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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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Zigarre aus dem silbernen Kasten und entzündete sie. Dann ganz ruhig und höflich: "Rauchen<br />

Sie auch?" und sank tief in den Sessel.<br />

Sein Benehmen hatte die hundertprozentige Wirkung, Ynoshita seine Blödheit endlich<br />

begreifen zu lassen.<br />

" Das Zusammentreffen meines Vaters mit Okawa geschah auf meinen Vorschlag. <strong>Die</strong>ser<br />

Streik ist von größter politischer Bedeutung, deshalb habe ich die wirtschaftlichen Konflikte<br />

als nebensächlich zurückgestellt -ja - und habe meinem Vater vorgeschlagen und auch Herrn<br />

Okawa habe ich gesagt. ..."<br />

Durch den Zigarrenrauch schimmerte die gestickte Rose des Fenster vorhanges, und es<br />

schien, als lächele sie Ynoshita verächtlich an. "Aha, aha?"<br />

Aber der Herr Stadtverord<strong>net</strong>e war immer noch nicht im Bilde. "Ich habe den Charakter und<br />

die Funktion der Gewerkschaften in jeder Einzelheit studiert - und ich glaube jetzt, daß die<br />

Gewerkschaft dieser Streiker, denen Sie helfen wollen, nach russischem System aufgezogen<br />

ist, das ist mehr als eine nur ideelle Bewegung." Ynoshita fühlte, daß die greifbaren<br />

Vorstellungen, die er endlich zu fassen glaubte, schnell wieder verschwanden. "Was heißt<br />

Gewerkschaft nach russischem System?" Das junge M.d.R. war nervös:<br />

" Das heißt, daß die Gewerkschaft ihren Impuls von der russischen sozialistischen<br />

Sowjetrepublik bekommt." Der Stadtverord<strong>net</strong>e erstaunte: "Ah, so - Kommunisten. " "Noch<br />

nicht ganz, aber beinahe."<br />

Das junge Reichstagsmitglied war stolz. Jedenfalls brauchte er keine Bestätigung, ob seine<br />

Vermutung richtig sei oder nicht, aber nach Ansicht dieses neuen Ideologen, nach den<br />

Maßstäben seiner empirischen Erkenntnis, gehörten sie zu "Rot" und waren ein Giftkraut, das<br />

man von der gut gepflegten Wiese der Menschheit ausreißen mußte. "Wie Sie schon wissen,<br />

wird meine Se-ju-kai, die Partei, der ich angehöre, schon in den nächsten Tagen den<br />

kaiserlichen Auftrag zur Kabi<strong>net</strong>tsbildung bekommen. In diesem Falle wird das<br />

Zusammentreffen zwischen Okawa und Shibusaka für die Politik des neue Kabi<strong>net</strong>ts von<br />

größter Bedeutung sein. "<br />

Der Stadtverord<strong>net</strong>e saß naiv und etwas feige wie ein Schulkind da. "Über die Frage der<br />

wirtschaftlichen Unternehmungen wird noch später zwischen meinem Vater und Okawa zu<br />

reden sein, aber im Augenblick sind sie einer Meinung. - Sie werden über die Abmachungen<br />

noch näheren Bescheid bekommen - und deshalb müssen Sie und die Herren der<br />

Druckereiunternehmervereinigung von diesem Schlichtungsausschuß zurücktreten." "Ja - ich<br />

bin einverstanden. " Der Stadtverord<strong>net</strong>e war geschlagen.<br />

" Weiter, Sie müssen möglichst schnell die Mitglieder der Gewerkschaft in allen Druckereien,<br />

die zum Unternehmerverband gehören, feststellen und mir bis morgen vormittag Bericht<br />

darüber geben, ich werde dann überlegen und das mit einem einflußreichen Politiker<br />

besprechen." Der junge Baron erledigte die Sache ganz geschäftsmäßig. "Ja, ich danke Ihnen<br />

vielmals für Ihre Mühe - ich schäme mich beinahe meines Alters."<br />

Endlich hatte er seinen "Blödsinn" eingesehen und ging ganz geschlagen fort.<br />

An einem Ort, zwei Meilen entfernt von der "<strong>Straße</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Sonne</strong>", tagte eine Sitzung der<br />

höchsten Streikleitung.<br />

Wo dieser Ort liegt, ob in Tokio oder in einer Vorstadt, weiß niemand außer den paar<br />

Beteiligten. Allabendlich wurde der Versammlungsort durch ein geheimes Vermittlungsorgan<br />

mit drei Zeichen XOV bekanntgegeben.<br />

Deshalb wußten die zwanzig Mitglieder der Leitung nie vorher, wo eine Sitzung stattfand.<br />

Das war sehr lästig. . .<br />

Unaufhörlich wurden sie in ihrer täglichen Arbeit, die auch zum Kreis ihrer Pflichten gehörte,<br />

durch unerwartete Schwierigkeiten gestört. Es war spät in der Nacht und durch die Finsternis<br />

tobte der Wind.<br />

Plötzlich donnerte es über den Köpfen der Männer, aber es war nur<br />

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