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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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Feuer!" rief er unwillkürlich und sah sich um. Fast zu seinen Füßen, mitten in dem<br />

schneebedeckten Stadtviertel, stieg aus dem Gebäude der Daido-Druckerei schwarzer,<br />

wirbelnder Rauch, vom Wind getrieben. Dann schoß wie eine Fontäne eine Feuersäule hoch.<br />

Er blieb stehen. <strong>Die</strong> Feuerglocke weckte andere, jetzt tönten von allen Seiten die Glocken und<br />

zerrissen die Dämmerung. Der schwarze Rauch hüllte den Seminarwald in dichte Wolken,<br />

und das Schloß des Teufels, das die <strong>Straße</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Sonne</strong> beherrschte, ertrank in den Flammen.<br />

" Feuer, Feuer!"<br />

Plötzlich waren seine Augen von Helligkeit geblendet, wie in einer Eisenbahn die aus dem<br />

Tunnel kommt. Er rannte den Abhang hinunter, seinen Hunger, seine Müdigkeit, seine<br />

Traurigkeit abschüttelnd wie ein Kind.<br />

III. Das geheimnisvolle Feuer 2<br />

Terraishi, der sich auf der Kasugastraße von Hagimura getrennt hatte, stieg den<br />

Gokurukusiabhang hinunter, wo er etwa zehn Minuten eher als Hagimura auf der<br />

gegenüberliegenden Seite am Haksuanabhang anlangte.<br />

Er wohnte in der zweiten Etage des Büros der zweiten Abteilung der Gewerkschaft, der<br />

Wohnung Hagimuras gerade gegenüber; unten im Tal zwischen ihnen, lag "die <strong>Straße</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Sonne</strong>".<br />

Er war von kurzer, gedrungener Gestalt, lief immer in einem alten Studentenmantel herum<br />

und trug eine Brille für hochgradige Kurzsichtigkeit. Auf seinem Wege wurde er sonst häufig<br />

von den Polizisten aus den Schilderhäusern angerufen. Aber heute war, als er etwas ängstlich<br />

an diesen Kästen vorbeieilte, kein Beamter zu sehen. Er ging rasch den Weg hinunter;<br />

plötzlich hörte er hinter sich Tritte und, als er sich erschrocken und vorsichtig umsah, kamen<br />

zwei uniformierte Polizisten aus der Wache und sahen hinter ihm her. Er setzte <strong>ohne</strong> sich<br />

umzusehen seinen Weg fort, achtete aber auf alles, was hinter seinem Rücken vorging. So<br />

entging ihm, daß rechts von ihm, über seinem Kopf, ein Mensch auf dem Gitter stand.<br />

" Was?" Er schrak auf, als plötzlich zwei Meter vor ihm ein Mann im europäischen Anzug<br />

vom Gitter herunter auf die <strong>Straße</strong> sprang. Der Mann stand eilig vom Boden auf, griff seinen<br />

herabgefallenen Hut und rannte an ihm vorbei den Abhang hinauf.<br />

Das Benehmen des Mannes war merkwürdig, frech und verlegen zugleich. Terraishi dachte<br />

unwillkürlich, der Mann sei ein verkleideter Kriminal. "Was hat das zu bedeuten?"<br />

Hinter diesem Gitter, von dem der Merkwürdige herunterkam, befand sich ein kleiner, leerer<br />

Platz auf dem erst vor kurzem fünf oder sechs neue Baracken gebaut waren. Früher, ehe das<br />

eiserne Gitter aufgestellt war, konnte man hier direkt in die Fabrik hineinschlüpfen. Er hatte<br />

es selbst einige Male gemacht, war in der Mittagspause heraus und wieder hereingeschlichen.<br />

" He, der Kerl ist aus der Fabrik gekommen!"<br />

Eine böse Ahnung überkam ihn, aber er hatte Angst, sich umzusehen, er wußte, wenn die<br />

Polizisten ihn erkannten, würde er bestimmt sofort verhaftet, da man ihn schon einige Tage<br />

suchte.<br />

Unten am Abhang stand ein altes Tempeltor des alten buddhistischen Gokuraku-Si. An dieser<br />

Stelle bog die <strong>Straße</strong> zur "<strong>Straße</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Sonne</strong>" hinüber.<br />

Es war mittlerweile so hell geworden, daß man Gesichter unterscheiden konnte. <strong>Die</strong> Läden zu<br />

beiden Seiten lagen noch in tiefem Schlaf. "Halt, halten Sie, hallo -"<br />

Plötzlich trampelten eilige Schritte hinter ihm her, er wendete sich um und sah die beiden<br />

Polizisten, die aus der Wache gekommen waren, und den Mann mit dem Schnurrbart; sie<br />

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