Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net
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<strong>Die</strong>se dreihundert Ratten würden, zusammen mit den anderen Reserven, der Gesellschaft, von<br />
Direktor Furuya ganz abgesehen, sie zum Selbstmord zwingen.<br />
Daß Sie sich derart fürchterlich verrech<strong>net</strong> hatten, war die Ursache, daß die Streikenden zum<br />
dritten Male ihre ganze Entschlossenheit aufbieten mußten.<br />
Jetzt entschloß sich auch Okawa, den ganzen Profit von fünf Jahren in diesem Kampf zu<br />
opfern; und so ging die Gesellschaft aus dem Kampf und der Unordnung neu gestärkt hervor.<br />
Das Großkapital hatte den Schleier seiner Vampirmaske gelüftet. Erst nach dem<br />
Zusammenschluß Okawas und Shibusakas begann das Großkapital gleichzeitig mit der<br />
Kabi<strong>net</strong>tsänderung seinen Generalangriff. So entbrannte zum dritten Male der Kampf. Alle<br />
Kräfte der <strong>linke</strong>n Front in ganz Japan wurden aufgeboten und hier in der "<strong>Straße</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Sonne</strong>"<br />
gesammelt. 2000 Yen Streikfonds und 5000 Streikhelfer wurden aus allen Gegenden Japans,<br />
von Kyushu, Shikoku, Aomori, Sapporo zusammengebracht.<br />
Aber die Streikenden waren schon müde, sahen vollkommen erschöpft aus, von der<br />
drohenden Unterdrückung niedergeschlagen. "Wir haben uns nicht verrech<strong>net</strong>, wir konnten<br />
nicht anders handeln" sagte Nakai und hob den Kopf.<br />
" Wieso?" Yamaura und einige andere wollten sich nicht damit zufrieden geben.<br />
" Wir sind noch nicht niedergeschlagen, und es wäre reiner Zufall gewesen, wenn jene zweite<br />
Verhandlung Erfolg gehabt hätte. " Nakais Gesicht sprühte Empörung. Yamaura schrie, was<br />
Nakai sage, sei eine reine Verdrehung der Tatsachen. - <strong>Die</strong> Diskussion war eher heftiger<br />
geworden. Vollends hatte die letzte Erklärung der Gesellschaft die oberste Streikleitung in<br />
zwei Lager gespalten:<br />
" <strong>Die</strong> Gesellschaft wird ein Drittel der Streikenden nach ihrer Auswahl wieder aufnehmen.<br />
Den anderen zwei Dritteln wird sie nach einer an anderer Stelle veröffentlichten Berechnung<br />
das Entlassungsgeld auszahlen. Gleichzeitig ist die Streikorganisation aufzulösen. " "Sowas<br />
von Blödsinn, wir lassen uns nicht verkohlen!" schrie Ishisuka spontan. "Kämpfen und wenn<br />
alle Streikenden entlassen werden!" Aber Yamaura und die anderen wollten das nicht, sie<br />
dachten zuerst daran, wie elend die Lage dieser dreitausend Streikenden war. "Wenn noch<br />
mehr erwerbslos werden, wird die Revolution nur beschleunigt" höhnte Terraishi die<br />
Feiglinge.<br />
<strong>Die</strong> meisten waren durch diese Äußerung empört. Jetzt ging es auch nicht mehr um die letzte<br />
Mitteilung der Gesellschaft jetzt kam der offene Gegensatz der Gefühle und Meinungen zum<br />
Ausbruch. Kampf gegen Okawa oder Kampf gegen die ganze obere Klasse. Kampf um die<br />
Entlassenen und Ausgesperrten oder Kampf bis zur letzten Entscheidung.<br />
Aber auch Hagimura konnte dabei nicht ruhig bleiben. "Ob wir die Revolution beschleunigen<br />
oder nicht. Das Schlimmste ist jetzt der Hunger."<br />
" Du kannst so etwas sagen, weil du überhaupt noch nicht aus dem Eßkasten essen mußtest!"<br />
höhnte Terraishi weiter. "Entlassen heißt für uns hungern, das versteht ihr nicht, ihr Bonzen!"<br />
<strong>Die</strong>se Beschimpfung brachte Hagimura, <strong>ohne</strong> daß er es eigentlich wollte, ganz mit Terraishi<br />
auseinander. Er spürte außerdem seinen leeren Magen wie einen Eisblock.<br />
Er war so wütend, daß er sich beinahe im Laufschritt davonmachte - -. Er war tief traurig, daß<br />
solche feigen Sklavengefühle in ihm waren, aber dieses Gerede von Terraishi, der sich,<br />
trotzdem er vielleicht mit am schlimmsten unter dem Hunger litt, so <strong>ohne</strong> Bedenken über sein<br />
Leiden und das Leiden der andern hinwegsetzen konnte, brachte ihn immer von neuem auf.<br />
" Natürlich werden sie dazu bereit sein, aber wo sollen sie sich nachher verkriechen, diese<br />
dreitausend Erwerbslosen?"<br />
Kurz vor der Ecke der Sasugarjastraße ging er von der Gasse der Asumagarage durch die<br />
Passage nach der Blinden- und Taubstummenschule auf dem Haksuanabhang, von wo es bis<br />
zu seinem Hause nicht mehr weit war. Theoretisch hatte Nakai natürlich recht, das mußte er<br />
selbst zugeben. "Erst schlafen, dann noch mal überlegen." Er schüttelte den Kopf und ging<br />
rascher um seine schlechte Laune zu verjagen. Es wurde schon heller.<br />
Plötzlich, zuerst traute er seinen Ohren nicht: Feueralarm! <strong>Die</strong> Feuerglocke rasselte. "Ah,<br />
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