Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net
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Hisachita versteckte sich und machte sich klein, um von dem Licht aus dem Schaufenster<br />
nicht getroffen zu werden.<br />
Es waren zwei Privatautos mit geschlossenem Verdeck und ein Zweitonnenlastwagen der<br />
Gesellschaft, der ihm bekannt war. <strong>Die</strong> drei Autos fuhren mit höchster Geschwindigkeit an<br />
dem Jungen vorbei.<br />
" Das ist der Lastwagen!"<br />
Zwischen Maschinen und Papierballen sah er in dem Wagen die wohlbekannten Gesichter<br />
seiner Kollegen. Hallo! wollte er gerade rufen, besann sich aber rechtzeitig.<br />
''Zweitausendeinsundneunzig, zweitausendeinsundneunzig. . . " sagte er die Autonummer vor<br />
sich her, die hinten am Wagen wackelte, nahm ein Stück Papier aus der Tasche und notierte<br />
sie. <strong>Die</strong> drei Wagen fuhren geradeaus, den Abhang des Haksuan hinauf, bogen nach links ab<br />
und verschwanden in der Finsternis. "Zum Teufel, wohin wollen sie unsere Kollegen<br />
bringen?" <strong>Die</strong> Gesellschaft hatte unter dem Vorwand, die Lehrlinge zu schützen, einen Teil<br />
von ihnen mit Gewalt geraubt und festgehalten und wollte sie nun an diesem Abend heimlich<br />
irgendwohin bringen, wo sie zur Arbeit gezwungen werden sollten.<br />
Hisachita trat in die Telephonzelle, nahm den Hörer, verlangte Amt und Nummer:<br />
" Hallo, ist da Yatsuo von der S-Leitung?" Er berichtete mit aller Ausführlichkeit; was er<br />
erzählte, konnte aber kein anderer verstehen, weil sie besondere Ausdrücke verabredet hatten.<br />
" Zweitausendeinsundneunzig, jawohl; außerdem noch zwei Privatwagen, sie verschwanden<br />
am Abhang des Haksuan nach links. - Was? - Bestimmt, ich habe die Gesichter meiner<br />
Kollegen im Lastauto erkannt. Er hängte den Hörer an und trat hinaus. <strong>Die</strong> Aufgabe war<br />
erledigt. Hisachita ging mit festen Schritten über die Kreuzung und verschwand pfeifend am<br />
dunklen Abhang des botanischen Gartens.<br />
Weit schwieriger war die Aufgabe, vor der die zweite Gruppe stand. Zwischen den Vorstädten<br />
Itabachi und Sugamo, am Ende der Häuserblocks, wo die Häuserreihen wie zerbrochene<br />
Kämme zwischen Stadt und Land stehen, hielten mit abgeblendeten Lichtern zwei Autos, als<br />
ob sie auf Fahrgäste warteten. In den beiden dunklen Wagen saßen je drei junge Männer in<br />
gespannter Erwartung. Ein Mann mit einer Brille und <strong>ohne</strong> Hut saß am Steuer. Er schob den<br />
Kopf heraus und fragte nach rückwärts in den Wagen:<br />
" Kuroiva, hast du dich auch nicht verhört? War es vielleicht um sieben Uhr?"<br />
Als Antwort kam ein Kopf mit einer Mütze hervor, zu dem ein großer, kräftiger Mann<br />
gehörte: "Nein."<br />
Er stieg aus dem Wagen und kam zu dem Mann mit der Brille. "Bestimmt um sechs, ich habe<br />
das doch auf dem Befehlszettel gelesen, nicht nur so gehört. Wenn inzwischen was passiert<br />
ist, werden wir es schon noch erfahren. "<br />
Der Chauffeur des anderen Wagens trat zu ihnen:<br />
" Kollegen, wenn's vorbei ist, müssen wir mit der Sirene das Zeichen geben. Rufe sind bei<br />
solchem Klamauk nicht zu hören. " Auch der Chauffeur war ein Streiker aus der<br />
Transportabteilung der Gesellschaft. Der Mann mit der Brille hockte jetzt auf den Knien<br />
neben dem Wagen an der Erde und sagte:<br />
" Wollen wir vorsichtshalber noch einmal besprechen, was zu tun ist?" Von dem zweiten<br />
Wagen kamen die anderen fünf. "Aber Kakekawa, wenn es sehr viele Lehrlinge sind, können<br />
wir gar nicht alle in unseren Wagen nehmen."<br />
" Halb so schlimm. . . ist ja nur für kurze Zeit. Meiner Meinung nach sind es etwa fünfzehn,<br />
weil ja im ganzen nur dreißig geraubt sind." <strong>Die</strong> Brille wußte über alles Bescheid, er schien<br />
der älteste von ihnen zu sein.<br />
" Sie wollen das "Fusi-Magazin" vom Yamato-Kodan-Verlag binden lassen, das schon<br />
ausgedruckt ist, um es bis Neujahr rauszubringen, aber das nutzt ihnen doch nichts."<br />
Kuroiva lachte. <strong>Die</strong> Streikenden durften nicht zulassen, daß auch nur dieser kleine Teil<br />
gemacht wurde. Ihr Kampf ging jetzt auf Leben und Tod. Eine kleine Atempause, ein kleines<br />
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