Incento_02_2015_Koeln
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Alpiner<br />
Edelstein<br />
Räume der Andacht<br />
Der Moment des Innehaltens. Entschleunigung in unserer hektischen Welt. Spiritualität im<br />
Zusammenklang mit der Natur. Immer häufiger nehmen namhafte Architekten Aufträge<br />
zur Gestaltung kleiner Andachtsräume an. Hier werden keine großen Gottesdienste gefeiert,<br />
häufig bietet der Innenraum nur Platz für einen Besucher. Meist hinterlässt ein Besuch<br />
in diesen Räumen der Ruhe und der Einkehr tiefe Eindrücke.<br />
Dem Franziskaner Engelbert Kolland ist diese<br />
Kapelle, die von dem italienischen Stararchitekten<br />
Mario Botta entworfen wurde,<br />
gewidmet. Kolland, der 1926 selig gesprochen<br />
wurde, stammte aus dem Zillertal<br />
und war wegen seiner außergewöhnlichen<br />
Sprachkenntnisse 1855 vom Franziskaner-<br />
Orden nach Damaskus entsandt worden.<br />
Hier unterhielt er mit zehn weiteren Glaubensbrüdern<br />
eine Missionsstation, die 1860<br />
von Angehörigen der drusischen Gemeinde<br />
überfallen wurde. Alle Brüder des Franziskaner-Ordens<br />
wurden Opfer dieses Überfalls.<br />
Zu ihrem Gedenken wurde am 22. September<br />
2013 die „Granatkapelle“ auf dem Penken<br />
– einem Skigebiet im hinteren Zillertal –<br />
geweiht. In seiner Grundform erinnert dieser<br />
Andachtsraum, der auf einer Höhe von 2087<br />
Metern erbaut wurde, an einen kristallförmigen<br />
Edelstein. Direkt neben einem künstlichen<br />
Bergteich gelegen, der im Winter die<br />
Schneekanonen mit Wasser versorgt, erhält<br />
die Kapelle durch die Spiegelung im kristallklaren<br />
Wasser ihre ganz besondere optische<br />
Wirkung.<br />
NAMENSGEBER GRANIT<br />
Ihren Namen „Granatkapelle“ erhielt die Kapelle<br />
wegen ihrer an ein Kristall erinnernden<br />
Baustruktur. In der Natur kommt das Mineral<br />
Granat in Form eines Rhombendodekaeders<br />
vor. Und exakt diese Form hat Mario<br />
Botta den Entwürfen der neuen Kapelle zu<br />
Grunde gelegt. Der Baukörper in dieser an<br />
das Mineral angelehnten Form steht auf<br />
einem Betonsockel. Die tragende Struktur<br />
bilden Holzwände, die außen mit Cortens-<br />
Stahlplatten verkleidet sind. Der Eingang<br />
der Kapelle befindet sich im Sockelgeschoss,<br />
von hier aus führt eine Treppe an der Wand<br />
entlang hinauf in den Andachtsraum. Mit einem<br />
einzigen Blick kann somit die klare und<br />
präzise Geometrie des Innenraumes wahrgenommen<br />
werden. Durch eine Öffnung in<br />
der Decke strömt Licht von oben ins Innere<br />
und belebt die regelmäßigen Flächen der<br />
Rhomben, die mit feinen Lärchenholzleisten<br />
verkleidet sind. Die Magie dieses Raumes<br />
liegt in der Kontinuität und der perfekten<br />
geometrischen Form der Wände, die zwar<br />
identisch sind, doch durch den variierenden<br />
Lichteinfall eine optisch unterschiedliche<br />
Flächengestaltung annehmen. Wer sich von<br />
der einmaligen Atmosphäre im Innenraum<br />
der Kapelle einmal faszinieren lassen möchte,<br />
kann mit der Seilbahn das Penkenjoch<br />
erreichen.<br />
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