Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net
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diesem Streik stellte sie einen Dauerrekord auf, der alles Dagewesene übertraf. Sie hatte einen<br />
Maßstab angenommen, der ihn noch trauriger machte, als wenn seine zwei Söhne an Typhus<br />
erkrankt wären. Eine ganze Reihe Drucksachen kam zu spät heraus und schon manche<br />
Nummer mußte ausfallen. Wohl hatte er das meiste an kleinere Druckereien verteilt, aber alle<br />
zusammen hatten keine so große Produktionsfähigkeit wie Daido.<br />
" Wollen Sie nicht selbst eine Druckerei einrichten?" fragte schnaufend Matsomuto, der<br />
Direktor der "Damenwelt". "Sie sind doch anders gestellt als wir, und wenn man so viel zu<br />
drucken hat wie Sie, wäre das doch rentabler. "<br />
In der Tat hatte er recht. Kunio, der viele Aktien und Anteile von<br />
Druckereien besaß, hatte schon oft an derartige Unternehmungen gedacht, aber er war klüger<br />
und wußte genau, daß Arbeiter nicht so gehorsam sind wie die Redakteure und<br />
Korrespondenten seiner Gesellschaft. Er traute sich nicht, seine berüchtigte Gerissenheit<br />
gegenüber den Angestellten auch an den Arbeitern zu versuchen.<br />
" Nein, ausgeschlossen, ich bin zu unbedeutend und habe auch nicht genug Kapital dafür."<br />
Der Fußball schob mit der Bescheidenheit einer Frau seinen etwas verrutschten<br />
Heiligenschein wieder hoch.<br />
Da öff<strong>net</strong>e ein <strong>Die</strong>ner die Tür, kniete auf der Schwelle nieder: "Herr Ynoshita, ein<br />
Telefonanruf für Sie." "Endlich kommt es."<br />
Ynoshita stand heiter auf, alle glaubten, es sei die Antwort der Daido-Druckerei, und alle<br />
Herzen erhoben sich einmütig zu einem Gebet um eine ihnen günstige Lösung. Für die<br />
Verleger war es besser, wenn dieser Streik schnellstens beigelegt - für die Druckereibesitzer,<br />
wenn die Lösung scheitern und der Streik fortdauern würde. Hinter diesen gegensätzlichen<br />
Interessen kämpften die Druckereiunternehmer mit allen Tricks, sich jetzt die Kunden<br />
einander abzugewinnen, und ganz im Hintergrunde dieses Streiks gab es geheime Kämpfe im<br />
Druckereiunternehmerverband: sie wurden geleitet vom Finanzblock, der gegen Okawa<br />
gerichtet war. Ynoshita kam mit einem beunruhigten Gesicht in den Saal und sagte eilig:<br />
" Baron Shibusaka hat mich eben angerufen, ich soll sofort zu ihm kommen, ich verstehe das<br />
nicht. " Er ging zum Fußball und verabschiedete sich:<br />
" Entschuldigen Sie, daß ich auf eine Stunde fortgehe. Wenn Sie einen Wunsch haben, rufen<br />
Sie mich bitte im Zimmer 85 im Dai-ithi-Sogo-Building an. "<br />
Der Abgeord<strong>net</strong>e war aufgeregt. Shibusaka war sein Meister. Er sprang in seinen vor der<br />
Haustür stehenden Packard. Im schwankenden Wagen dachte er darüber nach, was<br />
Shibusakas Sekretär gesagt hatte. - "Der junge Baron war sehr böse; er sagte, das sei recht<br />
blödsinnig von Ynoshita, er hätte ihn für klüger gehalten. Ich halte es für richtiger, wenn Sie<br />
sofort zu ihm kommen und seine Laune beruhigen."<br />
Das Auto fuhr über die Edokawa-Brücke, unter dem Kodan-Abhang am Graben des<br />
kaiserlichen Schlosses entlang bis zum sieben Stock hohen Dai-ithi-Sogo-Building.<br />
Er bemerkte gar nicht, daß ein Motorrad ihm den ganzen Weg bis hierher gefolgt war und<br />
dann in der Richtung auf den Bahnhof Tokio verschwand.<br />
Natürlich hatte er keine Ahnung, daß seine Autonummer 5-713 immer, auch wenn er nicht<br />
schneller als die polizeilich zugelassene Höchstgeschwindigkeit fuhr, von einem Motorrad<br />
verfolgt wurde. Und am wenigsten konnte er ahnen, daß gerade die Streikenden, die er so gut<br />
einzuseifen gedachte, über eine Organisation verfügten, die ihn ständig beobachtete.<br />
II. Das Haus am Bahndamm<br />
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