Oktober 2009 - Der Neusser
Oktober 2009 - Der Neusser
Oktober 2009 - Der Neusser
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20<br />
Kraft und Klang klassischer Vielfalt<br />
60-jähriges Jubiläum der Kammermusik im <strong>Neusser</strong> Zeughaus<br />
Wie hört sich das an? Eine Flasche Öl und<br />
der Künstler ist dankbar. Klassik gegen Naturalien,<br />
wie merkwürdig klingt das? Im<br />
<strong>Oktober</strong> 1946, in den ersten Nachkriegsjahren<br />
allerdings war diese Praxis durchaus<br />
üblich. Das Land verwüstet, die Seelen<br />
geleert. Eine Gesellschaft, die nach Halt<br />
und Orientierung sucht. Was wäre Kunst,<br />
wenn sie nicht dort zu greifen suchte; was<br />
wäre Musik, wenn sie nicht dort zu schwingen<br />
beginnt. Es war die private Initiative<br />
<strong>Neusser</strong> Bürger und das Engagement von<br />
Erwin de Haar, unter dessen Leitung die<br />
Gesellschaft für Christliche Kultur das<br />
Konzertleben in Neuss wiederbelebte. <strong>Der</strong><br />
Ort: die Aula des Quirinus-Gymnasiums.<br />
Die Veranstaltung: Kammermusik auf hohem<br />
Niveau. Und das Konzept ging auf:<br />
Bildung und Vergnügen für Bürger verschiedenster<br />
Schichten. <strong>Der</strong> Anspruch der<br />
Initiatoren war hoch. <strong>Der</strong> Zuspruch der<br />
Besucher kam dem gleich. Daher ließ sich<br />
die Stadt als Partner gewinnen, die später<br />
die alleinige Trägerschaft der Kammermusikreihe<br />
übernahm und mit dem Zeughaus<br />
eine würdige Aufführungsstätte stellte.<br />
Das war der Beginn im Jahr 1950 der Zeughauskonzerte.<br />
Zum 60. Male jährt sich die Kammermusikreihe<br />
in dieser Saison. Nur drei<br />
Programmleiter haben sie in all der Zeit<br />
geprägt. Seit nunmehr 25 Jahren obliegt<br />
die Ausgestaltung dem <strong>Neusser</strong> Kulturreferenten<br />
Dr. Rainer Wiertz und seinem<br />
Team. Und wie man es schon vom Shakespeare-Festival<br />
und den Tanzwochen<br />
kennt, zeichnet sich seine Handschrift<br />
durch einen beständigen Mix aus Güte<br />
und Vielfalt, aus gesichert Namhaftem<br />
und experimentell Neuem aus. So auch<br />
der Blick aufs Jubiläumsprogramm: Begonnen<br />
wird am 7. <strong>Oktober</strong> mit einem der<br />
besten jungen Streichquartette Europas,<br />
dem französischen Ensemble Quatuor<br />
Ebène und mit Eric Le Sage am Klavier. Gespielt<br />
wird Mozart, Ravel und Schumanns<br />
Klavierquintett op. 44. Am 24. November<br />
gastiert Severin von Eckardstein im Zeughaus,<br />
der als Preisträger diverser Wettbewerbe<br />
mit seinen Klaviersolos längst<br />
auf den großen Podien der Welt zu Hau-<br />
Kulturelles | StattBlatt 10.<strong>2009</strong><br />
se ist. Seine pianistisch virtuosen wie tief<br />
lotenden Interpretationen spannen den<br />
Bogen von Schuberts Sonate D 840 über<br />
ausgewählte Piecen von Chopin bis hin<br />
zum spätromantischen Kosmos von Skrjabin<br />
und Rachmaninow.<br />
Zudem schmückt der Name des berühmten<br />
Flötisten Emmanuel Pahud das<br />
aktuelle Programmheft. Er kommt mit<br />
zwei Kolleginnen der Berliner Philharmoniker,<br />
der Geigerin Maja Avramovic und<br />
der Harfenistin Marie-Pierre Langlamet,<br />
nach Neuss. Das diesjährige Weihnachtskonzert<br />
wird von dem Hamburger Barockorchester<br />
Elbipolis geboten. Erstmals im<br />
<strong>Neusser</strong> Zeughaus zu hören und sicher<br />
auch interessiert erwartet die Darbietung<br />
des Freiburger Barockorchesters. Auch das<br />
Preisträgerkonzert sowie der Liederabend<br />
fehlen in dieser Spielzeit nicht.<br />
Ein Genuss zum Hören, gleichwohl eine<br />
Freude des visuellen Sinns, das versprechen<br />
die Veranstaltungen. Denn mit dem<br />
Zeughaus, einem ehemaligen Klostergebäude<br />
der Franziskaner, verfügt Neuss<br />
über eine repräsentable Aufführungsstätte.<br />
Blau in Weiß der Akzent, Marmor<br />
zu Fuße eines stilvollen Saals, der einen<br />
Klang zu würdigen versteht und schon<br />
einige Künstler, internationale Stars wie<br />
Christoph Prégardien und Jessye Norman,<br />
für sich gewann. Sicher auch ein Bindungsgrund<br />
des Westdeutschen Rundfunks, der<br />
seit Jahren als Programmpartner Konzerte<br />
für WDR 3 im Zeughaus aufzeichnet. Aber<br />
der einschiffige Bau aus dem 17. Jahrhundert<br />
ist nicht der einzige attraktive Veranstaltungsort,<br />
den die Reihe zu bieten hat.<br />
Anlässlich der 800-Jahr-Feier der Grundsteinlegung<br />
zum Quirinusmünster, konzertiert<br />
das Consortium Carissimi aus St.<br />
Paul (Minnesota) am Sonntag, den 1. November,<br />
im historischen Kirchengemäuer.<br />
Eine ideale Umgebung für Musik aus dem<br />
italienischen Frühbarock von Giacomo<br />
Carissimi und seinen Zeitgenossen Pier<br />
Francesco Cavalli und Bonifazio Graziani.<br />
Und gewiss hörenswert.<br />
(Nähere Infos zu Programm, Abos und Preisen<br />
unter www.zeughauskonzerte.de)<br />
Marion Stuckstätte