08.12.2012 Aufrufe

Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Rekorde wurden jeden Tag von neuem überboten.<br />

<strong>Die</strong> Zeitungen der Oppositionspartei Min Sei To nutzten diese Gelegenheit als Material zum<br />

Angriff gegen die Regierung aus, aber immer nur soweit, daß der wirkliche Kern des<br />

Problems ja nicht berührt wurde.<br />

.... Wenn die Regierung und ihre Partei durch ihre Unfähigkeit und Ungeschicklichkeit die<br />

Arbeiterprobleme - den Pächterstreik, Arbeiterstreiks, die Erwerbslosenfrage - sich soweit<br />

entwickeln lassen, dann wird sonnenklar, daß sie uns in eine fürchterliche Zukunft führen<br />

werden. Wenn wir an unser Verhältnis zur Staatsautorität schon dieselben Maßstäbe legen<br />

könnten, wie in den europäischen Ländern, würde der Ausbruch des Generalstreiks<br />

unvermeidlich sein. Außerdem müssen wir daran denken, daß die Nationalrevolution unseres<br />

Nachbars China von großem Einfluß auf unsere Arbeiterklasse sein wird. . .<br />

Aber dieser Angriff der Oppositionspartei war für den General nur ein neuer Ansporn. Er<br />

entschloß sich, diesen seinen "wichtigsten Plan" durch das Untersuchungskomitee der<br />

Mandschurei und Kokuriukei und durch die geheimen Gendamerieorganisationen ausführen<br />

zu lassen. Er war sicher, daß, wenn er diesen Plan gerade in dieser Zeit, in der die Feuer der<br />

Opposition am heißesten brannten, zur Durchführung brachte, seine Trümpfe am besten<br />

wirken mußten.<br />

Beamte und Polizeichefs der Provinz wurden auf Grund seiner "eingehenden" Überlegungen<br />

versetzt. Besonders die leitenden Stellen im Polizeipräsidium, wo sich sein Wille am<br />

deutlichsten und stärksten widerspiegeln sollte, wurden durch die "passendsten" Leute<br />

besetzt. Es war gerade kurz nach dieser Umstellung, als Takagi und Nakai von der<br />

Streikleitung und Oda, der Vorsitzende der Hyogikai, ins Polizeipräsidium gebeten wurden.<br />

Man führte sie ins Gastzimmer in der ersten Etage. Staunend lernten sie dieses Gebäude, an<br />

das sie nur bittere Erinnerungen hatten, von einer ganz neuen Seite kennen: welche Teppiche<br />

mit gelben Blumenmustern auf grünem Grund kitzelten die Sohlen ihrer zerrissenen Schuhe.<br />

" Der Herr Chef der politischen Polizei wird sofort erscheinen", sagte der Beamte, der sie<br />

hierher geführt hatte. Takagi erinnerte sich, das Gesicht dieses Polizisten schon irgendwo<br />

gesehen zu haben, vielleicht hatte er ihn schon einmal aus dem Polizeiauto gerissen und in<br />

andere , weniger angenehme Winkel dieses Gebäudes befördert. Ein <strong>Die</strong>ner brachte Tee.<br />

" Das ist die sogenannte höhere Politik", grinste Oda und setzte sich in einen Sessel.<br />

" Aha, ausgezeich<strong>net</strong>", mit lächelndem Gesicht, das die Arbeiter noch mißtrauischer machte,<br />

kam der Chef der politischen Polizei mit dem Vorsteher der Arbeiterabteilung herein. "Bitte<br />

nehmen Sie Platz. Aber es ist recht kalt, wollen wir uns nicht an den Ofen setzen?" Der Chef<br />

lächelte Takagi und Nakai, die noch immer standen, wohlwollend zu. Sie rückten vom Tische<br />

ab, Oda saß in der Mitte, der Chef mit seinem schönen würdigen Bart und der Vorsteher der<br />

Arbeiterabteilung, ein kleiner Mann mit schlauen Augen und spitzer Nase, vor ihnen. <strong>Die</strong><br />

Arbeiter überlegten, mit was für Argumenten wohl die beiden auf die Beschlüsse, die sie im<br />

Gewerkschaftsbüro gemeinsam mit Watamasa und Hagimura festgelegt hatten, antworten<br />

würden.<br />

" Haben Sie die Absicht, sich auf irgendeine Weise mit der Gesellschaft zu versöhnen?"<br />

begann der Vorsteher. <strong>Die</strong> unverbindliche Besprechung begann genau so, wie sie sich das<br />

vorgestellt hatten.<br />

" Natürlich, aber natürlich, wenn die Gesellschaft den ehrlichen Willen zeigt , antwortete Oda<br />

offenherzig.<br />

" Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß ich ihnen erklären, daß diese Besprechung ganz<br />

außerhalb meiner offiziellen Funktion steht, ich bin hier als einfacher Privatmann. "<br />

Obwohl der Ofen im Zimmer rot glühte, war eine kühle Atmosphäre zwischen diesen Leuten.<br />

Aber Herr Oda, Sie sind wirklich ein bedeutender Mann geworden - haha -. " Der Chef, der<br />

bis dahin geschwiegen hatte, begleitete diese Worte mit einem nicht ganz angebrachten<br />

Lachen. Er wünschte die Atmosphäre zwischen ihnen etwas liebenswürdiger zu machen.<br />

" Wieso, Sie haben ja auch eine ganz hervorragende Karriere gemacht . Oda lachte<br />

79

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!