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OCEAN7 2012-02

Seglerlegende und Bestsellerautor Bobby Schenk verrät exklusiv die besten Tipps und Tricks für Skipper. Dazu gibt es Tests von Yachten und Zubehör, spannende Reiseberichte und opulente Fotostrecken.

Seglerlegende und Bestsellerautor Bobby Schenk verrät exklusiv die besten Tipps und Tricks für Skipper. Dazu gibt es Tests von Yachten und Zubehör, spannende Reiseberichte und opulente Fotostrecken.

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KOLUMNe<br />

7<br />

Einparkhilfen<br />

für Segelschiffe?<br />

Hafenkino ist angesagt. trotz dieses wunderschönen törns bei<br />

Sonnenschein und 5er-Backstagsprise plagt den Skipper ein<br />

Problem. Es liegt ihm wie ein Stein im Magen. Verbissen, wenn<br />

auch unbemerkt von seiner Mannschaft, geht er das unvermeidliche<br />

Anlegemanöver im engen Zielhafen in Gedanken immer<br />

wieder durch. Ins Päckchen? Wie die Muringleine aufnehmen?<br />

Auf welcher Seite die Fender? Ist der Wind im Hafen böig oder<br />

hoffentlich kaum zu spüren? Spielt die Mannschaft richtig mit<br />

oder kommen im unpassendsten Moment Gegenvorschläge? Bin<br />

ich Manns genug, Schimpfworte zu vermeiden? und – worst<br />

case – werden die Zuschauer auf der Pier das Manöver kommentieren?<br />

Was kaum jemals eine Hilfe ist, nicht selten aber den<br />

Skipper vor seiner Crew bloßstellt und die besten Voraussetzungen<br />

für eine Havarie mit der nachbaryacht schafft. So kann<br />

„Segeln“ zur Qual werden, für den Skipper jedenfalls, und der<br />

obligatorische Drink „Besanschot an“ ist ein tiefer Schluck der<br />

Erleichterung, wenn es dann endlich heißt: „Leinen fest!“.<br />

Der Yacht-Industrie ist das selbstverständlich nicht entgangen;<br />

sie ist begeistert von der Marktlücke, die sich da auftut. Denn<br />

die Yachten werden immer größer, die Crews immer kleiner und<br />

die Häfen immer enger. Kaum jemand erinnert sich, dass einst,<br />

sagen wir mal vor dem Krieg, die Hafenmanöver grundsätzlich<br />

unter Segel gefahren wurden, bei Flaute halt mit unterstützung<br />

von riemen oder Gig. Dann kamen die Motoren, verschämt als<br />

„Hilfsmotor“, später als „Flautenschieber“ bezeichnet. Lange<br />

glaubte man, das müsse als Anlegehilfe reichen. und wahrlich,<br />

es reicht auch. Dem, der’s kann. Aber die Yachtindustrie würde<br />

ja am Bettelstab gehen, wollten nur Manöver-Cracks Schiffe<br />

kaufen. Ich hab noch die Worte eines Schiffsverkäufers im ohr,<br />

der einem reichlich unbedarften Ehepaar eine 55-Fuß-lange<br />

„Segel“-Yacht für ein paar Millionen andrehte: „und, gnädige<br />

Frau, mit diesem winzigen Joystick können Sie Ihre Yacht spielend<br />

leicht im Hafen manövrieren!“. Was die Gattin mit spöttischem<br />

Blick auf ihren Geldgeber schnippisch wiederholte:<br />

„Siehst du, auch ich kann das Schiff dann anlegen!“ Die Yacht<br />

ward verkauft, nicht etwa wegen ihrer Seetüchtigkeit, nicht<br />

wegen ihres Seeverhaltens, sondern wegen dem Bugstrahlruder,<br />

den überdimensionierten Winschen, dem Ankerspill, der großen<br />

Verholwinsch achtern und, vor allem, wegen dem ausfahrbaren<br />

Heckstrahlruder – von der per Handy automatisch ausfahrbaren<br />

Gangway ganz zu schweigen. Alles hydraulisch oder zumindest<br />

elektrisch betrieben. Der letzte Schrei auf diesem Gebiet ist sicher<br />

ein Katamaran, der seine Breite für den Hafen wesentlich<br />

verkleinern kann. Der Erfinder des Systems, der sympathische<br />

Weltumsegler Dr. Ernst Bullmer, hatte mich vor ein paar Jahren<br />

gebeten, dieses System für meinen neuen Katamaran zu übernehmen.<br />

Ehrlich, ich war nicht daran interessiert. Denn einerseits<br />

habe ich nicht geglaubt, dass man so eine Erfindung realisieren<br />

könne (da habe ich mich geirrt, respekt! – das Argument<br />

der Manövrierleichtigkeit im Hafen und Ermäßigung bei den<br />

Liegplatzkosten zieht offensichtlich immer). Andererseits konnte<br />

und kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, jemals<br />

einen derartigen Apparat zu benötigen.<br />

Was bei all diesen Bedienungshilfen, oder nennen wir es ehrlicherweise<br />

„Einparkhilfen“, nicht bedacht wird, ist, dass die für<br />

die ganze Mimik notwendigen Kräfte aus einem stinkenden<br />

Dieselmotor kommen, also mit „Segeln“ nichts mehr zu tun<br />

haben. und es wird auch in 20 Jahren noch so sein, denn die<br />

alternativen Stromerzeuger sind viel zu uneffektiv, auch wenn<br />

uns die tV-Werbung etwas anderes vorlügt.<br />

Sind solche Schiffe nicht eigentlich Motorboote mit Hilfsbesegelung?<br />

Deshalb: Warum nicht gleich eine Motoryacht? Weltreisen sind<br />

damit möglich, und der Spritpreis kommt leicht rein, wenn man<br />

das teure rigg weglässt.<br />

Allerdings, man könnte auch Segler bleiben, indem man Hafenmanöver<br />

sicher fahren lernt. Hierfür gibt’s Skippertrainings, wo<br />

das Anlegen mit großen Yachten – bis zu 50 Fuß – tagelang geübt<br />

wird. Letztes Jahr hab ich ein solches training geleitet, und es<br />

war faszinierend zu beobachten, wie die einzelnen teilnehmer<br />

anfangs ängstlich, ein paar tage später jedoch<br />

souverän die Yacht abgelegt<br />

(auch unter Segel) und an den<br />

Steg manövriert haben. ohne<br />

eine einzige Schramme zu verursachen.<br />

Echte Segler<br />

with<br />

halt!<br />

Cruising

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