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Männedorf - Fischotter

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Kolumne<br />

Wer weiss schon, wie der Haas läuft?<br />

Erwin Haas erforscht das Geheimnis der Tanne.<br />

«O Tannenbaum» ist eine Ode an den<br />

profansten Baum Europas, von dem es in<br />

<strong>Männedorf</strong> pro Hektare Wald 33 Kubik -<br />

meter Holzvorrat hat. Ein Paradox. In<br />

weniger spirituellen Bereichen als den<br />

kommenden Festtagen ist diese periodische<br />

Ehrung des Gewöhnlichen unvorstellbar.<br />

Und das Herkunftsland des Christentums<br />

würde ja nahelegen, zur Feier<br />

seines Stifters einen Ölbaum aufzustellen<br />

oder doch wenigstens eine Zypresse<br />

oder Zeder.<br />

Aber nein, wir nehmen jedes Jahr einen<br />

ordinären Nadelbaum. Gemäss einem<br />

Gespräch zwischen Apfelbäumen und<br />

Quitten, das ein mir bekannter Gärtner<br />

belauscht haben will, haben Eichen und<br />

Linden bereits in Erwägung gezogen, gerichtlich<br />

gegen diese regelmässige Diskri -<br />

minierung vorzugehen. Sie haben<br />

schliesslich nur deshalb darauf verzichtet,<br />

weil gefällt zu werden kein angenehmes<br />

Erlebnis ist.<br />

Vielleicht hat es die Tanne gerade ihrer<br />

unprätenziösen Art, ihrer immergrünen<br />

und stillen Bescheidenheit zu verdanken,<br />

dass sie an Weihnachten verehrt in die<br />

Kränze kommt und zahllose Stuben<br />

schmückt als grüner Baldachin für Geschenke.<br />

Allen, die sich in diesen Tagen<br />

auf ehrliche Weise eine Weiss-, Blauoder<br />

Nordmanntanne kaufen und darauf<br />

verzichten, sie nächtens beim Christbaumzüchter<br />

im Widenbad diebisch aus<br />

der Plantage zu sägen, möge sie an den<br />

kommenden Festtagen zur Freude gereichen.<br />

Doch selbst unter den Weihnachtsbäumen<br />

in <strong>Männedorf</strong> ist nicht jede Tanne<br />

gleich vor dem Herrn. Es gibt jedes Jahr<br />

eine, die ganz besonders herausragt – die<br />

Auserwählte für den Aufdorfkreisel. Das<br />

ist dann kein sechsjähriger Winzling, wie<br />

er in jedes Wohnzimmer passt, sondern<br />

eine stattliche Skulptur der Natur, die<br />

meist aus einem Männedörfl er Garten<br />

stammt. Der Verkehrsverein, der den<br />

weihnächtlichen Kreiselschmuck jeweils<br />

montiert, kann sich über mangelnde Angebote<br />

nicht beklagen. Eine Tanne zu fäl -<br />

len, wenn sie nach 20 Jahren über sich<br />

hinausgewachsen ist und zu viel Schatten<br />

wirft, kann nämlich schnell einmal<br />

mehr als tausend Franken kosten. Die<br />

grosszügigen Spender der Kreiseltanne<br />

wissen die Möglichkeit deshalb zu schätzen,<br />

diese Last dem Verkehrsverein zu<br />

überlassen und ihr tanniges Opfer für die<br />

Allgemeinheit mit dem eigenen Nutzen<br />

zu verbinden. Erwin Haas

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