Das Geheimnis der Burg - Eine märchenhafte Erzählung
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„Weißt du was? Ich drehe noch mal eine Runde durch das<br />
Zeltdorf und schaue ein bisschen den Feuerspuckern und<br />
Gauklern zu. Die haben mich vorhin wirklich fasziniert!“,<br />
sagte mein Mann und stapfte den gewundenen Weg vom<br />
<strong>Burg</strong>tor hinab zum Mittelaltermarkt.<br />
Na gut, dann hatte ich ja reichlich Zeit, die imposante<br />
alte <strong>Burg</strong> zu erkunden! Hoch ragten ihre mächtigen Mauern<br />
in den blauen Aprilhimmel. Welch ein Glück, dass gerade<br />
heute, zum Walpurgisfest, das regnerische Wetter von<br />
herrlich warmem Sonnenschein abgelöst worden war! Vor<br />
dem Hintergrund <strong>der</strong> grauen Steine leuchtete das junge<br />
Grün <strong>der</strong> Bäume mit den flirrenden Sonnensprenkeln umso<br />
kräftiger.<br />
Als ich meine Schritte voller Neugier auf das schwere<br />
äußere Tor zu und über die Zugbrücke hinweg zur <strong>Burg</strong><br />
lenkte, verblassten allmählich die Rhythmen <strong>der</strong><br />
Tamburine, Schellen und Saiteninstrumente und es wurde<br />
stiller. Hier oben waren nur vereinzelte Menschen<br />
unterwegs, die meisten tummelten sich unten auf dem<br />
malerischen Marktplatz. Plötzlich gellte ein unheimlicher<br />
Schrei über den von dicken Mauern umgebenen Vorplatz.<br />
Mir stellten sich unwillkürlich die Härchen auf den Armen<br />
auf. Was mochte das sein? Klang fast so wie ein Warnruf,<br />
aber wovor und von wem? Wachsam sah ich mich um. Hm,<br />
niemand zu sehen! Da, auf dem Dach über dem <strong>Burg</strong>tor!<br />
Aus den Augenwinkeln hatte ich dort eine huschende<br />
Bewegung wahrgenommen. Gespannt blieb ich stehen und<br />
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wartete. Ach, dort kam <strong>der</strong> Schreihals: ein Pfau erklomm<br />
den Dachfirst und schüttelte sein blaugrün schimmerndes<br />
Gefie<strong>der</strong>, wobei er erneut einen dieser schrillen Schreie<br />
ausstieß. Dann drehte er den Kopf zu mir herum und starrte<br />
mich mit seinen schwarzen Knopfaugen unverwandt an.<br />
Merkwürdig!<br />
Aber ich hatte keine Lust, länger darüber<br />
nachzugrübeln und wandte mich dem wild wuchernden<br />
Grün auf dem Vorplatz zu, das die dicken grauen Steine <strong>der</strong><br />
Mauer fast vollkommen verdeckt hatte. <strong>Das</strong> schier<br />
undurchdringbare Dickicht zog mich magisch an und ich<br />
wühlte mich immer tiefer in die verwachsenen Büsche und<br />
dornigen Ranken hinein, bis sie sich plötzlich wie<strong>der</strong><br />
lichteten und ich auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite einen Bachlauf sah.<br />
<strong>Das</strong> stetige Plätschern und Murmeln des Wassers lullte<br />
mich ein, und so folgte ich einfach seinem Lauf, ohne weiter<br />
nachzudenken. Es kam mir hier vor wie in einer<br />
verzauberten Welt! Die Luft schien zu vibrieren, und es war<br />
völlig menschenleer, nur <strong>der</strong> gluckernde Bach und ich.<br />
Dachte ich zumindest! Bis ich auf einmal hinter einer<br />
Biegung einem knorrigen braungrauen Wesen<br />
gegenüberstand, das mich herausfor<strong>der</strong>nd, aber freundlich<br />
angrinste. Was war denn das für einer? Sollte ich etwa<br />
einem Waldgeist begegnet sein? Schweigsam staunend<br />
hielt ich im Schritt inne. Er sagt auch nichts, sah mich nur<br />
an. Dann jedoch schien er es sich überlegt zu haben, legte<br />
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seinen knubbeligen Kopf schief und sprach mich mit rauer,<br />
irgendwie borkiger Stimme an:<br />
»Menschenfrau, ich habe schon gedacht, du findest den<br />
Weg hierher nicht! Nun, ich habe dich offensichtlich<br />
unterschätzt! Und du bist sogar passend gewandet, das ist<br />
gut, ist sehr gut ...«<br />
Nachdenklich kratze er sich am Kinn und folgte nun mit<br />
den Blicken wie<strong>der</strong> schweigend dem Bach, <strong>der</strong> in einiger<br />
Entfernung durch ein kleines spitzes Tor in <strong>der</strong> wuchtigen<br />
Mauer verschwand.<br />
Mir blieben die Worte im Mund stecken, so verblüfft war<br />
ich. Dabei gab es so viel, das ich ihn unbedingt fragen<br />
musste! Wer war er? Wieso hatte er mich erwartet? Was<br />
zum Kuckuck wollte er von mir? Wo war ich hier überhaupt<br />
gelandet? Passend gekleidet war ich? Nun ja, ich trug das<br />
wun<strong>der</strong>schöne grünweiße Mittelaltergewand, das mein<br />
Mann mir vorhin auf dem Markt geschenkt hatte. Aber<br />
wieso war das beson<strong>der</strong>s passend? Meine Gedanken<br />
überschlugen sich förmlich. Aber ich brachte kein Wort<br />
heraus.<br />
Da drehte <strong>der</strong> kleine Wurzelgnom unvermittelt seinen<br />
Kopf zu mir herum und fuhr fort. Als ob er meine Gedanken<br />
hatte lesen können, erklärte er mir nun:<br />
»Als du dich durch das stachelige Dickicht geschlagen<br />
hast, ohne Angst vor Kratzern und ohne zu wissen, was auf<br />
dich zukommt, hast du unmerklich die Schwelle von deiner<br />
Wirklichkeit in die magische Welt überschritten. Und hier<br />
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wartet eine Aufgabe auf dich, die ich, <strong>der</strong> Erste Wächter, dir<br />
übermitteln soll! Du bist die Auserwählte, die das magische<br />
Buch finden muss! Es wurde viele Zeitalter lang hier in <strong>der</strong><br />
<strong>Burg</strong> aufbewahrt, aber vor einiger Zeit ist es<br />
verschwunden.« Dann rief er mir mit gebieterisch<br />
dröhnen<strong>der</strong> Stimme zu: »Suche und finde es!«<br />
Wie, was? Ich? Wieso gerade ich? Wo sollte ich denn<br />
suchen? Musste ich mich etwa mit Dieben<br />
auseinan<strong>der</strong>setzen, gar noch mit magisch begabten<br />
Dieben? Oh je, oh je, was hatte ich mir da bloß eingebrockt<br />
mit meiner Neugier!<br />
Stotternd begann ich, ihn auszufragen. So erfuhr ich<br />
wenigstens, dass das geheimnisvolle Buch im Grunde nur<br />
hier in <strong>der</strong> <strong>Burg</strong>anlage versteckt sein konnte. Wie <strong>der</strong><br />
Zwerg mir sagte, würde es zu Staub zerfallen, wenn jemand<br />
versuchen sollte, es über die magische Grenze <strong>der</strong><br />
äußeren <strong>Burg</strong>mauern fortzuschaffen.<br />
Ich wollte noch mehr wissen. »Nun verrate mir doch<br />
auch noch, warum mein Kleid so beson<strong>der</strong>s bedeutsam ist.<br />
Und dann dieses Buch! Weshalb muss ich es finden? Was<br />
steht denn so Wichtiges darin, dass ihr es unbedingt<br />
wie<strong>der</strong>haben wollt - wer auch immer ihr seid!«, begehrte ich<br />
auf. Aber <strong>der</strong> knorzige kleine Wicht hielt dicht. Wenigstens,<br />
was das merkwürdige Buch betraf. Kein Sterbenswörtchen<br />
wollte er mir enthüllen. Ich würde schon Schritt für Schritt<br />
mehr über das <strong>Geheimnis</strong> erfahren, meinte er nur sehr<br />
vage und zuckte mit den Schultern. Über mein Kleid<br />
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murmelte er ein paar schwer verständliche Worte, denen<br />
ich nur entnahm, dass ich so besser in die magische Welt<br />
passe. Die Hüterinnen würden leichter Vertrauen zu mir<br />
fassen, wenn sie mich so wahrnahmen, denn meine<br />
Schwingungen würden den ihren ähneln. Dann hieß er<br />
mich mit einer unmissverständlichen Geste,<br />
loszumarschieren und mit meiner Suche zu beginnen.<br />
Na, das konnte ja heiter werden!<br />
Was blieb mir übrig? Ich drehte mich um und überlegte,<br />
wo ich anfangen sollte. Da ich dem Rinnsal durch die Mauer<br />
nicht weiter folgen konnte, sprang ich kurz entschlossen<br />
über den kleinen Bach und ging auf den dichten Wald zu,<br />
<strong>der</strong> sich auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite erstreckte.<br />
<strong>Das</strong> Zeitgefühl war mir abhandengekommen, und so<br />
schritt ich einfach planlos unter den mächtigen Bäumen<br />
dahin. Worauf um alles in <strong>der</strong> Welt galt es denn zu achten?<br />
Wie würde ich auf etwas Bedeutsames, auf ein Zeichen<br />
aufmerksam werden, wenn ich doch gar nicht wusste, was<br />
als ungewöhnlich galt? Je länger ich ging, desto mehr<br />
stiegen Nie<strong>der</strong>geschlagenheit und Verzweiflung in mir<br />
hoch. Nicht einmal <strong>der</strong> würzige Duft nach Grün, Erde und<br />
Blüten, den ich sonst so liebte, konnte mich aufheitern. Wie<br />
sollte ich denn je zurückfinden in meine eigene Welt, wo<br />
mein Mann sicher schon beunruhigt auf mich wartete! Bald<br />
achtete ich gar nicht mehr auf die Umgebung, trottete nur<br />
noch mit bodenwärts gerichtetem Blick über den moosigen,<br />
weichen Waldboden.<br />
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Da hörte ich plötzlich ein Käuzchen rufen. <strong>Das</strong> war<br />
merkwürdig. Käuzchen rufen doch eigentlich nur nachts,<br />
sagte mir eine innere Stimme. Und sie galten als<br />
Unglücksboten ... Hoffentlich war das kein schlechtes<br />
Zeichen! Nun hieß es wohl wachsam sein!<br />
Besorgt hob ich meinen Kopf - und sah mit<br />
Verwun<strong>der</strong>ung, dass ich vor einer Brücke stand, die einen<br />
geheimnisvoll grün schimmernden See überspannte.<br />
Brücken sind immer Wegmarken, führen im wahrsten Sinne<br />
des Wortes auf die an<strong>der</strong>e Seite, so viel war mir klar. Also<br />
musste ich sie überqueren! Was auch immer mich drüben<br />
erwartete.<br />
Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den an<strong>der</strong>en, bis ich<br />
ungefähr in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> alten hölzernen Brücke war.<br />
Irgendetwas ließ mich anhalten, es war, als ob ich durch<br />
eine unsichtbare Wand in einen Bereich aus<br />
energiegeladener, frischer, prickeln<strong>der</strong> Luft getreten war.<br />
Aufatmend breitete ich die Arme aus und sog die Luft tief in<br />
mich ein. <strong>Das</strong> tat gut, gab mir neue Kraft!<br />
Erfüllt von tiefem Glück ließ ich meinen Blick<br />
schweifen, denn auf einmal kam mir hier alles ganz<br />
wun<strong>der</strong>voll vor! Fast unmerklich hatte sich ein funkelndes<br />
weiches Licht auf mich herabgesenkt und ich stand in<br />
einem strahlend hellen Kegel. Erstaunt entdeckte ich, dass<br />
von meinen Fingerspitzen ein weißes Blitzen ausströmte.<br />
Wie son<strong>der</strong>bar! War ich etwa mit magischen Kräften<br />
aufgeladen worden? Ich, ein einfacher Mensch? Als ich mit<br />
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den Händen weite Kreise in die Luft malte, hinterließen sie<br />
geschwungene glitzernde Linien.<br />
Dann war ja an <strong>der</strong> ganzen merkwürdigen Geschichte<br />
um das magische Buch und mein Eintauchen in die<br />
Zauberwelt wohl doch etwas Wahres! Voller Mut und<br />
Zuversicht reckte und streckte ich mich und beschloss,<br />
mich nun mit all meinen Kräften und allem Wissen, das ich<br />
hatte o<strong>der</strong> noch erwerben würde, meiner Aufgabe zu<br />
widmen. Der Gnom hatte anscheinend recht gehabt: <strong>Das</strong><br />
<strong>Geheimnis</strong> und die Kenntnis dessen, was notwendig war,<br />
offenbarte sich mir tatsächlich Stück für Stück. Und ich<br />
wurde offenbar mit allem ausgestattet, das mir dabei half,<br />
meiner Weisung zu entsprechen.<br />
Die Brücke mündete auf einen schmalen Weg durch<br />
einen ausgedehnten duftenden Teppich aus lila Blumen, die<br />
sich im streichelweichen Wind wiegten. Als ich freudig<br />
hindurchschritt, schien es mir, als ob von dem leuchtenden<br />
Feld rund um mich herum eine kaum hörbare melodische<br />
Weise aufstieg. Wer mochte da so wun<strong>der</strong>schön und<br />
lieblich singen? Unwillkürlich lächelnd kniete ich mich hin<br />
und sah genauer hin. Es schwirrte und sirrte über den lila<br />
Blüten, aber Bienen konnten das nicht sein, denn das<br />
zauberhafte Singen kam von diesen winzigen Fliegern.<br />
Während ich reglos da hockte und staunte, kitzelte es<br />
auf einmal auf meinem Arm: Eins von den zarten kleinen<br />
Wesen hatte dort Platz genommen und schlug mit<br />
hauchdünnen Flügelchen. <strong>Eine</strong> Elfe, es war tatsächlich eine<br />
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Elfe, die da auf meinem Arm saß! Nein, es verblüffte mich<br />
nicht wirklich, denn ich hatte es inzwischen akzeptiert, dass<br />
ich in einer magischen Welt unterwegs war, aber es freute<br />
mich unsagbar! Ein warmes Glücksgefühl durchströmte<br />
mich. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich so<br />
etwas Schönes erleben dürfte!<br />
Nachdem das zartflügelige hellviolette Elfenwesen mit<br />
leisem Stimmchen etwas zu mir gesagt hatte, was ich nicht<br />
richtig hören konnte, hob ich meinen Arm ganz vorsichtig<br />
höher, um sie dichter an mein Ohr zu bringen..<br />
Als sie wie<strong>der</strong> ihre Stimme erhob, war es, als ob ein<br />
silberhelles Glöckchen erklang.<br />
»Sei gegrüßt, Gesandte! Wir Elfen entbieten dir ein<br />
herzliches Willkommen und versichern dich all unserer<br />
Hilfe! Du darfst alle Fragen stellen, die dir wichtig sind. Wir<br />
werden dir nach bestem Wissen antworten.«<br />
Mit gesenkter Stimme, damit das Elfchen sich nicht<br />
erschreckte, bedankte ich mich bei ihr und erklärte ihr, dass<br />
ich als Erstes gern wissen wollte, wohin ich jetzt gehen<br />
musste, um keine Zeit zu verschwenden.<br />
Die kleine Elfe bedeutete mir, dass sie und ihre<br />
Schwestern mir vorausfliegen würden, so lange, bis die<br />
uralten Ruinen vor uns lägen. Von dort aus müsste ich allein<br />
weitergehen. Als ich jedoch fragte, auf wen ich denn in den<br />
Ruinen treffen würde, konnte sie mir keine Antwort geben:<br />
»Wir Elfen dürfen nicht in das Gebiet <strong>der</strong> Ruinen<br />
fliegen, dort herrscht eine mir unbekannte dunkle Macht,<br />
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und wir würden unser Leben riskieren!«, wisperte sie nur<br />
traurig.<br />
Nun gut, später würde ich weitersehen. Zunächst<br />
einmal genoß ich den Weg durch die duftenden Blüten und<br />
freute mich über den entzückenden Gesang <strong>der</strong> Elfen, die<br />
Sonnenwärme und die fröhlichen Grüße <strong>der</strong> vielen Vögel,<br />
die uns auf dem Weg begleiteten.<br />
Nach einer Weile mussten wir voneinan<strong>der</strong> Abschied<br />
nehmen, denn die dunklen, schroffen Konturen <strong>der</strong> Ruinen<br />
zeichneten sich vor uns in wuchernden Gräsern ab. Hohe,<br />
halb zerfallene Türme und Wände erhoben sich zwischen<br />
verstreuten Bruchstücken in einer unwirtlichen, wilden<br />
Landschaft. Nachdem die heiteren Elfen mich verlassen<br />
hatten, stieg ein mulmiges Gefühl in mir hoch. Die<br />
zerbrochenen, flechtenbedeckten Mauerreste, die vielen<br />
abgestorbenen, mit schwarzen Pilzen überwachsenen<br />
Baumstümpfe, <strong>der</strong> muffige Geruch <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te, die<br />
dumpfe Stille, die über allem hing, schufen eine<br />
bedrückende, unheimliche Atmosphäre! Was sich dort wohl<br />
verborgen halten mochte ...<br />
Aber es half nichts, ich musste weiter. Als ich mich<br />
vorsichtig und angstvoll den düsteren Trümmern näherte,<br />
war mir so, als ob ich ein glockenhelles Stimmchen an mein<br />
Ohr flüstern hörte: »Denk an deine magischen Kräfte!<br />
Nutze deine Hände!«<br />
Ja, da war irgendeine Kraft, die in meinen Händen<br />
steckte, aber ich wußte doch gar nicht, was für eine! Wofür<br />
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konnte ich sie einsetzen? Ich musste wohl darauf<br />
vertrauen, dass es mir im richtigen Augenblick einfach klar<br />
sein würde!<br />
Zunächst durchstreifte ich wachsam das Gelände, um<br />
mir einen Überblick zu verschaffen. Es gab halb<br />
eingestürzte, von Büschen und Schlingpflanzen verdeckte<br />
Eingänge, die zum Teil in unterirdische Gewölbe, zum Teil<br />
in höher gelegene Geschosse zu führen schienen. Da mir<br />
dunkle, enge Keller schon immer Unbehagen verursacht<br />
hatten, beschloss ich, erst einmal den Aufstieg zu<br />
versuchen.<br />
Mühsam drückte ich die dornigen Ranken eines<br />
dichten Brombeergestrüpps beiseite und schob mich durch<br />
einen niedrigen Eingang in ein düsteres Treppenhaus. Die<br />
uralten Stufen waren bröckelig. Sie sahen nicht sehr<br />
vertrauenerweckend aus, und es waberte ein feuchter,<br />
modriger Geruch durch den Turm. Kein Wun<strong>der</strong>, denn<br />
unten schimmerte das Innenrund grünlich-gelb von all dem<br />
Schimmel, den Algen und Flechten, die sich dort im Laufe<br />
<strong>der</strong> Zeit festgesetzt hatten.<br />
Es knirschte und rieselte unter meinen Füßen, als ich<br />
vorsichtig Stufe für Stufe emporstieg. Ab und zu löste sich<br />
ein Stein und polterte nach unten. Je<strong>der</strong> Aufschlag hallte in<br />
dem leeren Turm und jedes Geräusch wurde von den<br />
Wänden zurückgeworfen. Mir war unheimlich zumute.<br />
Würde mir in irgendeiner Nische ein schauerliches Wesen<br />
auflauern? Aus den Mauerritzen ragten mir allerlei<br />
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fremdartige Pflanzen entgegen, die zu streifen mir<br />
Gänsehaut machten, so kühl und klamm, wie sie sich<br />
anfühlten. Einige sahen fast aus wie grün schillernde<br />
Schlangen. Hoffentlich werden sie nicht lebendig und<br />
fangen an, sich zu winden und zu zischen, dachte ich bang.<br />
Monströse Spinnennetze hingen in den Winkeln <strong>der</strong><br />
Treppenstufen und meine tastenden Füße verfingen sich<br />
unweigerlich darin. Jetzt fehlte nur noch, dass riesige fette<br />
Spinnen an meinen Beinen hochkriechen würden!<br />
Schau<strong>der</strong>nd malte ich mir aus, wie groß wohl Spinnen in<br />
<strong>der</strong> magischen Welt werden konnten ...<br />
Die lange, verwitterte Treppe schien kein Ende nehmen<br />
zu wollen. Bei jedem Schritt wünschte ich mir mehr, ich<br />
wäre wie<strong>der</strong> auf dem sonnigen Marktplatz bei meinem<br />
Mann, anstatt hier in den finsteren Gefilden <strong>der</strong> Zauberwelt<br />
herumkriechen zu müssen.<br />
Plötzlich raschelte es über mir. Ich zuckte zusammen<br />
und sah hoch. Aber da war nur ein weiteres Stück Treppe,<br />
kein Ungeheuer und keine überdimensionalen Ratten<br />
warteten auf mich. Mit einem erleichterten Schnaufen<br />
erklomm ich die nächsten Stufen.<br />
Da, wie<strong>der</strong> dieses Rascheln! Und dann hörte ich ein<br />
leises Scharren, als ob jemand seine Füße über den<br />
Steinboden schleifte. Wer war dort oben? Kaum traute ich<br />
mich, den Kopf zu heben, um nachzuschauen! Aber<br />
zurückschleichen konnte ich auch nicht. Mit Sicherheit hatte<br />
mich <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> dort lauerte, schon entdeckt und würde<br />
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mir folgen! Auch gemahnte mich die innere Stimme meines<br />
Gewissens, an meinen Auftrag und mein Versprechen zu<br />
denken. Zwar waren mir keine Warnungen offenbart<br />
worden für den Fall, dass ich mein Wort brechen würde,<br />
aber ich stellte mir lieber gar nicht erst vor, was das hier im<br />
Zauberland für Folgen haben mochte. Nein, ich musste<br />
einfach weitergehen, ich hatte das magische Buch zu<br />
finden!<br />
Mit zitternden Beinen folgte ich <strong>der</strong> Rundung <strong>der</strong><br />
Treppe, bis ich sah, wer da geraschelt hatte: Es war kein<br />
Schreckgespenst, wenn auch ein magisches Wesen! Ein<br />
weise und mir anscheinend wohlgesonnener Gnom blickte<br />
mich mit milde lächelnden Augen an. Er sah son<strong>der</strong>bar aus,<br />
so als wäre er ganz aus Holz!<br />
Große Erleichterung durchströmte mich. Wenn er so<br />
freundlich war, wie er wirkte, hatte ich zunächst sicher<br />
nichts zu befürchten. Dennoch wartete ich, bis er das Wort<br />
an mich richtete, denn ich wußte nicht genau, wie ich ihn<br />
ansprechen sollte.<br />
»Ich bewun<strong>der</strong>e deine Unerschrockenheit und<br />
Tapferkeit, Gesandte!«, begann er mit tiefer, knarziger<br />
Stimme. »Du hast dich bisher durch nichts abschrecken<br />
lassen und bist dem mühsamen Weg gefolgt, <strong>der</strong> dich<br />
hierher führte.«<br />
Nervös unterbrach ich ihn, auch wenn das nicht sehr<br />
höflich war:<br />
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»Verzeih, du scheinst mich zu kennen, aber ich weiß<br />
nicht, wer du bist.«<br />
Der Gnom jedoch nahm es mir nicht krumm, son<strong>der</strong>n<br />
fuhr freundlich fort:<br />
»Du hast sicher bemerkt, dass ich aus Holz bin. <strong>Das</strong><br />
hat seinen Grund! <strong>Das</strong> Papier für Bücher ist aus Holz<br />
gemacht, und deshalb bin ich, Ligneus, <strong>der</strong> Hölzerne, zum<br />
Hüter des magischen Buches erwählt worden. Ich weise dir<br />
nun den Weg für den letzten Teil deiner Aufgabe. Sieh nach<br />
oben, zum Ende <strong>der</strong> Treppe. Dort ist <strong>der</strong> Durchgang<br />
versperrt. Er wurde zugemauert und mit einem toten Baum<br />
getarnt, damit niemand bis zum Versteck des Buches<br />
vordringen kann! Du aber bist in <strong>der</strong> Lage, die Barrikade zu<br />
durchbrechen, denn du hast beson<strong>der</strong>e magische Kräfte.<br />
Nur ein Mensch kann das Buch befreien, ein Mensch, <strong>der</strong><br />
mutig und aufrecht ist, <strong>der</strong> fähig ist, sich selbst und seine<br />
Ängste und Wünsche zu überwinden. Und er muss das<br />
Vertrauen <strong>der</strong> Hüterinnen erlangt haben, damit ihm<br />
Zauberkräfte verliehen werden. Du wurdest auserkoren,<br />
weil du die Richtige bist! Nun gehe weiter, tue, was getan<br />
werden muss!«<br />
»A ... aber was hat es denn für eine Bewandtnis mit<br />
diesem Buch? Könntest du mich nicht endlich einweihen in<br />
das <strong>Geheimnis</strong>? Warum ist es so wichtig?«, wollte ich ihm<br />
entlocken. Ligneus jedoch schmunzelte nur.<br />
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»Es ist von großer, ja von immenser Bedeutung. Nicht<br />
nur für die magische Welt, son<strong>der</strong>n auch o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s<br />
für die Menschen. Und es ist wichtig für dich, mein Kind ...«<br />
Mit diesen rätselhaften Worten lösten sich seine<br />
Konturen zu feinem Holzstaub auf und er war<br />
verschwunden. Einzig ein winziger Rest von Holzmehl auf<br />
dem Steinbodenzeugte davon, dass ich nicht geträumt<br />
hatte.<br />
Nun stand ich also vor dem zugemauerten Eingang zu<br />
<strong>der</strong> Kammer, in <strong>der</strong> ich das Buch finden würde. Während<br />
ich noch überlegte, wie ich durch die massive Wand<br />
hindurch käme, fühlte ich ein Prickeln und Kribbeln in<br />
meinen Händen. Ja, das war´s! Die merkwürdige magische<br />
Kraft, die ich auf <strong>der</strong> Brücke erhalten hatte, musste mir jetzt<br />
von Nutzen sein!<br />
Ich erhob die Arme und drehte die Handflächen zur<br />
Mauer. <strong>Das</strong> Bitzeln nahm zu, feine weiße Funken umgaben<br />
meine Finger und breiteten sich um die Hände und Arme<br />
aus, bis ich spürte, dass es meinen ganzen Körper einhüllte<br />
und durchdrang. <strong>Eine</strong> knisternde, leuchtende Brücke aus<br />
Licht baute sich zwischen meinen Händen und <strong>der</strong> Mauer<br />
auf. <strong>Das</strong> Leuchten floss in den toten, schwarzen Baum und<br />
die großen grauen Steine, das Knistern wurde zu einem<br />
Brausen und Zischen. Steine knackten und brachen,<br />
Holzstücke, Staub und Gesteinsbrocken fielen zu Boden<br />
und ein Riss zeigte sich im Mauerwerk.<br />
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Ich stand nur mit ausgestreckten Armen da, tat nichts<br />
weiter als mit offenem Mund zu staunen über das, was ich<br />
beziehungsweise die Zauberkraft in mir dort bewirkte. Dann<br />
polterte und krachte es gewaltig und die Wand brach in sich<br />
zusammen! Dichte Wolken von Staub wurden aufgewirbelt<br />
und nahmen mir die Sicht und den Atem.<br />
Hustend wartete ich ab, bis die trüben Staubwirbel sich<br />
gesetzt hatten, dann wagte ich den ersten Schritt auf den<br />
Durchbruch zu. Neugierig, aber auch furchtsam spähte ich<br />
hindurch. Sollte das jetzt schon alles gewesen sein? Kam<br />
da nicht noch irgendetwas Böses, Gefährliches auf mich zu,<br />
wenn ich nun einfach das Buch ergriff und mitnahm? Die<br />
Räuber des magischen Buches würden es mir doch sicher<br />
nicht so leicht machen ...<br />
Schon wollte ich den Fuß über den Mauerrest heben<br />
und mich in die Kammer schieben, als von drinnen eine<br />
furchtbare, wie Donner grollende Stimme erklang! Sie<br />
hatten wirklich eine Wache dort eingemauert!<br />
Ich blieb entsetzt stehen und starrte in die kleine dunkle<br />
Kammer. Dann schob sich eine gräßliche Gestalt innen vor<br />
die Öffnung und versperrte mir den Blick und erst recht den<br />
Zugang. Ein Riese mit einem Körper <strong>der</strong> aussah wie aus<br />
grobem, rissigem Metall, baute sich bedrohlich vor mir auf<br />
und brüllte, dass es mir angst und bange wurde! Er wirkte<br />
so unüberwindlich, als wäre er eine einzige lebende<br />
Eisenrüstung! Nie würde ich an dem vorbei kommen ...<br />
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Wenn ich schnell umdrehen und die Treppe<br />
hinablaufen würde, wäre er wohl beweglich genug, mir<br />
hinterher zu stürzen? Hoffnungslosigkeit überfiel mich. Ich<br />
wußte nicht mehr ein noch aus! Mein Ende schien<br />
gekommen. In Bruchteilen von Sekunden lief mein Leben<br />
vor mir ab, ich dachte voller Sehnsucht und Schmerz an<br />
meinen Mann, den ich nun nie wie<strong>der</strong> sehen würde. Und<br />
auch Trauer darüber, dass ich den magischen Wesen und<br />
den Menschen nicht helfen konnte, breitete sich in mir aus.<br />
Plötzlich jedoch empfand ich wie<strong>der</strong> dieses zarte<br />
Kribbeln in den Händen. Ich wußte zwar nicht, wie lange ich<br />
noch Zeit hatte, bis <strong>der</strong> Unhold über mich herfallen würde,<br />
aber es gab mir einen Funken von Zuversicht!<br />
Hände vorstrecken und abwarten, das war alles, was<br />
ich tun konnte. Diesmal fühlte ich eine starke Hitze, die mich<br />
durchfloss. Als ich die Augen auf meine Hände richtete,<br />
bemerkte ich, dass feine bläuliche Flammen auf <strong>der</strong> Haut<br />
tanzten. Sie wurden schnell größer und nahmen eine<br />
intensive rot-gelbe Farbe an. Ich sandte Feuerlanzen aus,<br />
aber ich selbst verbrannte nicht dabei, son<strong>der</strong>n fühlte mich<br />
son<strong>der</strong>bar stark und geschützt.<br />
Wie von selbst richteten sich meine Arme auf das<br />
Monster aus und ich sah fasziniert zu, wie die hell<br />
lo<strong>der</strong>nden Flammen es ergriffen und einschlossen. Unter<br />
schrecklichem Gebrüll und Geheule torkelte und trampelte<br />
<strong>der</strong> Kerl in <strong>der</strong> Kammer herum. Und ich konnte sehen, dass<br />
er schmolz! Klar, wenn er wirklich aus Metall war, konnte er<br />
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dieser unglaublichen Hitze nicht standhalten! Ich hielt mir<br />
die Ohren zu, um seine Schreie nicht hören zu müssen und<br />
sah zu, wie <strong>der</strong> riesenhafte Körper in sich<br />
zusammensackte. Schließlich blieb von ihm nur eine kleine<br />
Lache aus flüssigem Eisen zurück, wie zu Silvester beim<br />
Bleigießen. Dann verdampfte auch dieser Rest unter <strong>der</strong><br />
immensen Hitze.<br />
Erleichtert atmete ich durch, auch wenn das Ganze<br />
schrecklich anzusehen gewesen war! Dann fuhr ich<br />
zusammen, weil mich ein fürchterlicher Gedanke<br />
durchzuckte: Was, wenn die Flammen auch das Buch<br />
vernichtet hatten?<br />
Es hielt mich nicht länger auf meinem<br />
Beobachterposten, ich musste hinein in die nach Rauch<br />
stinkende Kammer!<br />
Vorsichtig trat ich über die Stelle hinweg, wo das<br />
Ungeheuer sich aufgelöst hatte, so, als könnte es immer<br />
noch nach meinen Füßen greifen.<br />
Durch die dichten Rauchschwaden erkannte ich ein<br />
schmales Fenster, auf dessen steinernem Sims etwas<br />
Rötliches lag. <strong>Das</strong> musste das Buch sein!<br />
Sofort hastete ich näher und fühlte eine Wärme in mir<br />
aufsteigen, die wie heilen<strong>der</strong> Balsam war nach all <strong>der</strong><br />
Angst, ob das Buch den Feuersturm heil überstanden hätte.<br />
Denn tatsächlich lag auf den Steinen ein wun<strong>der</strong>schönes<br />
uraltes Buch mit einem reich verzierten Einband, <strong>der</strong> wie<br />
aus Rotgold leuchtete. Nun gab es kein Halten mehr für<br />
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mich! So viele Gefahren hatte ich auf mich genommen, um<br />
dieses rätselhafte Buch zu finden und es seinen Hütern<br />
zurück zu bringen! Es war wohl nicht verwerflich, wenn ich<br />
es jetzt aufschlagen und nachsehen würde, welch ein<br />
<strong>Geheimnis</strong> es barg!<br />
Mit allergrößter Ehrfurcht nahm sich es in die Hände,<br />
öffnete ganz behutsam den kostbaren Einband - und<br />
staunte!<br />
Es war leer! Vorsichtig blätterte ich Seite für Seite um,<br />
aber da stand nichts! Schon wollte ich es enttäuscht wie<strong>der</strong><br />
schließen, da bemerkte ich, dass anscheinend die erste<br />
und die zweite Seite zusammengeklebt waren. Mit zittrigen<br />
Fingern versuchte ich vorsichtig, die Seiten voneinan<strong>der</strong> zu<br />
lösen, denn wie leicht könnte das alte Papier zerbröseln.<br />
Endlich konnte ich mit einem leichten Pusten die beiden<br />
Seiten trennen.<br />
Und wirklich, dort auf <strong>der</strong> allerersten Seite konnte ich<br />
etwas lesen. Es war nicht viel, aber es schien sehr kostbar<br />
und von allergrößter Bedeutung zu sein.<br />
Da es dunkel in <strong>der</strong> Kammer war, und <strong>der</strong> Rauch mir<br />
immer noch in den Augen brannte, hatte ich Mühe, die<br />
verblichene Schrift zu entziffern. Verwun<strong>der</strong>t las ich:<br />
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Dieses Buch birgt die Wahrheit,<br />
welche die bösen Mächte <strong>der</strong> Alltäglichkeit<br />
und die dunklen Diener <strong>der</strong> Banalität<br />
den Menschen vorenthalten wollen:<br />
Ein je<strong>der</strong> kann das Zauberland finden.<br />
Es liegt auf dem Grunde <strong>der</strong> Seele.<br />
Verwurzele dich fest in deiner Fantasie,<br />
trau dich, auf den Flügeln des<br />
Außergewöhnlichen zu fliegen<br />
und lasse dich tragen vom Wind des<br />
Wun<strong>der</strong>baren.<br />
Trinke aus dem Quell <strong>der</strong> Unbeirrbarkeit.<br />
Reite auf dem Rücken des Unmöglichen und<br />
zähme es,<br />
erhebe dich über die Kleingläubigkeit<br />
und wage den Weg über die Grenzen des<br />
Greifbaren hinaus.<br />
Atme den Duft <strong>der</strong> Träume ein, <strong>der</strong> dich<br />
stärkt und ermutigt.<br />
Dann findest du das Zauberland!<br />
Hütet dieses Buch, bewahrt diese Wahrheit<br />
und gebt sie weiter!<br />
Und nun beginne, das Märchen deines Lebens<br />
zu schreiben.<br />
Die Seiten dieses Buches sind magisch - nur<br />
du wirst es lesen können!<br />
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Es war wahrhaft ein magisches Buch! <strong>Eine</strong>n solchen<br />
Inhalt hätte ich nie und nimmer erwartet ... Es war so<br />
einfach, und doch so bedeutungsschwer!<br />
Bewegt ließ ich mich auf den kalten Steinboden sinken.<br />
<strong>Das</strong> musste ich erst einmal verarbeiten, bevor ich mich auf<br />
den Rückweg machte! Ligneus hatte recht gehabt, es war<br />
für die Menschen sehr wichtig! Viel zu viele trauen sich<br />
nicht, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen, weil sie Angst<br />
haben, verlacht zu werden. Was gibt es Befreien<strong>der</strong>es, als<br />
träumen zu können? Nicht den Boden unter den Füßen zu<br />
verlieren, aber sich den Blick auf Mögliches, Schönes,<br />
Fantastisches zu erlauben, das kann so bereichernd sein,<br />
für jeden! Ich nahm mir fest vor, künftig auch diesem Rat zu<br />
folgen. Ja, ich würde das Märchen meines eigenen Lebens<br />
schreiben. O<strong>der</strong> viele einzelne Märchen, je nachdem, was<br />
die Stimme meiner Seele mir sagte ...<br />
Nachdenklich und mit Tränen in den Augen erhob ich<br />
mich schließlich und verließ die Kammer, in <strong>der</strong> die dunklen<br />
Mächte das magische Buch dem Zugriff aller hatten<br />
entziehen wollen. Der Rückweg war leicht, beschwingt<br />
sprang ich die alte Treppe hinab, das kostbare Buch fest<br />
unter den Arm geklemmt.<br />
Unten, am halb eingestürzten Torbogen, <strong>der</strong> aus dem<br />
Turm herausführte, erwartete mich eine wun<strong>der</strong>schöne<br />
zartgrüne Fee, <strong>der</strong> ich das Buch übergeben durfte. Sie<br />
würde es zu den weisen Hütern des Buches und somit <strong>der</strong><br />
Wahrheit zurückbringen. Von dort aus konnte seine<br />
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Botschaft nun ungehin<strong>der</strong>t an alle Wesen im Zauberland<br />
und in <strong>der</strong> Menschenwelt weitergegeben werden. <strong>Das</strong> war<br />
gut so! Die Fee übermittelte mir den tiefen Dank aller<br />
magischen Wesen und verabschiedete sich von mir, bevor<br />
sie mit sirrendem Flügelschlagen in <strong>der</strong> Luft entschwand.<br />
Und was tat ich? Nun, ich stiefelte verträumt durch das<br />
Ruinenfeld zurück, wobei meine Füße mich wie von selbst<br />
in die Richtung trugen, wo ich durch das Dornengebüsch<br />
wie<strong>der</strong> in meine Welt zurück schlüpfen konnte.<br />
Leichten Fußes lief ich zum <strong>Burg</strong>hof, wo ich schon von<br />
weitem meinen Mann stehen sah. Er umarmte mich und<br />
runzelte dann besorgt die Stirn, als er mich ansah:<br />
»Du hast ja lauter Dornen und Blätter auf deinem Kleid!<br />
Was ist dir denn passiert?«<br />
»Ach, mein Herz, das ist eine lange Geschichte! Ich<br />
erzähle sie dir in aller Ruhe, wenn wir daheim sind. Bin<br />
gespannt, was du dazu sagst ...«<br />
Mit einem liebevollen Kuss auf die Nasenspitze ergriff<br />
ich seine Hand und wir schlen<strong>der</strong>ten zu dem bunten,<br />
fröhlichen Treiben auf dem Mittelaltermarkt zurück. Es war<br />
so schön, wie<strong>der</strong> bei meinem Schatz in unserer Welt zu<br />
sein - und einen inneren Schatz mitzunehmen...<br />
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<strong>Das</strong> <strong>Geheimnis</strong> <strong>der</strong> <strong>Burg</strong><br />
Märchenhafte <strong>Erzählung</strong> von Maruschya Markovic<br />
Text – © 2016 Maruschya Markovic<br />
Cover – www.pixabay.com<br />
Covergestaltung: Maruschya Markovic<br />
Bil<strong>der</strong> - Alle Hintergründe: www.pixabay.com<br />
Personenfotos – © 2016 Maruschya Markovic<br />
Es ist ausdrücklich untersagt, dieses Werk o<strong>der</strong> Teile davon<br />
zu vervielfältigen o<strong>der</strong> kopieren, ohne dass die Autorin<br />
hierfür ihr Einverständnis erteilt hat!<br />
Die Autorin im Netz:<br />
https://www.facebook.com/Maruschya.Markovic.Autorin/<br />
http://maruschyamarkovic.jimdo.com/<br />
http://www.amazon.de/Maruschya-<br />
Markovic/e/B00JIM6ILQ<br />
Email: maruschyamarko@aol.de<br />
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