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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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Schiedsgerichts und wollte die Streikführer mitnehmen, um am Nachmittag mit den Leuten<br />

der Fabrik zu verhandeln.<br />

" So. Ja, das ist sehr schlimm. <strong>Die</strong> Untersuchung ist noch nicht beendet. <strong>Die</strong> beiden<br />

verstanden, daß ein Beamter nicht gleich Jawohl, ich werde mich bemühen" sagen konnte.<br />

Deshalb betonte Ynoshita, daß er seine Ehre darein setze, diesen Streik, der ernstlich die<br />

Ordnung der Gesellschaft gefährde, beizulegen, und daß auch der Polizeichef seinen guten<br />

Willen verstehen müsse.<br />

Der <strong>Sonne</strong>nschein, der durch das Mattglasfenster hereindrang, wurde wärmer. Endlich<br />

schwang sich der Polizeichef auf, hinzuzusetzen:<br />

" Nachdem ich vorher die Absicht des Polizeipräsidenten gehört habe." "Also dann werde ich<br />

Sie am Nachmittag wieder anrufen. Ich bitte um<br />

Ihre Unterstützung - -."<br />

<strong>Die</strong> zwei Besucher verließen das Zimmer des Polizeichefs. Vor dem Tor des Amtes stand ein<br />

neuer Packard, der Motor sang mit hellem Klang.<br />

" Glauben Sie bestimmt daran?" fragte Minayama, als sie im Wagen<br />

saßen.<br />

" Na, es ist immer so. Ein Beamter darf einfach nicht gleich ja sagen,"<br />

lachte der Stadtverord<strong>net</strong>e optimistisch. Das Auto fuhr geradeaus durch die Otawastraße und<br />

verschwand im Hof des Hauses von Herrn Kuniko, dem Direktor des Yamato-Kodan-<br />

Verlages.<br />

Okawa war ein Frühaufsteher. Er trug niemals europäische Kleidung und auch niemals andere<br />

Schuhe als leichte japanische Strohsandalen.<br />

Das war stadtbekannt.<br />

An diesem Tage war er wie immer um fünf Uhr aufgestanden. Seine Energie, die er durch<br />

strenge Enthaltung von Frauen und Wein gut konserviert hatte, war seit seiner Jugend die<br />

gleiche geblieben. Jetzt konnte er von drei Uhr ab nicht mehr gut schlafen, das war die einzige<br />

Unregelmäßigkeit, die das Alter mit sich brachte.<br />

Der schweigsame, zu einem Strich zusammengepreßte Mund nahm den größten Teil seines<br />

Gesichts mit dem gut gebauten Kinn ein. Er war nicht sehr groß; aber Menschen, die dieses<br />

Gesicht von oben zu sehen bekamen, waren nicht häufig. <strong>Die</strong> meisten bückten sich vor<br />

diesem kleinen Mann so tief, daß sie ihn doch von unten ansehen mußten.<br />

Unter den Abgeord<strong>net</strong>en des Oberhauses war er der einzige, der bei jedem Kabi<strong>net</strong>tswechsel<br />

als Kandidat der Barone vorgeschlagen wurde.<br />

Seine Hartnäckigkeit und sein klarer, mathematischer Kopf wurden von seinen Anhängern<br />

abgöttisch verehrt.<br />

Um sieben Uhr, nach dem Frühstück, ging er in sein Arbeitszimmer und sah die Berichte<br />

seiner Gesellschaften durch, mehr als fünfzig.<br />

Mit seinem Sekretär sprach er nie anders als im Befehlston. Das gestrige Ereignis war ihm so<br />

gleichgültig, daß er darüber gar nichts in der Zeitung lesen wollte. Nachdem er die<br />

wirtschaftlichen und<br />

politischen Seiten der Zeitungen überflogen hatte, rief er nach seinem <strong>Die</strong>nstmädchen und<br />

kleidete sich um.<br />

Vor der Tür sagte sein Sekretär:<br />

" Herr Shibusaka hat eben angerufen und fragt, ob er zu Hause auf Sie<br />

warten soll. Was soll ich antworten?"<br />

" Ist Herr Shibusaka persönlich am Apparat?"<br />

" Ja."<br />

Darauf ging er selbst in die Telefonkabine.<br />

Der alte Shibusaka war gleichfalls ein Frühaufsteher. Okawa lachte vergnügt, als er nach fünf<br />

Minuten die Telefonkabine verließ. Er war selten guter Laune.<br />

<strong>Die</strong> beiden Helden treffen aufeinander! dachte der Sekretär bei sich. Der Generalstabschef des<br />

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