02.05.2016 Aufrufe

VDV Das Magazin Ausgabe Mai 2016

Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland. Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.

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Schutzgebühr: 3,20 Euro<br />

Was uns bewegt. Wen wir bewegen. <strong>Ausgabe</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong><br />

1.000 neue Stellen:<br />

Verkehrsunternehmen<br />

geben Flüchtlingen<br />

Starthilfe in den Job Seite 6<br />

Verkehrsbranche<br />

trifft sich in Dresden<br />

Seite 12<br />

Freie Fahrt<br />

in den Ferien<br />

Seite 20<br />

Wo es IT gibt,<br />

wird auch gehackt<br />

Seite 26


16 Zukunftstauglich: Technik der<br />

E-Busse entwickelt sich rasant.<br />

6 Integration: Verkehrsunternehmen<br />

wollen Stellen für Flüchtlinge schaffen.<br />

24 Gekoppelt: Was nicht passt,<br />

hat die VGF passend gemacht.<br />

12 <strong>VDV</strong>-Jahrestagung: Die Branche<br />

trifft sich im Juni in Dresden.<br />

20 Freifahrtschein: Angebote wie die<br />

„Konus“-Karte punkten bei Touristen.<br />

3 Editorial<br />

Wir tragen soziale Verantwortung.<br />

4 <strong>VDV</strong> im Bild<br />

Ein Hauch von Frühling<br />

6 Titelstory<br />

Verkehrsunternehmen:<br />

1.000 Stellen für Flüchtlinge<br />

Seite 10: Jürgen Fenske im Interview<br />

12 Aus dem Verband<br />

<strong>VDV</strong>-Jahrestagung:<br />

Blick nach vorn und zurück<br />

14 Aus dem Verband<br />

Infrastruktur von NE-Bahnen: Mit<br />

kleinen Maßnahmen viel erreichen<br />

16 Aus dem Verband<br />

E-Busse elektrisieren die Branche.<br />

2 02 | <strong>2016</strong>


Wir tragen<br />

eine soziale<br />

Verantwortung<br />

Die FAZ berichtete jüngst über ein Dorf mit weniger<br />

als 1.000 Einwohnern auf Sizilien. Dort waren die<br />

jungen Leute abgewandert und die Alten zurückgeblieben.<br />

Mit Hilfe von Flüchtlingen will der Bürgermeister<br />

die Dorfgemeinschaft wiederbeleben. Auf<br />

bemerkenswerte Weise brachte die Überschrift der<br />

Zeitung beide Seiten, um die es auch uns beim Thema<br />

Integration gehen sollte, auf den Punkt: „Mitmenschlich<br />

aus Eigennutz“.<br />

Auf der einen Seite besteht die soziale und ethische<br />

Verpflichtung, die Integration von Menschen, die in<br />

Deutschland Schutz gefunden haben, erfolgreich zu<br />

schaffen. Dieser Aufgabe müssen sich nicht nur die<br />

Politik und die Verwaltung, sondern auch die Wirtschaft<br />

annehmen – und damit auch die Verkehrsunternehmen.<br />

Auf der anderen Seite liefern uns der<br />

demografische Wandel und die immer schwierigere<br />

Rekrutierung neuer Mitarbeiter weitere gute<br />

Gründe dafür, uns mit diesem Thema zu beschäftigen.<br />

Schließlich wird und wurde in Deutschland immer<br />

wieder die Überalterung der Gesellschaft beklagt.<br />

Die derzeitigen Wanderungsbewegungen eröffnen<br />

der Volkswirtschaft in Deutschland und Europa deswegen<br />

neben den viel diskutierten Risiken auch unglaubliche<br />

Chancen.<br />

Aus sozialer und wirtschaftlicher Verantwortung<br />

wird sich unsere Branche mit dem Thema Integration<br />

intensiver beschäftigen. Mein Ziel ist es, dass die<br />

Verkehrsbetriebe bis Ende dieses Jahres 1.000 Stellen<br />

zusätzlich für Flüchtlinge anbieten – 1.000 Stellen als<br />

Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplätze. Ich<br />

finde, das sollten wir schaffen.<br />

Im Fahrdienst, im Kundenkontakt, in den Werkstätten,<br />

in den Verwaltungen oder im Gleisbau: In den<br />

Verkehrsbetrieben arbeiten die Menschen über die<br />

gesamte Bandbreite der Wertschöpfung multikulturell<br />

zusammen. Die Vielfalt der Nationen und Kulturen<br />

stellt auch in der Verkehrsbranche kein neues<br />

Phänomen dar, sondern seit langem ein Stück gelebter<br />

Tradition.<br />

Herzlichst Ihr<br />

Jürgen Fenske<br />

18 25 Jahre <strong>VDV</strong><br />

Rote Karte für U-Bahn und Tram?<br />

Autorenbeitrag von Herbert König<br />

20 Unterwegs im Netz<br />

Freie Fahrt in den Ferien<br />

24 Hintergrund<br />

Puzzle gelöst: VGF koppelt Bahnen<br />

unterschiedlicher Leittechnik.<br />

26 Aus dem Verband<br />

AEE-Fachtagung: Wo es IT gibt,<br />

wird gehackt.<br />

28 Reportage<br />

Dritter Teil der Serie<br />

„Auf zum Fachwirt“<br />

30 Zu guter Letzt<br />

Bus kommt nur einmal im Jahr.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

als E-Paper unter:<br />

www.vdv.de/das-magazin<br />

02 | <strong>2016</strong> 3


<strong>VDV</strong> IM BILD<br />

4<br />

02 | <strong>2016</strong>


Ein Hauch von Frühling<br />

Der Winter hielt sich in diesem Jahr zwar lang<br />

und hartnäckig – doch immerhin trotzten im<br />

März schon einmal die Stiefmütterchen den<br />

bis dato recht kalten Temperaturen. In Dresden<br />

(Foto) passten sie farblich sogar perfekt<br />

zur Straßenbahn und sorgten für einen ersten<br />

Hauch von Frühling in Sachsens Landeshauptstadt.<br />

Diese steht bald im Fokus der Verkehrsbranche.<br />

Vom 6. bis 8. Juni treffen sich dort die<br />

Verkehrsunternehmen zur <strong>VDV</strong>-Jahrestagung<br />

<strong>2016</strong>. Neben verschiedenen Foren zu aktuellen<br />

Fachthemen haben die Organisatoren ein<br />

üppiges Freizeitprogramm vorbereitet – mit<br />

zahlreichen Touren ins Umland. Und bis dahin<br />

hat der frühlingshafte Hauch hoffentlich auch<br />

den ersten Vorboten des Sommers Platz gemacht.<br />

Mehr zur <strong>VDV</strong>-Jahrestagung lesen Sie<br />

auf den Seiten 12 und 13.<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

5


TITELSTORY<br />

1.000 Stellen<br />

für Flüchtlinge<br />

Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, eine Starthilfe auf dem<br />

Arbeitsmarkt geben und so einen Beitrag zur Integration leisten: Die<br />

Verkehrsunternehmen wollen dabei helfen, diese große gesellschaftliche<br />

Aufgabe zu meistern. Der <strong>VDV</strong> hat seine Mitgliedsunternehmen dazu aufgerufen,<br />

1.000 zusätzliche Praktikumsplätze für Flüchtlinge zu schaffen.<br />

Eines Morgens war Ashraf Gendi einfach<br />

da. Für einige Wochen saß der syrische<br />

Flüchtling beim Pförtner in der Zentrale der<br />

Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) – nur um<br />

ein Gefühl für die Sprache zu bekommen und<br />

zu sehen, wie die Arbeit am Empfang läuft.<br />

Interessiert verfolgte er, wie sein Kollege<br />

Besucher begrüßte und sie bei ihren Ansprechpartnern<br />

anmeldete. „Unser Pförtner<br />

hatte offensichtlich viel Spaß, seinen Praktikanten<br />

zu betreuen, mit ihm zu sprechen<br />

und ihm etwas beizubringen“, beobachtete<br />

Jürgen Fenske, Vorstandsvorsitzender der<br />

KVB und <strong>VDV</strong>-Präsident: „Gleichzeitig war<br />

dies aber auch nur ein Beispiel von vielen,<br />

die zeigen, dass bei uns in der Branche eine<br />

große Offenheit bei diesem Thema herrscht.“<br />

Mit der Integration von Flüchtlingen zu<br />

beginnen, kann also ganz unkompliziert<br />

sein. So eine Chance für einen Neuanfang,<br />

wie sie Ashraf Gendi bekommen hat, sollen<br />

bei den deutschen Verkehrsunternehmen<br />

zukünftig zahlreiche weitere Menschen<br />

erhalten, die vor Krieg und Verfolgung<br />

in Deutschland Schutz gefunden haben.<br />

1.000 zusätzliche Praktikums-, Ausbildungs-<br />

und Arbeitsplätze will die Branche<br />

bis Ende des Jahres schaffen. „An dieser<br />

Verkehrsbranche in der Verantwortung:<br />

Die Deutsche Bahn, hier ein<br />

Foto aus der Ausbildungswerkstatt,<br />

hat etwa ein Qualifizierungsprogramm<br />

für Flüchtlinge gestartet.<br />

6 02 | <strong>2016</strong>


Zahl werden wir uns messen lassen“, bekräftigt<br />

<strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske<br />

(siehe Interview S. 10): „Wir Verkehrsunternehmen<br />

tragen für alle Menschen in<br />

unserem Land eine hohe gesellschaftliche<br />

Verantwortung.“<br />

Mit Hilfe der Praktika wollen die Unternehmen<br />

den Flüchtlingen eine Starthilfe<br />

ins Arbeitsleben geben – und nicht ganz<br />

uneigennützig dem sich schon jetzt abzeichnenden<br />

Mangel an Arbeitskräften<br />

begegnen. Die Möglichkeiten dazu sind<br />

vielfältig. Mit Aussicht auf einen nachhaltigen<br />

Erfolg sind vor allem solche<br />

Praktika, in denen sich die Betriebe einen<br />

Die Verkehrsunternehmen<br />

tragen für alle Menschen<br />

in unserem Land eine hohe<br />

Verantwortung.<br />

Jürgen Fenske,<br />

<strong>VDV</strong>-Präsident<br />

genauen Eindruck von den Geflohenen<br />

machen können – und inwiefern diese<br />

die Voraussetzungen für eine Ausbildung,<br />

Qualifizierung beziehungsweise eine<br />

dauerhafte Beschäftigung mitbringen.<br />

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass<br />

es neben den berufsbezogenen Qualifikationen<br />

und Fertigkeiten vor allem auf<br />

die Sprachkenntnisse ankommt. „Gerade<br />

diesem Thema müssen wir uns besonders<br />

widmen“, betont Jürgen Fenske. Denn<br />

die Praktikanten müssen unter anderem<br />

auch Sicherheitsvorschriften verstehen<br />

und sich Fachbegriffe aneignen. Die Finanzierung<br />

berufsbezogener Sprachkurse<br />

und die Organisation von Sprachpatenund<br />

Tandemprogrammen durch die Verkehrsunternehmen<br />

können das öffentlich<br />

geförderte Angebot unterstützen.<br />

Erste Erfahrungen von Verkehrsunternehmen<br />

und Vertretern anderer Branchen<br />

zeigen, dass ausreichende Deutschkenntnisse<br />

eine erfolgreiche Integration von<br />

Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt<br />

Bei einer Firma im brandenburgischen<br />

Fürstenwalde arbeitet ein junger Mann<br />

aus Somalia mit seinem Kollegen an<br />

einem Stahlsegment (Fotos o.).<br />

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident<br />

Reiner Haseloff mit Asylbewerbern<br />

bei einer Infoveranstaltung zur Berufsausbildung.<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

7


TITELSTORY<br />

HANDREICHUNG DES <strong>VDV</strong><br />

Die Möglichkeiten, geflüchtete<br />

Menschen zu beschäftigen,<br />

sind oftmals besser, als in den<br />

Unternehmen bekannt ist.<br />

Aus der Handreichung „Praktika und<br />

Hospitationen für Flüchtlinge in den<br />

<strong>VDV</strong>-Unternehmen“<br />

Einen ersten Überblick, welche Möglichkeiten<br />

es gibt, Flüchtlinge zu beschäftigen,<br />

und was dabei zu beachten ist, gibt die<br />

Handreichung „Praktika und Hospitationen<br />

für Flüchtlinge in den <strong>VDV</strong>-Unternehmen“.<br />

Neben Hinweisen zum Sprachniveau eines<br />

Bewerbers und Erklärungen zum Aufenthaltsrecht<br />

enthält sie einen ausführlichen<br />

tabellarisch aufgebauten Ratgeberteil.<br />

Übersichtlich beantwortet werden Fragen<br />

nach der Form eines Praktikums, der<br />

Rechtsgrundlage, Vergütung und Fördermöglichkeiten,<br />

welcher Bewerber mit welchem<br />

Aufenthaltsstatus eingestellt werden kann<br />

und was dabei zu beachten ist. Zudem sind<br />

wichtige Kontakt- und Servicestellen aufgelistet.<br />

Die Handreichung ist über den <strong>VDV</strong><br />

erhältlich.<br />

Teilnehmer des Qualifizierungsprogramms<br />

der DB besuchten das ICE-Werk München.<br />

begünstigen. Weitere Faktoren sind<br />

die passende Auswahl der Bewerber,<br />

die Vorbereitung der Belegschaft durch<br />

eine offene Gesprächskultur, interkulturelle<br />

Trainings sowie die Einbindung<br />

von Netzwerken und Organisationen der<br />

Flüchtlingshilfe:<br />

• Auswahl: Bei der Suche nach Praktikanten<br />

empfiehlt der <strong>VDV</strong>, sich direkt an<br />

örtliche Träger der Flüchtlingshilfe und<br />

Arbeitsagenturen zu wenden. Im Vorfeld<br />

sollten die Anforderungen genau kommuniziert<br />

werden. Zudem muss geprüft<br />

werden, ob berufliche Vorkenntnisse<br />

und Interessen passen.<br />

• Vorbereitung der Mitarbeiter und offene<br />

Gesprächskultur: Bei der Integration<br />

kommt es auf alle Mitarbeiter an.<br />

Flüchtlinge haben oft fehlende Sprachkenntnisse<br />

und müssen die Abläufe im<br />

Betrieb erst üben. Die Bereitschaft der<br />

Stammbelegschaft, den erhöhten Betreuungsaufwand<br />

in Kauf zu nehmen<br />

und sich darüber hinaus auch freiwillig<br />

zu engagieren, sollte im Vorfeld offen<br />

thematisiert werden. Bewährt haben<br />

sich die Bildung von festen Ansprechpartner-Teams<br />

im Arbeitsalltag sowie<br />

Mentorenprogramme. Gute Erfahrungen<br />

gibt es laut <strong>VDV</strong> auch mit ehrenamtlichen<br />

„Integrationslotsen“, die bei Behördengängen<br />

oder im sonstigen Alltag zur<br />

Seite stehen.<br />

• Interkulturelle Trainings: Hilfreich<br />

gegen versteckte Vorurteile sind Trainings,<br />

in denen Beschäftigte sich mit<br />

eventuellen Ressentiments auseinandersetzen<br />

und neue Blickwinkel entwickeln<br />

können. Gleichzeitig kommt es<br />

darauf an, den neuen Praktikanten Umgangsformen<br />

und Regeln der deutschen<br />

Arbeitswelt zu vermitteln.<br />

• Netzwerke: Ansprechpartner in Netzwerken<br />

und Organisationen der örtlichen<br />

Flüchtlingshilfe helfen weiter bei<br />

bürokratischen Anliegen und Fragen der<br />

praktischen Umsetzung. Zu Fördermöglichkeiten<br />

und zum Arbeitsrecht geben<br />

die Arbeitsagenturen Auskunft. Ehrenamtliche<br />

Helferkreise unterstützen<br />

beispielsweise bei der Organisation von<br />

Sprachkursen.<br />

Ausreichende Sprachkenntnisse sind eine wesentliche Voraussetzung für<br />

die erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt – hier ein Deutschkurs an<br />

der Uni Vechta.<br />

„Migration works, when migrants work“<br />

– frei übersetzt heißt das: Einwanderung<br />

funktioniert, wenn Einwanderer arbeiten.<br />

Diese Worte wählte Prof. Haci Hali<br />

Uslucan, stellvertretender Vorsitzender<br />

des Sachverständigenrats deutscher Stif-<br />

8 02 | <strong>2016</strong>


InnoTrans <strong>2016</strong><br />

20. – 23. SEPTEMBER • BERLIN<br />

Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik<br />

Innovative Komponenten • Fahrzeuge • Systeme<br />

innotrans.de<br />

Suche nach Arbeit:<br />

3.500 Flüchtlinge<br />

hatten sich im Februar<br />

bei einer Jobbörse in<br />

Berlin angemeldet, um<br />

mit Arbeitgebern in<br />

Kontakt zu treten.<br />

tungen für Integration und Migration, in<br />

einem Vortrag über die Zuwanderung von<br />

Flüchtlingen aus der Perspektive der Integrationspolitik.<br />

Zwar gibt es bei Praktika<br />

und Hospitationen eine Reihe von<br />

Vorschriften des Arbeitsrechts zu beachten,<br />

und die Rechtsvorschriften werden<br />

laufend angepasst. Dennoch „sind die<br />

Möglichkeiten, geflüchtete Menschen zu<br />

beschäftigen, oftmals besser, als in den<br />

Unternehmen bekannt ist“, heißt es in<br />

einer vom <strong>VDV</strong> ausgearbeiteten Handreichung<br />

(siehe Infokasten, S. 8). Denn der<br />

Großteil der Flüchtlinge unterliege – je<br />

nach Aufenthaltsstatus – keinen weiteren<br />

Beschränkungen.<br />

ONLINE-ANGEBOT<br />

Informationen zu Flüchtlingsfragen gibt der<br />

<strong>VDV</strong> den Verkehrsunternehmen auch über<br />

sein Online-Angebot. Ende September 2015<br />

wurde im Mitgliederbereich der Verbandswebsite<br />

eine Plattform eingerichtet, die<br />

seitdem kontinuierlich gepflegt wird. Verkehrsunternehmen<br />

haben ihre Erfahrungen<br />

und Projekte beigesteuert. So sind beispielsweise<br />

Infos und Verhaltensregeln in unterschiedlichen<br />

Sprachen rund um die Nutzung<br />

von öffentlichen Verkehrsmitteln abrufbar.<br />

Seit ihrem Start wurde die Seite über 2.600<br />

Mal aufgerufen.<br />

Wollen auch Sie Maßnahmen und Projekte<br />

Ihres Verkehrsunternehmens im Mitgliederbereich<br />

auf der <strong>VDV</strong>-Website vorstellen?<br />

<strong>Mai</strong>len Sie an algan@vdv.de<br />

Kontakt<br />

Messe Berlin GmbH<br />

Messedamm 22 · 14055 Berlin<br />

T +49 30 3038 2376<br />

F +49 30 3038 2190<br />

innotrans@messe-berlin.de<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

9


TITELSTORY<br />

„In der Branche<br />

gibt es ein<br />

unglaubliches Engagement“<br />

Im Gespräch mit „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ appelliert <strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske (Foto), den<br />

Schutzsuchenden zu helfen. Gleichzeitig erläutert er, warum die Verkehrsunternehmen nicht<br />

nur eine ethische, sondern auch eine unternehmerische Verantwortung haben, das Thema<br />

verstärkt anzupacken.<br />

Unter den vielen<br />

Menschen, die zu uns<br />

gekommen sind, finden<br />

wir ein enormes<br />

Potenzial an Arbeitskräften.<br />

» Herr Fenske, die <strong>VDV</strong>-Mitgliedsunternehmen<br />

quälen sich mit dem Kostendeckungsgrad, ihre<br />

kommunalen Eigentümer sind schlicht klamm.<br />

Trotzdem wollen Sie einen Beitrag zur Integration<br />

von Flüchtlingen leisten?<br />

Jürgen Fenske: Ja, mir ist seit letztem Herbst, seit<br />

den Fernsehbildern von den nach Europa strömenden<br />

Menschenmassen klar, dass wir uns um<br />

dieses Thema intensiv kümmern müssen. Wir<br />

haben eine tiefe soziale und eine ethische Verpflichtung<br />

diesen Menschen gegenüber. Brücken<br />

zu bauen, gehört zu den Traditionen der Verkehrswirtschaft.<br />

Beispielsweise schaffen wir in<br />

aller Regel mehr Ausbildungsplätze, als wir eigenen<br />

Bedarf haben, und auch bei der Beschäftigung<br />

von Schwerbehinderten ist es für viele<br />

unserer Unternehmen ganz selbstverständlich,<br />

mehr zu tun, als gesetzlich vorgeschrieben ist.<br />

» Gibt es neben dem sozialen Aspekt auch<br />

unternehmerische Gründe, die Betriebe interessierten<br />

Flüchtlingen zu öffnen?<br />

Auf jeden Fall! Sie kennen die demografische Situation<br />

in Deutschland, und Sie wissen, dass wir<br />

dringend junge Mitarbeiter brauchen. Hier fin-<br />

det sich unter den vielen Menschen, die zu uns<br />

gekommen sind, ein enormes Potenzial. Damit<br />

zeigt sich: Nicht nur wir können den Flüchtlingen<br />

neue Chancen bieten – sie sind andersherum<br />

auch eine Chance für uns.<br />

» Wirklich? Es gibt ja viele Skeptiker, die<br />

behaupten, dieses Potenzial werde weit<br />

überschätzt.<br />

<strong>Das</strong> kann man nur wissen, wenn man es auch<br />

probiert. Mein Unternehmen, die KVB, hat in<br />

den letzten Jahren zunehmend Schwierigkeiten<br />

bekommen, Busfahrer zu gewinnen. Nun wollen<br />

wir in unserer Busfahrschule einen Kurs mit 15<br />

Flüchtlingen starten, und ich bin zuversichtlich,<br />

dass wir in einigen Monaten eine ganze Reihe<br />

neuer qualifizierter Kolleginnen und Kollegen für<br />

den Fahrdienst gewonnen haben.<br />

10 02 | <strong>2016</strong>


» Da geht es ja nicht nur um Verkehrsregeln und<br />

Fahren, sondern auch um sprachliche Kompetenz.<br />

Für wie hoch halten Sie die Sprachhürde?<br />

Die muss natürlich abgebaut werden. Im Regelfall<br />

belegen unsere künftigen Mitarbeiter parallel<br />

zu ihrer Beschäftigung bei uns auch einen<br />

Sprachkurs bei einer Behörde. Sie lernen also<br />

Deutsch auf der Schulbank, und bei uns springen<br />

sie dann ins kalte Wasser der Sprachpraxis.<br />

» Wie rekrutieren Sie bei der KVB die<br />

Kandidaten für diesen Kursus?<br />

<strong>Das</strong> machen wir natürlich nicht alleine, sondern<br />

in Abstimmung mit der Agentur für Arbeit. Unsere<br />

Kursteilnehmer starten zunächst mit einem<br />

Praktikum, und sie müssen auch sprachlich einige<br />

Qualifikationen erreicht haben. Schließlich<br />

müssen sie trotz allem die gleichen Leistungen<br />

wie ihre Kollegen erbringen können. Dazu gehört<br />

gegebenenfalls ja auch die Kommunikation mit<br />

den Fahrgästen. Doch wir haben schon feststellen<br />

können, da gibt es echt gut motivierte Leute.<br />

» Stichwort Motivation: Wie hoch schätzen<br />

Sie die Bereitschaft ihrer Mitarbeiter ein, den<br />

Flüchtlingen zu helfen?<br />

Lassen Sie mich das auch am Beispiel der KVB<br />

erläutern: Wir sind heute schon multikulturell,<br />

wir haben Mitarbeiter aus 22 Nationen beschäftigt.<br />

Ob Busfahrer, Servicepersonal oder<br />

Werkstattmitarbeiter – in unserer Branche ist<br />

der Migrationshintergrund doch schon lange<br />

alltäglich. Und entsprechend sehe ich eine sehr<br />

große Öffnung im Haus.<br />

» Können Sie das an Reaktionen aus der<br />

Belegschaft festmachen?<br />

Und ob. Als die Flüchtlingswelle auf dem Höhepunkt<br />

war, haben viele unserer Kolleginnen<br />

und Kollegen ehrenamtlich mitgeholfen, die mit<br />

den Zügen aus Bayern ankommenden Menschen<br />

hier zu empfangen und mit Bussen in die Erstunterkünfte<br />

zu bringen. Da gab es unglaublichen<br />

Einsatz und ganz großes Engagement, eine echte,<br />

warmherzige Willkommenskultur – keine Animositäten,<br />

keine Vorurteile, keine Ausgrenzung.<br />

» Sie wollen Busfahrer einstellen, Sie schaffen<br />

Plätze für Hospitanten und Praktikanten.<br />

Welche Perspektiven kann die Branche mitteloder<br />

längerfristig den Flüchtlingen bieten?<br />

Wir sind Unternehmen und keine Sozialromantiker.<br />

<strong>Das</strong> müssen dann schon Kollegen sein, die auch wirklich<br />

Wertschöpfung und Leistung bringen.<br />

Grundsätzlich machen wir ihnen Angebote<br />

über die gesamte Bandbreite der beruflichen<br />

Möglichkeiten in unseren Unternehmen. Also,<br />

wir können uns vorstellen, dass sie nicht nur<br />

im Fahrdienst arbeiten, sondern beispielsweise<br />

auch in den Werkstätten oder bei unseren<br />

Gleisbautrupps und in der Verwaltung. Wer bei<br />

uns eingestellt wird, dem stehen je nach Qualifikation<br />

und Engagement alle Möglichkeiten<br />

des beruflichen Aufstiegs offen. Warum sollten<br />

aus diesem Kreis später keine Führungskräfte<br />

kommen?<br />

» Bisher haben die <strong>VDV</strong>-Unternehmen nur<br />

in beschränktem Umfang Flüchtlingen die<br />

Türen geöffnet. Bleibt Ihre Initiative da nicht<br />

nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen<br />

Stein?<br />

Es war in den ersten Monaten schwierig, in<br />

der Abstimmung mit allen Behörden geeignete<br />

Kandidaten zu finden. So hatten wir hier in<br />

Köln schon im vergangenen Jahr 30 Plätze geschaffen,<br />

die wir aber gar nicht alle besetzen<br />

konnten. In diesem Jahr ist alles einfacher<br />

geworden, alles hat sich eingespielt. So hat sich<br />

der <strong>VDV</strong> vorgenommen, in <strong>2016</strong> mindestens<br />

1.000 Flüchtlingen den Einblick oder gar Einstieg<br />

in unsere beruflichen Welten zu geben.<br />

» Der <strong>VDV</strong> beteiligt sich an der Initiative<br />

„Integration Schiene“ der Eisenbahnbranche.<br />

Parallel dazu gibt es bereits das Netzwerk<br />

„Unternehmen integrieren Flüchtlinge“, hinter<br />

dem das Bundeswirtschaftsministerium und<br />

der DIHK stehen. Wird hier nicht schon wieder<br />

viel zu viel an Institutionen geschaffen, statt<br />

praktisch zu helfen?<br />

Nein, das sehe ich nicht so. Man sollte<br />

die berufliche Integration von Flüchtlingen<br />

branchenbezogen betrachten. Jeder Wirtschaftszweig<br />

hat seine spezifischen Herausforderungen.<br />

Und da erscheint es schon<br />

sinnvoll, dass jeder für sich das Thema<br />

angeht.<br />

» Herr Fenske, vielen Dank für das Gespräch.<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

11


AUS DEM VERBAND<br />

Blick nach vorn<br />

nd zurück<br />

Es wird eine außergewöhnliche Veranstaltung in einem besonderen Jahr:<br />

Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens als gesamtdeutscher Verband richtet<br />

der <strong>VDV</strong> seine Jahrestagung gemeinsam mit den Dresdner Verkehrsbetrieben<br />

(DVB) aus. <strong>Das</strong> Thema Digitalisierung und Vernetzung werden die Teilnehmer<br />

hautnah selbst erleben.<br />

„<br />

Aus Tradition wird Zukunft“: Unter diesem Leitgedanken<br />

trifft sich die Verkehrsbranche vom<br />

6. bis 8. Juni <strong>2016</strong> mit namhaften Vertretern aus Wirtschaft<br />

und Politik im Internationalen Congress Center<br />

(ICC) Dresden. „Wir freuen uns sehr, dass die Jubiläums-Jahrestagung<br />

des <strong>VDV</strong> in Dresden stattfindet.<br />

Der ÖPNV in der sächsischen Landeshauptstadt hat<br />

sich rasant entwickelt“, sagt DVB-Vorstand Andreas<br />

Hemmersbach. Thematisch stehen die künftige Entwicklung<br />

der Eisenbahn sowie die vernetzte Mobilität<br />

im ländlichen Raum im Mittelpunkt. In den Foren<br />

diskutieren die Teilnehmer unter anderem über die<br />

Herausforderungen des Arbeitsmarktes, den Deutschlandtakt<br />

bei der Eisenbahn sowie den Mobilitätswandel<br />

durch Digitalisierung und Vernetzung.<br />

Auch in die Jubiläums-Jahrestagung des <strong>VDV</strong> halten<br />

Digitalisierung und Vernetzung verstärkt Einzug: Mit<br />

einer neuen App steht den Teilnehmern ein mobiler<br />

Tagungsbegleiter auf ihrem Smartphone, Tablet oder<br />

Laptop zur Seite, der über sämtliche Programmpunkte,<br />

Referenten, Tagungsorte und Räume informiert. Zu<br />

den zahlreichen Funktionen der Anwendung zählt<br />

auch ein personalisierter Kalender, den sich die Nutzer<br />

anlegen können. Außerdem können sie direkt mit<br />

anderen Gästen der Tagung in Kontakt treten und sich<br />

mit Fragen und Kommentaren beteiligen. Des Weiteren<br />

lassen sich über die Jahrestagungs-App die in<br />

der Ausstellung vertretenen Unternehmen mit ihren<br />

Dienstleistungen und Produkten kennenlernen. Die<br />

Anwendung ist für Apple- und Android-Geräte im<br />

jeweiligen App-Store verfügbar. Zudem kann sie<br />

ohne Download direkt über einen Browser aufgerufen<br />

und wie ein fest installiertes Programm bedient<br />

werden.<br />

Doppelter Geburtstag<br />

Auch die Tradition steht im Fokus, denn im Jubiläumsjahr<br />

<strong>2016</strong> gibt es zwei besondere Geburtstage<br />

zu feiern: 25 Jahre <strong>VDV</strong> und 170 Jahre Eisenbahnverbände<br />

in Deutschland. Als Veranstaltungsort ist<br />

Dresden gleich mehrfach gut gewählt – steht die<br />

Elbmetropole doch selbst für eine lange Geschichte<br />

im Nahverkehr. <strong>Das</strong> wird der Treffabend am 6. Juni<br />

zeigen, der im Straßenbahnmuseum stattfindet. Geplant<br />

ist, die Besucher mit den historischen Fahrzeugen<br />

wieder zurück zu den Hotels zu bringen. Schon<br />

einen Tag zuvor, am Sonntag, 5. Juni, startet in diesem<br />

Jahr zudem das Rahmenprogramm zur Jubiläums-<br />

Tagung. Dann präsentieren die Gastgeber die touristischen<br />

und kulinarischen Attraktionen der Region<br />

bei abwechslungsreichen Ausflügen ins Umland.<br />

Gerade Wanderern, Kletterern, Radfahrern, Dampflokfreunden<br />

und Weingenießern dürfte die Auswahl


Zum ersten Mal können sich die Teilnehmer der <strong>VDV</strong>-Jahrestagung per<br />

App über alle Programmpunkte, Referenten und Tagungsorte informieren.<br />

Ziemlich praktisch, zumal das Programm <strong>2016</strong> besonders umfangreich<br />

ausfällt.<br />

nicht leicht fallen. Nähere Infos zu den Touren sind<br />

über die Internetseiten des <strong>VDV</strong> oder die Jahrestagungs-App<br />

abrufbar.<br />

Die Tagung endet am Mittwoch, 8. Juni, mit drei Fachbesichtigungen,<br />

in denen sich ebenfalls das Motto<br />

„Aus Tradition wird Zukunft“ widerspiegelt. Teilnehmer<br />

können zwischen einer exklusiven Führung<br />

durch das Verkehrsmuseum, einem Besuch der Verkehrsleitzentrale<br />

der TU Dresden, bei der das örtliche<br />

Verkehrsmanagementsystem „Vamos“ vorgestellt<br />

wird, sowie einer Exkursion auf den Spuren der Mobilität<br />

von morgen wählen. Bei Letzterer geht es mit<br />

dem E-Bus zum Leibniz-Institut für Festkörper- und<br />

Werkstoffforschung, wo eine Probefahrt mit einem<br />

supraleitenden Schwebefahrzeug geplant ist.<br />

Weitere Infos zur Jahrestagung und<br />

zum Download der App gibt es unter:<br />

www.vdv.de/jahrestagung.aspx<br />

Hier geht es zur Browser-<br />

Version der mobilen App:<br />

https://eventmobi.com/vdv/<br />

DRESDNER VERKEHRSBETRIEBE<br />

Zwölf Straßenbahn- und 27 Buslinien,<br />

zwei historische Bergbahnen, drei Elbfähren:<br />

Die Dresdner Verkehrsbetriebe<br />

(DVB) betreiben den ÖPNV in Sachsens<br />

Landeshauptstadt. „Heute sind wir auf<br />

den ersten Platz im Kundenbarometer<br />

und auf die modernen Mobilitätsangebote<br />

ebenso stolz wie auf unsere lange Tradition“,<br />

sagt DVB-Vorstand Andreas<br />

Hemmersbach (Foto): Niederflurfahrzeuge, eine hohe Taktdichte,<br />

kurze Wege, barrierefreie Haltestellen und umfassende Kundeninformationen<br />

stehen für die Qualität des Angebots. <strong>Das</strong> Straßenbahnnetz<br />

gehört mit einer Länge von 134 Kilometern zu den größten in<br />

Deutschland. Ihre Hybridbusflotte von mittlerweile 18 Fahrzeugen<br />

und ein E-Bus im täglichen Einsatz machen die DVB zu einem Vorreiter<br />

beim Thema Elektromobilität. Andreas Hemmersbach: „Jährlich<br />

153 Millionen Fahrgäste sind gleichsam Herausforderung wie<br />

Ansporn für weitere Verbesserungen im Dresdner Nahverkehr. Zum<br />

Beispiel durch den geplanten Stadtbahnausbau oder die Erweiterung<br />

der Elektromobilität auf unseren Buslinien.“<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

13


250<br />

MASSNAHMEN<br />

sind aus Sicht der NE-Bahnen erforderlich, um<br />

die Qualität ihrer Infrastruktur zu sichern und zu<br />

verbessern. Insgesamt haben sich 50 Unternehmen<br />

an der Umfrage des <strong>VDV</strong> beteiligt.<br />

Mit kleinen<br />

Maßnahmen<br />

viel erreichen<br />

Die Elektrifizierung von Schienenstrecken, der Ausbau<br />

der dynamischen Fahrgastinformation oder verschiedene<br />

Instandhaltungsarbeiten: Die Nichtbundeseigenen<br />

Eisenbahnen (NE-Bahnen) sehen mit Blick auf ihre<br />

eigene Infrastruktur weiter reichlich Verbesserungspotenzial.<br />

<strong>Das</strong> hat eine aktuelle <strong>VDV</strong>-Umfrage ergeben.<br />

Bereits zum vierten Mal seit 2009 hat<br />

der Verband den Investitionsbedarf<br />

für die Infrastruktur der NE-Bahnen abgefragt.<br />

Heraus kam eine Liste von rund 250<br />

konkreten Maßnahmen, durch die sich aus<br />

Sicht der 50 teilnehmenden Verkehrsunternehmen<br />

die Qualität des deutschen Schienennetzes<br />

deutlich verbessern könnte. Vor<br />

14 02 | <strong>2016</strong>


Fotos: AKN Eisenbahn AG (o.); Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK)/Christoph Seelbach (u.)<br />

allem bei der Erneuerung und Modernisierung,<br />

aber auch bei Aus- und Neubau der<br />

nichtbundeseigenen Schieneninfrastruktur<br />

wächst demnach der Investitionsbedarf.<br />

„Bei der Mehrzahl der Projekte handelt es<br />

sich um Vorhaben, die zwingend umgesetzt<br />

werden müssen, um den Bestand der Infrastruktur<br />

überhaupt zu sichern“, erläutert<br />

<strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff:<br />

„Die NE-Bahnen bewirtschaften inzwischen<br />

über 4.000 Kilometer des deutschen<br />

Schienennetzes und erfüllen damit eine<br />

wichtige Funktion für die Stabilität und<br />

Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems<br />

Eisenbahn.“<br />

Bei den aufgelisteten Vorschlägen handele<br />

es sich keinesfalls um Großprojekte, sondern<br />

vielmehr um kleinere Maßnahmen,<br />

die die Qualität im Schienennetz dennoch<br />

deutlich verbessern könnten. Dazu zählen<br />

vielerorts der zweigleisige Ausbau kurzer<br />

Streckenabschnitte, um Fahr- und Wartezeiten<br />

zu verkürzen, oder der Einbau<br />

elektrischer Weichensteuerungen. Doch<br />

auch wenn die Kosten vergleichsweise<br />

überschaubar ausfielen, so Oliver Wolff,<br />

lägen sie für die betroffenen Unternehmen<br />

meist über dem Budget. „Die meisten<br />

NE-Bahnen sind kleine und mittelständische<br />

Unternehmen, die an dieser Stelle auf<br />

finanzielle Unterstützung der öffentlichen<br />

Hand angewiesen sind.“<br />

<strong>VDV</strong> sieht Länder in der Pflicht<br />

Auf Seiten des Bundes gibt es hier zwar<br />

Fortschritte: Seit August 2013 können<br />

NE-Bahnen auf Gelder hoffen, wenn es<br />

um den Bestandserhalt ihrer Infrastruktur<br />

geht. Damals war das Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz<br />

(SGFFG) in<br />

Kraft getreten – ein Reformschritt. In dem<br />

Gesetz hatte die Bundesregierung festgelegt,<br />

die Infrastruktur von NE-Bahnen<br />

zunächst mit jährlich 25 Millionen Euro<br />

zu fördern. Allerdings hat der Haushaltsausschuss<br />

des Bundestages für das Jahr<br />

<strong>2016</strong> eine Kürzung der Mittel beschlossen.<br />

„<strong>Das</strong> ist genau der falsche Weg“,<br />

urteilt Oliver Wolff.<br />

Zudem erstattet der Bund den Eisenbahn-<br />

AUS DEM VERBAND<br />

Die Kürzung der Mittel<br />

aus dem SGFFG ist<br />

genau der falsche Weg.<br />

Oliver Wolff,<br />

<strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />

Die Wunschliste der NE-Bahnen<br />

ist lang: Die AKN (o.) etwa würde<br />

gerne mehr Strecken zweigleisig<br />

ausbauen, die Kölner HGK (u.)<br />

unter anderem die Signaltechnik<br />

aufrüsten.<br />

unternehmen maximal 50 Prozent der<br />

förderfähigen Kosten. Den Rest sollten<br />

die Länder durch eigenes Geld mittragen.<br />

„Doch diese Kofinanzierung funktioniert<br />

leider bislang nur in Niedersachen und ist<br />

in Rheinland-Pfalz vorgesehen“, bemängelt<br />

Oliver Wolff: „Sie ist aber ein zentraler<br />

Erfolgsfaktor. Denn selbst wenn der Bund<br />

50 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt,<br />

bleibt die andere Hälfte derzeit bei<br />

den Unternehmen hängen. Und das überfordert<br />

viele.“ Der <strong>VDV</strong> appelliere daher<br />

an die Bundesländer, zeitnah in die Mitfinanzierung<br />

der NE-Infrastruktur einzusteigen.<br />

Ingo Wortmann als <strong>VDV</strong>-Vizepräsident wiedergewählt<br />

Dritte Amtszeit für Ingo Wortmann (Foto):<br />

Die Mitglieder des Verwaltungsrates Bus<br />

haben den 46-Jährigen auf ihrer turnusgemäßen<br />

Sitzung einstimmig für weitere<br />

drei Jahre als Vorsitzenden wiedergewählt.<br />

Damit bleibt Ingo Wortmann auch einer der<br />

fünf Vizepräsidenten im <strong>VDV</strong> und vertritt<br />

dort die Busunternehmen. Dieses Amt hat<br />

der Technische Geschäftsführer der SWU<br />

Verkehr GmbH nunmehr seit dem 1. Juli<br />

2010 inne. <strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske<br />

begrüßte die Wiederwahl: „Ingo Wortmann<br />

ist ein ÖPNV-Experte und profilierter<br />

Vertreter der Bussparte. Seit sechs Jahren<br />

engagiert er sich aktiv als <strong>VDV</strong>-Vizepräsident<br />

für die Zukunft der Branche und<br />

arbeitet in verschiedenen Gremien des<br />

Verbandes mit.“<br />

Der Verwaltungsrat der Sparte Personenverkehr<br />

mit Bussen ist das oberste Gremium<br />

der rund 300 im <strong>VDV</strong> organisierten Busunternehmen.<br />

Sie befördern jährlich über<br />

vier Milliarden Fahrgäste im deutschen<br />

Nahverkehr und damit 42 Prozent aller<br />

Nahverkehrskunden pro Jahr.<br />

AKTUELL<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

15


30<br />

PROZENT<br />

Um diesen Wert stieg<br />

die Teilnehmerzahl der<br />

Elektrobus-Konferenz<br />

gegenüber 2015.<br />

Die Branche ist<br />

elektrisiert<br />

Elektrobusse machen kaum Lärm, nutzen ihre Energie effizient und stoßen in den<br />

Städten keine Schadstoffe aus. Derzeit entwickelt sich die Technik rasant, wie die<br />

Konferenz „Elektrobusse – Markt der Zukunft!“ verdeutlichte. Weitere Entwicklungen,<br />

um die Serienreife zu erlangen, sind in Planung.<br />

Der E-Bus wird im städtischen Raum kommen: Darin waren<br />

sich die Teilnehmer auf den Podien der Konferenz weitgehend<br />

einig. Unklar bleibt dagegen weiterhin, mit welcher Technik<br />

und welchen Standards Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur auf<br />

die Anforderungen im Stadtverkehr abgestimmt werden können.<br />

Vor dem Hintergrund des Welt-Klimaschutzabkommens<br />

von Paris und des Vertragsverletzungsverfahrens, mit dem<br />

die EU von den deutschen Kommunen strengere Maßnahmen<br />

zur Luftreinhaltung einfordert, hat das Thema an Dynamik<br />

gewonnen. <strong>Das</strong> spiegelte sich auf der Konferenz wider: Gegenüber<br />

2015 stieg die Teilnehmerzahl um knapp 30 Prozent. Auf<br />

Einladung der <strong>VDV</strong>-Akademie und des Forums für Verkehr<br />

und Logistik – einer Gemeinschaftsinitiative von <strong>VDV</strong> und<br />

DEVK-Versicherungen – diskutierten 320 Experten aus der<br />

Verkehrsbranche und der Industrie über Projekte, Betriebskonzepte,<br />

Speicher- und Ladetechniken.<br />

Eng mit der Konferenz verbunden war zudem die „ElekBu <strong>2016</strong>“ im<br />

Untergeschoss des Tagungshotels. Sieben Hersteller zeigten ihre<br />

Batterie- und Plug-in-Fahrzeuge sowie 25 weitere internationale<br />

Dienstleister und Zulieferer ihre Lösungen aus den Bereichen<br />

Design, Antriebs- und Ladetechnik. <strong>Das</strong> macht die Ausstellung<br />

zur derzeit größten Fachmesse für Elektrobusse.<br />

Politik kündigt weitere Fördermittel an<br />

Unabhängig voneinander kündigten die Staatssekretäre Rainer<br />

Bomba vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur<br />

sowie Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium<br />

an, die Anschaffung von E-Bussen auch künftig zu fördern. „Ich<br />

bin sicher, dass sich diese erstklassige Technologie ebenso wie<br />

seinerzeit das Handy durchsetzen wird“, so Rainer Bomba. Jochen<br />

Flasbarth ermunterte die Bushersteller, „die technologische Entwicklung<br />

mit großem Nachdruck zu verfolgen“. Hintergrund sei,<br />

dass die Nachfrage nach Elektrobussen durch die zunehmende<br />

Urbanisierung weltweit steigen werde. Mit der Bekanntgabe der<br />

Förderungen erkennen beide Ministerien eine Notwendigkeit<br />

zur weiteren Entwicklung der jungen Technologie an.<br />

Mit 700.000 Euro kostet ein E-Bus derzeit mindestens doppelt so<br />

viel wie ein Dieselbus. Hinzu kommt der Aufbau der Ladeinfrastruktur.<br />

Zwei weitere Förderrunden dieser jungen Technologie<br />

durch die öffentliche Hand hält der <strong>VDV</strong> für dringend geboten,<br />

damit auf den gesammelten Erfahrungen aufgebaut werden kann<br />

und weitere Entwicklungsschritte durchlaufen werden können.<br />

Martin Schmitz, Geschäftsführer Technik beim <strong>VDV</strong>, betonte,<br />

dass der in seiner heutigen Ausprägung schon umweltfreundliche<br />

und klimaschonende ÖPNV dazu beitragen wolle, neue Tech-<br />

16 02 | <strong>2016</strong>


AUS DEM VERBAND<br />

Bei der Lade- und Speichertechnik<br />

suchen Hersteller und Verkehrsunternehmen<br />

derzeit nach Standards.<br />

DREI FRAGEN AN<br />

Martin Schmitz (Foto),<br />

Geschäftsführer Technik<br />

beim <strong>VDV</strong><br />

Die Staatssekretäre Rainer Bomba (l.) vom Bundesministerium für Verkehr und<br />

digitale Infrastruktur sowie Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium<br />

(r.) nahmen für die Fotografen am Steuer eines Elektrobusses Platz.<br />

nologien in verschiedenen Bereichen des Öffentlichen Verkehrs zur<br />

weiteren Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks unterstützend<br />

zu erproben. Die erste Generation von Elektrobussen müsse für<br />

einen möglichen Markthochlauf aber noch zuverlässiger und wirtschaftlicher<br />

werden, um im Vergleich zu den aktuellen Euro-VI-<br />

Dieselbussen in einem Geschäftsmodell bestehen zu können.<br />

Lenkungskreis treibt Suche nach Standards voran<br />

Unterdessen sammeln immer mehr Verkehrsunternehmen im Inund<br />

Ausland Erfahrungen mit der neuen Antriebstechnik. Zuletzt<br />

hatten die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) acht Gelenkbusse angeschafft,<br />

die bis Ende des Jahres eine komplette Linie bedienen sollen.<br />

In 20 deutschen Städten werden derzeit Elektrobusse erprobt<br />

– darunter Fahrzeuge, die ihre Speicher unterwegs per Pantograf<br />

an der Straßenbahn-Oberleitung, per Stecker an einer Ladestation<br />

oder über eine Induktionsfläche füllen (Opportunity Charging). Ein<br />

weiteres Konzept sieht vor, die Busse zum Aufladen ins Depot zu<br />

bringen (Overnight Charging). Die Suche nach Standards wird derzeit<br />

auch vom 40-köpfigen E-Bus-Lenkungskreis des <strong>VDV</strong> mit<br />

Vertretern der Verkehrsbranche vorangetrieben (siehe Interview).<br />

Martin Schmitz: „Für die angekündigten Förderprogramme werden<br />

wieder motivierte und personell gut aufgestellt Unternehmen<br />

gesucht, die zu einer zweiten Entwicklungsstufe beitragen können.“<br />

» Welche Erfahrungen machen die Verkehrsunternehmen<br />

mit den Elektrobussen?<br />

Martin Schmitz: Momentan kommen Prototypen der<br />

ersten Generation zum Einsatz, die noch optimiert und<br />

weiterentwickelt werden müssen. Dementsprechend<br />

sind die Laufleistungen und Einsatzzeiten der Fahrzeuge<br />

sehr unterschiedlich. Wir müssen also noch viel lernen,<br />

üben und optimieren. Ziel muss es sein, den Elektrobus<br />

in Zukunft mit einer ähnlichen Wirtschaftlichkeit und<br />

Verlässlichkeit einsetzen zu können, wie es bei aktuellen<br />

Dieselfahrzeugen möglich ist. Welches Konzept<br />

dann zum Tragen kommt, lässt sich derzeit noch nicht<br />

sagen. Um bis 2020 möglichst zur Serienreife zu gelangen,<br />

benötigen wir in den kommenden Jahren nicht<br />

nur die weitere finanzielle Unterstützung durch Bund<br />

und Länder, sondern auch motivierte und personell<br />

ausgestatte Verkehrsunternehmen sowie weitere Forschung<br />

und Standardisierung seitens der Industrie.<br />

» Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat der <strong>VDV</strong><br />

beziehungsweise der E-Bus-Lenkungskreis?<br />

In erster Linie fördern wir den Austausch und das Voneinanderlernen<br />

und bringen uns bei der Erarbeitung von<br />

Normen und Standards ein. So haben wir beispielsweise<br />

den Steckertyp und die Position am Fahrzeug vorgegeben.<br />

<strong>Das</strong> ist wichtig, damit alle Verkehrsunternehmen auf dieser<br />

einheitlichen technischen Basis ausschreiben können.<br />

So wird es in Zukunft einfacher, Depots zu standardisieren<br />

und die Busse wieder zu verkaufen oder zu verleihen.<br />

» Wie geht es im Normverfahren nun weiter?<br />

Gemeinsam mit der Industrie haben wir einen ersten<br />

Aufschlag erarbeitet, den wir über das deutsche<br />

Normverfahren nach Brüssel in den europäischen<br />

Normungsprozess einspeisen. Nun wird auf der Basis<br />

eine europäische einheitliche Schnittstelle zwischen<br />

Fahrzeug und Ladeinfrastruktur definiert werden.<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

17


vierteljahrhundert<br />

Serie zu 25 Jahren <strong>VDV</strong><br />

Foto: MVG<br />

Rote Karte<br />

für U-Bahn<br />

und Tram?<br />

Mit einem Plus von 1,8 Prozent verzeichneten U-Bahnen und<br />

Straßenbahnen in 2015 überdurchschnittliche Fahrgastzuwächse.<br />

Damit die Systeme äußerst zuverlässig und leistungsstark bleiben,<br />

müssen sie kontinuierlich gepflegt werden. Dieser Beitrag von<br />

Herbert König, <strong>VDV</strong>-Vizepräsident für die Sparte Tram, setzt unsere<br />

fünfteilige Serie mit aktuellen Themen aus dem Verband fort.<br />

Die rund 80 U-Bahn- und Straßenbahnbetriebe<br />

in Deutschland haben<br />

2015 mit ihren 6.700 Fahrzeugen über vier<br />

Milliarden Fahrgäste befördert. Erneut war<br />

die Zuwachsrate überdurchschnittlich.<br />

U-Bahnen und Straßenbahnen sind mehr<br />

denn je das Rückgrat des deutschen ÖPNV<br />

und halten die deutschen Großstädte am<br />

Leben. Es ist also nicht so, dass der ÖPNV in<br />

den deutschen Städten ein Akzeptanzproblem<br />

hätte – im Gegenteil: Hohe Zuverlässigkeit,<br />

ständige Verfügbarkeit, vor allem aber<br />

scheinbar unbegrenzte Leistungsfähigkeit<br />

AUTOR<br />

Herbert König<br />

<strong>VDV</strong>-Vizepräsident Tram<br />

des städtischen ÖPNV sind selbstverständlich<br />

geworden. Immobilienanzeigen in den<br />

Großstädten werben mit dem ÖPNV-Anschluss,<br />

große Stadtentwicklungsprojekte<br />

werden durch ihn erst möglich. Der<br />

Schienenverkehr ist da, fährt immer und<br />

schafft alles. Dieses extrem hohe Vertrauen,<br />

das reale Wachstum, aber auch die hohe Erwartung<br />

in seine Performance sind zwar ein<br />

schönes Kompliment für die Unternehmen,<br />

aber auch eine zunehmende Herausforderung,<br />

denn diese Leistungsfähigkeit bedarf<br />

der kontinuierlichen Pflege – und das heißt<br />

18 02 | <strong>2016</strong>


zuvörderst: Investitionen in Erhalt, Effizienzsteigerung<br />

und Ausbau der Systeme.<br />

Erneuerungsbedarf steigt rapide<br />

Und genau hier hat der kommunale Schienenverkehr<br />

sein eigentliches Problem; das<br />

allerdings wächst rapide: Viele Systeme<br />

haben einen exponentiell steigenden Erneuerungsbedarf,<br />

bei der Infrastruktur<br />

wie auch beim zunehmend überalterten<br />

Wagenpark. Viele Systeme arbeiten nicht<br />

so effizient wie heute eigentlich machbar<br />

– zum Beispiel, weil die technischen Möglichkeiten<br />

der Energierückspeisung mangels<br />

moderner Fahrzeuge oder ausreichend<br />

leistungsfähigen Stromnetzes nicht ausgenutzt<br />

werden können. Gerade dort, wo<br />

Einwohnerzahlen und Wirtschaftskraft<br />

eher stagnieren, wäre aber Effizienzsteigerung<br />

im ÖPNV besonders wichtig, um<br />

Schienennetze zu erhalten. Dort, wo die<br />

Nachfrage überproportional steigt, erreichen<br />

die Systeme zunehmend Kapazitätsgrenzen.<br />

Sie zu beseitigen, kostet aber nun<br />

mal viel Geld und braucht einen zeitlichen<br />

Vorlauf – und der ist leider länger denn<br />

je, bedingt durch immer aufwändigere<br />

Planungs- und Genehmigungsverfahren.<br />

Gerade bei U-Bahnen mit ihren extrem<br />

hoch belasteten Infrastrukturen sowie<br />

komplexen betrieblichen Abläufen mit<br />

sekundengenauen Fahrplänen gilt aber:<br />

Überschreiten der Kapazitätsgrenzen bedeutet<br />

nicht allein sinkenden Komfort für<br />

die Nutzer, sondern kann auch zum Kippen<br />

der Leistungsfähigkeit und sogar zu<br />

Sicherheitsrisiken führen.<br />

Energieeffizienz erhöhen<br />

Immer noch gilt: Der ÖPNV bekommt zu<br />

wenig Geld. Aber weil es noch zu wenig<br />

ist, müssen wir auch über Prioritäten<br />

sprechen – und da müsste es eigentlich<br />

selbstverständlich sein, dass der Erhalt der<br />

U-Bahnen wie in<br />

München (gr. Foto, l.)<br />

und Berlin (l.) sind<br />

zusammen mit<br />

Straßenbahnen<br />

das Rückgrat des<br />

ÖPNV in deutschen<br />

Ballungs räumen.<br />

am meisten genutzten Systeme Priorität<br />

Nr. 1 sein sollte. Es läuft aber andersherum.<br />

Der Anteil des kommunalen ÖPNV an<br />

den staatlichen Mitteln ist kontinuierlich<br />

rückläufig, das Thema „Erneuerung“ bleibt<br />

politisch unbehandeltes Terrain. Politik<br />

mag Schaufensterprojekte, die schöne<br />

Bilder abgeben, als innovativ gelten, also<br />

dem Image dienen. Innovation macht<br />

mehr her als Renovierung. Die Steigerung<br />

der Energieeffizienz des ÖPNV ist medial<br />

nicht wirklich sexy, wäre aber nachhaltig<br />

und wirtschaftlich. Hier darf sich die<br />

Branche auch selbst den Spiegel vorhalten:<br />

Neue Energiespeicher für die Perspektive<br />

E-Bus sind ein riesiges Thema, aber<br />

Techniken zur besseren Nutzung der<br />

Rückspeisung im längst elektromobilen<br />

Schienenverkehr fristen ein Mauerblümchen-<strong>Das</strong>ein,<br />

in unserer eigenen Prioritätenliste<br />

wie in der Förderpolitik. <strong>Das</strong> aber<br />

ist ungeschickt, denn wo viele fahren, also<br />

viel Energie für Mobilität benötigt wird,<br />

da hat höhere Energieeffizienz logischerweise<br />

auch den größten Nutzen.<br />

<strong>Das</strong> GVFG-Bundesprogramm soll weitergeführt<br />

werden. <strong>Das</strong> ist natürlich gut<br />

so, denn wo wir wachsen, brauchen wir<br />

mehr ÖPNV-Infrastruktur. Aber so lange<br />

den Unternehmen bei der Erneuerung<br />

ihres Bestands nicht geholfen wird, wird<br />

die Lage zunehmend absurd: Die Verlängerung<br />

einer Bestandsstrecke ist dann<br />

vielleicht förderfähig, ihr Erhalt aber gefährdet.<br />

Ein Neubau kann förderfähig sein,<br />

die Modernisierung einer Bestandsstrecke<br />

aber nicht. <strong>Das</strong> führt zu Fehlallokationen<br />

öffentlicher Mittel und darf so nicht<br />

bleiben! Deshalb muss dem ersten Schritt<br />

nun umgehend der zweite folgen: Eine<br />

Ausdehnung der Förderung auf Modernisierungsinvestitionen,<br />

was allerdings<br />

zwingend auch mit einer Ausdehnung der<br />

Fördervolumina einhergehen muss.<br />

Die ÖPNV-Branche ist nicht immun gegen<br />

den immer schnelleren Zeitgeist mit seinen<br />

Hypes. Und es mag ja wahr sein, dass man<br />

an öffentliches Geld eher kommt, wenn<br />

man „mit der Mode“ geht. Ich will auch gar<br />

nicht verdammen, dass auch wir aktuell<br />

fast nur noch von Digitalisierung, neuen<br />

Mobilitätsformen und (neuer?) Elektromobilität<br />

reden. Aber wenn wir dabei die<br />

Basics vergessen, nämlich durch Modernisierung<br />

plus Ausbau für weiterhin gut<br />

funktionierende und leistungsfähige konventionelle<br />

Verkehrsmittel wie U-Bahnen<br />

und Straßenbahnen zu sorgen und dafür<br />

zu kämpfen, dass das auf der politischen<br />

Agenda nach ganz oben kommt, wird<br />

uns auch der digital vernetzte Mensch<br />

bald deutlich und zu Recht die rote Karte<br />

zeigen, gegebenenfalls auch per App.<br />

Modernisierung plus<br />

Ausbau leistungsfähiger<br />

Verkehrsmittel<br />

– wie hier<br />

die Straßenbahn in<br />

Düsseldorf – müssten<br />

auf der politischen<br />

Agenda ganz weit<br />

oben stehen.<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

19


UNTERWEGS IM NETZ<br />

11<br />

MILLIONEN<br />

Ungefähr diese Anzahl von<br />

Übernachtungen mit der Konus-<br />

Gästekarte zählt der Schwarzwald<br />

im Jahr. Mehr als 11.000 Beherbungsbetriebe<br />

vom Zeltplatz bis<br />

zum Fünf-Sterne-Hotel bieten<br />

die Karte an, das sind rund 80<br />

Prozent aller Unterkünfte mit<br />

mehr als neun Betten. 46 Prozent<br />

aller Gäste nutzen nach eigenen<br />

Angaben während des Urlaubs die<br />

Konus-Gästekarte für Fahrten<br />

kreuz und quer durch die Region.<br />

Die Stiefel geschnürt und los geht es: Im Schwarzwald nutzen<br />

Touristen mit der Konus-Gästekarte kostenlos den ÖPNV. So<br />

können auch Wanderer ihre Etappen unkompliziert verbinden.<br />

20 02 | <strong>2016</strong>


Freie Fahrt<br />

in den Ferien<br />

Im Urlaub das Auto stehen lassen und das Ferienziel mit Bus und Bahn erkunden –<br />

kostenlos: Immer mehr deutsche Urlaubsregionen bieten das ihren Gästen, meist als<br />

eine zusätzliche Gegenleistung für die allfällige Kurtaxe. Der Schwarzwald startete<br />

vor mehr als zehn Jahren mit der „Konus“-Gästekarte als Freifahrtschein. Er fand viele<br />

Nachahmer für das Angebot und baute es weiter aus.<br />

Foto: Deutsche Bahn AG/Hans-Dieter Bude<br />

Für ambitionierte Wanderer ist die 285 Kilometer<br />

lange Strecke ein Klassiker und mindestens einmal<br />

im Leben ein Muss: Der „Westweg“ durch den Schwarzwald<br />

von Pforzheim nach Basel verbindet tiefe Täler<br />

und luftige Höhen – von der Hornisgrinde im Norden<br />

über Feldberg und Belchen im Hochschwarzwald bis<br />

Basel. Nun ist es nicht jedermanns Sache, den Marsch<br />

an einem Stück, gegebenenfalls bei Wind und Wetter<br />

oder unbarmherziger Sonne, Tag für Tag durchzuhalten.<br />

Die Alternative heißt: Wanderetappe für Wanderetappe<br />

mit dem Öffentlichen Personennahverkehr verbinden –<br />

nach der Tour mit Bus und Bahn zurück zum Ausgangspunkt.<br />

So lassen sich die Schönheiten des Schwarzwalds<br />

gezielt herauspicken, ohne Gepäckmarsch und ohne<br />

ständigen Herbergswechsel. Die „Konus“-Gästekarte<br />

macht das einfach: Der Westweg wurde in Tagesetappen<br />

aufgeteilt, und zwar so, dass Start wie Ziel in der Regel<br />

gut mit dem ÖPNV erreichbar sind.<br />

Nicht immer ist Wanderwetter, auch nicht im sonnigen<br />

Südwesten der Bundesrepublik. Und dann freut<br />

sich Thomas Coch, Tourismuschef in der Gemeinde<br />

Staufen im Breisgau am Anfang des Münstertals, „dass<br />

wir so supernah an der Rheintalstrecke liegen“. Nur<br />

ein paar Minuten dauert die Bahnfahrt vom unterhalb<br />

der markanten Burgruine liegenden Bahnhof mit dem<br />

SWEG-Triebwagen nach Bad Krozingen, und dort gibt’s<br />

Regionalexpress-Anschluss nach Süden und nach Norden.<br />

Nach Freiburg dauert es kaum mehr als zehn Minuten,<br />

Basel ist eine Stunde nah. Aber auch Offenburg,<br />

Baden-Baden und Straßburg sind Ziele; zur Fahrt in<br />

die Elsass-Metropole reicht das Konus-Ticket bis Kehl.<br />

„Natururlaub und Städtetourismus – für beides ist die<br />

Gästekarte ideal“, freut sich Coch. Staufen sei idealer<br />

Ausgangspunkt für Gäste, die beides verbinden. Er stellt<br />

fest, dass es besonders die Museen und die jährliche internationale<br />

Kunstmesse „Art Basel“ sind, die kulturell<br />

ambitionierte Urlauber locken.<br />

Vorbild Österreich<br />

<strong>Das</strong>s die Übernachtungszahlen Jahr für Jahr steigen,<br />

führt nicht nur Coch auf das ÖPNV-Angebot per Gästekarte<br />

zurück. Auch Christopher Krull, Geschäftsführer<br />

der Schwarzwald Tourismus GmbH, sieht das so. Er<br />

ist der Vater der Konus-Karte. Ihr Name ist eine gefällige<br />

Abkürzung: „Kostenlose Nutzung des ÖPNV für<br />

Schwarzwaldurlauber“. Entdeckt hatte Krull die Idee,<br />

per Kurkarte die Urlauber das örtliche Linienbusangebot<br />

nutzen zu lassen, im Kleinwalsertal, das im südlichen<br />

Allgäu zu Österreich gehört. „Mich hat es interessiert, ob<br />

man so eine Idee nicht nur auf Gemeindeebene wie dort<br />

realisieren kann, sondern in einer so großen Region wie<br />

dem Schwarzwald.“<br />

Gut ein Jahrzehnt später lässt sich feststellen: Man<br />

kann. <strong>Das</strong> Freifahrt-Ticket gilt in der über 11.000 Quadratkilometer<br />

großen Region. 145 Orte verteilt auf neun<br />

Verkehrsverbünde mit über 70 Verkehrsunternehmen<br />

machen mit bei der Konus-Gästekarte. Sie erschließen<br />

sich zusätzliches Kundenpotenzial für den ohnehin<br />

von den Aufgabenträgern bestellten Linienverkehr auf<br />

Straße und Schiene: Aus den Einnahmen für die Kurkarten<br />

steuern die Gemeinden 36 Cent pro Übernachtung<br />

bei. 35 Cent werden an die Verkehrsunternehmen über<br />

die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) ausgeschüttet,<br />

ein Cent verbleibt für Handling und Marketing bei<br />

der STG. Pro Jahr kommen rund vier Millionen Euro Konus-Fahrgeldeinnahmen<br />

zusammen – ein pauschaliertes<br />

Beförderungsentgelt. Im letzten Jahrzehnt ist die Zahl<br />

der Schwarzwald-Urlauber um 1,9 Millionen gestiegen.<br />

Viele kommen wegen der Konus-Karte schon gar nicht<br />

mehr mit dem eigenen Auto, sondern reisen mit der Bahn<br />

an. „Ein durchaus gewollter Nebeneffekt“, merkt Krull<br />

an und rechnet vor: „1,9 Millionen zusätzliche Urlauber<br />

– ohne die Konus-Karte bedeutete das vermutlich<br />

über 800.000 zusätzliche Autos auf den Straßen des<br />

Schwarzwaldes. <strong>Das</strong> wäre ohne Straßenausbau und<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

21


UNTERWEGS IM NETZ<br />

MIT DEM ÖPNV IM URLAUB MOBIL<br />

Folgende 22 Fahrtziel-Natur-Gebiete ermöglichen Urlaubsgästen<br />

durch besondere Mobilitätsangebote mit Bus und<br />

Bahn einen autofreien Urlaub:<br />

• Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen<br />

• Naturschutzgebiet Ammergauer Alpen<br />

• Nationalpark und Naturpark Bayerischer Wald<br />

• Nationalpark Berchtesgaden<br />

• Biosphärenreservat Bliesgau<br />

• Nationalpark Eifel<br />

• Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe<br />

• Naturpark Frankenwald<br />

• Nationalpark Hainich<br />

• Nationalpark Harz<br />

• Nationalpark Jasmund<br />

• Biosphärenreservat Südost-Rügen<br />

• Müritz-Nationalpark<br />

• Biosphärenreservat/Naturpark Pfälzerwald<br />

• Nationalpark Sächsische Schweiz<br />

• Biosphärenreservat Schorfheide Chorin<br />

• Schweizerischer Nationalpark<br />

• Nationalpark Hohe Tauern Kärnten<br />

• Nationalparke im Wattenmeer<br />

• Nationalpark und Naturparke Schwarzwald<br />

• Naturparke und Biosphärenreservat Thüringer Wald<br />

• Naturpark Uckermärkische Seen<br />

vor allem ohne zusätzliche Parkplätze in unseren Städten<br />

und an den beliebten Ausgangspunkten der Wanderrouten<br />

gar nicht vorstellbar.“ Ein weiterer Effekt: Städte<br />

und Kreise erkennen, dass ein guter ÖPNV Feriengäste<br />

anlockt, und sind deshalb eher bereit, Angebote zu erhalten<br />

oder auszubauen.<br />

und Bad Hindelang im Allgäu. Auch in anderen Urlaubsregionen<br />

gibt es im ÖPNV spezielle Angebote für Feriengäste,<br />

in aller Regel zu einem geringen Pauschalpreis<br />

oder auch mit lokaler Freifahrt.<br />

Gästekarten machen ÖPNV attraktiver<br />

Nachfrage und Angebot werden nach Experteneinschätzung<br />

künftig steigen. Vier Fünftel aller Tagesurlauber<br />

in Deutschland reisen – noch – mit dem eigenen Auto;<br />

bei mehrtägigen Reisen sind es immerhin noch zwei<br />

von dreien, ermittelte die Studie „Nachhaltige Mobilitätskonzepte<br />

für Touristen im öffentlichen Verkehr mit<br />

Fokus auf Regionen im Bereich von Großschutzgebieten“,<br />

die das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut<br />

für Fremdenverkehr e. V. an der Universität München<br />

gerade publiziert hat. Die von der Deutsche-Bahn-Stiftung<br />

geförderte Untersuchung kommt zu dem Schluss:<br />

„Immer mehr Menschen in Deutschland legen Wert auf<br />

Nachhaltigkeit: Jeder fünfte Bundesbürger zählt heute zu<br />

den sogenannten Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability),<br />

die in ihrem Lebensstil Selbstverwirklichung,<br />

Gesundheit und qualitätsvollen Genuss mit Rücksichtnahme<br />

auf Umwelt und soziale Gerechtigkeit verbinden.<br />

Reisen innerhalb Deutschlands stehen für Lohas ganz<br />

oben auf der Liste.“<br />

Die Konus-Gästekarte und ihre Nachahmer gelten den<br />

Fachleuten als guter Weg, gerade in den ländlichen<br />

Räumen den ÖPNV attraktiver zu machen, damit seine<br />

Marktanteile steigen. Davon profitieren laut der Studie<br />

zum einen die beteiligten Gemeinden der jeweiligen<br />

Tourismus-Regionen: Wer die freie Fahrt mit Bus und<br />

Urlauber, die lieber Bus und Bahn statt Auto fahren,<br />

haben auch in anderen Ferienregionen freie Fahrt. Die<br />

Kooperation Fahrtziel Natur, getragen vom Bund für<br />

Umwelt- und Naturschutz (BUND), Naturschutzbund<br />

Deutschland (NABU), Verkehrsclub Deutschland (VCD)<br />

und der Deutschen Bahn, engagiert sich bereits seit 2001<br />

für umwelt- und klimafreundliche Mobilität in aktuell<br />

22 „Naturlandschaften“. Mit ihrer Gästekarte nutzen<br />

Übernachtungsgäste den ÖPNV in acht von diesen Zielen<br />

kostenlos. Neben den 145 Orten im Schwarzwald sind<br />

dies knapp 20 Gemeinden im Bayerischen Wald, fünf<br />

Orte im Berchtesgadener Land, sechs Gemeinden in den<br />

Ammergauer Alpen sowie einige Ostseebäder auf Rügen,<br />

der Landkreis Harz, elf Gemeinden im Thüringer Wald<br />

Mit dem ÖPNV die Urlaubsregion erkunden: Aus Sicht von Fachleuten<br />

machen Angebote wie die Konus-Gästekarte den ÖPNV<br />

auf dem Land attraktiver.<br />

Foto: Mireille Frankenbach | DB Stadtverkehr GmbH<br />

22 02 | <strong>2016</strong>


Karlsruhe inkl. Stadtgebiet,<br />

Tarifwabe 100<br />

Der Staufener Tourismus-Chef<br />

Thomas Coch (l.) und Konus-<br />

Ideengeber Christopher Krull (r.)<br />

sind vom Nutzen der Gästekarte<br />

für den Tourismus in der Region<br />

überzeugt. Neun Verkehrsverbünde<br />

beteiligen sich am<br />

Freifahrtticket (siehe Karte).<br />

Kehl<br />

Frankreich<br />

www.ortenaulinie.de<br />

Baden-Baden<br />

Rastatt<br />

Offenburg<br />

Ettlingen<br />

Pforzheim Hbf<br />

Bad Herrenalb<br />

Bad Liebenzell Buslinie 880<br />

Weil der Stadt<br />

Bad Wildbad<br />

Calw Buslinie 670<br />

Jettingen<br />

Buslinie<br />

7794<br />

Mötzingen<br />

Freudenstadt<br />

Eutingen im Gäu<br />

Bahn anbietet, ist per se für Urlauber interessanter.<br />

Profiteur ist zum anderen aber auch die Umwelt,<br />

wenngleich sich alle Beteiligten schwer tun, dies in<br />

konkreten Zahlen zu dokumentieren. Immerhin: Die<br />

Münchner Studie, die im Internet unter dem Link<br />

http://www.dwif.de/downloads/category/grundlagenstudien.html<br />

abgerufen werden kann, hat es zumindest<br />

für Bad Hindelang im Allgäu nachrechnen<br />

können. Nach Berechnungen vor Ort sind die Benutzerzahlen<br />

im ÖPNV von 2009 bis 2012 um 1,7 Millionen<br />

Nutzer gestiegen. Für die Öko-Bilanz bedeute<br />

das: „Trotz einer generellen Zunahme der CO2-Emissonen<br />

durch die Intensivierung des ÖPNV von 30 auf<br />

83 Tonnen im Jahr, kann eine jährliche Einsparung<br />

von über 104 Tonnen CO2 erzielt werden.“<br />

Breisach<br />

Neuenburg<br />

Lörrach<br />

Freiburg<br />

Rottweil<br />

Waldshut-<br />

Tiengen<br />

Villingen-<br />

Schwenningen<br />

Erzingen<br />

Trossingen Bf<br />

Donaueschingen<br />

Weizen<br />

Neufra<br />

Basel SBB<br />

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Basel<br />

Verbundgrenze<br />

Bahnlinie<br />

Verbundgrenze<br />

Bahnlinie<br />

Schweiz<br />

xyz<br />

KONUS-Gültigkeitsbereich<br />

Endhaltestelle Tarifgebiet KONUS<br />

KONUS-Gültigkeitsbereich<br />

(auch im innerstädtischen Verkehr)<br />

XY Endhaltestelle Tarifgebiet KONUS<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

23


HINTERGRUND<br />

„Zusammengepuzzelt“: Der VGF koppelt ältere U4-<br />

(rechts) mit neuen U5-Wagen. Sobald sich die Kupplungen<br />

verriegeln, werden die Leittechniken synchronisiert.<br />

Die Lösung<br />

des Puzzles<br />

Es ist eine Innovation, die den Fahrgästen der Verkehrsgesellschaft<br />

Frankfurt am <strong>Mai</strong>n (VGF) auf den ersten Blick<br />

wahrscheinlich kaum auffällt, wenn sie in einen Wagen der<br />

Linie U1, U2, U3 oder U8 steigen. Auf dieser stark frequentierten<br />

„Strecke A“ fahren seit einiger Zeit Zugverbände aus<br />

Stadtbahnwagen mit verschiedenen Leitsystemen. Ein System,<br />

das für Verkehrsunternehmen vieles einfacher macht.<br />

Michael Rüffer spricht bisweilen gerne bildlich.<br />

„Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Golf I<br />

mit einem Golf XII verbinden“, beschreibt der VGF-Geschäftsbereichsleiter<br />

Schiene: „<strong>Das</strong> ist – übertrieben<br />

gesagt – das, was wir gemacht haben.“ Nur dass es der<br />

VGF natürlich nicht um Autos, sondern um zwei verschiedene<br />

Stadtbahntypen ging: um die älteren mit der<br />

Bezeichnung U4 und die neuen U5-Typen. Und dass<br />

die Fahrzeuge vom technischen Stand her vielleicht<br />

nicht ganz so weit auseinander liegen wie die beiden<br />

Golf-Generationen. Dennoch: <strong>Das</strong> Ergebnis überzeugt.<br />

„Wir sind weltweit die ersten, denen das Kuppeln von<br />

Drehstromfahrzeugen mit verschiedenen Leitsystemen<br />

gelungen ist“, sagt Michael Rüffer stolz. Bisher seien nur<br />

Fahrzeuge mit Gleich- und Drehstromantriebstechnik<br />

desselben Herstellers erfolgreich verbunden worden.<br />

Die Vorteile dieses Systems sind aus Sicht des Geschäftsbereichsleiters<br />

vielfältig: „Wir können unsere<br />

U4- und U5-Fahrzeuge nun komplett zu gemischten<br />

Zugverbänden durchkoppeln“, erklärt er: „<strong>Das</strong> spart<br />

Reservezüge ein und macht auch betrieblich vieles<br />

einfacher.“ So werde dadurch beispielsweise die Flexibilität<br />

in der Fahrzeugdisposition erhöht. Im dichten<br />

Takt sind außerdem längere Zugverbände bei gleichem<br />

Flottenbestand möglich – die Fahrgäste profitieren also<br />

von einem größeren Sitzplatzangebot.<br />

Seit mittlerweile fast einem Jahr fahren die gemischten<br />

Zugverbände aus älteren U4- und neuen<br />

U5-Fahrzeugen in Frankfurt im Regelbetrieb. Und<br />

so funktioniert es: Werden die beiden unterschiedlichen<br />

Typen zu einer Mischtraktion zusammengefasst,<br />

ahmt der U5- den U4-Zug nach. Um das zu<br />

erreichen, wurden zwei Steuergeräte – sogenannte<br />

VTCU (Vehicle Traction Communication Unit) – in die<br />

neuen U5-Wagen eingebaut. In reinen U5-Zugverbänden<br />

arbeitet eine VTCU dann im vollumfänglichen<br />

„U5-Modus“. Wird ein U4- mit einem U5-Wagen gekuppelt,<br />

wird die andere VTCU in einem „U4-Modus“<br />

gestartet und ahmt so den älteren Wagentyp nach.<br />

Alles auf einen Nenner bringen<br />

Was simpel klingt, war alles andere als einfach.<br />

Schließlich war die neue Fahrzeuggeneration der<br />

alten technisch überlegen. Egal, ob es um die unterschiedliche<br />

Brems- und Fahrdynamik, die eigentlich<br />

inkompatiblen Kommunikationsnetzwerke<br />

DIN-Zugbus und WTB, die verschiedenen Möglichkeiten<br />

bei Betriebs- und Diagnosemeldungen oder die<br />

Fahrgastinformationen ging: Bei allem mussten sich<br />

die U5-Wagen zumindest für Fahrten in der Mischtraktion<br />

an Technik und Leistung ihrer Vorgänger<br />

anpassen („Downsizing“). Ausgelöst wird die Anpassung<br />

schließlich durch das Zusammenschließen der<br />

24 02 | <strong>2016</strong>


DREI FRAGEN AN<br />

Michael Rüffer (Foto), Geschäftsbereichsleiter<br />

Schiene NT4 bei<br />

der Verkehrsgesellschaft<br />

Frankfurt am <strong>Mai</strong>n<br />

Fahrzeuge zu einem Ver-<br />

band. Sobald sich<br />

die Kupplungen der Wagen<br />

verriegeln, erkennen<br />

die Steuergeräte, ob es sich um eine Mischtraktion handelt.<br />

Was folgt, ist die automatische Synchronisation der Leittechniken.<br />

„Der VGF war es wichtig, dieses Downsizing nur in<br />

gemischten Zugverbänden stattfinden zu lassen“, so Rüffer, „um<br />

in reinen U5-Wagenzügen die heute besseren Diagnosemöglichkeiten<br />

des U5-Wagens zu nutzen.“<br />

Von langer Hand geplant<br />

Bis all das reibungslos klappte, gingen mehrere Jahre Entwicklungsarbeit<br />

ins Land. Die Idee schwebte den Verantwortlichen<br />

bei der VGF schon Mitte der 2000er-Jahre vor, als es um die<br />

Erweiterung des Fuhrparks ging. Als schließlich Bombardier<br />

Transportation 2005 den Zuschlag für zunächst 146 (später<br />

224) neue, 25 Meter lange U5-Einheiten erhielt, wurde die gewünschte<br />

Kuppelbarkeit mit den U4-Vorgängern von Düwag/<br />

Siemens gleich vertraglich festgeschrieben. Und was dann folgte,<br />

„brauchte Zeit, viel Zeit“, erinnert sich Rüffer (siehe auch Interview).<br />

Und natürlich Geduld. „Es war eine Herausforderung, am<br />

Ball zu bleiben.“<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.vgf-ffm.de<br />

» Herr Rüffer, mit Unterbrechungen haben Sie sich fast<br />

zehn Jahre mit der Kuppelbarkeit der U4- und U5-Wagen<br />

beschäftigt. Was stellte die größte Herausforderung dar?<br />

Michael Rüffer: Die größte technische Herausforderung<br />

lag in der Software. Für die U4-Wagen hatten wir keinen<br />

Code, keine Leittechnik-Unterlagen. Es gab keine Dokumentation.<br />

Also musste der Hersteller der U5-Wagen die<br />

entsprechenden Daten quasi an der Kupplung „abholen“.<br />

Bei einer ersten Testversion konnten wir dann sehen,<br />

dass die Kopplung funktionieren könnte. Aber wir wollten<br />

nicht mit einem Beta-System, sondern gleich mit der<br />

richtigen Version arbeiten. <strong>Das</strong> hatte sich dann alles bis<br />

Mitte 2012 gezogen. Eine andere Herausforderung war<br />

es natürlich, die ganze Zeit am Ball zu bleiben, auch wenn<br />

wir das Projekt zwischendurch nicht ganz so intensiv<br />

verfolgt haben. Und natürlich durften wir uns nicht entmutigen<br />

lassen, mussten mit Rückschlägen klarkommen.<br />

» <strong>Das</strong>s Sie es am Ende tatsächlich schafften, die<br />

Fahrzeuge trotz unterschiedlicher Leittechnik zu<br />

koppeln, war keinesfalls garantiert. Dachten Sie<br />

und Ihre Kollegen auch mal ans Aufgeben?<br />

Solche Momente gab es natürlich auch. Es hat alle Beteiligten<br />

schon Energie gekostet, zu sagen: „Wir machen weiter.“<br />

Aber die Vorteile waren es wert. Allein, dass wir jetzt<br />

Wagen mit unterschiedlicher Leittechnik durchkoppeln<br />

können, vereinfacht beispielsweise die Fahrzeugplanung.<br />

Vom Nutzen her hat sich das Projekt also rentiert; und<br />

nicht zuletzt profitiert das Unternehmen vom Know-how-<br />

Gewinn. Zudem hat es die Truppe zusammengeschweißt.<br />

» Was würden Sie sich für die Zukunft mit Blick auf<br />

ähnliche Projekte wünschen?<br />

Die Schnittstellen der Leittechnik müssten offengelegt<br />

werden, damit man solche Probleme vermeidet, wie wir<br />

sie etwa mit der fehlenden Dokumentation hatten. Wir<br />

brauchen eine Standardisierung. Die Hersteller sind davon<br />

natürlich nicht nur begeistert – so bekommen sie ihre<br />

Marke nicht verkauft. Aber auf diese Weise schafft man<br />

es eben, dass eine Flotte aus unterschiedlichen Fahrzeugen<br />

durchweg und einfacher gekoppelt werden kann.<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

25


AUS DEM VERBAND<br />

Wo es IT gibt,<br />

wird gehackt<br />

DREI FRAGEN AN<br />

Henry Sachse (Foto),<br />

IT-Koordinator bei den<br />

Dresdner Verkehrsbetrieben<br />

(DVB)<br />

» Herr Sachse, beim Thema IT-Sicherheit in der Leittechnik<br />

denkt man schnell an drastische Szenarien wie den<br />

lahmgelegten ÖPNV. Wie schätzen Sie das Risiko ein?<br />

Henry Sachse: Man sollte bei dem Ganzen einen kühlen<br />

Kopf bewahren, eine 100-prozentige Sicherheit<br />

gibt es aber nicht. Die Frage lautet: Habe ich als Verkehrsunternehmen<br />

alles getan, um die IT im Rahmen<br />

meiner Möglichkeiten sicher zu machen? Und da<br />

ist eben ein aktueller Virenscanner genauso wichtig<br />

wie ein Havarieplan für den „Worst Case“.<br />

» Wo liegt aus Ihrer Sicht der größte Handlungsbedarf?<br />

Zum einen wird in vielen Bereichen veraltete Software<br />

eingesetzt, die nicht den heute aktuellen Sicherheitsstandards<br />

entspricht. Hier müssen die Verkehrsbetriebe<br />

abwägen, ob sie dieses Risiko in Kauf nehmen wollen<br />

oder den auf den ersten Blick teureren, aber sicheren<br />

Weg einschlagen und zum Beispiel aktuelle Software<br />

kaufen. Zum anderen gilt es, die Mitarbeiter für Risiken<br />

zu sensibilisieren. Dafür müssen Prozesse festgelegt<br />

werden. Was sollen die Kollegen zum Beispiel machen,<br />

wenn ein Unbekannter auf dem Betriebshof auftaucht<br />

und angeblich ein Software-Update des Herstellers<br />

auf die Straßenbahnen laden will? <strong>Das</strong> klingt simpel,<br />

aber für solche Situationen müssen Regeln her.<br />

» Große Verkehrsbetriebe haben finanziell natürlich andere<br />

Möglichkeiten als kleine. Was empfehlen Sie diesen?<br />

Sie können schon bei Ausschreibungen darauf achten,<br />

dass neue Maschinen und Technik auch an die IT-Infrastruktur<br />

angeschlossen werden müssen. Sie können sich<br />

über die Gremien des <strong>VDV</strong> mit anderen Unternehmen<br />

austauschen – das hilft enorm. Und auch sie sollten sich<br />

ihrer Risiken bewusst sein und einfach mal alle Szenarien<br />

durchspielen. <strong>Das</strong> hilft schon einmal, entsprechende<br />

interne und externe Regeln aufzustellen.<br />

„<br />

2015 ist das IT-Sicherheitsgesetz (IT-SiG) in Deutschland<br />

in Kraft getreten. Für die Verkehrsbranche ist es<br />

immer noch ein Überraschungspaket. Denn noch ist<br />

offen, ob und inwiefern die Regeln auch für sie<br />

gelten. Kein Wunder also, dass die IT-Sicherheit in<br />

der Leittechnik ein Schwerpunktthema der diesjährigen<br />

AEE-Fachtagung „Elektrische Energieanlagen<br />

von Gleichstrom-Nahverkehrsbahnen“ in Dresden<br />

darstellte.<br />

Wir sind zunehmend Angriffen ausgesetzt – und gleichzeitig<br />

ist es wichtig, dass wir unseren Betrieb pünktlich, wirtschaftlich<br />

und sicher betreiben“, erläuterte Holger Greipel von den<br />

Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) den Hintergrund des Themas.<br />

Der Abteilungsleiter Elektrotechnische Anlagen hatte<br />

die Moderation des entsprechenden Vortragsblocks<br />

übernommen. Insgesamt waren fast 400 Teilnehmer<br />

zu der Veranstaltung gekommen, die der <strong>VDV</strong>-Ausschuss<br />

für Elektrische Energieanlagen (AEE) sowie<br />

die Berufsgenossenschaft VBG (Branche ÖPNV/<br />

Bahnen) zum siebten Mal organisiert hatten. Normalerweise<br />

geht es bei der zweitägigen Tagung vor allem<br />

um technische Themen rund um Bahnstromversorgungs-,<br />

Licht- und Kraftanlagen.<br />

Auflagen für ÖPNV noch unklar<br />

Der diesjährige Fokus auf IT-Sicherheit in der Leittechnik städtischer<br />

Schienenbahnen hatte indes auch einen politischen Hintergrund:<br />

2015 hat der Bund das IT-SiG erlassen, das strengere<br />

Auflagen für Unternehmen aus dem Feld der kritischen Infrastruktur<br />

umfasst. Dazu gehören Mindestanforderungen an die<br />

Sicherheit sowie die Meldepflicht relevanter Vorfälle. Ob auch<br />

öffentliche Verkehrsunternehmen zur kritischen Infrastruktur<br />

zählen, hängt von einer entsprechenden Rechtsverordnung ab,<br />

die derzeit vom Bundesinnenministerium ausgearbeitet<br />

wird. „Für unsere Branche gibt es<br />

noch keine konkreten Aussagen“, erläuterte<br />

Erich Reschke, Ingenieur bei der Hamburger<br />

Hochbahn. Er ist Mitglied der <strong>VDV</strong>-Arbeitsgruppe<br />

zum IT-Gesetz, die in den wei-<br />

26 02 | <strong>2016</strong>


teren Prozess eingebunden ist. <strong>Das</strong> Problem: Fallen<br />

auch die öffentlichen Verkehrsunternehmen unter<br />

das IT-SiG, müssen sie die schärferen Vorschriften<br />

in vergleichsweise kurzer Zeit umsetzen. Tritt alles<br />

wie geplant <strong>2016</strong> in Kraft, hätten die Unternehmen<br />

dafür nur zwei Jahre Zeit. „<strong>Das</strong> ist knapp“, so Reschke,<br />

der zudem ans richtige Augenmaß appellierte: „IT-<br />

Sicherheit ist immer auch ein Thema, das genutzt<br />

wird, um Angst zu verbreiten.“ Gleichwohl: Reine<br />

Schwarzmalerei ist es nicht. „Überall, wo es Computer-Prozessoren<br />

gibt, wird es auch einen Hacker<br />

geben, der versuchen wird, diese zu missbrauchen“,<br />

sagte Reschke. <strong>Das</strong> Bundesamt für Sicherheit in der<br />

Informationstechnik berichte in seinem Jahresbericht<br />

2015 von 450 Millionen bekannter Windows-Schadprogrammvarianten<br />

wie Viren und Trojaner.<br />

<strong>Das</strong>s Hackerangriffe für Verkehrsunternehmen<br />

eine reale Gefahr darstellen könnten, erläuterte<br />

auch Henry Sachse, IT-Koordinator bei den Dresdner<br />

Verkehrsbetrieben (DVB, siehe Interview). Zusammen<br />

mit seinem Kollegen Tino Fechner von der<br />

DVB-Tochter Dresden-IT stellte er nicht nur vor,<br />

wie die DVB in Sachen IT-Sicherheit aufgestellt<br />

sind, sondern berichtete auch von bereits erfolgten<br />

Angriffen auf das Unternehmen. „Ostern 2015 verzeichneten<br />

wir auf unserer Website plötzliche viele<br />

Zugriffe aus China“, so Sachse, „das war ein mehrtägiger<br />

Dauerangriff.“ Seine Vermutung: „Hier wurde<br />

wohl versucht, einmal die Technologie zu testen und<br />

mögliche Schwachstellen zu finden.“<br />

45 Aussteller<br />

<strong>Das</strong> Thema Sicherheit in der IT ist jedoch nicht die<br />

einzige Herausforderung, vor der Verkehrsunternehmen<br />

stehen. „Es wird immer anspruchsvoller, die<br />

Bahnanlagen zu betreiben und instand zu halten“,<br />

hatte zuvor schon AEE-Vorsitzender Ralf Baumann<br />

von der BVG bei der Begrüßung der Teilnehmer betont.<br />

Und vielfältiger. <strong>Das</strong> zeigte sich auch an den<br />

restlichen Themen der Tagung: Die Koordination von<br />

Fremdfirmen, Innovationen in der Beleuchtungstechnik,<br />

E-Bus-Systeme sowie Normen und Regelwerke<br />

standen auf dem Programm. Ergänzt wurde die<br />

Tagung um eine Ausstellung. 45 Unternehmen präsentierten<br />

vor Ort ihre bahnspezifischen Produkte.<br />

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27


Teil 3:<br />

Klassenzimmer<br />

Internet<br />

Die Lehrgangsteilnehmer<br />

können jederzeit und<br />

überall auf die Materialien<br />

zugreifen.<br />

Angela Müller,<br />

Referentin E-Learning/Blended<br />

Learning der <strong>VDV</strong>-Akademie<br />

„<br />

2013 hat der „Fachwirt für Personenverkehr und Mobilität“ den alten<br />

Verkehrsfachwirt abgelöst. In einem Vorbereitungslehrgang der <strong>VDV</strong>-<br />

Akademie bereiten sich seit dem Frühjahr 2015 erstmals 19 Teilnehmer<br />

auf die IHK-Prüfung vor. „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ begleitet drei von ihnen<br />

während des Kurses. Teil drei der Serie wirft einen Blick auf das Lernen<br />

außerhalb der Seminare.<br />

Ich versuche, jeden Tag ein bisschen etwas<br />

für den Lehrgang zu machen“, sagt Marc<br />

Hilterhaus, stellvertretender Standortleiter<br />

Verkehrslenkung Mülheim der Via Verkehrsgesellschaft:<br />

„Ich nutze dafür die Zeit,<br />

wenn meine Frau und meine Tochter nicht<br />

zu Hause sind, oder lerne in der Bahn auf<br />

dem Weg zur oder von der Arbeit.“ <strong>Das</strong>s muss<br />

er sogar – denn bis zur Sommerpause gibt es<br />

nur noch wenige Präsenztermine. Und schon<br />

im Oktober steht die Abschlussprüfung an.<br />

Erhöht sich bei Marc Hilterhaus deswegen<br />

schon der Puls? „Nervös bin ich noch nicht“,<br />

sagt er lachend: „Vielleicht steigt die Aufregung<br />

mittlerweile ein wenig – aber ich<br />

bin nicht der Typ, der schon Wochen vor<br />

der Prüfung nervös wird.“<br />

Regelmäßig loggt er sich für die Vor- und<br />

Nachbereitung der Seminare auch ins<br />

„Lernnetz“ ein – der Online-Lernplattform<br />

der <strong>VDV</strong>-Akademie. Dozenten stellen hier<br />

vor und nach ihren Seminaren Aufgaben<br />

und Hintergrundmaterialien ein. Dazu<br />

kommen regelmäßig interaktive E-Learning-Module<br />

mit Testfragen, über die die<br />

Teilnehmer ihr Wissen zum jeweiligen<br />

Themenkomplex überprüfen können – zur<br />

Fahr- und Dienstplanung zum Beispiel.<br />

„Blended Learning“ lautet dafür der Fachbegriff<br />

– die Kombination aus Online- und<br />

Präsenzlernen im Bildungsbereich. „Einer<br />

der Vorteile ist, dass Lehrgangsteilnehmende<br />

jederzeit und überall Zugriff auf die<br />

Materialien haben und dementsprechend<br />

orts- und zeitunabhängig lernen oder sich<br />

über das Lernnetz mit den Dozenten austauschen<br />

können“, erklärt Angela Müller.<br />

Mit interaktiven E-Learning-Kursen<br />

können die Teilnehmer ihr Wissen<br />

überprüfen – zum Beispiel zum Thema<br />

„Kundenorientiertes Qualitätsmanagement<br />

im ÖPNV“.


REPORTAGE<br />

Die Mitarbeiterin der <strong>VDV</strong>-Akademie<br />

ist als Referentin E-Learning/Blended<br />

Learning für die Betreuung des Lernnetzes<br />

verantwortlich. „Außerdem werden<br />

nicht nur die Hintergrundlektüre, sondern<br />

beispielsweise auch Video- und Tondokumente<br />

oder Animationen sowie Materialien<br />

aus <strong>VDV</strong>-Tagungen bereitgestellt.“<br />

Auf das Lernnetz können übrigens nicht<br />

nur die Teilnehmer des Fachwirtlehrgangs,<br />

sondern auch die weiterer Lehrgänge zugreifen,<br />

die die <strong>VDV</strong>-Akademie ausrichtet.<br />

Dabei ist die Plattform noch relativ<br />

frisch. „Wir sind im Januar 2015 damit<br />

online gegangen“, blickt Angela Müller<br />

zurück, „haben also erst kürzlich unseren<br />

ersten Geburtstag gefeiert und befinden<br />

uns in einem stetigen Ausbau.“ So solle<br />

das Netzwerk unter anderem noch interaktiver<br />

und crossmedialer werden. Hierzu<br />

plant die Akademie auch die Anschaffung<br />

einer neuen technischen Plattform. Dazu<br />

sollen die Wünsche und Erfahrungen der<br />

Nutzer einbezogen werden – darunter<br />

auch die der angehenden Fachwirte. Marc<br />

Hilterhaus ist einer der Lehrgangsteilnehmer,<br />

die sich an der Weiterentwicklung<br />

des Online-Angebots beteiligen werden.<br />

„Die Multiple-Choice-Tests sind zum<br />

Beispiel schon gut, aber es wäre schön, das<br />

noch auszuweiten“, sagt er.<br />

<strong>Das</strong> finden auch seine Kollegen Katharina<br />

Windisch, Verkehrsmeisterin bei den<br />

Kölner Verkehrs-Betrieben, und Rüdiger<br />

Schild, Sachbearbeiter Linienkonzessionen<br />

und Tarifanwendungen bei der Rheinbahn:<br />

„Schön wäre es, wenn wir bei Fragen<br />

nicht nur die richtige Antwort ankreuzen,<br />

sondern auch Texte liefern müssten, die<br />

anschließend inhaltlich ausgewertet werden“,<br />

sagt beispielsweise Rüdiger Schild.<br />

Anhand solcher Rückmeldungen will die<br />

Akademie ihr Angebot weiter an den Bedürfnissen<br />

der Teilnehmenden ausrichten<br />

und weiterentwickeln. „Einige Dozenten<br />

haben bereits begonnen, für online zugesandte<br />

Texte individuelles Feedback zu<br />

geben“, sagt Angela Müller.<br />

Katharina Windisch ergänzt einen Vorteil<br />

aus ihrer Sicht: „Praktisch ist das ganze<br />

Hintergrundmaterial – wir erhalten während<br />

des Lehrgangs beispielsweise Zugriff<br />

auf <strong>VDV</strong>-Schriften.“ Die Schriften<br />

sind normalerweise nur kostenpflichtig<br />

zu erwerben. Auf dieses Hintergrund-<br />

material werden die Teilnehmer in den<br />

kommenden Wochen nun wahrscheinlich<br />

noch häufiger zurückgreifen müssen.<br />

Schließlich nähert sich die Prüfung<br />

in großen Schritten. Katharina Windisch<br />

ist trotzdem optimistisch: „Ich bin weiter<br />

guter Dinge“, sagt sie lachend.<br />

1<br />

UNSERE PROTAGONISTEN<br />

Katharina<br />

Windisch, 34<br />

Verkehrsmeisterin<br />

im Außendienst bei<br />

der Kölner Verkehrs-<br />

Betriebe AG (KVB).<br />

2<br />

Rüdiger<br />

Schild, 46<br />

Sachbearbeiter Linienkonzessionen<br />

und<br />

Tarifanwendungen bei<br />

der Rheinbahn AG<br />

Marc<br />

Hilterhaus, 46<br />

Stellvertretender Standortleiter<br />

Verkehrslenkung<br />

Mülheim bei der Via<br />

Verkehrsgesellschaft mbH<br />

Mit der Umstellung auf den „Fachwirt für Personenverkehr und Mobilität“ zum<br />

1. Oktober 2013 hat sich die Weiterbildung in der Branche entscheidend verändert.<br />

Der Verkehrsfachwirt wurde durch den „Fachwirt für Personenverkehr und Mobilität“<br />

beziehungsweise den „Fachwirt für Güterverkehr und Logistik“ ersetzt, der hinsichtlich<br />

seiner Wertigkeit einem Bachelor-Hochschul-Abschluss entspricht. Die <strong>VDV</strong>-Akademie<br />

entwickelte hierfür gemeinsam mit der ÖPNV-Akademie Nürnberg den neuen<br />

Vorbereitungslehrgang. „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ will seine Leser an dieser Entwicklung teilhaben<br />

lassen. 18 Monate lang, bis Oktober <strong>2016</strong>, begleiten wir deswegen drei Teilnehmer<br />

des Kurses: Marc Hilterhaus, Rüdiger Schild und Katharina Windisch. In dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

erscheint der dritte Teil der Serie – die Prüfung rückt mittlerweile in greifbare Nähe.<br />

Mehr Informationen über das Lernnetz<br />

finden Sie online unter:<br />

www.vdv-akademie.de/lernnetz<br />

3<br />

02 | <strong>2016</strong><br />

29


ZU GUTER LETZT<br />

Bus kommt einmal im Jahr<br />

Wer diesen Bus verpasst, hat ein Problem – denn<br />

der nächste lässt ziemlich lange auf sich warten:<br />

Nur einmal im Jahr kommt der Bus der Linie 491<br />

ins nordspanische La Torre d‘Oristà. Er stellt die<br />

einzige ÖPNV-Anbindung der 250-Einwohner-<br />

Gemeinde dar. Und immer am ersten Montag im<br />

März pendelt er drei Stunden lang zwischen La<br />

Torre d‘Oristà und anderen Orten der Umgebung<br />

– bevor es zurück ins Depot geht. Die Zahl der<br />

Fahrgäste: null statt möglicher 16. Aus Sicht von<br />

Busfahrer Miquel Palacios verwundert das nicht:<br />

„Wenn es keine tägliche Verbindung gibt, suchen<br />

sich die Leute halt was anderes“, berichtete er<br />

jüngst gegenüber der Zeitung „El Periódico“. Wer<br />

fahren könne, nehme eben das Auto.<br />

Seit zehn Jahren geht das nun schon so. Der Grund dafür ist wirtschaftlich: <strong>Das</strong><br />

zuständige Busunternehmen Sagalés hofft auf bessere Zeiten und will die Konzession<br />

für die Linie nicht verlieren. Schließlich kann es durchaus sein, dass sich irgendwann<br />

einmal ein Großkonzern bei La Torre d‘Oristà ansiedelt und sich die Einwohnerzahl<br />

vervielfacht. Bis es soweit ist, erfüllt Sagalés mit Blick auf die Konzession die<br />

Mindestanforderungen. Und Miquel Palacios dreht weiter seine einsamen Runden<br />

um La Torre d‘Oristà. Drei Stunden lang, einmal im Jahr.<br />

Solidarisch mit den Opfern und dem ÖPNV: Nach<br />

den Anschlägen in Brüssel im März hat das dortige<br />

Verkehrsunternehmen STIB/MIVB Kollegen weltweit<br />

zur Teilnahme an der Kampagne „Love Brussels“<br />

aufgerufen. Mit einem herzförmigen Logo (r.)<br />

können Verkehrsbetriebe ihr Beileid aussprechen<br />

und sich solidarisch mit dem ÖPNV zeigen. Am 22.<br />

März war auch eine Bombe in der Brüsseler Metro<br />

explodiert. Viele Unternehmen, auch aus Deutschland,<br />

haben sich bereits an der Aktion beteiligt.<br />

Mehr Infos: www.tinyurl.com/zs6t7u7<br />

Termin<br />

1. bis 3. Juni <strong>2016</strong><br />

11. Deutscher Nahverkehrstag<br />

in Koblenz<br />

Alle zwei Jahre trifft sich<br />

die Branche beim Deutschen Nahverkehrstag<br />

in Rheinland-Pfalz, um aktuelle<br />

Themen zu diskutieren. Er gilt als<br />

eine der führenden ÖPNV-Fachmessen<br />

des Landes. 700 Experten, Aussteller und<br />

Kongressteilnehmer werden erwartet.<br />

www.vdv.de/termine.aspx<br />

Termin<br />

21. bis 22. Juni <strong>2016</strong><br />

13. Marktplatzveranstaltung<br />

DSLV/<strong>VDV</strong> in<br />

Siegburg<br />

In den „Siegburger Gesprächen“ wird<br />

über die Zusammenarbeit zwischen<br />

Eisenbahnen und Speditionen diskutiert.<br />

Best-Practice-Beispiele belegen<br />

die Bedeutung dieser Kooperation für die<br />

Verkehrsverlagerungen auf die Schiene.<br />

www.vdv.de/termine.aspx<br />

Die nächste <strong>Ausgabe</strong> von<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />

erscheint Ende Juni <strong>2016</strong>.<br />

Impressum<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Herausgeber:<br />

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (<strong>VDV</strong>),<br />

Kamekestraße 37-39, 50672 Köln,<br />

Tel. 02 21/5 79 79-0,<br />

E-<strong>Mai</strong>l: info@vdv.de,<br />

Internet: www.vdv.de<br />

Redaktion <strong>VDV</strong>:<br />

Lars Wagner (V.i.S.d.P.),<br />

Pressesprecher und Leiter Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Realisierung, Text und Redaktion:<br />

AD HOC PR, Gütersloh: Stefan Temme (Lt.),<br />

Elena Grawe, Christian Jung<br />

Mitarbeit:<br />

Eberhard Krummheuer<br />

Gesamtleitung und Anzeigen:<br />

Christian Horn (AD HOC PR),<br />

Tel. 0 52 41/90 39-33 | horn@adhocpr.de<br />

Grafik-Design:<br />

Volker Kespohl (Volker.Kespohl ı Werbung Münster)<br />

Lars Haberl (AD HOC PR, Gütersloh)<br />

Bildnachweise:<br />

Titelmotiv: Deutsche Bahn AG/Uwe Miethe<br />

Deutsche Bahn AG/Hans-Dieter Bude (20); Deutsche<br />

Bahn/Uwe Miethe (2, 8); DVB AG (4/5); André Forner/<br />

Der Peoplefotograf (13, 26); Fotolia/Africa Studio (28);<br />

Fotolia/bildergala (14); Fotolia/ Jo Chambers (30); Fotolia/<br />

fireofheart (27); Fotolia/philipus (19); Fotolia/thatzpic<br />

(30); Fotostudio CoellnColoer (10, 11); Elena Grawe (29);<br />

Schaeffer/Karlsruher Verkehrsverbund (2); Eberhard<br />

Krummheuer (23); MVG (18); picture alliance (2, 6, 7, 8, 9,<br />

30); Rheinbahn (19); Schwarzwald Tourismus (23); Stefan<br />

Temme (2, 16, 17); <strong>VDV</strong>/Markus Bollen (17); <strong>VDV</strong> (2, 3, 12,<br />

15, 17, 18); <strong>VDV</strong>-Akademie (28); Verkehrsgesellschaft<br />

Frankfurt (2, 24/25, 25)<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (<strong>VDV</strong>),<br />

Redaktion „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“,<br />

Leipziger Platz 8, 10117 Berlin,<br />

magazin@vdv.de<br />

Produktion und Druck:<br />

Bitter & Loose GmbH, Greven<br />

Anzeigenpreise:<br />

Laut Mediadaten <strong>2016</strong><br />

Für Anregungen, Themenvorschläge, Lob und Kritik erreichen Sie uns unter magazin@vdv.de<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ erscheint alle zwei Monate (sechsmal<br />

im Jahr). Alle im <strong>Magazin</strong> erscheinenden Beiträge und<br />

Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Außerhalb der<br />

Grenzen des Urheberrechts ist die Verwertung ohne die<br />

Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. <strong>Das</strong> gilt vor<br />

allem für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie die<br />

elektronische Speicherung und Verarbeitung.<br />

30 02 | <strong>2016</strong>


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