnittstelle (COM1:) auf die richtigen Werte setzt und<br />

dann mit copy die Daten von der seriellen Schnittstelle in ein file "test.dat" überträgt. Dieses<br />

Programm wird mit der Ikone "getatwood" gestartet. Da durch die geringe Priorität des<br />

Benützers "student" das System die Übertragung, welche ohne handshake erfolgt, stören kann,<br />

können Übertragungsfehler auftreten. Der Versuch ist dann zu wiederholen. Die Bearbeitung<br />

des files "test.dat" erfolgt mit ORIGIN. Dazu ist bereits ein dafür adaptiertes Projekt erstellt,<br />

welches über die Ikone "atwood" gestartet werden kann. Diese Programme können vom<br />

Benutzer "student" nicht überschrieben werden. Sollen die notwendigen Änderungen im<br />

Origin Projekt gespeichert werden, so muss dies unter einem anderen Namen erfolgen.<br />

5. Besondere Hinweise zum Umgang mit dem Gerät, Sicherheitshinweise<br />

Vorsicht vor den beschleunigten Massen! Vor allem die fallende Kette kann vom Zahnrad<br />

springen und bei unvorsichtiger Position zu Verletzungen führen! Die Massen am Faden<br />

sollten nicht pendeln, wenn der Bewegungsvorgang gestartet wird, weil sonst die Gewichte<br />

während ihrer beschleunigten Bewegung gegen die Tischplatte stoßen können. Bei Problemen<br />

mit der Datenübertragung zuerst mit Hyperterminal prüfen, was an der Seriellen Schnittstelle<br />

für Daten ankommen. Durch Stromaus- und Einschalten der Schnittstellenelektronik und/oder<br />

neu Hochfahren des Computers können etwaige Probleme meistens gelöst werden. Kette und<br />

Gewichte sollten nicht zusammen montiert werden, da dann wegen der großen Gesamtmasse<br />

die Wucht an den Schaltern zu groß ist, und die Achse abgeschlagen werden kann.<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 5


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

<strong>Nr</strong>. 1 <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> <strong>Teil</strong> C<br />

6. Literatur<br />

• Siehe z.B. Bergmann-Schäfer Bd1.<br />

7. Kontrollfragen<br />

• Wie erfolgt die idealisierte Bewegung ohne Reibung?<br />

• Warum muss das Trägheitsmoment der Umlenkrolle berücksichtigt werden?<br />

• Warum wird das Rauschen der Messdaten bei mehrmaligen Differenzieren immer<br />

größer?<br />

• Wie würde sich eine geschwindigkeitsabhängige Reibung auswirken?<br />

• Warum unterscheidet sich die fallende Kette signifikant von der Bewegung der<br />

beiden Massen, welche mit einem masselosen Faden verbunden sind?<br />

8. Grundlagen<br />

8.1. Einfache Bewegungen<br />

Die Bewegungen von Körpern entstehen durch das Zusammenspiel von folgenden<br />

physikalischen Größen: Kräften ( F r ), Massen (M), Ort ( x r )und Zeit (t). Weitere Größen wie<br />

r<br />

r ∂x<br />

r<br />

zum Beispiel der Impuls ( p = M = Mx&r<br />

= Mv<br />

) oder der Energieinhalt (potentielle und<br />

∂t<br />

kinetische) können daraus abgeleitet werden. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die nun<br />

zwischen diesen Größen wirken, wurden von Newton durch Beobachtung herausgefunden.<br />

Insbesondere ist dabei die Kraft als die Änderung des Bewegungszustandes einer Masse<br />

erkannt worden. Die Newton'schen Axiome lauten:<br />

1. Jeder Massepunkt verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung auf<br />

geradliniger Bahn solange keine Kräfte auf ihn einwirken.<br />

2. Definition der Kraft: Kraft ist die Ursache einer Impulsänderung (Beschleunigung (b r )).<br />

3. actio = reactio: Jede Kraft erzeugt eine gleich große Gegenkraft.<br />

Diese mit Worten definierten Gesetze lassen sich etwas kompakter mathematisch<br />

formulieren. Die beiden ersten Gesetze ergeben die bekannte Beziehung:<br />

r<br />

F<br />

p<br />

x x<br />

p Mb<br />

Mv<br />

M M Mx<br />

Mx&<br />

t<br />

t t<br />

r & & r<br />

r r<br />

2 r r<br />

∂ &r & r ∂ & ∂<br />

= = + = + = + .<br />

∂<br />

∂ ∂<br />

= 2<br />

Dabei wurde gleich von der Vektorschreibweise Gebrauch gemacht. Bei konstanter Masse<br />

trägt nur mehr der Term mit der Beschleunigung bei.<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 6


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

r r<br />

Das 3. Newton'sche Axiom, dass es zu jeder Kraft auch eine Gegenkraft gibt, also Fi<br />

= −F<br />

j ,<br />

führt zur wichtigen Beziehung, dass bei Berücksichtigung sämtlicher Kräfte offenbar gilt:<br />

∑ i<br />

Fi r<br />

= 0 .<br />

Solche Systeme, wo es keine mehr nach außen gerichteten Kräfte gibt, nennt man<br />

abgeschlossene Systeme. Diese beiden mathematischen Ausdrücke bilden die Grundlagen für<br />

die Behandlung sämtlicher Bewegungsprobleme. Wählen wir als einfachen Fall eine<br />

konstante Masse M auf die eine zeitlich und örtlich konstante Kraft F in Richtung x wirken<br />

soll. Da hier ein streng eindimensionales Problem vorliegt, können wir auf die<br />

Vektorschreibweise verzichten. Aus ∑ Fi = 0<br />

i<br />

r<br />

folgt, dass es eine gleich große Gegenkraft<br />

geben muss. Dies ist die sogenannte Trägheitskraft, welche nach F M&x<br />

& r r<br />

= für die Änderung<br />

des Bewegungszustandes verantwortlich ist. Wir erhalten direkt die Bewegungsgleichung:<br />

F − M&<br />

x&<br />

= 0.<br />

Durch Lösen dieser Differentialgleichung erhalten wir sämtliche Zusammenhänge zwischen<br />

Weg, Zeit, Geschwindigkeit und Beschleunigung:<br />

F<br />

b = & x&<br />

= =<br />

M<br />

const.<br />

bzw. durch Integrieren:<br />

t<br />

F F<br />

v(<br />

t)<br />

= x = ∫ xdt<br />

= ∫ dt = ( t − t0<br />

) + v0<br />

M M<br />

& & .<br />

t<br />

0<br />

t<br />

t<br />

0<br />

Besonderer Augenmerk ist hier auf die Integrationsgrenzen und die Integrationskonstante zu<br />

legen, da diese die entsprechenden Randbedingungen festlegen. In unserem Fall wurde ganz<br />

allgemein als Randbedingung festgelegt, dass zur Zeit t0 die Geschwindigkeit v0 vorliegen<br />

soll. Durch weiteres Integrieren erhält man:<br />

s(<br />

t)<br />

t<br />

t<br />

= s0<br />

+ ∫ v(<br />

t)<br />

dt = s0<br />

+ ∫<br />

t<br />

t<br />

0<br />

0<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

F<br />

M<br />

2<br />

( t − t ) + v dt = s + ( t − t ) − t ( t − t ) + v ( t − t )<br />

0<br />

0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

Im besonderen Fall der Randbedingungen, dass t0=0, s0=0 und v0=0 sind, erhalten wir die<br />

bekannte Gesetzmäßigkeit der gleichförmig beschleunigten Bewegung:<br />

F 1<br />

s ( t)<br />

t = bt<br />

2M<br />

2<br />

2 2<br />

= .<br />

Bis jetzt wurden nur die Abhängigkeiten gegenüber der Zeit angegeben. Von allen anderen<br />

möglichen Beziehungen soll lediglich noch die Frage geklärt werden, welche<br />

Geschwindigkeit liegt an welchem Ort vor. Dies erhält man durch Elimination der Zeit,<br />

welche durch den Weg ausgedrückt werden kann. Wir gehen von den einfachen<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 7<br />

0<br />

F<br />

2M<br />

0<br />

F<br />

M<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

.


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Randbedingungen aus und erhalten:<br />

F F 2Ms<br />

2Fs<br />

v( s)<br />

= t = = = 2bs<br />

.<br />

M M F M<br />

Nachteil der hier verwendeten Methode, aus den Kräftegleichungen zu<br />

Bewegungsgleichungen zu kommen, ist, dass in komplexeren Systemen nicht immer alle<br />

Kräfte leicht zu erkennen sind und dadurch leicht Fehler entstehen. Deswegen wurden<br />

weitere Verfahren entwickelt, welche von der kinetischen und potentiellen Energie eines<br />

Systems ausgehen, welche oft einfacher zu erkennen sind. Der Vollständigkeit halber sollen<br />

sie hier kurz angeführt werden.<br />

Das Lagrange Verfahren:<br />

Aus der kinetischen Gesamtenergie eines Systems T und der gesamten potentiellen Energie V<br />

wird die Lagrange-Funktion L( x,<br />

x&<br />

) = T −V<br />

r r<br />

gebildet, welche als Variablen den<br />

generalisierten Ort und seine zeitliche Ableitung beinhaltet. Die Bewegungsgleichungen<br />

∂ ∂L<br />

∂L<br />

erhält man dann nach folgender Vorschrift: − = 0.<br />

∂t<br />

∂x&<br />

∂x<br />

In unserem vorigen Beispiel der einfachen gleichförmigen Beschleunigung lautet die<br />

1 2<br />

Lagrange-Funktion: L ( x,<br />

x&<br />

) = Mx&<br />

+ Fx<br />

2<br />

M& x&<br />

− F = 0.<br />

und man erhält als Bewegungsgleichung:<br />

Hamilton Formulismus:<br />

Hier geht man von der Gesamtenergie eines Systems aus, welche durch generalisierten Ort<br />

r r<br />

und Impuls in Form der Hamiltonfunktion H ( x,<br />

p)<br />

= T + V angegeben wird. Die<br />

H<br />

Bewegungsgleichung erhält man dann nach folgender Vorschrift: p&r ∂<br />

= − r zusammen mit<br />

∂x<br />

H<br />

x&r ∂<br />

= r . Dieser Formalismus leitet bereits zur quantenmechanischen Behandlung über.<br />

∂p<br />

In unserem vorigen Beispiel der einfachen gleichförmigen Beschleunigung lautet die<br />

2<br />

1 2 p<br />

Hamilton-Funktion: H ( x,<br />

p)<br />

= Mx&<br />

− Fx = − Fx . Als Bewegungsgleichungen erhält<br />

2<br />

2M<br />

p<br />

man: p & = F und x & = . Daraus erhält man wiederum die bereits bekannte<br />

M<br />

Bewegungsgleichung als Differentialgleichung 2. Ordnung in x: M & x&<br />

= F .<br />

8.2. Lineare Bewegungen und Rotationen<br />

Die Mechanik rotierender Körper wird meist als wesentlich schwieriger empfunden. Sind<br />

dann noch rotierende <strong>Teil</strong>e mit linear bewegten verbunden, wie dies bei den meisten<br />

mechanischen Maschinen der Fall ist, treten oft ungeahnte Schwierigkeiten auf. Die rollende<br />

Kugel ist ein einfaches Beispiel einer Rotationsbewegung (die der Kugel), welche mit einer<br />

linearen Bewegung (die des Massenschwerpunktes) verkoppelt ist, ebenso wie die<br />

<strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong>. Wir wollen zuerst ein paar einfache Gesetzmäßigkeiten von<br />

rotierenden Massepunkten herleiten, und dann das Problem der Verkopplung mit linearen<br />

Bewegungen an Beispielen behandeln.<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 8


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

8.2.1. Mechanik rotierender starrer Körper<br />

Gehen wir von dem Gesetz F M&x<br />

& r r<br />

= aus, welches aus den Newton'schen Axiomen gewonnen<br />

wurde. Für mehrere Massepunkte lässt es sich erweitern zu: F − M&x<br />

& = 0<br />

r r<br />

. Rotationen sind<br />

nun dadurch charakterisiert, dass dabei alle Punkte auf einer Geraden, der Drehachse,<br />

unverändert bleiben. Wir wählen nun einen Punkt auf der Drehachse als Bezugspunkt und<br />

betrachten für alle i Massepunkte den Ortsvektor ri r bezüglich dieses Bezugspunktes. Wir<br />

erweitern die letzte Gleichung indem wir mit den Vekoren ri r von links das Vektorprodukt<br />

bilden und erhalten: ∑ ri<br />

× ( Fi<br />

− M i xi<br />

) = = ∑ ri<br />

× Fi<br />

− ri<br />

× M i xi<br />

= ∑ ri<br />

× Fi<br />

− ri<br />

× p&<br />

i<br />

i<br />

i<br />

i<br />

r r r r<br />

& r r r r<br />

& r<br />

r r<br />

0 . Dabei<br />

r r r<br />

r r r<br />

wird die Größe Ti<br />

= ri<br />

× Fi<br />

das Drehmoment und li<br />

= ri<br />

× pi<br />

der Drehimpuls des i-ten<br />

Massepunktes genannt. Damit haben wir bereits eine Formulierung des Newton'schen<br />

r &r<br />

Gesetzes für Rotationen gefunden: ∑ Ti<br />

= ∑li<br />

. Weiters ist es zweckmäßig bei Rotationen<br />

i i<br />

anstelle der Ortskoordinate eine Winkelkoordinate einzuführen, welche entsprechend des<br />

Drehsinnes (Rechtssystem) ebenfalls ein Vektor ist. Für eine infinitesimale Verschiebung<br />

r r r r<br />

gilt: dx<br />

= dϕ<br />

× r + dr<br />

. Für Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung des i-ten<br />

Massepunktes erhält man: vi<br />

xi<br />

i ri<br />

ri<br />

i ri<br />

r&<br />

i<br />

r r r<br />

r &r &r r<br />

= = ϕ × + &r<br />

= ω × + und bi<br />

xi<br />

i ri<br />

i r &<br />

i r&<br />

i<br />

r<br />

& &r r r &r<br />

r r<br />

= = ω × + ω × + .<br />

Damit kann man auf reine Winkelgrößen transformieren und erhält für den Drehimpuls:<br />

r r r r r r r r r t r<br />

li = ri<br />

× pi<br />

= ri<br />

× M ivi<br />

= M iri<br />

× ωi<br />

× ri<br />

+ M iri<br />

× r&r<br />

i = Iiω<br />

i + 0 . Dabei wurde aus dem etwas<br />

komplizierten Ausdruck mit dem doppelten Kreuzprodukt der Vektor der<br />

Winkelgeschwindigkeit herausgezogen, wofür ein Tensor 2. Stufe eingeführt werden musste.<br />

Dieser Tensor wird Trägheitsmoment genannt und kann durch komponentenweisen<br />

Vergleich bestimmt werden:<br />

2 2<br />

⎛ri<br />

, y + ri<br />

, z ⎜<br />

Ii = M i ⎜ − ri<br />

, xri<br />

, y<br />

⎜<br />

⎝ − ri<br />

, xri<br />

, z<br />

t<br />

− r<br />

i,<br />

x i,<br />

y<br />

2<br />

i,<br />

x<br />

2<br />

+ ri<br />

, z<br />

r<br />

− r<br />

r<br />

r<br />

i,<br />

y i,<br />

z<br />

− r<br />

− r<br />

i,<br />

x i,<br />

z<br />

i,<br />

y i,<br />

z<br />

2<br />

i,<br />

x<br />

2<br />

+ ri<br />

, y<br />

r<br />

r<br />

r<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎟ .<br />

⎟<br />

⎠<br />

Dieser Tensor des Trägheitsmomentes ist symmetrisch und ein wichtiges Hilfsmittel bei der<br />

Beschreibung von Drehbewegungen. Wir betrachten nun wiederum die eigentliche<br />

Bewegungsgleichung und transformieren den Term mit der Drehimpulsänderung ebenfalls<br />

t<br />

auf Winkelgrößen: li ri<br />

M &<br />

i x&<br />

r<br />

i ri<br />

M &r r r r<br />

&t r<br />

iωi<br />

ri<br />

ri<br />

M iωi<br />

r&r<br />

I &r<br />

iωi<br />

I iωi<br />

r r &r<br />

= × = × × + × × = + . Damit erhalten<br />

wir bereits die Bewegungsgleichung ausgedrückt in Winkelgrößen:<br />

( Ti<br />

− Iiω<br />

i − Iω<br />

i ) = ( Ti<br />

− Iiϕ<br />

i − I &<br />

i ) r & &t r<br />

r t &t r r t<br />

&r<br />

r r r r<br />

∑ ∑⎜⎛<br />

&r<br />

0 = r × − × = − ⎟⎞<br />

i Fi<br />

ri<br />

p&r<br />

i Ti<br />

li<br />

=<br />

⎝ ⎠ ∑ ∑<br />

ϕ .<br />

i<br />

i<br />

i<br />

Wichtig ist zu betonen, dass bis jetzt nur mathematische Umformungen auf<br />

Winkeländerungen durchgeführt wurden, und daher auch in dieser Form beliebige<br />

Bewegungen beschrieben werden können. Dabei ist die Wahl des Bezugspunktes auf der<br />

Drehachse nicht unbedingt notwendig. Von Vorteil ist diese Art der Beschreibung allerdings<br />

bei reinen Rotationen, da dann alle Massepunkte die gleiche Winkelgeschwindigkeit<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 9<br />

i<br />

∑ i<br />

i<br />

i


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

besitzen. Wählt man dann den Bezugspunkt auf der Drehachse und betrachtet Drehungen um<br />

den Schwerpunkt, dann werden die Gleichungen besonders einfach und auch der Tensor des<br />

Trägheitsmomentes wird während dieser reinen Rotation eine recht einfach zu berechnende<br />

konstante Größe. Interpretieren wir die Änderung des Drehimpulses ebenfalls als<br />

Drehmoment, so erhält man noch folgende Gleichung:<br />

∑ j<br />

T r<br />

j<br />

= 0 .<br />

Diese letzten beiden Gleichungen stellen die Newton'schen Axiome in Winkelgrößen dar.<br />

Damit lässt sich jedes mechanische Problem genauso lösen. Für reine Rotationen, wo alle<br />

Massepunkte die gleiche Winkelgeschwindigkeit besitzen, vereinfachen sie sich zu:<br />

( − ϕ ) = − ϕ = − ϕ = − & ω 0<br />

r r t<br />

& r t r t<br />

& r r<br />

& r r t<br />

T I T I T I T I<br />

0 = ∑ i i i ∑ i ∑ i<br />

=<br />

i<br />

i<br />

i<br />

Dabei kann bezogen auf eine Achse ein Gesamtträgheitsmoment des Körpers angegeben<br />

werden, welches konstant ist.<br />

8.2.2. Beispiel: Rotierender Massepunkt<br />

Als einfaches Beispiel betrachten wir einen mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω im<br />

festen Abstand r zur Drehachse rotierenden Punkt mit der Masse M. Zunächst behandeln wir<br />

das Problem im herkömmlichen kartesischen Koordinatensystem und den darauf<br />

formulierten Newton'schen Gesetzen. Die rotierende Bewegung soll in der x-y-Ebene<br />

stattfinden und wir erhalten für Ortsvektor, Geschwindigkeit und Beschleunigung:<br />

⎛r<br />

cosωt<br />

⎞<br />

r ⎜ ⎟<br />

x = ⎜ r sinωt<br />

⎟ ,<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ 0 ⎠<br />

⎛− rω<br />

sinωt<br />

⎞<br />

r ⎜ ⎟<br />

v = ⎜ rω<br />

cosωt<br />

⎟<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ 0 ⎠<br />

und<br />

2<br />

⎛−<br />

rω<br />

cosωt<br />

⎞<br />

r ⎜<br />

⎟<br />

2<br />

b = ⎜ − rω<br />

sinωt<br />

⎟ .<br />

⎜<br />

⎟<br />

⎝ 0 ⎠<br />

Aus den Newton'schen Axiomen folgt ein Kraftvektor, welcher für die Beschleunigung<br />

verantwortlich sein muss:<br />

2<br />

⎛ Fx<br />

⎞ ⎛−<br />

rω<br />

cosωt<br />

⎞<br />

r ⎜ ⎟ r ⎜<br />

⎟<br />

2<br />

F = ⎜ Fy<br />

⎟ = Mb<br />

= M ⎜ − rω<br />

sinωt<br />

⎟ .<br />

⎜ ⎟ ⎜<br />

⎟<br />

⎝ Fz<br />

⎠ ⎝ 0 ⎠<br />

Diese Kraft ist auf die Drehachse gerichtet und wird von der starren Verbindung des<br />

Massepunktes zur Drehachse aufgenommen. Sie wird Zentripedalkraft genannt. Der Betrag<br />

2<br />

der Kraft ist F = F = Mrω<br />

r<br />

. Die entsprechend gegengesetzte Kraft ist die Trägheitskraft<br />

und weist vom Drehmittelpunkt weg, ist gleich groß und ist die allgemein bekannte<br />

Fliehkraft. Diese auftretenden Kräfte, die nicht a priori vorgegeben wurden und erst<br />

zwanghaft entstanden sind um einen bestimmten Bewegungsvorgang (Rotation) zu<br />

ermöglichen, werden Zwangskräfte genannt. Eine weitere Zwangskraft, die Corioliskraft,<br />

tritt bei diesem einfachen Problem nicht auf, weil der Abstand zur Drehachse konstant ist.<br />

Wichtig ist anzumerken, dass der Ortsvektor zwar den augenblicklichen Ort des<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 10<br />

.


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Massepunktes beschreibt, aber sein Betrag nicht dem zurückgelegten Weg entspricht. Diesen<br />

erhalten wir als Integration über den Betrag der Geschwindigkeit:<br />

t<br />

t<br />

r<br />

s(<br />

t)<br />

= ∫ v(<br />

t)<br />

dt = ∫<br />

t<br />

2 2 2 2 2 2<br />

r ω sin ωt<br />

+ r ω cos ωt<br />

dt = ∫ rωdt<br />

= rωt<br />

. Die Integrations-<br />

0<br />

0<br />

0<br />

konstante wurde hier mit Null angenommen.<br />

In gleicher Weise lässt sich dieses Problem mit Hilfe der vorhin abgeleiteten Gesetze für<br />

Winkeländerungen beschreiben. Der Massepunkt rotiert mit konstanter<br />

Winkelgeschwindigkeit und man erhält:<br />

⎛Tx<br />

⎞ ⎛ I xx I xy I xz ⎞⎛<br />

0 ⎞<br />

r ⎜ ⎟ t ⎜<br />

⎟⎜<br />

⎟<br />

T = ⎜T<br />

⎟ = &v<br />

y Iω<br />

= ⎜ I xy I yy I yz ⎟⎜<br />

0 ⎟ .<br />

⎜ ⎟ ⎜<br />

⎟⎜<br />

⎟<br />

⎝T<br />

⎠ ⎝<br />

⎠⎝<br />

&<br />

z I xz I yz I zz ω = 0⎠<br />

Demnach handelt es sich um eine drehmomentfreie gleichförmige Rotation in Analogie zur<br />

kräftefreien gleichförmigen linearen Bewegung. Hier sieht man bereits den Vorteil der<br />

Verwendung der Gleichungen in Winkelgrößen, da die Beschreibung wesentlich einfacher<br />

ist. Allerdings nur solange, als man nur in dem Verhalten der makroskopischen<br />

Drehbewegungen interessiert ist. Zwangskräfte, wie z.B. die Fliehkraft sind hier nicht<br />

explizit ersichtlich. Etwas tieferen Einblick erhält man noch, wenn nun die einzelnen<br />

Drehgrößen wie Drehmomente, Drehimpulse und Trägheitsmomente auch tatsächlich<br />

ausgerechnet werden. In unserem Fall der einfachen Rotation in einer Ebene sind nur die z-<br />

Komponenten von Bedeutung. Wir berechnen:<br />

2<br />

⎛r<br />

cosωt<br />

⎞ ⎛−<br />

rω<br />

cosωt<br />

⎞ ⎛<br />

0<br />

⎞<br />

r v r ⎜ ⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟<br />

2<br />

T = r × F = ⎜ r sinωt<br />

⎟ × M ⎜ − rω<br />

sinωt<br />

⎟ = M ⎜<br />

0<br />

⎟<br />

⎜ ⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜ 2 2<br />

2 2<br />

⎟<br />

⎝ 0 ⎠ ⎝ 0 ⎠ ⎝−<br />

r ω cosωt<br />

sinωt<br />

+ r ω sinωt<br />

cosωt<br />

= 0⎠<br />

,<br />

2<br />

⎛ry<br />

+ rz<br />

t ⎜<br />

I = M ⎜ − rxry<br />

⎜<br />

⎝ − rxr<br />

z<br />

2<br />

− r r<br />

r<br />

2<br />

x<br />

x y<br />

2<br />

z<br />

+ r<br />

− r r<br />

y<br />

z<br />

2 2<br />

− rxrz<br />

⎞ ⎛ r sin ωt<br />

⎟ ⎜<br />

2<br />

− ryrz<br />

⎟ = M ⎜−<br />

r sinωt<br />

cosωt<br />

2 2<br />

r + r<br />

⎟ ⎜<br />

x y ⎠ ⎝ 0<br />

0 ⎞<br />

⎟<br />

0 ⎟ .<br />

2<br />

r<br />

⎟<br />

⎠<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 11<br />

− r<br />

2<br />

r<br />

sinωt<br />

cosωt<br />

Der Trägheitstensor besteht nur aus der zz-Komponente als zeitlich stabile Größe, während<br />

die anderen Komponenten nur zeitweise auftreten und für den Bewegungsvorgang nicht<br />

maßgebend sind. Das Trägheitsmoment eines einzelnen Massepunktes ist daher Mr 2 , wobei r<br />

den Normalabstand zur Drehachse bedeutet. Die Kreisfrequenz hat nur eine z-Komponente,<br />

da nur der Winkel des Massepunktes in der x-y-Ebene sich ändert:<br />

⎛ 0 ⎞<br />

r ⎜ ⎟<br />

ω = ⎜ 0 ⎟ , mit ϕ = ωt<br />

+ ϕ 0 .<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ω<br />

= & ϕ ⎠<br />

Die weiteren Größen ergeben sich zu:<br />

2<br />

cos<br />

0<br />

2<br />

ωt


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

⎛r<br />

cosωt<br />

⎞ ⎛− rω<br />

sinωt<br />

⎞ ⎛ 0 ⎞<br />

r r r r r ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ t r<br />

l = r × p = r × Mv<br />

= ⎜ r sinωt<br />

⎟ × M ⎜ rω<br />

cosωt<br />

⎟ = M ⎜ 0 ⎟ = Iω<br />

.<br />

⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 2<br />

r ω ⎟<br />

⎝ 0 ⎠ ⎝ 0 ⎠ ⎝ ⎠<br />

Zur Vereinfachung ist in nachstehender Tabelle nochmals die Analogie zwischen den<br />

einzelnen Größen angegeben:<br />

lineare Bewegung Rotation Zusammenhang<br />

x r , Ort<br />

v x&<br />

r r = , Geschwindigkeit<br />

b &x & r<br />

ϕ<br />

r<br />

= , Beschleunigung<br />

r , Winkel<br />

ω & ϕ<br />

r r = ,<br />

Winkelgeschwindigkeit<br />

ϕ& &r r r r r<br />

dx<br />

= dϕ<br />

× r + dr<br />

v r r&<br />

, Winkelbeschleunigung<br />

r r r r<br />

= ω × + ,<br />

b r r &r & r<br />

r<br />

&r r r<br />

= ω × + ω × &r<br />

+<br />

F r , Kraft T r , Drehmoment<br />

M , Masse I t , Trägheitsmoment<br />

p r , Impuls<br />

2<br />

⎛ry<br />

+ rz<br />

⎜<br />

M ⎜ − rxr<br />

y<br />

⎜<br />

⎝ − rxrz<br />

2<br />

− r r<br />

r<br />

2<br />

x<br />

+ r<br />

− r r<br />

− r r<br />

− r r<br />

r r r<br />

T = r × F<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 12<br />

x y<br />

2<br />

z<br />

y<br />

z<br />

r<br />

2<br />

x<br />

x<br />

z<br />

y z<br />

2<br />

y<br />

+ r<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎟<br />

⎟<br />

⎠<br />

bzw. in einfachen Systemen<br />

wo I diagonal: I = M r<br />

2<br />

l r , Drehimpuls<br />

F Mb<br />

p&<br />

r r r<br />

= =<br />

ω & ω<br />

r<br />

r &r &t r t<br />

T = l = I + I<br />

∑ i<br />

Fi r<br />

= 0<br />

∑ i<br />

Ti r<br />

= 0<br />

8.2.3. Beispiel <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong><br />

αα<br />

α<br />

r r r t r<br />

M r × ω × r = Iω<br />

r r r r r<br />

l = r × p = r × Mv<br />

=<br />

r r r t r<br />

= r × Mω<br />

× r = Iω<br />

Die Atwood'sche <strong>Fallmaschine</strong> (siehe Abb.1) benützt zwei Gewichtsmassen M1 < M2, welche<br />

durch einen Faden über eine Rolle miteinander verbunden sind. Es wirkt nur mehr die<br />

Differenz der beiden Gewichte als antreibende Kraft, während die träge Masse als die<br />

Summe beider Gewichtsmassen auftritt. Wird der Faden und das Rad als masselos betrachtet<br />

erhält man folgende einfache Bewegungsgleichung:<br />

− gM = ( M + M )b,<br />

gM 2 1 1 2<br />

woraus sofort folgt:<br />

b = &<br />

M<br />

− M<br />

2 1<br />

& x = g .<br />

M1<br />

+ M 2


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Zunächst berücksichtigen wir die Masse Mr der Umlenkrolle, was zu einem zusätzlichen<br />

trägen Verhalten über das Trägheitsmoment der Rolle Ir führt. Weiters ist die<br />

Winkeländerung dϕ der Rolle mit der Ortsänderung dx=rdϕ beider Massen gekoppelt. Wir<br />

stellen wiederum die Kräftegleichung auf, indem wir berücksichtigen, dass die Rolle ein<br />

Drehmoment der Trägheit:<br />

T<br />

r<br />

I r<br />

= rFr<br />

= I & &<br />

rϕ<br />

= x&<br />

r<br />

ausübt. Damit erhalten wir:<br />

gM<br />

2<br />

I r<br />

− gM 1 = ( M 1 + M 2 ) b + b , 2<br />

r<br />

und somit als Beschleunigung:<br />

b = &<br />

M<br />

− M<br />

2 1<br />

& x = g<br />

.<br />

I r<br />

M1<br />

+ M 2 + 2<br />

r<br />

Ist die Rolle als Zylinderscheibe anzusehen, so ist ihr Trägheitsmoment bezüglich der<br />

2<br />

M rr<br />

Zylinderachse I r = und wir erhalten:<br />

2<br />

M 2 − M 1<br />

b = & x&<br />

= g<br />

.<br />

M r<br />

M 1 + M 2 +<br />

2<br />

Zuletzt soll nur noch kurz der Fall eines nicht masselosen Fadens diskutiert und die dabei auftretende<br />

Bewegungsgleichung angeschrieben werden. Zunächst erhöht sich das Trägheitsmoment der Umlenkrolle, da<br />

noch zusätzlich die Masse des Fadens, der über die obere Hälfte des Rades geleitet ist, dazugezählt werden<br />

muss. Wir bezeichnen mit I dieses erhöhte Trägheitsmoment. Weiters trägt mit der Länge l2(0)+x der Faden an<br />

der Masse M2 mit seinem Gewicht zur antreibenden Kraft bei, während der Faden an M1 mit l1(0)-x=l0-l2(0)-x<br />

die antreibende Kraft vermindert. Zusätzliche erhöht die Länge des frei hängenden Fadens l0 die wirkende träge<br />

Masse. Nehmen wir eine Masse des Fadens Mf=ρfl, welche proportional zu seiner Länge l ist, so erhalten wir als<br />

Bewegungsgleichung:<br />

gM<br />

2<br />

I r<br />

+ gρ<br />

( l x)<br />

gM g ( l l x)<br />

( M M l ) & f<br />

f<br />

f x&<br />

&x<br />

&<br />

2(<br />

0)<br />

+ − 1 − ρ 0 − 2(<br />

0)<br />

− = 1 + 2 + ρ 0 + . 2<br />

r<br />

Etwas übersichtlicher lautet die Differentialgleichung:<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

( M − M + ( 2l<br />

( 0)<br />

− ) )<br />

I ⎞<br />

+ + ρ + & x&<br />

+ 2g x = g<br />

ρ 2 l0<br />

.<br />

r ⎠<br />

M 1 M 2 f l0<br />

2 ⎟ ρ f<br />

2 1 f<br />

Diese kann durch zweifache Integration gelöst werden:<br />

l2<br />

x<br />

∫ ∫<br />

l2(<br />

0)<br />

l2(<br />

0)<br />

g<br />

I<br />

M 1 + M 2 + ρ f l0<br />

+<br />

t t<br />

2<br />

r<br />

2<br />

d t .<br />

2<br />

d x =<br />

( M − M + ρ ( 2l ( 0)<br />

− l ) ) − 2gρ<br />

x ∫∫<br />

2<br />

1<br />

f<br />

2<br />

0<br />

f<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 13<br />

0 0


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Die erste Integration liefert:<br />

l2<br />

∫<br />

l2<br />

( 0)<br />

M<br />

−<br />

1<br />

I<br />

+ M 2 + ρ f l0<br />

+ 2<br />

r<br />

⎛ g 2 1<br />

ln⎜<br />

2gρ ⎜<br />

f ⎝ g 2 1 ρ f<br />

Nach der 2. Integration erhält man:<br />

⎛<br />

⎜ M<br />

⎝<br />

mit<br />

X<br />

1<br />

+ M<br />

g<br />

2<br />

+ ρ l<br />

f<br />

0<br />

I ⎞<br />

+ ( )<br />

2 ⎟g<br />

M 2 − M 1 − ρ f l0<br />

r ⎠<br />

2 ( 2gρ<br />

)<br />

( M − M + ρ ( 2l<br />

( 0)<br />

− l ) )<br />

f<br />

2 1 f 2 0<br />

f<br />

= .<br />

g(<br />

M 2 − M 1 − ρ f l0<br />

)<br />

( M − M + ρ ( 2l<br />

( 0)<br />

− l ) )<br />

− 2gρ<br />

x<br />

− 2gρ<br />

x ⎞<br />

f 2 0<br />

f ⎟dx<br />

=<br />

( M − M − l ) ⎟ ∫<br />

( X ln X − X )<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 14<br />

0<br />

l2<br />

l2<br />

( 0)<br />

2<br />

t<br />

=<br />

2<br />

Für M1=M2=0 stellt dies das Ergebnis einer über eine Rolle hinunterfallenden Kette dar. Das Trägheitsmoment<br />

von Rad und Faden ergibt sich zu:<br />

r<br />

2<br />

2<br />

I = M r<br />

2<br />

+ πrρ<br />

f r .<br />

I M r<br />

Daraus ergibt sich = + πrρ<br />

f .<br />

2<br />

r 2<br />

Für eine weitere Analyse des massebehafteten Fadens empfiehlt sich die numerische Behandlung am Computer.<br />

Analyse des Bewegungsvorganges unter Berücksichtigung von Reibung<br />

Wir gehen von der Atwood’schen <strong>Fallmaschine</strong> aus, deren Weg-Zeit-Diagramm in den<br />

Computer eingelesen werden kann und dort zur weiteren Analyse zur Verfügung steht. Die<br />

beiden Masse wurden dabei in diesem Beispiel zu M1=0,80 kg und M2=0,87 kg bestimmt.<br />

Die Masse der drehenden Scheibe soll 0,13 kg betragen. Dies ergibt eine theoretische<br />

M 2 − M 1<br />

0,<br />

87 − 0,<br />

8<br />

Beschleunigung von b = g<br />

= 9,<br />

81<br />

m/s<br />

M r<br />

M + M +<br />

0,<br />

8 + 0,<br />

87 + 0,<br />

065<br />

2 = 0,396 m/s 2 . Die<br />

1<br />

2<br />

2<br />

Randbedingungen werden im Experiment so gesetzt, dass am Ort s0 = 0 m mit der<br />

Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 m/s der Bewegungsvorgang gestartet wird. Allerdings kann<br />

die Datenerfassung von Ort und Zeit erst etwas verspätet mit t0 = -0,5 s gestartet werden.<br />

Theoretisch erwartet man daher folgende Abhängigkeit des Weges von der Zeit:<br />

⎠<br />

t<br />

0<br />

tdt .<br />

2<br />

2 3 2<br />

( ) ( 0 ) 0(<br />

0 ) 2 0 t0<br />

2<br />

2<br />

2<br />

b<br />

b<br />

b<br />

s t = t − t − bt t − t = t − bt t + = 0,198 t 2 + 0,396 t + 0,1485 m.<br />

Dieser theoretisch erwartete Verlauf ist in Abb.2 zusammen mit dem tatsächlich gemessenen<br />

Werten verglichen.


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Weg s [m]<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

experimentell<br />

theoretisch<br />

Y =0.1485+0.396 X+0.198 X 2<br />

Y =0.02734+0.11245 X+0.10874 X 2<br />

-0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0 2.2 2.4<br />

Zeit t [s]<br />

-0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0 2.2 2.4<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 15<br />

Geschwindigkeit v [m/s]<br />

2.4<br />

2.2<br />

2.0<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

experimentell<br />

theoretisch<br />

Y =0.198+0.396 X<br />

Zeit t [s]<br />

Y =0.11231+0.21758 X<br />

Abb.2: Weg-Zeit Diagramm Abb.3: Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm<br />

Dabei treten erhebliche Abweichungen zwischen dem theoretisch erwarteten Verhalten und<br />

den tatsächlichen Messwerten auf. Offenbar ist die tatsächliche Beschleunigung etwa nur die<br />

Hälfte. Um die Ursache dafür etwas näher zu ergründen, empfiehlt es sich die weiteren<br />

Zusammenhänge anzuschauen, wie sie in den Abb.3 bis Abb.6 dargestellt sind. Dabei erhält<br />

man Geschwindigkeit und Beschleunigung aus den experimentellen Werten durch<br />

numerisches Differenzieren. Zu beachten ist, dass durch die experimentellen<br />

Ungenauigkeiten (ebenso wie durch mangelnde numerische Genauigkeit in der<br />

Datenerfassung) das eigentliche Messsignal durch starke Schwankungen (Rauschen)<br />

überlagert ist, was vor allem bei den höheren Ableitungen besonders stark zu tragen kommt.<br />

Beschleunigung b [m/s 2 ]<br />

Beschleunigung b [m/s 2 ]<br />

0.50<br />

0.45<br />

0.40<br />

0.35<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

experimentell<br />

theoretisch<br />

Y =0.396<br />

Y =0.21836-0.00114 X<br />

-0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0 2.2 2.4<br />

Zeit t [s]<br />

Beschleunigung b [m/s 2 ]<br />

0.50<br />

0.45<br />

0.40<br />

0.35<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

experimentell<br />

theoretisch<br />

Y =0.396<br />

Y =0.221-0.01444 X<br />

0.00<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

Weg s [m]<br />

Abb.4: Beschleunigungs-Zeit-Diagramm Abb.5: Beschleunigungs-Weg-Diagramm<br />

0.50<br />

0.45<br />

0.40<br />

0.35<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

experimentell<br />

theoretisch<br />

Y =0.396<br />

Y =0.21955-0.00703 X<br />

0.2 0.3 0.4 0.5<br />

Geschwindigkeit v [m/s]<br />

Abb.6: Beschleunigungs-Geschwindigkeits-<br />

Diagramm<br />

Kraft F [N]<br />

1.0<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

experimentell<br />

theoretisch<br />

Y =0.687<br />

Y =0.38092-0.01221 X<br />

0.2 0.3 0.4 0.5<br />

Geschwindigkeit v [m/s]<br />

Abb.7: Kraft-Geschwindigkeits-Diagramm


<strong>KFU</strong>G, Inst. f. Experimentalphysik, Laborübungen aus Experimentalphysik I<br />

Von besonderer Bedeutung sind hierbei vor allem die verschiedenen Beschleunigungs-<br />

Diagramme, da sie den Hinweis liefern, ob tatsächlich die angenommene gleichförmig<br />

beschleunigte Bewegung vorliegt. Leider ist hier jedoch, bedingt durch die zweiten<br />

Ableitungen, die Genauigkeit sehr stark eingeschränkt. Dies ist in unserem Beispiel durch die<br />

zu geringe numerische Auflösung der Ortsdaten bedingt. Man erkennt eine in Zeit, Ort und<br />

Geschwindigkeit einigermaßen konstante Beschleunigung mit leichter Tendenz zur<br />

Abnahme. Ob diese Abnahme nun wirklich durch eine orts-, zeit- oder<br />

geschwindigkeitsabhänge Größe verursacht wurde lässt sich aus diesen Diagrammen alleine<br />

jedoch nicht verifizieren (selbst bei besserer Genauigkeit der Messdaten nicht). Erst wenn<br />

der Versuch unter veränderten Randbedingungen (Wiederholung zu anderer Zeit t0, Start des<br />

Bewegungsvorganges an einem anderen Ort s0 und starten mit einer anderen<br />

Anfangsgeschwindigkeit v0) durchgeführt wird, könnte man erkennen, dass der<br />

Bewegungsablauf unabhängig vom gewählten Zeitpunkt oder dem Anfangsort ist, jedoch<br />

nicht von der gewählten Anfangsgeschwindigkeit. Somit muss noch eine weitere Kraft<br />

vorhanden sein, welche leicht von der Geschwindigkeit abhängt. Die für die Änderung des<br />

Bewegungszustandes verantwortliche Gesamtkraft erhalten wir, wenn wir die experimentell<br />

bestimmte Beschleunigung mit der gesamt wirkenden trägen Masse multiplizieren. In<br />

M r<br />

unserem Beispiel ist die gesamte träge Masse M = M + M + = 1,735 kg. Damit<br />

erhalten wir das in Abb.7 dargestellte Verhalten der gesamten wirkenden Kraft als Funktion<br />

der Geschwindigkeit. Die Diskrepanz zwischen der aus der Massendifferenz bisher<br />

berechneten antreibenden Kraft und der tatsächlich wirkenden Kraft wird als die zusätzliche<br />

Reibungskraft FR = 0,306 (±0,015) + 0,01(±0,04) v ermittelt. Dabei ist die Geschwindigkeit<br />

in m/s einzusetzen und die Kraft erhält man in Newton. Die in Klammer angegebenen Werte<br />

geben den Genauigkeitsbereich der einzelnen Parameter an, wie sie bessere Fitroutinen aus<br />

der Streuung der Messwerte als Standardabweichungen berechnen. Demnach liegt eine auf<br />

ca. 3% genau bestimmte geschwindigkeitsunabhängige Reibungskraft von 0,3 N vor,<br />

während die Geschwindigkeitsabhängigkeit durch einen Koeffizienten zwischen –0,03 und<br />

+0,05 Ns/m beschrieben wird. Ob dies den tatsächlichen Verhältnissen entspricht lässt sich<br />

in diesem Fall sehr leicht nachprüfen, da in den vorigen Abbildungen keine echten<br />

Messdaten verwendet wurden sondern eine Simulation, welche jedoch auch die Streuung der<br />

Messdaten und die geringe numerische Auflösung berücksichtigt. Diese Simulation wurde<br />

mit eine Reibungskraft FR = 0,3 + 0,03 v durchgeführt, was mit den in unserer Analyse<br />

ermittelten Wertbereichen übereinstimmt.<br />

Eine Verbesserung der beschriebenen Analyse müsste in einer Erhöhung der Genauigkeit der<br />

Ortsdaten ansetzen, um so zu verlässlicheren Beschleunigungswerten zu kommen. Dann ist<br />

auch die Durchführung mit geänderten Anfangsbedingungen sinnvoll, welche zur<br />

Charakterisierung der auftretenden Kräfte notwendig ist. Zwar scheint auch die künstliche<br />

Glättung (Smoothing) der Geschwindigkeitskurve eine effektive Alternative darzustellen,<br />

allerdings ist dies mit einer künstlichen Manipulation und Veränderung der Messdaten<br />

verbunden, wodurch die statistische Aussagekraft einer Nachfolgenden Fit-Methode verloren<br />

geht bzw. stark beeinträchtigt wird. Besser ist hier geschickte numerische<br />

Differenziermethoden anzuwenden, welche ein breites Datenintervall betrachten. Allerdings<br />

wird dann die Information an den Datenrändern (Beginn und Ende) stark eingeengt, wodurch<br />

ebenfalls wieder keine gute statistische Genauigkeit über den Anstieg der Fit-Kurve erzielbar<br />

ist. Letztlich gilt wie immer der Grundsatz, daß Information, welche nicht schon<br />

ursprünglich in den Messdaten vorhanden ist, auch nicht mit noch so hohen Aufwand im<br />

„smoothing“ oder „fitten“ herbeigezaubert werden kann.<br />

9. Experimentpate: P.Knoll<br />

P.Knoll, <strong>Atwood´sche</strong> <strong>Fallmaschine</strong> 16<br />

T<br />

1<br />

2<br />

2

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