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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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Mitsubichi-Finanzblocks war bis heute Okawas bester Gegner, der auf allen möglichen<br />

Aktionsgebieten mit ihm gekämpft hatte. Mit einemal wurde Okawa um ein Zusammentreffen<br />

gebeten. Der Sekretär war sehr gespannt und befahl einem <strong>Die</strong>ner, das Auto zu schicken.<br />

Um neun Uhr trat Okawa, gefolgt von seinem Sekretär, in das Direktorenzimmer des<br />

japanischen Industrieverbandes. Acht Herren standen von den Stühlen auf, um ihn zu<br />

begrüßen.<br />

Es waren die Direktoren der Daido-Druckerei, der japanischen Lampenfabrik, der Okawa-<br />

Maschinenwerke, der Okawa-Gummiwerke und so fort.<br />

Okawa nahm auf dem Präsidentenstuhl Platz und sah die acht Herren an wie Untertanen, die<br />

er hierher kommandiert hatte. <strong>Die</strong>se acht Herren hatten verschiedene Titel: Direktor,<br />

Geschäftsführer, zweiter Fabrikvorsteher usw.; sie besaßen aber nur dem Namen nach Anteile<br />

der Gesellschaft und waren im übrigen Angestellte <strong>ohne</strong> besondere Rechte.<br />

Nach einem kurzen Schweigen sagte Okawa plötzlich: "Herr Furuya, bitte den Streikbericht."<br />

Ein langer dünner Herr, dessen Kopf und Körper nur durch einen schwarzen Schlips getrennt<br />

wurden, das war Furuya, der Geschäftsführer der Daido-Druckerei. Er hatte diese Frage<br />

erwartet und nahm aus der Aktentasche den Tagesbericht, ein Protokoll und Flugblätter der<br />

Streiker und erklärte.<br />

Okawa, der schwer wie ein Berg auf dem Sessel saß, sah starr an die Wand und sprach kein<br />

Wort. Nachdem der Geschäftsführer seinen Bericht beendet hatte, mußte er noch die kleinen<br />

und großen Flugblätter vorlesen, ehe Okawa antwortete.<br />

<strong>Die</strong> Leute von der japanischen Lampenfabrik und von der Oosi-Papier-fabrik verstanden<br />

nicht, warum man sie zu diesem Streikbericht hinzugezogen hatte.<br />

Im Zimmer herrschte eine drückende Stille, nur die lebhaften Geräusche der Autos, die sieben<br />

Stockwerke tiefer in der Unterwelt über die <strong>Straße</strong> rasten, drangen gedämpft durch die<br />

geöff<strong>net</strong>en Fenster herein.<br />

Endlich begann Okawa zu sprechen: "Lehnen Sie jede Antwort an die Streikenden ab."<br />

" Ja," sagte der Geschäftsführer und machte ein hilfloses Gesicht, weil Okawa sich nicht<br />

genauer erklärte.<br />

Okawa wandte sich jetzt fragend an die anderen Herren:<br />

" Wie lange können Sie mit Ihren Lagervorräten aushalten, wenn wir<br />

jetzt die ganze Produktion stillegen?"<br />

<strong>Die</strong> Frage kam ihnen völlig unerwartet. Überrascht berichtete jeder<br />

nun ganz allgemein über die Bestände der Fabriklager und der bei<br />

den Provinzvertretern lagernden Waren.<br />

" Gut. Ich habe jetzt eine Besprechung mit Herrn Shibusaka. Sie gehen<br />

in Ihre Fabriken und bringen alle Lager in Ordnung, damit wir nicht<br />

in Verlegenheit kommen, wenn morgen der Streik beginnt."<br />

Er winkte seinem Sekretär mit den Augen, nahm seinen Stock, den<br />

Furuya ihm reichte und verließ das Direktorenzimmer, <strong>ohne</strong> sich,<br />

wie das diese Herren meist tun, eine Zigarre anzubrennen. Okawa<br />

ging die Wendeltreppe herunter, er liebte es nicht, den Fahrstuhl<br />

zu benutzen. Als er durch das Haupttor des Wolkenkratzers trat, sah<br />

er eine fragwürdige Gestalt.<br />

Es war ein Mann in Arbeiterkleidung, der im Schatten des Gebäudes stand und ihn<br />

durchdringend ansah. Trotz der Entfernung sah Okawa, daß sich der Mann schnell zurückzog,<br />

als sich ihre Blicke trafen. Okawa trat an das Auto, der Sekretär stand hinter ihm, der<br />

Chauffeur machte eine Verbeugung und öff<strong>net</strong>e die Wagentür - in diesem Moment schrie der<br />

Sekretär auf und Okawa sah in das verzerrte Gesicht eines Arbeiters, der wie eine Katze auf<br />

ihn zukam.<br />

" Dummer Kerl," schrie Okawa; er lehnte sich auf seinen Stock. Der Chauffeur und der<br />

Sekretär, die hinzusprangen, versuchten den Arbeiter fortzudrängen.<br />

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