Incento_02_2015_Koeln
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REISEBERICHT VON ROLAND MOTZ<br />
Eine Reise durch den Nordosten Thailands<br />
Zahllose Vögel haben die ganze Nacht hindurch ein Konzert gegeben,<br />
ab und zu unterbrochen von dem durchdringenden Schrei<br />
eines undefinierbaren, offensichtlich größeren Tieres, das uns aus<br />
dem Schlaf auffahren lässt. Das Phu Pha Nam Resort, in dem wir<br />
nächtigen, liegt versteckt auf einem Hügel mitten im dichten Regenwald.<br />
Es ist sechs Uhr früh. Die Sonne schält sich langsam hinter<br />
gigantischen Palmen und Gummibäumen hervor. Auch verschiedene<br />
Nadelhölzer sind zu sehen, denn wir befinden uns im gebirgigen,<br />
nordöstlichen Grenzgebiet zu Laos, das sich mit einer Tagestemperatur<br />
von 20 Grad Celsius im Winter als kälteste Region Thailands<br />
anpreist. Nachts wurde allerdings vor Jahren auch schon einmal der<br />
Gefrierpunkt erreicht.<br />
Stille Tage<br />
am Mekong<br />
„Was wollt ihr denn dort oben, da gibt es doch nichts,“ hat die Concierge<br />
beim Auschecken im Hotel in Bangkok gefragt, als wir ihr unser<br />
nächstes Reiseziel genannt haben. Erst seit einigen Monaten gibt<br />
es eine Flugverbindung nach Loei. „Vier Flüge täglich, zwei Ankünfte<br />
und zwei Abflüge,“ erklärt Tim stolz, die uns die nächsten Tage in der<br />
grünen, weitgehend unbekannten aber ausgesprochen reizvollen<br />
Berglandschaft um die verschlafene Provinzhauptstadt herumführen<br />
wird, die tatsächlich über keinerlei nennenswerte Sehenswürdigkeiten<br />
verfügt und abgesehen von einer schönen Natur mit einem im<br />
Winter angenehmen Klima nichts Spektakuläres zu bieten hat. Aber<br />
vielleicht liegt ja gerade darin das Geheimnis. Jedenfalls erliegen wir<br />
schnell dem Charme des Einfachen, Unberührten, Ursprünglichen,<br />
das Erinnerungen an das alte Siam aufleben lässt.<br />
Jährliche Hauptattraktion der Region, zu der selbst Besucher aus<br />
Bangkok anreisen, ist das immer im siebten Monat des Mondkalenders,<br />
also bei Vollmond im Juni, stattfindende Phi Ta Khon Fest.<br />
„Nur im Winter und während des Festes kommen andere Thais hier<br />
hoch in den Norden,“ sagt Chaopho Kuan. Das spirituelle Oberhaupt<br />
von Dan Sai trägt ein weißes Stirnband und ist für den Ablauf des<br />
dreitägigen Festes verantwortlich, in dessen Mittelpunkt die Verehrung<br />
des unter Wasser im Man Fluss lebenden Mönchs Phra Uppakut<br />
steht, der nicht nur unsterblich, sondern auch noch mit übernatürlichen<br />
Kräften ausgestattet ist. In einer Mischung aus buddhistischem<br />
Glauben und Eingeborenem-Mythos werden in Dan Sai seit über 400<br />
Jahren böse Geister ferngehalten, die Krankheiten des Dschungels<br />
besiegt und rechtzeitig genügend Regen für die nächste Aussaat<br />
herbeigetanzt. Zu diesem Zweck sind wenige Tage vor den Feiern<br />
überall in der ursprünglich als Freundschaftsstadt zwischen Laos<br />
und Thailand gegründeten Gemeinde junge Leute damit beschäftigt,<br />
Masken aus dem Holz des Kapokbaums, aus Bambus sowie aus<br />
Kokospalmen herzustellen und kunstvoll zu bemalen. Während der<br />
Festivitäten, die im Ablauf traditionellen Fastnachtsfeiern in den<br />
Alpen ähneln, werden die Geistermasken dann von zahlreichen verkleideten<br />
Tänzern getragen. Den Abschluss bildet ein großes Feuerwerk<br />
aus Bambusraketen, das den Beginn des lang ersehnten Monsuns<br />
beschleunigen soll.<br />
Mit dem Fahrrad erkunden wir auf ungeteerten Straßen das aus<br />
drei Dörfern bestehende Städtchen, bevor wir an wackligen Bambuswassermühlen<br />
entlang dem Man Fluss folgen und zu einem der<br />
bedeutendsten buddhistischen Heiligtümer des Landes weiterradeln.<br />
In Phrathat Si Song Rak ist es zu Beginn der Regenzeit Mit-<br />
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