Glareana_52_2003_#1
Kai Köpp Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten bei Joachim Tielke Martin Wenner / Jörg Fiedler Restaurierungsbericht: Eine Altblockflöte aus Elfenbein (um 1730) von Engelbert Terton Johann Heinrich Voss (1751-1816) Klingsonate Christian Morgenstern (1871-1914) Die Geruchs-Orgel Johann Wolfgang von Goethe (1749-1842) "Wie mancher auf der Geige ..." Karl Burri (1921-2003) Nachruf von Andreas Schöni
Kai Köpp
Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten bei Joachim Tielke
Martin Wenner / Jörg Fiedler
Restaurierungsbericht: Eine Altblockflöte aus Elfenbein (um 1730) von Engelbert Terton
Johann Heinrich Voss (1751-1816) Klingsonate
Christian Morgenstern (1871-1914) Die Geruchs-Orgel
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1842) "Wie mancher auf der Geige ..."
Karl Burri (1921-2003) Nachruf von Andreas Schöni
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<strong>2003</strong> <strong>52</strong>. Jahrgang Heft 1<br />
GLAREANA<br />
Nachrichten<br />
der Gesellschaft<br />
der Freunde<br />
alter Musikinstrumente<br />
BIBLIOTHEK DER<br />
MUSIK -AKADEMIE<br />
Leonhardsstr.4·6 CH-4051 Basel<br />
ISSN 1660-2730
GLAREANA<br />
Nachrichten der Gesellschaft der Freunde alter Musikinstrumente<br />
<strong>2003</strong> <strong>52</strong>. Jahrgang Heft1<br />
Editorial 3<br />
Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten beiJoachim Tielke<br />
von Kai Köpp 4<br />
Restaurierungsbericht Eine Altblockflöte aus Elfenbein (um 1730)<br />
von Engelbert Terton<br />
von Martin Wenner I Jörg Fiedler 16<br />
Johann Heinrich Voss: Klingsonate I Christian Morgenstern:<br />
Die Geruchs-Orgel I J.W.v. Goethe: Wie mancher auf der Geige fiedelt 28<br />
Ausstellungen, Kataloge, Symposiumsberichte 30<br />
BUcher, CDs 38<br />
Coram publico 39<br />
Nachruf Karl Burri<br />
Von Andreas Schöni 40
Impressum:<br />
<strong>Glareana</strong><br />
Nachrichten der Gesellschaft der<br />
Freunde alter Musikinstrumente<br />
Herausgeber:<br />
Gesellschaft der Freunde alter<br />
Musikinstrumente, ZUrich (GEFAM)<br />
Postfach 109<br />
CH - 4007 Basel<br />
info@gefam.ch J www.gefam.ch<br />
Redaktion:<br />
Jörg Fiedler Qf), Dr. Thomas Drescher (td)<br />
Satz: Jörg Fiedler<br />
glarenna@gefam.ch<br />
Druck:<br />
Gissler-Druck, Allschwil<br />
Die <strong>Glareana</strong> erscheint zweimal jährlich<br />
lSSN 1660-2730
Editorial<br />
Liebe Leserin,lieber Leser,<br />
eigentlich sollte es in der Natur der Sache liegen, wenn die Spezies des homo<br />
ludens in den Reihen der Musiker, der Instrumentenbauer, -sammler und -<br />
kundler überproportional stark vertreten wäre. Wenn man allerdings die Papierstösse<br />
der Dissertationen, Berichte, Untersuchungen und Analysen<br />
durchforstet, so keimt der Verdacht auf, dass dieses sympathische Geschöpf<br />
sich offenbar weithin in scheuer Zurückhaltung übt: der Tonfall dieser Schriften<br />
ist, mit Verlaub, um keinen Deut anders als der, sagen wir, von juristischen<br />
oder medizinischen Veröffentlichungen.<br />
Dabei sind doch die Gegenstände der Betrachtungen keineswegs so neutral-sachlich:<br />
eine kostbare Violine, eine schöne Flöte, ein wertvolles Tasteninstrument<br />
sind nicht zuletzt auch als physische Gegenstände ein eindrucksvolles<br />
Erlebnis. Ein Erlebnis nebenbei, dass für wohl jeden Leser wie Schreiber<br />
dieser Seiten irgendwann einmal ein entscheidendes war.<br />
Es scheint mir also, so gesehen, im Wortsinne "sachgerecht", wenn wir<br />
einer etwas anderen Form der Beschäftigung mit Musikinstrumenten in den<br />
GLAREANA einen gewissen Platz einräumen: der Musik und dem<br />
Musikinstrument in der Dichtung.<br />
Seit eh und je ist das Musikinstrument dort selbstverständlich als Requisit,<br />
als Metapher oder als eigentliches Sujet präsent. Gelegentlich adelt der<br />
Dichter das "Mundwerk" schlicht selber zum Instrument und weist ihm<br />
musikalische Aufgaben zu. Wir wollen deshalb, ohne Zwang und in loser<br />
Folge, in die kommenden Folgen der GLAREANA eine kleine literarischpoetisch-musikalische<br />
Blütenlese einstreuen - eine kleine Reverenz vor dem<br />
homo ludens, der sich auch im Musikeralltag oft genug in das steife Korsett<br />
fachlicher Konventionen zwängen lässt.<br />
In diesem Sinne grüsse ich Sie herzlich und wünsche Ihnen viel Vergnügen<br />
beim Lesen dieser Ausgabe!<br />
Ihr<br />
3
Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten<br />
bei J oachim Tielke<br />
von Kai Köpp<br />
Eine Viola d'amore erkennt man an ihren Resonanzsaiten, das ist allgemein<br />
bekannt. Ausserdem erscheint es einleuchtend, dass diese mitschwingenden<br />
Resonanzsaiten für den typischen Klang der Viola d'amore verantwortlich<br />
sind. Wenn man sich jedoch alte Traktate und andere Quellen ansieht, stellt<br />
man fest, dass die Viola d'amore lange existierte, bevor sie erstmals mit Resonanzsaiten<br />
in Verbindung gebracht wird. Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein<br />
scheint das Instrument im Normalfall gar keine Resonanzsaiten besessen<br />
zu haben.<br />
Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu,1 aber ftir die musikalische Praxis<br />
spielte sie kaum eine Rolle, denn bisher sind keine Instrumente identifiziert<br />
worden, die zweifelsfrei dem älteren Typ ohne Resonanzsaiten hätten zugeordnet<br />
werden können. Dieser Mangel erklärt sich einerseits dadurch, dass<br />
viele dieser sehr alten Instrumente Zeiten und Kriege nicht überdauert haben<br />
oder sich hinter Museumsbezeichnungen wie Diskantgambe oder "Arm<br />
Viole" verborgen sind. Andererseits sind zahlreiche Instrumente umgebaut<br />
worden (etwa zu einer viersaitigen "Bratsche" mit Viola d'amore Korpus), so<br />
dass ihre ursprüngliche Saitenzahl nicht mehr rekonstruierbar ist.<br />
Durch eine erneute, gründliche Sichtung der Quellen und der erhaltenen<br />
Instrumente konnte jedoch ein Kriterium entwickelt werden, anhand dessen<br />
sich eine Viola d'amore ohne Resonanzsaiten identifizieren lässt.2 Oft wurde<br />
nämlich tibersehen, dass die schriftlichen Quellen bis zur ersten Hälfte des<br />
18. Jahrhunderts übereinstimmend berichten, dass der charakteristische<br />
Klang der Viola d'amore von ihren Spielsaiten aus (Cembalo-) Draht herrührt<br />
- sogar unabhängig davon, ob das Instrument mit Resonanzsaiten ausgestattet<br />
war oder nicht. Diese Drahtsaiten konnten jedoch nicht in der üblichen<br />
Weise durch Bohrlöcher im Saitenhalter aufgefädelt werden, denn sie wür-<br />
4<br />
1 Vgl. beispielsweise lohn Henry van der Meer, ,,Zur Ftilhgeschichle der Viola d'amore", in: Kongressbericht der ltr·<br />
ternatlonalen Musikgesellsclrajl, Kopenhagen 1972, S. 541-SSS, und Winfried Schrammck, ,.Die Viola d'amore zur<br />
Zeit Johonn Sebastian Bachs", in: Bach-Studien Bd. 9, Leipzig 1986, S. 56-66.<br />
2 Vgl. Kai Klipp, ,.Die Viola d'amore ohne Resonanzsaiten und ihre Verwendung in Bachs Werken" in: Bach.Jahrbuch<br />
2000, S. 140.165 und zusammenfassend ders., ,.Viola d'nmore" in: Streichinstrumente, hg. v. C. Nobach, Kassel 2002,<br />
116-131.
den an der SteJlle, wo die Saite aus dem Loch austritt, unter Spannung brechen.<br />
Stattdessen wurden die Saiten wie bei einem Cembalo mit einer Schlinge<br />
an einem Metallhäkchen oder an einem kleinen gedrechselten Knopf eingehängt.<br />
Diese besondere Art der Saitenaufhängung dient als verlässliches<br />
Merkmal, um eine Viola d'amore ohne Resonanzsaiten etwa von einer kleinen<br />
Viola da Gamba zu unterscheiden, sofern das Instrument noch den originalen<br />
Saitenhalter besitzt. 4<br />
Anhand dieser Kriterien konnte eine überraschend grosse Anzahl von Instrumenten<br />
in Museen und Privatsammlungen, deren zugehörige Saitenhalter<br />
für Metallsaiten eingerichtet waren, als Viola d'amore ohne Resonanzsaiten<br />
identifiziert werden.s Diese Instrumente bestätigen die Angaben aus den<br />
Quellen, dass der ältere Typ der Viola d'amore bis weit ins 18. Jahrhundert<br />
hinein neben dem jüngeren Typ mit Resonanzsaiten gebaut wurde. An dieser<br />
Stelle soll nun untersucht werden, ob auch der berühmte Hamburger Lautenund<br />
Geigenmacher Joachim Tielke Instrumente des frühen Typs Viola d'amore<br />
gebaut hat, denn in Günther Hellwigs Monographie von 1980 wurde<br />
offengelassen, ob die "hohen fünfsaitigen Diskantinstrumente" Tielkes als<br />
Viola d'amore bezeichnet werden können oder nicht.6<br />
Eines der Zentren, in denen um 1700 (vielleicht in Verbindung mit der lokalen<br />
Drahtherstellung) ein bestimmter Typ Viola d'amore mit einem jeweils<br />
eigenen Repertoire gepflegt wurde,7 war Hamburg, wie sich aus der wiederholten<br />
Erwähnung des Instruments in frühen Hamburger Quellen erkennen<br />
lässt. Die bislang früheste Erwähnung des Namens "Viola d' amore" findet<br />
sich in einem Brief des in Harnburg tätigen Musikers Johann Ritter vom 9.<br />
November 1649 an seinen Landesherrn, den Wettmischen Herzog Wilhelm<br />
IV. Darin berichtet er von fast zwölfhundert von ihm kopierten Musikalien,<br />
"meist ietziger manier, wie sie in Italia musiciren," die er bei seiner Rückkehr<br />
nach Weimar mitbringen wolle,<br />
5<br />
"[ ... ], zu geschweigen, meiner verstimten sachen, welcher ich eine<br />
4 Eine tabellarische Zusammenstellung aller aus den Quellen entwickelten Kriterien enthält Köpp, Bach-Jahrbuch<br />
2000, a.a.O., S. 146.<br />
5 Vgl. Hcinz Bcrck, .,Bericht über Graupners Viola d'amore" in: RolfFritsch (Hg.), JO. lntematlonaler Vio/ad'amore<br />
Kongre.ss. Dokumentation (o Schriftenreihe der Bundesakademie 28, Trossingen 2002), S. 31-38, und Köpp, Bach<br />
Jahrbuch 2000, a.a.O., S. 147-153.<br />
6 V81. Günther Hellwig, .. Die hohen filnfsaitigen Streichinstrumente (Viole d'amore?)" in: ders., Joochim Tielke. Ein<br />
Hamburger Lauten-und Violenmacherder Barockzeit, Frankfurt/Main 1980, S. 531T.<br />
1 Zu den unterschiedlieben Repertoires im 18. Jahrhwtdcrt vgl. Köpp, Bach-Jahrbuch 2000. a.a.O.S. 153-157.
6<br />
gute anzahl beysammen habe, so habe ich auch bey mir 2 gute Discant<br />
Violen, und eine Viole mitt 5 seiten, welche genennet wird, Viole de<br />
l'amour, auf verstimte manier zu gebrauchen, nebenst einer guten Violdegambe."s<br />
Im Jahr 1706 erscheint in Harnburg die Handleitung zur Variation von<br />
Friedrich Erhard Niedt, dessen Bemerkung zur Viola d'amore auf das berühmte<br />
Traktat von Daniel Speer von 1687 zurückgeht: "Viola di lamor, eine<br />
Violin mit Stahl-Sayten wird verstimmet gespielet" .9 Nach der Erwähnung<br />
des Instruments durch Niedt folgt 1713 der einflussreiche Artikel des berühmten<br />
Hamburger Musikkritikers Johann Mattheson, der bis zur Mitte des<br />
18. Jahrhunderts in allen deutschen Traktaten zitiert wird.<br />
"Die verliebte Viola d'Amore, Gall. Viole d'Amour, führet den Heben<br />
Nahmen mit der That I und will viellanguissantes und tendres ausdrUcken.<br />
Sie hat 4. Sayten von Stahl oder Messing I und eine I nemlich die<br />
Quinte, von Därmen. Ihre Stimmung ist der Akkord c. moll. oder auch<br />
c. dur." g.' {es.' I e.'} c.' g. wiewol es fast besser Art hat I und nicht so gezwungen<br />
ist, wenn sie wie eine ordinaire Violine gestimmet wird I weil<br />
man alsdann I sonst aber mit vieler Mtihe I und in etlichen Stücken<br />
gar nicht I allerhand Sachen darauff spielen kan. Ihr Klang ist argentin<br />
oder silbern I dabey überaus angenehm und lieblich. Nur ist Schade I<br />
daß ihr Gebrauch nicht größer seyn sol1."1o<br />
Mattheson beschreibt den in Harnburg üblichen Typ der Viola d'amore<br />
mit fUnf Saiten. Entsprechend seiner Intention, eine umfassende Musiklehre<br />
zu bieten, gibt Mattheson zunächst den Affektbereich an, in dem die Viola<br />
d'amore zur Verwendung kommt. Die eingeschränkten Möglichkeiten der in<br />
Harnburg seit der Zeit Johann Ritters kanonisierten Dreiklangs-Stimmung<br />
auf c versucht er zu erweitern, jedoch nicht durch Transposition oder andere<br />
Verstimmung, sondern indem er eine Quint-Stimmung, wie auf einer Violi-<br />
8 ThUringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, B 26435, fol. 71 r. Die entsprechende Textstelle wurde in der Spezialliteratur<br />
bislang nur entstellt und fehlerhaft wiedergegeben, noch dazu unter falschem Datum, vgl. Mariatme Röncz, Ape•;us<br />
sur Ia Viole d'amour en Allemagne du sud ver.r 1700, in: Amour er Sympathie, Limoges 1995, S. 246, dort ohne Quellenangabe<br />
nach Adolf Aber, Die Pflege der Musik unter den Weffinern und Jlleflinischen Emestinern, BOckeburg<br />
Leipzig 1921, S. 146.<br />
9 Friedrich Erhard Nicdt, 1/ondleitung zur Variation, Teil II, Harnburg 1706 (ohne Paginicrung). Nicdt bezieht sich offensichtlich<br />
auf das Glossar bei Daniel Speer, Gnmdrichtiger Unterricht der musikalischen Kunst oder Vierfaches musikalisches<br />
Kleeblatt, zitiert nach der zweiten Auflage Ulm 1697, Reprint Leipzig 1974, S. 286: .. Viola di lamor, eine<br />
Viol mit erhabenem co•pore, und mit stählernen oder silbernen Saiten bezogen I und hat auch seine besondere Verstimmung<br />
I wie eine Gomb."<br />
tO Johrum Mattheson, Das Neu-Eröffnete Orchestre, Hamburg 1713, S. 282.
ne, vorschlägt. Damit wäre ausschliesslich das Saitenmaterial für den charakteristischen<br />
Klang der Viola d' amore verantwortlich, ohne Rücksicht auf die<br />
Resonanzmöglichkeiten innerhalb einer Dreiklangs-Stimmung. Mattheson<br />
beschreibt hier allerdings keine gängige Praxis, wie ein Blick in das deutsche<br />
Repertoire dieser Zeit zeigt.u<br />
Wenige Jahre später überarbeitet Mattheson die Veröffentlichung Niedts<br />
und korrigiert dabei die von Niedt gewählte Bezeichnung II Viola di lamor 11 •<br />
Auch die irreführende Charakterisierung der Viola d'amore als II Violine" erweitert<br />
er in diesem Zusammenhang:<br />
7<br />
Viola d'Amour: eine mit stählernen Saiten bezogene Violine, von besonderer<br />
Form und Stimmung. (1) vid. Orch. I. pag. 282.<br />
(1) In der ersten Edizion wurde dieses Instrument Viola di lamor genennet 12<br />
Bislang ist übersehen worden, dass Mattheson die Viola d'amore in seiner<br />
Schrift Philologisches Tresespiel von 17<strong>52</strong> nochmals erwähnt. Obwohl Leopold<br />
Mozart vier Jahre später bereits den heute bekannten Typ der Viola d'amore<br />
mit Resonanzsaiten in seiner Salzburger Violinschule beschreibt, wollte der<br />
alternde Mattheson nichts von Resonanzsaiten wissen, denn er hält das deutsche<br />
Synonym "Doppelgeige" für eine irrtümliche Bezeichnung:<br />
Wie ferner die Viol d'Amour [ ... ] zu der Ehre körnt, dass sie eine Doppelgeige<br />
genannt wird, ist schwer zu ergründen: denn sie hat weder doppelte Saiten;<br />
noch doppelte Grösse; noch doppelten Klang zum Vorzuge. [ ... ] Wegen<br />
des lieblichen Lauts der gestrichenen stählernen Saiten auf der Viole d'Amour,<br />
hat sie, wie die Oboe d'Amore, ohne deswegen eine doppelte Schalmey zu sein,<br />
und das Clavessin d'Amour, ohne darum ein Doppelklavir zu werden, den lieben<br />
Namen bekommen ( .. . ).13<br />
Aufgrund der Hamburger Quellen zur fünfsaitigen Viola d 'amore ist anzunehmen,<br />
dass auch zeitgenössische Geigenbauer in dieser reichen Hansestadt<br />
solche Instrumente gebaut haben. Der berühmteste unter ihnen war Jo-<br />
II Bs haben sich nur zwei Kompositionen erhalten, die wegen ihrer hohen Lage auf eine in Quinten gestimmte Viola<br />
d'amore schliessen lassen - und beide stammen bezeichnenderweise von Mattheson selbsl: zwei Arien c-moll in der<br />
Oper Boris Goudenow (1710), vgl. Michael und Dorothea Jappe, Viola d'amore Bibliographie, Wintertbur 1997,<br />
S. 141. Die zweite Arie ist auch in Matthesons Oper Henrica IV. (171 1) enthalten.<br />
1 2 Friedrich Er!Jard Niedt, Musicalische Handleitung oder: Gründlicher Unterricht[ ... ] verbessert, vennehret, mit verschiedenen<br />
Grundrichtigen Anmerckungen und einem Anhang von mehr als 60 Orgei-Wercken versehen durch J.<br />
Mallheson", zweite Auflage Harnburg 1721, S. 115.<br />
13 Joharm Mattheson, Philologisches Tresespiel, Hamburg 17<strong>52</strong> (Reprint Leipzig 1975), S. 8f.
.,<br />
achim Tielke (1641-1719). Bis heute ist er vor allem bekannt für seine überaus<br />
kostbar mit Gold, Silber, Elfenbein und Edelsteinen ausgestatteten Instrumente,<br />
die für die Kunstkammern der europäischen Höfe angefertigt wurden.<br />
Durch ihren hohen Kunstwert sind viele dieser Lauten, Gitarren, Geigen<br />
und Gamben und damit auch der Name Tielkes vor dem Vergessen bewahrt<br />
worden.<br />
Tatsächlich findet sich in dem Verzeichnis der erhaltenen Instrumente<br />
Tielkes eine homogene Gruppe von acht lnstrumenten, 14 die mit den Informationen<br />
über die Eigenschaften der Viola d'amore in Harnburg in Verbindung<br />
gebracht werden könnten. Alle Instrumente gehören nach der Bauweise<br />
des Korpus zur der Familie der Gambeninstrumente und besitzen fünf Saiten.<br />
Obwohl ihnen eine geringe Zargenhöhe gemeinsam ist, lassen sie sich<br />
weiter in zwei deutlich unter-schiedene Gruppen von jeweils vier Instrumenten<br />
unterteilen. Die beiden Gruppen unterscheiden sich zunächst durch ihre<br />
Abmessungen: Die erste Gruppe (Verzeichnis Nr. 37, 61, 62 und 98) besitzt<br />
eine Korpuslänge von 38,6 - 39,5 cmts und eine Zargenhöhe von 5,4 - 6,4 cm,<br />
gemessen in der Korpusmitte. Die zweite Gruppe dagegen (Nr. <strong>52</strong>, 53, 54 und<br />
66) zeigt deutlich kleinere Masse: die Korpuslänge beträgt hier 33,8 - 34,5 cm<br />
bei einer Zargenhöhe von 3,7 - 4,0 cm. Diese Abweichungen entspre-chen einer<br />
Unterscheidung von Alt- und Diskantregister. Beide Gruppen unterscheiden<br />
sich jedoch auch deutlich in ihrer Ausstattung:<br />
8<br />
14 Hellwig, a.a.O., S. 53. Alle folgenden Angaben über Tielkes Instrumeoie stUtzen sich auf diese Monographie, die in<br />
naher Zukunft in einer erweiterten Neuauflage erscheinen wird. Nach einer freundlichen Mitteilung von Hem1 Prof.<br />
Friedemann Hellwig (Köln) vom April <strong>2003</strong> werden in dieser Neuauflage keine weiteren Instrumente dieses Typs enthalten<br />
sein.<br />
I S Die Messspanne erklllrt sieb durch Holzschwund, Umbauten oder Abnutzung.
9<br />
Abb. 1: Tielke, Viola d'amore, 1692 (Stockholm,<br />
Musikhistorlska Museet)<br />
Die erste Gruppe in Altlage<br />
besitzt ausnahmslos C-förmige<br />
Schallöcher und eine doppelt<br />
geführte, dreiadrige Einlage im<br />
Deckenrand (siehe Abb. 1).<br />
Diese Merkmale entsprechen<br />
denen der meisten Gamben<br />
Tielkes. 1 6 Die Gruppe der<br />
Diskant-Instrumente weist<br />
dagegen immer sicheiförmige<br />
Schallöcher und eine einfache<br />
Randeinlage auf. Es fällt auf,<br />
dass die zweite Gruppe sich<br />
ausserdem in der materiellen<br />
Ausstattung von den Alt<br />
Instrumenten absetzt. Sie<br />
besitzen zu einer Decke aus<br />
schönem, meist feinjährigem<br />
Fichtenholz einen aus 7 - 17<br />
Streifen zusammengesetzten<br />
Boden, der aus Palisander mit<br />
kontrastierenden Streifen aus<br />
tiefgeflammtem Ahorn oder<br />
Elfenbein besteht; auch die<br />
Zargen sind teilweise aus<br />
Palisander (siehe Abb. 2). Die<br />
erste Gruppe wiederum zeigt<br />
in der Regel eine Fichtendecke<br />
mit uruegelmässigen bis<br />
groben Jahresringen sowie<br />
Boden und Zargen, die ganz<br />
aus Ahorn bestehen.<br />
16 Hellwig, a.a.O., S. 60f.
10<br />
Abb. 2: Tielke, Viola d'amore, 1690 (LUbeck, St. Annen-Museum)
11<br />
An diesem Punkt sind die Informationen des schwäbischen Kantors<br />
J.F.B.C. Majer zur Viola d'amore aus dem Jahr 1732 interessant. Zwar wiederholt<br />
er - wie viele Traktatschreiber des 18. Jahrhunderts - zunächst Matthesons<br />
Angaben, aber er unterscheidet zusätzlich zwischen zwei Grössen der<br />
Viola d'amore im Alt- und Diskantregister: "Es gibt<br />
deren zweyerley, grosse und kleine: Die erstem sind<br />
theils von grösserer Structur als die Brazzen oder Violen,<br />
die kleinen aber wie die Violinen, nur dass das<br />
Corpus um ein merkliches vollkommener ist, als jener."l7<br />
Möglicherweise bezieht sich Majer mit diesem<br />
Hinweis auf die sorgfältigere Ausführung und kostbarere<br />
Ausstattung der Diskant-Instrumente. Die von<br />
ihm abgebildete sechssaitige Viola d'amore mit<br />
Garnbenkorpusls zeigt eine einfache Randeinlage und<br />
sicheiförmige Schallöcher; am Ende des Wirbelkastens<br />
ist ein Engelskopf abgebildet (siehe Abb. 3).<br />
Beim Vergleich derjenigen lnstrumententeile, die<br />
dem VerseWeiss ausgesetzt sind (Hals mit Wirbelkasten,<br />
sowie Monturteile: Steg, Griffbrett, Saitenhalter,<br />
Wirbel etc.), fällt ein weiterer Unterschied ins Auge,<br />
der sich möglicherweise auf die Bestimmung der Instrumente<br />
als Viole d'arnore auswirkt: In der ersten Abb. 3 :<br />
J.F.B.C. Majer: Viola<br />
Gruppe sind nämlich keine dieser Teile erhalten d'amore<br />
geblieben; auch die noch vorhandenen Teile weisen<br />
starke Beschädigungen und Veränderungen auf. Sogar die Wirbelkasten<br />
AbschlUsse (bei Tielke immer ein geschnitzter Kopf) sind mit Ausnahme des<br />
Drachenkopfes des stark reparaturbedürftigen Instruments Nr. 37 verloren.<br />
Genau umgekehrt verhält es sich in der zweiten Gruppe mit den Diskant<br />
Instrumenten: Sämtliche Köpfe sind erhalten, und nur in einem Fall (Nr. 66)<br />
musste der Hals erneuert werden. Alle Hälse haben einen vergleichsweise<br />
runden Querschnitt und ein Erscheinungsbild, wie es für Violinhälse dieser<br />
Zeit typisch ist. Zahlreiche, sogar auch bewegliche Monturteile sind noch<br />
vorhanden. Darüber hinaus befindet sich das Instrument Nr. 53 aus dem St.<br />
17 Joseph Friedrich Bemhard Caspar Majer, Neu-er(JjJneler Theorelisch- und Proclischer Music-Saal, Schwäbisch Hall<br />
1732, s. 83f.<br />
IS Die Korpusgr6sse der Abbildung betrllgt Obrigens ea. 34,5 mm, die der Violine ea. 35,5 nun. Diese Masse entsprechen<br />
wohl nicht zufällig den talsliehliehen Standardmassen dieser Instrumente, wenn man sie mit dem Faktor 10 mul·<br />
tipliziert.
"""""'<br />
Annen-Museum in Ltibeck mit Ausnahme des Steges im originalen Zustand<br />
(siehe Abbildung 2).<br />
Das Ltibecker Instrument besitzt Wirbel aus Elfenbein mit Ebenholz<br />
Verzierungen; Boden und Zargen bestehen aus Palisander, und der Wirbelkasten<br />
wird von einem fein geschnitzten Frauenkopf bekrönt. Noch wichtiger<br />
ist allerdings der mit Schildpatt furnierte, durchbrochene Saitenhalter mit<br />
einem rhombenartigen und zwei herzförmigen Ausschnitten. Entlang seiner<br />
schrägen Oberkante, welche die Saitenlänge in Richtung der obersten Saite<br />
verkürzt, befinden sich nämlich anstelle der üblichen Bohrungen fünf Metallstifte,<br />
an denen die Saiten aufgehängt werden. Diese Konstruktion ist von<br />
den Resonanzsaiten späterer Viole d' amore gut bekannt und ist ein unmissverständlicher<br />
Hinweis auf die Verwendung von Drahtsaiten, die (in der Art<br />
der Tasteninstrumente) mittels einer Öse an den Stift gehängt werden. Leider<br />
ist dies der einzige erhaltene Saitenhalter an einem fünfsaitigen Instrument<br />
Tielkes und der einzige, der solche Häkchen aufweist. Da er im Vergleich<br />
zum Korpus recht gross erscheint, bezeichnet Hellwig ihre Zusammengehörigkeit<br />
als zweifelhaft.t9<br />
Ftir die Zugehörigkeit des Lübecker Saitenhalters zu dem Instrument liefert<br />
bereits van der Meer einige Anhaltspunkte, indem er auf ein Instrumenten-Stilleben<br />
aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hinweist.2o Die<br />
überaus realistische Darstellung in Trompe l'reil-Technik zeigt neben einer<br />
Violine eine fast genauso grosse, sechssaitige Viola d' amore mit sicheiförmigen<br />
Schallöchern (siehe Abbildung 4). Der Saitenhalter mit herzförmigen<br />
Aussparungen und schräger Oberkante gleicht den barocken Umrissen des<br />
Ltibecker Saitenhalters. Wie dieser ist er auffällig lang, denn er reicht bis an<br />
die Unterseite des Schallochs heran. Darüber hinaus sind die Saiten im Gegensatz<br />
zur angrenzenden Violine nicht durch Löcher geführt, sondern an<br />
hellen Punkten befestigt, die nur sinnvoll als Metallhäkchen interpretiert<br />
werden können.<br />
12<br />
19 Hellwig, a.a.O., S. 55.<br />
2 0 Das Gemälde befindet sich im Germanischen Nationalmuseum NUmberg, Gm 1268; vgl. van der Meer, a.a.O.,<br />
s. 5<strong>52</strong>.
Abb. 4: "Stilleben mit Laute, Violine und Viola d'amore", anon., 2. Hälfte 17. Jh.<br />
(Germanisches Nationalmuseum NOrnberg)<br />
13
V an der Meer bildet ausserdem ein kostbar ausgestattetes Instrument ab, das<br />
1685 von Christoph Meyer in Danzig gebaut wurde und seit dem 17. Jahrhundert<br />
in Stockholm aufbewahrt wird.2 1 ln seinen Abmessungen stimmt es<br />
mit denen der zweiten Gruppe der Instrumente Tielkes überein. Untersuchungen<br />
an dem Wirbelkasten des Instruments ergaben, dass auch dieses Instrument<br />
ursprünglich sechs Saiten besass. Der geringfügig veränderte Saitenhalter<br />
weist herz-, rhomben- und dreipassförmige Aussparungen auf und<br />
ragt mit seiner schrägen Oberkante ebenfalls bis an die (in ein Herz auslaufenden)<br />
Schallöcher heran. Auf seiner Rückseite haben sechs Metallstifte rostige<br />
Spuren im Holz hinterlassen.22 Die auffällige Länge des Saitenhalters<br />
sowie seine schräge Oberkante ist eine logische Folge der Verwendung von<br />
Metallsaiten. Wie bereits erwähnt, erhöht sich bei diesem Material mit steigender<br />
Saitenspannung die Schwierigkeit, eine relativ grosse Mensur von ca.<br />
30 cm zu überbrücken. Da sich der Zug der Saiten auf die Gesamtlänge vom<br />
Wirbel bis zum Saitenhalter auswirkt, hat ein langer, fast bis an den Steg geführter<br />
Saitenhalter eine willkommene Verkürzung der Saiten zur Folge.<br />
Dem gleichen Zweck dient auch die schräge Oberkante, die sich der höchsten<br />
Saite zuneigt, um diese nochmals zu verkürzen.23<br />
Ein mit dem Stockholmer Exemplar in Abmessungen, Material und Ausstattung<br />
übereinstimmendes Instrument schliesst die Indizienkette.2 4 Obwohl<br />
auch hier der originale Saitenhalter leicht verändert wurde, sind die abgefeilten<br />
Stümpfe der Metallhäkchen noch gut zu erkennen. Bei der Restaurierung<br />
dieses Instruments kam zudem um das zentrale Schalloch herum eine teilweise<br />
abgewaschene Bemalung zu Tage, wie sie bei Resonanzböden alter<br />
Tasteninstrumente häufig anzutreffen ist: Zwischen Blumengirlanden und<br />
Amouretten ist auf einem goldenen Spruchband deutlich "VIOL DE AMU<br />
OR" zu lesen. Da die Bemalung stilistische Ähnlichkeiten mit der Dekoration<br />
eines Danziger Spinetts von 1663 aufweist,25 bestehen kaum Zweifel an ihrer<br />
Zugehörigkeit. Durch den Fund dieses Instruments lässt sich die zweite<br />
Gruppe der hohen, fünfsaitigen Streichinstrumente Tielkes in Verbindung<br />
mit der Quellenlage eindeutig als Hamburger Viole d' amore identifizieren.<br />
14<br />
21 Van der Meer, a.a.O., S. 551, Abb. I. Vgl. auch LütgendorfT, Die Geigen- und Lautenmacher, I. Auflage Lübeck<br />
1904, S. 429. Seit der 6. Auflage, a.a.O., fllhrt Lütgendorffihn unter der Schreibweise ,,Mener" .<br />
ll FOr detaillierte lnfonnationen und umfangreiches Bildmaterial sei an dieser Stelle Dr. John Huber, Stockholm, herzlich<br />
gedankt.<br />
2J Das Prinzip der Verankerung von Metallsaiten an einem schrägem Saitenhalter mit Häkchen findet sich bereits im<br />
16. Jahrhundert bei den Zupfinstrumenten Pandora und Orpharion.<br />
24 Dieses Instrument in deutschem Privntbesitz trägt keinen originalen Zettel. Hin Repamturzettel von 1834 weist das<br />
Baujahr mit 160 I aus. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um einen Lesefehler.<br />
25 Spinett von Paulus Steinicke, Danzig 1663 (Berlin-Köpcniek, Kunstgewerbemuseum, K 6483).
15<br />
Die Viola d' amore war auch in Harnburg ein reines Soloinstrument, dessen<br />
besondere Klangfarbe nur vereinzelt eingesetzt wurde. Daher erklärt sich<br />
der gute Erhaltungszustand der zweiten Gruppe. Es gibt allerdings keinen<br />
Anhaltspunkt dafür, dass es in Harnburg zwei Grössen der Viola d'amore<br />
mit Metallsaiten gab. Deshalb bleibt die Identifikation der ersten Gruppe<br />
nach wie vor offen, zumal sich keine Monturteile oder originalen Hälse erhalten<br />
haben. Zusammen mit dem allgemein stark abgenutzten Zustand dieser<br />
Instrumente deutet das darauf hin, dass diese viel länger in Gebrauch<br />
waren als die kleinen Viole d' amore. Die einfachen Materialien der ersten<br />
Gruppe weisen sie als gewöhnliche Gebrauchsinstrumente aus, und ihre stilistische<br />
Übereinstimmung mit den Gamben Tielkes verweist auf ihre Verwendung<br />
als Melodieinstrumente im Gamben-Consort, für das es in der<br />
Hamburger Ratsmusik, wohl durch die engen Beziehungen zu England, späte<br />
Beispiele gibt.26 Möglicherweise wurden diese Instrumente von Anfang an,<br />
auch im Consort, in Armhaltung gespielt, aber ihr starker Verschleiss geht sicher<br />
darauf zurtick, dass sie in den folgenden Jahrhunderten als Violetten<br />
oder sogar umgebaute Bratschen weiterverwendet wurden. Bereits 1706 gibt<br />
der Hamburger Kantor Niedt einen Hinweis auf diese Praxis:<br />
"Violetta ist eine Geige zur Mittel=Partie I sie werde gleich auf Braccien<br />
I oder kleinen Viole di Gamben gemacht."27<br />
Ihre bequeme Korpusgrösse von durchschnittlich 39 cm prädestinierte ein<br />
Exemplar dieser Gruppe jedenfalls dazu, zur Ausführung der Mittelstimmen<br />
ununterbrochen in Gebrauch zu bleiben. Am ehesten kann ein solches Instrument<br />
in Harnburg wohl als Alt-Gambe oder Violetta,2B jedoch nicht<br />
zwingend als Viola d' amore bezeichnet werden.<br />
26 Vgl. Klaus Martius Wld Michael Pbilipp, Fünftaitige Dis/cantviale von Joachim Tiellce, in: Anzeiger des Germallische~~<br />
Natio11almr-seums rmd Berichte aus dem Forschrmgsit-stitutfor Rea/ienkwrde, NUmberg 1994, S. 218.<br />
27 Niedt, a.a.O., S. II 5.<br />
l8 Im norddeutschen Gambcn·Consort gab es kein Instrument in der GrOsse einer Diskant-Gambe. Oie Melodiestimme<br />
wurde von der Alt-Gambe ausgefllhrt, die bei Prätonus ,.Cant Viol de Gamba" oder,. Viole/la picciola [sie]" heisst,<br />
vgl. ders., Syntagma Muslcum Bd. 2: De Organographia, Wolfenbüttel 1619, S. 25.
Restaurierungsbericht: Eine Altblockflöte aus Elfenbein<br />
(um 1730) von Engelbert Terton<br />
von Martin Wenner, Singen a.Htw.j förg Fiedler<br />
Restaurierungsberichte an und für sich bergen für den Interessierten immer<br />
reichlich spektakuläres Potenzial: ftir einmal bietet sich die seltene Gelegenheit,<br />
an dem demontierten Objekt buchstäblich Einblicke zu gewinnen, die<br />
dem alltäglichen Blick verschlossen sind. Wohl und Wehe des Instrumentes<br />
stehen "auf Messers Schneide" - der dramatische Vergleich mit der Operation<br />
am offenen Herzen drängt sich auf. Und wohl niemand tritt - zumindest<br />
materiell - in einen derart direkten Dialog mit dem Erbauer des Instrumentes<br />
wie der Restaurator.<br />
Wenn im folgenden die Restaurierung einer Elfenbein-Blockflöte von Engelbert<br />
Terton dargestellt werden soll, so stehen dabei allerdings noch zwei<br />
weitere Gedanken im Hintergrund: zum einen handelt es sich um ein sehr<br />
spezielles Instrument eines wichtigen Instrumentenbauers - aus einem Material<br />
mit sehr speziellen Eigenschaften und Anforderungen. Zum anderen stehen<br />
mit der umfangreichen spektakulären Arbeit einige Überlegungen allgemeiner<br />
und weitreichender Natur zum Thema Restaurierung im Raum, deren<br />
Diskussion fraglos in den Rahmen der GEFAM und der GLAREANA gehört.<br />
Das Instrument<br />
Vor einigen Jahren erhielt der Flötenbauer Martin Wenner den Auftrag,<br />
eine Blockflöte in f' aus Elfenbein von Engelbert Terton (um 1730) zu restaurieren.<br />
Das im Privatbesitz befindliche, ursprünglich luxuriös gestaltete Instrument<br />
(Abb. 1) ist nach bisherigem Kenntnisstand das einzige erhaltene<br />
Elfenbeininstrument des Amsterdamer Flötenbauers. Es befand sich in einem<br />
möglicherweise originalen, zumindest jedoch aus der Entstehungszeit der<br />
Flöte stammenden Lederfutteral. Es war zweifelhaft, ob der Block original<br />
war, zumindest jedoch stammte er aus der Entstehungszeit und war für dieses<br />
Instrument angefertigt worden. Alle drei Teile tragen die Signatur E.<br />
TERTON, darunter jeweils ein Löwe, darüber eine Krone (Abb. 2).<br />
Der Zustand des Instrumentes war insgesamt geradezu dramatisch<br />
schlecht und erforderte sofortige Intervention. Die Schäden sind einerseits<br />
auf die besonderen Eigenschaften des Werkstoffes Elfenbein zurückzuführen,<br />
aber auch auf äussere Gewalteinwirkung sowie unsachgemässe Lagerung<br />
und alte, grob ausgeführte Reparaturen.<br />
16
17<br />
Abb. 1 Elfenbein-Altblockflöte<br />
von Engelbert Terton (um 1730)<br />
(alle Fotos: M. Wenner)<br />
Abb. 2: Stempel<br />
auf dem Fussstuck
18<br />
Das Kopfstack ist aus einem Stück gearbeitet - für ein Elfenbein<br />
Instrument höchst ungewöhnlich: gewöhnlich werden hier größere Stücke<br />
aus einzelnen Segmenten zusammengeschraubt. Vor der Entwicklung hochfester<br />
Klebstoffe war dies die einzige Möglichkeit, dauerhafte und belastbare<br />
Verbindungen herzustellen. Das Material ist im Bereich des Schnabels weitgehend<br />
abgetragen und mit einem groben Werkzeug aufgeraut, um eine<br />
Zwinge aus kupferhaitigern Material aufzupassen, deren Rückstände das Elfenbein<br />
in diesem Bereich irreversibel grün verfärbt haben. Der Grund für<br />
diese Reparatur ist gleichzeitig das wohl spektakulärste Detail dieser Restaurierungsarbeit<br />
die<br />
Decke des Windkanals<br />
war in einem<br />
zusammenhängen-<br />
1 den Span ausgebrochen<br />
und sollte<br />
durch die - nicht<br />
mehr vorhandene -<br />
Schelle an ihrem<br />
Platz gehalten werden<br />
(Abb. 3). In der<br />
Zwischenzeit hatte<br />
sich die Bruchstelle<br />
Abb. 3: Schnabel mit ausgebrochenem Span<br />
im Schnabel durch<br />
Materialschwund so<br />
weit zusammengezogen, dass das Bruchstück nicht mehr genau passte.<br />
Die Labialkante war durch mechanische Einwirkung sowie Schmutzpartikel<br />
beschädigt, ausserdem zeigten endoskopische Aufnahmen aus dem Inneren<br />
der Bohrung zahlreiche durch Schwund verursachte kleine Risse.<br />
Der obere Zapfen des Mittelstacks war vollständig abgebrochen. Bei einem<br />
alten Reparaturversuch war offenbar vergeblich versucht worden, mittels<br />
eingebohrter Metallstifte einen neuen Zapfen anzusetzen. Nachdem dieser<br />
Versuch gescheitert war, behalf man sich mit einer in die Bohrung geschobenen<br />
Metallhülse (Abb. 4 und 5).<br />
Grifflöcher und Bohrung waren, wie die Endoskopie zeigte, offenkundig<br />
im Originalzustand. Im Bereich des unteren Zapfens war ein beginnender<br />
Riss mit einem Eisendübel gestoppt worden, dessen Rost jedoch das Material<br />
weiter aufgetrieben und zu neuen Rissen geführt hatte.
19<br />
Abb. 4/5: Abgebrochener Zapfen am oberen Ende des MittelstUcks (oben),<br />
eingeschobene MetallhUise (unten)
Der Fuss war, wie bei Instrumenten aus Elfenbein im 18. Jh. üblich, aus zwei<br />
mit Gewinde verbundenen Teilen gearbeitet. Diese Verbindung war blockiert<br />
und konnte nicht gelöst werden.<br />
ist im Bereich der<br />
Ansatzstelle eine Verkürzung<br />
vorgenommen<br />
worden.<br />
Der Fuss wies vor<br />
allem äussere Schäden<br />
auf, vor allem Risse, die<br />
zum Teil durch alte Reparaturen<br />
mit Metallstiften<br />
verursacht waren, deren<br />
Korrosion zu erneuten<br />
Rissen geführt hatte<br />
(Abb. 6). Ausserdem gab<br />
es am Fusswulst eine<br />
umfangreiche Absplitterung.<br />
Abb. 6: Fussstuck von unten<br />
20<br />
Überlegungen zur Restaurierung<br />
Der insgesamt sehr schlechte Erhaltungszustand, vor allem das defekte<br />
Labium, verbot von vornherein den Versuch einer Spielbarmachung (obwohl<br />
das Instrument nach Abschluss der Arbeiten tatsächlich angeblasen werden<br />
konnte- eingehendere musikalische Versuche wurden allerdings mit Rücksicht<br />
auf das heikle Material unterlassen). Das Ziel war, die Substanz und den<br />
Informationsgehalt nach Möglichkeit zu sichern und vor weiteren Verlusten zu<br />
schützen. Um den künftigen Verlust der ausgebrochenen Partikel und weitere<br />
Zerstörungen durch die Folgen der alten Reparaturversuche zu verhindern,<br />
musste das Instrument wieder in eine stabile Form gebracht werden.<br />
Wo dazu aus statischen Grti.nden Eingriffe nötig waren, sollte versucht werden,<br />
ohnehin vorhandene alte Reparaturspuren zu nutzen. Fehlende Partien<br />
sollten möglichst in gleichem Material ergänzt werden, jedoch grundsätzlich<br />
als Zufügungen kenntlich sein. Mittlerweile ist es glücklicherweise praktisch<br />
restauratorisches Allgemeingut, dass alle Eingriffe dem Grundsatz der Reversibilität<br />
folgten (wiederablösbare Klebstoffe, reaktionsneutrale Materialien<br />
etc.).
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
51 . Jahresversammlung der GEFAM am 24. Mai <strong>2003</strong> in der Zentralund<br />
Hochschulbibliothek Luzern und im Richard Wagner-Museum<br />
auf Tribschen<br />
Die Jahresversammlung <strong>2003</strong> fand an einem für die GEFAM geschichtsträchtigen<br />
Ort statt, denn die ZHB Luzern und das Richard Wagner-Museum spielen<br />
für die Gesellschaft eine wichtige Rolle. Die Verknüpfung beider Luzerner<br />
Institutionen ist in der Person Otto Dreyers 1872-1972) zu finden, der zu seiner<br />
Zeit einer der profiliertesten Architekten<br />
der Schweiz war. Als Amateurmusiker ··-<br />
strumenten wirkte er im Vorstand der<br />
GEFAM, und als mit seiner Beteiligung<br />
das Richard Wagner-Museum auf Tribschen<br />
eingerichtet wurde, konnte dort<br />
die Bibliothek der GEFAM untergebracht<br />
werden, lange Zeit betreut von Gertrud<br />
Kappeler. Als im Museum der Platz eng<br />
wurde, übernahm die ZHB Luzern den<br />
Bestand, deren Gebäude ( 1951 fertig<br />
gestellt) als Hauptwerk Dreyers gilt.<br />
Dreyers eigene Musikinstrumenten<br />
Bibliothek bildete gar den Grundstock<br />
der GEFAM-Bestände.<br />
Noch heute ist die GEFAM-Bibliothek in<br />
Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek<br />
Luzern<br />
.: ~t r . I •<br />
Paul Hess (M.) erläutert die kleine Ausstellung<br />
aus dem GEFAM-Archiv<br />
der ZHB zu finden, sorgsam betreut<br />
vom inzwischen in Ruhestand getretenen<br />
Bibliothekar Paul Hess.<br />
Dr. Ulrich Niederer, Direktor der ZB<br />
Luzern und Gastgeber dieses Vormittags,<br />
begrüsste die GEFAM-Mitglieder<br />
herzlich. Paul Hess hatte eine kleine<br />
Ausstellung mit Preziosen aus dem<br />
GEFAM-Archiv vorbereitet, darunter<br />
vor allem der Katalog der Schumacher-Sammlung<br />
(heute ein Teil des<br />
Richard Wagner-Museums) und Ver-<br />
Schiedene dazugehörige Fotos, aber<br />
auch alte Dokumente aus dem Gesellschaftsleben<br />
der GEFAM. Anschliessend<br />
führte er in den Katalogsaal und zeigte dort Teile der GEFAM<br />
Bibliothek. Nach der GV in einem Schulungsraum der Bibliothek ging man<br />
dann im nahen Hotel Continental zum Mittagessen.<br />
Beilage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 S. 1
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
Anschliessend traf sich die Gesellschaft<br />
im idyllischen und sonnigen<br />
Tribschen wieder für den zweiten Teil<br />
des Tages. Katja Fleischer, die erst zu<br />
Jahresbeginn ins Amt eingeführte Kuratorin<br />
des Museums, begrüsste die<br />
Anwesenden und gab einen Überblick<br />
über die Geschichte des Hauses und<br />
seiner Sammlungen. Besonders wies<br />
sie auf das neu präsentierte "Album"<br />
der Schumacher-Sammlung hin, das<br />
den handschriftlichen Katalog mit Bildern<br />
ergänzt. Es war seit Jahrzehnten<br />
verschollen und tauchte erst kürzlich<br />
in städtischen Beständen wieder auf.<br />
An einen Rundgang durch das Museum<br />
schlossen sich drei Kurz-Vorträge<br />
im Salon an. Zunächst informierte Liane<br />
Ehlich über die "Schweizerpfeiff",<br />
Kalja Fleischer, Kuratorindes RJchard Wagner-Museums,<br />
mit Dr. Thomas Drescher<br />
die Militärpfeife der Soldaten im 15.<br />
und 16. Jahrhundert. Als ebenso<br />
wichtig wie Informationen zum Instrument selbst, stellten sich Kenntnisse<br />
zum Militärwesen jener Zeit heraus, etwa der Unterschied zwischen Landsknechten<br />
und Reisläufern. Die<br />
""'<br />
Musik kann nur aus wenigen<br />
schriftlichen Zeugnissen rekonstruiert<br />
werden. Unterstützt von<br />
Renate Sudhaus an der Trommel,<br />
gab Liane Ehlich einige eindrucksvolle<br />
klangliche Kostproben.<br />
Als nächstes sprach Martin Kirnbauer<br />
über Eunuchenflöten (zu<br />
den Mirlitons gehörig, Instrumente,<br />
die mit einer Membran versehen<br />
sind, die durch Hineinsingen<br />
in Schwingung versetzt wird), ein<br />
Thema, das mit Tribschen auf<br />
ganz spezielle Weise verbunden<br />
ist. Nicht nur finden sich in der Renale Sudhaus (links) und Liane Ehlich (rechts)<br />
Ausstellung einige dieser seltenen<br />
Objekte, die ins 16. und 17. Jh. zurück gehen, sondern auch eine Abbildung<br />
nach einem Holzschnitt aus dem 16. Jh., die der Grafiker Paul Diethelm beim<br />
Einrichten der Exponate 1982 dazu gegeben hatte. Nach langem Rätselraten,<br />
woher diese stammen könnte (sie wäre eine unschätzbare ikonographische<br />
Quelle gewesen), entpuppte sie sich als geschickte Manipulation, in der redli-<br />
Bet~age zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 S.2
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
chen Absicht, dem sonderbaren Instrument einen historischen .. Background"<br />
zu verleihen. Eine praktische Vorführung durch die Mirliton-Virtuosen Georg<br />
Senn und Martin Kirnbauer endete in kollektiver Heiterkeit.<br />
Das Mirliton-Duo Georg F. Senn (links) und Martin Kimbauer (rechts) in einem Bicinium für<br />
Eunuchenflöte und Kazoo - aus naheliegenden Gründen kein einfaches Konzert ...<br />
Den Abschluss des Vortrags-Reigens machte Harry Joelson mit einem Überblick<br />
über die 13 Clavichorde der Sammlung Heinrich Schumacher. Auch dies<br />
ein Thema, das in direktem Bezug zum Haus stand. Die Recherchen führten<br />
einen heute weit verstreuten Bestand wenigstens virtuell wieder zusammen<br />
und zeigten aufschlussreiche Bezüge der Instrumente untereinander, die erst<br />
im Kontext der ganzen Sammlung wieder sichtbar wurden.<br />
Am Ende des Nachmittags-Programmes stand ein Rezital von Jean Goverts am<br />
Erard-Fiügel des Museums. ln diesem Salon des 19. Jahrhunderts, in dem die<br />
Totenmaske von Richard Wagner am Eingang steht und ein Portrait des Meisters<br />
den Raum beherrscht, ist das Erklingen seines Flügels ein besonderes Erlebnis.<br />
Die frühsommerliche, warme und sonnige Witterung und der Blick<br />
durch offene Fenster über den See auf die noch schneebedeckten Bergspitzen<br />
erzeugten ein Gefühl des Unwirklichen. ln diese Stimmung hinein zauberte<br />
Jean Goverts mit Preludes von Chopin und Präludien von Bach neue Farben,<br />
die ans Herz gingen und wehmütig bewusst machten, wie kurz solche beglückenden<br />
Momente immer sind. Zum Abschluss der Soiree erklangen noch die<br />
drei Romanzen op. 94 von Robert Schumann in einer Fassung für Flöte und<br />
Klavier, mit Jörg Fiedler als Partner auf einer Flöte von Clair Godfroy l'aine<br />
(Paris 1821 ).<br />
Den Ausklang dieses Tages bildete schließlich ein kleiner Apero vor dem Museum<br />
mit anregenden Gesprächen.<br />
Den Gastgebern Dr. Ulrich Niederer, Paul Hess, sowie Dr. Ueli Habegger (Kulturabteilung<br />
der Stadt Luzern) und vor allem Katja Fleischer, die eine Hauptrolle<br />
in der Organisation des Tages spielte, sowie allen Vortragenden und den<br />
organisierenden Vorstandsmitgliedern sei herzlich gedankt für ihr Entgegenkommen<br />
und ihren Einsatz zu diesem stimmungsvollen und gelungenen Treffen.<br />
td<br />
Bellage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 5.3
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
Jahresbericht des Vorstandes 2002/03<br />
Das Geschäftsjahr war geprägt vom großen personellen Wechsel im Vorstand.<br />
Der neue Vorstand wollte zunächst die Aufgaben neu verteilen und<br />
entsprechende Routinen in der Kommunikation entwickeln. Das verlief alles in<br />
allem ganz gut. ln der ersten von insgesamt drei Sitzungen in Basel und Bern<br />
wurden die Aufgaben verteilt. Wie Sie bemerken konnten, sind die Bereiche<br />
nun folgendermassen zugeordnet:<br />
• Hannes Paul Scherrer kümmert sich nach wie vor verdienstvoll um die<br />
Kasse. Eine Tätigkeit, die mit dem Verkauf von Büchern an Intensität<br />
stark zunimmt.<br />
• Harry Joelson betreut die Adressendatenbank<br />
• Liane Ehlich ist das Post- und Verteilzentrum<br />
• Jörg Fiedler ist <strong>Glareana</strong>-Redakteur und Gelegenheitsprotokollant<br />
• Martin Knüsli knüpft erste Kontakte zu den neuen Mitgliedern und hilft<br />
überall dort wo es nötig ist. Er ist ebenfalls Gelegenheitsprotokollant<br />
• Andreas Schöni kümmert sich um den Schriftenversand. ln einer Speditionsaktion<br />
wurde das Lager der Kälin-Bücher und der Musica Instrumentalis-Bände<br />
von Basel zu ihm nach Bern geschafft. Herzlichen Dank<br />
sei ihm gesagt, dass er Raum für diese Dinge zur Verfügung stellt!<br />
• Thomas Drescher kümmert sich um die Website, betreut die GEFAM<br />
Email, ist Helfer in der <strong>Glareana</strong>-Redaktion und koordiniert die Aktivitäten,<br />
wo dies nötig ist.<br />
• Rebekka Reichlin erholt sich noch von ihrer Redaktionstätigkeit<br />
Die Vorbereitung der Tagung in Luzern führte gleichsam zurück in die Geschichte<br />
der GEFAM, denn wie sich herausstellte sind das Richard Wagner<br />
Museum und die ZB Luzern auf vielfältige Weise mit der GEFAM verknüpft.<br />
Der Architekt, begeisterte Musiker und Instrumentensammler Otto Dreyer, ein<br />
vormaliges führendes Mitglied der GEFAM hat für beide Häuser Wesentliches<br />
geleistet. Die Bibliothek der GEFAM, gespeist zu einem grösseren Teil aus der<br />
Bibliothek von Dreyer, war zunächst im Wagner-Museum untergebracht und<br />
wurde danach als Depositum an die ZB Luzern gegeben. Mit Paul Hess, Bibliothekar<br />
in der ZB und Betreuer der GEFAM-Bestände besteht ein persönliches<br />
Bindeglied in die Bibliothek. Er ist jedoch vor kurzem pensioniert worden und<br />
es ist nun Aufgabe der GEFAM und ihres Vorstandes sein, den bisher vertragslosen<br />
Zustand des Depositums zu klären. Ein erstes Gespräch mit Herrn Dr.<br />
Ulrich Niederer, Direktor der ZB, hat hierzu bereits stattgefunden .<br />
Einige Vorarbeiten und Kontakte waren nötig, um die Jahresversammlung in<br />
Luzern zu organisieren. Dr. Ueli Habegger war so freundlich, der GEFAM die<br />
Tagung im Wagner-Museum zu gestatten und Frau Katja Fleischer, die neue<br />
Kuratorin der Sammlung, war sehr entgegenkommend bei der Vorbereitung.<br />
Beilage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 5.4
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
1<br />
i<br />
Immer wieder kamen im Vorstand die sinkenden Mittel der Gesellschaft zur<br />
Sprache. Hannes Paul Scherrer hat in einer aufwendigen Aktion alle säumigen<br />
Beitragszahler angeschrieben - durchaus mit Erfolg. Es bleibt ein gewisser<br />
Rest von seit mehreren Jahren säumigen Mitgliedern, die von Thomas Drescher<br />
nochmals persönlich angeschrieben wurden, jedoch nur mit sehr geringem<br />
Erfolg. Bei diesen muss nun der Ausschluss ins Auge gefasst werden.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt war die weitere Verbesserung der <strong>Glareana</strong>. Nach<br />
einem etwas holperigen Beginn, der eine grosse Verzögerung des Heft<br />
1/2002 zur Folge hatte, sind nun die digitalen Weichen gestellt. Der Druck erfolgt<br />
nun direkt von einer CD-ROM. Die Druckerei muss nicht mehr bearbeitend<br />
auf das Manuskript zugreifen. Dies senkt die Herstellungskosten etwas<br />
und spart zusätzliche Arbeitsgänge mit Korrekturlesen. Mit einer ISS-Nummer<br />
ist die <strong>Glareana</strong> nun im internationalen Buchhandel genau zu identifizieren.<br />
Immer wieder musste im letzten Jahr auch der lnternet-Provider kontaktiert<br />
werden, da der Zugang zur Website oder zur Mailbox gestört war. Der Service<br />
ist nicht befriedigend und falls sich die Pannen fortsetzen, muss über eine<br />
Alternative nachgedacht werden.<br />
Bei den lnventarisierungsarbeiten nähert sich Beat Wolf mit den Harfen und<br />
Drehleiern einem vorläufigen Ende. Immerhin ein Teilgebiet wäre damit abgedeckt<br />
und könnte mittelfristig einer Veröffentlichung zugeführt werden.<br />
Das Buch von Walter Kälin hat einige Reaktionen hervorgerufen, wie Bestellungen<br />
aus dem ln- und Ausland zeigen. Es könnte jedoch noch bekannter<br />
gemacht werden. Dies wird eine Aufgabe der kommenden Monate sein.<br />
Die CD-ROM mit Musik der Hautbois d'Eglise wurde sogar vom Metropolitan<br />
Museum in New York angefordert. Herr Dr. Heyde hat sich sehr positiv darüber<br />
geäussert und ein kleiner Ausschnitt soll als Klangbeispiel in die dortige<br />
Ausstellung integriert werden.<br />
Mit grossem Bedauern mussten wir im vergangenen Jahr vom Tod dreier<br />
langjähriger Mitglieder erfahren (Nikolaus Locher, Markus H. Lütolf und Karl<br />
Burri). Demgegenüber stehen 5 Neueinritte 2002 und bisher 2 <strong>2003</strong>, sodass<br />
sich die Mitgliederzahl auf momentan 188 erhöht hat. Die Mitgliederentwicklung<br />
der GEFAM ist also positiv.<br />
Der Vorstand arbeitete im Berichtsjahr auch ohne nominellen Präsidenten in<br />
guter Teamarbeit und möchte dies fortsetzen, bis eine gute Lösung für das<br />
Präsidium gefunden ist. Der Konsolidierung der Strukturen und der Finanzen,<br />
sowie der Werbung um Bekanntheit und neue Mitglieder, werden die Bemühungen<br />
im kommenden Jahr gelten.<br />
Basel, im Mai <strong>2003</strong><br />
Für den Vorstand: Thomas Drescher<br />
Beilage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 5.5
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
GEFAM Zürich<br />
Jahresrechnung 2002<br />
1. Postcheck Saldo aus 2001 23,71<br />
Einnahmen 30.374,20 30.397,91<br />
Ausgaben 26.915,36<br />
Saldo 3.482,55<br />
2. Credit Suisse Saldo aus 2001 19.157,05<br />
Einnahmen 790,65 19.947,70<br />
Ausgaben 9.484,95<br />
10.462,75<br />
3. Kasse Saldo aus 2001 41,15<br />
Einnahmen 1.937,50 1.978,65<br />
Ausgaben 1.580,60<br />
398,05<br />
Vermögensbestandper 31 . Dezember 2002 14.343,35<br />
Bilanz: Vermögen am 1.1.2002 19.221,91<br />
Vermögen am 31 .12.2002 14.343,35<br />
Vermögensabnahme 2002 4.878,56<br />
Anm.: Die Druckkosten für die <strong>Glareana</strong> 2/2002 sind darin noch nicht enthalten. Jahrbuchvorrat<br />
1/ 12 + 2/27 + 3/33 abzgl. 4/35 + 5/4 bereits bezahlte, ergibt 33 a 40,· - 1.320,· I Der Ver·<br />
kaufswert der Kälin-Bücher beträgt ca. 10.000.-<br />
Übersicht 2002 Vorjahr<br />
Einnahmen: Mitgliederbeiträge CHF 6.502,50 5.124,00<br />
Beiträge für Jahrbücher 400,00 1.800,00<br />
Einnahmen für Kälin-Buch 17.463,65 0,00<br />
Verkauf/Inserate 46,30 0,00<br />
Zinsen (Rückerstattung 164,90 370,00<br />
VSt.)<br />
Gaben 500,00 0,00<br />
Inventarisationskonto 5.077,90<br />
Total 25.077,35<br />
Ausgaben: <strong>Glareana</strong> 1.130,00<br />
Porti I Drucksachen I Ta· 1.859,40 800,00<br />
xen<br />
GV I Sitzungen 1.497,30 2.384,00<br />
Verrechnungssteuer 57,75 87,00<br />
Jahrbuch 4+5 0,00 3.432,00<br />
Kälin-Buch 22.187,60 0,00<br />
EOV 993,26 0,00<br />
Inventarisation 0,00 999,00<br />
29.955,91 5.077,90<br />
Ergibt eine Vermögensabnahme von 4.878,56<br />
Oie Richtigkeit der vorstehenden Rechnung bestätigt<br />
Der Kassier: Hannes Paul Scherrer<br />
Oberrieden, den 15. Februar <strong>2003</strong><br />
Beilage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 S. 6
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
Protokoll der GEFAM Generalversammlung 24.5.<strong>2003</strong><br />
(Zentralbibliothek luzern)<br />
Beginn: 10.35 Uhr<br />
Dr. Thomas Drescher (TD), der die Sitzung leitet, begrüsst die Anwesenden<br />
und dankt Paul Hess für die Ausrichtung der Versammlung. Er weist darauf<br />
hin, dass er nicht Präsident der GEFAM ist, obwohl er mit der Leitung der Versammlung<br />
diese Position einnimmt. Es gibt keine Einwände zum Protokoll der<br />
GV vom Juni '02 und zur Traktandenliste.<br />
Kassenbericht: die Kasse hat einen Rückschlag von ca. CHF 4'800.- (per Ende<br />
2002) hinnehmen müssen (vorwiegend verursacht durch Mehrausgaben im<br />
Zusammenhang mit dem Kälin-Buch). Auf Vorschlag des Kassenprüfers Dr.<br />
Kaminsky wird dem Kassier Hannes Paul Scherrer per Akklamation Entlastung<br />
erteilt.<br />
Erhöhung der Mitgliedsbeiträge: Eine Erhöhung der Beiträge war bereits<br />
Thema auf der GV 2002. TD verweist auf die "Schere zwischen Nutzen und<br />
Verärgerung", insbesondere bei den finanziell unter Druck stehenden Bibliotheken<br />
.<br />
Mitgliedsbeiträge ab 2004:<br />
• lndividualmitglieder: CHF 40.-f EUR 30.-<br />
• Studierende bzw. Mitglieder in Ausbildung: CHF 15.- I EUR 10.-<br />
• Korporationen (Museen, Bibliotheken etc.): CHF 60.- I EUR 40.<br />
Die Beitragserhöhung ab 2004 wird einstimmig beschlossen.<br />
Die Bedingungen für ein deutsches Konto sollen eruiert werden, da viele Mitglieder<br />
aus Deutschland kommen (Portoersparnis!).<br />
Zusätzliche Angebote der GEFAM: z.B. CD's aus speziellen Produktionen zu<br />
reduziertem Preis. Voraussetzung muss sein: GEFAM sammelt nur Bestellungen<br />
und leitet sie weiter, Hersteller übernimmt den Versand. Die Differenz<br />
zwischen Grosshandels- und Verkaufspreis verbleibt bei der GEFAM. Der Versuch<br />
von Nebengeschäften wird allgemein beschlossen.<br />
Präsidium: TD hat nicht weiter nach einer Persönlichkeit für das Präsidentenamt<br />
gesucht, da die erhaltenen Absagen erst kurz zurückliegen. Das Problem<br />
ist nicht, einen Päsidenten zu finden, sondern jemand, der die Arbeit macht!<br />
Der Vorschlag, die momentane kommissarische Lösung vorerst weiterzuführen,<br />
wird allgemein gutgeheissen.<br />
Depositum-Vertrag zwischen GEFAM und Zentralbibliothek Luzern: Vorschlag :<br />
die Buchbestände sollen in Luzern verbleiben, die Geschäftsunterlagen bei einem<br />
GEFAM-Vorstandsmitglied bzw. wegen der zentralen Lage in Basel. Es<br />
wird beschlossen, dass der Vorstand die Frage mit der ZHB Luzern weiter behandelt.<br />
Informationen über aktuelle Projekte der GEFAM: das Harfen-/Drehleiern<br />
Verzeichnis ist praktisch abgeschlossen, es soll 2004 erscheinen (der Druckkostenbeitrag<br />
des Germanischen Nationalmuseums ist fraglich!). Es wird der<br />
Vorschlag geäussert, die vorausbezahlten Bestellungen mit noch ausstehenden<br />
Mitgliedsbeiträgen zu verrechnen.<br />
Beilage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 5. 7
GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM intern • GEFAM<br />
Jahrestagung 04: Frau Dr. Bachmann hatte schriftlich den Vorschlag gemacht,<br />
die Jahrestagung · 04 mit einem Besuch der Volksmusikinstrumenten-Sammlung<br />
Leydi in Bellinzona zu verbinden. Andere Vorschläge betreffen Willisau<br />
(Stadtmühle), Seewen und eine noch nicht näher bestimmte Destination in<br />
der Ostschweiz.<br />
Diverses: Es gibt eine Reihe von Mitgliedern, die trotz mehrfacher Mahnung<br />
die Beiträge schuldig geblieben sind. Ihre Mitgliedschaft soll nun "eingefroren<br />
werden", d.h. sie erhalten keine Leistungen mehr, werden aber vorerst nicht<br />
von der Mitgliederliste gestrichen.<br />
JF<br />
Jahrbuch "Musica instrumentalis" - ein Hinweis:<br />
Wie interessierte GEFAM-Mitglieder bemerken konnten, ist der Band IV des<br />
Jahrbuchs "musica instrumentalis" noch nicht ausgeliefert worden. Von Dr.<br />
Frank Bär, dem Redakteur im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg,<br />
haben wir die Nachricht erhalten, dass eine Ausgabe auch in diesem Jahr<br />
(<strong>2003</strong>) aus finanziellen Gründen nicht möglich sein wird. Ebenso unsicher ist<br />
die finanzielle Zukunft, obwohl er versichert, die Fortsetzung der Reihe im<br />
Moment noch nicht aufzugeben, zumal die Artikel für Band IV bereits im Manuskript<br />
vorliegen. Für die GEFAM war diese Entwicklung nicht vorherzusehen.<br />
Für alle Mitglieder, die bereits für Band IV oder sogar für Band V vorausbezahlt<br />
haben, kann diese Nachricht deshalb nicht sehr befriedigend sein.<br />
Der Vorstand schlägt daher folgende Lösung vor:<br />
Falls sich bis zum Jahresbeginn 2004 keine konkrete Tendenz für eine Fertigstellung<br />
des Bandes IV von MI erkennen lässt, werden wir die eingezahlten<br />
Beträge dafür als Mitgliedsbeiträge für 2004 gutschreiben. Mit der beschlossenen<br />
Erhöhung für Individualmitglieder ab 2004 auf Fr 40.- ist dies ohne<br />
Restsumme möglich. Die betroffenen Mitglieder werden darüber informiert.<br />
Einzahlungen für Band V werden zu gleicher Zeit zurück erstattet.<br />
Wir hoffen damit, den "Schaden" begrenzen zu können und bedauern die<br />
Umtriebe in dieser Sache.<br />
Neue Mitglieder:<br />
• Franz Wicki, Oberkuonimattweg 58, 6010 Kriens, wischal/@gmx.ch<br />
• Musee historique de Lausanne, PI. de Ia cathedrale 4, 1005 Lausanne,<br />
monique. vullieme-macias@/ausanne. eh<br />
Adressänderungen:<br />
• Jörg Fiedler, neu: Delsbergerallee 63, 4053 Basel<br />
Verstorben:<br />
• Karl Burri<br />
• Nikolaus Locher<br />
• Markus H. Lütolf<br />
Be1Yage zu GLAREANA <strong>2003</strong>/1 5.8
21<br />
Die Restaurierung<br />
Als Vorbereitung wurde das gesamte Instrument mit destilliertem Wasser<br />
und Alkohol gereinigt sowie die Bruchstellen mit einer Wasserstoffperoxid<br />
Lösung gebleicht.<br />
Kopfstiick: Der heikelste und aufwändigste Teil der Arbeit war erwartungsgernäss<br />
die Restaurierung des Kopfstücks. Der ausgebrochene Span der<br />
Windkanaldecke wurde vorsichtig in die noch erkennbare Originalposition<br />
gebracht und mit wiederablösbarem Epoxydharz verklebt (Abb. 7). Um diese<br />
Abb. 7: Kopfstück mit eingeklebtem Span<br />
sehr empfindliche Stelle zu schützen, sollte eine Elfenbeinhülse aufgesetzt<br />
werden, die einerseits die Klebestelle sichert und fixiert, andererseits das ursprUngliche<br />
Erscheinungsbild des Instrumentes zumindest ansatzweise wiederherstellte.<br />
Zu diesem Zweck musste die grob zurechtgefeilte und durch<br />
Grünspan verfärbte Oberfläche korrigiert werden - der grösste, aber glücklicherweise<br />
auch einzige nennenswerte Eingriff in die Originalsubstanz. Zu<br />
rechtfertigen erschien er durch die Tatsache, dass an dieser ohnehin zerstörten<br />
Stelle keine Informationen über den Originalzustand verloren gehen<br />
konnten.<br />
Die normale Bearbeitung durch Drechseln schied hier aus: das Material<br />
und die sensible Klebung hätten den Belastungen nicht standgehalten. Es<br />
musste also eine Vorrichtung konstruiert werden, in der das WerkstUck bei<br />
langsamer Drehung belastungsarm mit einer Oberfräse abgetragen werden<br />
konnte. Eine Nylonwicklung sicherte die Klebung (Abb. 8 und 9). Anschlies-
send wurden die kleinen Bruchstellen am Aufschnitt mit passenden Elfenbeinstückehen<br />
aufgefüllt.<br />
22<br />
Abb. 8 (oben): Das Kopfstück<br />
in der Fräsvorrichtung<br />
Abb. 9 (unten): Die bearbeitete<br />
Klebung wird mit<br />
Nylonfaden gesichert<br />
Besondere Anforderungen stellte die Rekonstruktion des Schnabelprofils.<br />
Hier wurden andere Instrumente Tertons zu Rate gezogen und schliesslich<br />
eine Form gefunden, die einerseits den Eigenheiten der Instrumente dieses<br />
Flötenbauers Rechnung trägt, andererseits sich harmonisch in die Gestaltung<br />
der vorliegenden Flöte einfügt. Die so entstandene Profilhülse aus Elfenbein<br />
wurde anschliessend dauerelastisch aufgeklebt (Abb. 10).
23<br />
Abb. 10: Schnabel mit aufgeklebter Profilhülse<br />
Mittelstück: Hier stellte sich das grundsätzliche Problem, dass nicht nur<br />
durch den abgebrochenen Zapfen die korrekte akustische Länge des Teils<br />
unbekannt war - zusätzlich war mit den Reparaturversuchen der Vergangenheit<br />
der Beginn des Rezesses so zerstört, dass auch die äussere Länge des<br />
Mittelstückes nicht mehr unmittelbar zu bestimmen war. Eine Lösung des<br />
Problems wurde mit zwei unterschiedlichen Denkansätzen versucht:<br />
1. Der konische Bohrungsverlauf wurde "extrapoliert", d.h. rechnerisch<br />
über den Abbruchpunkt hinaus fortgesetzt, bis der (bekannte) Durchmesser<br />
des Anschlusses an das Kopfstück erreicht war.<br />
2. Da die äusseren Proportionen der Einzelteile und die Positionierungen<br />
der Grifflöcher gewöhnlich geometrischen Verhältnissen folgen, konnten<br />
rechnerisch (auch durch den Vergleich mit anderen Instrumenten<br />
aus Tertons Werkstatt) Anhaltspunkte für die ursprüngliche Länge des<br />
Mittelstücks gewonnen werden.<br />
Beide Methoden führten mit guter Näherung zum gleichen Resultat. Es<br />
wurde nun ein neuer Elfenbein-Zapfen gedrechselt und in einem sehr zeitraubenden<br />
Arbeitsprozess mittels Tauehierfarbe an die unregelmässige<br />
Bruchstelle angepasst (ähnlich dem Anpassen einer Gold- bzw. Keramik<br />
Krone beim Zahnarzt). Kleine Lücken wie z.B. die alten Bohrungen für die<br />
Metallstifte wurden mit Dentalkunststoff gefilllt.
24<br />
I<br />
Abb. 11 und 12: der passend gefräste neue Zapfen<br />
Fuss: Die Arbeit am Fuss glich einem anspruchsvollen dreidimensionalen<br />
Puzzle. Da derart grosse Teile bei Elfenbein-Instrumenten aus einem vollständigen<br />
Zahn gearbeitet werden (und nicht, wie bei Holzinstrumenten aus<br />
einem Stamm-Segment), treten häufig ringförmige Risse entlang der "Jahresringe"<br />
auf, die ganze Teile abbrechen lassen. So waren vom Fuss der Terton<br />
Flöte mittlerweile etwa 25 einzelne Partikel abgebrochen, ein Teil war zwischenzeitlich<br />
verlorengegangen.
Die noch erhaltenen Teile wurden durch passende Bambusdübel am Fussstück<br />
befestigt, wobei die gesäuberten Bohrlöcher der alten Metallstifte benutzt<br />
ww·den. Fehlende Teile wurden entweder in Elfenbein ergänzt bzw.<br />
kleinere Lücken mit Dentalkunststoff geschlossen (Abb. 13-15).<br />
25<br />
Abb. 13 (links): Die<br />
gereinigten Dubellöcher<br />
der historischen<br />
Reparatur<br />
Abb. 14 (unten):<br />
Einpassen der<br />
BambusdUbel und<br />
und Einkleben der<br />
BruchstUcke
Die beiden miteinander verschraubten Einzelteile des Fussstücks waren<br />
mit vertretbarer Krafteinwirkung nicht zu trennen. Obwohl nur durch Begutachtung<br />
des innen angebrachten Gewindes Aufschluss über eine wahrscheinliche<br />
Verkürzung zu bekommen gewesen wäre, wurde mit Rücksicht<br />
auf das Instrument auf eine Trennung verzichtet.<br />
Nach Abschluss der Arbeiten<br />
(Abb. 16) war die<br />
Flöte - obwohl dies kein Ziel<br />
gewesen war- anblasbar. Sie<br />
ergab ein a' von etwa 415 Hz,<br />
was darauf schliessen lässt,<br />
dass sie ursprünglich für eine<br />
Stimmtonhöhe von ca. 405-<br />
410 Hz konzipiert wurde.<br />
Axiale Schrumpfung, der<br />
durch Beschädigung vergrösserte<br />
Labialabstand und<br />
;..&.
Die aufwändigen und eingreifenden Arbeiten an der Elfenbein-Blockflöte<br />
Engelbert Tertons lassen einige Aspekte der Restaurierung historischer Instrumente<br />
in beispielhafter Deutlichkeit erscheinen:<br />
- Die Spielbarkeit, der Zustand, in dem ein Instrument normalerweise<br />
dem Musiker begegnet, ist nicht notwendigerweise das Ziel einer verantwortlichen<br />
Restaurierung. Das endgültige Ziel der Arbeit wird<br />
vielmehr definiert durch den vorgefundenen Erhaltungszustand und<br />
den grundsätzlichen Anspruch, den materiellen und informativen Zustand<br />
möglichst unangetastet zu erhalten und vor künftigem Verfall zu<br />
schützen.<br />
Es wird im Normalfall keine Verbesserung des Zustandes angestrebtselbst<br />
da nicht, wo dies mit geringem Aufwand möglich wäre -, sondern<br />
ein Erhalt der gegenwärtigen Situation. Auch historische Eingriffe,<br />
mögen sie uns plump erscheinen oder nicht, mögen sie in unseren<br />
Augen dem "Originalinstrument" schaden oder nicht (wie in unserem<br />
Falle die angesprochene Verkürzung), gehören immerhin zur Geschichte<br />
des betreffenden Instrumentes, und damit zu einer Geschichte des<br />
Umgangs mit Instrumenten im allgemeinen.<br />
- Es zeigt sich deutlich, wie vielfältig die Ansprüche an den Restaurator<br />
sind: einerseits soll ihm die ganze Palette moderner Techniken zur Verfügung<br />
stehen, er soll mit dem Handwerk des Flötenbaus ebenso von<br />
Grund auf vertraut sein wie mit der Chemie und Physik zeitgenössischer<br />
Werkstoffe. Andererseits soll er die historischen Handwerkstechniken<br />
und Materialien kennen und sie gegebenenfalls selbst einsetzen<br />
können. Zum dritten muss er mit den instrumentenkundliehen und stilistischen<br />
Details intim vertraut sein, um dort, wo sich Lücken auftun,<br />
"sinngemäss ergänzen" zu können.<br />
27
28<br />
Johann Heinrich Voss (1751-1826):<br />
Klingsonate<br />
I. Grave. II. Scherzando.<br />
Aus Moor-<br />
Gewimmel<br />
Und Schimmel<br />
Hervor<br />
Dringt, Chor,<br />
Dein Bimmel-<br />
Getümmel<br />
Ins Ohr.<br />
Ohöre<br />
Mein kleines<br />
Sonett.<br />
Auf Ehre!<br />
Klingt deines<br />
So nett?<br />
Mit<br />
Prall-<br />
Hall<br />
Sprüht<br />
SUd-<br />
Tral-<br />
Lai-<br />
Lied.<br />
Kling-<br />
Klang<br />
Singt;<br />
Sing-<br />
Sang<br />
Klingt.<br />
111. Maestoso.<br />
Was singelt ihr und klingelt im Sonetto,<br />
Als hätt' im Flug' euch grade von Toskana<br />
Geführt zur heimatlichen Tramontana<br />
Ein kindlich Englein, zart wie Amoretto?<br />
Auf, Klingler, hört von mir ein andres detto!<br />
Klangvoll entsteigt mir ächtem Sohn von Mana<br />
Geläut der pomphafthallenden Kampana,<br />
das summend wallt zum Elfenminuetto!<br />
Mein Haupt, des Siegers! Krönt mit Ros' und Lilie<br />
Des Rhythmos und des Wohlklangs holde Charis,<br />
Achtlos, o Kindlein, eures Larifari' s!<br />
Euch kühl' ein Kranz hellgrüner Petersilie!<br />
Von schwUlem Anhauch ward euch das Gernut heiß,<br />
Und fiebert, ach! in unheilbarem Stidschweißl<br />
(aus: Jenaische Allgemeine<br />
Literatuneitung,<br />
4. Juni 1808, Nr.<br />
131, im Anschluss an<br />
eine Rezension von<br />
Gottfried August Bürgers<br />
Sonetten, als Gegenbeweis<br />
gegen eine<br />
Anwendung des Bürgersehen<br />
Wortes: "Er<br />
spricht vom Sonnet, wie<br />
der Fuchs von den Trauben")
29<br />
Christian Morgenstern (1871-1914)<br />
Die Geruchs-Orgel<br />
Palmström baut sich eine Geruchs-Orgel<br />
Und spielt drauf v. Korfs Nieswurz-Sonate.<br />
Diese beginnt mit Alpenkräuter-Triolen<br />
Und erfreut durch eine Akazien-Arie.<br />
Doch im Scherzo, plötzlich und unerwartet,<br />
zwischen Tuberosen und Eukalyptus,<br />
folgen die drei berühmten Nieswurz-Stellen,<br />
welche der Sonate den Namen geben.<br />
Palmström fällt bei diesen Ha-Cis-Synkopen<br />
Jedesmal beinahe vom Sessel, während<br />
Korf daheim, am sichern Schreibtisch sitzend,<br />
Opus hinter Opus aufs Papier wirft ...<br />
(aus: Palmström, 1919)<br />
Wie mancher auf der Geige fiedelt,<br />
Meint er, er habe sich angesiedelt;<br />
Auch in natürlicher Wissenschaft,<br />
Da übt er seine geringe Kraft<br />
Und glaubt, auf seiner Violin<br />
Ein anderer, dritter Orpheus zu syn.<br />
Jeder streicht zu, versucht sein Glück,<br />
Es ist zuletzt eine Katzenmusik.<br />
Aus: J.W.v. Goethe: Zahme Xenien V<br />
(Gedichte, Ausgabe letzter Hand, 1827)
30<br />
Ausstellungen, Kataloge, Symposiumsberichte<br />
Alte Instrumente- Neue Musik<br />
Jahrestagung der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft<br />
am 7. und 8. November <strong>2003</strong> in Basel<br />
Programm:<br />
Freitag, 7. November <strong>2003</strong><br />
Musik-Akademie (Leonhardsstr. 6):<br />
10.00 Uhr, Studio 2: Anne Faulborn, Amsterdam): "Die Entwicklung des<br />
Cembalos nach 1800" (mit Demonstrationen, Hörbeispielen und historischen<br />
Bilddokumenten)<br />
18.00 Uhr, Kleiner Saal: Konzert mit Anne Faulborn, Cembalo: Das moderne<br />
Cembalo in historischer Perspektive (Werke von K. Huber, L. Andriessen,<br />
P. Mieg, G. Ligeti, Th. Bräm u.a.)<br />
22.00 Uhr, Stadtkino (Steinenberg): "Der junge Törless"(Film von V. Schlöndorff<br />
mit Musik von W. Henze)<br />
Samstag, 8. November <strong>2003</strong><br />
Musikmuseum des Historischen Museums Basel (Im Lohnhof9)<br />
ab 9.30 Uhr: Eintreffen (Cafe & Gipfeli)<br />
10 Uhr: Begrüßung<br />
10.15 Uhr: Kolloquium I: Ulrich Mosch, Basel: "'Komponieren heißt ein Instrument<br />
bauen'- Avantgarde-Komponisten und Alte Instrumente"<br />
Thomas Drescher, Basel:"' Auf der Suche nach der verlorenen Zeit'. Die Viola<br />
d' amore als Chiffre"<br />
11.30 Uhr: Veronika Gutrnann, Basel: "Neue Alte Instrumente im Museum"<br />
(mit Führung)<br />
14.00 Uhr: Kolloquium II: Marie-Louise Bolte, Harnburg: "Wie passen Renaissance-Instrumente<br />
in die k.u.k-Monarchie um die Wende zum 20. Jahrhundert?<br />
- Hans Werner Henzes Filmmusik zu 'Der junge Törless"'<br />
Peter Niklas Wilson, Hamburg: "Fiktion, Imagination, Konstruktion - Alte<br />
Instrumente in neuen Improvisationsmusiken"
Paul Sacher Stiftung (Münsterplatz 4)<br />
16.00 Uhr: Führung in der Paul Sacher Stiftung<br />
17.30 Uhr: Jahresversamm1ung der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft<br />
Martinskirche (Martinskirchplatz)<br />
20.15 Uhr: (Konzert der Freunde Alter Musik in Basel)<br />
"Swiss made" - Alte und Neue Musik aus der Schweiz<br />
ensemble diferencias, Leitung Conrad Steinmann<br />
Kontakt:<br />
Musikwissenschaftliches Institut der Universität Basel, Petersgraben 27<br />
CH-4051 Basel<br />
Tel.: +41 (0) 61 267 28 00 / Fax: +41 (0) 61 267 28 01<br />
sekretariat-mwi@unibas.ch<br />
www .unibas.ch/ mwi<br />
31<br />
(Veranstaltet in Zusammenarbeit mit<br />
den Freunden alter in Musik Basel,<br />
dem Musikmuseum des Historischen Museums Basel,<br />
dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Basel,<br />
der Paul Sacher Stiftung,<br />
der Schola Cantorum Basiliensis und<br />
dem Stadtkino Basel)<br />
Die Musikinstrumente in der Begräbniskapelle im Dom zu Freiberg<br />
24. Musikinstrumentenbau-Symposium in Michaelstein vom 20.-23.11.<strong>2003</strong><br />
Eröffnung: Donnerstag, 20. November <strong>2003</strong>, 14.00 Uhr<br />
Abschluss : Sonntag, 23. November <strong>2003</strong>, 13.00 Uhr<br />
Konzert : Sonnabend, 22. November <strong>2003</strong>, 19.30 Uhr<br />
(Musica Freybergensis: Sächsische Quellen um 1600)<br />
Während der Umgestaltung des Chorraumes im Freiherger Dom zur Begräbnisstätte<br />
der wettinischen Fürsten in den Jahren zwischen 1585 und 1594<br />
wurden den Putten auf einem Sims unter dem Gewölbe 30 Musikinstrumente<br />
(5 Streichinstrumente, 4 Lauten, 4 Zistern, 3 Harfen, 3 Schalmeien, 2 Posaunen,<br />
5 Zinken, 2 Schellentrommeln, 2 Triangeln) in die Hände gegeben.<br />
Die zum Teil sogar signierten Instrumente wurden allesamt in Sachsen, zumeist<br />
in dem kleinen Ort Randeck, hergestellt. Ihre überragende Bedeutung
erwächst aus dem außerordentlichen Informationspotential Ober die Musizierpraxis<br />
und den Instrumentenbau im reformatorischen Sachsen und dar<br />
Ober hinaus in Mitteldeutschland, das sie in sich bergen. Nirgendwo sonst in<br />
Europa ist eine Instrumentenbauschule vor 1600 so umfassend und konzentriert<br />
belegt.<br />
Ein größeres, seit einigen Jahren laufendes Forschungsprojekt (Projektträger:<br />
Institut ftir Musikinstrumentenforschung "Georg Kinsky" e.V. am Musikinstrumenten-Museum<br />
der Universität Leipzig mit wesentlicher Förderung<br />
der Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik), an welchem<br />
mehrere Arbeitsgruppen aus Mitarbeitern verschiedener Institutionen (Museen,<br />
Forschungslabors, Hochschuleinrichtungen etc.) und Fachspezialisten<br />
(Organologen, Instrumentenbauer etc.) mitwirken, befasst sich mit der<br />
wissenschaftlichen Bearbeitung der Musikinstrumente.<br />
Im Rahmen des 24. Musikinstrumentenbau-Symposiums in Michaelstein<br />
sollen die Untersuchungsergebnisse vorgestellt und die öffentliche Diskussion<br />
darüber eröffnet werden. Neben einer Präsentation von Fotoaufnahmen,<br />
Röntgenbildern, Materialanalysen und technischen Zeichnungen sind Nachbauten<br />
der Freiherger Instrumente zu besichtigen sowie in dem Konzert am<br />
Sonnabend auch klanglich zu erleben. Während der Exkursion nach Freiburg<br />
soll darüber hinaus der Zugang zu den Originalinstrumenten innerhalb einer<br />
kurzzeitigen Ausstellung ermöglicht werden.<br />
32<br />
Anfragen richten Sie bitte an folgende Adresse:<br />
Stiftung Kloster Michaelstein<br />
Frau Monika Lustig<br />
Postfach 24, D-38881 Blankenburg<br />
Tel.: +49-(0)3944-903012<br />
Fax: +49-(0)3944-903030<br />
e-Mail: m.lustig@kloster-michaelstein.de<br />
Nähere Informationen zum Ablauf: http://www.kloster-michaelstein.de
33<br />
Jacob Stainer, w .. kayserlicher diener und geigenmacherzu Absom 11<br />
Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien<br />
(Schloß Ambras 4. ]uni bis 31. Oktober <strong>2003</strong>)<br />
Katalog hrsg. von Wilfried Seipel, bearbeitet von Rudolf Hopfner<br />
mit Beiträgen von Rudolf Hopfner, Helmut Alexander, F. Benjamin Schröder, Arno<br />
Jochem, Sirnone Zopf, Beatrix Darmstädter, Gregor Widholm, Peter Donhnuser, Miclut.<br />
Beuting und Peter Klein<br />
215 S., zahlreiche Jarb. Abb., broschiert<br />
Milano: Skira <strong>2003</strong> (ISBN 3-85497-060-9), € 38.--<br />
Information: Kunsthistorisches Museum Schloß Ambras, Innsbruck<br />
Tel. +43-(0)1-<strong>52</strong><strong>52</strong>4-745 I -746 I Fax: -750<br />
eMail: info.ambras@khm.at I Internet: www.khm.atlambras<br />
Das Kunsthistorische Museum zeigt auf Schloss Ambras bei Innsbruck eine<br />
Sonderausstellung zu Jacob Stainer, die noch bis um 31. Oktober zu besichtigen<br />
ist. Unter der Regie von Rudolf Hopfner - Direktor der Sammlung alter<br />
Musikinstrumente des Kunstistarischen Museums Wien - wurde eine erlesene<br />
Schau zusammengetragen. Sie besticht nicht nur durch eine hervorragende<br />
Auswahl der Exponate, darunter Instrumente aus Winterthur, aus der<br />
Hämmerlei Axelrod-Sammlung und von privaten Leihgebem, sondern auch<br />
durch eine umfassende Präsentation des Kontexts. Stainer wird mit Neugier,<br />
aber aus aus der nötigen kritischen Distanz betrachtet, wodurch viele Züge<br />
seiner Persönlichkeit und seines Schaffens klarer hervortreten als bei einer<br />
hagiographischen Werkschau. Zu Hilfe kam dabei die Entdeckung des kompletten<br />
Aktenbestandes seines Häresieprozesses, der nicht nur neue Schlaglichter<br />
auf Stainers Persönlichkeit wirft, sondern auch das Geburtsdatum auf<br />
1618/19 korrigieren läßt. Diesem Kapitel ist sogar ein eigener Raum der Ausstellung<br />
gewidmet.<br />
Die Auswahl der Exponate über alle Schaffensperioden mit ausgezeichneten<br />
Stucken ermöglicht einen profunden Einblick in Stainers Handwerk. Dabei<br />
ist eine Violine von 1668 mit originalem Hals (aus dem Shrine to Music<br />
Museum, Vermillion, SD) hervorzuheben sowie drei Viole da gamba (darunter<br />
diejenige von August Wenzinger, heute im KHM Wien, die auch den<br />
Umschlag des Katalogs ziert) und zwei der bislang nicht unumstrittenen Violoncelli.<br />
Herkunft und Wirkung seines Schaffens werden mit einem Instrument<br />
von Nicolo Amati (seinem möglichen Lehrmeister) illustriert, sowie mit
34<br />
Werken seiner regionalen Zeitgenossen und vor allem mit Instrumenten von<br />
süddeutschen und Österreichischen Meistern, die im 18. Jahrhundert seinem<br />
Modell gefolgt sind. Abgerundet wird die Ausstellung durch historische<br />
Werkzeuge des Geigenbaus, Beiträge zur lnnsbrucker Musikgeschichte, und<br />
die Vorstellung von neuen Methoden der Klanganalyse von Streichinstrumenten.<br />
Sogar die Legendenbildung um Stainer wird beleuchtet. Die skurrilste<br />
Blüte dieses Strausses dürfte wohl die "romantisch-komische Oper"<br />
"Der Geiger aus Tyrol" von Richard Genee aus dem Jahr 1857 sein. Im letzten<br />
Raum, der fliessend in die Portraitgalerie des Ambraser Schlosses überleitet,<br />
sind als "Zugabe" einige interessante Objekte versammelt, die nur lose mit<br />
Stainer, Tirol und den Habsburgern in Zusammenhang stehen, wie z.B. die<br />
Viola da gamba von Stephanus de Fantis (Cremona 1558) aus der Slg. Harnoncourt<br />
und das Futteral für vier Renaissance-Querflöten aus Schloß Altenklingen<br />
in der Schweiz (heute im Besitz des KHM Wien).<br />
Die Qualität der Ausstellung setzt sich im hervorragend gestalteten Katalog<br />
fort.<br />
Ein Besuch der Schau im schönen Ambiente des Ambraser Schlosses (mit<br />
Rüstungsausstellung, Kunst- und Wunderkammer und Portraitgalerie) ist<br />
wärmstens zu empfehlen. Es wird lange dauern, bis Stainers Leben und<br />
Werk wieder in derart umfassender und qualitätvoller Präsentation zu sehen<br />
sein wird.<br />
td<br />
Harmonium und Mundharmonika<br />
20. Instrumentenbau-Symposium Michaelstein<br />
Hg.: Monika Lustig<br />
Blankenburg, Stiftung Kloster Michaelstein, 2002<br />
ISBN 3-89512-120-7<br />
Anlass zum vorliegenden Band gab das 20. Instrumentenbau-Symposium,<br />
das vom 19. bis zum 21. November 1999 in Michaelstein/Harz stattgefunden<br />
hatte. In 24 Aufsätzen berichten Musikologen, Sammler und Instrumentenbauer<br />
zum weitläufigen Thema der Instrumente mit durchschlagenden Zungen<br />
wie Mundharmonika, Handharmonika und Harmonium.<br />
Verschiedene Autoren widmen sich organologischen Themen wie etwa<br />
der Frage nach den Vorgängerinstrumenten, der Rezeption und Verbreitung,<br />
den regionalen Ausprägungen und der Patentierung dieser sich im 19. Jahr-
35<br />
hundert ausserordentlich grosser Beliebtheit erfreuenden lnstrumentengattungen.<br />
Christoph Wagner spricht in seinem Aufsatz gar davon, dass das Accordion<br />
ein neues Zeitalter der Musikgeschichte einläutete. Geringer Preis<br />
wegen industrieller Fertigung in grossen Stückzahlen, leichte Erlembarkeit<br />
und nicht zuletzt clevere Vermarktungsmethoden trugen wohl wesentlieht<br />
zur weltweiten Verbreitung bei; dass im Laufe dieses Prozesses zahlreiche<br />
traditionelle Instrumente verdrängt wurden, steht auf einem anderen Blatt<br />
geschrieben. Bis nach Japan hin gelangten Instrumente - mindestens ein Akkordeon<br />
kam als Opfergabe in einen Shinto-Tempel und wurde dort sorgfältig<br />
aufbewahrt, so dass es kürzlich restauriert werden konnte. Etwas zum<br />
Thema des Schwizerörgelis sucht das interessierte GEFAM-Mitglied hingegen<br />
vergebens ...<br />
Andere Beiträge befassen sich mit akustischen Fragen wie Stimmungen<br />
und technischen Aspekten wie etwa Tastendispositionen. Auch hier ein<br />
Oberaus reichhaltiges Spektrum an interessanten Themen - wie im "klassischen"<br />
Instrumentenbauerwest sich das 19. Jahrhundert auch hier als eine<br />
Oberaus innovative und phantasievolle Zeit.<br />
Ein benutzerfreundliches Orts-, Namens- und Sachregister beschliesst den<br />
anregenden Band.<br />
Martin KnUsli<br />
Martin Kirnbauer & Thomas Drescher (Hgg.), Chromatische und<br />
enharmonische Musik und Musikinstrumente des 16. & 17. Jahrhunderts<br />
Beiträge zu einem Kolloquium der Schola Cantorum Basiliensis, Hochschule für Alte<br />
Musik, und des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Basel am 9. April<br />
2002<br />
in: Schweizer Jahrbuch für Musikwissenschaft N.F. 22 (2002), Bern etc.: Peter Lang<br />
<strong>2003</strong>, pp. 11-250 (ISBN 3-03910-088-2)<br />
zu beziehen über www.peterlang.ch<br />
Gut ein Jahr nach einem Symposium zu "Chromatische und enharmonische Musik<br />
und Musikinstrumente des 16. & 17. Jahrhunderts", das die Schola Cantorum<br />
Basiliensis und das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Basel im<br />
April 2002 veranstalteten, liegen nun die gesammelten (Wort-)Beiträge der<br />
Referenten vor. Im Zentrum des Symposiums standen Fragen nach der praktischen<br />
Relevanz einer Beschäftigung mit den antiken Genera und Tonoi zur
36<br />
Zeit der Renaissance und des Frühbarocks, die bislang vor allem aus einer<br />
theoretischen Perspektive untersucht wurden.<br />
Nach einer einfUhrenden reflektierenden Diskussion über die angemessene<br />
Terminologie ftir "vieltönige" Tasteninstrumente (Cimbnlo cromatico oder<br />
enarmonico mit vierzehn, neunzehn oder gar 31 Tasten etc.) widmet sich der<br />
Beitrag von Rudolf Rasch (Utrecht) der grundlegenden Frage, aus welchen<br />
Beweggründen heraus überhaupt Tasteninstrumente mit mehr als zwölf Tasten<br />
pro Oktave gebaut wurden. Bezogen sich diese Überlegungen auf die historischen<br />
und theoretischen Grundlagen der Instrumente, so stellt Denzil<br />
Wraight (Coelbe, bei Marburg) die tatsächlich erhaltenen Tasteninstrwnente<br />
der genannten Art vor, wobei deutlich wird, daß es sich um Zeugnisse einer<br />
konkreten Musikpraxis und nicht ausschließlich um irrelevante theoretische<br />
Experimente handelte. Der Cembalist Bob van Asperen (Amsterdam) berichtet<br />
über seine praktischen Erfahrungen mit solchen Instrumenten und der für<br />
sie geschriebenen Musik. Im Zentrum des Beitrags von Johann Sonnleitner<br />
(Basel und Zürich) steht die Diskussion der aesthetischen Unterschiede, die<br />
sich etwa bei der Ausführung von Frescobaldis Cento partite auf einem herkömmlichen<br />
Cembalo und einem Instrument mit erweiterter Tastatur ergeben;<br />
auch stellt er eine moderne Komposition in einem 24-tönigen System<br />
vor. Der Beitrag von Patrizio Barbieri (Rom) beleuchtet die Systeme ftir reine<br />
und mitteltönige enharmonische Stimmungen sowie ihre musikalischen Dimensionen.<br />
Den Bogen von den Tasteninstrwnenten, die wegen ihrer spektakulären<br />
Gestalt zwar die sichtbarste, aber nicht die einzige Form solcher<br />
Experimente darstellen, zu den Streichinstrumenten sowie zu konkreter Musik<br />
und ihrer Aufführungspraxis schlägt abschließend der Beitrag von Martin<br />
Kirnbauer (Basel), der die römische Situation zu Beginn des zweiten Drittels<br />
des 17. Jahrhunderts beschreibt.<br />
Die Beiträge sind überwiegend in englischer Sprache abgedruckt, aber mit<br />
ausführlichen Zusammenfassungen in Deutsch bzw. Englisch. Mitsamt den<br />
zahlreichen Abbildungen, Notenbeispielen und Dokumenten werden hier<br />
die grundlegenden Materialien für eine weitere Beschäftigung mit dieser<br />
Thematik bereitgestellt - eine Beschäftigung, die nun auch in die musikalische<br />
Praxis hinein verlängert werden kann.<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
Martin Kirnbauer (Basel) I Thomas Drescher (Basel): Einleitung I Introduction<br />
Rudolf Rasch (Utrecht): On terminology for diatonic, chromatic, and enharmonic<br />
keyboards
Rudolf Rasch (Utrecht): Why were enharmonic keyboards built?- From Nicola<br />
Vicentino (1555) to Michael Bulyowsky (1699)<br />
Bob van Asperen (Amsterdam): Consonant or dissonant? - Reflections at the<br />
keyboards of a Clavemusicum Omnitonum, cimbalo cromatico, and «Cembalo<br />
naturale»<br />
Denzil Wraight (Cölbe): The cimbalo cromatico and other ltalian string keyboard<br />
instruments with divided accidentals<br />
Johann Sonnleitner (Zürich I Basel): Erweiterte Mitteltönigkeit und erweitertes<br />
Tonsystem: Frescobaldis Cento Partite, 12- und 19-tönig sowie neue<br />
Musik, 24-tönig<br />
Patrizio Barbieri (Rom): The evolution of open-chain enharmonic keyboards<br />
c1480-1650 I L'evoluzione delle tastiere enarmoniche a catena aperta<br />
c1480-1650<br />
Martin .Kirnbauer (Basel): «Si possono suonare i Madrigali del Principe» - die<br />
Gamben G. B. Donis und chromatisch-enharmonische Musik in Rom<br />
im 17. Jahrhundert<br />
37<br />
Geschenke der Musen. Musik und Tanz im antiken Griechenland<br />
Ausstellungskatalog Musikinstrumenten-Museum Berlin 10.6.-31.8.<strong>2003</strong>, Athen:<br />
Ministerium für Kultur der Republik Griechenland <strong>2003</strong> (ISBN 960-214-088-7)<br />
Im Berliner Musikinstrumenten-Museum geht gerade eine Ausstellung mit<br />
dem schönen Titel "Geschenke der Musen" zu Ende, die anhand von archäologischen<br />
Funden die Entwicklung von Tanz und Musik im antiken Griechenland<br />
nachzeichnet. Ermöglicht wurde diese reichhaltige Präsentation<br />
durch die momentane griechische Präsidentschaft der Europäischen Union.<br />
Die über 150 Objekte (Bildzeugnisse auf Vasen und Fresken, Skulpturen und<br />
Instrumente) stammen überwiegend aus griechischen Museen und sind in<br />
vielen Fällen wohl erstmals zu sehen. Spektakulär darunter sind etwa die<br />
Funde aus einer Autos-Werkstatt in Delos oder ein bandförmiges Golddiadem<br />
mit Tänzerinnen und Musikern. Einleitende Beiträge von griechischen<br />
Spezialisten differenzieren zwischen prähistorischen, mythischen und "klassischen"<br />
Zeiten, richten sich aber dezidiert an den interessierten Laien. Der<br />
sehr reichbebilderte Katalog (parallel deutsch und griechisch) ist für 24 € im<br />
Museum erhältlich (Musikinstrumenten-Museum Berlin SIMPK, Tiergartenstr.<br />
1, D-10785 Berlin).<br />
Martin Kirnbauer
38<br />
Bücher, CDs<br />
Roland Callmar: Die chromatisierte Trompete.<br />
Die Entwicklung der Naturtrompete bis zur Einführung der Ventiltrompete 1750-<br />
1850. Diplomarbeit an der Schola Cantorum Basiliensis <strong>2003</strong>, 386 S., ca. 200 Abb.,<br />
Typoskript, broschiert I Subskriptionspreis CI-IF 70,-- I € 50.-- (zuzüglich Versandspesen)<br />
I Bezugsadresse: Roland Callmar, Hohlgasse 14, CI-I-6233 Büron<br />
eMail: rolnnd-edwige.callmar@bluewin.ch<br />
Roland Callmars Arbeit, die unter den Augen seines Lehrers Edward H.<br />
Tarr entstand, ist ein wichtiger Beitrag zu einem wenig beleuchteten Kapitel<br />
der historischen Trompete. Gemeinhin weiss man von der Einführung der<br />
modernen Ventile durch Blühmel & Stölzel (1814/1818) und allenfalls noch<br />
von der "Klappentrompete", für die Haydn und Hummel ihre berühmten<br />
Konzerte schrieben. Callmar zeigt, daß die Versuche, der Naturtonreihe immer<br />
mehr "Zwischentöne" abzugewinnen bereits viel frOher einsetzten und<br />
mit der Erfindung des Ventils noch längst nicht zu Ende sind. In Kapiteln<br />
über Entwicklung, Bautechnik, Form und Einsatz des Instruments zeigt er<br />
den Weg von der chromatisierten Naturtrompete des Barock bis zur Ventiltrompete<br />
der Romantik auf, wobei auch Komponisten, Instrumentenmacher,<br />
Trompeter und Instrumentalschulen berücksichtigt werden<br />
Kernstück der Arbeit ist ihr zweiter Teil, eine ausführliche Liste von erhaltenen<br />
11 Chromatisierten" Instrumenten unterschiedlichster Bauart zwischen<br />
1750 und 1850, geordnet nach Typen, Herstellern und Fundorten. Verschiedene<br />
Indizes lassen das Material nach mehreren Gesichtspunkten<br />
durchsuchen. In seiner Materialfülle und mit zahlreichen Abbildungen versehen,<br />
handelt es sich um ein veritables Handbuch zu einer wichtigen Entwicklungsphase<br />
des Trompetenspiels und Trompetenbaus.<br />
Td<br />
Lautenmusik von Robert de Visee<br />
(Suite d-moll), Denis Gaultier (Pieces A-Dur), ]ohann Sebastian Bach (Suite E-Dur<br />
BWV 1006a, transp. nach F-Dur), Sylvius Leopold Weiß & ]. S. Bach (Suite E-Dur<br />
aus verschiedenen Sätzen beider Komponisten)<br />
Andreas Schlegel, Laute (13-chörige Barocklaute von ].G. Houcken 1993; 11-chörige<br />
Barocklaute, anonym Bologna, Mitte 16. Jh.; Theorbe von]. van de Geest 1982) IThe<br />
Lute Corner: LC CD 0301Bezugsadresse: Andreas Schlegel, Eckstr. 6, CH-5737<br />
Menziken I www.lutecorner.ch
GEFAM-Mitglied Andreas Schlegel, als Lautenist Schüler von Hopkinson<br />
Smith und Jürgen Hübscher, legt hier eine sehr individuelle CD mit "Favorites"<br />
vor, die ihn längere Zeit begleiteten. Reizvoll ist die Programmzusammenstellung,<br />
die zwei französische Lautenklassiker mit zwei ebensolchen<br />
aus Deutschland konfrontiert, zwei stilistische Welten, die sich im Idiom der<br />
Lauteninstrumente subtil berühren. Originell ist der letzte Programmteil, in<br />
dem Schlegel einzelne Sätze von Weiß mit solchen von J.S. Bach zu einer Suite<br />
kombiniert. Das Spiel ist zupackend und nuancenreich. Die Charakterisierung<br />
der einzelnen StUcke wird unterstUtzt durch die unterschiedlichen Instrumente<br />
(Visee auf der Theorbe, Gaultier und Bach auf dem historischen<br />
Instrument, Bach/Weiß auf der 13-chörigen Laute), wobei der feine und vor<br />
allem im hohen Register klar zeichnende Ton der alten Bologneser Laute einen<br />
ganz besonderen Charme entfaltet. Die Aufnahme, vom Interpreten<br />
selbst technisch realisiert, ist deutlich und schlackenlos, ohne trocken zu wirken.<br />
Sie hebt die unterschiedlichen Klangcharakteristiken der Instrumente<br />
gut hervor. Die Präsentation wird abgerundet durch die gefällige Aufmachung<br />
mit persönlichen Kommentaren Schlegels zu den einzelnen Werken<br />
im Booklet.<br />
td<br />
Coram publico<br />
Ich führe eine umfassende Recherche zu Leben und Werk der italienischen<br />
Kompanistin Madame Ravizza durch, die mehrere Jahre in Neucluitel lebte.<br />
Sie war Sängerin und Cembalistin bzw. unterrichtete beide Fächer. Zur zeitlichen<br />
Einsortierung ihrer Kompositionen interessiert mich nun die Frage,<br />
welche Tasteninstrumente sie in den Jahren ca. 1780-1790 in Neuchatel (und<br />
Umgebung) kennen gelernt und mit welchen sie evtl. gearbeitet haben könnte:<br />
Cembali, Spinette, Hammerclaviere ... , welchen Tonumfang und welche<br />
Disposition diese Instrumente haben, wer sie baute, ob sie erhalten sind, wo<br />
sie sich heute befinden, etc. etc.<br />
39<br />
Kontaktadresse:<br />
Claudia Schweitzer, Kesselberg 15, D-34212 Melsungen<br />
e-mail: cschweitzer<strong>52</strong>140@aol.com<br />
Für Ihre Mühe danke ich Ihnen recht herzlich.<br />
Mit freundlichen Gruessen,<br />
Claudia Schweitzer
40<br />
Nachnlf<br />
Karl Burri, Bem<br />
28. Oktober 1921 (Bischofszell TG)-<br />
8. März <strong>2003</strong> (Bern)<br />
Mit Karl Burri haben wir einen Menschen<br />
verloren, der mit seiner Warmherzigkeit,<br />
seinem Wissen und seiner<br />
Fachkompetenz über viele Jahre hinweg<br />
weit über die Bemer Musikszene<br />
hinaus Musikausübende und<br />
interessierte erfreute. Mit seinem Interesse<br />
an alten Instrumenten hat er eine<br />
Sammlung von Blech- und Holzblasin-<br />
J<br />
strumenten aufgebaut, welche im Le-<br />
~~t<br />
ninhaus in Zimmerwald zu besichtigen ist. Karl Burri war langjähriges Mitglied<br />
der GEFAM und hatte die Gesellschaft zweimal zu Gast in seinem bemerkenswerten<br />
Museum (1973 und 1991).<br />
Als gelernter Blechblasinstrumentenbauer konnte er in seiner Werkstatt<br />
sein Wissen und die Begeisterung für gutes Handwerk an unzählige Lehrlinge<br />
weitergeben. Ausserdem hat er eine Berufsneuheit ins Leben gerufen: den<br />
,Blasinstrumenten-Reparateur'. Sein Wissen hat er stets erweitert, hat vieles gelesen<br />
und in unzähligen Gesprächen mit Musikern und interessierten Laien<br />
seine Erfahrungen weitergegeben und ausgetauscht. Aus allen Landesteilen<br />
und aus dem Ausland kamen sie zu ihm, um Rat und Hilfe zu holen.<br />
Ausdruck seines unermüdlichen ,Forschergeistes' ist etwa die von ihm<br />
verfasste Schrift:<br />
"5 Themen über Blasinstrumente" (Bern, Oktober 2001).<br />
Mit seiner Bescheidenheit und Grosszügigkeit hat er uns beeindruckt. Er<br />
hat unzähligen Musikerinnen und Musikern, Studierenden, Musikgruppen<br />
und -vereinen mit kleinem Geldbeutel auf unspektakuläre Weise geholfen.<br />
Nebst fachlichem Wissen und handwerklichem Geschick hatte ,Burri Kari'<br />
eine persönliche Ausstrahlung, die in Worten nicht zu beschreiben ist.<br />
Wir sind dankbar für alle anregenden und bereichemden Begegnungen<br />
mit ihm, für seine Dienstleistungen, Hilfen und aufmunternden Ratschläge in<br />
fachlichen wie in menschlichen Bereichen.<br />
Andreas Schöni