WIRTSCHAFT+MARKT 03/2016
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27. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
FERIEN DAHEIM<br />
Beilage<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
TOURISMUS<br />
Wie der neue Trend<br />
den Osten stärkt<br />
LÄNDERREPORTS<br />
100 Jahre Leuna<br />
Profisport im Osten<br />
RATGEBER<br />
Investieren im Iran<br />
Gesundes Arbeiten im Büro<br />
Mutig in der Insolvenz<br />
LIFESTYLE<br />
Edle Uhren-Neuheiten<br />
Logieren in Schlosshotels<br />
INTERVIEWS<br />
Christian Pegel, Erwin Sellering und Gerold Jürgens,<br />
Tillmann Stenger, Peter-Michael Diestel, Reinhard Pätz
WACHSTUM<br />
WIR SPRECHEN<br />
VON ZUKUNFT!<br />
SAVE<br />
THE<br />
DATE<br />
20./21. OKTOBER <strong>2016</strong><br />
Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum zum Thema Wachstumsstrategien für die Zukunft<br />
findet am 20. und 21. Oktober <strong>2016</strong> in Bad Saarow statt. Teilnahme nur auf Einladung.<br />
Bei Interesse senden Sie eine Nachricht an einladung@OWF<strong>2016</strong>.de.<br />
www.OstdeutschesWirtschaftsForum.dewww.OWF<strong>2016</strong>.de
Politik muss<br />
Vertrauen<br />
zurückgewinnen<br />
EDITORIAL | 3<br />
AB MAI <strong>2016</strong> GEHT<br />
DAS HANDBUCH AUCH ONLINE<br />
Karsten Hintzmann<br />
Chefredakteur<br />
KH@WundM.info<br />
HANDBUCH<br />
DRUCK UND WERBUNG<br />
online<br />
Foto: Privat, Titelfoto: by-studio/fotolia.com<br />
Der starke Flüchtlingszustrom nach<br />
Deutschland hat das Land verändert.<br />
Seismograf dieser Veränderung<br />
waren die jüngsten Landtagswahlen.<br />
In Sachsen-Anhalt etwa hat es die<br />
Alternative für Deutschland (AfD) in ihrem<br />
ersten Anlauf nicht „nur“ ins Parlament<br />
geschafft. Nein, sie ist mit 24,3<br />
Prozent der Stimmen direkt zur zweitstärksten<br />
Kraft – hinter der CDU mit<br />
29,8 Prozent – im Magdeburger Landtag<br />
aufgestiegen. Linke und SPD, die zuvor<br />
von einem rot-roten Bündnis träumten,<br />
sind dagegen vom Wahlvolk massiv<br />
abgestraft worden.<br />
Wo auch immer in diesen Tagen Meinungsumfragen<br />
durchgeführt und veröffentlicht<br />
werden, die Tendenz ist überall<br />
gleich – in den alten wie den neuen<br />
Ländern: Die etablierten demokratischen<br />
Parteien verzeichnen einen<br />
dramatischen Vertrauensverlust. Demgegenüber<br />
gewinnt die AfD von Monat<br />
zu Monat dazu. Die Ursachen dafür liegen<br />
auf der Hand: Ganz offensichtlich<br />
sind die Bürger mit der Art und Weise,<br />
wie die verantwortlichen Politiker bislang<br />
mit der Flüchtlingskrise umgegangen<br />
sind, hochgradig unzufrieden. Und<br />
so ist es für Protestparteien wie die AfD,<br />
die keinerlei Umsetzungsverantwortung<br />
hat, ein Leichtes, mit derben Parolen auf<br />
Stimmenfang zu gehen.<br />
Die Politik täte gut daran, den wachsenden<br />
Zuspruch für die AfD ernst zu nehmen.<br />
Denn dahinter stecken Sorgen und<br />
Ängste von Menschen, egal ob diese<br />
in jedem Einzelfall tatsächlich begründet<br />
sind. Was genau erwarten die Bürger?<br />
Kompetenz und Handlungsfähigkeit<br />
im Umgang mit der größten Zuwanderungswelle<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg.<br />
Das bedeutet: zügige Asylverfahren sowie<br />
schnelle Entscheidungen, wer bei<br />
uns bleiben darf und wer kein Asyl in<br />
Deutschland erhält.<br />
Die Menschen, deren Asylantrag positiv<br />
beschieden wurde, müssen klug<br />
und umfassend integriert werden. Damit<br />
ist auch die Integration in den Arbeitsmarkt<br />
gemeint. Sicher, die Erfahrungen,<br />
die viele Mittelständler in den<br />
zurückliegenden Monaten gemacht haben,<br />
wenn Sie Flüchtlinge einstellen und<br />
qualifizieren wollten, sind häufig ernüchternd.<br />
Schließlich gibt es nicht nur die<br />
Sprachbarriere, sondern oft haben diese<br />
Menschen weder eine Schule besucht<br />
noch eine Ausbildung absolviert. Doch<br />
es sollte möglich sein, auch diese potenziellen<br />
Arbeitnehmer Schritt für Schritt<br />
für den hiesigen Arbeitsmarkt fit zu machen.<br />
Hier sind Bund und Länder gefordert,<br />
passgerechte Programme zu entwickeln,<br />
die es auch kleinen und mittleren<br />
Unternehmen ermöglichen, ihren<br />
Integrationsbeitrag zu leisten.<br />
Die aktuell im Land vorherrschende<br />
Stimmung macht Deutschland nicht attraktiv.<br />
Daher sollten speziell die Volksparteien<br />
alles daran setzen, das verlorene<br />
Vertrauen schnellstens zurückzugewinnen.<br />
Und das bitte nicht nur aus<br />
wahltaktischen Gründen. W+M<br />
www.sidleipzig.de/<br />
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Sächsisches Institut für<br />
die Druckindustrie GmbH<br />
Redaktion Handbuch<br />
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<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
4 | W+M INHALT<br />
W+M TITELTHEMA<br />
Ferien daheim..................................36<br />
W+M AKTUELL<br />
Köpfe......................................................................... 6<br />
Nachrichten............................................................... 8<br />
W+M SCHWERPUNKT<br />
MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
Report: Produzierendes Gewerbe<br />
auf dem Vormarsch..................................................10<br />
Cluster mit Perspektive: Maritime Industrie,<br />
Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft.................12<br />
Blick in die Zukunft:<br />
Interview mit Energieminister Christian Pegel........16<br />
22<br />
Doppelinterview<br />
Ministerpräsident Erwin Sellering und<br />
Unternehmer Gerold Jürgens<br />
Neue Anlaufstelle für Unternehmensnachfolge......18<br />
Vorpommern: Wie Stahlbauunternehmen<br />
die Energiewende nutzen....................................... 20<br />
Doppelinterview:<br />
Ministerpräsident Erwin Sellering<br />
und Unternehmer Gerold Jürgens.......................... 22<br />
W+M LÄNDERREPORTS<br />
Sachsen: Energieversorger hilft<br />
beim Energiesparen................................................ 25<br />
Ostdeutschland: Leuna plant die Zukunft............... 26<br />
Brandenburg: ILB-Chef Tillmann Stenger<br />
über neue Förderprodukte....................................... 28<br />
Brandenburg: Fluxus – fließender Übergang<br />
zwischen Kunst und Leben..................................... 30<br />
Ostdeutschland: Profisport –<br />
nur die Eisbären schwimmen oben........................ 32<br />
Titel Ferien daheim<br />
Traumhaft schöne Schlosshotels<br />
38<br />
Impressum<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />
Ausgabe: 3/<strong>2016</strong><br />
Redaktionsschluss: 15.04.<strong>2016</strong><br />
Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />
Zimmerstraße 56, 10117 Berlin<br />
Tel.: <strong>03</strong>0 479071-27<br />
Fax: <strong>03</strong>0 479071-22<br />
www.WundM.info<br />
Herausgeber/Geschäftsführer:<br />
Frank Nehring, Tel.: <strong>03</strong>0 479071-11<br />
FN@WundM.info<br />
Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />
Tel.: <strong>03</strong>0 479071-21, KH@WundM.info<br />
Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: <strong>03</strong>0 479071-21,<br />
JP@WundM.info, Adrian M. Darr, Tel.: <strong>03</strong>0 479071-24,<br />
AD@WundM.info<br />
Autoren: Katrin Kleeberg, Harald Lachmann,<br />
Rudolf Miethig, Frieda Neurich, Matthias Salm,<br />
Thomas Schwandt<br />
Abo- und Anzeigenverwaltung: Kornelia Brocke,<br />
Tel.: <strong>03</strong>0 479071-27, KB@WundM.info<br />
Marketing/Vertrieb: Kerstin Will, Tel.: <strong>03</strong>0 479071-24<br />
KW@WundM.info<br />
Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />
Abonnementpreis:<br />
Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint<br />
zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />
und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler (VBIW)<br />
erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />
Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement (inkl. aller<br />
Ausgaben von W+M Regional, W+M Exklusiv, W+M<br />
Berlin.Friedrichstraße und dem Online-Magazin W+M<br />
Kompakt) 60 € inkl. MwSt. und Versand (im Inland).<br />
Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />
www.moeller-mediengruppe.de<br />
Druck: Möller Druck und Verlag GmbH,<br />
ISSN 0863-5323<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />
mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />
nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />
Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />
Fotos: W+M (oben), Schloss Purschenstein Hotel GmbH (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
W+M INHALT | 5<br />
W+M TITELTHEMA FERIEN DAHEIM<br />
Report: Berlin im Aufwind, Sachsen verliert.......... 36<br />
Schlosshotels –<br />
Logieren, wie es einst Könige taten....................... 38<br />
Barnimer Land: Im Einklang mit der Natur.................42<br />
Analyse: Tourismus als Hoffnungsträger?..................43<br />
W+M POLITIK<br />
ifo-Geschäftsklimaindex für Ostdeutschland.......... 44<br />
Lifestyle<br />
Edle Uhren mit Gangreserve<br />
54<br />
Kommentar: Manfred Stolpe über die Industrie<br />
als Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft........ 45<br />
Pro und Contra: Braucht Deutschland<br />
ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit?.......................... 46<br />
W+M RATGEBER<br />
Außenwirtschaftsfinanzierung:<br />
Rückkehr nach Teheran........................................... 48<br />
Gesundheit: Tipps für<br />
ein gesundheitsförderndes Büro............................. 50<br />
Insolvenz: Mehr Mut in der Insolvenz..................... 52<br />
Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />
für Wirtschaftsliteratur............................................ 53<br />
Lifestyle: Schöne Uhren mit Gangreserve.............. 54<br />
Auto: Viele Neuheiten auf der AutoTrend <strong>2016</strong>....... 56<br />
Fotos: Nomos, IWC (oben), Thomas Schwandt (Mitte), GEPA pictures/Roger Petzsche (unten)<br />
10<br />
Länderreport<br />
Profisport im Osten<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Erfolgreich mit maritimer Industrie<br />
32<br />
W+M NETZWERK<br />
Unternehmertag Mecklenburg-Vorpommern......... 58<br />
VBKI-Ball: Mit 66 Jahren<br />
ist noch lange nicht Schluss.................................... 60<br />
Unternehmerball in Rostock:<br />
Hut auf – Hut ab!..................................................... 61<br />
VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 62<br />
Neues aus den Unternehmerverbänden................. 64<br />
W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick und Personenregister............................... 66<br />
W+M WEITERE BEITRÄGE<br />
Editorial...................................................................... 3<br />
Impressum................................................................ 4<br />
Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegen die Regionalausgabe<br />
W+M Mecklenburg-Vorpommern und das W+M-Lifestyle-Magazin<br />
Berlin.Friedrichstraße bei. Wir bitten um Ihre<br />
Aufmerksamkeit.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
6 | W+M KÖPFE<br />
K<br />
Ö<br />
P<br />
F<br />
E<br />
1<br />
Ildar Iliyasov (55),<br />
Ingenieur aus Schkeuditz<br />
Der diplomierte Luftfahrtingenieur, der<br />
im russischen Kasan aufwuchs, gehört<br />
gleich in zwei spannenden Unternehmen<br />
im nordsächsischen Schkeuditz<br />
zur Führungscrew. Er leitet seit 2010<br />
die Volga-Dnepr-Technics GmbH, die auf<br />
dem Airport Leipzig/Halle die Flotte der<br />
weltgrößten Transportflugzeuge Antonov<br />
An-124 Ruslan wartet – und zugleich<br />
ist er Vizechef für Technik der russischukrainischen<br />
Ruslan Salis GmbH. Diese<br />
übernimmt seit Jahren für 15 europäische<br />
EU- und Nato-Staaten humanitäre<br />
und militärische Transportflüge. Die<br />
sechs Riesen-Frachtflieger hierfür sind<br />
ständig in Schkeuditz stationiert, wo Iliyasov<br />
durch die Mitteldeutsche Airport<br />
Holding einen neuen Hangar errichten<br />
ließ und langfristig für 30 Jahre pachtete.<br />
Vor kurzem erhielt die Leipziger Volga-Dnepr-Werft<br />
von der russischen Zivilluftfahrtbehörde<br />
IAC die Lizenz, hier<br />
vor Ort alle noch im Einsatz befindlichen<br />
50 An-124 zeitgemäß zu modernisieren<br />
– etwa mit Cockpittechnik von Boeing.<br />
1<br />
3<br />
2<br />
3<br />
Uwe Kunzmann (45)<br />
Zwönitzer Elektro-Spezialist<br />
4<br />
Kathleen Schneider (44)<br />
Harzer Schäfermeisterin<br />
4<br />
Helmut Warnecke (59)<br />
2<br />
Dresdener Diversity-Vorreiter<br />
Der Geschäftsführer der Infineon Technologies<br />
Dresden GmbH gehört in Sachsen<br />
zu den Protagonisten in punkto Diversity,<br />
also bei der Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf, der Chancengleichheit von Mann<br />
und Frau sowie bei der kulturellen Vielfalt<br />
im Unternehmen. Die High-Tech-Schmiede<br />
leistet sich eine eigene Diversity-Managerin,<br />
sensibilisiert ihre Führungskräfte<br />
in regelmäßigen Seminaren für diese<br />
Themen, hat für junge Mitarbeiterinnen<br />
in zwei Kindergärten 35 Belegplätze reserviert<br />
und sogar einen Betraum für islamische<br />
Beschäftigte eingerichtet. Warnecke,<br />
der auch Vizepräsident des Clusters<br />
Silicon Saxony e. V. ist, offeriert jungen<br />
Eltern der Belegschaft zudem Teilzeitangebote<br />
und will den Anteil der Frauen im<br />
mittleren und oberen Management bis<br />
2020 auf wenigstens 20 Prozent erhöhen.<br />
Dem Selfmade-Unternehmer aus dem<br />
erzgebirgischen Zwönitz, der als Einzelkämpfer<br />
begann und heute mit seinem<br />
ständig gewachsenen Team große Projekte<br />
stemmt, wurde kürzlich auf der<br />
Weltleitmesse für Elektro- und Gebäudetechnik<br />
„Light + Building“ in Frankfurt<br />
am Main eine hohe Ehre zuteil: In<br />
der Kategorie „Betriebe bis 50 Mitarbeiter“<br />
gehörte er zu den Top drei beim Unternehmerpreis<br />
des Elektrohandwerks<br />
<strong>2016</strong>. Zu den Referenzobjekten der Uwe<br />
Kunzmann GmbH zählen das Sächsische<br />
Staatsarchiv in Chemnitz, der Neubau<br />
der Kinderklinik im Erzgebirgsklinikum<br />
Annaberg sowie eine Großanlageninstallation<br />
im KNV Logistikzentrum in Erfurt.<br />
An diesem Neubau eines der größten,<br />
modernsten und leistungsfähigsten<br />
Buch- und Medienlogistikzentren Europas<br />
waren Kunzmann und sein Team<br />
auch baubegleitend in die Planung einbezogen<br />
gewesen.<br />
Die Schäfermeisterin aus Ermsleben bei<br />
Thale im Harz ist hart im Nehmen. Denn<br />
sie gehört zu den letzten 2.000 Berufsschäfern<br />
in Deutschland, die sich dagegen<br />
wehren, dass eine zunehmend naturabgewandte<br />
Gesellschaft dieses älteste<br />
Gewerbe der Menschheit als „aussterbende<br />
Spezies“ behandelt, wie sie<br />
es nennt. Denn die junge Frau, die mit<br />
ihren gut 200 Mutterschafen sowie hunderten<br />
Lämmern von Frühjahr bis Herbst<br />
über Felder und Wiesen zieht, betrachtet<br />
ihr tägliches Tun als einen unverzichtbaren<br />
Beitrag zur Pflege und zum Erhalt der<br />
Kulturlandschaft. Kein Tier habe deren<br />
Artenvielfalt so massiv geprägt wie das<br />
Schaf, ist sie sicher. So sterbe also auch<br />
„dieses Stück Naturreichtum in dem<br />
Maße, wie die Schafherden immer weniger<br />
werden“, sagt sie. Deshalb wirbt sie<br />
für die Schäferei in Schulen, bietet Praktika<br />
für Achtklässler an – und findet dennoch<br />
so gut wie keine Lehrlinge mehr.<br />
Fotos: Harald Lachmann (1, 2, 4 ), Uwe Kunzmann GmbH (3)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
W+M KÖPFE | 7<br />
5<br />
Christof Queisser (45)<br />
Rotkäppchen-Chef aus Freyburg<br />
5<br />
Fotos: Rotkäppchen/Christian O. Bruch (5), Privat (6)<br />
Es hätte kaum besser laufen können<br />
für den studierten Betriebswirt, der<br />
erst 2013 von Vorgänger und Mitbesitzer<br />
Gunter Heise die Geschäftsleitung<br />
beim Marktführer Rotkäppchen-Mumm-<br />
Sektkellereien GmbH im sachsen-anhaltischen<br />
Freyburg übernommen hatte.<br />
Denn allein von der ostdeutschen Traditionsmarke<br />
Rotkäppchen setzte die Gruppe<br />
noch nie so viele Flaschen in einem<br />
Jahr ab wie 2015. Weiterhin kommt damit<br />
jede zweite in Deutschland geköpfte<br />
Flasche Sekt aus dem Hause Rotkäppchen-Mumm.<br />
Mit Markenprodukten<br />
kennt sich Queisser indes aus. Bevor ihn<br />
Heise (der sitzt jetzt im Unternehmensbeirat)<br />
holte, war er Chef der 2.000 Beschäftigten<br />
von Zimbo, einer deutschen<br />
Marke für Fleisch- und Wurstwaren sowie<br />
Convenience-Produkte.<br />
6<br />
Pamela Buggenhagen (46)<br />
Lobbyistin aus Schwerin<br />
6<br />
Seit April <strong>2016</strong> ist die Diplom-Psychologin<br />
Geschäftsführerin des Unternehmerverbands<br />
Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin<br />
und vertritt als Nachfolgerin<br />
von Wolfgang Schröder, welcher<br />
sich in den Ruhestand verabschiedet<br />
hat, nun die Interessen der über 600<br />
Mitglieder des Verbandes. In Pritzwalk<br />
geboren, verbrachte Buggenhagen ihre<br />
Studienzeit in Berlin und wurde nach<br />
Stationen als Lehrbeauftragte und wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin – unter anderem<br />
an der Hochschule für Technik,<br />
Wirtschaft und Gestaltung Wismar sowie<br />
an Instituten für Weiterbildung und<br />
Personalmanagement – Geschäftsführerin<br />
des Innovationstransfer- und Forschungsinstituts<br />
Schwerin. Im Oktober<br />
des letzten Jahres wechselte die zweifache<br />
Mutter in die Geschäftsleitung des<br />
Unternehmerverbandes und übernimmt<br />
diese nun vollständig.<br />
Willkommen in den beiden größten<br />
Eventlocations im deutschen Nordosten<br />
ZWEI HÄUSER<br />
EIN PARTNER<br />
VIELE MÖGLICHKEITEN<br />
HanseMesse: Das imposante Landesmessezentrum<br />
M-V ist Gastgeber für Messen, Kongresse<br />
und Events. Die Messehalle mit 10.600 m² Fläche<br />
ist individuell teilbar in Tagungs-, Ausstellungsoder<br />
Gastronomiebereiche. Die sechs Säle der<br />
Rotunde für 20 bis 300 Teilnehmer können kombiniert<br />
oder einzeln in verschiedenen Bestuhlungsvarianten<br />
genutzt werden. Das lichtdurchflutete<br />
Foyer lässt sich universell integrieren –<br />
als Ausstellungsfläche, Bankett- oder Partyareal<br />
sowie für gastronomische Offerten.<br />
StadtHalle: Als TOP-Veranstaltungsort für Events<br />
aller Art begeistert Rostocks Erlebnisarena jährlich<br />
hunderttausende Besucher. Die 11 Säle für 20 bis<br />
5.500 Personen bieten Kapazitäten, die sich kombinieren<br />
lassen und damit unschlagbar flexibel sind.<br />
Besonderes Ambiente versprechen die Coca-Cola<br />
Lounge und die ClubBühne. Großzügige Foyers<br />
eignen sich bestens für Präsentationen, Ausstellungen<br />
oder kulinarische Highlights. Und das<br />
alles zentral, am perfekten Standort, nur wenige<br />
Minuten von Rostocks City entfernt.<br />
Sie haben die außergewöhnliche Idee. – Wir die<br />
Kompetenz und Leidenschaft zur Umsetzung.<br />
www.messe-und-stadthalle.de
8 | W+M NACHRICHTEN<br />
Altenburger Landratsamt erstmals die Türen<br />
für einen gemeinsamen Wirtschaftstag<br />
mit dem damaligen Landkreis Leipziger<br />
Land geöffnet wurden.<br />
SPARKASSEN MIT GUTEN ZAHLEN<br />
BEACH-POLO AM STRAND VON WARNEMÜNDE<br />
Warnemünde. Vom 3. bis 5. Juni<br />
<strong>2016</strong> gibt es wieder Polo pur an der<br />
Ostsee, die ASTON MARTIN BERLIN<br />
BEACH POLO WORLD MASTERS<br />
geben sich die Ehre. Nun schon zum<br />
zweiten Mal an dieser Stelle sind Poloexperten,<br />
-freunde und Schaulustige<br />
geladen, ein tolles Turnier zu erleben.<br />
Noch größer als im Vorjahr, noch etwas<br />
näher am Wasser mit einem noch<br />
größeren VIP-Zelt und Sonnenterrasse.<br />
Sechs Teams mit namhaften Polospielern<br />
werden vom Erfolgsmoderatorenteam<br />
des Vorjahres vorgestellt.<br />
HARZ ALS FILMKULISSE<br />
Erfurt/Magdeburg. Sachsen-Anhalt und<br />
Thüringen haben gemeinsam mit Niedersachsen<br />
eine Marketinginitiative angeschoben,<br />
um dem Mittelstand in dem alle drei<br />
Länder verbindenden Mittelgebirge mehr<br />
Prosperität zu ermöglichen. Sie nennt sich<br />
„Drehort Harz“ und verfolgt das Ziel, die<br />
Region um den Brocken stärker als Filmkulisse<br />
ins Gespräch zu bringen. Dazu wolle<br />
man aber nicht in Hollywood aktiv werben,<br />
wohl aber in Deutschland und angrenzenden<br />
Staaten, so der Magdeburger Staatskanzlei-Chef<br />
Rainer Robra (CDU). Als erste<br />
Schritte sei daran gedacht, die bereits<br />
bestehende Filmförderung zu propagieren<br />
und Referenzprojekte zu benennen.<br />
Die sympathische Rommy Arndt ist<br />
seit zehn Jahren eines der Gesichter<br />
des Nachrichtensenders n-tv. Dort präsentiert<br />
sie Nachrichten, Telebörse und<br />
Sondersendungen, beim Polo führt sie<br />
Interviews. Begleitet wird sie von Jan-<br />
Erik Franck, der allein schon ein ausreichender<br />
Grund für den Besuch des<br />
Poloturniers wäre. „The Voice of Polo“<br />
moderiert die Turniere von St. Moritz,<br />
Kitzbühel, Sylt und das dritte Mal in Folge<br />
das Turnier von Organisator Matthias<br />
Ludwig. Infos und Tickets unter:<br />
www.polo-riviera-deutschland.com.<br />
ERFOLGREICHER WIRTSCHAFTSTAG<br />
Leipzig. Aus zwei mach drei: Zum mittlerweile<br />
zehnten länderübergreifenden Wirtschaftstag<br />
des Bundesverbandes mittelständischer<br />
Wirtschaft (BVMW), der im<br />
März in der Zwenkauer Stadthalle stattfand,<br />
begrüßten die Organisatoren aus den<br />
Landkreisen Leipzig (Sachsen) und Altenburger<br />
Land (Thüringen) nun auch den<br />
sachsen-anhaltischen Burgenlandkreis.<br />
Damit vergrößerte sich das Einzugsgebiet<br />
der Veranstaltung, die diesmal unter dem<br />
Thema „Mittelstand Digital“ stand, auf<br />
530.000 Einwohner. Insgesamt präsentierten<br />
sich hier 60 Aussteller aus allen drei<br />
Kreisen. Die Ursprünge des BVMW-Wirtschaftstages<br />
liegen im Jahr 2006, als im<br />
Berlin. Trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase<br />
blicken die 45 Mitgliedssparkassen<br />
im Ostdeutschen Sparkassenverband<br />
(OSV) auf ein gutes Geschäftsjahr 2015 zurück.<br />
Die Kreditneuzusage erreichte ebenso<br />
ein Rekordniveau wie der Einlagenbestand.<br />
2015 vergaben die Sparkassen neue<br />
Kredite in Höhe von 10,2 Milliarden Euro<br />
(+ 23,5 Prozent), davon 4,9 Milliarden für<br />
Unternehmen und Selbstständige (+ 21,2<br />
Prozent) und 4,2 Milliarden Euro an Privatpersonen<br />
(+ 25,3 Prozent). Die Einlagen<br />
der Sparkassenkunden stiegen zum neunten<br />
Mal in Folge und zwar um 3,5 Prozent.<br />
Dennoch warnten der Geschäftsführende<br />
OSV-Präsident Dr. Michael Ermrich und<br />
Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender<br />
bei der Präsentation der Ergebnisse<br />
davor, dass eine Fortsetzung der Niedrigzinsphase<br />
die Ergebnisse der Sparkassen<br />
künftig stärker unter Druck setzen werden.<br />
SCHLUSSLICHT BEI GRÜNDERN<br />
Erfurt. Seit Jahren sinkt in Thüringen die<br />
Zahl der Selbstständigen. Im Jahresschnitt<br />
stehen nach Angaben des Bundes der<br />
Selbstständigen (BDS) knapp 13.000 Gewerbeanmeldungen<br />
gut 15.000 Abmeldungen<br />
gegenüber. Das ist auch auf die stark<br />
reduzierte Förderung sogenannter Ich-AGs<br />
zurückzuführen. In einem Länderranking der<br />
Förderbank KfW zur Zahl der jährlichen Existenzgründer<br />
zwischen 2009 und 2014 trägt<br />
der Freistaat inzwischen die rote Laterne.<br />
Vor allem Menschen zwischen 31 und 40<br />
Jahren wagen den Schritt in die Selbstständigkeit,<br />
Gründer über 50 Jahre sind<br />
„so gut wie gar nicht mehr vorhanden“,<br />
heißt es beim BDS. Bei jungen Selbstständigen<br />
wären allerdings vor allem Berufsfelder<br />
„in einem Büroumfeld“, etwa Versicherungen,<br />
Finanzen oder anderen Dienstleistungen,<br />
beliebt. Damit fänden auch<br />
Handwerker kaum noch einen Nachfolger.<br />
Eine überdurchschnittlich hohe Neigung<br />
zu Gründungen herrscht derzeit unter den<br />
länger in Deutschland lebenden Migranten.<br />
Foto: Ralf Succo/SuccoMedia0<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
W+M NACHRICHTEN | 9<br />
AUSBILDUNGSWILLE STEIGT<br />
Chemnitz. Sachsens Wirtschaft erlebt<br />
schon zehn Jahre eine ganz spezielle Schieflage:<br />
Seit 1997 hat sich die Zahl der Auszubildenden<br />
mehr als halbiert und bereits<br />
seit 2011 schreiben sich mehr Schulabgänger<br />
an einer Hochschule ein, als gleichzeitig<br />
eine Lehre beginnen. Um hier gegenzusteuern,<br />
schmiedeten Wirtschaft, Gewerkschaften,<br />
Bundes- und Landesregierung sowie<br />
die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine „Allianz<br />
für Aus- und Weiterbildung“. Sie soll<br />
vor allem die Attraktivität und Karrierechancen<br />
einer betrieblichen Berufsausbildung<br />
vermitteln. Wer ausbilde, sichere sich langfristig<br />
Fachkräfte, bleibe wettbewerbsfähig<br />
und unabhängig vom Arbeitsmarkt, wandte<br />
sich dazu Dr. Klaus Schuberth, Chef der BA-<br />
Regionaldirektion Sachsen, speziell an die<br />
Unternehmen. Allerdings steigt inzwischen<br />
auch die lange schwächelnde Ausbildungsbereitschaft<br />
der sächsischen Firmenchefs<br />
wieder, gleichwohl sie heute in der Regel<br />
für eine angebotene Stelle nur noch einen<br />
Bewerber finden. 2005 lag dieses Verhältnis<br />
noch bei eins zu drei.<br />
SACHSENS ERFINDER SIND SPITZE<br />
Dresden. Die cleversten Tüftler des Ostens<br />
experimentieren weiterhin in Sachsen.<br />
2015 meldeten sie insgesamt 905 Patente<br />
an. Das waren zwar weniger als im Jahr<br />
zuvor, dennoch rangiert Sachsen damit im<br />
gesamtdeutschen Ranking als bestes ostdeutsches<br />
Land auf Platz sieben – noch vor<br />
Berlin und Hamburg. Thüringen bleibt mit<br />
512 Erfindungen auf dem zehnten Platz,<br />
Sachsen-Anhalt liegt mit 200 Patenten auf<br />
Rang 14. Brandenburg und Mecklenburg-<br />
Vorpommern rangieren dazwischen. Auch<br />
in all diesen Ländern war jedoch die Zahl<br />
der Anmeldungen beim Patentamt im Vergleich<br />
zu 2014 leicht rückläufig. Sachsens<br />
Erfolg rührt laut Joachim Ragnitz, Vize-Chef<br />
des ifo-Wirtschaftsinstituts Dresden, vor<br />
allem aus einer relativ starken öffentlichen<br />
Forschung. So werde außer an Universitäten<br />
und Hochschulen auch an staatlich kofinanzierten<br />
Forschungsinstituten wie denen<br />
der Fraunhofer-Gesellschaft geforscht.<br />
IM FOKUS VON INVESTOREN<br />
Leipzig. Leipzig und Dresden werden für<br />
Investoren immer attraktiver. Das ergab<br />
das aktuelle „Trendbarometer Immobilien-<br />
Investmentmarkt <strong>2016</strong>“, das die zur Ernst<br />
&Young-Gruppe gehörende EY Real Estate<br />
herausgibt. Obgleich beide sächsische Metropolen<br />
im nationalen Vergleich bei der Immobilienvermarktung<br />
noch als so genannte<br />
B-Standorte geführt werden, kamen sie<br />
bei einer Befragung maßgeblicher Investoren<br />
erstmals gemeinsam auf Rang vier<br />
– hinter Berlin, Hamburg und Frankfurt am<br />
Main, aber vor langjährigen A-Standorten<br />
wie Düsseldorf, München und Köln.<br />
Foto: Santa Maria Manuela Archive<br />
SACHSEN Sail <strong>2016</strong><br />
Auf in den<br />
skandinavischen Frühling<br />
Unter dem Motto „Wirtschaft. Kontakte.<br />
Horizonte.“ sticht am 20. Mai die Santa<br />
Maria Manuela zum ersten Mal für die<br />
SACHSEN Sail in See. Der historische<br />
Viermast-Gaffelschoner bringt mit seinen<br />
knapp 69 Metern, vier Masten und<br />
elf Segeln die Wirtschaftskapitäne der<br />
SACHSEN Sail innerhalb von vier Tagen<br />
von Warnemünde nach Kopenhagen. Auf<br />
dem Seeweg können sich die Segler auf<br />
ein besonderes Fotomotiv freuen: den imposanten<br />
Windpark EnBW Baltic 2. Der<br />
Offshore-Windpark liegt 32 Kilometer<br />
nördlich der Insel Rügen und besteht aus<br />
80 Windkraftanlagen und einer Umspannplattform.<br />
Passend zum Wirtschaftsforum<br />
am 20. Mai in Warnemünde, welches sich<br />
in diesem Jahr dem Thema „Die deutsche<br />
und nordische Energiewende: Schwerpunkt<br />
Windkraft“ widmet. Alle, die keinen<br />
der 52 begehrten Plätze auf dem Schiff ergattern<br />
konnten, können sich hier thematisch<br />
bereits auf das Ostdeutsche Wirtschaftsforum<br />
am 30. und 31. August in<br />
Leipzig einstimmen. Infos und Anmeldung<br />
unter www.SachsenSail.de.<br />
Dieses Jahr führt die SACHSEN Sail auf der<br />
Santa Maria Manuela nach Kopenhagen.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
TLÄNDERSCHWERPUNK<br />
10 | W+M SCHWERPUNKT MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
Ein Liebherr-Tiefseekran wird<br />
zur Auslieferung vorbereitet.<br />
Wie in den anderen neuen Bundesländern<br />
auch, bildet der Mittelstand das Rückgrat<br />
der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns.<br />
99,6 Prozent der Betriebe gehören<br />
zum Mittelstand. In diesen Firmen arbeiten<br />
81 Prozent der sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten. Insgesamt gibt es<br />
im Land rund 55.000 kleine und mittlere<br />
Unternehmen.<br />
Produzierendes Gewerbe<br />
auf dem Vormarsch<br />
Die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern hat sich in der<br />
im Herbst zu Ende gehenden fünfjährigen Legislaturperiode<br />
insgesamt positiv entwickelt. Säulen des Wachstums<br />
sind die Ernährungswirtschaft, die Gesundheitsbranche,<br />
der Tourismus sowie die maritime Industrie. Allein<br />
im ersten Halbjahr des Vorjahres stieg das Brutto-<br />
inlandsprodukt spürbar, was vor allem auf<br />
Zuwächse im produzierenden Gewerbe sowie<br />
im Dienstleistungssektor zurückzuführen ist.<br />
Von Karsten Hintzmann<br />
Seit knapp zwölf Jahren stehen die Zeichen<br />
in Mecklenburg-Vorpommern<br />
inzwischen auf Wachstum, das lediglich<br />
von der Wirtschaftskrise 2008/09 unterbrochen<br />
wurde. Obwohl der Mittelstand<br />
Mecklenburg-Vorpommerns in zahlreichen<br />
Branchen aktiv ist, wird die Industrie unverändert<br />
von der Nahrungs- und Futtermittelindustrie<br />
geprägt. Sie erwirtschaftet mehr<br />
als 38 Prozent der Industrieumsätze. Die<br />
Größe und Leistungsfähigkeit dieser Branche<br />
stehen in Zusammenhang mit der – im<br />
Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt<br />
– überproportional starken und hoch<br />
produktiven Landwirtschaft, die der Ernährungswirtschaft<br />
einen<br />
guten Zugriff auf heimische<br />
Lieferanten ermöglicht.<br />
MECKL ENBURG-VORPOMMERN<br />
Auch das verarbeitende Gewerbe in<br />
Mecklenburg-Vorpommern hat sich dynamisch<br />
entwickelt. Die Umsätze konnten<br />
in den zurückliegenden 20 Jahren mehr<br />
als verdoppelt werden und liegen aktuell<br />
bei knapp zwölf Milliarden Euro im Jahr.<br />
Zwar verfügen zahlreiche Industriebranchen<br />
durchaus noch über Steigerungspotenzial,<br />
sie sind heute jedoch durchweg<br />
wettbewerbsfähig und haben in den letzten<br />
Jahren Umsatzzuwächse erzielt.<br />
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns<br />
unternimmt erhebliche Anstrengungen,<br />
die heimische Wirtschaft<br />
zu fördern. Im Zentrum steht dabei eine<br />
Standortoffensive des Ministeriums für<br />
Wirtschaft, Bau und Tourismus, die auf die<br />
Ansiedlung weiterer mittelständischer Betriebe<br />
fokussiert ist. Die Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
Invest in Mecklenburg-Vorpommern<br />
GmbH versteht sich dabei als<br />
One-Stop-Agency für ansiedlungsbereite<br />
und investitionsfreudige Unternehmen.<br />
Unter dem Dach der Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
agieren offiziell ernannte „Wirtschaftsbotschafter“,<br />
erfolgreiche Unternehmer,<br />
die mit ihrer eigenen Erfolgsgeschichte<br />
Werbung für den Standort machen.<br />
Aktuell trommeln 63 Wirtschaftsbotschafter<br />
für Ansiedlungen und Investitionen<br />
im Land zwischen<br />
Boltenhagen und Neubrandenburg.<br />
Das jüngste Förderinstrument<br />
ist eine 2015 vom<br />
Schweriner Wirtschaftsministerium<br />
aufgelegte<br />
„Richtlinie zur Förderung<br />
von Entrepreneurship”. Die<br />
Entrepreneurship-Förderung<br />
unterstützt Gründungsideen und<br />
unternehmerische Aktivitäten, um vor<br />
allem innovative Gründungen anzuregen.<br />
Unterstützt werden als besondere Form<br />
der Existenzgründung auch Unternehmensnachfolgen.<br />
Galt Mecklenburg-Vorpommern in den<br />
1990er Jahren noch als wirtschaftliches<br />
Sorgenkind im Bundesländerranking, hat<br />
sich das Land inzwischen den Ruf eines<br />
innovativen, investitionsfreundlichen, aufstrebenden<br />
und lebenswerten Standortes<br />
erarbeitet.<br />
W+M<br />
Foto: Liebherr-MCCtech Rostock GmbH<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Wachsen<br />
ist einfach.<br />
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Auf dem Freigelände der Mecklenburger Metallguss GmbH<br />
in Waren (Müritz) lagern riesige Schiffspropeller.<br />
Die Küste konzentriert sich<br />
auf Cluster<br />
Mit einem Plus von 1,5 Prozent in der Wirtschaftsleistung<br />
bewegte sich Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2015 auf dem<br />
gesamtdeutschen Wachstumspfad. Zu einem Gerüst der Wirtschaft<br />
im Nordosten haben sich tragfähige Cluster-Strukturen in der<br />
maritimen Industrie sowie in der Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft<br />
entwickelt. Von Thomas Schwandt<br />
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt<br />
gehört zu den Gradmessern<br />
wirtschaftlichen Fortschritts.<br />
Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich im<br />
Flächenland Mecklenburg-Vorpommern<br />
(MV) die Arbeitslosenquote auf 10,4 Prozent<br />
(2015) halbiert. Insbesondere im Verarbeitenden<br />
Gewerbe und im Dienstleistungssektor<br />
erhöhte sich die Zahl der<br />
Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt kontinuierlich.<br />
Nach Angaben des Ministeriums<br />
für Wirtschaft, Bau und Tourismus<br />
registrierte das Land 2015 insgesamt<br />
7.000 neue sozialversicherungspflichtige<br />
Arbeitsverhältnisse. Dieser Zuwachs<br />
resultiert aus zahlreichen Neuansiedlungen<br />
von Unternehmen und auf Erweiterungsinvestitionen<br />
in bestehenden Betrieben.<br />
Die Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
Invest in MV ist inzwischen in der<br />
vorteilhaften Lage, mit gewachsenen<br />
mittelständischen Cluster-Strukturen<br />
für den Standort MV werben zu können.<br />
Investoren finden Kooperationspartner,<br />
Zulieferer und Netzwerke. Eine gut ausgebaute<br />
Verkehrsinfrastruktur, eine vielfältige<br />
Hochschul- und Forschungslandschaft<br />
und langjähriges Know-how in der<br />
maritimen Wirtschaft sowie in der Verarbeitung<br />
von Nahrungsmitteln bildeten<br />
den Katalysator, dass sich in jüngerer Vergangenheit<br />
drei Cluster des Verarbeitenden<br />
Gewerbes als Basis einer tragfähigen<br />
Wirtschaft im Land herauskristallisierten:<br />
Maritime Industrie<br />
Der Schiffbau bildete mehr als ein halbes<br />
Jahrhundert den Kern der maritimen<br />
Industrie in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
In den letzten 20 Jahren durchlebte der<br />
Schiffbau im Nordosten einen beispiellosen<br />
Schrumpfungsprozess. Von einst<br />
50.000 Beschäftigten in der Werftindustrie<br />
sank die Zahl auf aktuell rund 1.700.<br />
Im Sog des krisengeschüttelten internationalen<br />
Schiffbaus schlitterten die Großwerften<br />
in MV nach kurzen Phasen konjunkturellen<br />
Aufwinds in Insolvenzen,<br />
wechselten häufiger die Eigentümer,<br />
als es für eine solide Unternehmensentwicklung<br />
geboten ist. Aktuelles Beispiel<br />
ist die Übernahme der drei Werften der<br />
Schiffbaugruppe Nordic Yards in Warnemünde,<br />
Wismar und Stralsund durch einen<br />
asiatischen Investor im März dieses<br />
Jahres.<br />
Der Mischkonzern Genting Hong Kong<br />
(GHK) agiert vor allem in der Freizeit-, Hotel-<br />
und Kreuzfahrtbranche. Mit dem Einstieg<br />
in den Schiffbau will GHK eine starke<br />
Expansion im Kreuzfahrtgeschäft absichern<br />
und die benötigten Kreuzliner in<br />
Eigenregie bauen. Ende 2015 hatten die<br />
Asiaten bereits die Bremerhavener Lloyd<br />
Werft komplett erworben. Im Verbund<br />
mit dieser firmieren die drei Ostwerften<br />
nun als Lloyd Werft Group und sollen primär<br />
Kreuzfahrtschiffe fertigen.<br />
Foto: Thomas Schwandt<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
SCHWERPUNKT MECKLENBURG-VORPOMMERN | 13<br />
Nordic Yards hatte sich zuletzt mit dem<br />
Bau von arktistauglichen Spezial- und<br />
Serviceschiffen sowie von Konverter-<br />
Plattformen für Offshore-Windparks profiliert.<br />
Doch die zukunftsorientierte Strategie<br />
scheiterte in der andauernden Krise<br />
des globalen Schiffbaus und an den<br />
politisch bedingten Sanktionen gegenüber<br />
Russland.<br />
Nach der Insolvenz der P+S-Werften in<br />
Stralsund und Wolgast im Sommer 2012<br />
war die vierte große Werft im Land, die<br />
Peene-Werft, von der Bremer Lürssen<br />
Werft übernommen worden. Die Schiffbauer<br />
an der Weser fertigen vorrangig<br />
Marineschiffe und Großyachten. Lürssen<br />
setzt auf die langjährigen Erfahrungen<br />
an der Peene mit dem Bau von „grauen<br />
Schiffen“, und so produzieren die rund<br />
300 Werftarbeiter im Osten von MV in<br />
der Marine-Sparte von Lürssen heute unter<br />
anderem Vorschiffe für Fregatten sowie<br />
Patrouillenboote.<br />
Anders als die vier Großwerften vermochten<br />
es die kleineren Zulieferbetriebe<br />
und Dienstleistungsfirmen der Branche,<br />
sich flexibel und schnell auf die<br />
wechselnden Anforderungen einzustellen.<br />
Rund 280 Unternehmen, inklusive<br />
der Werften, werden der maritimen Industrie<br />
im Land zugerechnet. Die Zahl<br />
der Beschäftigten beträgt circa 10.000.<br />
Ein neuer Markt eröffnete sich mit der<br />
Offshore-Windenergie. Unternehmen,<br />
wie der Großröhrenhersteller EEW Special<br />
Pipe Constructions und der Kranbauer<br />
Liebherr-MCCtec Rostock, die sich im<br />
Seehafen Rostock nahe der Wasserkante<br />
angesiedelt haben und dort Fundamente<br />
für Offshore-Windräder beziehungsweise<br />
-Krane produzieren, traten an die<br />
Stelle der Werften. Im WindEnergy Network<br />
bündeln heute fast 130 Firmen, Forschungsstätten<br />
und Hochschulen ihre<br />
Kräfte und ihr Know-how.<br />
Da der Aktionsradius der maritimen Industrie<br />
weit über die Landesgrenzen<br />
von MV hinausreicht, sucht es auch den<br />
Schulterschluss mit den anderen deutschen<br />
Küstenländern. Im „Maritimen<br />
Cluster Norddeutschland“ gehe es darum,<br />
die Potenziale der maritimen Wirtschaft<br />
Norddeutschlands zu bündeln und<br />
deren internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu stärken, begründet Harry Glawe,<br />
Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus,<br />
diesen Schritt.<br />
Ernährungsindustrie<br />
Zu den primären Zielen der Wirtschaftspolitik<br />
von MV gehört es, mehr Wertschöpfung<br />
zwischen Wismar und Wolgast<br />
zu etablieren. Dem traditionellen<br />
Agrarland, das große Mengen landwirtschaftlicher<br />
Rohstoffe produziert, bot<br />
sich dazu mit der Verarbeitung von Nahrungsmitteln<br />
eine naheliegende Chance.<br />
Im bisherigen Werben um Investoren<br />
konnte die Landeswirtschaftsfördergesellschaft<br />
Invest in MV einige gewichtige<br />
Vorteile in die Waagschale werfen.<br />
So gibt es im Land viel Erfahrung im Umgang<br />
mit Nahrungsmitteln, gut ausgebildete<br />
Fachkräfte und logistisch günstig angebundene<br />
Standorte, vorzugsweise an<br />
der Autobahn A24 zwischen Berlin und<br />
Hamburg. Erste Ansiedlungen ließen<br />
nicht lange auf sich warten und entfalteten<br />
Sogwirkung in der Branche. Insbesondere<br />
in Westmecklenburg sind eine<br />
Reihe von Produktionsstätten renommierter<br />
Lebensmittel-Hersteller errichtet<br />
worden. Einen vorläufigen Höhepunkt<br />
stellt die Ansiedlung des neuen Nestlé-<br />
Werkes in Schwerin dar. Seit September<br />
2014 produziert das Nescafé-Dolce-Gusto-Werk<br />
Kaffeekapseln. Zu den bis dato<br />
in Betrieb genommenen sechs Produktionslinien<br />
mit einer jährlichen Kapazität<br />
von einer Milliarde Kapseln sollen noch<br />
sechs Taktstraßen hinzukommen. Bereits<br />
seit vielen Jahren etabliert sind das Dr.-<br />
Oetker-Werk in Wittenburg, wo tiefgekühlte<br />
Pizzen hergestellt werden, oder<br />
der Bonbonhersteller Sweet Tec in Boizenburg,<br />
der erst kürzlich seine Produktion<br />
ausgebaut und die Produktpalette um<br />
Gelee- und Fruchtgummis erweitert hat.<br />
In der versammelten Gemeinschaft von<br />
Branchenfirmen verfängt zunehmend der<br />
Foto: Sweet Tec<br />
Süße Sachen aus Boizenburg: Bei Sweet Tec werden täglich mehr als 16 Millionen Hart- und<br />
Kaubonbons sowie Lutscher produziert.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
14 | W+M SCHWERPUNKT MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
Cluster-Gedanke. Die Akteure sind sich<br />
einig, dass die eigene Wettbewerbsfähigkeit<br />
vor allem gesichert werden kann mit<br />
hochproduktiven Verarbeitungstechnologien<br />
und innovativen Produkten. Dazu bedarf<br />
es auch einer engen Zusammenarbeit<br />
mit wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen<br />
in der Region. Zum Beispiel<br />
wird an der Hochschule Neubrandenburg<br />
in Kooperation mit regionalen Unternehmen<br />
auf dem zukunftsträchtigen Gebiet<br />
von Gesundheit und Ernährung praxisnah<br />
geforscht. Dem Miteinander dient auch<br />
die von der Wirtschaft initiierte Food Academy<br />
in Ludwigslust. Sie verfolgt neue<br />
Wege in der Ausbildung von Fachkräften.<br />
In der Ernährungsindustrie von MV<br />
sind vor allem die Backwarenindustrie,<br />
Fleisch-, Milch- und Fischverarbeitung<br />
sowie die Getränkeherstellung vertreten.<br />
Die mehr als 14.000 Mitarbeiter erwirtschaften<br />
einen jährlichen Umsatz<br />
von rund vier Milliarden Euro und machen<br />
damit die Branche zur Nummer<br />
eins im Land.<br />
Gesundheitswirtschaft<br />
Bereits seit eineinhalb Jahrzehnten hat<br />
sich das regionale Netzwerk BioCon Valley<br />
auf die Fahne geschrieben, die im Land<br />
vorhandenen Potenziale und Kompetenzen<br />
im Bereich Gesundheitswirtschaft<br />
und Life Science (Biowissenschaften)<br />
zu bündeln und als Keimboden für einen<br />
auch international konkurrenzfähigen<br />
Branchencluster<br />
zu nutzen. Ziel ist<br />
es, wissenschaftsbasierte<br />
Innovationen in marktreife<br />
Hightech-Produkte<br />
und hochproduktive flexible<br />
Fertigung münden<br />
zu lassen, die für tragfähige<br />
Geschäftsmodelle<br />
taugen. Auf die mittelständisch<br />
geprägte Gesundheitsbranche<br />
entfallen<br />
aktuell 15 Prozent der<br />
Bruttowertschöpfung in<br />
MV. Insgesamt sind derzeit<br />
100.000 Mitarbeiter<br />
in der Gesundheitswirtschaft<br />
beschäftigt, davon<br />
rund 70 Prozent allerdings<br />
in der stationären, teilstationären<br />
und ambulanten<br />
Versorgung.<br />
Gaumenfreuden für Pizza-Fans: Im Wittenburger Dr.-Oetker-Werk<br />
laufen bis zu 100 verschiedene Tiefkühlprodukte vom Band.<br />
Strategisch legen Wirtschaftspolitik<br />
und -förderung<br />
den Schwerpunkt<br />
auf den produzierenden<br />
und Dienstleistungsbereich<br />
der Gesundheitswirtschaft. Dafür<br />
spricht unter anderem die seit zwölf Jahren<br />
regelmäßige Teilnahme von MV auf<br />
der zweitgrößten Fachmesse für Medizintechnik<br />
„Arab Health“ in Dubai. Zu den<br />
neun produzierenden Ausstellern aus MV<br />
auf der diesjährigen „Arab Health“ im Januar<br />
gehörte unter anderem die junge Firma<br />
Clearum GmbH aus Poppendorf bei<br />
Rostock. Das Unternehmen stellt hochfeine<br />
Hohlfasern her, die in der Dialyse<br />
für nierenkranke Menschen benötigt werden.<br />
Ende 2015 startete Clearum die Produktion<br />
im neu errichteten Werk in Poppendorf.<br />
Auf der Fachmesse in Dubai<br />
konnte ein Auftrag von mehr als sechs<br />
Millionen Euro an Land gezogen werden.<br />
Weitere Gespräche gab es mit potenziellen<br />
Kunden aus dem Iran, Irak und den<br />
USA.<br />
Die Riemser Firma IDT Biologika ist weltweit mit führend bei der Herstellung von Tierimpfstoffen.<br />
„Wir müssen das Exportgeschäft der heimischen<br />
Unternehmen weiter ausbauen.<br />
Es ist wichtig, aktiv in neue Märkte zu investieren,<br />
um flexibel auf Marktveränderungen<br />
reagieren zu können und auch um<br />
Marktschwankungen vorzubeugen“, resümiert<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister<br />
Harry Glawe. Dies sei<br />
entscheidend, um weiteres Wirtschaftswachstum<br />
zu genieren. Für <strong>2016</strong> hält der<br />
Minister ein Plus „zwischen 1,5 und zwei<br />
Prozent“ in MV für möglich. W+M<br />
Fotos: Dr. Oetker (oben), Invest in MV (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
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bis zu 5 % des Zusagebetrages (maximal 50 EUR je Quadratmeter) gemindert (Stand 14.04.<strong>2016</strong>).
16 | W+M SCHWERPUNKT<br />
„Bis 2025 schaffen wir den Breitbandausbau“<br />
W+M-Interview mit Christian Pegel (SPD), Minister für Energie und<br />
Infrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern<br />
W+M: Herr Minister, wo steht Ihr Land<br />
aktuell als Erzeuger von Erneuerbaren<br />
Energien?<br />
Christian Pegel: Wir produzieren heute<br />
bereits mehr Strom aus Erneuerbaren<br />
Energien, als wir für den Eigenbedarf benötigen.<br />
Zusätzlich haben wir auch noch<br />
konventionelle Erzeugung durch ein<br />
Steinkohlekraftwerk in Rostock und aus<br />
verschiedenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen<br />
der Stadtwerke. Wir haben also<br />
heute schon beträchtliche Stromexporte<br />
und Ziel ist es, diese wesentlich auszuweiten.<br />
W+M: Fördert oder hemmt die aktuell<br />
vorhandene Verkehrsinfrastruktur in<br />
Mecklenburg-Vorpommern die heimische<br />
Wirtschaft?<br />
Christian Pegel: Wenn ich mir anschaue,<br />
was alles seit 1990 entstanden<br />
ist, bin ich mir sicher, dass unsere Verkehrsinfrastruktur<br />
die Wirtschaft fördert.<br />
Natürlich gibt es auch immer Dinge, die<br />
noch besser werden können. Wir haben<br />
beispielsweise einige Ausbauvorhaben,<br />
wie etwa die Bundesstraße 96 von Neubrandenburg<br />
in Richtung Berlin oder die<br />
Ortsumfahrung von Bergen auf Rügen.<br />
Ein großes Projekt ist sicher noch die Insel<br />
Usedom. Da befinden wir uns mit der<br />
Ortsumfahrung von Wolgast derzeit im<br />
Planfeststellungsverfahren.<br />
ist bei Laage der Fall. Für diesen Flughafen<br />
haben wir eine langfristige Finanzierungszusage<br />
gegeben, in der Erwartung,<br />
dass sich dadurch auch Potenziale entwickeln<br />
lassen. Da gibt es die ersten positiven<br />
Ansätze: Etliche Kreuzfahrtschiffe<br />
realisieren ihren Bettenwechsel jetzt in<br />
Warnemünde. Das macht Sinn, denn wir<br />
können den Kreuzfahrtunternehmen optimale<br />
Bedingungen anbieten – ihre Gäste<br />
werden in Laage quasi wie auf einem<br />
Hausflughafen privilegiert behandelt und<br />
nicht so anonym wie auf Großflughäfen.<br />
Heringsdorf hat weiterhin eine regionale<br />
Funktion, die für den Tourismus vor Ort –<br />
besonders in der Sommersaison – wichtig<br />
ist.<br />
Minister<br />
Christian Pegel.<br />
W+M: Etliche Gegenden im ländlichen<br />
Raum und auch kleinere Städte verfügen<br />
noch nicht über schnelles Internet. Bis<br />
wann kann eine flächendeckende Versorgung<br />
mit modernem Breitband realisiert<br />
werden?<br />
Christian Pegel: Die Bundesregierung<br />
hat als Ziel eine Versorgung mit 50 Megabit<br />
pro Sekunde (Mbit/s) bis 2018 ausgegeben.<br />
Ich bin nicht besonders optimistisch,<br />
dass das in jedem Flächenbundesland<br />
auf den Punkt gelingt. Zudem sind<br />
50 Mbit/s, wenn man die technische Entwicklung<br />
betrachtet, sicher nur ein Zwischenschritt.<br />
Ich gehe davon aus, dass<br />
wir bis 2018 einen größeren Teil dieses<br />
Zwischenschritts bewältigt haben und<br />
dann aber noch Zeit brauchen für einen<br />
wirklich nachhaltigen Ausbau des Netzes.<br />
Wenn wir das bis Mitte der 20er<br />
Jahre erreicht haben, hätten wir einen<br />
riesigen Schritt nach vorn gemacht.<br />
Foto: W+M<br />
W+M: Über richtig große Flughäfen verfügt<br />
Ihr Land nicht. Soll sich die Rolle<br />
der Flughäfen Rostock-Laage und Heringsdorf<br />
perspektivisch ändern?<br />
Christian Pegel: Nein, die Rolle dieser<br />
Flughäfen wird sich nicht groß ändern.<br />
Die Idee bei Laage war, dass ein Flughafen<br />
auch eine gewisse Landesfunktion<br />
erfüllen und aus allen Teilen des<br />
Landes gut erreichbar sein muss. Das<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 17<br />
W+M: Als Minister für Landesentwicklung<br />
sind Sie auch für die Bewältigung<br />
der Folgen der demografischen Entwicklung<br />
zuständig. Mit welchen Maßnahmen<br />
wollen Sie dafür sorgen, dass die<br />
Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern<br />
mittelfristig über genügend qualifizierte<br />
Fachkräfte verfügt?<br />
Foto: W+M<br />
Christian Pegel: Als Minister bin ich<br />
durch meine Zuständigkeit für die Landesentwicklung<br />
zwar formal auch mit den<br />
Fragen der Demografie befasst, aber die<br />
Aufgaben in diesem Bereich finden Sie<br />
in allen Ministerien. Eine Riesenaufgabe,<br />
die uns seit längerer Zeit umtreibt, ist es,<br />
in der Bildung darauf hinzuwirken, dass<br />
wir schon in den Kitas und Schulen niemanden<br />
auf dem Bildungsweg verlieren.<br />
Angesichts der – im Vergleich zu 1990 –<br />
auf ein Drittel eingebrochenen Schülerzahl<br />
können wir es uns nicht mehr erlauben,<br />
darüber hinweg zu sehen, wenn Jugendliche<br />
die Schulreife nicht erreichen.<br />
Wir brauchen jeden Einzelnen. Wenn wir<br />
dann die Schüler mit Abschlüssen haben,<br />
werden wir es nur in Kooperation mit den<br />
Unternehmen schaffen, sie auf qualifizierte<br />
Aufgaben vorzubereiten. Sie müssen<br />
attraktive Bedingungen schaffen, die die<br />
jungen Menschen im Land halten und<br />
eine Abwanderung nach Hamburg oder<br />
Berlin verhindern. Da geht es unter anderem<br />
auch um die Gestaltung von Arbeitsverträgen,<br />
die nicht jedes halbe Jahr verlängert<br />
werden. Aber dieses Signal ist bei<br />
unseren Betrieben längst angekommen.<br />
In der Frage der Unternehmensnachfolge<br />
überlegen wir derzeit, ob wir die Übernahme<br />
von Betrieben durch Unternehmernachwuchs,<br />
der nicht aus der Familie<br />
kommt, in den nächsten Jahren noch bewusster<br />
finanziell oder durch Bürgschaften<br />
unterstützen können. Denn die Übernahme<br />
durch den Kauf eines Unternehmens<br />
überfordert heute viele junge Fachkräfte.<br />
W+M: Werfen wir einen Blick voraus –<br />
wo sehen Sie die Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns<br />
im Jahr 2025?<br />
Trafen sich in Rostock zum Interview: Christian Pegel (r.) und Chefredakteur Karsten Hintzmann.<br />
ZUR PERSON<br />
Christian Pegel wurde am 7. Januar<br />
1974 in Hamburg geboren. Bereits<br />
1990 trat er in die SPD ein. Von 1995<br />
bis 2001 studierte er an der Greifswalder<br />
Ernst-Moritz-Arndt-Universität<br />
Rechtswissenschaften. Er arbeitete als<br />
Rechtsanwalt und wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der Universität Greifswald.<br />
Seine politische Laufbahn begann<br />
er 2012 als Chef der Schweriner Staatskanzlei.<br />
Im Januar 2014 wurde Pegel<br />
zum Minister für Energie, Infrastruktur<br />
und Landesentwicklung ernannt. Er ist<br />
verheiratet und Vater zweier Kinder.<br />
Christian Pegel: In zehn Jahren wird uns<br />
ein Grad der Digitalisierung bestimmen,<br />
den wir heute noch gar nicht erahnen<br />
können. Bis 2025 werden wir den Breitbandausbau<br />
geschafft haben. Die Erneuerbaren<br />
Energien werden weltweit ein<br />
Kassenschlager sein. Ich bin voller Hoffnung,<br />
dass Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern<br />
dann auch bei Speichertechnologien<br />
solide und marktfähige<br />
Produkte entwickelt haben werden,<br />
die man international mit den Anlagen<br />
aus unserem Land exportieren kann.<br />
Die Gesundheitswirtschaft wird noch<br />
einmal deutlich zulegen, mit allem, was<br />
in der Medizintechnik dranhängt. Die maritime<br />
Wirtschaft wird ihre Rolle modifizieren<br />
– sie wird nicht mehr nur im Massenschiffbau<br />
tätig sein, sondern sich vermehrt<br />
im Spezialschiffbau und in den Bereichen<br />
engagieren, die man mit Gas- und<br />
Ölförderung auf dem Meer und der Gewinnung<br />
Erneuerbarer Energien auf dem<br />
Meer verbindet.<br />
W+M: Sie wurden 1974 in Hamburg geboren,<br />
durch das Studium in Greifswald und<br />
Ihre anschließenden beruflichen Stationen<br />
aber quasi in Ostdeutschland sozialisiert.<br />
Wo fühlen Sie sich persönlich im Spektrum<br />
zwischen Ost und West verortet?<br />
Christian Pegel: Nach meinem Gefühl<br />
bin ich Norddeutscher. Das war auch<br />
der Grund, warum ich zum Studium<br />
nach Greifswald gegangen bin und nicht<br />
nach Berlin oder Potsdam. Ich bin jetzt 42<br />
Jahre alt. Als ich knapp 21 war, ging ich<br />
nach Greifswald. Also habe ich die Hälfte<br />
meines Lebens in Mecklenburg-Vorpommern<br />
verbracht. Wenn man die echte<br />
Wach- und Wahrnehmungszeit nimmt,<br />
ist es weit mehr als die Hälfte. Mein Gefühl,<br />
wenn ich mit Menschen umgehe,<br />
ist, dass mich keiner nach meiner Herkunft<br />
fragt und die Leute mich einfach<br />
selbstverständlich hier verbuchen.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
18 | W+M SCHWERPUNKT<br />
Neue Anlaufstelle<br />
bietet Hilfe im Nachfolgeprozess<br />
Wer sich schon einmal mit dem Thema Unternehmensnachfolge<br />
beschäftigt hat, weiß, wie facettenreich und teils kompliziert der<br />
Übergang eines Unternehmens an die folgende Unternehmergeneration<br />
sein kann. In Mecklenburg-Vorpommern ist jüngst eine<br />
zentrale Anlaufstelle eingerichtet worden, die sowohl Unternehmern<br />
als auch potenziellen Nachfolgern Hilfe und Unterstützung im<br />
Nachfolgeprozess bietet. Von Frieda Neurich<br />
Auch in Mecklenburg-Vorpommern<br />
gehört der unternehmerische Generationenwechsel<br />
zu einem der<br />
Themen, die allen, wenn auch aus unterschiedlicher<br />
Perspektive, unter den Nägeln<br />
brennen. So werden sich Schätzungen der<br />
Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie<br />
der Handwerkskammern (HWK) des<br />
Landes zufolge in den kommenden zehn<br />
Jahren über 26.500 Unternehmer aus Altersgründen<br />
mit der Zukunft ihrer Firma<br />
beschäftigen müssen. Dabei ist nicht jedes<br />
Unternehmen für eine Übergabe geeignet.<br />
Es wird erwartet, dass lediglich<br />
12.000 Betriebe übergabefähig sein werden.<br />
Doch damit nicht genug, denn davon<br />
treten nur etwa zwei Drittel überhaupt in<br />
den Nachfolgeprozess ein, nicht einmal die<br />
Hälfte von ihnen kann die Unternehmensübergabe<br />
letztlich erfolgreich abschließen.<br />
„Es gibt viele Hürden, die Unternehmer<br />
und Nachfolger jeweils zu meistern haben,<br />
angefangen bei der Suche nach einem geeigneten<br />
Betrieb beziehungsweise Nachfolger<br />
bis hin zu rechtlichen und steuerlichen<br />
Fragestellungen“, sagt Dr. Thomas<br />
Drews, Geschäftsführer der Bürgschaftsbank<br />
Mecklenburg-Vorpommern (BMV).<br />
Um den Nachfolgeprozess für die Beteiligten<br />
zu strukturieren, zu koordinieren,<br />
über einzelne Punkte zu informieren und<br />
bei speziellen Fragestellungen entsprechende<br />
Fachleute als Ansprechpartner zu<br />
benennen, haben das Wirtschaftsministerium,<br />
die IHKs und HWKs gemeinsam mit<br />
der Bürgschaftsbank das landesweite Projekt<br />
„Unternehmensnachfolge in Mecklenburg-Vorpommern“<br />
ins Leben gerufen.<br />
Träger des Projektes, das unter anderen<br />
aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds<br />
der Europäischen Union finanziert wird, ist<br />
die BMV. Als Wirtschaftsförderer, der seit<br />
Verbindung<br />
zu den Netzwerkpartnern<br />
-Unt.Berater-<br />
Verbindung<br />
zu den Netzwerkpartnern<br />
-St.Berater-<br />
Verbindung<br />
zu den Netzwerkpartnern<br />
-Finanzinst.-<br />
Verbindung<br />
zu den Netzwerkpartnern<br />
-Rechtsanwälte-<br />
Bestandsunternehmer<br />
Verbindung<br />
zu den Netzwerkpartnern<br />
-Kammern-<br />
Kaufpreisplausibilisierung<br />
Individuelle Motive<br />
=<br />
Individuelle Bedürfnisse<br />
erfordern<br />
Individuelle Ausgestaltung<br />
Verbindung<br />
zu den Netzwerkpartnern<br />
-reg. Wirtschaftsförderer<br />
-<br />
mehr als 25 Jahren kleinen und mittleren<br />
Unternehmen bei der Finanzierung von unternehmerischen<br />
Vorhaben durch die Bereitstellung<br />
von Kreditbürgschaften behilflich<br />
ist, hat die BMV bereits zahlreiche<br />
Nachfolgen finanzierungsseitig begleitet.<br />
„Dass der Generationenwechsel im Mittelstand<br />
gelingt, ist für die Wirtschaft unseres<br />
Landes von großer Bedeutung. Es<br />
geht hier nicht nur um die Wirtschaftsleistung,<br />
die nach Möglichkeit zu erhalten ist,<br />
es geht auch um geschätzte 200.000 Arbeitsplätze“,<br />
so Drews weiter. Darüber hinaus<br />
stehen mit der Übernahme eines bestehenden<br />
Betriebes zumeist auch neue<br />
Investitionen auf dem Plan, die die Wirt-<br />
Unterstützung<br />
der Unternehmenssuche<br />
für Nachfolger<br />
Nachfolger / in<br />
Fahrplan u.<br />
zeitliche<br />
Einordnung<br />
Unterstützung<br />
der Nachfolgersuche<br />
Sensibilisierung<br />
Bestandsunternehmen<br />
Sensibilisierung<br />
potenzieller<br />
Nachfolger<br />
UNTERNEHMENSNACHFOLGE<br />
Das Leistungsspektrum der Unternehmensnachfolge in MV umfasst alle Themenpunkte<br />
im Nachfolgeprozess von der Suche bis zur erfolgreichen Übergabe.<br />
Quelle Schaubild: BMV<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 19<br />
schaft vorantreiben. Prognosen gehen bei<br />
der Finanzierung von Übernahmen und<br />
Erstinvestitionen von einem Volumen von<br />
7,1 Milliarden Euro bis 2025 aus.<br />
Foto: Holger Martens<br />
„Eine unserer größten Aufgaben wird darin<br />
bestehen, Unternehmer und Unternehmerinnen<br />
für die Thematik zu sensibilisieren.<br />
Man sollte für eine geordnete Übergabe<br />
schon fünf Jahre einplanen, also rechtzeitig<br />
damit anfangen, sich mit der Zukunft<br />
des eigenen Unternehmens zu beschäftigen.<br />
Andererseits muss auch bei potenziellen<br />
Gründern ein Bewusstsein dafür<br />
geschaffen werden, dass die Übernahme<br />
eines bestehenden Betriebes durchaus<br />
eine sinnvolle und lohnende Alternative<br />
zur Neugründung sein kann“, erläutert<br />
BMV-Geschäftsführer Steffen Hartung.<br />
BMV-Geschäftsführer Dr. Thomas Drews und Steffen Hartung (v. l.).<br />
Für Unternehmer und mögliche Nachfolger<br />
bietet die Koordinierungsstelle unterschiedliche<br />
Hilfestellungen. Sie unterstützt<br />
etwa bei der Suche nach einem geeigneten<br />
Betrieb beziehungsweise Nachfolger.<br />
Sie erstellt aber auch individuelle Nachfolgefahrpläne,<br />
die den Prozess sowohl inhaltlich<br />
als auch zeitlich strukturieren. „Unsere<br />
Angebote sollen sich gezielt an den Bedürfnissen<br />
der Beteiligten orientieren. Um uns<br />
darüber Klarheit zu verschaffen und Informationen<br />
quasi aus erster Hand über Hindernisse,<br />
Schwierigkeiten und Probleme im<br />
Nachfolgeprozess zu erhalten, führen wir<br />
gemeinsam mit den Kammern eine Unternehmensbefragung<br />
durch, von der wir uns<br />
natürlich eine zahlreiche Beteiligung erhoffen“,<br />
so Hartung. Die Umfrage wird noch<br />
im Frühjahr durchgeführt, erste Ergebnisse<br />
sind im Sommer zu erwarten. Den Fragebogen,<br />
weitere Informationen und Ansprechpartner<br />
zum Projekt gibt es unter<br />
www.unternehmensnachfolge-in-mv.de.<br />
<br />
W+M<br />
UNTERNEHMENS<br />
Besser mit uns!<br />
NACHFOLGE IN MV<br />
Wir begleiten Unternehmer/innen und<br />
Nachfolger/innen bei diesem großen Schritt.<br />
Sprechen Sie uns an.<br />
<strong>03</strong>85 39 555–0<br />
Besser mit uns!<br />
Gefördert durch:<br />
EuropäischE union<br />
Europäischer sozialfonds
20 | W+M SCHWERPUNKT<br />
Innovation für unterschiedliche<br />
Anforderungen – der Sauganker.<br />
Visionen und<br />
Innovationen<br />
Wie Stahlbauunternehmen in Vorpommern<br />
die Energiewende für sich nutzen<br />
Wer die traditionsreiche Hansestadt<br />
Stralsund besucht, dem<br />
wird fast zwangsläufig das futuristische<br />
Gebäude am Hafen ins Auge<br />
fallen, welches das einzigartige Ozeaneum<br />
beherbergt. Mit weißen, gebogenen<br />
Stahlverkleidungen symbolisieren die einzelnen<br />
Segmente Steine, die vom Meerwasser<br />
umspült werden. Was viele Besucher<br />
aber nicht wissen, ist, dass diese<br />
gebogenen Stahlplatten vom in Stralsund<br />
ansässigen Unternehmen Ostseestaal geschnitten<br />
und verformt wurden.<br />
Dies ist keine Selbstverständlichkeit,<br />
denn eigentlich war Ostseestaal im klassischen<br />
Schiffbau beheimatet. Die Wurzeln<br />
des Unternehmens liegen in der<br />
holländischen Werftenindustrie. 1999<br />
siedelte sich das Unternehmen in der<br />
Nachbarschaft zur Volkswerft an, um als<br />
Zulieferer vom Werftenland Mecklenburg-Vorpommern<br />
zu profitieren. Veränderte<br />
Märkte zwangen das Unternehmen<br />
jedoch, sich neue Geschäftsfelder<br />
zu suchen.<br />
Best in 3D<br />
Heute ist die Ostseestaal GmbH & Co.<br />
KG in Kooperation mit dem Schweißfachbetrieb<br />
Formstaal GmbH & Co. KG Spezialist<br />
in der Herstellung und Lieferung<br />
von komplexen dreidimensional geformten<br />
Bauteilen aus Stahl, Edelstahl, Aluminium<br />
und Speziallegierungen.<br />
Im Geschäftsbereich Erneuerbare Energien<br />
produziert Ostseestaal beispielsweise<br />
Bauteile mit bestmöglichen Fließeigenschaften<br />
für Wasserkraftwerke<br />
oder Stahlkonstruktionen für den Formenbau<br />
zur Herstellung aerodynamisch<br />
geformter Rotorblätter für Windkraftanlagen.<br />
Als komplett eigenes Produkt<br />
hat Ostseestaal Passagierschiffe entwickelt,<br />
die ausschließlich mit Solarpaneelen<br />
und Elektromotoren ausgestattet sind<br />
Energieboje der neuesten Generation.<br />
und keinen Dieselmotor an Bord haben.<br />
Als Fähren sind sie heute unter anderem<br />
auf Berliner Gewässern im Einsatz.<br />
Wasser spielt auch für Andreas Pörsch<br />
und seine Mitarbeiter eine wichtige Rolle.<br />
Das am Greifswalder Bodden beheimatete<br />
Familienunternehmen HAB Hallen-<br />
und Anlagenbau GmbH Wusterhusen<br />
ist spezialisiert auf die Konzeption<br />
und Fertigung von schlüsselfertigen Gebäuden.<br />
Mittlerweile errichtet das Unternehmen<br />
europaweit Gewerbe-, Industrie-<br />
und Gesellschaftsbauten aus Stahl.<br />
Fotos: Felix Lange Langefreunde® Design Works /HAB Hallen- und Anlagenbau GmbH<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 21<br />
dass die Kosten für feste Verankerungen<br />
zukünftiger Offshore-Anlagen in größeren<br />
Wassertiefen und bei problematischen Untergrundverhältnissen<br />
erheblich sind, wurden<br />
neue Lösungen gesucht und gefunden:<br />
ein neuartiger Sauganker. Geeignet<br />
ist er für kleine und mittlere meerestechnische<br />
Anlagen, Energieerzeuger und Energiewandlereinheiten.<br />
Eine passende Anwendung<br />
haben die Wusterhausener auch<br />
schon parat. Eine selbst entwickelte und<br />
patentierte Meeresenergieboje nutzt die<br />
Auf- und Abwärtsbewegungen auf See,<br />
um einen integrierten Generator anzutreiben<br />
und so Energie zu erzeugen. Der<br />
Sauganker ist dabei das Bindeglied zwischen<br />
Boje und Meeresboden und kann<br />
bei Tiefen von bis zu 50 Metern eingesetzt<br />
werden. Durch Ideen und Visionen sind die<br />
Erneuerbaren Energien somit ein weiteres<br />
Standbein des Unternehmens geworden.<br />
Chance Regenerative Energien<br />
Foto: Tourismuszentrale Stralsund<br />
Ozeaneum – moderner Stahlbau im historischen Kontext.<br />
Meeresenergieboje mit Sauganker<br />
Pörsch und seine Ingenieure sind aber<br />
auch Visionäre und Entwickler. Die vor der<br />
vorpommerschen Ostseeküste entstandenen<br />
Offshore-Windparks brachten sie auf<br />
neue Ideen. Aus der Überzeugung heraus,<br />
Vorpommern ist eine Energieregion. Für<br />
Rolf Kammann, Geschäftsführer der Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
Vorpommern,<br />
steht fest: „Der weitere Ausbau der Erneuerbaren<br />
Energien, insbesondere im<br />
Offshore-Bereich, die zukünftigen Entwicklungen<br />
regenerativer Energietechnologien<br />
sowie die Standortbedingungen in<br />
der Region bieten sowohl ansässigen wie<br />
auch ansiedlungsinteressierten Unternehmen<br />
in Vorpommern herausragende Geschäfts-<br />
und Entwicklungsmöglichkeiten.“<br />
Karl Kuba<br />
Energie & Heavy Metal<br />
auf Deutschlands Sonnendeck<br />
Fotos: TClemens Menzel · fotolia.com/zentilia | made by WERK3.de<br />
Energiewirtschaft & Metallbau<br />
Klimaneutrale Produktionsmöglichkeiten dank Wind, Wärme, Sonne<br />
Innovative Unternehmen für Energieprojekte On- und Offshore<br />
Multimodale Standorte mit Hafenanbindung<br />
Attraktive Förderkulisse für Investitionen<br />
Lebensqualität eines beliebten Urlaubslandes<br />
www.invest-in-vorpommern.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
22 | W+M SCHWERPUNKT<br />
„Gerade in Vorpommern brauchen wir<br />
selbstbewusste Unternehmer“<br />
W+M-Interview mit Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD)<br />
und Firmenchef Gerold Jürgens<br />
Lieferten sich einen angeregten Diskurs: Ministerpräsident Erwin Sellering (r.) und Unternehmer Gerold Jürgens.<br />
Erwin Sellering und Gerold Jürgens beackern<br />
seit mehr als zwei Jahrzehnten die<br />
gleiche Region – Vorpommern, also den<br />
Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns.<br />
1994 kam Erwin Sellering zunächst als<br />
Richter nach Greifswald. Später übernahm<br />
und gewann er für die SPD den<br />
Wahlkreis Greifswald direkt und stieg<br />
zum Minister und Ministerpräsidenten<br />
auf. Gerold Jürgens wuchs in Greifswald<br />
auf, lernte hier und gründete nach<br />
der Wende die IRB GmbH (Iso-Rüst-Bau),<br />
ein Bauunternehmen, das heute acht Millionen<br />
Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaftet<br />
und 80 Mitarbeiter beschäftigt. Seit<br />
20 Jahren ist Jürgens Präsident des Unternehmerverbandes<br />
Vorpommern. Mit<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> setzten sich beide<br />
an einen Tisch und diskutierten über<br />
gegenseitige Erwartungen, Herausforderungen<br />
und die Schönheit der Region Vorpommern.<br />
W+M: Herr Sellering, Herr Jürgens, wo<br />
und wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?<br />
Erwin Sellering: Das erste längere Gespräch<br />
hatten wir, als er schon Präsident<br />
des Unternehmerverbandes war<br />
und ich Abteilungsleiter in der Staatskanzlei.<br />
Das muss kurz nach der Wahl<br />
1998 gewesen sein. Wir hatten damals<br />
das Bündnis für Arbeit aufgelegt und für<br />
Vorpommern gab es eine spezielle Arbeitsgruppe,<br />
die ich leitete. Wir haben<br />
überlegt, was wir in der Region konkret<br />
machen können. Und dabei sind drei<br />
wichtige Ideen geboren worden: Die<br />
für den Tourismus auf der Insel wichtige<br />
Usedomer Bäderbahn, die Ankurbelung<br />
der Kooperation zwischen der Universität<br />
Greifswald und der regionalen<br />
Wirtschaft sowie die Entwicklung des<br />
Standortes Lubmin – rund um das alte<br />
Kernkraftwerk – zu einem Energie- und<br />
Industriestandort.<br />
Gerold Jürgens: Das stimmt. Wir haben<br />
es dann natürlich bedauert, dass Erwin<br />
Sellering von Greifswald nach Schwerin<br />
ging. Aber eigentlich ist er ja bis heute<br />
Greifswalder.<br />
W+M: Sie wirken so, als würden sie sich<br />
gegenseitig schätzen. Worauf gründet<br />
sich diese Wertschätzung?<br />
Gerold Jürgens: Wenn man mit Herrn<br />
Sellering reden möchte, bekommt man<br />
schnell einen Termin. Man merkt, dass<br />
er für die Region Vorpommern da ist. Die<br />
Basis für die Wertschätzung wurde in der<br />
schon angesprochenen Arbeitsgruppe<br />
gelegt. Denn dort wurden nicht nur Themen<br />
angesprochen, sondern auch tatsächlich<br />
Projekte realisiert.<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 23<br />
Fotos: W+M<br />
Erwin Sellering: Gerold Jürgens ist ein<br />
starker und überzeugender Typ. Er führt<br />
den Unternehmerverband klar und souverän.<br />
Man kann sich auf ihn verlassen.<br />
Auch wenn es mal Gegenwind gibt, kann<br />
man darauf setzen, dass er einen unterstützt.<br />
Wie etwa vor zwei Jahren, als<br />
ich von den Medien viel Kritik für unseren<br />
Russlandtag geerntet habe. Damals<br />
hat er die ostdeutschen Unternehmerverbände<br />
dazu gebracht, ein klares Bekenntnis<br />
für den Russlandtag abzugeben.<br />
W+M: Lassen Sie uns zum offiziellen Teil<br />
übergehen: Erwin Sellering will Mecklenburg-Vorpommern<br />
auch nach der Landtagswahl<br />
im September als Ministerpräsident<br />
regieren. Herr Jürgens, was sind<br />
Ihre Erwartungen als Unternehmer an<br />
die Wirtschaftspolitik Ihres Ministerpräsidenten<br />
und der SPD in den kommenden<br />
fünf Jahren?<br />
Gerold Jürgens: Ich glaube, dass es die<br />
SPD schwer haben wird, im September<br />
die Wahl zu gewinnen. Das liegt aus meiner<br />
Sicht vor allem an der Politik der Bundes-SPD.<br />
Man kann hier keine Stimmen<br />
holen, wenn man in der Bundespolitik gegen<br />
die Peenewerft in Wolgast ist.<br />
Und auch der Kampf von<br />
Bundesarbeitsministerin<br />
Nahles gegen die<br />
Leiharbeit geht an<br />
der Realität in unserer<br />
Region vorbei.<br />
Unsere eher<br />
kleinteilige Wirtschaft<br />
braucht<br />
Leiharbeit. Und<br />
ERWIN SELLERING<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident<br />
wurde am 18. Oktober 1949<br />
in Sprockhövel geboren. Er studierte<br />
Rechtswissenschaften in Heidelberg,<br />
Bochum und Münster. 1981 wurde er<br />
Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.<br />
1994 wechselte Sellering nach<br />
Ostdeutschland. Zunächst arbeitete er<br />
als Vorsitzender Richter in Greifswald.<br />
Seit dem Jahr 2000 gehört er der Landesregierung<br />
an, seit 2008 ist er Ministerpräsident.<br />
Leiharbeiter<br />
werden bei<br />
uns ordentlich<br />
bezahlt.<br />
Hier erwarten<br />
wir, dass<br />
sich die Politik<br />
in diesen<br />
Fragen mehr<br />
für unsere Region<br />
einsetzt.<br />
Erwin Sellering: Es ist völlig richtig,<br />
dass es unverändert die vordringliche politische<br />
Aufgabe ist, Vorpommern wirtschaftlich<br />
weiter zu stärken, damit Arbeitsplätze<br />
entstehen. Auch Vorpommern<br />
ist wirtschaftlich vorangekommen. Wir<br />
konnten die Arbeitslosigkeit in den letzten<br />
zehn Jahren halbieren. Aber wir sind<br />
noch nicht dort, wo wir hinwollen. Die<br />
Region muss weiter an Wirtschaftskraft<br />
gewinnen. Bei der Leiharbeit sind wir beide<br />
nicht so weit auseinander. Denn wir<br />
sind natürlich nicht gegen Leiharbeit, sondern<br />
gegen den Missbrauch von Leiharbeit.<br />
Für uns ist es wichtig, dass wir eine<br />
Wirtschaftspolitik machen, die den Unternehmen<br />
die Chance gibt, sich bestmöglich<br />
zu entfalten. Dazu gehört, dass man<br />
ihnen nicht reinredet, Bürokratie<br />
vermeidet und insgesamt positive<br />
Rahmenbedingungen<br />
schafft.<br />
W+M: Erwartungshaltungen<br />
sollten keine Einbahnstraße<br />
sein. Herr<br />
Sellering, welche Entwicklung<br />
und Aktivitäten<br />
erhoffen Sie sich denn<br />
von der Unternehmerschaft<br />
im Land in den nächsten Jahren?<br />
Erwin Sellering: Ich erwarte, dass Unternehmer<br />
etwas unternehmen. Und das<br />
sie nicht als erstes schreien: Was gibt<br />
mir der Staat? Gerade in Vorpommern<br />
brauchen wir selbstbewusste Unternehmer,<br />
die sagen, ich hab eine Idee, die sich<br />
rechnet und umsetzen lässt. Ansonsten<br />
ist es wichtig, dass wir als Land damit<br />
werben können – hier sind gute Leute,<br />
hier sind gute Chancen. Wir haben leider<br />
immer noch das Image, als wären wir<br />
GEROLD JÜRGENS<br />
Der Unternehmer wurde am<br />
22. Januar 1951 in Greifswald<br />
geboren. Er studierte Elektrotechnik<br />
und beendete seine<br />
Hochschulausbildung als<br />
Diplom-Ingenieur. 1983 wurde<br />
er Leiter der Großinstandhaltung<br />
im Kernkraftwerk Lubmin.<br />
Nach der Wende gründete<br />
Jürgens sein eigenes Unternehmen<br />
im Baubereich, die IRB GmbH, und gab<br />
einem Teil seiner ehemaligen Kollegen<br />
aus dem Kraftwerk einen Job mit neuer<br />
Perspektive.<br />
ein Niedriglohnland. Gerold Jürgens zahlt<br />
vernünftige Löhne. Es gibt aber noch immer<br />
Unternehmer, die das nicht tun. Und<br />
nach außen haftet uns dieser Ruf an. Es<br />
wäre aus meiner Sicht gut, wenn mehr<br />
Unternehmen nach Tarif zahlen würden.<br />
Das wäre im Einzelfall oft gar nicht viel<br />
mehr Geld, dafür aber ein deutliches<br />
Signal nach außen.<br />
Gerold Jürgens: Gute Leute liegen<br />
bei mir deutlich über Tarif, sonst würde<br />
man sie mir abwerben. Aber grundsätzlich<br />
ist das mit den Tariflöhnen nicht so<br />
einfach. Gerade wenn ich mir öffentliche<br />
Ausschreibungen anschaue und feststelle,<br />
dass immer der billigste Anbieter genommen<br />
wird, der nicht mal Kompetenznachweise<br />
erbringen kann. Da muss ich<br />
mir schon überlegen, wie ich als Unternehmer<br />
bei solch einer Konkurrenz überleben<br />
kann.<br />
W+M: Ein Thema, das Politik und Wirtschaft<br />
in Mecklenburg-Vorpommern<br />
eint, ist die Frage der Fachkräftesicherung.<br />
Herr Jürgens, welche zusätzlichen<br />
Aktivitäten würden Sie sich auf diesem<br />
Gebiet von der Landespolitik wünschen?<br />
Gerold Jürgens: Ich glaube nicht, dass<br />
es der richtige Weg ist, Fachkräfte aus<br />
anderen Bundesländern abzuwerben. Sicher,<br />
es kommen Leute zurück in die Region,<br />
die jahrelang auf Montage in andern<br />
Ländern waren. Wir haben mit der Bundesagentur<br />
für Arbeit hier vor Ort gute<br />
Rahmenbedingungen, wenn wir Fachkräfte<br />
gewinnen und ausbilden wollen.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
24 | W+M SCHWERPUNKT MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
Ein Beispiel: Viele unserer<br />
Werftarbeiter konnten umgeschult<br />
werden zu Spezialisten<br />
für Windkraftanlagen. Diesen<br />
Weg, die eigenen Leute auszubilden,<br />
müssen wir weitergehen,<br />
denn wir haben hier<br />
immer wieder Stoßarbeit,<br />
wo wir dringend Fachleute<br />
gebrauchen könnten, die wir<br />
derzeit noch nicht haben.<br />
Erwin Sellering: Wir tun aktuell<br />
eine Menge dafür, eine<br />
sehr gute duale Ausbildung<br />
zu organisieren. Das ist gerade<br />
in einem Flächenland<br />
nicht einfach. Ein großes Thema<br />
ist für uns auch, die Zahl<br />
der Schulabbrecher deutlich<br />
zu senken. Im Jahr 2008 hatte<br />
ich das Ziel formuliert, diese<br />
Zahl bis 2020 zu halbieren.<br />
Schon im letzten Jahr hat unser<br />
Bildungsminister Vollzug gemeldet.<br />
Ein Schulabschluss ist eine wichtige Voraussetzung,<br />
um die jungen Menschen<br />
vernünftig ausbilden zu können.<br />
W+M: Herr Sellering, tun die Unternehmer<br />
derzeit schon genug, um die Jugend<br />
mit attraktiven Ausbildungs- und Beschäftigungsangeboten<br />
im Land zu halten?<br />
Erwin Sellering: Innerhalb weniger Jahre<br />
hat sich der Trend radikal geändert:<br />
Früher haben wir händeringend Unternehmen<br />
gesucht, die Ausbildungsplätze<br />
zur Verfügung stellen konnten. Heute gibt<br />
es mehr Stellen als potenzielle Auszubildende.<br />
Der Tischlermeister kann jetzt<br />
nicht mehr zwischen drei Abiturienten<br />
wählen, sondern muss aus den Leuten<br />
etwas machen, die er findet. Und da ist<br />
es wichtig, jeden Einzelnen gut auszubilden<br />
und dann auch ans Unternehmen zu<br />
binden. Vor fünf, sechs Jahren habe ich<br />
mich in diesen Punkt mitunter auf verlorenem<br />
Posten gefühlt. Das ist vorbei –<br />
die Unternehmen wissen, dass sie sich<br />
um ihren Nachwuchs kümmern müssen<br />
und das tun sie auch.<br />
W+M: Welches Potenzial steckt aus Ihrer<br />
Sicht speziell in der Region Vorpommern,<br />
Diskutanten und Moderatoren: W+M-Herausgeber Frank Nehring, Unternehmer Gerold Jürgens,<br />
Ministerpräsident Erwin Sellering und W+M-Chefredakteur Karsten Hintzmann (v. l.).<br />
um in den nächsten 15 Jahren wirtschaftlich<br />
weiter zuzulegen?<br />
Erwin Sellering: Die Region hatte es zu<br />
Beginn schwerer. Mecklenburg hat nach<br />
1990 sofort an die alte Metropole Hamburg<br />
angedockt. Es gab gut ausgebaute<br />
Verkehrswege, an denen sich Unternehmen<br />
neu angesiedelt haben. Hier in Vorpommern<br />
war Stettin früher die Metropole.<br />
Dort entstanden nach 1990 nicht<br />
so schnell neue Bedingungen und Stettin<br />
hat bis heute nicht so viel Kraft entwickelt<br />
wie Hamburg. Ich sehe aber gute<br />
Chancen, dass Stettin an Ausstrahlung<br />
auf Vorpommern gewinnen wird. Wir arbeiten<br />
an einer gemeinsamen Metropolregion.<br />
Auch sonst ist unser Ziel, dass<br />
Vorpommern weiter an Attraktivität gewinnt.<br />
Die Schönheit der Region zieht<br />
gerade kreative Leute an. Die kommen<br />
aber nur, wenn sie hier Arbeit finden. Das<br />
bleibt das A und O. Eine große Perspektive<br />
sehe ich für die Gesundheitswirtschaft.<br />
Wir haben die Universität Greifswald<br />
und bereits heute viele kleine Unternehmen,<br />
die unglaublich innovativ sind.<br />
Das ist eine hervorragende Kombination,<br />
die dafür sorgen wird, aus Ideen Produkte<br />
zu entwickeln, die sich weltweit messen<br />
lassen können.<br />
Gerold Jürgens: Wir müssen in Zukunft<br />
noch mehr für die Entwicklung tun. Ein<br />
Beispiel: Vielleicht sollte Vorpommern<br />
Modellregion für Elektroautos werden.<br />
Wenn wir dafür mehr Stromtankstellen<br />
bauen würden und die Unternehmen<br />
mitziehen und Elektroautos als Firmenwagen<br />
nehmen, dann passt das ideal zu<br />
unserer gesunden und auf Erneuerbare<br />
Energien setzenden Region und ganz<br />
Deutschland würde auf uns schauen.<br />
W+M: Verraten Sie uns am Schluss bitte<br />
noch, was Sie ganz persönlich besonders<br />
mit der Region Vorpommern verbindet?<br />
Gerold Jürgens: Ich bin hier geboren,<br />
habe mein ganzes Leben hier verbracht.<br />
Ich bin bodenständig und mit der Region<br />
verwurzelt.<br />
Erwin Sellering: Ich bin seinerzeit bewusst<br />
mit der Familie hierher gezogen –<br />
nach einem wunderschönen Urlaub mit<br />
Pferden und Reiterhof. Ich bin hier in die<br />
SPD eingetreten. Ich habe hier mit der<br />
Politik begonnen. Also – Vorpommern hat<br />
großes Gewicht in meinem Leben.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
und Frank Nehring<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
LÄNDERREPORT SACHSEN | 25<br />
Energieversorger enviaM<br />
hilft beim Energiesparen<br />
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen bis zum Jahr 2020 rund<br />
500 Energieeffizienz-Netzwerke entstehen. So festgeschrieben im<br />
Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE). Einer derer, die für<br />
diese Netzwerke als Initiatoren und Moderatoren fungieren, ist die<br />
enviaM-Gruppe. Von Katrin Kleeberg<br />
Energieeinsparung ist dabei nur die eine<br />
Seite der Medaille – die CO 2<br />
-Reduktion<br />
die andere. Deshalb spielt die Vermittlung<br />
praxisnaher Informationen zu Energiemanagementsystemen<br />
und verschiedenen<br />
Effizienzthemen im Strom-, Gasund<br />
Wärmebereich eine zentrale Rolle in<br />
den Netzwerken.<br />
Aber die Teilnehmer der Netzwerke –<br />
neben dem der Industrie arbeitet unter<br />
Federführung der enviaM-Gruppe bereits<br />
seit Mitte 2015 ein Energieeffizienz-Netzwerk<br />
der Stadtwerke, eines für<br />
Kommunen soll in Kürze folgen – erhalten<br />
auch ganz konkrete Hilfen. So stellen<br />
enviaM, MITGAS und envia THERM<br />
den Teilnehmern bei Bedarf einen qualifizierten<br />
energietechnischen Berater zur<br />
Seite, der die betrieblichen Energieflüsse<br />
vor Ort erfasst, Einsparpotenziale analysiert<br />
und Optimierungsmaßnahmen vorschlägt.<br />
Zudem können die Unternehmen<br />
ein Energiecontrollingsystem und<br />
bei Bedarf innerbetriebliche Schulungen<br />
erhalten. Die Erfolgskontrolle der Maßnahmen<br />
erfolgt durch ein jährliches Monitoring<br />
der eingesparten Werte.<br />
Darüber hinaus helfen die regelmäßigen<br />
Netzwerktreffen, durch die Erfahrungen<br />
der Anderen den Blick auf das eigene Unternehmen<br />
zu schärfen und die entsprechenden<br />
Schlüsse zu ziehen. W+M<br />
Foto: enviaM<br />
Start für das Energieeffizienz-Netzwerk der mitteldeutschen Industrie.<br />
Unter ihrer Federführung hat zu Jahresbeginn<br />
<strong>2016</strong> das „Energieeffizienz-Netzwerk<br />
der mitteldeutschen<br />
Industrie” seine Arbeit aufgenommen.<br />
Ihm gehören acht Unternehmen<br />
aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg<br />
und Thüringen an, die ein Ziel eint:<br />
die Einsparung von Energie. Dass sich<br />
mit der enviaM-Gruppe ausgerechnet<br />
einer der führenden regionalen Energiedienstleister<br />
in Ostdeutschland diesem<br />
Netzwerk voranstellt, mag auf den ersten<br />
Blick paradox erscheinen. Schließlich lebt<br />
das Unternehmen, das rund 1,4 Millionen<br />
Kunden mit Strom, Gas, Wärme und<br />
Energie-Dienstleistungen versorgt, vom<br />
Energieverbrauch seiner Kunden. Und genau<br />
deshalb sehe sich enviaM „in einer<br />
besonderen Verantwortung”, wie Dr. Andreas<br />
Auerbach, Vertriebsvorstand von<br />
enviaM und MITGAS, betont. „Energieeffizientes<br />
Handeln ist im Rahmen der<br />
Energiewende unumgänglich. Für viele<br />
Unternehmen und auch Kommunen ist<br />
es jedoch nicht einfach, entsprechende<br />
Maßnahmen zu planen und umzusetzen.<br />
Als kunden naher Energiedienstleister<br />
verfügen wir über das Know-how, hier<br />
umfassend zu unterstützen”, begründet<br />
Auerbach das Engagement.<br />
DIE TEILNEHMER DES ENERGIE<br />
EFFIZIENZ-NETZWERKES DER<br />
MITTELDEUTSCHEN INDUSTRIE<br />
• Alufin GmbH Tabularokid,<br />
Teutschenthal (Sachsen-Anhalt)<br />
• Grupa Azoty ATT Polymers GmbH,<br />
Guben (Brandenburg)<br />
• Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft<br />
mbH (MIBRAG),<br />
Zeitz (Sachsen-Anhalt)<br />
• Ortrander Eisenhütte GmbH,<br />
Ortrand (Brandenburg)<br />
• Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien<br />
GmbH, Freyburg (Sachsen-Anhalt)<br />
• Technocell Dekor GmbH & Co. KG,<br />
Penig (Sachsen)<br />
• Vestas Blades Deutschland GmbH,<br />
Lauchhammer (Brandenburg)<br />
• Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal<br />
GmbH, Blankenstein (Thüringen)<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
26 | W+M LÄNDERREPORT<br />
Nach 100 Jahren:<br />
Leuna plant die Zukunft<br />
Trotz krisenhafter Zeiten – den Besuch des Festaktes zum<br />
100-jährigen Bestehen des Chemiestandortes Leuna ließ sich<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht nehmen. Schließlich<br />
schreibt der Chemiepark Leuna eine Erfolgsgeschichte wie<br />
kaum ein zweiter Wirtschaftsstandort in Ostdeutschland.<br />
Von Matthias Salm<br />
Der Chemiestandort Leuna<br />
aus der Luft betrachtet.<br />
Nicht nur die Kanzlerin erwies dem<br />
Jubilar die Ehre. Zum 100-jährigen<br />
Bestehen der Chemieproduktion<br />
in Leuna reihte sich auch Sachsen-Anhalts<br />
Ministerpräsident Reiner Haseloff<br />
in die Schar der Gratulanten ein. Schließlich<br />
zählt der Chemiestandort im Süden<br />
Sachsen-Anhalts mit 100 Firmen aus zehn<br />
Nationen und rund 9.000 Mitarbeitern zu<br />
den wirtschaftlich verlässlichen Zugpferden<br />
der Region. „Die Geschichte von Leuna<br />
nach der Wiedervereinigung ist ein<br />
Glücksfall für Sachsen-Anhalt”,<br />
weiß Haseloff.<br />
Die Geschichte Leunas<br />
– sie ist auch ein Spiegelbild<br />
der wechselvollen<br />
deutschen<br />
Geschichte. Vor 100<br />
Jahren entstand auf<br />
Drängen der Regierung<br />
des Kaiserreichs<br />
im Ersten Weltkrieg in<br />
Leuna ein Ammoniakwerk.<br />
Die BASF wählte einen Standort in Mitteldeutschland,<br />
der von den Kriegshandlungen<br />
unberührt erschien. Im Zweiten<br />
Weltkrieg dienten die Anlagen zur Herstellung<br />
von synthetischem Benzin. In<br />
der DDR schließlich bildeten die Leuna-<br />
Werke den größten ostdeutschen Chemiebetrieb.<br />
Dr. Christof Günther,<br />
Geschäftsführer der<br />
InfraLeuna GmbH.<br />
100 JAHRE LEUNA<br />
Veranstaltungen zum Jubiläumsjahr<br />
• 23. bis 28. Mai <strong>2016</strong><br />
Festwoche 100 Jahre Leuna mit<br />
zahlreichen Veranstaltungen.<br />
• 3. September <strong>2016</strong><br />
10. Tag der offenen Tür am<br />
Chemiestandort Leuna<br />
Nach 1990 wiederum avancierte Leuna<br />
zum Paradebeispiel für die von Bundeskanzler<br />
Helmut Kohl prophezeiten „blühenden<br />
Landschaften“. Aus dem<br />
früheren Kombinat formierte<br />
sich der größte integrierte<br />
Chemiestandort<br />
in Deutschland.<br />
Insgesamt wurden<br />
in Leuna seit 1990<br />
über sechs Milliarden<br />
Euro investiert. Das Konzept des Chemieparks,<br />
in Leuna einst aus der Taufe gehoben,<br />
fand weltweit Nachahmer. Die Besonderheit:<br />
Die Unternehmen arbeiten im<br />
Verbund von Stoffströmen und Energien<br />
eng zusammen. Sie konzentrieren sich auf<br />
ihre Kernkompetenzen, für die Infrastruktur<br />
sorgt der Betreiber des Chemieparks<br />
– in Leuna ist dies die InfraLeuna GmbH.<br />
So verfügt die Standortgesellschaft über<br />
eigene Kraftwerke zur Erzeugung von<br />
Strom und Dampf. „Damit operieren wir<br />
auch am Markt und stabilisieren übergeordnete<br />
Energienetze“, erklärt Dr. Chri-<br />
Fotos: Ralf Lehmann (oben), Egbert Schmidt (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
OSTDEUTSCHLAND | 27<br />
CHEMIE IM AUFWIND<br />
Die Spezialchemie wird <strong>2016</strong> in<br />
Deutschland um knapp drei Prozent<br />
wachsen. Diese Prognose wagt der<br />
Branchenbericht Chemie der Commerzbank<br />
AG. Im Aufwind zeigen sich<br />
mittelständische Anbieter von Spezialchemikalien<br />
– insbesondere Industriechemikalien.<br />
Sie profitieren von einem<br />
breiten Abnehmerkreis von der Kunststoffverarbeitung<br />
bis zur Automobilindustrie.<br />
„Mit dem Einsatz innovativer<br />
Technologien bei Produkten und Prozessen<br />
– etwa Nano- und Biotechnologie<br />
– sowie der zunehmenden Entwicklung<br />
umweltfreundlicher Chemikalien<br />
und Verfahren entwickelt sich die Spezialchemie<br />
derzeit sehr erfreulich“, erläutert<br />
Günter Tallner, Bereichsvorstand<br />
der Commerzbank AG.<br />
Foto: Marco Junghans<br />
Im Analytiklabor der InfraLeuna informierte Laborleiterin Dr. Antje Mroczek Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel (l.) über die vielfältigen Möglichkeiten des Labors.<br />
stof Günther, Geschäftsführer der Infra-<br />
Leuna GmbH. Hinzu kommt: Die TOTAL<br />
Raffinerie am Standort produziert unter<br />
anderem Benzin, Heizöl, Flüssiggas, Bitumen<br />
und Methanol. „Eine Raffinerie<br />
im Zentrum des Stoffverbunds ist ebenfalls<br />
eine besondere Stärke des Standorts<br />
Leuna“, so Günther.<br />
Und rechtzeitig zum Jubiläum stehen die<br />
Zeichen auf Wachstum: Rund 200 Millionen<br />
Euro wollen insgesamt acht Unternehmen<br />
im Chemiepark bis 2017 investieren.<br />
Beispielsweise die Domo Caproleuna<br />
GmbH: Das Unternehmen investiert einen<br />
zweistelligen Millionenbetrag in eine<br />
neue hochmoderne Nylon-Folien-Anlage.<br />
Die soll im Januar 2017 in Betrieb gehen<br />
und rund 35 neue Arbeitsplätze schaffen.<br />
Seit 1994 hat das Unternehmen bereits<br />
650 Millionen Euro in Leuna investiert.<br />
Die LEUNA-Harze GmbH, einer der führenden<br />
Hersteller von Epoxidharzen in<br />
Europa, hatte bereits Ende 2015 eine<br />
neue Härteanlage errichtet. Eine weitere<br />
Produktionsanlage für Epoxidharze ist<br />
in der Planung. Ebenso will der Papierhersteller<br />
WEPA Leuna GmbH seine Kapazitäten<br />
am Standort erweitern.<br />
Möglich wurde der Aufschwung nicht<br />
zuletzt durch die Investitionen der Infra-<br />
Leuna GmbH selbst. Sie strukturierte den<br />
Energiebereich erfolgreich um, um eine<br />
effizientere und flexiblere Energieversorgung<br />
gewährleisten zu können. Bezahlbare<br />
Energie gilt hierzulande schließlich<br />
als Achillesferse der Chemiebranche. Mit<br />
dem unternehmensübergreifenden Ansatz<br />
zur Nutzung von Abwärme konnte<br />
die InfraLeuna GmbH ihren Erdgasverbrauch<br />
um 177 Millionen Kilowattstunden<br />
(kWh) pro Jahr reduzieren. „Dafür<br />
wurden wir 2015 mit dem Energy Efficiency<br />
Award der Deutschen Energie-<br />
Agentur (dena) als bestes Industrieprojekt<br />
ausgezeichnet“, freut sich InfraLeuna-Geschäftsführer<br />
Günther.<br />
Die größeren Unternehmen der Grundstoffchemie<br />
präsentieren sich durch<br />
den Ölpreisrückgang wieder wettbewerbsfähiger.<br />
Der Commerzbank-Branchenbericht<br />
Chemie sagt einen leichten<br />
Produktionszuwachs von 0,5 Prozent<br />
voraus. Als förderlich für die Rentabilität<br />
gelten Synergien bei in Verbundstrukturen<br />
eingebetteten Anlagen. Mit einem<br />
im Jahr 2015 voraussichtlich erzielten<br />
Umsatz von 137 Milliarden Euro zählt<br />
die Chemische Industrie – ohne Pharma<br />
– in Deutschland weiterhin zu den bedeutendsten<br />
Industriebranchen.<br />
Der Umbau der Energieversorgung stellt<br />
aber nicht die einzige Maßnahme dar, um<br />
Leuna wettbewerbsfähig zu halten. „Wir<br />
werden im Zeitraum 2014 bis <strong>2016</strong> insgesamt<br />
rund 100 Millionen Euro in die<br />
Entwicklung des Chemieparks investieren.<br />
Das ist ein enormes Pensum“, bilanziert<br />
Günther und gibt die Richtung vor:<br />
„Es gibt eine deutliche Nachfrage nach<br />
Logistikdienstleistungen seitens der ansässigen<br />
Firmen.“<br />
Auf der Agenda steht der Bau eines Gefahrstofflagers<br />
und die Errichtung eines<br />
zweiten Übergabebahnhofs, da mehr<br />
als 70 Prozent der in Leuna produzierten<br />
Güter über die Schiene abtransportiert<br />
werden. Um den langfristigen Erfolg des<br />
Standortes Leuna im mitteldeutschen<br />
Chemiedreieck ist Christof Günther trotz<br />
wachsender weltweiter Konkurrenz daher<br />
nicht bange: „Die Akzeptanz der Chemieindustrie<br />
vor Ort ist sehr hoch, die<br />
Genehmigungsverfahren werden zügig<br />
durchgeführt. Diese Vorteile wissen Investoren<br />
zu schätzen.“ W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
28 | W+M LÄNDERREPORT<br />
„Die Fördertöpfe der ILB sind gut gefüllt“<br />
Tillmann Stenger, Vorstandsvorsitzender der Investitionsbank<br />
des Landes Brandenburg (ILB), über die wirtschaftliche Entwicklung<br />
Brandenburgs und die neuen Förderprodukte der ILB.<br />
W+M: Wie zufrieden sind Sie denn mit<br />
der Investitionstätigkeit der brandenburgischen<br />
Unternehmen?<br />
Tillmann Stenger: Die Entwicklung der<br />
brandenburgischen Wirtschaft ist durchaus<br />
positiv zu bewerten. Die Wachstumsraten<br />
liegen in etwa auf dem Niveau der<br />
gesamten deutschen Wirtschaft. Trotzdem<br />
wäre es aus unserer Sicht wünschenswert,<br />
dass die heimischen Unternehmen<br />
bei ihren Investitionen noch stärker<br />
zulegen. Es stehen wichtige Zukunftsaufgaben<br />
an. Als Beispiel möchte ich die<br />
Digitalisierung und das Stichwort „Industrie<br />
4.0“ nennen. Dies betrifft sicher nicht<br />
jeden brandenburgischen Betrieb, aber<br />
dennoch sind hier zukunftsorientierte Investitionen<br />
notwendig, damit die Unternehmen<br />
ihre Stellung im Markt langfristig<br />
behaupten können.<br />
W+M: Herr Stenger, die ILB hat 2015 ihr<br />
Fördervolumen deutlich gesteigert. Allerdings<br />
nicht im Förderfeld Wirtschaft.<br />
Was waren die Ursachen hierfür?<br />
Tillmann Stenger: Dies ist zu einem<br />
großen Teil darauf zurückzuführen, dass<br />
2014 durch die vergünstigten Konditionen<br />
des wichtigsten Wirtschaftsförderprogramms,<br />
der „Gemeinschaftsaufgabe<br />
GRW-G", ein sehr gutes Jahr für die Brandenburger<br />
Wirtschaftsförderung war. Hier<br />
wurden deshalb Vorzieheffekte wirksam,<br />
die 2015 entfallen sind. Außerdem fokussiert<br />
sich die Förderung nun insbesondere<br />
auf kleine und mittlere Unternehmen. Dadurch<br />
sinkt das Fördervolumen.<br />
W+M: Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen<br />
sprechen doch ohnehin<br />
eher für eine Ausweitung der Investitionstätigkeit?<br />
Tillmann Stenger: Die Investitionsbedingungen<br />
sind in der Tat so günstig wie<br />
lange nicht mehr. Die brandenburgischen<br />
Unternehmen verfügen über eine hohe<br />
Liquidität und haben ihre Eigenkapitalpositionen<br />
in den letzten Jahren deutlich<br />
verbessert. Hinzu kommt, dass die Banken<br />
das Firmenkundengeschäft wieder<br />
stärker in den Mittelpunkt gerückt haben.<br />
Und nicht zuletzt: Die Fördertöpfe<br />
der ILB sind ebenfalls gut gefüllt. Die Finanzierungsbedingungen<br />
sind ideal für<br />
Investitionen.<br />
W+M: Worauf führen Sie dann die Investitionszurückhaltung<br />
der Unternehmen<br />
zurück?<br />
Tillmann Stenger: Eine generelle Zurückhaltung<br />
sehe ich nicht. Man muss<br />
schon genau hinschauen. Aber die Unternehmen<br />
achten zurzeit sehr genau auf<br />
ihre konkreten Marktbedingungen. Und<br />
die gegenwärtigen geopolitischen Entwicklungen<br />
sind schwer einzuschätzen,<br />
beispielsweise<br />
für Firmen, die<br />
im Osteuropa-Geschäft<br />
tätig sind. Hinzu<br />
kommen auch in<br />
ILB-Vorstand<br />
Tillmann Stenger.<br />
vielen Fällen unternehmensbezogene<br />
Herausforderungen wie etwa eine ungelöste<br />
Nachfolgethematik oder der Fachkräftemangel.<br />
W+M: Inwieweit kann die ILB mit neuen<br />
Förderprodukten hier zusätzliche Anreize<br />
schaffen?<br />
Tillmann Stenger: Am 1. April haben<br />
wir RENplus gestartet, ein Zuschussprogramm<br />
für Investitionen in Energieeffizienz.<br />
Für kleinere Projekte steht seit Mitte<br />
März der Mikrokredit Brandenburg zur<br />
Verfügung. Dabei handelt es sich um ein<br />
verzinsliches Kleindarlehen ab 2.000 Euro<br />
bis maximal 25.000 Euro. Die Darlehen<br />
werden im Auftrag des Wirtschaftsministeriums<br />
direkt über die ILB ausgegeben.<br />
Die brandenburgischen Kammern übernehmen<br />
dabei die Erstberatung der Unternehmen<br />
und geben eine fachkundige<br />
Stellungnahme ab. Solche Kredite sind besonders<br />
in der Startphase wichtig. Sie sind<br />
allerdings über die Geschäftsbanken,<br />
Sparkassen oder Genossenschaftsbanken<br />
schwierig<br />
zu bekommen, da sie in der<br />
Bearbeitung für die Kreditinstitute<br />
zu teuer sind und<br />
junge Unternehmen häufig<br />
nicht die banküblichen Sicherheiten<br />
stellen können.<br />
Wir hoffen, dass der „Mik-<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
BRANDENBURG | 29<br />
rokredit Brandenburg“ hilft, im gesamten<br />
Land kleine gewerbliche Neugründungen<br />
zu stimulieren.<br />
Im Bereich der Innovationsförderung wird<br />
im Juli <strong>2016</strong> das mit Mitteln des Europäischen<br />
Investitionsfonds (EIF) finanzierte<br />
Nachfolgeprogramm für "Brandenburg Garantie<br />
Innovativ" starten. Die Besonderheit<br />
ist, dass das neue Förderprogramm mit einer<br />
70-prozentigen Haftungsfreistellung<br />
der Hausbank versehen ist. Investitionsanreize<br />
bietet aber auch die GRW-G, unser<br />
klassisches Wirtschaftsförderprogramm<br />
mit Zuschüssen von bis zu 40 Prozent.<br />
W+M: Rückblickend auf das Jahr 2015:<br />
Welche von der ILB geförderten Projekte<br />
waren besonders bedeutsam?<br />
W+M-Herausgeber Frank Nehring mit Tillmann Stenger und W+M-Autor Matthias Salm (v. l.).<br />
Foto: W+M, Quelle Schaubild: ILB<br />
FÖRDERVOLUMEN DER ILB NACH CLUSTERN 2015<br />
in Millionen Euro<br />
2015<br />
Tillmann Stenger: Da wären beispielsweise<br />
die Investitionen der Classen Industries<br />
GmbH zur Stärkung des Holzstandorts<br />
Baruth, die Errichtung einer<br />
neuen Betriebsstätte des Automobilzulieferers<br />
Boryszew Oberflächentechnik<br />
GmbH in Prenzlau oder die Erweiterungsinvestitionen<br />
der Megaflex Schaumstoff<br />
GmbH in Guben zu nennen. Sie alle zeigen,<br />
dass große Investitionsvolumen<br />
auch an peripheren Standorten in Brandenburg<br />
und nicht nur im Speckgürtel<br />
rund um Berlin verwirklicht werden.<br />
Auch die Ansiedlung des Softwareentwicklers<br />
enersis Europe GmbH in Kleinmachnow<br />
war zudem ein erfreulicher Erfolg<br />
der brandenburgischen Wirtschaftsförderpolitik.<br />
W+M: Wie beurteilen Sie das Investitionsgeschehen<br />
in den für Brandenburg<br />
besonders relevanten Clustern?<br />
Tillmann Stenger: Soweit statistisch erfasst,<br />
haben wir in allen wichtigen Clustern<br />
ein erhebliches Fördervolumen umgesetzt,<br />
vor allem in den Bereichen Chemie,<br />
Kunststoff und Metallwirtschaft.<br />
Kunststoff/Chemie 24,1<br />
Metall 20,8<br />
Ernährungswirtschaft 15,6<br />
IKT/Medien/Kreativwirtschaft14,8<br />
Tourismus 13,0<br />
Verkehr/Mobilität/Logistik 12,4<br />
Gesundheitswirtschaft 6,3<br />
Energietechnik5,8<br />
Optik 3,0<br />
Sonstiges 38,3<br />
Dies zeigt, dass sich Brandenburg auch<br />
als Industriestandort weiterentwickelt.<br />
W+M: Bei der EU-Förderung muss das<br />
Land in der aktuellen Förderperiode hingegen<br />
mit weniger Mitteln als zuvor auskommen.<br />
Wie wirkt sich dieser Umstand<br />
auf die brandenburgische Wirtschaft aus?<br />
Tillmann Stenger: Es ist richtig, dass die<br />
absolute Summe, die im Europäischen<br />
Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)<br />
zur Verfügung steht, rückläufig ist. Dennoch<br />
gilt aus meiner Sicht auch hier: Die<br />
Fördertöpfe sind gut gefüllt. Allein für die<br />
Stärkung der Innovations-, Forschungsund<br />
Entwicklungsintensität von Unternehmen<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
stehen bis 2020 beispielsweise 350 Millionen<br />
Euro zur Verfügung. Diese Projekte<br />
bedürfen eines gewissen zeitlichen Vorlaufs,<br />
aber mittlerweile verzeichnen wir<br />
hier eine steigende Anzahl an Förderanträgen.<br />
Ein weiterer EFRE-Schwerpunkt<br />
sind Vorhaben zur Erhöhung der Energieeffizienz.<br />
Hier stehen 115 Millionen Euro<br />
bereit. Wir sehen aber beim Thema Energieeffizienz<br />
gerade bei den öffentlichen<br />
Unternehmen, die in der Infrastrukturentwicklung<br />
tätig sind, noch große, bislang<br />
ungenutzte Investitionspotenziale. Wir<br />
als ILB wollen dazu beitragen, die darin<br />
liegenden Chancen zu nutzen.<br />
Interview: Matthias Salm<br />
und Frank Nehring<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
30 | W+M LÄNDERREPORT BRANDENBURG<br />
Fluxus – Der fließende Übergang<br />
zwischen Kunst und Leben<br />
Das museum FLUXUS+ beherbergt eine<br />
umfangreiche Privatsammlung der Fluxus-<br />
Bewegung und moderner Kunst<br />
Auf dem Kulturcampus Schiffbauergasse<br />
am Tiefen See in Potsdam befindet<br />
sich das museum FLUXUS+,<br />
ein Museum für moderne Kunst mit einer<br />
Ausrichtung auf die Fluxus-Bewegung und<br />
einer umfangreichen Privatsammlung von<br />
Werken Wolf Vostells und zeitgenössischer<br />
Künstler.<br />
Das WirtschaftsForum Brandenburg zu Gast im<br />
museum FLUXUS+. Reiner Walleser, Abteilungsleiter<br />
im Kultusministerium Brandenburg, Heinrich Liman,<br />
Geschäftsführer des Museums, und Miloš Stefanović,<br />
Präsident des WirtschaftsForum Brandenburg (v. l.).<br />
Das museum FLUXUS+ bietet<br />
eine besondere Auswahl an<br />
Künstlern und Kunstwerken.<br />
Die dem Museum namensgebende Fluxus-Bewegung<br />
entstand in den sechziger<br />
Jahren und wandte sich gegen das Kunstwerk<br />
im herkömmlichen Sinn, das als bürgerlicher<br />
Fetisch galt. Was zählte, war die<br />
schöpferische Idee. Wie auch zuvor bei<br />
Dada sollten mit Fluxus die Fesseln, Grenzen<br />
und Normen der tradierten Kunst gesprengt<br />
und überwunden werden.<br />
Fluxus – lateinisch fließend<br />
– bedeutet das Ineinanderfließen<br />
verschiedener Kunstrichtungen,<br />
das Agieren in Grenzbereichen<br />
der Gattungen Musik,<br />
bildende Kunst, Literatur,<br />
Theater – meist in Aktionsform,<br />
die ganz bewusst Geschehnisse<br />
aus unterschiedlichen Lebensbereichen<br />
kompositorisch<br />
aneinander reiht.<br />
Gründer und Geschäftsführer<br />
des Museums ist Heinrich Liman,<br />
der auch der Geschäftsführer<br />
der HEGLI Verwaltungsgesellschaft<br />
mbH ist. Liman ist<br />
Sammler und Mäzen. Das Interesse<br />
für Kunst bestand schon früh<br />
und mit dem Bild eines in Geldnot befindlichen<br />
Kommilitonen für damals 20 D-<br />
Mark begann während des Studiums das<br />
Sammeln. 1981 lernte Liman Wolf Vostell<br />
kennen. Damit verbunden war für ihn der<br />
Einblick in eine bis dahin nicht erschlossene<br />
neue Welt. Er war davon fasziniert,<br />
was dort an Ideen entwickelt und auch<br />
umgesetzt wurde. Vostells Atelier am<br />
Käuzchensteig in Berlin war eine fantastische<br />
Fundgrube, gefüllt mit Autos – kleinen<br />
und großen, Gasmasken, Spielzeugeisenbahnen,<br />
Schienen, Schlauchbooten,<br />
Flugzeugmodellen, Fotoapparaten, Fernsehern<br />
und natürlich auch Fotos und Leinwänden.<br />
Die Diskussionen und Gespräche<br />
über das Leben und die Kunst mit<br />
Vostell führten Liman in das ihm bis dahin<br />
unbekannte Fluxus-Reich. Zwischen<br />
Vostell und Liman entwickelte sich eine<br />
Freundschaft, die, so Liman, als ein erster<br />
Baustein für das heutige museum FLU-<br />
XUS+ betrachtet werden kann.<br />
Auch in der Beratungsgesellschaft für<br />
Stadterneuerung und Modernisierung<br />
mbH in Berlin (BSM), Teil von HEGLI,<br />
spielte Kunst immer eine wichtige Rolle.<br />
Bereits zu Beginn der 80er Jahre wurden<br />
öffentliche Vernissagen veranstaltet,<br />
um Künstlern die Gelegenheit zu bieten,<br />
auszustellen und zu verkaufen. Als Stadtplaner<br />
begriff Liman die Bedeutung von<br />
Kunst und Kultur für die Entwicklung der<br />
Städte und Quartiere. 1997 veranstaltete<br />
die BSM den 1.-Mai-Salon in Köpenick.<br />
Dies war ein Versuch, Künstler in leerstehenden<br />
Räumen arbeiten zu lassen, zur<br />
Revitalisierung von Stadtkernen. 2004<br />
war dann der Punkt erreicht, wo sich Liman<br />
fragte: „Wohin mit den gesammelten<br />
Werken?! Die Wände zu Hause hängen<br />
bereits voller Bilder; Keller und Abstellräume<br />
sind gefüllt. Es gibt Leihgaben<br />
an anderen Orten. Also was tun? Nicht<br />
mehr sammeln? Teile verkaufen? Oder<br />
ein Museum aufbauen?“ 2008 wurde<br />
dann das Museum eröffnet. Das museum<br />
FLUXUS+ ist ein privates Museum in der<br />
Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH.<br />
Es erhält keinerlei Zuwendungen oder Förderungen<br />
aus öffentlichen Haushalten.<br />
Adrian M. Darr<br />
Fotos: Adam Sevens (oben), WirtschaftsForum Brandenburg e. V. (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Große<br />
Moderne<br />
Typen,<br />
Fantasten<br />
und<br />
Erfinder<br />
Bauhaus<br />
Dessau<br />
04<br />
Mai<br />
<strong>2016</strong><br />
---<br />
06<br />
Jan<br />
2017<br />
Herburg Weiland <strong>2016</strong><br />
Große Pläne!<br />
Die Angewandte Moderne<br />
in Sachsen -- Anhalt<br />
1919 --- 1933<br />
grosse<br />
-- plaene.de<br />
Gefördert durch:<br />
Pläne!
32 | W+M LÄNDERREPORT OSTDEUTSCHLAND<br />
Nur die Eisbären<br />
schwimmen oben<br />
Von der Wende 1990 überrumpelt, erlebte der ostdeutsche<br />
Vereinssport einen flächendeckenden Niedergang. Nur dem<br />
einst belächelten Eishockeyclub Dynamo gelang als Eisbären<br />
Berlin eine fulminante Wiederauferstehung. Die Berliner<br />
Kufencracks mauserten sich zum Rekordmeister der<br />
Deutschen Eishockey-Liga. Von Matthias Salm<br />
seit 2005 einfahren konnte. Zwar stotterte<br />
der Eisbären-Motor seit dem letzten<br />
Titelgewinn 2013, dennoch sind die<br />
Hohenschönhauser die einzige ostdeutsche<br />
Sportmarke, die nach der Wende an<br />
Renommee gewonnen hat. Lediglich die<br />
Handballer des SC Magdeburg konnten<br />
um die Jahrtausendwende eine ähnliche<br />
Spitzenstellung in ihrem Sport erzielen.<br />
So sehr die rund 11.000 Eisbären-<br />
Fans an diesem Abend auch ihr<br />
Team nach vorne treiben, der Puck<br />
findet einfach nicht den Weg ins gegnerische<br />
Tor. Es ist das erste Playoff-Spiel in<br />
der Meisterrunde 2015/16 an einem kühlen<br />
Dienstagabend in der Mercedes-Benz-<br />
Arena, das die Eisbären glanzlos mit 0:3<br />
gegen die Kölner Haie verlieren. Die treuesten<br />
Fans hinterm Tor, die abwechselnd<br />
mal Eisbären, mal Dynamo skandiert hatten,<br />
rollen enttäuscht ihre Fahnen ein.<br />
Dass es schon mal besser lief als an diesem<br />
Abend, davon künden stolz sieben<br />
Banner unter dem Hallendach. Eines für<br />
jede Meisterschaft, die das Gründungsmitglied<br />
der Deutschen Eishockey-Liga DEL<br />
Den Eisbären gelang die Metamorphose<br />
vom belächelten Ostclub zum Branchenprimus.<br />
Ausgerechnet Eishockey, möchte<br />
man hinzufügen. Denn nach dem Beschluss<br />
der DDR-Staatsführung, den kaum medaillenträchtigen<br />
Eishockeysport 1970 aufzulösen,<br />
spielten auf Geheiß des Stasi-Chefs<br />
und Eishockeyfans Erich Mielke nur die beiden<br />
Dynamo-Clubs in Berlin und Weißwas-<br />
„Die Schmähungen gegen Red Bull<br />
sind dümmlich und pure Missgunst“<br />
Peter-Michael Diestel (64), Rechtsanwalt und letzter DDR-<br />
Innenminister, war von 1994 bis 1997 Präsident des FC Hansa<br />
Rostock. In seiner Amtszeit legte Diestel das Fundament für<br />
den Aufstieg und die Etablierung des Ostseeklubs in der 1.<br />
Fußballbundesliga. In der Beletage des deutschen Fußballs<br />
absolvierte Hansa zehn Spielzeiten am Stück.<br />
W+M: Herr Dr. Diestel, warum kommt<br />
der Profifußball im Osten nicht auf die<br />
Beine?<br />
Peter-Michael Diestel: Die Voraussetzungen<br />
für gut organisierten Profifußball<br />
waren und sind im Osten genau so gut<br />
wie im Westen. Neben Hansa Rostock<br />
Peter-Michael Diestel.<br />
gibt es mehrere Vereine, die auf eine große<br />
sportpolitische Geschichte zurückblicken<br />
können und eine starke Fangemeinschaft<br />
hinter sich haben – Dynamo Dresden,<br />
Carl Zeiss Jena, VfB Leipzig, BFC<br />
Dynamo und zum Teil auch Union Berlin.<br />
In all diesen Regionen gibt es auch<br />
einen rührigen Mittelstand, der den Profisport<br />
unterstützt.<br />
Es<br />
ist jedoch eine<br />
Besonderheit in<br />
ostdeutschen Vereinen, dass sich dort<br />
kleinwüchsige Menschen, was nichts<br />
mit Körpergröße zu tun haben muss,<br />
die Klinke in die Hand geben und mit<br />
provinziellen Eifersüchteleien und Intrigen<br />
konsequent jeglichen Fortschritt unterbinden.<br />
W+M: Unter Ihrer Führung stieg Hansa<br />
Rostock 1995 in die höchste Spielklasse<br />
auf und konnte sich zehn Jahre in der<br />
Bundesliga halten. Wie war dieser Höhenflug<br />
möglich?<br />
Fotos: Irina Volkova/fotolia.com (oben), Torsten George (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Das Team von RB Leipzig (weiße Trikots, hier im Spiel gegen den 1. FC Nürnberg) nimmt Kurs auf die 1. Bundesliga.<br />
ser in der fortan im Westen als „kleinste<br />
Liga der Welt“ verspotteten DDR-Oberliga.<br />
So waren es nur zwei Clubs, die nach<br />
1990 in den nun gesamtdeutschen Eishockeysport<br />
integriert werden mussten; hinzu<br />
kam 1994 die Einführung der Deutschen<br />
Eishockey-Liga (DEL) ohne Absteiger – im<br />
Gegensatz zu den ostdeutschen Fußballvereinen<br />
blieb dem aus Gründen der besseren<br />
Vermarktbarkeit in Eisbären umgetauften<br />
Dynamo-Team ein frühzeitiger Niedergang<br />
trotz hoher Verschuldung erspart.<br />
Die endgültige Wende kam aus den USA<br />
– in Form der Anschutz Entertainment<br />
Group. Die Tochtergesellschaft der Anschutz<br />
Corporation agiert weltweit im Bereich<br />
Sport und Live-Entertainment. Sie<br />
verband das Engagement bei den darbenden<br />
Eisbären mit der Vision einer Multifunktions-Arena<br />
für die Hauptstadt. Das<br />
Zusammenspiel von Veranstaltungsstätte<br />
und Sportclub gehört zu den Kernkompetenzen<br />
des US-Entertainment-Riesen.<br />
Die 2008 für 165 Millionen Euro errichtete,<br />
heutige Mercedes-Benz-Arena ermöglichte<br />
eine Verdreifachung der Zuschauerkapazität<br />
gegenüber der früheren,<br />
liebevoll Wellblechpalast genannten<br />
Spielstätte. 13.027 Zuschauer kamen in<br />
der Hauptrunde 2015/16 durchschnittlich<br />
zu den Spielen der Eisbären. 35 Fußball-<br />
Vereine in Deutschland locken mehr Zuschauer,<br />
aber kein anderer Eishockey-Verein,<br />
noch der zuschauerstärkste Basketballclub<br />
(ALBA Berlin, 9.900 Zuschauer)<br />
oder Handballclub (THW Kiel, 10.282) erreichen<br />
die Zahlen der Berliner.<br />
Hauptsponsor ist der heimische Energielieferant<br />
GASAG. Die fruchtbare Zusammen-<br />
Foto: GEPA pictures/Roger Petzsche<br />
Peter-Michael Diestel: Ich selbst habe<br />
nie Fußball gespielt, aber immer leistungssportlich<br />
gedacht. Die Aufgabe<br />
bei Hansa betrachtete ich wirtschaftsorientiert<br />
und geschäftlich, sah den Verein<br />
also als Unternehmen. Ich scharte<br />
Gleichgesinnte um mich, begeisterte sie<br />
für meine Philosophie und nahm ihnen<br />
das Versprechen ab, mindestens zwei<br />
bis drei Jahre an Bord zu bleiben und<br />
kollegial das gemeinsame Ziel zu verfolgen<br />
– den sportlichen Aufstieg in die 1.<br />
Liga und die wirtschaftliche Sanierung<br />
des Vereins.<br />
W+M: Woher kam das für den sportlichen<br />
Aufstieg benötigte Geld?<br />
Peter-Michael Diestel: Natürlich hätte<br />
ich gern von Beginn an einen Großsponsor<br />
gehabt, den gab es aber nicht. Daher<br />
habe ich Geld bei vielen mittelständischen<br />
Unternehmen eingesammelt,<br />
sowohl im Osten als auch im Westen.<br />
Das zweite Standbein war eine kluge<br />
Geschäftspolitik bei der Entwicklung junger<br />
Sportler und dem Verkauf von begehrten<br />
Spielern. Da der DFB uns hinsichtlich<br />
der Erneuerung des Stadions<br />
Aufschub gewährte, floss das gesamte<br />
Geld in den Profifußball und den Nachwuchsbereich.<br />
W+M: Ihr ehemaliger Verein befindet<br />
sich aktuell im freien Fall, steuert auf die<br />
4. Liga zu. Wo sehen Sie die Ursachen?<br />
Peter-Michael Diestel: Meine Nachfolger<br />
haben mit den bewährten Tugenden<br />
gebrochen. Das Geld wurde nicht mehr<br />
in den Leistungssport investiert, sondern<br />
in den Bau eines Stadions, Internats<br />
und einer Geschäftsstelle gesteckt.<br />
Es wurde großspurig nach der Devise<br />
verfahren ‚Was Schalke kann, können<br />
wir schon lange‘. Ein Profiverein muss<br />
professionell und wie ein Unternehmen<br />
geführt werden. Aber im Aufsichtsrat<br />
von Hansa Rostock habe ich Leute getroffen,<br />
die in keinem anderen Unternehmen<br />
eine Position erhalten hätten, auch<br />
nicht als Pförtner.<br />
W+M: Wie bewerten Sie das Engagement<br />
von Red Bull in Leipzig?<br />
Peter-Michael Diestel: Die Verantwortlichen<br />
von Red Bull haben klug analysiert,<br />
wo sich in Deutschland erfolgreicher<br />
Profifußball organisieren lässt. Völlig<br />
logisch kamen sie dabei auf Leipzig<br />
– eine Fußballhochburg, die den ersten<br />
deutschen Meister hervorgebracht<br />
hat. Alle Schmähungen gegen RB Leipzig<br />
sind dümmlich und pure Missgunst.<br />
Die Investitionen, die dort getätigt wurden,<br />
werden sich zeitnah amortisieren.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
34 | W+M LÄNDERREPORT OSTDEUTSCHLAND<br />
arbeit öffnete die Tür für andere Sponsoren<br />
aus der Region. Die GASAG wirbt für sich<br />
als „Größten Fan seit 1995“, Eberswalder<br />
Wurst präsentiert den Spieltags-Puck und<br />
die structure GmbH Bauträgergesellschaft<br />
preist während des Spiels Wohneigentum<br />
in Berlin an – Spiele der Eisbären sind ein<br />
Werbe-Feuerwerk der regionalen Berlin-<br />
Brandenburger Wirtschaft.<br />
Während am Ufer der Spree Spitzensport<br />
präsentiert wird, rollt der ostdeutsche Fußball<br />
weitgehend nur noch im MDR. Der Regionalsender<br />
überträgt Spiele der 3. Liga<br />
und die wird seit dieser Saison als Renaissance<br />
der alten DDR-Oberliga gefeiert.<br />
Acht ostdeutsche Vereine garantieren<br />
zwar Derbystimmung und wachsende Zuschauerzahlen<br />
– wirtschaftlich ist die Drittklassigkeit<br />
aber unbefriedigend. Lediglich<br />
das einst notorisch klamme Union Berlin<br />
konnte sich in der 2. Bundesliga etablieren<br />
– dank der Selbstinszenierung als fangetragener,<br />
idealistischer Außenseiter in der kapitalgetriebenen<br />
modernen Fußball-Welt.<br />
Verein<br />
Hansa Rostock<br />
Dynamo Dresden<br />
Rot-Weiß Erfurt<br />
Hallescher FC Chemie<br />
Chemnitzer FC<br />
FC Carl Zeiss Jena<br />
Lokomotive Leipzig/<br />
ab 1991 VFB Leipzig (aufgelöst)<br />
BSV Stahl Brandenburg<br />
Eisenhüttenstädter FC Stahl<br />
1.FC Magdeburg<br />
BFC Dynamo/ ab 1990 FC Berlin<br />
BSG Chemie Leipzig/seit 1990<br />
Sachsen Leipzig (aufgelöst)<br />
Energie Cottbus<br />
Dresden-Fans freuen sich über den Aufstieg in die 2. Liga.<br />
Immerhin gibt es zarte Hoffnungsschimmer:<br />
In Dresden reifen die Träume von der<br />
Rückkehr in die 2. Bundesliga. Mehr noch,<br />
nach Jahren der Misswirtschaft und imageschädigender<br />
Randale auf den Rängen<br />
schuf sich der Verein ein Fundament für<br />
längerfristigen Erfolg. Mit 27.000 Zuschauern<br />
im Schnitt ist Dynamo längst zu Höherem<br />
berufen. Vor allem ist Sachsens Top-<br />
Klub nach mehrfachem Beinahe-Bankrott<br />
aktuell schuldenfrei.<br />
DIE LETZTE OBERLIGA<br />
Die Mannschaften der letzten Spielzeit der DDR-Oberliga und wo sie heute spielen:<br />
Viktoria 91 Frankfurt/Oder<br />
Heutige Liga<br />
3. Liga<br />
3. Liga (Nächste Saison: 2. Liga.)<br />
3. Liga<br />
3. Liga als Hallescher FC<br />
3. Liga<br />
Regionalliga Nordost (4. Liga)<br />
Oberliga Nordost Staffel Süd (5. Liga) als<br />
Lokomotive Leipzig, ideeller Nachfolgeverein<br />
Brandenburg-Liga (6. Liga)<br />
als FC Stahl Brandenburg<br />
Brandenburg-Liga (6.Liga)<br />
3. Liga<br />
Regionalliga Nordost (4 Liga) als BFC Dynamo<br />
Sachsenliga (6.Liga) als BSG Chemie Leipzig,<br />
ideeller Nachfolge verein<br />
3. Liga<br />
Oberliga Nordost Staffel Nord (5. Liga)<br />
als 1. FC Frankfurt<br />
Von solch einer Entwicklung träumt man<br />
im Norden vergeblich. Die Hansa-Kogge<br />
schippert wieder in unruhigem Fahrwasser.<br />
Einst genoss Hansa Rostock bundesweite<br />
Popularität, schaffte als letzter Meister<br />
des ostdeutschen Fußballs die direkte<br />
Qualifikation für die Bundesliga – heute<br />
tobt an der Ostsee der Kampf gegen<br />
den Absturz in die Bedeutungslosigkeit<br />
der Regionalliga. Der Verein hatte die besten<br />
Startbedingungen, verbrachte zwölf<br />
Spielzeiten in der Bundesliga, mehr als<br />
beispielsweise die Teams aus Mainz und<br />
Hoffenheim. Doch fehlende Kontinuität<br />
in den Führungsgremien, sportliche Fehlentscheidungen<br />
und ein wirtschaftliches<br />
Agieren über den eigenen Verhältnissen<br />
machten Hansa zum Sanierungsfall.<br />
So vertritt heute ein Verein den ostdeutschen<br />
Fußball, der erst lange nach der<br />
Wende zugewandert ist. Über den Umweg<br />
SSV Markranstädt vor den Toren der<br />
Messestadt nahm RB Leipzig 2009 seinen<br />
Weg in eine der traditionsreichsten Fußballstädte<br />
Deutschlands. Und füllte das Vakuum,<br />
das die insolvenzgeplagten Traditionsvereine<br />
Lok Leipzig und Chemie Leipzig<br />
hinterlassen hatten – inklusive einer leer<br />
stehenden WM-Arena. RB, das in Namen<br />
und Logo kaum verhüllte Marketing-Produkt<br />
des Energy-Drink-Herstellers Red<br />
Bull, gehört zu einem weltweiten Sport-<br />
Entertainment-Betrieb. Es ist zu erwarten,<br />
dass RB Leipzig in Zukunft fester Bestandteil<br />
der Bundesliga sein wird, mit Ambitionen<br />
in Richtung internationaler Fußball.<br />
Das wird im Übrigen sicher auch bei den<br />
Eisbären in Berlin aufmerksam verfolgt.<br />
Denn der Etat der Eisbären liegt zwar mit<br />
zehn Millionen Euro im Spitzenfeld der<br />
DEL, wird aber noch übertroffen vom Münchener<br />
Eishockeyclub – der auch auf der Eigentümerliste<br />
von Red Bull steht. W+M<br />
Foto: Dynamo Dresden<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Kopenhagen<br />
Der Segeltörn<br />
für die sächsische Wirtschaft<br />
52 Wirtschaftskapitäne stechen zum<br />
Thema Windkraft und Energiewende in See<br />
20. bis 24. Mai <strong>2016</strong><br />
Mehr zum Programm unter: www.sachsensail.de
36 | W+M TITEL<br />
Berlin im Aufwind,<br />
Sachsen verliert<br />
Berlin ist jetzt 365/24. Und sonst? Jenseits des Besucherbooms in<br />
der Hauptstadt wächst der ostdeutsche Tourismus nicht mehr wie<br />
einst überdurchschnittlich. Künftig muss die Branche auf Qualitätsstatt<br />
Quantitätswachstum setzen. Von Matthias Salm<br />
Berlin boomt: Der Tourismus in der<br />
Hauptstadt setzt neue Rekordmarken.<br />
Berlin bietet zu jeder Jahreszeit<br />
das Beste aus Hoch- und Subkultur,<br />
Wissenschaft und Lifestyle –<br />
365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag.<br />
Diese Botschaft in Form der Kurzformel<br />
„365/24“ trägt die gemeinsame Kampagne<br />
der Berlin-Werber von visitBerlin und<br />
Kulturprojekte Berlin seit kurzem in die<br />
Welt hinaus. Dabei wäre solche Imagewerbung<br />
nicht einmal nötig: Der Berlin-Tourismus<br />
eilt auch ohne plakative Slogans von<br />
Bestmarke zu Bestmarke: 2015 zählte die<br />
Stadt mehr als 30 Millionen Übernachtungen<br />
aus aller Welt, ein Plus von mehr als<br />
fünf Prozent.<br />
Auch als Kongressort ragt Berlin heraus:<br />
Rund 11,4 Millionen Teilnehmer kamen im<br />
vergangenen Jahr zu Tagungen und Kongressen<br />
in die deutsche Hauptstadt. Das<br />
sichert rund 39.500 Vollzeitarbeitsplätze<br />
an der Spree. „Der Kongress-Standort<br />
Berlin belegt eine Top-Platzierung in<br />
der Weltrangliste“, jubelt denn auch Burkhard<br />
Kieker, Geschäftsführer von visitBerlin,<br />
über die Zugkraft der Hauptstadt.<br />
Die touristische Bilanz der ostdeutschen<br />
Flächenländer fällt 2015 weniger euphorisch<br />
aus. Das belegt das mittlerweile 19.<br />
Tourismusbarometer des Ostdeutschen<br />
Sparkassenverbands, das seit 1998 die<br />
Tourismusentwicklung in den ostdeutschen<br />
Regionen widerspiegelt.<br />
Die Zahl der Übernachtungen stieg demnach<br />
in Brandenburg um 4,9 Prozent, in<br />
Mecklenburg-Vorpommern um 2,6 Prozent<br />
und in Sachsen-Anhalt um 2,4 Prozent.<br />
Einbußen erlitten hingegen die Südländer<br />
Sachsen und Thüringen (minus 0,9<br />
und minus 0,3 Prozent). Insgesamt meldeten<br />
die Betriebe in Ostdeutschland (ohne<br />
Berlin) 78,1 Millionen Übernachtungen.<br />
Damit sank der Marktanteil des ostdeutschen<br />
Beherbergungsgewerbes an den<br />
gesamtdeutschen Übernachtungszahlen<br />
leicht auf 17,9 Prozent. Bundesweit stieg<br />
die Zahl der Übernachtungen um 2,9 Prozent.<br />
Bundesgartenschau treibt<br />
Besucherzahlen<br />
In Brandenburg zogen laut Potsdamer Wirtschaftsministerium<br />
das Reisegebiet Seenland<br />
Oder-Spree, der Spreewald und das<br />
Ruppiner Seenland die meisten Erholungssuchenden<br />
an. Den stärksten Zuwachs verzeichnete<br />
das Havelland mit einem Plus<br />
von 17,4 Prozent bei den Übernachtungen<br />
– der Bundesgartenschau sei Dank.<br />
Brandenburg lockte vermehrt auch internationale<br />
Gäste, insbesondere aus Polen und<br />
den Niederlanden. „Das verstärkte Auslandsmarketing<br />
der Tourismus-Marketing<br />
Brandenburg GmbH hat Früchte getragen“,<br />
begründete Brandenburgs Wirtschaftsminister<br />
Albrecht Gerber die Zugewinne. Mit<br />
mehr als 10.000 Unternehmen und einem<br />
Umsatz von über 4,3 Milliarden Euro bleibt<br />
der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige<br />
in der Mark.<br />
Solche Wachstumszahlen sind im ostdeutschen<br />
Fremdenverkehr aber längst<br />
kein Selbstläufer mehr. Nur 25 von 42<br />
ostdeutschen Reiseregionen lagen 2015<br />
im Plus. Gewinne verbuchen laut Sparkassen-Tourismusbarometer<br />
Ostdeutschland<br />
neue Reiseziele wie etwa die in ehemaligen<br />
Tagebauen geschaffenen künstlichen<br />
Seenlandschaften. Auf der anderen Seite<br />
manifestieren sich aber auch Standortnachteile<br />
des Ostens in den Bilanzen. Der<br />
Trend zum Städtetourismus etwa schlägt<br />
im Osten nicht in vollem Umfang zu Buche<br />
– schlicht aufgrund einer geringeren<br />
Zahl an Großstädten.<br />
Foto: visitBerlin/Wolfgang Scholvien<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
FERIEN DAHEIM | 37<br />
TOURISMUS: DIE SAISONBILANZ 2015<br />
Veränderungen der Übernachtungen<br />
Fotos: OSV (oben), Möller Mediengruppe (unten), Quelle Schaubild: OSV-Tourismusbarometer<br />
Bundesland in Prozent in Millionen<br />
Berlin + 5,4 + 1,8<br />
Hamburg + 5,3 + 0,6<br />
Brandenburg + 4,9 + 0,6<br />
Bremen + 3,8 + 0,1<br />
Bayern + 3,4 + 2,9<br />
Baden-Württemberg + 3,3 + 1,6<br />
Hessen + 3,2 + 1,0<br />
Rheinland-Pfalz + 2,9 + 0,6<br />
Schleswig-Holstein + 2,8 + 0,7<br />
Mecklenburg-Vorpommern + 2,6 + 0,8<br />
Sachsen-Anhalt + 2,4 + 0,2<br />
Niedersachsen + 2,2 + 0,9<br />
Saarland + 2,0 + 0,1<br />
Nordrhein-Westfalen + 1,6 + 0,8<br />
Thüringen - 0,3 - 0,<strong>03</strong><br />
Sachsen - 0,9 - 0,2<br />
Mancher Gästeschwund ist zudem hausgemacht.<br />
In Dresden sank die Zahl der<br />
Übernachtungen gegenüber dem Vorjahr<br />
um drei Prozent, weil Gäste aus dem Inland<br />
fernblieben. Hier verdunkelten die Pegida-Demonstrationen<br />
das Geschäft. „Das<br />
Image der Stadt hat gelitten“, räumt Bettina<br />
Bunge, Chefin der Dresden Marketing<br />
GmbH, ein. Das Erzgebirge, die Leipziger<br />
Region und die Oberlausitz standen hingegen<br />
im Freistaat auf der Gewinnerseite.<br />
Mecklenburg-Vorpommern buhlte auch<br />
2015 erfolgreich um die Gunst der Reisenden.<br />
Die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst<br />
und die Insel Rügen mit Hiddensee bauten<br />
ihre Übernachtungszahlen überdurchschnittlich<br />
aus. „Neue Veranstaltungsformate,<br />
neue Hotel- und Freizeiteinrichtungen<br />
sowie verstärkte Kooperationen mit<br />
internationalen Veranstaltern haben zum<br />
Wachstum beigetragen“, freut sich Jürgen<br />
Seidel, Präsident des Tourismusverbandes<br />
Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Sachsen-Anhalt punktete im zurückliegenden<br />
Jahr mit der Bundesgartenschau in<br />
Havelberg und der Cranach-Ausstellung<br />
in der Region Anhalt-Dessau-Wittenberg.<br />
7,61 Millionen Übernachtungen zählte das<br />
nicht unbedingt als klassisches Reiseziel<br />
geltende Land und sieht sich auf einem<br />
Dr. Michael Ermrich,<br />
Geschäftsführender<br />
Präsident des Ostdeutschen<br />
Sparkassenverbands.<br />
guten Weg, das angestrebte<br />
Ziel von acht<br />
Millionen Übernachtungen<br />
bis 2020 erreichen<br />
zu können.<br />
Digitalisierung<br />
als Aufgabe<br />
Der Wettbewerb für die<br />
ostdeutschen Reiseregionen<br />
hat sich verschärft.<br />
„Wir müssen umdenken“, warnte der Geschäftsführende<br />
Präsident des Ostdeutschen<br />
Sparkassenverbands Dr. Michael<br />
Ermrich anlässlich der Präsentation des<br />
OSV-Tourismusbarometers. „In Zeiten, in<br />
denen quantitative Zuwächse nicht mehr<br />
selbstverständlich sind, kommt Strategien<br />
zur Marktsicherung eine größere Bedeutung<br />
zu.“ Ermrich empfiehlt der Branche,<br />
auf qualitatives Wachstum zur Wertsteigerung<br />
zu setzen.<br />
Zu einem ähnlichen Schluss gelangen die<br />
Experten des OSV-Tourismusbarometers:<br />
Die ostdeutsche Tourismusbranche solle<br />
Beliebtes Reiseziel auf Rügen: die Kreidefelsen.<br />
in Qualität, Gästezufriedenheit und Infrastruktur<br />
investieren, Kooperationen verwirklichen<br />
und den Faktor Tourismus für<br />
die Regionalentwicklung nutzen.<br />
Um die Entwicklung rückläufiger Wachstumszahlen<br />
zu kontern, wollen etwa Thüringen<br />
und Brandenburg mit neuen Tourismuskonzeptionen<br />
frische Impulse setzen.<br />
Zu den wichtigsten Themen zählt dabei die<br />
optimale Nutzung der Digitalisierung, die<br />
laut OSV-Tourismusbarometer das Reisegeschäft<br />
in den kommenden Jahren revolutionieren<br />
wird. Noch hinkt das Gastgewerbe<br />
hier Branchen wie dem Einzelhandel oder<br />
der Finanzwirtschaft deutlich hinterher.<br />
Ein aktuelles Beispiel für die Möglichkeiten<br />
der Digitalisierung: Der 1.010 Kilometer<br />
lange Lutherweg verbindet in<br />
Thüringen Wirkungsstätten des Reformators.<br />
Pünktlich zum Lutherjahr 2017<br />
können nun Wanderer auf www.lutherlandthueringen.de<br />
Touren planen und Unterkünfte<br />
direkt buchen. Mit Hilfe einer App<br />
kann zudem direkt vor Ort navigiert werden.<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
38 | W+M TITEL<br />
Schlosshotel Burg Schlitz.<br />
BURG SCHLITZ<br />
Burg Schlitz 2, 17166 Hohen-Demzin<br />
Telefon: <strong>03</strong>996 12700<br />
info@burg-schlitz.de, www.burg-schlitz.de<br />
Logieren, wie es einst<br />
Könige und Fürsten taten<br />
Preis pro Nacht: ab 198 Euro<br />
Wellness: Finnische Sauna, Dampfsauna,<br />
Pool, Massage- und Kosmetikräume<br />
Freizeitangebote: Tennisplatz, Golfplätze<br />
in der Umgebung, hoteleigene<br />
Fahrräder, Bibliothek, 35 Pferdeboxen,<br />
250 Hektar große Privatjagd, Reiten,<br />
Wild-Kochkurse<br />
Tagung: Tagungsräume für bis zu<br />
40 Personen<br />
Ambitionierte und raffinierte Schlosshotels<br />
in den neuen Bundesländern<br />
Wer eine Flucht aus dem Alltag<br />
sucht, einen besonderen Ort<br />
zum Tagen oder einfach nur<br />
mal etwas Anderes für den Urlaub, für<br />
den könnten Schlosshotels genau das<br />
Richtige sein. Überall in den neuen Bundesländern<br />
gibt es zahlreiche Schlosshotels,<br />
die einen Besuch lohnen. Viele haben<br />
schwere Zeiten durchgemacht. Einige<br />
dienten nach dem Krieg zunächst<br />
als Unterkünfte für Heimatvertriebene,<br />
später wurden sie als Krankenhäuser,<br />
Schulen, Senioren- oder Kinderheime<br />
genutzt. Dementsprechend waren sie<br />
nach der Wende abgewohnt und heruntergekommen.<br />
Aber inzwischen sind viele<br />
aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht<br />
und heute zu traumhaften Kleinoden geworden.<br />
Manche wurden für den symbolischen<br />
Betrag von damals noch einer<br />
Mark oder später für einen Euro, andere<br />
für viel Geld, an Investoren – oft Idealisten<br />
– verkauft, die viele Entbehrungen auf<br />
sich nahmen, viel Mühe, Zeit und Geld<br />
aufwandten, um den Schlössern den<br />
Glanz und Charme zu verleihen, den sie<br />
heute besitzen. <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
stellt Ihnen – beginnend mit dieser Ausgabe<br />
– in loser Folge besonders interessante<br />
Schlosshotels in den neuen Bundesländern<br />
vor.<br />
Reminiszenz<br />
an die Antike<br />
Inmitten der Mecklenburgischen Schweiz<br />
liegt Burg Schlitz, eines der bedeutendsten<br />
Gebäude des Klassizismus in Deutschland.<br />
1806 lies Hans Graf von Schlitz das dreiflügelige<br />
Herrenhaus auf den Resten einer alten<br />
Burg errichten, den weitläufigen Park<br />
plante er selbst. 1931 geriet das Gut nach<br />
einem Konkurs in Besitz der Mecklenburgischen<br />
Landwirtschaftsgesellschaft, die<br />
es ein Jahr später an den Generaldirektor<br />
der Deutschen Bank verkaufte. Nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gut<br />
enteignet und zunächst als Flüchtlingsunterkunft,<br />
später als Schule und Seniorenheim<br />
genutzt. 2011 kaufte es das Ehepaar<br />
Hoeck, sanierte es liebevoll und baute es<br />
zu einem Hotel um.<br />
Die eleganten acht Suiten und zwölf Zimmer<br />
des Relais & Châteaux Schlosshotel<br />
Burg Schlitz haben das Schlossambiente<br />
aus dem frühen 19. Jahrhundert bewahrt.<br />
Sie sind stilvoll mit Biedermeier-Antiquitäten<br />
und maßgefertigtem Mobiliar der traditionsreichen<br />
Manufaktur Hellerau eingerichtet.<br />
Auch den neugotisch gestalteten<br />
Wappen-Saal, in dem sich das von der<br />
Grand Cuisine Aromatique und der klassisch<br />
französischen Küche inspirierte Gourmetrestaurant<br />
befindet, und den Schinkel-<br />
Saal mit seinen handbemalten Tapisserien,<br />
Kronleuchtern und seiner klassizistischen<br />
Gestaltung erfüllen eine elegante romantisch-fürstliche<br />
Atmosphäre. Im Wellness-<br />
Bereich kann man Körper und Seele pflegen<br />
lassen und beim Spaziergang durch<br />
den Landschaftspark die Ruhe genießen.<br />
Oase im<br />
Chemiedreieck<br />
Die Überraschung gelingt auf der Stelle:<br />
Nur wenige Kilometer von Leuna und Buna<br />
entfernt, taucht der Gast plötzlich in ein<br />
romantisch-grünes Idyll wie aus einer anderen<br />
Welt ein. Denn das aufwändig restaurierte<br />
Schloss Schkopau bettet sich<br />
in einen großen Park. Dass die einstige<br />
Reichsburg im 10. Jahrhundert erstmals<br />
als karolingische Festung Erwähnung fand,<br />
verraten der nie zerstörte Bergfried sowie<br />
die Wehrmauer. Seit 2001 schützt diese<br />
das exklusive Schlosshotel vor fremden Blicken,<br />
Alltagshektik und Straßenlärm.<br />
Gleichwohl das Innere des Adelsbaus, der<br />
1876 seine heutige Neorenaissancefassade<br />
erhielt, in seiner Funktionalität dem<br />
Komfort heutiger Zeit folgt, blieb doch die<br />
bauliche Hülle mittelalterlich. Gespeist<br />
wird im Tonnengewölbe „Zum alten Ritter“<br />
oder ganz stilvoll im Restaurant „Le<br />
Château“. Die Küche ist gehoben und international<br />
und damit auch ein wichtiger Eck-<br />
Foto: Schlosshotel Burg Schlitz<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
FERIEN DAHEIM | 39<br />
SCHLOSSHOTEL SCHKOPAU<br />
Am Schloss, 06258 Schkopau, Telefon: <strong>03</strong>461 749-0<br />
info@schlosshotel-schkopau.de, www.schlosshotel-schkopau.de<br />
Preis pro Nacht: ab 179 Euro<br />
Wellness: Spa, Massagen, Kosmetik, Whirlpool<br />
Freizeitangebote: Kulinarische Veranstaltungen, zum Beispiel<br />
Krimi-Dinner, diverse Attraktionen in näherer Umgebung,<br />
unter anderem Halloren-Museum, Beatles-Museum, Bergzoo<br />
Tagung: Räumlichkeiten bis zu 322 Personen<br />
Schlosshotel Schkopau.<br />
pfeiler für eine Reihe von Arrangements,<br />
die sich etwa „Balinesischer Traum“, „Karibik<br />
Feelings“ oder „Zeit für beste Freundinnen“<br />
nennen. Der dauergestresste Zeitgenosse<br />
ahnt es: Dahinter verbergen sich<br />
hauseigene Wohlfühlbehandlungen.<br />
ahnt man indes noch nichts vom malerischen<br />
Innenhof, zu dem efeuumrankte Stufen<br />
hinaufführen, und schon gar nichts vom<br />
umgebenden Barockgarten samt Hecken<br />
und Wasserspielen.<br />
Fotos: Harald Lachmann<br />
Insgesamt 54 individuell und großzügig geschnittene<br />
Zimmer, Suiten und Gemächer,<br />
alle mit ausgesuchtem Mobiliar eingerichtet,<br />
sorgen dafür, dass man das Schloss<br />
während eines langen Wochenendes praktisch<br />
nie verlassen muss.<br />
Dem Nebel der<br />
Geschichte entstiegen<br />
Woher der Name der Festung Schweinsburg<br />
rührt, liegt ebenso im Nebel einer<br />
gut tausendjährigen Geschichte verborgen<br />
wie die Herkunft des Geschlechts derer<br />
zu Crimmitschau, die diese Wasserburg<br />
in Neukirchen bei Zwickau lange bewohnten.<br />
Etwas erhöht über dem Städtchen gelegen,<br />
strahlt sie noch immer Erhabenheit<br />
aus. Erblickt man sie von der Straße her,<br />
Bei den 75 Zimmern hat man die Qual der<br />
Wahl: fürstlich im Türmchen, verträumt mit<br />
Blick auf den Garten oder farbenfroh im<br />
Neubau, der an ein Kavaliershaus erinnert.<br />
Schlossgespenst August kann einem überall<br />
begegnen, so auch beim Nachtmahl im<br />
Hotelrestaurant „Castell“, das kreativ sächsische<br />
Produkte verarbeitet. Auf der Karte<br />
stehen fangfrisches Zanderfilet oder zartes<br />
Rinderfiletsteak, kredenzt mit feinen<br />
Weinen.<br />
Das Schlosshotel wurde bereits zu einem<br />
der „Besten Tagungshotels Deutschlands“<br />
gekürt, auch aufgrund der gelungenen Synthese<br />
aus technischer Ausstattung sowie<br />
feudalem Charme, etwa im Rittersaal und<br />
im elegant-festlichen Damensalon. Ein<br />
Highlight bildet der durchflutete Wellnessbereich<br />
mit Sauna und Massagestudio.<br />
HOTEL SCHLOSS SCHWEINSBURG<br />
Hauptstraße 147–149,<br />
08459 Neukirchen/Pleiße<br />
Telefon: 0800 1010880<br />
kontakt@schloss-schweinsburg.de<br />
www.schloss-schweinsburg.de<br />
Schloss Machern und das Hotel im<br />
Kavaliershaus.<br />
Wegbereiter für<br />
englische Gärten<br />
Nur die Wörlitzer Anlagen waren wohl ab<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts noch wegweisender<br />
für den Siegeszug englischer Gärten<br />
in deutschen Landen als jener Landschaftspark<br />
Machern vor den Toren Leipzigs.<br />
Doch sehenswert ist das intime Terrain<br />
aus Baumalleen, Wiesen und Auen,<br />
einem großen Teich sowie einem Dammwildgatter<br />
nicht minder. Allein die Vielzahl<br />
historisierender Architekturkleinode wie<br />
Ritterburg, Pyramide, Agnes- und Hygiea-<br />
Tempel lohnen das Lustwandeln.<br />
Hotel Schloss Schweinsburg.<br />
Preis pro Nacht: ab 60 Euro<br />
Wellness: Entspannungsbereich mit<br />
Sauna, Massagen, Kosmetik<br />
Freizeitangebote:<br />
Golfanlage in der Umgebung, Trabi-<br />
Fahrt, Nordic Walking, Fahrradtouren,<br />
Weihnachtliche Wildschweinjagd<br />
Tagung: Räumlichkeiten und<br />
Veranstaltungshalle bis 300 Personen<br />
Alle Wege laufen letztlich auf das barocke<br />
Schloss Machern zu – eine frühere Wasserburg,<br />
die ab 1430 vom Grafengeschlecht<br />
derer von Lindenau bewohnt wurde. Nach<br />
einem Dachstuhlbrand 1981 war es denkmalgerecht<br />
rekonstruiert und ab 1990 auch<br />
sorgsam restauriert worden. So dient das<br />
Schloss, das in der Ritterstube eines der<br />
schönsten deutschen Standesämter birgt,<br />
nun als stilvolle Kulisse für Theater, Konzerte,<br />
Ausstellungen, Kostümbälle, aber auch<br />
Seminare und Familienfeiern. Die Gäste<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
40 | W+M TITEL<br />
übernachten dann direkt nebenan im Kavalierhaus.<br />
Das bietet 44 individuell eingerichtete<br />
Komfortzimmer sowie ein sehr stilvolles<br />
„Ristorante il Cavaliere“, bei dem der<br />
Name Programm ist: La Dolce Vita. Der hoteleigene<br />
Wellnessbereich lockt mit entspannenden<br />
Behandlungen.<br />
SCHLOSS MACHERN<br />
Schlossplatz 1,<br />
04827 Machern<br />
Telefon: <strong>03</strong>4292 8090<br />
info@schlossmachern.de<br />
www.schlossmachern.de<br />
Preis pro Nacht: ab 94 Euro<br />
Wellness: Massagen, Sauna, Whirlpool<br />
Freizeitangebote: Golfplatz, Schlossführungen,<br />
Biker-Specials, Lagerfeuer, Reitunterricht,<br />
Cessna-Flüge<br />
Tagung: Räumlichkeiten bis 80 Personen<br />
Hotel Resort Schloss Auerstedt.<br />
In der Toskana<br />
des Ostens<br />
Steht man im abgeschotteten Innenhof<br />
vor der kleinen Freitreppe des Schlosses<br />
Auerstedt, meint man unwillkürlich Hufgetrappel<br />
zu hören: Kommen da die vier<br />
Musketiere angeritten? Nun ja, französische<br />
und erst recht preußische Stiefeltritte<br />
erlebte das historische Pflaster auf jeden<br />
Fall schon. Denn zur Doppelschlacht<br />
von Jena und Auerstedt, die hier Napoleon<br />
1806 noch für sich entschied, befand sich<br />
im Schloss das Hauptquartier der Preußen.<br />
Und irgendwie erhielt sich im weitläufigen<br />
Hof- und Gartenensemble<br />
jenes<br />
Flair, das sich<br />
zudem recht ländlich-anmutig<br />
in das<br />
umgebende Weinland<br />
bettet. Nicht<br />
ohne Grund vermarktet<br />
sich dieser<br />
Thüringer Ausläufer<br />
der Saale-<br />
Unstrut-Region<br />
als Toskana des<br />
Ostens. Während<br />
sich im Schloss<br />
über vier Etagen<br />
ein Restaurant und<br />
Museumscafé erstreckt,<br />
atmen die<br />
15 Appartements<br />
und Maisonettes in<br />
den Nebengebäuden<br />
viel Gespür für<br />
architektonische Genauigkeit. Dass dennoch<br />
der Bogen zu moderner Interpretation<br />
gelingt, liegt an zwei Sehenswürdigkeiten<br />
im Resort: dem Auerworld-Palast als<br />
eines der größten lebenden Bauwerke der<br />
Welt sowie dem exotischen Projekt „Maloca“.<br />
In diesem Weltdorfgemeinschaftshaus<br />
trifft der Zeitgeist auf die Baukunst<br />
brasilianischer Regenwald-Indianer.<br />
Nur wenige Autominuten entfernt, lockt<br />
die „Toskana Therme“ ins Weinbaustädtchen<br />
Bad Sulza. Experten, die es wissen<br />
wollen, führen sie auf der „Liste der 100<br />
besten Bäder der Welt“.<br />
Modernität in<br />
historischem Gemäuer<br />
Einige Kilometer nördlich von Potsdam<br />
liegt Schloss Kartzow. Das Gutshaus des<br />
ehemaligen Ritterguts aus dem 15. Jahrhundert<br />
wurde 1912 abgerissen und dort<br />
bis 1914 das heutige Schloss errichtet.<br />
1940 wurde der Gutspark vom ehemaligen<br />
Gartendirektor von Sanssouci Georg<br />
Potente zum Landschaftspark umgestaltet.<br />
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
diente es zunächst als Unterkunft für Heimatvertriebene.<br />
Ab 1949 nutzte man es<br />
als Kindergenesungsheim der Volkssolidarität<br />
und später als Kinderheim. Die Wende<br />
überstand es zunächst als Sanatorium<br />
für nierenkranke Kinder, welches von<br />
1984 bis 1996 dort untergebracht war. Danach<br />
stand es zehn Jahre lang leer, bis es<br />
2006 von der Stadt in private Hand überging.<br />
Im Anschluss wurde es aufwendig<br />
restauriert. Seit 2008 gibt es eine Außenstelle<br />
des Potsdamer Standesamtes und<br />
seit 2010 den Hotelbetrieb.<br />
Schloss Kartzow besticht durch modernes<br />
Design. Die Suiten und Zimmer sind individuell<br />
und stilvoll eingerichtet. Es eignet<br />
Fotos: Harald Lachmann (oben), Schloss Kartzow GmbH & Co KG (unten)<br />
RESORT SCHLOSS AUERSTEDT<br />
Schlosshof,<br />
99518 Auerstedt<br />
Telefon: <strong>03</strong>6461 92000<br />
info@auerstedt.org<br />
www.auerstedt.org<br />
Preis pro Nacht: ab 84 Euro<br />
Freizeitangebote: Kanutouren, Erlebnistierpark,<br />
Kletterwald, Arche Nebra, Zeiss<br />
Planetarium, Toskana-Therme und Wanderwege<br />
in der Umgebung, Fahrrad- und<br />
Segwaytouren<br />
Tagung: Räumlichkeiten bis 120 Personen<br />
Schloss Kartzow.<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
FERIEN DAHEIM | 41<br />
Fotos: Schlosshotel Fürstlich Drehna (oben), Schloss Purschenstein Hotel GmbH (unten)<br />
sich nicht nur als Urlaubsdomizil, sondern<br />
ebenso als Tagungsort und für Hochzeitsfeiern.<br />
Auch sonst bietet es interessante<br />
Veranstaltungen wie Ausstellungen und<br />
Konzerte. Speisen gibt es mit Kräutern<br />
aus dem eigenen Schlossgarten und Torten<br />
aus der hauseigenen Patisserie. Entspannung<br />
und Ruhe findet man sowohl im<br />
Wellness- und SPA-Bereich, als auch im<br />
weitläufigen Park.<br />
SCHLOSS KARTZOW<br />
Kartzower Dorfstraße 16,<br />
14476 Potsdam<br />
Telefon: <strong>03</strong>32 082323-0<br />
info@schloss-kartzow.de<br />
www.schloss-kartzow.de<br />
Preis pro Nacht: ab 155 Euro<br />
Wellness: Sauna, Massage, Kosmetik<br />
Freizeitangebote: Konzerte,<br />
Ausstellungen, Krimi-Dinner, Nordic<br />
Walking und Fahrradfahren im Park<br />
Tagung: unterschiedliche Tagungsräume<br />
für bis zu 80 Personen<br />
Schloss Purschenstein.<br />
SCHLOSS PURSCHENSTEIN<br />
Purschenstein 1,<br />
09544 Neuhausen/Erzgebirge<br />
Telefon: <strong>03</strong>7361 14080<br />
info@purschenstein.de<br />
www.purschenstein.de<br />
Festung an der<br />
Salzstraße<br />
In Neuhausen im Erzgebirge<br />
liegt das um<br />
das Jahr 1200 errichtete<br />
Schloss Purschenstein.<br />
Schützte es damals<br />
die Salzstraße<br />
von Mitteldeutschland<br />
nach Böhmen, so bietet<br />
es heute Erholung für Urlauber und<br />
Räume für Tagungen, Hochzeiten und<br />
ähnliche Veranstaltungen. Das Schloss<br />
wurde im Laufe seiner Geschichte mehrfach<br />
umgebaut, auch weil es das Schicksal<br />
nicht immer gut meinte: Es gab Blitzeinschläge,<br />
Brände, Beschädigungen<br />
während des Dreißigjährigen Krieges und<br />
Plünderungen nach dem Zweiten Weltkrieg.<br />
Von 1951 bis 1955 nutzte die katholische<br />
Caritas das Schloss als Kinderheim.<br />
Anschließend diente es bis zum<br />
Brand 1989, in dem wieder große Teile<br />
des Schlosses zerstört wurden, als Kulturhaus<br />
des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />
(FDGB) der DDR. Zwischen<br />
1990 und 2001 erfolgte der Wiederaufbau.<br />
Danach befanden sich die<br />
DDR-Motorradsammlung der Familie<br />
Schwarz und eine Gaststätte im Schloss,<br />
bis es 2005 der niederländische Unternehmer<br />
Roel Praagman kaufte und in ein<br />
Hotel umbauen ließ.<br />
Die individuell gestalteten Suiten, Maisonettes<br />
und Doppelzimmer verbinden historisches<br />
Ambiente und Gemütlichkeit<br />
mit klassischer Moderne und Eleganz.<br />
Entspannung findet man bei Massagen<br />
im Wellness-Bereich, beim Schwimmen,<br />
in der Sauna und der Dampfgrotte in den<br />
romantischen Kellergewölben. Die reizvolle<br />
Landschaft des Erzgebirges lädt ein<br />
zum Spazieren, Wandern oder zu Radtouren.<br />
Preis pro Nacht: ab 110 Euro<br />
Wellness: Massagen, Sauna,<br />
Dampfgrotte, Pool<br />
Freizeitangebote: Kochkurse, Krimi-Dinner<br />
Tagung: Räumlichkeiten für bis zu<br />
120 Personen<br />
Schlosshotel Fürstlich Drehna.<br />
Fürstliche Residenz<br />
in der Niederlausitz<br />
Auf halbem Wege zwischen Berlin und<br />
Dresden liegt das kleine Örtchen Fürstlich<br />
Drehna mit seiner circa 500 Jahre alten<br />
und von einem Wassergraben umgebenen<br />
Burg, in der man heute Urlaub verbringen,<br />
Feste feiern oder sein Unternehmen<br />
tagen lassen kann. Graf Moritz von Lynar<br />
benannte Ort und Schloss nach seiner Erhebung<br />
in den Fürstenstand zu Beginn des 19.<br />
Jahrhunderts in Fürstlich Drehna um. 1819<br />
gestaltete Peter Joseph Lenné den Landschaftspark.<br />
Nach der Enteignung nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss<br />
als Jugendwerkhof genutzt. Von 2006 bis<br />
2007 wurde es saniert und zu einem Hotel<br />
umgebaut. Heute gehören das Schloss<br />
Fürstlich Drehna und der Landschaftspark<br />
der Brandenburgischen Schlösser GmbH.<br />
Im Schloss befinden sich 24 individuell historisch<br />
eingerichtete Suiten und Zimmer.<br />
Im „Amtshaus“ neben der Burganlage befinden<br />
sich 26 weitere Zimmer im Landhausstil.<br />
Zur Entspannung steht ein Pool<br />
mit Gegenstromanlage zur Verfügung und<br />
im Wellness-Bereich kann man sich massieren<br />
und kosmetisch behandeln lassen.<br />
<br />
SCHLOSSHOTEL FÜRSTLICH DREHNA<br />
Lindenplatz 8,<br />
15926 Luckau/OT Fürstlich Drehna<br />
Telefon: <strong>03</strong>5324 3<strong>03</strong>-0<br />
info@schloss-drehna.de<br />
www.schloss-drehna.de<br />
Preis pro Nacht: ab 99 Euro<br />
Wellness: Pool, Massage, Kosmetik<br />
Tagung: Räume für bis zu 60 Personen<br />
Von Adrian M. Darr und<br />
Harald Lachmann<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
42 | W+M TITEL<br />
Idylle am<br />
Werbellinsee.<br />
Im Einklang<br />
mit der Natur<br />
Besonders junge Familien mit Kindern verbringen<br />
auch gern mehrere Urlaubstage im<br />
Barnim. Die Hotels, Pensionen und Kindereinrichtungen<br />
registrierten im Vorjahr mehr<br />
als 1,6 Millionen Übernachtungen. Durchschnittlich<br />
bleiben die Gäste 3,7 Tage im<br />
Barnim. Damit liegen wir über dem Brandenburger<br />
Landesdurchschnitt von 2,7 Tagen.<br />
Die Gäste kommen aus Berlin, ganz<br />
Deutschland, aber auch zunehmend aus<br />
dem Ausland, bevorzugt aus Polen, den<br />
Niederlanden und Frankreich.“<br />
Direkt hinter der Berliner Stadtgrenze erstreckt sich das bei<br />
Ausflüglern und Urlaubern immer beliebter werdende Barnimer<br />
Land. Wer als Tourist in den Landkreis Barnim kommt, kann aktiv<br />
eine ursprüngliche Natur und überraschende Kulturerlebnisse<br />
genießen. Von Karsten Hintzmann<br />
Der starke Besucherstrom kurbelt nicht nur<br />
den Fremdenverkehrssektor an, der Tourismus<br />
ist inzwischen grundsätzlich zu einem<br />
ernst zu nehmendem Wirtschaftsfaktor im<br />
Landkreis gereift. Pro Jahr generiert er einen<br />
Netto-Jahresumsatz von 241 Millionen<br />
Euro. Davon fließen rund sechs Millionen<br />
Euro als Steueraufkommen direkt<br />
in die Kassen der Kommunen. 9.000 Arbeitsplätze<br />
gibt es in der regionalen Tourismuswirtschaft.<br />
Kein Geringerer als Theodor Fontane<br />
formulierte die wohl schönsten<br />
Worte, die über den Werbellinsee<br />
im Norden des Barnims je geschrieben<br />
wurden: „Es ist ein Märchenplatz, auf<br />
dem wir sitzen, denn wir sitzen am Ufer<br />
des Werbellin.” In der Tat ist der Werbellinsee<br />
bis heute ein Kleinod, das sich seine<br />
natürliche Schönheit bewahrt hat, obgleich<br />
es Jahr für Jahr tausende Erholungssuchende<br />
anzieht.<br />
Besagter See ist eine von vielen Attraktionen,<br />
die die Region zu bieten hat. Vielerorts<br />
lässt es sich vortrefflich Rad fahren,<br />
wandern, laufen, paddeln und schwimmen.<br />
Dafür wurden 1.000 Kilometer<br />
Wander- und 700<br />
Kilometer Radwege erschlossen,<br />
gebaut<br />
und ausgeschildert.<br />
Es gibt 100 Kilometer<br />
befahrbare Wasserstraßen,<br />
150 zum<br />
Teil glasklare Seen<br />
(unter anderem die<br />
Geheimtipps Parsteinsee<br />
und Liepnitzsee) sowie<br />
90.000 Hektar Wald.<br />
Neben Aktivurlaubern kommen auch Kulturfans<br />
auf ihre Kosten. Die Palette reicht<br />
vom bedeutenden Industriedenkmal, dem<br />
Schiffshebewerk Niederfinow, über das<br />
Kloster Chorin, das Barnim Panorama mit<br />
dem Agrarmuseum in Wandlitz bis hin zum<br />
Schifffahrtsmuseum in Oderberg. Zu den<br />
beliebtesten Festivitäten in der Region gehören<br />
der Choriner Musiksommer, das Musikfestival<br />
„Inselleuchten“ in Marienwerder<br />
und das Hussitenfest in Bernau.<br />
Rüdiger Thunemann, Geschäftsführer der<br />
für die Ankurbelung von Wirtschaft und<br />
Tourismus im Barnim zuständigen Fördergesellschaft<br />
WITO, ist durchaus zufrieden,<br />
wenn er über die Entwicklung in<br />
den letzten Jahren spricht:<br />
„Unser Landkreis ist von<br />
seiner Grundstruktur<br />
und seiner Lage am<br />
Rande Berlins eine<br />
typische Ausflugsregion.<br />
Jahr für Jahr besuchen<br />
uns rund zehn<br />
Millionen Tagesgäste.<br />
WITO-Chef<br />
Rüdiger Thunemann.<br />
WITO-Chef Thunemann: „Wir wollen mit<br />
unserem Schatz, einer wunderbaren Natur<br />
in unmittelbarer Nähe zur Metropolregion<br />
Berlin, nachhaltig und klug umgehen. Ich<br />
bin mir sicher, dass wir mit unserem Motto<br />
‚Ursprüngliches ganz nah‘ noch mehr<br />
Menschen für den Tourismus im Barnim<br />
gewinnen können.“<br />
W+M<br />
TOURISTISCHE ATTRAKTIONEN<br />
IM BARNIMER LAND<br />
• Kloster Chorin:<br />
altes Zisterzienser-Kloster.<br />
• Schiffshebewerk Niederfinow:<br />
imposanter Industriebau,<br />
1927–1934 errichtet.<br />
• Finowkanal: älteste künstlich<br />
angelegte Wasserstraße<br />
Deutschlands (über 400 Jahre alt).<br />
• Werbellinsee: 13 Kilometer lang,<br />
bis 60 Meter tief, glasklares Wasser.<br />
• Schorfheide: Wanderparadies und<br />
traditionsreiches Jagdgebiet.<br />
• Buchenwald Grumsin:<br />
Weltkulturerbe der Unesco.<br />
• Zoo Eberswalde: ausgezeichnet als<br />
„Bester kleiner Zoo“ Deutschlands.<br />
Mehr Informationen zur Reiseregion<br />
unter: www.barnimerland.de.<br />
Fotos: face/Jürgen Rocholl (oben), WITO GmbH (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
FERIEN DAHEIM | 43<br />
RAGNITZ ANALYSIERT<br />
Tourismus als<br />
regionalwirtschaftlicher<br />
Hoffnungsträger<br />
in Ostdeutschland?<br />
Kap Arkona<br />
Warnemünde<br />
Uckersee<br />
Weimar<br />
Rennsteig<br />
Kyffhäuser<br />
Foto: ifo Dresden<br />
Angesichts oftmals ungünstiger<br />
wirtschaftlicher Perspektiven suchen<br />
viele ostdeutsche Regionen<br />
ihr Heil in einer Stärkung des Tourismus.<br />
Tatsächlich kann Ostdeutschland ja<br />
auch mit vielen touristischen Höhepunkten<br />
aufwarten: Auf der einen Seite die<br />
Städte als Anziehungspunkt insbesondere<br />
für den Kulturtourismus, auf<br />
der anderen Seite attraktive<br />
ländliche Räume als<br />
Ziel für Erholungssuchende.<br />
Häufig funktioniert<br />
das auch gut,<br />
denkt man an Dresden<br />
oder Potsdam<br />
auf der einen Seite,<br />
die Ostseeküste oder<br />
den Spreewald auf<br />
der anderen. In vielen<br />
Regionen scheint der<br />
Fremdenverkehr aber<br />
auch eher der Strohhalm<br />
zu sein, an den<br />
man sich klammert,<br />
weil der Aufbau einer<br />
leistungsfähigen Wirtschaft bislang nicht<br />
so weit vorangekommen ist wie erhofft<br />
– und hier ist es fraglich, ob es wirklich<br />
erfolgversprechend ist, jetzt auf dieses<br />
Standbein zu setzen. Der Ausbau touristischer<br />
Angebote mag vielleicht noch Naherholungssuchende<br />
aus der Region selber<br />
ansprechen, insoweit zur Stärkung „weicher“<br />
Standortfaktoren beitragen; die Erwartung,<br />
zusätzliche Einkommen durch<br />
„Export“ von Tourismusleistungen zu generieren,<br />
dürfte sich hier aber vielfach als<br />
Illusion erweisen.<br />
Professor Dr. Joachim Ragnitz<br />
ist Stellvertretender Leiter<br />
des ifo-Instituts Dresden.<br />
Zwar braucht sich Ostdeutschland als<br />
Reiseziel gegenüber anderen Regionen<br />
Deutschlands nicht zu verstecken. Aktuelle<br />
Daten deuten aber darauf hin, dass<br />
nach den stürmischen Aufbaujahren die<br />
Tourismuswirtschaft in Ostdeutschland<br />
inzwischen in eine Konsolidierungsphase<br />
eingetreten ist. Die ostdeutschen<br />
Tourismusstandorte können<br />
schon lange nicht mehr<br />
mit dem „Reiz des Unbekannten“<br />
werben,<br />
sondern müssen<br />
sich jetzt mehr und<br />
mehr auch qualitativ<br />
im Wettbewerb behaupten.<br />
Da trennt<br />
sich dann die Spreu<br />
vom Weizen – weniger<br />
attraktive Destinationen<br />
fallen zurück,<br />
nicht ausreichend<br />
service-<br />
orientierten Anbietern<br />
droht das Ausscheiden<br />
aus dem<br />
Markt. Zudem ist auch nicht zu verkennen,<br />
dass es in einigen Bereichen inzwischen<br />
wohl auch schon zu einem Überangebot<br />
einander ähnelnder touristischer<br />
Angebote gekommen ist – ob es wirklich<br />
einen so hohen Bedarf an Erlebnisbädern,<br />
Wellness-Hotels oder Denkmälern<br />
der Industriekultur gibt, muss doch fraglich<br />
erscheinen. Wenn dann in einzelnen<br />
Regionen auch noch ein fremdenfeindliches<br />
Image hinzukommt, kann die Blüte<br />
der Tourismuswirtschaft in Ostdeutschland<br />
auch rasch wieder vorbei sein.<br />
Unabhängig davon scheint es problematisch,<br />
wollte man regionalwirtschaftliche<br />
Entwicklungsstrategien allein oder<br />
auch nur hauptsächlich auf den Tourismus<br />
gründen: Der Wettbewerb ist hier<br />
ein internationaler, nicht nur ein nationaler;<br />
schon die klimatischen Bedingungen<br />
in Deutschland machen Gastgewerbe,<br />
Hotellerie und ergänzende Angebote<br />
immer zu einem Saisongeschäft; vielfach<br />
mangelt es auch an ausreichender Zahlungsbereitschaft<br />
der Kunden, so dass<br />
kaum kostendeckende Preise erzielt werden<br />
können. Eine Diversifikation der Wirtschaftsstruktur<br />
muss deshalb weiterhin<br />
das prioritäre Ziel aller regionalen Wirtschaftspolitik<br />
bleiben.<br />
Mancherorts wird das aber nicht funktionieren,<br />
so dass der Fremdenverkehr notgedrungen<br />
tatsächlich ein Standbein regionaler<br />
Entwicklung sein wird. Wenn man<br />
hier auf die Fremdenverkehrswirtschaft<br />
setzen will, muss man diese aber wohl<br />
noch stärker an den Bedürfnissen der potenziellen<br />
Kunden ausrichten: durch gemeinsame<br />
Vermarktung von Urlaubsregionen,<br />
durch verstärkte Serviceorientierung<br />
(hierzu zählen auch so profane Dinge<br />
wie die Öffnung touristischer Ziele auch<br />
an Wochenenden), durch Schaffung von<br />
Infrastrukturen, die die Abhängigkeit von<br />
Saisoneinflüssen verringern. Darauf zu<br />
hoffen, dass Fremdenverkehr ein Selbstläufer<br />
auch in weniger attraktiven Regionen<br />
sein könnte, wäre jedenfalls verfehlt.<br />
<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
44 | W+M POLITIK<br />
ifo Geschäftsklima Ostdeutschland im März <strong>2016</strong><br />
Ostdeutsche Wirtschaft<br />
bleibt zu Frühlingsbeginn skeptisch<br />
INDEX<br />
Das ifo Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft* der<br />
ostdeutschen Bundesländer hat sich im März abermals eingetrübt.<br />
Die ostdeutschen Befragungsteilnehmer nahmen<br />
ihre gute Lageeinschätzung erneut zurück und behielten per Saldo<br />
ihre zuletzt gesunkenen Geschäftserwartungen für die kommenden<br />
sechs Monate bei. Damit blickt die ostdeutsche Wirtschaft<br />
weiterhin skeptisch auf das zweite Quartal.<br />
Auch das ifo Beschäftigungsbarometer für die gewerbliche Wirtschaft<br />
in Ostdeutschland ist im März gesunken, und zwar recht<br />
deutlich. Besonders im Verarbeitenden Gewerbe und im Großhandel<br />
Ostdeutschlands wollen die Befragungsteilnehmer ihren<br />
Personalbestand nochmals kräftiger reduzieren als im Vormonat.<br />
Im ostdeutschen Bauhauptgewerbe blieben die Personalpläne gegenüber<br />
dem Vormonat dagegen im Wesentlichen unverändert.<br />
Die negative Tendenz des Geschäftsklimaindex wurde geprägt<br />
vom Verarbeitenden Gewerbe und dem Bauhauptgewerbe Ostdeutschlands.<br />
In beiden Bereichen trübte sich das Geschäftsklima<br />
jeweils spürbar ein. Im ostdeutschen Großhandel tendierte<br />
der Geschäftsklimaindex hingegen seitwärts und im Einzelhandel<br />
stieg er sogar kräftig an. Die ostdeutschen Einzelhändler waren<br />
nicht nur zufriedener mit ihrer gegenwärtigen Geschäftssituation,<br />
sondern auch zuversichtlicher mit Blick auf die Geschäftsentwicklung<br />
im kommenden halben Jahr. Die Aussichten der Befragten<br />
in den anderen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft<br />
Ostdeutschlands verdüsterten sich hingegen etwas.<br />
Michael Weber und<br />
Prof. Joachim Ragnitz<br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
MÄRZ 9,8<br />
VORMONAT 12,3<br />
Bauhauptgewerbe<br />
MÄRZ - 3,9<br />
VORMONAT 0,4<br />
Groß- und Einzelhandel<br />
MÄRZ 6,0<br />
VORMONAT 2,0<br />
ifo Geschäftsklima<br />
ifo Beschäftigungsbarometer<br />
VORMONAT<br />
7,4<br />
MÄRZ<br />
6,1<br />
VORMONAT<br />
- 3,0<br />
MÄRZ<br />
- 5,2<br />
* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />
Foto: industrieblick/Fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
POLITIK | 45<br />
DER KOMMENTAR<br />
Foto: Privat<br />
Wettbewerbsfähige<br />
Industrie als Grundpfeiler<br />
Von Dr. Manfred Stolpe<br />
2025 stelle ich mir weiterhin eine wettbewerbsfähige<br />
Industrie als einen der Grundpfeiler<br />
unserer sozialen Marktwirtschaft<br />
vor. Die Industrie ist wesentlicher Markenkern<br />
unseres Wirtschaftsstandortes;<br />
sie sichert gute Jobs für hunderttausende<br />
Menschen – und unseren Kommunen<br />
wichtige Steuereinnahmen; in meiner Vorstellung<br />
steht sie für eine starke Sozialpartnerschaft<br />
und somit für sozialen Frieden.<br />
Damit das so bleibt, werden wir in Ostdeutschland<br />
vor allem drei Herausforderungen<br />
bewältigen müssen, die uns schon<br />
heute beschäftigen. Lassen Sie mich im<br />
Folgenden skizzieren, wie ich mir die Situation<br />
in zehn Jahren erhoffe:<br />
Fachkräfte<br />
Das A und O der Fachkräftesicherung ist<br />
nach wie vor die betriebliche Ausbildung.<br />
Gleichzeitig sind auch duale Studiengänge<br />
zunehmend gefragt. Die Unternehmensnachfolge<br />
– allein im brandenburgischen<br />
Handwerk stand 2015 in ungefähr jedem<br />
siebten Betrieb eine Unternehmensnachfolge<br />
an – ist dank einer ressortübergreifenden<br />
Gründungs- und Nachfolgestrategie<br />
erfolgreich gemeistert worden.<br />
Die Integration der Flüchtlinge, die seit<br />
2015 in großer Zahl nach Europa und insbesondere<br />
Deutschland kamen, war und<br />
ist eine große Herausforderung. Nachdem<br />
anfangs Unterbringung und Versorgung<br />
der Geflüchteten im Vordergrund standen,<br />
ist es inzwischen über gezielte Bildungs-<br />
und Ausbildungsangebote immer<br />
besser gelungen, die ehemaligen Flüchtlinge<br />
in den deutschen Wirtschafts- und<br />
Arbeitsmarkt zu integrieren. Davon profitieren<br />
nicht nur die ehemaligen Flüchtlinge,<br />
sondern auch die vor allem kleinen und<br />
mittelständischen Unternehmen in Ostdeutschland,<br />
denen es zuvor an Nachwuchs<br />
und Fachkräften mangelte.<br />
Digitalisierung<br />
Bei der vernetzten Produktion sind wir<br />
in Deutschland spitze. Die Industrie 4.0<br />
ist fast überall Realität. Weil es noch vor<br />
zehn Jahren vor allem kleinen und mittleren<br />
Unternehmen in Ostdeutschland<br />
oft an den nötigen Ressourcen für<br />
eine verstärkte Innovationsorientierung<br />
fehlte, hatte die Landesregierung<br />
Brandenburg 2015 an der<br />
Brandenburgischen Technischen<br />
Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg<br />
eine zentrale Anlaufstelle für Fragen<br />
der betrieblichen Digitalisierung geschaffen,<br />
das Innovationszentrum Moderne<br />
Industrie Brandenburg. Damit war<br />
Brandenburg bundesweit Vorreiter und<br />
sogar noch schneller als die Bundesregierung.<br />
In Cottbus können seither Unternehmer<br />
– auch Handwerker – einen<br />
persönlichen Innovations-Check-up vereinbaren.<br />
Die Beratung ist eng mit Förderprogrammen<br />
verknüpft.<br />
Dr. Manfred Stolpe war langjähriger Ministerpräsident<br />
Brandenburgs und Bundesverkehrsminister.<br />
Der Breitbandausbau, auch in den ländlichen<br />
Regionen, ist dank neuer Technologien<br />
abgeschlossen. Die Landesregierung<br />
hat dabei kräftig unterstützt.<br />
Energie<br />
Die deutsche Energiepolitik befindet sich<br />
in ausgewogener Balance zwischen Klimapolitik<br />
und Industriepolitik. Der Emissionsrechtehandel<br />
der EU ist mit Gespür<br />
für die Wechselwirkungen mit dem Welthandel<br />
und der Industriepolitik weltweit<br />
ausgestaltet.<br />
Die Braunkohle ist weiterhin ein wichtiger,<br />
verlässlicher Rohstoff für die Energieerzeugung,<br />
weil er nach wie vor Preisstabilität<br />
und Versorgungssicherheit garantiert.<br />
Aber die Strommenge, die aus Erneuerbaren<br />
Energien gewonnen wird, ist enorm<br />
gewachsen, auch in den alten Bundesländern.<br />
Dies rentiert sich vor allem dank<br />
neu entwickelter Speichertechnologien,<br />
die inzwischen flächendeckend im Einsatz<br />
sind. Umfassender Netzausbau und einheitliche<br />
Netzentgelte haben für eine faire<br />
Lastenverteilung des Ausbaus Erneuerbarer<br />
Energien in Deutschland gesorgt.<br />
Die Innovationsregion Lausitz GmbH sichert<br />
die Zukunft der Ober- und Niederlausitz<br />
und gestaltet den Strukturwandel<br />
der Region sensibel und in kluger Abstimmung<br />
mit Partnern<br />
aus Wirtschaft, Wissenschaft,<br />
Verwaltung und Politik.<br />
Mut, Veränderungsbereitschaft<br />
und Kreativität haben Ostdeutschland<br />
in den vergangenen 25 Jahren<br />
stark gemacht. Ich bin überzeugt:<br />
Wenn wir diese Eigenschaften<br />
beibehalten, wird Ostdeutschland<br />
im Jahr 2025 ein wettbewerbsfähiger<br />
Standort<br />
und eine lebenswerte<br />
Region bleiben.<br />
<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
46 | W+M POLITIK<br />
Braucht Deutschland ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit?<br />
Elke Ferner, Parlamentarische Staatssekretärin<br />
im Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend<br />
Lutz Goebel, Präsident des Verbands<br />
Die Familienunternehmer<br />
„Ja” „Nein”<br />
21 Prozent – das ist die Lohnlücke<br />
zwischen den Brutto-<br />
geplante Gesetz zur Entgelt-<br />
Das von der Bundesregierung<br />
stundenlöhnen von Männern<br />
gleichheit von Männern<br />
und Frauen in Deutschland. Die Lohnlücke hat<br />
und Frauen ist reine „Schaufensterpolitik“! Sowohl<br />
die „unbereinigte Lohnlücke“ von 21 Pro-<br />
viele Ursachen: Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit,<br />
sie stecken zugunsten der Familie im Beruf<br />
zent wie auch die „bereinigte Lohnlücke“ von<br />
zurück, sie arbeiten in Berufen und Betrieben, wo sieben Prozent lassen sich fast vollständig durch<br />
schlechter bezahlt wird. Man kann die Lohnlücke die noch immer unterschiedliche Berufswahl von<br />
erklären, aber dadurch wird sie nicht gerechter. Wir Frauen und Männern, durch die unterschiedliche<br />
brauchen den Mindestlohn, wir brauchen eine Aufwertung<br />
typischer Frauenberufe, wir brauchen eine die Auszeiten infolge der Familiengründung erklä-<br />
Wochenarbeitszeit beider Geschlechter und durch<br />
bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir ren. Leider greifen noch immer Frauen verstärkt<br />
brauchen mehr Lohngerechtigkeit in Deutschland. auf Berufe zurück, die niedriger bezahlt werden,<br />
Schon jetzt ist Lohndiskriminierung verboten und arbeiten mehr in Teilzeit als Männer und sind diejenigen,<br />
die sich neben dem Beruf stärker um die<br />
schon jetzt sind Unternehmen verpflichtet, sie zu<br />
beseitigen. Aber oft ist es schwierig, die Benachteiligung<br />
zu erkennen und zu beweisen. Das Recht Verfechtern von Gleichmacherei und Staatswirt-<br />
Familie kümmern. Fakten, die selbst den größten<br />
läuft in der Praxis ins Leere. Ein Lohngerechtigkeitsgesetz<br />
ändert das. Ein individueller Auskunftsan-<br />
nicht einmal abgestritten werden. Und dennoch<br />
schaft im politischen Spektrum bekannt sind und<br />
spruch würde Frauen die Möglichkeit geben, zu erfahren,<br />
wieviel Geld Männer im Schnitt für gleiche in Deutschland flächendeckend eine systemati-<br />
wird ein Gesetz vorgelegt, der den Unternehmen<br />
und gleichwertige Arbeit bekommen. Eine Überprüfung<br />
durch verbindliche Verfahren würde Un-<br />
Mit dieser unerhörten Begründung plant der Gesche<br />
Lohndiskriminierung von Frauen unterstellt.<br />
ternehmen die Möglichkeit geben, Diskriminierung setzgeber nicht nur den Angriff auf unverrückbare<br />
Prinzipien der Marktwirtschaft wie die Vertrags-<br />
in ihren Entgeltsystemen zu erkennen und zu beheben.<br />
Eine solche Verpflichtung wäre kein Bürokratiemonster:<br />
Große Unternehmen – und nur um mit praktisch auch das freie und individuelle Ausfreiheit<br />
und die Tarifautonomie. Er verhindert da-<br />
die geht es – verfügen schon über die dazu notwendigen<br />
Daten. Regelmäßige Berichte schaf-<br />
Arbeitgeber. Vielmehr sollte der Staat seiner Aufhandeln<br />
von Löhnen zwischen Arbeitnehmer und<br />
fen Transparenz und stoßen konkrete Maßnahmen<br />
an. Das Gesetz geht die Lohnlücke direkt<br />
frastruktur bei der Kinderbetreuung sorgen. Eine<br />
gabe gerecht werden und für eine vernünftige In-<br />
dort an, wo sie entsteht, in den Betrieben. Wir<br />
bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aus<br />
brauchen ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit<br />
in Deutschland.<br />
sere Entlohnung von Frauen<br />
meiner Sicht der Knackpunkt, wenn es um eine bes-<br />
geht.<br />
Fotos: Bundesregierung/Denzel (links), Maria Schulz (rechts)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Titel_WuM_0415.indd 1<br />
18.06.15 13:16 Uhr<br />
Titel_WuM_0515.indd 1 18.08.15 22:27<br />
001_Titel_<strong>03</strong>15 1 23.04.2015 14:44:45<br />
Titel_WuM_0615.indd 1<br />
21.10.15 11:32 Uhr<br />
W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />
26. Jahrgang | Heft 1-2 | März/April 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />
26. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
SACHSEN-ANHALT<br />
MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
BERLIN<br />
BRAUNKOHLE<br />
RATGEBER<br />
IM INTERVIEW<br />
UNTERNEHMEN<br />
RATGEBER<br />
RÜCKKEHR ZUR<br />
INDUSTRIE<br />
UNVERZICHTBAR<br />
FÜR DEN OSTEN<br />
DAS BÜRO ZUM<br />
MITNEHMEN<br />
Ministerpräsident<br />
Erwin Sellering<br />
ORWO – eine<br />
Tradition lebt auf<br />
Tagungen und<br />
Geschäftsreisen<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
26. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft 5 | September/Oktober Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
26. Jahrgang 26. | Jahrgang Heft 6 | November/Dezember | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
BRANDENBURG<br />
ENERGIE<br />
ELEKTRISIERT<br />
DIE<br />
WIRTSCHAFT<br />
GRÜNT<br />
THÜRINGEN<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
IM INTERVIEW<br />
Bodo Ramelow<br />
Ministerpräsident<br />
Dietmar Woidke<br />
STUDIE<br />
SACHSEN<br />
REPORT<br />
Rivalität auf<br />
der Ostsee<br />
Mittelstand im<br />
digitalen Wandel<br />
UMFRAGE<br />
Welches Auto<br />
passt zu Ihnen?<br />
Kraftakt<br />
Firmenübergabe<br />
EXKLUSIVE INTERVIEWS<br />
Bundeswirtschaftsminister<br />
Sigmar Gabriel<br />
Ministerpräsident<br />
Stanislaw Tillich<br />
RATGEBER<br />
Betriebliche<br />
Altersvorsorge<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
27. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft | Heft 1 | Januar/Februar 4 | Juli/August <strong>2016</strong> 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
27. Jahrgang | Heft 2 | März/April <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
27. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />
Beilage<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
BERLIN<br />
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />
EIN GESCHÄFT<br />
FÜR VIELE<br />
BRANCHEN<br />
OSTPRODUKTE<br />
DIE UNHEIMLICHE<br />
RENAISSANCE<br />
Motorenwerk Kölleda:<br />
Herz einer Region<br />
WindNODE:<br />
Energie aus dem Norden<br />
W+M<br />
mit<br />
Sachsen-Anhalt<br />
FERIEN DAHEIM<br />
TOURISMUS<br />
Wie der neue Trend<br />
den Osten stärkt<br />
LÄNDERREPORTS<br />
100 Jahre Leuna<br />
Profisport im Osten<br />
IM INTERVIEW<br />
Berlins Regierender<br />
Michael Müller<br />
Bilanz vor der Wahl:<br />
Reiner Haseloff<br />
Davos in Bad Saarow:<br />
Ostdeutsches Wirtschaftsforum<br />
RATGEBER<br />
Investieren im Iran<br />
Gesundes Arbeiten im Büro<br />
Mutig in der Insolvenz<br />
REPORT<br />
Eberswalder<br />
Metall-Gen<br />
Management:<br />
Der Honecker-Effekt<br />
Travel:<br />
Tipps für Geschäftsreisen<br />
LIFESTYLE<br />
Edle Uhren-Neuheiten<br />
Logieren in Schlosshotels<br />
RATGEBER<br />
Gutschein<br />
statt Geld<br />
INTERVIEWS<br />
Christian Pegel, Erwin Sellering und Gerold Jürgens,<br />
Tillmann Stenger, Peter-Michael Diestel, Reinhard Pätz<br />
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48 | W+M RATGEBER<br />
Der Azadi-Turm (Freiheitsturm) ist das<br />
Wahrzeichen des modernen Teheran.<br />
Rückkehr<br />
nach Teheran<br />
80.000 neue Jobs, Exporte im Wert von zehn<br />
Milliarden Euro – die Lockerung der Sanktionen im<br />
Handel mit dem Iran weckt große Erwartungen<br />
auch im deutschen Mittelstand. Doch noch<br />
lauern Fallstricke – etwa bei der Finanzierung der<br />
Auslandsgeschäfte.<br />
Von Matthias Salm<br />
Die einstmals goldenen Zeiten mögen<br />
vielleicht nicht mehr wiederkehren:<br />
In der Blütezeit der 1970er<br />
Jahre nahm der Iran schließlich den zweiten<br />
Platz unter den außereuropäischen<br />
Handelspartnern Deutschlands ein. Davon<br />
ist das Exportgeschäft mit Teheran<br />
heute weit entfernt. Doch seit zu Beginn<br />
des Jahres die im Zuge des Atom-Streits<br />
verhängten Finanz- und Wirtschaftssanktionen<br />
aufgehoben wurden, herrscht Aufbruchstimmung.<br />
„Für die deutsche Wirtschaft besteht die<br />
Chance auf Aufträge in Milliardenhöhe“,<br />
wagte der Außenwirtschaftschef des<br />
Deutschen Industrie- und Handelskammertages<br />
(DIHK) Volker Treier anlässlich des<br />
ersten deutsch-iranischen Wirtschaftsforums<br />
des DIHK Anfang März in Berlin eine<br />
uneingeschränkt optimistische Prognose.<br />
Der Iran verfügt über die viertgrößten Erdöl-<br />
und zweitgrößten Gasressourcen weltweit.<br />
Und in der Wirtschaft des Landes ist<br />
nach Jahren des Stillstands allerorten der<br />
Modernisierungsbedarf greifbar – das eröffnet<br />
vor allem dem deutschen Maschinenbau<br />
neue Marktoptionen. „In Deutschland<br />
können dadurch rund 80.000 neue Arbeitsplätze<br />
entstehen”, rechnet Treier vor.<br />
„Die Banken müssen sich jetzt engagieren“<br />
Reinhard Pätz, Geschäftsführer des Verbands Deutscher<br />
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Ost, über die Chancen<br />
ostdeutscher Unternehmen im Iran-Geschäft<br />
Reinhard Pätz: China, aber auch andere<br />
asiatische Staaten haben den iranischen<br />
Markt in den letzten Jahren für sich erschlossen.<br />
US-amerikanische Unternehmen<br />
werden nun wieder hinzustoßen.<br />
Wichtig ist deshalb, dass unsere Unternehmen<br />
die gleichen Startvoraussetzungen<br />
bekommen.<br />
W+M: Wer darf sich Chancen im Iran-<br />
Geschäft ausrechnen?<br />
W+M: Herr Pätz, die deutsche Wirtschaft<br />
setzt große Hoffnungen in das Exportgeschäft<br />
mit dem Iran. Welche Möglichkeiten<br />
ergeben sich daraus für den ostdeutschen<br />
Maschinen- und Anlagenbau?<br />
Reinhard Pätz: Historisch bestehen<br />
enge Verbindungen zwischen den ostdeutschen<br />
Maschinenbaubetrieben und<br />
dem Iran. Viele Firmen haben diese Kontakte<br />
während der Sanktionen gepflegt<br />
und bauen nun darauf, daran wieder anknüpfen<br />
zu können. Wir wissen aber um<br />
die neuen Wettbewerber.<br />
W+M: An wen denken Sie da im Besonderen?<br />
Reinhard Pätz: Die Industrie des Landes<br />
gilt als marode. Der ostdeutsche<br />
Maschinen- und Anlagenbau kann von<br />
den notwendigen Investitionen etwa in<br />
die Verkehrsinfrastruktur profitieren. Das<br />
gilt sowohl für den Straßen- und Schienenverkehr<br />
als auch für die Erneuerung<br />
von Hafenanlagen. Für die Hersteller von<br />
Fördertechnik können sich ebenfalls interessante<br />
Absatzmärkte eröffnen. Auch<br />
die iranische Erdöl- und Erdgasindustrie<br />
kommt als Auftraggeber in Frage. Hoff-<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
AUSSENWIRTSCHAFT | 49<br />
Großkonzerne wie Siemens haben bereits<br />
Kooperationen zur Modernisierung des<br />
Energie- und Verkehrssektors im Iran abgeschlossen.<br />
Für Dr. Reinhold Festge, Präsident<br />
des Verbands Deutscher Maschinen-<br />
und Anlagenbauer, bietet dies dem<br />
Mittelstand zusätzliche Möglichkeiten,<br />
„im Kielwasser der Großen“ vom Wiederaufleben<br />
des Iran-Geschäfts zu profitieren,<br />
wie er es jüngst auf einer Veranstaltung<br />
in Berlin formulierte.<br />
Der deutsche Maschinenbau, hier Vormontage einer Automobilproduktionsanlage, hofft auf<br />
neue Arbeitsplätze im Exportgeschäft.<br />
Innerhalb weniger Jahre soll sich das Ausfuhrvolumen<br />
auf zehn Milliarden Euro verfünffachen,<br />
so die Hoffnung des DIHK. Im<br />
Jahr 2014 lag es nach Angaben des DIHK<br />
bei nur rund 2,4 Milliarden Euro. Und laut<br />
Deutsch-Iranischer Handelskammer sind<br />
die deutschen Exporte im Jahr 2015 um<br />
weitere 13,2 Prozent zurückgegangen.<br />
Nicht nur befand sich der Iran in einer wirtschaftlichen<br />
Stagnation, zahlreiche Unternehmen<br />
des Landes hatten in Erwartung<br />
auf eine Aufhebung des Embargos aktuelle<br />
Einkaufsvorhaben gestoppt. Zudem verschlechterte<br />
der Verfall des Ölpreises die<br />
Haushaltslage in Teheran deutlich.<br />
Es hakt aber für den Mittelstand noch<br />
bei der Finanzierung. Bisher zögern<br />
die Banken, Geschäfte mit dem Iran<br />
zu finanzieren. Eine Absicherung von<br />
Exportgeschäften deutscher Firmen<br />
durch staatliche Hermes-Bürgschaften<br />
steht ebenfalls noch aus. Bisher scheitert<br />
dies an den Altschulden iranischer<br />
Firmen. Allerdings können Unternehmen<br />
bereits Anträge auf Hermesdeckungen<br />
stellen.<br />
Für die Übernahme von Exportkreditgarantien<br />
wird der Bund dabei in Abhängigkeit<br />
vom jeweiligen Risiko der Transaktionen<br />
adäquate Sicherheitenanforderungen<br />
formulieren, so etwa Garantien des iranischen<br />
Finanzministeriums oder der Zentralbank.<br />
<br />
W+M<br />
Fotos: VDMA, KUKA (oben), VDMA Ost (unten)<br />
nungen darf sich zudem der in Ostdeutschland<br />
stark vertretene Werkzeugmaschinenbau<br />
machen, hier sind jedoch<br />
die Beschränkungen aufgrund der Dual-<br />
Use-Problematik zu beachten. Erste ostdeutsche<br />
Unternehmen haben aber bereits<br />
wieder Geschäfte im Iran getätigt.<br />
W+M: Als größtes Hindernis gilt zurzeit<br />
die Finanzierung der Exportgeschäfte.<br />
Wie stellt sich die Situation für die mittelständischen<br />
ostdeutschen Unternehmen<br />
dar?<br />
Reinhard Pätz: Bei den Banken besteht<br />
noch große Unsicherheit. Sie werden<br />
sich aber bewegen müssen, denn unsere<br />
Unternehmen brauchen Kreditgeber<br />
für das Geschäft mit dem Iran. Hier<br />
spielt der Faktor Zeit eine große Rolle.<br />
Die Wettbewerber stehen ja schließlich<br />
bereits in den Startlöchern. Wer hier seinen<br />
iranischen Partnern eine Finanzierungslösung<br />
anbieten kann, ist eindeutig<br />
im Vorteil.<br />
W+M: Teilen Sie die Erwartungen, dass<br />
das Iran-Geschäft einen kleinen Boom<br />
auslösen wird?<br />
Reinhard Pätz: Man sollte die Dimensionen<br />
richtig einordnen. Die potenziellen<br />
Exporte in den Iran können nur einen<br />
Bruchteil der Einbußen ersetzen, die der<br />
ostdeutsche Maschinenbau im Handel<br />
mit Russland erlitten hat. Wichtig wird es<br />
deshalb künftig sein, dass keine zu großen<br />
Abhängigkeiten von einzelnen Märkten<br />
entstehen und der ostdeutsche Maschinenbau<br />
andere außereuropäische<br />
Märkte für sich gewinnt.<br />
Interview: Matthias Salm<br />
Reinhard Pätz,<br />
Geschäftsführer<br />
des VDMA Ost.<br />
VERBAND DEUTSCHER MASCHINEN-<br />
UND ANLAGENBAU E. V. (VDMA)<br />
Der Verband Deutscher Maschinenund<br />
Anlagenbau e. V. (VDMA) ist einer<br />
der bedeutendsten Verbandsdienstleister<br />
und bietet das größte Branchennetzwerk<br />
der Investitionsgüterindustrie<br />
in Europa. Seine Regionalvertretung<br />
in Ostdeutschland, der VDMA<br />
Ost, versteht sich als Sprachrohr der<br />
Branche vor Ort und vertritt etwa 350<br />
Firmen, Werke und Niederlassungen<br />
in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-<br />
Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />
sowie Thüringen.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
50 | W+M RATGEBER<br />
Fit durch den Büroalltag<br />
Außergewöhnliche Produkte für ein gesundheitsförderndes Büro<br />
Die Kosten für einen Tag Arbeitsunfähigkeit<br />
in einem mittelständischen Unternehmen<br />
liegen bei circa 250 Euro je Mitarbeiter.<br />
Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
(BGM), so der Fachterminus, kann<br />
helfen, Kosten einzusparen. Was gut für<br />
den Unternehmer ist, kommt auch den<br />
Angestellten zugute. Deshalb versucht<br />
das BGM, das Arbeitsumfeld für die Belegschaft<br />
zu optimieren. Hierfür gibt es bereits<br />
praktische Lösungen: vom einfach höhenverstellbaren<br />
Tisch, über Stühle mit 3D-<br />
Sitzfläche bis hin zu Fitnessarmbändern.<br />
Wir wollen Sie für dieses Thema sensibilisieren<br />
und haben ein paar außergewöhnliche<br />
Produkte für den gesundheitsfördernden<br />
Arbeitsalltag im Büro für Sie herausgesucht.<br />
Sitzen mal anders<br />
Der Zwei-Flächen-<br />
Arbeitsplatz<br />
Dynamisch sitzen mit dem kinema activ chair.<br />
Der kinema active chair sieht eigentümlich<br />
aus, vereint aber laut Hersteller<br />
hohe Funktionalität mit moderner Formensprache<br />
und dynamischem Komfort.<br />
Schon mehrfach wurde er ausgezeichnet.<br />
Der Stuhl erlaubt Sitzen, erhöhtes<br />
Sitzen sowie individuelles Stehsitzen<br />
und sorgt dadurch für ein einzigartiges<br />
Benutzererlebnis an höhenverstellbaren<br />
Der Ruhestifter<br />
Tischen. Dabei wird der Raum zwischen<br />
dem Sitzen und Stehen fest in die Basisergonomie<br />
des Arbeitsplatzes integriert.<br />
Das ermöglicht – im Unterschied<br />
zur reinen Drehbewegung eines dynamischen<br />
Drehstuhls mit vor- und zurückgeneigter<br />
Sitzhaltung – ein dynamisches<br />
Sitzen auch in der vertikalen Bewegung.<br />
www.kinemaproducts.com<br />
Lärm und störende Geräusche<br />
beeinträchtigen<br />
die Konzentrationsfähigkeit<br />
im Büro.<br />
Das „System4 Akustik<br />
Modul“, kurz SAM, unterdrückt<br />
wirksam störende<br />
Raumresonanzen<br />
wie Telefone, Drucker,<br />
Tastaturen und Kollegengespräche.<br />
Es ist<br />
mit einem patentierten<br />
Hightech-Schaumstoff<br />
gefüllt, der effizient Schall absorbiert<br />
und dadurch Ruhe in Lärm geplagte Büros<br />
bringt. Der sofort einsetzbare Absorber entfaltet<br />
seine Wirkung besonders gut in akustisch<br />
harten Räumen mit großen Glasflächen,<br />
Holz- oder Fliesenböden und wenig<br />
Raumtextilien. Aufgebaut ist SAM aus drei<br />
Würfeln der Möbelkollektion „System4“<br />
mit je rund 40 Zentimetern Kantenlänge.<br />
Bei kompakten 1,25 Meter Höhe und einem<br />
Gewicht von nur 20 Kilogramm auf Leichtlaufrollen<br />
lässt er sich ohne Anstrengung<br />
manövrieren. www.viasit.com<br />
Das „System4 Akustik Modul“ senkt den Geräuschpegel im Büro.<br />
Drei Fliegen mit einer Klappe schlägt der<br />
Workflow von C+P Möbelsysteme.<br />
Steh-/Sitz-Tische gibt es viele. Die meisten<br />
davon können aber nur die komplette<br />
Arbeitsfläche in der Höhe verändern. Aber<br />
wer macht das schon drei bis vier Mal pro<br />
Stunde – so, wie es die Ergonomen empfehlen?<br />
Durch die Zwei-Flächen-Philosophie<br />
funktioniert das „Öfter mal aufstehen“<br />
auch ohne ständiges Hoch- und Runterfahren<br />
des Tisches. Denn in der Praxis<br />
ist der Stehtisch eines Zwei-Flächen-Arbeitsplatzes<br />
meist in der Stehposition.<br />
Der Haltungswechsel kann also spontan<br />
erfolgen. So findet Ergonomie nicht nur im<br />
Prospekt statt, sondern im täglichen Büroleben.<br />
Bietet der Stehtisch durch seine<br />
Form darüber hinaus noch eine gute Plattform<br />
für effiziente Kurzbesprechungen, so<br />
hat man drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.<br />
Denn die Steh-Meetings sind<br />
nicht nur gesünder und kreativer, sondern<br />
meist auch kürzer. Ein Arbeitsplatzsystem<br />
auf der Basis dieser Zwei-Flächen-Philosophie<br />
ist zum Beispiel „Workflow“ von C+P<br />
Möbelsysteme.<br />
www.cp.de<br />
Fotos: Kinema GmbH (oben links), www.cp.de (oben rechts), viasit Bürositzmöbel GmbH (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
GESUNDHEIT | 51<br />
Fotos: VÖLKLE Bürostühle GmbH (oben links), InMovement (oben rechts), Camfil GmbH (Mitte), Desso B.V. (unten)<br />
Dynamisch sitzen<br />
mit dem ROVO R12<br />
Der Rovo R12 entlastet durch seine Ergo-<br />
Balance-3D-Sitztechnik Wirbelsäule und<br />
Bandscheiben.<br />
Die Bürostuhlserie R12 von ROVO<br />
sorgt für dynamisches Sitzen. Durch<br />
die Ergo-Balance-3D-Sitztechnik ist<br />
es möglich, die Sitzfläche des R12<br />
in alle Richtungen zu neigen, was<br />
durch die Bewegungsmöglichkeiten<br />
auf dem Stuhl die Rückenmuskulatur<br />
aktiviert. Ebenso unterstützt das flexible<br />
Lamellensystem in der Lehne den<br />
Rücken. Zudem verfügen die Stühle<br />
der Reihe R12 über verschiedene<br />
Einstellmöglichkeiten des Sitzes, der<br />
Rückenlehne, der Federkraft und der<br />
Armlehnen. Durch den Muldensitz ist<br />
hoher Sitzkomfort gewährleistet. Die<br />
Luftdurchlässigkeit von Lamellen und<br />
Stoff bewirkt ein angenehmes Sitzklima.<br />
www.rovo.de<br />
Der Zauberteppich<br />
Auch in Büros steigt die Feinstaubbelastung<br />
kontinuierlich. Nun gibt es einen<br />
Teppichboden, den DESSO AirMaster®,<br />
dessen patentierte Technologie<br />
speziell dafür entwickelt wurde, schädlichen<br />
Feinstaub aus der Innenraumluft<br />
aufzunehmen und zu binden. Tests, die<br />
in den Laboren der Gesellschaft für Umwelt<br />
und Innenraumanalytik (GUI) durchgeführt<br />
wurden, haben bewiesen, dass<br />
DESSO AirMaster® acht Mal effektiver<br />
bei der Aufnahme und Bindung von Feinstaub<br />
ist als glatter Bodenbelag und vier<br />
Gute Nachrichten für Ihren Schrittzähler<br />
Der TreadMill Desk von InMovement ist die<br />
überraschende Kombination von Schreibtisch<br />
und Laufband, auf der im Gehen gearbeitet<br />
werden kann. Zum Angebot gehört<br />
auch ein höhenverstellbarer Computerarbeitsbereich.<br />
Dafür ist InMovement mit<br />
dem renommierten 2015 GOOD DESIGN<br />
Award vom Chicago Athenaeum Museum<br />
of Architecture and Design ausgezeichnet<br />
worden. Laut Hersteller sind alle Produkte<br />
mehr als ein Jahr lang in Unternehmen aller<br />
Größenordnungen und verschiedener<br />
Branchen in der Praxis getestet worden.<br />
Die Beschäftigten verspürten laut eigener<br />
Einschätzung deutlich mehr Energie, waren<br />
produktiver und litten weniger unter<br />
Stress, Schmerzen und Unwohlsein.<br />
www.inmovement.com<br />
Der Luftreiniger<br />
Der DESSO AirMaster® bindet<br />
schädlichen Feinstaub.<br />
Mal effektiver als herkömmliche Teppichböden.<br />
Als erster Teppich erhielt der Air-<br />
Master® die Zertifizierung GUI Gold Plus.<br />
<br />
www.desso.com<br />
Der TreadMill Desk von InMovement verbindet<br />
Büroarbeit und Bewegung.<br />
Wer für gesündere Luft im Büro sorgen<br />
und nicht gleich den Teppich auswechseln<br />
will, ist mit dem dreistufigen Partikelfilter<br />
HEPA 13 des Luftfilters City M gut beraten.<br />
Mit seinem Aktivkohle-Molekularfilter entfernt<br />
dieser Luftreiniger Partikel und molekulare<br />
Gase – ohne die Luftdurchlässigkeit<br />
zu beeinträchtigen. Die Kombination aus<br />
Partikel- und Molekularfilter ist so wirksam,<br />
dass die Luft dreimal durch die Filter eines<br />
herkömmlichen Belüftungssystems strömen<br />
müsste, um denselben Reinheitsgrad<br />
zu erreichen wie beim einmaligen Passieren<br />
des City M. Durch diese Effizienz verfügt<br />
er über einen<br />
deutlich geringeren<br />
Energieverbrauch<br />
und ist somit<br />
sehr umweltfreundlich.<br />
Ein zusätzlicher<br />
Vorteil:<br />
Er ist sehr leise.<br />
www.camfil.de<br />
Der Luftreiniger<br />
City M von Camfil<br />
sorgt für saubere<br />
Luft im Büro.<br />
Unternehmen, die Beratung zum<br />
Betrieblichen Gesundheitsmanagement<br />
suchen, finden diese bei Krankenkassen,<br />
dem Bundesverband<br />
Betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
(BBGM) oder beim Verband<br />
Deutscher Betriebs- und Werksärzte<br />
(VDBW). Tipps für erste Analysen<br />
und Checklisten gibt es unter<br />
www.gesundheitsmanagement24.de<br />
oder www.perwiss.de.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
52 | W+M RATGEBER INSOLVENZ<br />
Mehr Mut<br />
in der Insolvenz<br />
Die Insolvenz wird von vielen als das Ende der<br />
wirtschaftlichen Tätigkeit angesehen. Tatsächlich<br />
ist sie häufig der Beginn einer neuen – deutlich<br />
besseren – Teilnahme am Wirtschaftsleben.<br />
Wichtig ist, richtig mit der Insolvenz umzugehen<br />
und die Chancen zu nutzen, die ein Insolvenzverfahren<br />
bietet. Von Dr. Florian Stapper<br />
Ein guter Insolvenzverwalter arbeitet<br />
wie ein erfolgreicher Chirurg: Das<br />
Kranke wird gekonnt entfernt. Der<br />
gesunde Teil lebt weiter. Die durch das<br />
Entfernen des Tumors – des Verlustbringers<br />
– entstandene Narbe ist in der Regel<br />
schnell wieder zugewachsen. Eine<br />
Reihe heute erfolgreicher Unternehmer<br />
war einmal insolvent oder kurz davor. Für<br />
Erfolgreiche gehört es fast schon zum<br />
guten Ton, einmal insolvent gewesen zu<br />
sein. Wer durch eine solche Zeit gekommen<br />
ist, ohne aufzugeben, ist für die Zukunft<br />
– zumindest mental – gut gerüstet.<br />
Wichtig ist, vor und während der Insolvenz<br />
nicht aufzugeben, sondern an sich<br />
zu glauben. Die psychische Widerstandskraft,<br />
die so genannte Resilienz, wird vor<br />
und in der Insolvenz nicht selten „bis zum<br />
Anschlag“ gefordert, gelegentlich auch<br />
darüber hinaus. Hält der Unternehmer<br />
beziehungsweise Geschäftsführer oder<br />
Vorstand durch, kann seine Standhaftigkeit<br />
belohnt werden, vorausgesetzt,<br />
dass er einen guten<br />
Insolvenzverwalter hat.<br />
Da die Person des<br />
Firmenverantwortlichen<br />
für die Sanierung<br />
grundsätzlich<br />
wichtig ist, fordern<br />
erfolgreiche Insolvenzverwalter<br />
„mehr<br />
Mut in der Insolvenz“,<br />
damit sie gemeinsam das<br />
Unternehmen<br />
erfolgreich aus<br />
der Krise führen<br />
können. Dies erfolgt<br />
für gewöhnlich in<br />
zwei Schritten, durch die Betriebsfortführung<br />
in der Insolvenz und<br />
die Sanierungslösung.<br />
Während des ersten Schrittes wird der<br />
Geschäftsbetrieb zunächst fortgeführt.<br />
Der vorläufige Insolvenzverwalter kennt<br />
in der Regel weder das Unternehmen<br />
noch den Markt. Kunden, Lieferanten,<br />
Banken und die Belegschaft sind verunsichert.<br />
Der Insolvenzverwalter muss daher<br />
unverzüglich wieder für eine „klare<br />
Linie“ sorgen und die wichtigsten Beteiligten<br />
von den Vorteilen der Betriebsfortführung<br />
überzeugen. Die Betriebsfortführung<br />
wird genutzt, um die notwendigen<br />
Sanierungsmaßnahmen umzusetzen,<br />
gegebenenfalls mit externer Unterstützung<br />
durch einen Sanierungsoder<br />
Unternehmensberater.<br />
In dieser Zeit sucht der Insolvenzverwalter<br />
neue<br />
Gesellschafter beziehungsweise<br />
Finan-<br />
Dr. Florian Stapper,<br />
Fachanwalt für<br />
Insolvenz- und Steuerrecht<br />
und Inhaber<br />
von STAPPER Insolvenzund<br />
Zwangsverwaltung.<br />
zierungspart-<br />
ner oder zieht<br />
zusätzliche hinzu<br />
und stellt das Unternehmen<br />
kunden- und lieferantenseitig<br />
so auf, dass wieder<br />
nachhaltige Überschüsse erwirtschaftet<br />
werden können. Gelingt das, ist der<br />
schwierigste Teil der Sanierung aus der<br />
Insolvenz abgeschlossen.<br />
Aus dem fortgeführten Geschäftsbetrieb<br />
kann im zweiten Schritt eine Sanierungslösung<br />
entwickelt werden. Dies geschieht<br />
oftmals durch die „Übertragende<br />
Sanierung“, bei der eine sogenannte<br />
„Auffanggesellschaft“ gegründet<br />
wird. Der Geschäftsbetrieb läuft unter<br />
neuer Firmierung, aber mit dem meist<br />
ganz überwiegenden Teil der alten Belegschaft,<br />
den Lieferanten und Kunden<br />
weiter. Die Grundstruktur der übertragenden<br />
Sanierung ist einfach. Der Teufel<br />
steckt im Detail.<br />
Die andere Möglichkeit der Sanierung ist<br />
der Insolvenzplan. Sie ist zwar anspruchsvoller,<br />
aber dennoch zunehmend im Kommen.<br />
Im Ergebnis verzichten die Gläubiger<br />
durch den Insolvenzplan auf einen<br />
Teil ihrer Forderungen und das Unternehmen<br />
nimmt – entschuldet – weiter am Geschäftsleben<br />
teil. Eigentlicher Gewinner<br />
dieser Sanierungsmethode ist häufig der<br />
Gesellschafter, der seinen durchsanierten<br />
Geschäftsanteil behalten kann. W+M<br />
Foto: STAPPER (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
RATGEBER LITERATUR | 53<br />
Wirtschaftsliteratur<br />
Die ostdeutsche<br />
Bestsellerliste<br />
1<br />
2<br />
3<br />
6<br />
7<br />
5<br />
8<br />
4<br />
9<br />
10<br />
Die ostdeutsche Bestsellerliste für<br />
Wirtschaftsliteratur wird exklusiv von<br />
W+M aus den Verkaufszahlen großer<br />
Buchhandlungen in Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />
Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellt.<br />
Beteiligt haben sich:<br />
• Hugendubel Cottbus,<br />
Mauerstraße 8, <strong>03</strong>046 Cottbus<br />
• Hugendubel Erfurt,<br />
Anger 62, 99084 Erfurt<br />
• Hugendubel Greifswald,<br />
Markt 20–21, 17489 Greifswald<br />
• Hugendubel Leipzig,<br />
Petersstraße 12–14, 04109 Leipzig<br />
• Hugendubel Potsdam,<br />
Stern-Center 1, 14480 Potsdam<br />
• Hugendubel Schwerin,<br />
Marienplatz 3, 19053 Schwerin<br />
• Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung,<br />
Logenstraße 8, 15230 Frankfurt/Oder<br />
Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />
jederzeit offen. Schreiben Sie bei<br />
Interesse eine E-Mail an JP@WundM.info.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
54 | W+M RATGEBER<br />
Der Sinn der<br />
Gangreserve<br />
Schöne Uhren sind für manche Männer<br />
eine Passion, für andere ein schmückendes<br />
Accessoire. Nicht selten ist eine Uhr auch ein<br />
Statussymbol. In jedem Fall jedoch steigert eine<br />
Luxusuhr die Lebensfreude ihres Besitzers und<br />
gilt speziell in unsicheren Zeiten als Wertanlage.<br />
Vor wenigen Wochen demonstrierte die Uhrenmesse<br />
„Baselworld <strong>2016</strong>“, das alljährliche<br />
Treffen der Uhren- und Schmuckindustrie, wie<br />
kreativ und innovativ die Branche unverändert<br />
ist. Ganz vorn mit dabei: Manufakturen aus dem<br />
sächsischen Glashütte. Von Karsten Hintzmann<br />
Neuheit auf der<br />
„Baselworld <strong>2016</strong>“ –<br />
die Senator Excellence<br />
von Glashütte Original:<br />
Handaufzug, 100 Stunden<br />
Gangreserve, 20.200 Euro.<br />
Für Thomas Grabbe, der die Tradition<br />
des „Juwelierhauses Grabbe“ in<br />
Güstrow fortführt, ist die Messe „Baselworld“<br />
ein Pflichttermin. „In Basel sieht<br />
man unverstellt die aktuellen Trends und<br />
die neuesten Modelle. Darüber hinaus<br />
bietet sich die Gelegenheit, mit den Lieferanten<br />
Kontakte zu pflegen und besonders<br />
seltene und begehrte Limitierungen<br />
zu ordern.“<br />
Für <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> beobachtete<br />
der gelernte Goldschmiedemeister, der für<br />
Uhrenliebhaber zwischen Potsdam, Berlin,<br />
Rügen und Hamburg längst mehr als nur<br />
ein Geheimtipp ist, die Entwicklung mechanischer<br />
Uhren mit Gangreserve. Eine<br />
besonders elegante Neuheit entdeckte<br />
Thomas Grabbe bei der in Sachsen produzierten<br />
Marke Glashütte Original: „In Basel<br />
wurde die ‚Senator Excellence‘ vorgestellt,<br />
eine im Durchmesser 40<br />
Millimeter große Uhr aus 750er<br />
Rotgold und mit Louisiana-Alligator-Lederband.<br />
Das Automatikwerk<br />
verfügt über eine<br />
Gangreserve von 100 Stunden,<br />
die Uhr arbeitet also<br />
gut vier Tage am Stück<br />
weiter, auch wenn sie<br />
nicht getragen oder<br />
bewegt wird.“ Damit<br />
liegt die „Senator Excellence“<br />
in Sachen Gangreserve<br />
klar über der sonst<br />
üblichen Laufzeit, die je<br />
nach Produkt zwischen 42<br />
und 44 Stunden variiert.<br />
Die Gangreserve hat – historisch<br />
betrachtet – einen praktischen Hin-<br />
tergrund: Sie wurde zunächst für Marinechronometer<br />
entwickelt. Ziel war es, eine<br />
hohe Ganggenauigkeit zu gewährleisten,<br />
die bei der Bestimmung der geografischen<br />
Länge unerlässlich war. Vor gut 200 Jahren<br />
waren die meisten auf See genutzten<br />
Chronometer noch so konstruiert, dass sowohl<br />
die vollständig gespannte als auch<br />
die entspannte Feder zu<br />
Ungenauigkeiten bei der<br />
Routenberechnung führen<br />
konnte.<br />
Bei Armbanduhren<br />
wurde eine Gangreserveanzeige<br />
erstmals<br />
1933 in einer<br />
Uhr der<br />
Manufaktur<br />
Breguet installiert.<br />
Aufgrund<br />
des<br />
technischen<br />
Aufwands bei der<br />
Herstellung des<br />
hoch komplexen me-<br />
IWC Ref. IW500705:<br />
Automatik, sieben Tage<br />
Gangreserve, 12.700 Euro.<br />
Fotos: Glashütter Uhrenbetrieb GmbH (oben), IWC (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
LIFESTYLE | 55<br />
Hublot MP-05: Handaufzug,<br />
637 Werkteile, 50 Tage<br />
Gangreserve aus elf<br />
Federhäusern, 520.000 Euro.<br />
Fotos: Hublot (oben links), Nomos (oben rechts, unten links), Juwelierhaus Grabbe (unten rechts)<br />
Nomos Lambda:<br />
Handaufzug, 84 Stunden Gang reserve mit<br />
einem Doppelfederhaus, Manufakturarbeit,<br />
echter Geheimtipp, 15.200 Euro.<br />
chanischen Uhrwerks sind Gangreserveanzeigen<br />
bei Armbanduhren bis heute nur<br />
in der gehobenen Preisklasse zu finden.<br />
Für die „Senator Excellence“ aus dem<br />
Hause Glashütte Original muss der Liebhaber<br />
schon mal 20.200 Euro berappen.<br />
Einstiegsmodelle aus Edelstahl mit einer<br />
Gangreserve beginnen jedoch bei rund<br />
1.500 Euro. Der Krösus bei der Gangreserve<br />
ist aktuell das Modell „MP-05“ der Marke<br />
Hublot. Die aus 637 Einzelteilen montierte<br />
Luxusuhr verfügt über elf Federgehäuse,<br />
die eine Gangreserve von 50 Tagen<br />
ermöglichen. Da der Aufzug per Hand<br />
mehr als 30 Minuten dauern würde, liefert<br />
Hublot ein spektakuläres Aufzuggerät mit,<br />
das Ähnlichkeit mit einem Elektroschrauber<br />
hat. Die unverbindliche Preisempfehlung<br />
für diese optisch wie technisch außergewöhnliche<br />
Uhr liegt bei sage und schreibe<br />
520.000 Euro.<br />
Uhrenexperte Grabbe rät Besitzern teurer<br />
Uhren, diese nicht überzustrapazieren und<br />
zudem pfleglich zu behandeln. „Solch eine<br />
mechanische Uhr besteht meist aus mehreren<br />
hundert Einzelteilen und reagiert daher<br />
empfindlich auf Stöße und Erschütterungen.<br />
Vor einer Partie Tennis oder Golf<br />
sollte man seine edle Uhr daher ablegen<br />
und für sportliche Aktivitäten grundsätzlich<br />
eine Quarzuhr nutzen“, warnt Grabbe.<br />
Wer eine Uhr mit geringer Gangreserve<br />
sein Eigen nennt, ist dennoch<br />
nicht verdammt, sein<br />
Schmuckstück alle zwei<br />
Tage neu aufzuziehen.<br />
Hier bietet der Fachhandel<br />
Uhrenbeweger<br />
an. Thomas<br />
Grabbe: „Bei diesen<br />
Geräten würde<br />
ich jedoch nicht an<br />
der falschen Stelle<br />
sparen. In preisgünstigen<br />
Uhrenbewegern<br />
sind häufig Elektromotoren<br />
Nomos Metro: Handaufzug, 42 Stunden<br />
Gangreserve, 2.880 Euro.<br />
verbaut, die nicht vernünftig abgeschirmt<br />
werden. Dadurch entstehen Magnetfelder<br />
und die sind für mechanische Uhren überaus<br />
schädlich. Ein Uhrenbeweger sollte<br />
auf jeden Fall programmierbar sein. Denn<br />
Uhren verschleißen wesentlich schneller,<br />
wenn sie zu schnell, zu oft<br />
und unkontrolliert bewegt<br />
werden. Beim Hersteller<br />
kann man für seine<br />
Uhr die ideale<br />
Umdrehungszahl<br />
und Bewegungsrichtung<br />
erfragen.“<br />
<br />
W+M<br />
Uhrenexperte und Juwelier<br />
Thomas Grabbe aus Güstrow.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
56 | W+M RATGEBER AUTO<br />
Über 21.000 Besucher interessierten sich für die<br />
neuesten Automodelle namhafter Hersteller.<br />
23. AutoTrend in Rostock<br />
Festival der Premieren<br />
Andreas Markgraf, Bereichsleiter Messen bei der<br />
Rostocker Messe- und Stadthallengesellschaft.<br />
Am 10. April <strong>2016</strong> ging die 23. Automobilmesse<br />
AutoTrend in Rostock<br />
zu Ende. 62 Aussteller mit 30 Marken<br />
füllten die Messehalle und das große<br />
Außengelände. Insgesamt waren 600<br />
Fahrzeuge ausgestellt – ohne die zahlreichen<br />
Liebhaberstücke vom Oldtimer bis<br />
hin zur Eigenkreation. Besonders stolz<br />
sind die Veranstalter auf die sieben Premieren,<br />
allen voran die mit großer Show<br />
präsentiere Premiere des neuen Tiguan.<br />
Andreas Markgraf von der AutoTrend<br />
bringt es auf den Punkt: „Die Besucher<br />
bekommen hier in fünf Stunden das zu sehen,<br />
wofür sie sonst fünf Wochen brauchen<br />
würden. Man kann hier auch Fahrzeuge<br />
sehen, die es auch im Autohaus<br />
so noch nicht gibt.“ Die<br />
AutoTrend ist eine Verbrauchermesse<br />
mit dem erforderlichen<br />
Eventcharakter. Bei schönem<br />
Wetter war das Außengelände<br />
gut besucht und hatte viel<br />
Unterhaltenswertes zu bieten. Der Autokauf<br />
ist eine hoch emotionale Sache. Zum<br />
Glück wurden die gängigen Klischees nur<br />
vorsichtig bedient. Die Aussteller sind die<br />
Händler aus dem Land, denen es vor allem<br />
darum geht, ihren Kunden etwas zu bieten<br />
und neue zu gewinnen. Und auf dieser<br />
Messe werden auch richtig Autos verkauft.<br />
Warum auch nicht. Es stellt sich die<br />
Frage, weshalb es eigentlich nur so wenige<br />
solcher Messen gibt. In Ostdeutschland<br />
gibt es wohl neben<br />
der AutoTrend in Rostock<br />
vergleichbare Messen nur noch in Chemnitz,<br />
Erfurt und Halle. Vielleicht wäre das<br />
ja auch eine Anregung für die jüngst abgesagte<br />
AMI in Leipzig.<br />
Die AutoTrend ist eine etablierte Messe<br />
mit Tradition. <strong>2016</strong> kamen mehr als<br />
21.000 Gäste in die Rostocker Messehallen.<br />
W+M<br />
Premiere: Mercedes-<br />
Benz S-Klasse Cabrio.<br />
Fotos: Rostocker Messe- und Stadthallengesellschaft mbH (oben), Daimler (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Premiere: Range Rover Evoque Cabriolet.<br />
Premiere: Mercedes-Benz E-Klasse.<br />
Premiere: Hyundai H350 Bus.<br />
Premiere: Opel Astra Sports Tourer.<br />
Premiere: Suzuki Baleno.<br />
Premiere: der neue VW Tiguan.<br />
Fotos: Land Rover, Daimler, Hyundai, Opel, Suzuki, VW (v. o. n. u.)<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
58 | W+M NETZWERK<br />
Unternehmertag Mecklenburg-Vorpommern <strong>2016</strong><br />
Wie sollte ein Chef führen?<br />
Die über 300 Teilnehmer beim diesjährigen<br />
Unternehmertag der norddeutschen<br />
Unternehmerbände verließen<br />
die Veranstaltung hoch motiviert<br />
und so mancher wird sich vorgenommen<br />
haben, das Thema Mitarbeiterführung<br />
und persönliches Leitbild nochmals neu<br />
zu durchdenken. Grund dafür waren die<br />
anspruchsvollen und inspirierenden der<br />
Vorträge der Referenten. Ob Prof. Stefan<br />
Diestel mit seinem wissenschaftlichen Ansatz,<br />
XING-Manager Marc-Sven Kopka mit<br />
ganz praktischen Erfahrungen oder Bodo<br />
Janssen, der Upstalsboom-Unternehmer,<br />
mit seinen bewegenden persönlichen Erkenntnissen.<br />
Alle vermittelten die Gewissheit,<br />
dass das Thema Führung nicht neu erfunden,<br />
aber neu gedacht werden muss.<br />
Die Generation Y steht für einen Wertewandel,<br />
der es in sich hat. Flache Führungsstrukturen,<br />
die den gut qualifizierten<br />
Mitarbeitern Spielräume für eigenes kreatives<br />
Gestalten von Arbeitsprozessen ermöglichen,<br />
sind auf dem Vormarsch.W+M<br />
Die Gastgeber der Unternehmerverbände Rostock und Schwerin mit den Referenten.<br />
Unternehmen stellten sich vor.<br />
Referent Bodo Janssen signierte sein Buch.<br />
Zwischendurch blieb Zeit zum Netzwerken.<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering.<br />
Fotos: Rainer Cordes<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
GESELLSCHAFT | 59<br />
Prof. Dr. Stefan Diestel.<br />
Spannende<br />
Referate<br />
führten<br />
durch den<br />
Tag.<br />
Der Unternehmertag in Schwerin war sehr gut besucht.<br />
Bei Klaus zu Haus ®<br />
Sofa-Talk im Berlin Capital Club<br />
Bereits zum zweiten Mal fand im März<br />
im Berlin Capital Club die Veranstaltung<br />
„Bei Klaus zu Haus ® “ statt. Für<br />
diesen Abend hatten Berlins ehemaliger<br />
Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit<br />
und die Kommunikations-Coachin Marion<br />
Uhrig-Lammersen die Schauspielerin<br />
und Sängerin der Rockgruppe Silly, Anna<br />
Loos, eingeladen. Im Laufe des Abends<br />
berichtete Loos von Erfolgen und Niederlagen<br />
in ihrem Leben. Klaus Wowereit bekam<br />
ein Türschild mit der Aufschrift „arm<br />
aber sexy“ geschenkt sowie ein spontanes<br />
Ständchen des Elvis-Klassikers „Love<br />
me tender“ von Sänger Joy Peters. Er verriet<br />
den rund 100 Gästen, dass er zuhause<br />
gerne den Kochlöffel schwingt. Die freundschaftliche<br />
Unterhaltung zwischen Wowereit<br />
und Loos führte zu einem launigen und<br />
humorvollen Abend.<br />
W+M<br />
Klaus Wowereit mit Marion Uhrig-Lammersen<br />
und Küchenchef Michael Tuschen (M.).<br />
Klaus Wowereit mit Anna Loos beim<br />
Sofa-Talk.<br />
Fotos: Rainer Cordes (oben), Andreas Radi (unten)<br />
Die Veranstaltung Bei Klaus zu Haus ® fand im Capital Grill des Berlin Capital Club statt.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
60 | W+M NETZWERK GESELLSCHAFT<br />
Berliner Wirtschaft, Politik und Gesellschaft feiert auf dem VBKI-Ball<br />
Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss<br />
Blick auf das tanzfreudige Publikum.<br />
Zum 66. Mal lud der Verein Berliner<br />
Kaufleute und Industrieller (VBKI)<br />
zum Ball der Wirtschaft. Mehr als<br />
3.000 Gäste aus Wirtschaft, Politik und<br />
Gesellschaft waren der Einladung gefolgt<br />
und betraten über einen goldenen Teppich<br />
das Hotel InterContinental. In diesem Jahr<br />
stand Berlins wichtigster Ball ganz im Zeichen<br />
des Wachstums: Die Hauptstadt<br />
wächst, die Berliner Wirtschaft wächst<br />
und auch der VBKI wächst und plant, <strong>2016</strong><br />
sein 2000. Mitglied aufzunehmen.<br />
VBKI-Präsident Markus Voigt betonte,<br />
dass nicht nur die Politik vor den Herausforderungen<br />
der wachsenden Stadt stehe:<br />
„Ich lade Sie alle ein: Machen Sie mit, beteiligen<br />
Sie sich. Als Bürger dieser Stadt<br />
können und sollten wir die Politik nicht einsam<br />
ihre Kreise ziehen lassen.“ W+M<br />
Sorgte für gute Stimmung: Das Capital<br />
Dance Orchestra.<br />
Innensenator Frank Henkel (CDU) und<br />
Lebensgefährtin Kathrin Bernikas.<br />
Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) im<br />
Gespräch mit Manuela Marin.<br />
Gastgeber: VBKI-Präsident Markus Voigt. Bausenator Andreas Geisel (SPD) mit Gattin.<br />
Grünen-Chef Cem Özdemir.<br />
Fotos: Eva Oertwig/SCHROEWIG, WOLF LUX<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
Hüte waren das It-Piece des Abends.<br />
Unternehmerball in Rostock am 8.April <strong>2016</strong><br />
Hut auf – Hut ab!<br />
Der traditionelle Unternehmerball<br />
des Unternehmerverbandes Rostock<br />
fand am 8. April <strong>2016</strong> wieder<br />
im beliebten Neptun-Hotel in Warnemünde<br />
statt. Das diesjährige Motto lautete<br />
„Wir haben den Hut auf“. Der damit verbundenen<br />
Bekleidungsempfehlung folgten<br />
anfangs nur einige der Gäste, aber<br />
dank der vor Ort aktiven Hutmacherinnen<br />
Genoveva Rieger und Tochter Marie-Antoinette<br />
aus Schwerin nahm die Zahl der<br />
sichtbaren Kopfbedeckungen schnell zu.<br />
Auch einige Männer bewiesen Mut. Nicht<br />
zuletzt Vizepräsident Dr. Stefan Thiel, der<br />
gemeinsam mit Geschäftsführerin Manuela<br />
Balan die Gäste des Abends persönlich<br />
begrüßte.<br />
Die Hutmodenschau, eine Verlosung mit<br />
tollen Preisen, die Moderatorin Tanja Roll,<br />
die Musik der Band Music & Voice und<br />
nicht zuletzt das grandiose Fischbuffet<br />
ließen den Abend zu einem Erlebnis für<br />
alle geladen Gäste werden. Smokingquote<br />
geschätzt: 35 Prozent. W+M<br />
Die Moderatorin des Abends Tanja Roll.<br />
Hüte machen gute Laune.<br />
Vize-Präsident des UV Rostock Dr. Stefan<br />
Thiel und Geschäftsführerin Manuela<br />
Balan begrüßten die Gäste.<br />
Fotos: Angelika Heim<br />
Der Unternehmerball des UV Rostock fand<br />
erneut im Hotel Neptun Warnemünde statt. <br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
62 | W+M NETZWERK<br />
Industrie 4.0 – Chancen und Risiken<br />
Bei der vierten industriellen Revolution arbeiten programmierbare<br />
automatische Maschinen nicht mehr losgelöst voneinander. Sie<br />
sind miteinander vernetzt und informieren sich gegenseitig über<br />
notwendige Arbeitsschritte. Den Beschäftigten wird mehr Flexibilität<br />
abverlangt, und auch die Arbeitsverhältnisse müssen entsprechend<br />
angepasst werden. Von Dr.-Ing. Heinz Förster (VBIW)<br />
Zum Thema Industrie 4.0 lud der<br />
VBIW im Februar nach Neuruppin<br />
ein. Als Referent konnte der Diplom-<br />
Informatiker Oliver Stecklina vom Innovationszentrum<br />
Moderne Industrie Brandenburg<br />
(IMI) der Brandenburgischen Technischen<br />
Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg<br />
gewonnen werden.<br />
Unter dem Begriff Industrie 4.0 werden<br />
die Aufgaben der vierten industriellen Revolution<br />
zusammengefasst. In der Vergangenheit<br />
arbeiteten Produktionssysteme<br />
passiv, vorgeplant und zentral gesteuert.<br />
Zunehmend tendiert die Entwicklung<br />
zur intelligenten Vernetzung von<br />
Produktentwicklung, Produktion, Dienstleistungen,<br />
Service und Logistik auf der<br />
Grundlage intelligenter, digital vernetzter<br />
Systeme, wodurch eine weitgehend selbstorganisierte<br />
Produktion möglich wird.<br />
Die intelligenten Maschinen, Produkte,<br />
Betriebsmittel und Lagersysteme unterstützen<br />
den Produktionsprozess beziehungsweise<br />
organisieren sich selbstständig<br />
zu echtzeitfähigen IT-Systemen.<br />
Technische Mittel sind dabei Sensoren,<br />
Kleinstcomputer, Netzwerke, Internet<br />
und Cloud Computing mit der Möglichkeit<br />
zur Verarbeitung riesiger Datenmengen.<br />
Produkte werden zum Beispiel mit<br />
Barcode, RFID-Chips oder Smart Tags<br />
ausgerüstet und informieren so Bearbeitungsmaschinen<br />
über die auszuführenden<br />
Arbeiten. Roboter, Bearbeitungsmaschinen<br />
und Anlagen kommunizieren<br />
miteinander und agieren autonom, so genannte<br />
„Cyber-Physical Systems“ (CPS).<br />
Die horizontale und vertikale Verknüpfung<br />
von CPS per Internet wird als das Internet<br />
der Dinge und Dienste bezeichnet.<br />
Auch bei Service- und Wartungsarbeiten<br />
oder Montagen „von Hand“ können<br />
Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder Videos,<br />
beispielsweise mit automatischer<br />
Rückmeldung, hilfreich sein. Hohe Anforderungen<br />
werden dabei auch an die IT-Sicherheit<br />
gestellt. Integrierte Sicherheitskonzepte<br />
müssen entwickelt werden.<br />
Die 4. industrielle Revolution wird auch<br />
grundlegende Veränderungen der Arbeitswelt<br />
mit sich bringen. So werden<br />
die Beschäftigten in großem Umfang<br />
auf mobile Datenverarbeitungsgeräte<br />
(wie Smartphones oder Apps) zur Überwachung,<br />
Ferndiagnose und Fernsteuerung<br />
zugreifen müssen. Statt starrer Aufgaben<br />
und Arbeitszeiten wird hohe Flexibilität<br />
verlangt.<br />
Das Innovationszentrum Moderne Industrie<br />
Brandenburg (IMI) wurde 2015 am<br />
Lehrstuhl Automatisierungstechnik der<br />
BTU Cottbus-Senftenberg geschaffen.<br />
Eine Bedarfsanalyse zeigte, dass kleine<br />
und mittlere brandenburgische Unternehmen<br />
in den nächsten Jahren einen<br />
hohen Innovations- und Investitionsbedarf<br />
haben, um konkurrenzfähig zu bleiben.<br />
Das IMI unterstützt diese Unternehmen<br />
durch Beratung, Technologiescouting,<br />
Förderinformationen, Vermittlung<br />
von Partnern sowie Anbahnung von Projekten<br />
und versteht sich als Ansprechpartner.<br />
Es betreibt eine Modellfabrik und<br />
stellt ausgewählte Technologien, Systeme<br />
und Verfahren vor.<br />
In der Diskussion wurde unter anderem<br />
auf die rasante technische Entwicklung<br />
auf dem Gebiet der Landwirtschaft hingewiesen,<br />
die bisher in den Arbeiten zur<br />
„Industrie 4.0“ offenbar keine Erwähnung<br />
finden.<br />
W+M<br />
Foto: Creative Commons/BMW Werk Leipzig<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
VBIW | 63<br />
Ohne<br />
Rückwärtsgang<br />
Fotos: Frank Eritt/www.citytunnelleipzig.info (oben), Wikimedia Commons/D.Wagner (unten)<br />
Zu unserem Artikel „Tunnel unter der<br />
Stadt“ in <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
5/2015 erreichte den VBIW ein Leserbrief<br />
von Jochen Borrmeister. Wenn<br />
der Großenhainer Transportunternehmer<br />
Wolfgang Bothur nicht noch einen alten<br />
„Sowjetschlepper“ gehabt hätte, so meinte<br />
der Leser, wäre die Tunnelbohrmaschine<br />
Leonie immer noch in ihrem Loch. War<br />
da etwas schief gelaufen? Grund für weitere<br />
Recherchen, auch für ein Gespräch<br />
mit Wolfgang Bothur. Der ist offenbar<br />
nicht nur ein findiger Transportunternehmer,<br />
sondern auch ein Sammler. Denn seinen<br />
Schlepper hatte er, wie bei Sammlern<br />
üblich, effektvoll mit authentischen Wimpeln<br />
aus der Vergangenheit ausgestattet.<br />
Die Recherchen führten zu einer Fotografie,<br />
auf der zwar am Tunneleingang<br />
ein Panzerschlepper MAZ-537 zu sehen<br />
war, dahinter aber – mit einigem Abstand<br />
– noch ein Fahrzeug und hinter diesem<br />
erst die Tunnelbohrmaschine. Leonie hatte<br />
sich bis zum Hauptbahnhof durchgebohrt<br />
und musste nun wieder zurück zum<br />
Bayerischen Bahnhof, um von dort aus –<br />
wieder in Richtung Hauptbahnhof – die<br />
zweite Tunnelröhre zu bohren. Offenbar<br />
gab es für die Rückholung aber entweder<br />
keine detaillierte Planung oder man<br />
Der Portikus des Bayerischen Bahnhofs wurde<br />
vorübergehend verschoben, um „Leonie“ einzuführen.<br />
Rückholung des Nachläufers der Tunnelbohrmaschine durch die Tunnelröhre.<br />
ging von oberirdischem Transport aus.<br />
Dazu hätte aber nicht nur das Vorderteil<br />
mit dem Schneiderad, sondern auch<br />
der etwa 50 Meter lange Nachläufer der<br />
Tunnelbohrmaschine demontiert werden<br />
müssen. In ihm wird der Erdstoff suspendiert<br />
und abgeleitet, die Tunnelwand mit<br />
Betonfertigteilen (Tübbings) ausgekleidet,<br />
und er beherbergt die Vortriebspressen<br />
für die Tunnelbohrmaschine und die Versorgungseinrichtungen.<br />
Laut Bothur hätte<br />
es Wochen gedauert, den Nachläufer zu<br />
demontieren, oberirdisch zu transportieren<br />
und wieder einzusetzen. Der Tunnelbauer<br />
habe ihn angefragt, ob er nicht den<br />
Nachläufer im Ganzen rückwärts durch die<br />
Röhre ziehen könne.<br />
Die Probleme für ein solches Vorgehen<br />
sind offenkundig: Man<br />
braucht ausreichend Zugkraft<br />
zur Überwindung von<br />
Steigungen, Gefällen und<br />
Kurven, und das bei kleinster<br />
Geschwindigkeit. Und<br />
man benötigt Traktion auf<br />
dem glatten und gewölbten<br />
Betonboden. Am Ende dauerte<br />
die 1,5 Kilometer lange<br />
Fahrt aber nur 17 Stunden.<br />
Wie hatte Transportunternehmer<br />
Bothur das bewerkstelligt?<br />
Er ordnete<br />
zwei Fahrzeuge zu einem<br />
Flaschenzug an. Einen Liebherr-Radlader<br />
586 2plus2<br />
und den auf dem Foto abgebildeten<br />
Panzerschlepper. Dieser bildete<br />
die Spitze des Zuges, und als er am Bayerischen<br />
Bahnhof aus der Röhre fuhr, ging<br />
sein Bild durch die Presse. Die zweite Maschine,<br />
den Radlader dahinter, sahen die<br />
Fotografen aber nicht. Denn vom Panzerschlepper<br />
gingen Seile unter dem Radlader<br />
hindurch zum Nachläufer. An diesem<br />
wurden die Seile umgelenkt und zum Radlager<br />
zurückgeführt. Bothur verriet, dass<br />
er den Panzerschlepper mehr als Gegengewicht<br />
nutzte, offenbar als Festpunkt<br />
des Flaschenzugs. Der Panzerschlepper<br />
stand, während der Radlager zog. Dann<br />
musste der Panzerschlepper weiter vorrücken,<br />
um dem Radlager wieder Raum<br />
zu geben. Für diese abwechselnde Fahrweise<br />
spricht auch ein anderer Bericht, in<br />
dem es heißt, die Fahrzeuge zogen „nacheinander“<br />
den Nachläufer durch den Tunnel.<br />
Am Ende gelang Bothur das Husarenstück<br />
aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen<br />
mit Schwertransporten.<br />
Rudolf Miethig (VBIW)<br />
VBIW – Verein Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />
Landesgeschäftsstelle:<br />
Fürstenwalder Str. 46,<br />
15234 Frankfurt (Oder),<br />
Tel.: <strong>03</strong>35 8692151<br />
E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />
Internet: www.vbiw-ev.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
64 | W+M NETZWERK<br />
UV Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin<br />
WECHSEL IN DER GESCHÄFTSFÜHRUNG<br />
UV Ostdeutschland<br />
UV-GOLFEN<br />
Rolf Paukstat (l.) und Karl-Heinz Garbe (r.)<br />
verabschieden Wolfgang Schröder.<br />
Schwerin. Nach 16 Jahren im Amt wurde<br />
am 4. April der Hauptgeschäftsführer<br />
des Unternehmerverbandes Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin<br />
Wolfgang Schröder in den verdienten Ruhestand<br />
verabschiedet. Vor mehr als 60<br />
Gästen würdigte Mecklenburg-Vorpommerns<br />
Energie-Minister Christian Pegel<br />
in seiner Festrede die gute Zusammenarbeit<br />
und die herausragenden Leistungen<br />
Schröders. Vor allem die gewachsene Kooperation<br />
der Regionalverbände in Mecklenburg-Vorpommern<br />
wurde positiv hervorgehoben.<br />
Verbands-Präsident Rolf<br />
Paukstat blickte anschließend ausführlich<br />
auf die engagierte und leidenschaftliche<br />
Arbeit für den Verband zurück. Vieles<br />
trägt die deutliche Handschrift von<br />
Wolfgang Schröder, der einen anerkannten<br />
und stabilen Verband an seine Nachfolgerin<br />
Pamela Buggenhagen übergibt.<br />
Serrahn. Am 27. Mai <strong>2016</strong> wird wieder<br />
das traditionelle Golfturnier der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände<br />
Ostdeutschlands und Berlin veranstaltet.<br />
Willkommen sind sowohl begeisterte<br />
Golfspieler als auch Anfänger<br />
aus ganz Ostdeutschland. Nachdem das<br />
Turnier im vergangenen Jahr in Sachsen<br />
durchgeführt wurde, findet es in diesem<br />
Jahr im Golfpark Serrahn in Mecklenburg-Vorpommern<br />
statt. Ziel der Veranstaltung<br />
ist es, die Unternehmer aus<br />
Ostdeutschland näher zusammenzubringen,<br />
um ein starkes Netzwerk über<br />
die Landesgrenzen hinaus zu bilden.<br />
Weitere Informationen gibt es unter<br />
www.serrahn.vandervalk.de/golf.<br />
UV Brandenburg-Berlin<br />
MEHR MITBESTIMMUNG IN DER LAUSITZ<br />
Cottbus. Zum ersten Unternehmerstammtisch<br />
<strong>2016</strong> des Unternehmerverbandes<br />
Brandenburg-Berlin trafen sich<br />
über 20 Unternehmer und Vertreter der<br />
Wirtschaftsförderungen sowie der Politik<br />
der Region Lausitz. Großes Interesse zeigten<br />
die Unternehmen für den Aufbau der<br />
„Innovationsgesellschaft Lausitz GmbH“<br />
und bekundeten ihre Bereitschaft zur Mitwirkung<br />
des Verbands im Beirat. Zu den zu<br />
bearbeitenden Schwerpunkten gehören<br />
der Strukturwandel der Lausitz im Zusammenhang<br />
mit der Kreisgebietsreform und<br />
der Rolle der Stadt Cottbus als Oberzentrum<br />
der Region sowie die Energiewende<br />
mit dem geplanten Kohleausstieg. Die<br />
Teilnehmer waren sich einig, dass die Bemühungen<br />
aus der Region selbst kommen<br />
und in Abstimmung mit den Kommunen<br />
und vorhandenen Industriestrukturen zur<br />
Realisierung von Mehrwert für die regionale<br />
Wirtschaft führen müssen.<br />
„BERLINER GESPRÄCHE“ ERFOLGREICH GESTARTET<br />
Berlin. Erstmals trafen sich die Mitglieder<br />
des UV Brandenburg-Berlin im Februar zu<br />
den „Berliner Gesprächen“ im Restaurant<br />
Löwenbräu am Gendarmenmarkt. UV-Vizepräsident<br />
Dr. Joachim Feske konnte etwa<br />
30 Teilnehmer begrüßen. Das Thema des<br />
ersten Treffens lautete: „Forschung, Entwicklung,<br />
Markterfolg – Möglichkeiten und<br />
Chancen für unternehmerische Aktivitäten".<br />
UV-Präsidiumsmitglied Birgit Dürsch<br />
berichtete über den Einsatz von Fördermitteln<br />
bei der Einführung von Innovationen<br />
und illustrierte das mit Beispielen aus ihrer<br />
Beratungspraxis. Jörg Jonas-Kops stellte<br />
„Google Glass" vor und berichtete über Anwendungsmöglichkeiten<br />
in der Wirtschaft.<br />
Die Computerbrille konnte ausprobiert<br />
werden und faszinierte die Teilnehmer.<br />
Im Mai findet die 5. UV Business Challenge im<br />
Golfpark Serrahn statt.<br />
Foto: Rainer Cordes (oben)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
UNTERNEHMERVERBÄNDE | 65<br />
Foto: Andreas Koslowski<br />
UV Sachsen<br />
BUNSEN GEHT IN DIE 6. RUNDE<br />
Präsidium/Vorstand des UV Sachsen (v. l.): Marc Melzer, Björn Duphorn, Ute Steglich, Rüdiger<br />
Lorch, Hartmut Bunsen, Dirk Luther, Dr. Mathias Reuschel, Rainer Dürndorfer, Ullrich Hintzen,<br />
Steffen Matysek und Volker Wahl (abwesend: Mike-Klaus Barke).<br />
Dresden. Die Mitgliederversammlung<br />
des Unternehmerverbandes Sachsen<br />
wählte zum sechsten Mal in Folge Hartmut<br />
Bunsen zum Präsidenten. Bunsen<br />
bedankte sich für das ausgesprochene<br />
Vertrauen und betonte, dass dieses Vertrauen<br />
für Vorstand und Präsidium Ansporn<br />
sein wird, die Rahmenbedingungen<br />
für den Mittelstand weiter zu verbessern<br />
und für die Mitglieder da zu sein.<br />
Das neue Präsidium setzt sich wie folgt<br />
zusammen: Hartmut Bunsen (Messeprojekt<br />
GmbH), Mike-Klaus Barke (albema<br />
GmbH), Björn Duphorn (INUMA GmbH),<br />
Ullrich Hintzen (FASA AG), Rüdiger Lorch<br />
(SemperSchulen gGmbH), Steffen Matysek<br />
(Dr. Lauer & Koy Consulting Partners<br />
GmbH), Dr. Mathias Reuschel (S&P Sahlmann<br />
Planungsgesellschaft für Bauwesen<br />
GmbH) und Volker Wahl (WaCo Gerätetechnik<br />
GmbH). Zum Vorstand zählen<br />
Rainer Dürndorfer (bardusch GmbH<br />
& Co.KG), Dirk Luther (Baker Tilly Roelfs<br />
AG), Marc Melzer (Deutsche Bank AG)<br />
und Ute Steglich (ASL Agentur Steglich<br />
Leipzig). Das langjährige UV-Mitglied und<br />
bisherige Präsidiumsmitglied Jürgen Zeibig<br />
(ZEIBINA Kunststoff GmbH) wird in<br />
Zukunft als Ehrenmitglied dem Verband<br />
angehören.<br />
Der Sächsische Staatsminister für Wirtschaft,<br />
Arbeit und Verkehr Martin Dulig<br />
gratulierte zur Wahl und hob in seinem<br />
Grußwort die erfolgreiche Entwicklung<br />
der Wirtschaft in Sachsen hervor,<br />
zeigte eine positive Prognose für <strong>2016</strong><br />
auf und verwies auf die niedrigen Arbeitslosenzahlen.<br />
Er sprach aber auch<br />
den Riss an, der mit Blick auf die Flüchtlingsthematik<br />
durch die Gesellschaft<br />
gehe und einen krassen Gegensatz zur<br />
positiven Wirtschaftsentwicklung bilde:<br />
„Wir wollen in zehn Jahren zu den führenden<br />
Wirtschaftsregionen in Europa<br />
gehören. Dabei dürfen wir nicht außer<br />
Acht lassen, dass die Wirtschaftspolitik<br />
eng mit der Gesellschaftspolitik verbunden<br />
ist. Deshalb braucht die Wirtschaft<br />
ein weltoffenes und neugieriges kulturelles<br />
Umfeld – ohne Fremdenhass.“<br />
GESCHÄFTSSTELLEN<br />
Unternehmerverband Berlin e. V.<br />
Präsident: Armin Pempe<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: N. N.<br />
Frankfurter Allee 202, 1<strong>03</strong>65 Berlin<br />
Tel.: +49 30 9818500<br />
Fax: +49 30 9827239<br />
E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />
Internet: www.uv-berlin.de<br />
Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />
Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />
Geschäftsführer: Steffen Heller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />
Tel.: +49 331 81<strong>03</strong>06<br />
Fax: +49 331 8170835<br />
E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />
Internet: www.uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Charlottenstraße 80, 10117 Berlin<br />
Tel.: +49 30 2045990<br />
Fax: +49 30 20959999<br />
E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Cottbus<br />
Schillerstraße 71, <strong>03</strong>046 Cottbus<br />
Tel.: +49 355 22658<br />
Fax: +49 355 22659<br />
E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />
Unternehmerverband Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />
Präsident: Rolf Paukstat<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführerin: Pamela Buggenhagen<br />
Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />
Tel.: +49 385 569333<br />
Fax: +49 385 568501<br />
E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />
Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg e. V.<br />
Präsident: Frank Haacker<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />
Wilhelm-Külz-Platz 4<br />
18055 Rostock<br />
Tel.: +49 381 242580<br />
Fax: +49 381 2425818<br />
E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />
Internet: www.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />
Präsident: Hartmut Bunsen<br />
Geschäftsführer: Lars Schaller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />
Tel.: +49 341 52625844<br />
Fax: +49 341 52625833<br />
E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />
Internet: www.uv-sachsen.de<br />
Geschäftsstelle Chemnitz<br />
Repräsentantin: Gabriele Hofmann-Hunger<br />
Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />
Tel.: +49 371 49512912<br />
Fax: +49 371 49512916<br />
E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />
Geschäftsstelle Dresden<br />
Semperstraße 2b, 01069 Dresden<br />
Tel.: +49 351 8996467<br />
Fax: +49 351 8996749<br />
E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />
Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />
Präsident: Jürgen Sperlich<br />
Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />
Geschäftsstelle Halle/Saale<br />
Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />
Tel.: +49 345 78230924<br />
Fax: +49 345 7823467<br />
Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />
Präsident: Jens Wenzke<br />
c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />
Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />
Tel.: +49 361 4930811<br />
Fax: +49 361 4930826<br />
E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />
Internet: www.uv-thueringen.de<br />
Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />
Präsident: Gerold Jürgens<br />
Geschäftsführer: N. N.<br />
Geschäftsstelle<br />
Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />
Tel.: +49 3834 835823<br />
Fax: +49 3834 835825<br />
E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />
Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
66 | W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Die Wirtschaft in den neuen Ländern<br />
ist maßgeblich geprägt durch kleine<br />
und mittelständische Unternehmen.<br />
Große Firmen oder gar Konzerne sind so<br />
gut wie nicht vorhanden. Die strukturelle<br />
Kleinteiligkeit macht es den meisten<br />
Unternehmen nahezu unmöglich, selbstständig<br />
Forschung und Entwicklung zu betreiben.<br />
Dennoch haben es viele Mittelständler<br />
inzwischen geschafft, sich mit<br />
technologisch anspruchsvollen Produkten<br />
und Verfahren internationale Spitzenpositionen<br />
in Marktnischen zu erkämpfen.<br />
Möglich wurde dies durch eine einzigartige<br />
Forschungslandschaft, die sich in den<br />
zurückliegenden zweieinhalb Jahrzenten<br />
in Ostdeutschland etabliert hat. Heute forschen<br />
motivierte Teams aus Hochschulen<br />
und Instituten gemeinsam mit Ingenieuren<br />
und Spezialisten aus mittelständischen Firmen<br />
an der Neu- und Weiterentwicklung<br />
von weltmarktfähigen Produkten. In unserem<br />
Titelthema zeichnen wir ein Bild der<br />
Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />
Kluge Köpfe<br />
„klugen Köpfe“ in den neuen Ländern und<br />
stellen Leuchtturmprojekte vor. Dazu erläutert<br />
Bundeswissenschaftsministerin<br />
Johanna Wanka (CDU), welche Schwerpunkte<br />
sie auf der Agenda hat.<br />
In unserer Serie über die Zukunft des Wirtschaftsstandortes<br />
Ostdeutschland berichten<br />
wir über Brandenburg. Dort haben sich<br />
vor allem die Bereiche Mobilität und Verkehr,<br />
Energietechnik sowie Metallurgie<br />
stark gemausert. Im W+M-Interview erläutert<br />
Finanzminister Christian Görke<br />
(Die Linke), zugleich auch Chef des Verwaltungsrates<br />
der Investitionsbank, wie<br />
die märkischen Cluster zielgerichtet gefördert<br />
werden.<br />
Darüber hinaus lesen Sie spannende Beiträge<br />
über neue Entwicklungen in den ostdeutschen<br />
Bundesländern sowie einen informativen<br />
Ratgeberteil.<br />
Die nächste Ausgabe von<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint am<br />
23. Juni <strong>2016</strong>.<br />
PERSONENREGISTER<br />
Arndt, Rommy 8<br />
Auerbach, Andreas 25<br />
Balan, Manuela 61<br />
Barke, Mike-Klaus 65<br />
Baumeister, Roy 53<br />
Bernikas, Kathrin 60<br />
Borrmeister, Jochen 63<br />
Bothur, Wolfgang 63<br />
Buggenhagen, Pamela 7, 64<br />
Bunge, Bettina 37<br />
Bunsen, Hartmut 65<br />
Czaja, Mario 60<br />
Diestel, Peter-Michael 32/33<br />
Diestel, Stefan 58/59<br />
Drews, Thomas 18/19<br />
Dulig, Martin 65<br />
Duphorn, Björn 65<br />
Dürndorfer, Rainer 65<br />
Dürsch, Birgit 64<br />
Ermrich, Michael 8, 37<br />
Ferner, Elke 46<br />
Ferriss, Timothy 53<br />
Feske, Joachim 64<br />
Festge, Reinhold 49<br />
Förster, Heinz 62<br />
Franck, Jan-Erik 8<br />
Friedrich, Marc 53<br />
Garbe, Karl-Heinz 64<br />
Geisel, Andreas 60<br />
Gerber, Albrecht 36<br />
Glawe, Harry 13/14<br />
Goebel, Lutz 46<br />
Görke, Christian 66<br />
Grabbe, Thomas 54/55<br />
Günther, Christof 26/27<br />
Haase, Marco 56<br />
Hartung, Steffen 19<br />
Haseloff, Reiner 26<br />
Heise, Gunter 7<br />
Henkel, Frank 60<br />
Hintzen, Ullrich 65<br />
Iliyasov, Ildar 6<br />
Janssen, Bodo 58<br />
Jonas-Kops, Jörg 64<br />
Jürgens, Gerlod 22-24<br />
Kahnemann, Daniel 53<br />
Kammann, Rolf 21<br />
Kieker, Burkhard 36<br />
Kohl, Helmut 26<br />
Kopka, Marc-Sven 58<br />
Kunzmann, Uwe 6<br />
Lewis, Michael 53<br />
Liman, Heinrich 30<br />
Loos, Anna 59<br />
Lorch, Rüdiger 65<br />
Ludwig, Matthias 8<br />
Ludwig, Matthias 8<br />
Luther, Dirk 65<br />
Marin, Manuela 60<br />
Maschmeyer, Carsten 53<br />
Matysek, Steffen 65<br />
Melzer, Marc 65<br />
Merkel, Angela 26/27<br />
Miedaner, Talane 53<br />
Mroczek, Antje 27<br />
Nahles, Andrea 23<br />
Özdemir, Cem 60<br />
Pätz, Reinhard 48/49<br />
Paukstat, Rolf 64<br />
Pegel, Christian 16/17, 64<br />
Peters, Joy 59<br />
Piketty, Thomas 53<br />
Pörsch, Andreas 20/21<br />
Praagman, Roel 41<br />
Queisser, Christof 7<br />
Ragnitz, Joachim 9, 43, 44<br />
Reuschel, Mathias 65<br />
Rieger, Genoveva 61<br />
Rieger, Marie-Antoinette 61<br />
Robra, Rainer 8<br />
Roll, Tanja 61<br />
Schneider, Kathleen 6<br />
Schneider, Kathleen 6<br />
Schröder, Wolfgang 7, 64<br />
Schuberth, Klaus 9<br />
Seidel, Jürgen 37<br />
Sellering, Erwin 22-24, 58<br />
Stapper, Florian 52<br />
Stecklina, Oliver 62<br />
Stefanović, Miloš 30<br />
Steglich, Ute 65<br />
Stenger, Tillmann 28/29<br />
Stolpe, Manfred 45<br />
Tallner, Günter 27<br />
Thiel, Stefan 61<br />
Thunemann, Rüdiger 42<br />
Tierney, John 53<br />
Treier, Volker 48<br />
Tuschen, Michael 59<br />
Uhrig-Lammersen, Marion 59<br />
Voigt, Markus 60<br />
Wahl, Volker 65<br />
Walleser, Reiner 30<br />
Wanka, Johanna 65<br />
Warnecke, Helmut 6<br />
Weber, Michael 44<br />
Weik, Matthias 53<br />
Wowereit, Klaus 59<br />
Zeibig, Jürgen 65<br />
Zender, Wolfgang 8<br />
Foto: pankajstock123/fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 3/<strong>2016</strong>
W+M<br />
A-ROSA Golf Resort Scharmützelsee<br />
09.05.<strong>2016</strong><br />
Turnier „Golfen für Freunde ...“<br />
www.WundM.info/Golfturnier A-ROSA Hotel Bad Saarow<br />
20./21.10.<strong>2016</strong><br />
www.OWF<strong>2016</strong>.de<br />
Veranstaltungs- und Kulturforum<br />
Stadtpark Frankenberg/Sachsen<br />
09.06.<strong>2016</strong><br />
Dr. Dr. Cay von Fournier, Karl-Otto Kaiser,<br />
Dr. Ilona Bürgel, Paul Johannes Baumgartner<br />
UnternehmerTag des SchmidtColleg<br />
„Exzellenz im Unternehmen –<br />
Was erfolgreiche Unternehmen anders machen“<br />
www.WundM.info/termine<br />
SAVE THE<br />
DATE<br />
in Berlin, Tagesseminare<br />
11.05.<strong>2016</strong><br />
Paul Johannes Baumgartner<br />
Vom Kunden zum Fan – Mehr Umsatz und Ertrag<br />
durch Kundenbindung<br />
12.05.<strong>2016</strong><br />
Heiko Schneider<br />
Web 3.0 – Wie kleine und mittelständische<br />
Unternehmen im Web erfolgreich sind<br />
24.05.<strong>2016</strong><br />
Hubert Schwarz<br />
Fit to lead – In einem gesunden Körper wohnt<br />
ein gesunder Geist. Gesundheit und Fitness<br />
für Führungskräfte<br />
25.05.<strong>2016</strong><br />
Thomas Völkl<br />
Den besten Mitarbeiter auswählen –<br />
Wie man Fehlentscheidungen bei der<br />
Bewerberauswahl zielsicher vermeidet<br />
www.SchmidtColleg.de
Foto: Fotolia (Sergey Yarochkin)<br />
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