OCEAN7 2010-03-04
Ab dieser Ausgabe ist OCEAN7 das einzige deutschsprachige Yachtmagazin mit einer regelmäßigen Kolumne einer Weltumseglerin: OCEAN Woman, nicht nur für Frauen! Außerdem: Psychogramm der unterschiedlichen Typen in den Dinghis.
Ab dieser Ausgabe ist OCEAN7 das einzige deutschsprachige Yachtmagazin mit einer regelmäßigen Kolumne einer Weltumseglerin: OCEAN Woman, nicht nur für Frauen! Außerdem: Psychogramm der unterschiedlichen Typen in den Dinghis.
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PEOPLE<br />
43<br />
LUTINe – die droge<br />
gegen Fernweh<br />
Es ist wieder passiert, es hat mich erwischt. Das Fernweh! Ich heiße Conny, stamme aus Wien<br />
und sitze mit meinem Freund Kai aus Schweden auf unserer kleinen, aus Holz gebauten, betagten<br />
Segelyacht LUTINE in der Karibik. LUTINE, unsere Droge gegen Fernweh.<br />
Text und Fotos: Conny Schifter<br />
Kai hat LUTINE vor zwei Jahren entdeckt und lebt seither auf<br />
ihr. Sie wurde im Jahr 1963 in der Bretagne aus Holz gebaut<br />
und ist neun Meter lang. Ihre Geschichte ist ein Abenteuer der<br />
eigenen Art. Zwei Mal wurde sie über den Atlantik gesegelt,<br />
vor Martinique entmastet, im Sturm in der Biskaya leck geschlagen<br />
und nach einer Kollision mit einem Potwal ist sie mit<br />
Ruderbruch fast in Venezuela gestrandet.<br />
Jetzt sind Kai und ich mit LUTINE unterwegs, wohin uns der<br />
Wind treibt. Unterwegs werden wir uns Arbeit suchen, Geld<br />
verdienen. Wir sind beide ausgebildete Yachtmaster und für<br />
unser doch junges Alter sehr erfahren. Wir hoffen, unterwegs<br />
interessante Menschen kennenzulernen und aufregende Jobs<br />
auf Schiffen zu bekommen.<br />
Egal, was kommt. Unser Motto heißt: “The important thing<br />
is, to go sailing!”<br />
Von El Hierro nach Tobago<br />
„Grün, wow, was für ein saftiges Grün“! Das war das Erste, das<br />
mir durch den Kopf gegangen ist, als ich Land sah. Ein grüner<br />
Fleck am Horizont. Je näher man einer Insel kommt, desto<br />
mehr Geräusche hört man. Ich liebe dieses Gefühl. Langsam<br />
nähert man sich einer anderen Welt, weg vom blauen Ozean,<br />
hin zum Farbenreichtum eines anderen Landes.<br />
Wir haben uns entschieden, unseren Landfall in Tobago zu<br />
machen. Die letzten 22 Tage haben wir auf LUTINE am blauen<br />
Atlantik verbracht. Es ist kurz vor Weihnachten 2009. Die<br />
Überquerung war eine meiner angenehmsten. Wie man sich<br />
eine Atlantiküberquerung im Dezember mit den Passatwinden<br />
vorstellt. Stetiger NO-Wind, großer Schwell von Norden und<br />
der Strom immer von hinten anschiebend.<br />
Den Propeller von Lutine haben wir in El Hierro auf den<br />
Kanaren abmontiert. Bei einer Atlantiküberquerung, haben wir<br />
einstimmig beschlossen, wollen wir den Motor nicht benutzen.<br />
Unser alter Faryman ist älter als das Schiff, schwer zu bedienen<br />
und ich persönlich würde mich bei einer Mann-über-Bord-<br />
Situation mit dem Segel auf LUTINE sicherer fühlen. Somit<br />
war das Problem gelöst, Propeller weg und schon waren wir<br />
mindestens einen Knoten schneller.<br />
Das Leben an Bord ist ziemlich bald nach Verlassen der Zwischenstation<br />
auf den Cap Verden zu der angenehmen Routine<br />
geworden, wie sie sich an Bord oft einstellt. Das Leben ist<br />
plötzlich um so vieles simpler, die Tage vergehen wie im Flug.<br />
Man verliert das Zeitgefühl. Man kann Stunden damit verbringen,<br />
einfach in „die Gegend” zu schauen. Wellen, Wolken und<br />
Horizont geben einen super Fernseh-Ersatz.<br />
Unsere Wachen waren drei Stunden in der Nacht und unter<br />
Tags hatten wir beide Freiwache. Dieses System hat sehr gut<br />
funktioniert, wird sicher für künftige Passagen beibehalten. Die<br />
letzte Woche, bevor wir karibisches Land sehen konnten, setzte<br />
ein merkwürdiger Gegenstrom ein, ca. 1,5 Knoten von<br />
Westen. LUTINE machte in diesen Tagen<br />
nur 40 – 60 sm in 24 Stunden.<br />
conny und kai<br />
Mit einem Holzboot auf den Weltmeeren unterwegs –<br />
dazu gehört eine ganz spezielle Liebe zur See und zu Schiffen.<br />
www.freewebs.com/lutine/