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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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vom Weinen geschwollenen Augen blinzelten vom Lampenlicht geblendet. Miatji schob seine<br />

Socken herunter, nahm einen zusammengefalteten Zettel heraus und drückte ihn Takae in die<br />

Hand.<br />

" Gib das Hagimura oder Nakai, es ist ein Bericht von einem Mann der wichtige Aufgaben<br />

bearbeitet. Gib es ihnen bestimmt." Miatji hatte unbedingtes Vertrauen zu Takae.<br />

Sie willigte schweigend ein. Dann sagte Miatji einfach, <strong>ohne</strong> Zusammenhang:<br />

" Ich werde mich morgen der Polizei stellen." Takae erschrak, aber Miatji fuhr ruhig fort:<br />

" Ich finde es in der augenblicklichen Lage am besten. Das war von Anfang an so<br />

beabsichtigt, und jetzt gerade gibt es keinen anderen Weg, um die verhaftete Streikleitung<br />

freizukriegen." Er war entschlossen. Takae konnte kein Wort sagen.<br />

Draußen auf der <strong>Straße</strong> ging die Nachtwache mit der Holzklapper vorbei, dazwischen hörte<br />

man das Klirren der Säbel und den Tritt schwerer<br />

Stiefel.<br />

" Jetzt gehen immer Polizei und Nachtwache zusammen."<br />

" Miatji, willst du nicht hier schlafen?"<br />

Als ihn Okayo so fragte, drehte er sich dem Lager der beiden Mädchen<br />

zu und lächelte leise.<br />

" Miatji ist ein tapferer Kerl, aber jetzt kann er doch nicht schlafen, wir<br />

wollen lieber warmen Reis für ihn kochen."<br />

<strong>Die</strong> beiden Schwestern gingen in die Küche und bereiteten den Reis. Der Mann, der zwei<br />

Tage und zwei Nächte lang dem Netz der Polizei entronnen war, folgte mit den Augen den<br />

Bewegungen der Mädchen, und<br />

seine Lider wurden heiß.<br />

Okayo bediente ihn, er nahm die Stäbchen, seine schmal gewordenen<br />

Lippen verzogen sich wehmütig:<br />

" Warm."<br />

Der Dampf aus der Reisschüssel hüllte die beiden Gesichter ein, legte sich auf die Lider des<br />

Mannes, und Okavos Augen füllten sich mit Tränen.<br />

Abschied auf wieviele Jahre. . . Takae ging hinaus und ließ die beiden allein.<br />

<strong>Die</strong> kalte Morgenluft wurde schon heller. Takae sah den Himmel. Sie hatte ein heißes<br />

Schlucken in der Kehle. Dann hörte sie, daß Miatji hinter der Tür seine Schuhe anzog.<br />

" Bleib gesund und kräftig", sagte die zitternde Stimme der Schwester.<br />

Der Mann sagte nichts.<br />

" Mach auf, Takae. "<br />

Miatji stieß von innen gegen die Tür, sie ließ die K<strong>linke</strong> los. Miatji kam heraus und drückte<br />

ihre Hand.<br />

" Ich gehe jetzt, vergiß den Bericht nicht."<br />

Der junge Kommunist drehte sich um und ging eilig fort.<br />

" Schon gut, schon gut, weine nicht."<br />

Während sie Miatji, der sich scharf in der hellen Dämmerung abhob und schnell davonlief,<br />

mit den Augen folgte, streichelte sie die Haare der weinenden Schwester wie in den Tagen<br />

ihrer Kindheit. . . .<br />

" Weine nicht. Weine nicht."<br />

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