REGIONALE SCHIENEN 2/2016
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2/<strong>2016</strong><br />
VERKEHRSPOLITIK | NAHVERKEHR | NACHHALTIGE MOBILITÄT<br />
Verkehrsminister Gerald Klug im Interview:<br />
„Wir investieren 25 Milliarden<br />
in die Bahn“<br />
Verkehrspolitik<br />
Ausschreibungen<br />
in Bayern:<br />
Pro und Contra<br />
Verkehrstechnik<br />
Modernste Straßenbahn<br />
Europas zwischen<br />
Gmunden und<br />
Vorchdorf<br />
REGIONAL | NATIONAL | INTERNATIONAL
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[ Vorwort ]<br />
Pariser Klimavertrag: Wo ist der<br />
verkehrspolitische Gestaltungswille?<br />
Peter Haibach, Herausgeber<br />
Pariser Klimavertrag: Wo ist der<br />
verkehrspolitische Gestaltungswille?<br />
Eine nüchterne Analyse des Verkehrsgeschehens<br />
zeigt auf: Die Verkehrsunternehmen,<br />
die Fahrzeugund<br />
Bahnindustrie, gepaart mit<br />
modernen Technologien, setzen auf<br />
Innovationen – auch um dem Rotstift der<br />
österreichischen Verkehrs- und Budgetpolitik zu entgehen.<br />
Dabei werden durchaus Erfolge bei der Umsetzung<br />
zukunftsorientierter Mobilität gefeiert: z.B. Regio-Tram<br />
Gmunden, Straßenbahn von Linz nach Traun, Ausbau<br />
von Hauptbahnhöfen in den Landeshauptstädten zu<br />
attraktiven Verkehrsdrehscheiben, Streckenausbauten<br />
entlang der West- und der Südstrecke.<br />
Mit Statistiken lässt sich auch belegen, dass die Österreicher<br />
Bahn-Vielfahrer sind. Auch die Ankündigung des<br />
neuen Verkehrsministers Gerald Klug, den Bahn-Güterverkehrsanteil<br />
von derzeit 20 % bis 2030 auf 40 % zu<br />
erhöhen, ist ambitioniert. Beruhigend erscheint auch,<br />
dass das Erreichen der Pariser Weltklimaziele einen<br />
hohen Stellenwert haben soll.<br />
Ein Faktenchek in den Bundesländern zeigt<br />
ein anderes Bild:<br />
Richtig ist, dass einzelne Länder wie Vorarlberg, Tirol,<br />
Oberösterreich und die Bundeshauptstadt Wien kontinuierlich<br />
an einer mobilen Vielfalt arbeiten und mehr in<br />
neue Verkehrsprojekte wie Straßenbahnen, Regio-Trams,<br />
S-Bahnen und Busse investieren. In anderen Bundesländern<br />
herrscht eher Stillstand, teils aus politischer<br />
Uneinigkeit, teils aus Finanznöten, teils aus anderer budgetärer<br />
Prioritätensetzung.<br />
Allen Bundesländern macht allerdings zu schaffen, dass<br />
der Gestaltungswille des Bundes fehlt und auch jener<br />
zwischen den Bundesländern durch Uneinigkeit konterkariert<br />
wird. Es versteht niemand, warum Fahrpläne<br />
an Ländergrenzen enden, warum jedes Land ein eigenes<br />
Tarifsystem mit gravierenden Unterschieden zwischen<br />
den Bevölkerungsgruppen aufweist und warum es den<br />
Ländern nicht gelingt, sich auf einen österreichweiten<br />
Verkehrsverbund zu einigen. Einen ausfinanzierten Integralen<br />
Taktfahrplan von Bahnen und Bussen gibt es trotz<br />
jahrelanger Ankündigungen nicht.<br />
Der Bundesregierung fehlt eine ökologische<br />
Steuerreform<br />
Eine Initiative der Bundesregierung für eine ökologische<br />
Steuerreform ist nicht in Sicht. Eine faire Kostenwahrheit<br />
zwischen den Verkehrsträgern wird nicht angegangen.<br />
Im Gegenteil: Es wird der äußerst niedrige Dieselund<br />
Benzinpreis goutiert, die erhöhte Pendlerpauschale<br />
beibehalten, eine verkehrslenkende, flächendeckende<br />
Lkw-Maut von der Mehrheit der Landesverkehrsreferenten<br />
abgeschmettert – obwohl es nur durch Schweizer Verhältnisse<br />
mit einer Zweckbindung 50 : 50 % für ÖV-Projekte<br />
und Straßensanierungen möglich wäre, beides<br />
gleichzeitig finanzieren zu können. Auto- und Lkw-Fahren<br />
ist günstiger denn je, während die Öffi-Ticketpreise<br />
mit wenigen Ausnahmen stetig steigen. Eine gravierende<br />
Änderung des Modal Splits zugunsten der Öffis ist kaum<br />
zu erwarten. Nun setzt Deutschland noch eins drauf und<br />
fördert E-Autos mit 1,2 Milliarden Euro, die ein Steuergeschenk<br />
für die Autoindustrie sind. Auch in Österreich<br />
werden E-Autos stark gefördert. Das Geld wäre besser<br />
angelegt, wenn die E-Mobilität mit Bahnen und Bussen<br />
gefördert würde!<br />
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<strong>REGIONALE</strong> <strong>SCHIENEN</strong> 2 | <strong>2016</strong><br />
5
[ Inhalt ]<br />
16<br />
34<br />
Gotthard Basistunnel – Das Jahrhundertbauwerk geht in Betrieb.<br />
© Foto: SBB<br />
Bahnhof Meiringen: Links die Werkstätten der ZB, in der Mitte das Gleis 3,<br />
das auf die MIB führt, und rechts eine der acht HGe 4/4 von 1989, die einen<br />
Regionalzug führt. Dahinter einer der neuesten Triebzüge. © Foto: Jürg D. Lüthard<br />
Nahverkehr<br />
Reise + Touristik<br />
14<br />
Hayk Pöschl<br />
Meilensteine und Kehrseiten<br />
Tramverlängerung Linz – Traun<br />
44<br />
Stefan Hasenbichler<br />
Die autofreien Pakleni-Inseln vor der Insel Hvar<br />
Autofrei in den Urlaub. Mit Bahn und Schiff nach Dalmatien.<br />
20<br />
40<br />
32<br />
50<br />
Thomas Feichtinger<br />
Der erste in der Steiermark: Obus in Graz<br />
Harald A. Jahn<br />
Düsseldorf: Die Rheinbahn eröffnet die<br />
zweite Stadtbahn-Stammstrecke<br />
Fernverkehr<br />
Peter Köhler<br />
„Auf dem Bahnhof endet die Reise des<br />
Kunden nie“<br />
Buchtipp/Impressum<br />
Jürgen Grosch<br />
Auf Schienen zwischen Salzburg und München<br />
50 Impressum<br />
22<br />
24<br />
26<br />
46<br />
46<br />
Verkehrstechnik<br />
Reinhard Fürmetz<br />
Eisenbahnsicherheit<br />
Peter Kleinschuster<br />
Unfall Bad Aibling: ÖBB setzen auf strenges<br />
Sicherheits-Kontrollsystem<br />
Laurenz Neumann<br />
Modernste Straßenbahn Europas zwischen<br />
Gmunden und Vorchdorf<br />
Karl Schambureck<br />
Ein neuer Zug für die Schafbergbahn<br />
Karl Schambureck<br />
Schneeräumung auf der Schafbergbahn<br />
Kurzmeldungen<br />
47 Interessantes aus Österreich und Europa<br />
6
[ Inhalt ]<br />
40 44<br />
Die Station Benrather Straße der neuen Wehrhahn-Linie in Düsseldorf.<br />
© Foto: Harald A. Jahn<br />
Blick auf Hvar und die Festung.<br />
© Foto: Stefan Hasenbichler<br />
8<br />
Verkehrspolitik<br />
„40 % Modal Split bis 2030 ist realistisch“<br />
Verkehrsminister Gerald Klug will Bahn-Güterverkehr stärken<br />
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10<br />
13<br />
Wolfgang Oeser<br />
Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern:<br />
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16<br />
Jürg D. Lüthard<br />
Gotthard-Basistunnel<br />
Das Jahrhundertbauwerk geht in Betrieb<br />
30<br />
34<br />
Christian Gratzer<br />
Bahnnutzung in Österreich auf<br />
Schweizer Niveau bringen<br />
Jürg D. Lüthard<br />
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38<br />
Jürgen Grosch<br />
Bürgerentscheid pro Stadt-Umland-Bahn<br />
in Erlangen<br />
Titelfoto<br />
Verkehrsminister Gerald Klug im Interview:<br />
„Wir investieren 25 Milliarden in die Bahn“<br />
Minister Gerald Klug (rechts) gemeinsam mit Herrn Christopher Pux,<br />
dem die 2.500. Lok-Fahrerlaubnis ausgestellt wurde.<br />
© Foto: BMVIT / Johannes Zinner<br />
<strong>REGIONALE</strong> <strong>SCHIENEN</strong> 2 | <strong>2016</strong><br />
7
8<br />
[ Verkehrspolitik ]<br />
„40 % Modal Split bis 2030 ist<br />
realistisch“<br />
Verkehrsminister Gerald Klug will Bahn-Güterverkehr stärken<br />
RS: Österreich hat die Verpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll<br />
zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen klar<br />
verfehlt. Der Verkehrssektor ist ein starker Treiber für diese<br />
Fehlentwicklung. Er ist aktuell für 28 Prozent von Österreichs<br />
Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Was sind<br />
nach dem starken Signal der Klimakonferenz Ihre Maßnahmen<br />
zur Ökologisierung des Verkehrs?<br />
Klug: Wir bekennen uns klar zu den Klimazielen und richten<br />
auch unsere Politik danach aus. Mir ist es aber wichtig, dass wir<br />
beim Verkehr genau hinschauen. Es geht um zwei Fragen. Erstens:<br />
Wie klimafreundlich ist der Verkehr in Österreich? Und<br />
zweitens: Was wird in die CO 2<br />
-Bilanz eingerechnet? Zum ersten<br />
Punkt: Österreich hat von allen EU-Staaten den höchsten<br />
Bahnanteil. In keinem anderen EU-Land fahren die Menschen<br />
so viel mit der Bahn, und kein anderes hat einen so hohen Anteil<br />
der Bahn am Güterverkehr. Wenn man den gesamten Öffentlichen<br />
Verkehr betrachtet, sieht man, dass Österreich mit<br />
25 Prozent aller zurückgelegten Kilometer auch hier<br />
unter den Besten in Europa ist. Das österreichische<br />
Verkehrssystem ist viel klimafreundlicher<br />
als viele glauben. Und wir tun alles, um unser<br />
Verkehrssystem noch umwelt- und klimafreundlicher<br />
zu machen. Das zweite sind die<br />
Bilanzierungsregeln: CO 2 im Verkehr wird<br />
nach der in einem Land verkauften Treibstoffmenge<br />
berechnet. Und da weiß man –<br />
das Umweltbundesamt weist das im Klimaschutzbericht<br />
auch eindeutig so aus –, dass ein<br />
Drittel des Treibstoffs, der in Österreich verkauft<br />
wird, nicht in Österreich verbraucht wird. Früher<br />
hat man das Tanktourismus genannt: Transit-Lkw<br />
füllen ihre 1.000-Liter-Tanks in Österreich an, weil hier der<br />
Sprit günstiger ist, verbrauchen den Sprit aber im Ausland.<br />
RS: Gibt es einen speziellen Fahrplan/eine Road Map für<br />
CO 2 -Reduktionen?<br />
Klug: Für mein Ministerium gibt es klare Prioritäten, so wie<br />
im Gesamtverkehrsplan beschlossen. Vorrang dabei hat der<br />
Öffentliche Verkehr mit dem Ausbau der Bahn. Jeder Euro,<br />
den wir in eine moderne Bahn-Infrastruktur und für ein gutes<br />
Angebot auf der Schiene investieren, ist aktiver Klimaschutz.<br />
Außerdem sorgen wir für mehr Kostenwahrheit im Verkehr; ab<br />
2017 werden externe Kosten für Lärm und Luftverschmutzung<br />
in die Lkw-Maut eingepreist. Lkws, die die Umwelt mehr belasten,<br />
werden stärker zur Kasse gebeten. Und schließlich hat Klimaschutz<br />
auch eine technologische Komponente. Umweltfreundliche<br />
Antriebe, E-Mobilität, energiesparende Gebäude,<br />
erneuerbare Energien, ressourcenschonende Produktionstechnologien<br />
– darum kümmern wir uns in der Technologieund<br />
Forschungsförderung. Dafür investieren wir jedes Jahr<br />
eine halbe Milliarde Euro.<br />
RS: Der Anteil der Eisenbahn am Güterverkehr soll bis 2030<br />
auf 40 % steigen. Welche Maßnahmen zur Zielerreichung<br />
sind geplant?<br />
„Wir investieren<br />
25 Milliarden<br />
Euro in<br />
die Bahn“<br />
Klug: Wir haben uns ein hohes Ziel gesteckt, aber ich stehe<br />
voll und ganz dazu. Ich halte 40 Prozent Modal Split bis 2030<br />
für realistisch. Wichtig dafür ist es, den Ausbau in den großen<br />
Korridoren fertigzustellen, in die intermodalen Terminals zu<br />
investieren, den Schienengüterverkehr und die Anschlussbahnen<br />
zu fördern und die Gestaltungsmöglichkeiten im Mautbereich<br />
voll auszunutzen.<br />
RS: Was halten Sie von folgenden Maßnahmen? Welche<br />
davon wollen Sie umsetzen, bzw. wo sehen Sie Chancen für<br />
die Umsetzung? Flächendeckende Lkw-Maut?<br />
Klug: Soweit es die Autobahnen und Schnellstraßen betrifft,<br />
also die Straßen, für die ich zuständig bin, gibt es eine flächendeckende<br />
Lkw-Maut. Für die Landesstraßen sind die Länder<br />
zuständig, dazu äußere ich mich nicht.<br />
RS: Anhebung der Mineralölsteuer von Diesel auf das<br />
Niveau von Benzin?<br />
Klug: Über Steuerfragen entscheidet das Finanzministerium,<br />
nicht das Verkehrsministerium.<br />
RS: Kilometerabhängige Pkw-Maut auf Autobahnen?<br />
Klug: Ich finde, wir fahren mit der Vignette sehr gut. Das<br />
System ist bestens eingespielt, und wird von den<br />
Autofahrerinnen und Autofahrern breit akzeptiert.<br />
Es ist einfach und unbürokratisch – und<br />
ich sehe keinen Grund, warum wir das ändern<br />
sollten.<br />
RS: Ökologisierung des Pendlerpauschales?<br />
Klug: Die letzte Reform der Pendlerpauschale<br />
ging bereits in diese Richtung mit dem Jobticket.<br />
Sollte wieder eine größere Änderung<br />
kommen, lohnt es sich sicher, verstärkt darauf<br />
zu achten, dass der Verkehr noch umweltfreundlicher<br />
wird.<br />
RS: Pkw-Tempolimits; z.B. 80/110 km/h?<br />
Klug: Unsere Autobahnen sind für Tempo 130 ausgelegt, die<br />
Überlandstraßen für 100. Daran halten wir auch fest. Und<br />
dort, wo es die Verkehrssicherheit notwendig macht, passt die<br />
Behörde das Tempolimit an die Straßenverhältnisse an.<br />
RS: Revitalisierung/Ausbau von Regionalbahnen: Das mittlere<br />
bzw. südliche Burgenland ist auf dem Weg, schienenfrei<br />
zu werden (Einstellung der Aspangbahn im mittleren<br />
Abschnitt).<br />
Minister Klug testet den selbstfahrenden Bus „Wepod“. © Foto: BMVIT/Hudig
[ Verkehrspolitik ]<br />
Klug: Die Stärkung des regionalen Verkehrs ist mir ein großes<br />
Anliegen. Wir haben mit der Definition des Zielnetzes klargestellt,<br />
welche Strecken vom Bund weiterhin betrieben werden.<br />
Daneben haben wir Streckenteile, die wir uns gemeinsam mit<br />
den Ländern, Gemeinden und der lokalen Wirtschaft im Detail<br />
anschauen wollen. Da möchte ich nicht mit dem Kamm drüberfahren,<br />
weil wir uns hier die Flexibilität für maßgeschneiderte<br />
Lösungen im Einzelfall offenhalten wollen. Wenn Sie<br />
gerade das Burgenland ansprechen, da haben wir bei der Strecke<br />
Oberwart-Friedberg gemeinsam mit den Beteiligten eine<br />
Regelung gefunden, die für alle eine zufriedenstellende Lösung<br />
darstellt und darüber hinaus zur wirtschaftlichen Entwicklung<br />
der Region beiträgt. Dabei wurde dem Burgenland nicht ein<br />
Zentimeter Schiene genommen.<br />
RS: Was wird die Digitalisierung im Verkehrswesen bringen?<br />
Wo liegen darin die Chancen des Öffentlichen Verkehrs?<br />
Klug: Die Digitalisierung bietet ganz große Chancen für den<br />
Öffentlichen Verkehr. Verkehrsinformation, Routenplanung<br />
und Ticketing werden vernetzt, es wird immer leichter, seine<br />
Wege nahtlos zu planen und die Bahn und den Öffentlichen<br />
Verkehr ins Zentrum zu stellen. Für die erste und letzte Meile<br />
werden immer mehr Angebote entwickelt, wie diese umweltfreundlich<br />
zu machen sind – etwa mit E-Carsharing. Dafür<br />
haben wir in Österreich sehr viel in die technischen Grundlagen<br />
investiert und zum Beispiel die Verkehrsauskunft Österreich<br />
aufgebaut.<br />
RS: Italien blockiert die Verbesserung der internationalen<br />
Verbindungen, insbesondere der Südachse. Sehen Sie die<br />
Möglichkeit einer persönlichen Vermittlung? Zur Erläuterung:<br />
Generaldirektor Kern charakterisierte vor etwa einem<br />
Jahr die Situation treffend: „...Etwa die Zulassung eines<br />
Zuges für Italien zu bekommen ist noch immer ein Vorhaben<br />
mit ungewissem Ausgang. Beispiel Railjet: Wir kaufen<br />
um 150 Millionen Euro Garnituren und wollen damit nach<br />
Italien fahren. Doch der Anbieter Siemens kann uns nicht<br />
garantieren, dass wir das jemals dürfen...“<br />
Klug: Unser Ziel ist es, die Fahrzeugzulassung in der gesamten<br />
EU zu vereinfachen. Darum bemühen wir uns auch bei den Verhandlungen<br />
zum Vierten Eisenbahnpaket. Gerade Österreich<br />
ist ja hier Vorreiter bei der unbürokratischen Fahrzeugzulassung.<br />
Ich möchte daran erinnern, dass wir bei der WESTbahn<br />
die Möglichkeit genutzt haben, gleich die Schweizer Zulassung<br />
anzuerkennen.<br />
RS: Österreich macht derzeit einen bedenklichen Strukturwandel<br />
durch: Landflucht bei starker Urbanisierung.<br />
Abhilfe kann nur durch gut ausgebaute Schienenverbindungen<br />
(Sekundär-Elektrifizierung wichtiger Regionalbahnen,<br />
z. B. Aspangbahn) erreicht werden. Können Sie dies unterstützen?<br />
Klug: Wir investieren in den kommenden Jahren rund 25 Milliarden<br />
Euro in eine zuverlässige Bahn, ausgebaute Straßen,<br />
angewandte Forschung und schnelles Internet im ganzen<br />
Land. Mit diesen Investitionen stärken wir die regionale Wirtschaft<br />
und schaffen Arbeitsplätze. Damit helfen wir auch, die<br />
Landflucht zu bekämpfen. Wir wissen, dass es eine entscheidende<br />
Frage für die Menschen gibt: Kann man das nächste prosperierende<br />
Zentrum in 60 Minuten erreichen? Dann ist das<br />
der wirksamste Schutz vor Abwanderung. Deshalb ist es mir<br />
wichtig, den Nahverkehr auf der Schiene zu stärken und für<br />
eine bessere Bahnanbindung in den ländlichen Regionen zu<br />
sorgen. Außerdem investieren wir nicht nur ins ÖBB-Netz,<br />
sondern auch in die Infrastruktur der Privatbahnen – bis 2019<br />
sind das 135 Millionen Euro. Wir haben in Österreich die zweithöchste<br />
Dichte an Bahnstationen in der gesamten EU, wie der<br />
aktuelle Bericht der europäischen Eisenbahnregulierungsbehörden<br />
zeigt.<br />
Peter Haibach, Herausgeber Fachzeitschrift Regionale Schienen<br />
Verkehrsminister Gerald Klug und ÖBB-CEO Christian Kern sind sich einig über die Wichtigkeit des Bahn-Ausbaus.<br />
<strong>REGIONALE</strong> <strong>SCHIENEN</strong> 2 | <strong>2016</strong><br />
© Foto: BMVIT/Johannes Zinner<br />
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