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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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Tisch.<br />

" Gut, wir hören zu, aber dann laßt uns in Frieden gehen!" <strong>Die</strong> Leute beruhigten sich schnell<br />

und setzten sich wieder. "Ich kenne doch selbst die meisten von euch, es ist nicht schön, man<br />

muß es vermeiden, sich unter Kollegen zu zanken; wir haben doch alle denselben Beruf -"<br />

" Natürlich! - Selbstverständlich!" riefen die Leute, die noch in Aufregung waren.<br />

" Jawohl ja, selbstverständlich", sagte Hagimura und sah zu den Rufenden hin. "Genauso wie<br />

ihr durch die lange Arbeitslosigkeit leidet, haben wir durch diesen siebzig Tage dauernden<br />

Streik gelitten; da ist es bestimmt nicht richtig, wenn wir, die dasselbe zu leiden haben, uns in<br />

den Haaren liegen und zanken."<br />

Seine witzige Schlußfolgerung machte die Stimmung der Leute zugänglicher.<br />

" Wir sind Brüder und müssen selbstverständlich erreichen, daß es allen gut geht. Aber wenn<br />

ihr Arbeit nehmt, verlieren wir. " Hagimura sah, daß der Werkstudent das Zimmer verlassen<br />

wollte, er wischte sich das Blut von der Nase.<br />

" Hallo, wart' doch mal einen Augenblick - sag' mir mal, wie denkst du denn darüber?"<br />

Der Student versteckte sich wieder hinter den Rücken, weil alle Blicke auf ihn Ger waren.<br />

" Wir Streikenden sind nicht etwa neidisch darauf, daß ihr Arbeit bekommt, wir wollen euch<br />

absolut nicht davon abhalten; aber ihr müßt verstehen, wie Kollege Kuroiva euch schon<br />

erzählt hat, daß dieser Streik ausgebrochen ist, weil achtunddreißig Arbeiter aus der<br />

Schriftgießerei entlassen wurden - wenn wir nun so denken, du bist du und ich bin ich, wie<br />

der Mann da im schwarzen Mantel gesagt hat, dann brauchten wir jetzt nicht unter dem kalten<br />

Himmel mit hungrigem Bauch zu sitzen ..." Hagimura redete weiter und vergaß ganz, wie ihn<br />

der Kopf schmerzte. "Aber ihr müßt als Arbeiter auch einsehen, was das heißt, daß hier<br />

dreißigtausend Menschen auf Leben und Tod für diese achtunddreißig kämpfen, versteht ihr<br />

nicht diesen unerhörten Mut, begreift ihr nicht diese Macht. . . ?" Hagimura hob seine<br />

Stimme, die Erwerbslosen saßen schweigend mit gesenkten Köpfen. Da holte Matsumoto die<br />

alte Gewerkschaftsfahne herunter.<br />

" Kollegen, hebt die Köpfe auf und schaut auf diese Fahne! <strong>Die</strong>se Fahne ist das Symbol der<br />

dreitausend Streikenden - der Geist der Opfer in den Gefängnissen! <strong>Die</strong> Qualen der<br />

verstorbenen Genossen, die Schreie der wahnsinnig gewordenen Frauen, all das ist<br />

eingedrungen, eingewebt in das rote Tuch!"<br />

<strong>Die</strong> Fahne hing schwer herab. Das Tuch war von vielen Flecken gefärbt. Jeder Fleck hatte<br />

einen tiefen Sinn. <strong>Die</strong> Männer saßen mit gesenkten Köpfen.<br />

" Kollegen, Genossen, ich möchte genau wissen, ob ihr mich verstanden habt. Hier steht<br />

unsere Fahne, unsere rote Fahne - ihr, die ihr mich nicht verstanden habt, geht über diese<br />

Fahne, zertretet diese Fahne und geht, geht, ganz gleich, ob in die Fabrik oder irgendwo<br />

anders hin..!'<br />

Den Männern stieg es heiß die Kehle hoch, einige husteten kurz, aber keiner wagte sich zu<br />

bewegen.<br />

IM JOCH<br />

I. <strong>Die</strong> Schlichtung wird erzwungen<br />

"... die Streikenden der Daido-Druckerei demonstrierten nach heftigen Zusammenstößen mit<br />

der Wache des Kobinata-Polizeiamtes, bei denen mehr als zweihundert von ihnen verhaftet<br />

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