Oktober 2009 - Der Neusser
Oktober 2009 - Der Neusser
Oktober 2009 - Der Neusser
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
18<br />
Heller Tuff auf<br />
schwarzem Basalt<br />
Quirinusmünster feiert die Grundsteinlegung vor 800 Jahren<br />
Es ist das Wahrzeichen von Neuss und einer der bedeutendsten spätroma-<br />
nischen Kirchen am Rhein. Es birgt die Reliquien des heiligen Quirinus, über-<br />
stand Revolutionen, Brände und Kriege. Und obschon es im Laufe der Jahr-<br />
hunderte an viel prachtvoller Ausstattung beraubt und geplündert wurde,<br />
präsentiert es sich als beeindruckendes Zeitzeugnis. Tausende von Pilgern<br />
zog der Sakralbau im Spätmittelalter an und machte Neuss in weiten Teilen<br />
Europas bekannt. Es ist Geschichte und es ist Alltag, ist ein Stück geistliches<br />
und kulturelles Leben der Stadt: Das Quirinusmünster feiert am 9. <strong>Oktober</strong><br />
sein 800-jähriges Bestehen. Im Jahre 1209 wurde der Grundstein zum heutigen<br />
Kirchenbau gelegt.<br />
31 Jahre hat der Weg zur Fertigstellung gedauert. Im Laufe seiner Existenz wurde<br />
das Münster immer wieder ausgebessert, auch verändert. Wie beispielsweise<br />
nach 1741 als ein Blitzschlag es nachhaltig beschädigte. Die gotischen Spitzhelme<br />
auf West- und Ostturm und einige Zwerggalerien wurden nicht wieder<br />
errichtet. Dafür erhielt es die barocke Kuppel mit dem Standbild des Quirinus<br />
und ein flaches Pyramidendach auf dem Hauptturm. Trotz der Variationen bei<br />
Wiederaufbau und Restauration hat sich die Kirche weitgehend in ihrer 1209<br />
angelegten Form erhalten und besticht noch heute durch ihr reizvolles Äußeres.<br />
Heller Tuff und schwarzer Basalt zeigen sich im farblichen Kontrast zweier Vulkangesteine<br />
der Eifel. Bogenfriese, große Blendarkaden und Lisenen gestalten<br />
die Fassade und das Westwerk in derart reichhaltigem Umfang, wie sie selbst in<br />
der Romanik anderenorts selten zu finden sind. Mit dem Quirinusmünster hatte<br />
dieser Stil im Rheinland seinen Höhepunkt gefunden, unmittelbar bevor in Köln<br />
mit dem Bau des Doms die neue Epoche der Gotik Einzug hielt.<br />
Schon lange bevor der Baumeister Wolbero die Arbeit an der dreischiffigen Emporenbasilika<br />
aufnahm, gab es an der Stelle schon kirchliche Vorgängerbauten.<br />
Bereits in der Kaufmannssiedlung des 9. Jahrhunderts befand sich am Standort<br />
eine Kirche, an die im Zuge des 10. Jahrhunderts Benediktinerinnen ihren<br />
Konvent anbauten. Was allerdings 1209 ausschlaggebend für die Errichtung<br />
eines neuen, derart prächtigen Bauwerkes war, ist historisch nicht geklärt.<br />
Möglicherweise sollte ein repräsentatives Gotteshaus Positive geschaffen Strike werden, das<br />
Mittelschiff nach Osten, 1950<br />
Unterhaltung | StattBlatt 10.<strong>2009</strong><br />
sich durch den immensen Zustrom von Pilgern zu den Gebeinen des heiligen<br />
Quirinus und den daraus resultierenden Wohlstand begründen ließ. Aber auch<br />
kriegerische Zerstörungen der alten Kirche um 1205 könnten ursächlich sein.<br />
Ein Monument, mit Geschichte wie mit Fragen behaftet, das ist das Quirinusmünster.<br />
Und ein Bau mit Sehenswürdigkeiten. Unter dem Altar befindet<br />
sich die Krypta mit zwei Säulen aus der Zeit um 1050 und Fußbodenresten<br />
aus dem 9. Jahrhundert. Zudem sind Teile eines antiken Gebäudes<br />
zur Totengedächtnis aus römischer Zeit im Boden offen gelegt und durch<br />
eine Glasplatte sichtbar gemacht worden. Bei den Römern war es üblich,<br />
Verstorbene außerhalb der Siedlung beizusetzen. Ein derartiges Gräberfeld<br />
muss sich im Bereich des heutigen Münsters befunden haben.<br />
Sehenswert überdies der Quirinusschrein, ein römischer Sarkophag, ein<br />
Pestkreuz aus dem Jahr 1360 und eine Marienstatue vor 1430; und allein<br />
schon der dreischiffige Innenraum mit Arkaden und der darüber liegenden<br />
Empore und den selten aufzufindenden Fächerfenstern. Kulturelles Erbe ist<br />
das Quirinusmünster allemal, aber dennoch kein Relikt der Vergangenheit.<br />
Messen, Wallfahrten und kulturelle Veranstaltungen prägen sein heutiges<br />
Dasein. Seit Jahrhunderten bietet es einen Ort der Zusammenkunft und der<br />
christlichen Gemeinschaft. Das Quirinusmünster ist Gotteshaus, Kirche, ist<br />
Ort der Begegnung – spirituell wie menschlicher Art. Ein Wert, der über<br />
Epochen zwischen den alten Gemäuern zu finden ist.<br />
(Weitere Informationen und Veranstaltungen zur 800-Jahr-Feier unter<br />
www.quirinus-jubilaeum-neuss.de )<br />
Marion Stuckstätte<br />
Grundstein zum heutigen Quirinusmünster, gelegt im Jahr 1209 Quirinusaltar, zerstört im 2. Weltkrieg, ohne Datum