08.12.2012 Aufrufe

Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

1. <strong>Die</strong> Gesellschaft wird einen Teil der Streikenden wieder einstellen, nach Auflösung der<br />

Streikorganisation.<br />

2. <strong>Die</strong> Streikenden sollen die von der Gesellschaft vorgeschriebenen Entlassungsgelder<br />

anerkennen.<br />

3. <strong>Die</strong> Gesellschaft wird außer den Entlassungsgeldern den Streikenden 20 000 Yen<br />

übergeben.<br />

Wer hatte sich die Möglichkeit einer solch elenden Niederlage vorgestellt! Aber das<br />

Gruppenleiterkomitee hatte gerade im Augenblick der Entscheidung alles Mark aus den<br />

Knochen verloren. Da war nur eine dünne Schnur, die der donnernd stürzende riesige Baum<br />

zufällig erst im letzten Augenblick zerriß.<br />

" Wollen wir eine Versammlung aller Streikenden einberufen und die entscheiden lassen",<br />

schlug ein Gruppenleiter vor. "Wir wollen lieber jetzt keine Beschlüsse fassen, sondern erst<br />

alle fragen." <strong>Die</strong>ser Vorschlag ließ in der trostlosen Stimmung der Versammelten, die alle<br />

Haltung verloren hatten, ein kleines Hoffnungslicht aufgehen. Unruhig glitten die neuen<br />

Köpfe hin und her, wie Tropfen von Quecksilber. "Aber wer macht den Bericht?"<br />

Wieder waren sie unentschlossen, weil sie ahnten, daß eine allgemeine Versammlung nicht so<br />

ruhig ablaufen würde. Sie wagten nicht, sich dem Wirbel der Vorwürfe und des Geschreis<br />

entgegenzustellen, dazu brauchte man nämlich einen festen Standpunkt, ein Auge, das die<br />

ganze Sache übersah.<br />

" Das geht nicht, daß das Komitee in diesem Fall zu keinem Beschluß kommt, das ist wie ein<br />

Schiff <strong>ohne</strong> Steuer. "<br />

Aber sie waren auch wirklich keine guten Steuerleute; von den Wogen geschüttelt,<br />

klammerten sie sich an das Ruder, um sich nur festzuhalten.<br />

Da hörten sie unten lärmende Stimmen, ein paar Leute kamen die Treppe herauf. Fünf oder<br />

sechs aufgeregte Köpfe schrien durcheinander:<br />

" Ihr dummen Biester, wir machen nicht mehr mit, wir machen den Streik nicht mehr länger<br />

mit!"<br />

" Zum Teufel, ihr Hunde, ihr habt uns belogen! <strong>Die</strong> Kerle von der Zentralleitung haben sich<br />

verhaften lassen, weil sie Angst hatten, vor uns hinzutreten!"<br />

" Was heißt schon 'Leiter', ihr Ochsen!"<br />

Sie brüllten aus vollen Lungen, einigen kamen die Tränen vor Empörung. <strong>Die</strong> Gruppenleiter<br />

schwiegen verlegen, darauf waren sie nicht gefaßt. "Wenn wir mit solchen Bedingungen<br />

einverstanden sind, dann haben wir von Anfang an die Augen zu gehabt. - Räuberbande ihr!"<br />

<strong>Die</strong> Gruppenleiter erschraken; woher hatten diese Leute die Versöhnungs-bedingungen in<br />

Erfahrung gebracht, die doch ganz geheim gehalten waren? "Was denn, warum regt ihr euch<br />

so auf?"<br />

Kindo, der älteste Gruppenleiter, in schwarzem Arbeitskittel, wollte aufstehen; da sprang<br />

einer der Streikenden auf ihn zu, packte ihn am Kragen und schüttelte ihn: "Stell dich doch<br />

nicht so blöd an, Kerl!"<br />

Der schmutzige, etwa vierzigjährige Mann, der ihn hielt, bespritzte ihn vor Aufregung beim<br />

Sprechen mit Speichel.<br />

" <strong>Die</strong> Versöhnungsbedingungen kennen wir schon, wissen wir schon -denkt ihr vielleicht, daß<br />

wir damit einverstanden sind?" <strong>Die</strong> andern umringten die Gruppenleiter, und so wurde die<br />

Sitzung gesprengt. Unten sammelten sich unterdessen die Streikenden aus all den Gruppen,<br />

die kein Lokal mehr hatten. Das Ungewisse Jahresende vor sich, hatten fast alle traurige<br />

Gesichter, in denen unruhige Augen verbluten wollten. Sie konnten schon tapfer sein, jetzt<br />

aber waren sie so abgekämpft, daß der geringste Widerspruch sie krankhaft erregte. "Hallo,<br />

ich habe etwas ganz Unglaubliches gehört!" trat ein Bemützter zu einer Gruppe von etwa<br />

fünfzehn Mann und zeigte den Inhalt der Versöhnungsbedingungen .<br />

" Und das Gruppenleiterkomitee hat sich mit den Bedingungen einverstanden erklärt!" Alle<br />

Umstehenden wurden blaß.<br />

96

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!