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Incento_02_2015_Koeln

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KULTMARKE ADIDAS<br />

Drei Streifen<br />

und ein komplexes<br />

Geschäftsmodell<br />

Wenn Lionel Messi spektakuläre Tore schießt, freut<br />

sich die Vorstandsetage beim Sportartikelhersteller<br />

adidas im fränkischen Herzogenaurach. Denn dann ist<br />

es der Herzenswunsch aller kickenden Dreikäsehochs<br />

auf der ganzen Welt, ihrem Idol nachzueifern. Am<br />

besten mit den Original-Schuhen und im Trikot dieses<br />

Ausnahmespielers. Von der Strahlkraft dieser Markenbotschafter<br />

lebt der adidas-Konzern.<br />

Oder zumindest spielt die enge Kooperation<br />

mit Spitzensportlern in den Marketingüberlegungen<br />

der Konzernspitze eine zentrale<br />

Rolle. Das enge Zusammenspiel von Spitzensport,<br />

der Ausstrahlung in den Breitensport<br />

hinein und die globale Verbreitung<br />

von Sportereignissen durch die Medien sind<br />

der Schmierstoff, der aus der Sportartikel-<br />

Branche einen weltweiten Milliardenmarkt<br />

gemacht hat. Und zu den Unternehmen,<br />

die die Klaviatur des personenbezogenen<br />

Marketings perfekt beherrschen, zählt seit<br />

den Gründungstagen die Schuhmanufaktur<br />

aus Oberfranken. Zwei Brüder – Adolf<br />

und Rudolf Dassler – tüftelten in der alten<br />

Waschküche ihrer Mutter an Turnschuhen.<br />

Ob eher der Kaufmann Rudolf Dassler oder<br />

der Schumachermeister Adolf Dassler an<br />

den frühen Erfolgen einen höheren Anteil<br />

hatte, wird sich kaum mehr klären lassen.<br />

Aber von Beginn an statteten die beiden<br />

Pioniere ambitionierte Sportler mit ihren<br />

Schuhen aus. Zu Beginn übrigens keine Fußballschuhe,<br />

sondern speziell angefertigte<br />

Schuhe für Läufer. Mit diesen Schuhen gewann<br />

Lina Radke schon 1928 – vier Jahre<br />

nach Gründung des Unternehmens – bei<br />

den Olympischen Spielen in Amsterdam eine<br />

Goldmedaille. Bei der Olympiade 1936 in Berlin<br />

holte der legendäre Läufer Jesse Owens<br />

insgesamt vier Goldmedaillen in Schuhen,<br />

die in der Werkstatt der Brüder Dassler in<br />

Herzogenaurach angefertigt worden waren.<br />

Vor allem Adolf Dassler, selber ein begeisterter<br />

Sportler, suchte immer den Austausch<br />

und das Gespräch mit den Athleten. Denn es<br />

war sein Ziel, mit seinen Sportschuhen den<br />

Spitzensportlern zu einer noch besseren<br />

Leistung zu verhelfen. Ein Motto, das bis<br />

heute die Firmenphilosophie in der adidas-<br />

Group bestimmt. Gleichzeitig entsteht aus<br />

dieser großen Nähe zu den Protagonisten<br />

einer Sportart auch eine gegenseitige Abhängigkeit,<br />

die man aus anderen Märkten<br />

in dieser Form kaum kennt. Wenn der Superstar<br />

Lionel Messi in eine Formkrise käme<br />

oder verletzungsbedingt länger ausfallen<br />

würde, hätte dies direkte Auswirkungen<br />

auf den Absatz bestimmter Produkte. Und<br />

wie unselig allzu enge Verbindungen zwischen<br />

Sportartikel-Industrie und Sportverbänden<br />

in einer Zeit der Globalisierung des<br />

Sports sein kann, haben die Vorgänge rings<br />

um den Weltkongress der Fifa im Frühjahr<br />

<strong>2015</strong> gezeigt. Ohne die scheinbar grenzenlos<br />

steigenden Fernsehgelder und ohne die<br />

Bereitschaft vieler großer Konzerne sich mit<br />

hohen Summen als Sponsor in die wichtigsten<br />

Weltereignisse des Sports – und dazu<br />

zählt die Fußball-WM nun einmal ohne jeden<br />

Zweifel – einzukaufen, hätte sich dieses<br />

Schattenreich aus Korruption, Steuerhinterziehung<br />

und Stimmenkauf nicht entwickeln<br />

können. Und dem Konzern adidas kommt,<br />

ähnlich wie auch anderen Sportartikelherstellern,<br />

in diesen Fragen eine gewisse Vorreiterrolle<br />

zu. Stärker noch als andere Branchen<br />

ist die Sportartikelindustrie auf den<br />

hautengen Kontakt zu Vereinen, Verbänden<br />

und Sportlern angewiesen, um ihre Produkte<br />

einem Millionen-Publikum werbewirksam<br />

präsentieren zu können.<br />

DAS WUNDER VON BERN<br />

Es war ein völlig neuer Schuh. Nur halb so<br />

schwer wie der klassische Fußballstiefel,<br />

der in England erfunden worden war. Und<br />

dieser Schuh verfügte über ein weiteres<br />

Merkmal, das den Markt der Fußballschuhe<br />

revolutionieren sollte: auswechselbare<br />

Stollen. So konnte die Innovation von Adolf<br />

Dassler perfekt auf jede Anforderung von<br />

Wetter und Bodenbelag angepasst werden.<br />

Wir schreiben das Jahr 1954. Adolf Dassler<br />

hatte sich nach zähem Ringen mit seinem<br />

Bruder zum Ende des Krieges hin entschieden,<br />

sein Unternehmen alleine weiterzuführen.<br />

In der Folge war im Frankenland<br />

eine wohl einzigartige Situation zu beobachten:<br />

In unmittelbarer Nähe entstanden<br />

mit dem Unternehmen adidas – der Name<br />

setzt sich aus den Anfangsbuchstaben des<br />

Namens des Gründers Adolf Dassler zusammen<br />

– und der von Bruder Rudolf Dassler<br />

bereits 1948 gegründeten Firma Puma zwei<br />

internationale Konzerne, die sich über Jahrzehnte<br />

hinweg um die Marktführerschaft<br />

stritten. Aber das Jahr 1954 brachte Adolf<br />

Dassler zunächst einen im Fußballmarkt<br />

fast uneinholbaren Vorsprung. Der Tüftler<br />

hatte Bundestrainer Sepp Herberger von<br />

seinem neuen Fußballschuh überzeugt und<br />

die Deutsche Nationalmannschaft trat zum<br />

WM-Turnier mit den leichten Stollenschuhen<br />

an. Und manchmal gehört eben auch<br />

Glück zum geschäftlichen Erfolg: Mit ihrem<br />

Sieg im Berner-Endspiel schrieben die Fuß-<br />

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