26.04.2016 Aufrufe

OCEAN7 2010-07-08

Diese Ausgabe ist etwas für Spezialisten, die klassische Schönheiten unter Segel lieben. Außerdem gibt es hier interessante Revierberichte aus den British Virgin Islands und aus Montenegro.

Diese Ausgabe ist etwas für Spezialisten, die klassische Schönheiten unter Segel lieben. Außerdem gibt es hier interessante Revierberichte aus den British Virgin Islands und aus Montenegro.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

48<br />

Gegen<br />

den Srom<br />

Segel-Österreich hat eine gehandicapte Traumkonstellation im Boot und kaum eine Ahnung davon. Für <strong>OCEAN7</strong> ein willkommener<br />

Anlass, Sven und seinen starken Männern bei ihrem leidenschaftlichen Wellenritt über die Schultern zu blicken.<br />

Wer auf welligem Terrain zu viel Körpereinsatz demonstriert<br />

und dabei erwischt wird, sieht gelb und muss seinen Untersatz<br />

zweimal um die eigene Achse wuchten. Sir Edmund Rath, der<br />

in einer Windwettfahrt durch seine ständigen Gewichtsverlagerungen<br />

mehr Meter zurücklegt als ein Mittelstreckenläufer,<br />

macht seinem Ärger über und nach dem Jury-Pfiff lautstark<br />

Luft. Er habe die Unparteiischen genauso wenig gesehen wie<br />

die Wellen, abgesehen davon ist die Entscheidung – eh klar –<br />

ein Witz. Die Jury bekommt ihr Fett weg, auch der Steuermann<br />

muss sich einiges anhören. Er hat als Ersatzauge schlampig<br />

angesagt und nicht rechtzeitig vor den Schiedsrichtern, die seit<br />

längerem am Heck der Austro-Segler kleben, gewarnt. Die<br />

Ersatzstrafe kostet naturgemäß Zeit und demnach die vorderen<br />

Plätze, doch auch die billigeren sind heiß begehrt. Schließlich<br />

erfolgt die Verwarnung wegen unerlaubten Vortriebs nicht bei<br />

einem schnöden Ententanz auf der Alten Donau, sondern am<br />

Gelben Meer im Rahmen der Olympischen Sommerspiele<br />

20<strong>08</strong>. Sven, Sir Edmund, und Helmut drehen zähneknirschend<br />

ihre Extrarunden. Das dem Trio bei sämtlichen Handgriffen<br />

auf und abseits des Wassers in Summe zwei Unterarme, ein<br />

Unterschenkel und ein Augenpaar fehlt, fällt nicht auf. Ebenso<br />

wie ihre Paralympische Premiere, die auf Rang 13 endet und<br />

als Randnotiz mehr oder weniger untergeht.<br />

Der Doppel-Agent. Sven Reiger konnte nie in seine Hände<br />

klatschen, Dinge an zehn Fingern abzählen oder im Doppelstockeinsatz<br />

verschneite Hänge hinunterwedeln. Der Leiter<br />

und Besitzer zweier Segelschulen ist vor 36 Jahren ohne linken<br />

Unterarm zu Welt gekommen. Warum, darüber sind sich die<br />

Ärzte bis heute uneinig. Für Sven spielt das Warum keine<br />

Rolle, seine Behinderung hat den gebürtigen Wiener nie vom<br />

richtigen Leben und schon gar nicht von seinen sportlichen<br />

Leidenschaften abgehalten. Im zarten Alter von sechs Jahren<br />

begann er dem Optimist die Sporen zu geben, ließ kaum eine<br />

Regatta aus und segelte unter anderem mit Franz Urlesberger<br />

um die Wette. Zwei Wochen nachdem der Salzburger 1996 vor<br />

Savannah und im Laser zu olympischen Ehren kam, lief Sven<br />

Reiger im vier Autostunden entfernten Olympiastadion von<br />

Atlanta zur paralympischen Silbermedaille. 60.000 Zuschauer<br />

jubelten dem Schlussläufer der rot-weiß-roten 100 Meter-<br />

Staffel frenetisch zu, ein Erlebnis der Extraklasse und eine<br />

Erfahrung, die eine frostbeulengroße Gänsehaut hinterlassen<br />

hat. Der Sportstudent blieb den Spikes und der Laufbahn bis<br />

1999 treu, dann warf ihn eine Verletzung aus dem Rennen. Der<br />

Ehrgeiz für ein Comeback wurde von den beruflichen Ambitionen<br />

überflügelt. Reiger verschlug es nach Kroatien, wo er<br />

2000 eine Segelschule vor Rovinj aus dem Boden stampfte.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!