5_VSWG-Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

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334 J ohann H ellwege Rolk der Bmiendmftci. erwähnt, d,= s,e Ms t o und A nfang® *« ß r Dn».en- «nd Stüdtctireiber, aber and. für die b.ldend.n Knnsder L i c i t haben, intbe.onder. nad,dem d.e groSen Vermögen ,m Verlauf. L 16 und 17. Jahrhunderts zerstört worden warenWie tief die von allen Bruderschaften gepflegte Verehrung des Sdiutzpatrons einer Ortschaft eines Gewerbes oder einer Region in die Mentalität der Bevölkerung Eingang fand bzw. durch sie gefördert wurde zeigt ein von Langdon-Davics berichteter Gesang aragonesischer Anarchisten aus dem Jahre 1936: . _ , . „La Virgcn del Pilar dice que no quiere ser Fachista Es el Capitdn General del partido anarchista“03. Angesichts dieses Brauchtums riet selbst der den Bruderschaften feindlich gesonnene Intendant zur Mäßigung. „Pcro como los Vizinos desdc el cstablccimiento de los Barrios, cuio prinzipio se ignora, estan en csta costumbre, y es el unico alicientc para la concurrencia, a los Actos del Barrio de Reconzihacion, Amistad y Union pudicra esta novedad (die Aufhebung der Bruderschaft) turbarlos en la continuacion y desviarlos de la buena armonia, con que se aplican e intcrcsan en la quictud, y bucn gobicrno del Barno. Vgl. Joseph Lanuza an Conde de Aranda vom 3. 1772, Pamplona Estado General de todas las cofradias que bay en los pueblos de las Menndades del Reyno de Navarra, Fol. 5r—5v. und angelegtes Schreiben. Archivo Histdnco Nacional, Consejo SU?:*Vgl Noel Salomon, Sur les representations thcatrales dans les „pueblos des provinces de Madrid ec Tolede (1589-1640), in: Bulletin Hispanique Nr. 62 (1960), S. 398—422, und N. D. Shergold, A History of the Spanish Stage trom Medieval Times until the End of the Seventeenth Century. Oxford 1967. In Notariatsarchiven begegnet man auf Schritt und Tritt Verträgen zwischen ru derschaften und Künstlern, die einen Altar fertigen, ein Bild malen etc. im Namen und auf Rechnung der Bruderschaft. Hier ist ein m. W. noch völlig un bearbeitetes Feld für die spanische Kunstgeschichte! Was die Franzosen ni t geraubt hatten, ist dann im Verlaufe der Desamortisation zu großen Teilen ver schwunden. Vgl. z. B. Exposiciön que la Hermandad de la Santa Candad e Sevilla dirige al Excmo. Sr. Ministro de Fomento, en demanda del cuadro de su propiedad Santa Isabel, de Murillo y en contestacidn al dictamen de la Rca Academia de San Fernando que indebidamente lo retiene. Sevilla 1891. **. Nun auf ähnliche Weise sind ja auch viele Sammlungen in Deutschland „begründet“ worden. Vgl. Gudrun C alov, Museen und Sammler des 19. Jhs. in Deutschland. (Museumskunde, hg. v. Deutschen Muscumsbund, 38. Band, 1969, 10. Band der 3. Folge). Berlin 1969. 93 J. Langdon-D avies, Behind the Spanish Barricades. London 1936, S. 45. Langdon-D. berichtet über ein Dorf in den Pyrenäen, in dem man den Heiligen Eudald verehrte, der in einem Nagelfaß zu Tode gemartert worden war. Bei Prozessionen soll es vorgekommen sein, daß der Schrein vor einem Nagel- und Hausratgeschäft plötzlich so schwer wurde, daß man ihn absetzen mußte. Als die Anarcho-Syndikalisten 1936 die Kirchen in Katalonien abbrannten, so erzählt Langdon-D. mit Pokergesicht als wahr verbürgt, „six triumphant Genossenschaft!. Trad. u. d. Anfänge des Anarchismus i. Spanien 335 Die Geschichte der Bruderschaften in Spanien ist kaum erforscht. Gerade in ihnen, so scheint es, wird die genossenschaftliche Tradition Spaniens ganz besonders deutlich. Wenn man dem Deutschen Vereinsmeierei nachsagt, dann müßte man dem Spanier Bruderschaftsmeierei vorwerfen. Es waren in wesentlichen Punkten ganz im Stile der alten Bruderschaften organisierte, z. T. geheime Gesellschaften wie die berühmt-berüchtigte „Mano Negra“ in Andalusien oder die mutualistischen Arbeitergesellschaften in Katalonien, mit denen die Anarchisten den Kampf gegen die staatlichen Organe und die kapitalistische, industrielle Produktionsweise aufnahmen °4. Ein Vergleich des erst vor kurzem aufgefundenen Reglements der Mano Negra mit einer Bruderschaftssatzung aus dem 18. Jahrhundert zeigt vom Stil und Inhalt her ganz erstaunliche Gemeinsamkeiten, wenn auch der religiöse Eifer der anarchistischen Bruderschaft nicht mehr christlichen Charakter trägtM. Gerade die den Handwerkern und Bauern bzw. Landarbeitern gemeinsame genossenschaftliche Tradition00 und die etwa zur gleichen Zeit wie die Desamoranardiists bore St. Eudald on their shoulders to his second, but probably less painful, martyrdom. The appointed place was approached by way of the street with a nail-shop, and, as they passed the shop, Puig saw six anarchists put their disengaged hands to their belts, draw six revolvers, point them threateningly in the direction of the Saint, while one said: „If you dare get heavy, we’ll shoot you.“ The new symbols proved definitely in the ascendant, and St. Eudald, disheartened, tried no experiments with mass or density. This story is true.“ Ebda., S. 189. 04 Vgl. Clara E. Lida, Agrarian Anarchism in Andalusia. Documents on the Mano Negra, in: International Review of Social History Vol. XIV (1969), Teil 3, S. 315—352, und Casimiro MARTf, Origenes del anarquismo en Barcelona. Barcelona 1959, S. 29 f. 05 Vgl. das Reglement bei Lida, a. a. O., S. 338—345, etwa mit der Regia, y Estatutos, de la venerable Hermandad, nuevamente fundada en esta ciudad de Sevilla, para el amparo, curaciöny hospicio de todos los sacerdotes pobres, desvalidos, enfermos y peregrinos que a ella concurrieren. Sevilla 1728. Wenn hier auch Gott statt einer abstrakten sozialen Grechtigkeit angerufen wird, so ist die Schilderung des sozialen Elends doch im wesentlichen die gleiche. Natürlich fehlen alle Geheimhaltungsanweisungen, denkt man aber an Cervantes Schilderungen aus der Unterwelt Sevillas, so finden sich aber doch wieder viele gemeinsame Elemente zwischen der Mano Negra und der Bettler- und Gaunerbruderschaft des 17. Jhs., die es sicherlich gegeben hat und die auf Geheimhaltung hin angelegt war. Nun zeigen alle Vereinssatzungen ein hohes Maß an Gleichförmigkeit dem Inhalte nach, und nicht anders verhält es sich mit Brureschaftsatzungen, ein eingehender stilistischer Vergleich, der hier besonders weiterhelfen könnte, muß jedoch an dieser Stelle unterbleiben. 00 Die Handwerker einer Ortschaft hatten natürlich die gleichen Rechte in der Nutzung der Bienes Comunalcs. Sie waren zusammen mit den Bauern und
336 J ohann H ellwege Gcnosscnsdiaftl. Trad. u. d. Anfänge des Anarchismus i. Spanien 337 tisation sich vollziehende, von ganz ähnlichen sozialen und rechtlichen Konsequenzen begleitete Aufliebung der Zünfte und Zunftordnungen r machen einsichtig, warum es oft gerade Handwerker waren die als Agitatoren und Führerpersönlichkeiten bei anarchistischen Revolten her- V°Mh dem Niedergang der genossenschaftlich organisierten Bruderschaff ten ging bereits ein erheblicher Teil der auf Gemeindeebene organisierten ‘ Sozial- und Heilfürsorge verloren. Aber auch die nicht von Bruderschaften, sondern aus den Einkünften in Pacht ausgegebener Gemeindeländereien oder aus eigenem Grundbesitz unterhaltenen Hospitäler, die es in nahezu jeder spanischen Ortschaft gegeben hatte, verschwanden weitgehend in solchen Gebieten, wo die Desamortisation rigoros durchgesetzt wurde. Wie gegen die Bruderschaften so war auch der erste Angriff gegen die Hospitäler und die sogenannten Casas de Misericordia — einer Mischung aus Kranken-, Armen- und Arbeitshaus — bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts von den liberalen Reformern geführt wurden, die die Brücke vom sogenannten Liberalismus des Ancien Regime zu den Liberalen des 19. Jahrhunderts bilden"®. Wenn die Zusammenlegung der Tagelöhnern Mitglieder derselben Bruderschaften, wenn man einmal von den wenigen noch erhaltenen, streng nur einer Berufsgruppe vorbehaltenen Bruderschaften absieht. Gerade die städtische Wohnwcise der Tagelöhner und Bauern Andalusiens förderte den Kontakt. Es bedurfte gar nicht einmal eines wandernden Handwerkerelcments, wie es in den massenpsychotischen Unruhen des Spätmittelalters, aber auch noch der Neuzeit so häufig begegnet, um die soziale Unruhe auf das Land zu tragen, das es in diesem Sinne in Andalusien während der langen Monate der Arbeitslosigkeit, die auch die Monate der anarchistischen Ausbrüche waren, gar nicht gibt. Es sei noch auf ein Wort von Ernest L abrousse hingewiesen. Er nennt den französischen Weinbauern des 18. Jhs. „einen Handwerker des Bodens, der im Bewußtsein seiner beruflichen Überlegenheit gegenüber dem Mann des Pfluges eigentlich ein Abgesandter der Stadt ist“. (La crise de l'economie franfaise 1 la fin de 1’Ancien Regime et au ddbut de la Revolution. Paris 1943. Zitiert nach Gonzalo Anes Alvarez, En Espaiia durante el siglo XVIII: äuge econömico y permanencia de estructuras tradicionales, in: Anuario del Instituto de Investigaciones Histöricas Nr. 7 (Rosario (Argentinien) 1964), S. 119. Gerade in Arcos oder Jerez de la Frontera, wo der Anarchismus mit dem größten Fanatismus und mit der schärfsten Gewaltanwendung verfolgt worden ist, waren Weinbauern die Anführer. 07 Vgl. Comellas, a. a. O., S. 80 ff. *8 Abgesehen davon dürfte der Analphabetismus unter den Landarbeitern wesentlich höher gewesen sein als unter Handwerkern. Vgl. auch Pitt-Rivers, a. a. O., S. 220. M Vgl. Antonio Elorza, La Ideologfa liberal en la Ilustraciön espanola. Madrid 1970 und Miguel Artola, Los orfgenes de la Espaiia contemporanea. 2 Bde. Madrid 1959. Vgl. auch die genannten Monographien von Mox6 und oft winzigen Hospitäler und die Auflösung einer großen Zahl von Bruderschaften bei gleichzeitiger Verwendung ihres Vermögens zur Ausstattung der neugeschaffenen Casas de Misericordia auch vom Standpunkt staatlicher Fürsorgepolitik angemessen gewesen sein mag I0°, so war damit die soziale und ärztliche Hilfe in den kleinen Ortschaften aber entscheidend geschwächt worden. Mit der Umwandlung des Vermögens der Casas de Misericordia in staatliche Schuldverschreibungen ist aber dann ein Weg beschritten worden, der in den Ruin dieser tharitativen Einrichtungen führte, ohne daß von staatlicher Seite inzwischen ein System der ärztlichen und sozialen Fürsorge errichtet worden wäre m . Ähnlich sind auch die zum Teil jahrhundertealten, zum Teil erst unter energischer Förderung der Regierung während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begründeten Getreidemagazine, deren es 1793 nicht weniger als 8 090 in Spanien gab, angetastet und schließlich weitgehend zerstört worden. Begründet, um dem bedürftigen Bauern zu geringem Zins Saatgut und um den Gemeinden in Notzeiten preiswertes Getreide zum Brotbacken zur Verfügung zu stellen, hatten sich die Positos — die Getreidemagazine — gelegentlich allerdings auch an der Spekulation mit dem Getreide beteiligt102. Mit der zwangsweisen Übernahme von Vinas y Mey. Der sehr komplizierte Vorgang, wie er etwa in der Entwicklung des Agrarreformgesetzes von Campomanes über den Jovellanos des Ancien Regime hin zum Jovellanos der Cortes von Cadiz sichtbar ist, kann hier nicht dargestellt werden. Vgl. bcs. G. Anes Alvarez, El informe sobre la ley agraria y la Real Sociedad Econömica Matritense de Amigos del Pais, in: Homenaje a don Ramön Carande Bd. I (Madrid 1963), S. 23—63, und Ramön Prieto Bances, Campomanes y Jovellanos ante el rdgimen agrario de Asturias, in: Anuario de Historia del Derecho Espanol Bd. XXXI (1961), S. 269—280. Zur Sozialpolitik des ausgehenden Ancien Regime sei hier nur genannt William J. Callahan, The Problem of Confinement: An Aspect of Poor Relief in Eightf eenth-Century Spain, in: The Hispanic American Historical Review Bd. 51, Nr. 1 (Februar 1971), S. 1—24. too Als Beispiel einer solchen Zusammenlegung ist in der nebenstehenden Tabelle das aus Medina del Campo und Umgebung der Casa de Misericordia in Valladolid zufließende, aus Bruderschaften und frommen Stiftungen stammende Einkommen zusammengefaßt (s. Anlage). 101 Vgl. Porres MartIn-Cleto, a. a. O., S. 356 ff. und Francisco Collantes de TerAn, Memorias histöricas de los establecimientos de caridad de Sevilla y descripciön artlstica de los mismos. 2 Teile Sevilla 1884/89. 102 Vgl. Gonzalo Anes Alvarez, Los Pösitos en la Espaiia del siglo XVIII, in: Moncda y Crödito Nr. 105 (Juni 1968), S. 39—69, und zur Rolle der Getreidespeicher, die auch durch Privatpersonen oder aufgrund frommer Stiftungen bzw. durch Bruderschaften begründet sein konnten, bei der Preisgestaltung VSW G 59/3 23
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