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Anstifter 1, 2015 der Stiftung Liebenau

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

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<strong>Anstifter</strong><br />

<strong>2015</strong> Ausgabe 1<br />

Infos aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Gedenktag Euthanasie:<br />

Gegen das Vergessen<br />

Seite 7<br />

Ehrenzeichen für Arbeit<br />

mit Leidenschaft<br />

Seite 13<br />

Engagement für Bildung:<br />

ZF-Chef Sommer<br />

Seite 15<br />

Altenhilfe<br />

Lebensräume:<br />

eine Erfolgsgeschichte<br />

Seite 20<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

Durchstarten mit dem<br />

Führerschein<br />

Seite 23<br />

Inklusion bleibt spannend<br />

Seite 24<br />

Gesundheit<br />

Odyssee nach Unfall<br />

Seite 28<br />

Bildung<br />

„Sprungbrett“ in den Job<br />

Seite 32<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Kin<strong>der</strong> kommen zu Wort<br />

Seite 33


Inhalt<br />

Titelfoto: Impuls zur Selbstwahrnehmung<br />

beim <strong>Stiftung</strong>stag<br />

Foto: Susanne Droste-Gräff<br />

3 Editorial<br />

4 kurz und knapp<br />

5 Impressum<br />

35 www-Adressen / Anzeigen<br />

36 Spot an: Eberhard Bleher<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

23 Durchstarten mit dem Führerschein<br />

24 Inklusion ist und bleibt spannend<br />

27 Die Schule von morgen<br />

Gesundheit<br />

Ihre Spende<br />

für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Spendenkonto<br />

Sparkasse Bodensee<br />

Konto: 20 994 471<br />

BLZ: 690 500 01<br />

IBAN: DE35 6905 0001 0020 9944 71<br />

BIC: SOLADES1KNZ<br />

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Spendennachrichten<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

6 Gedenktag für die Euthanasie-Opfer<br />

8 Stellungnahme: Beihilfe zur Selbsttötung<br />

9 Finanzierung für die Sozialwirtschaft<br />

11 <strong>Stiftung</strong>stag 2014<br />

12 Impuls: tausend neue Schritte<br />

13 Über den Verstand zum Herzen<br />

14 Partner in <strong>der</strong> Metropole Frankfurt<br />

15 ZF-Chef engagiert sich für Bildung<br />

16 Gewaltstudie: schmerzlicher Rückblick<br />

18 Nachsorge: Jede Familie erwünscht<br />

Altenhilfe<br />

20 Erfolgsgeschichte: Lebensräume<br />

22 Interkulturelle Verständigung im Heim<br />

28 Gutes Ende nach schwerem Weg<br />

Bildung<br />

30 Die zweite Chance für Marc<br />

32 Mit Teilzeitausbildung in den Job<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

33 Kin<strong>der</strong>rechte: Kin<strong>der</strong> kommen zu Wort<br />

<strong>Anstifter</strong><br />

<strong>2015</strong> Ausgabe 1<br />

Infos aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Gedenktag Euthanasie:<br />

Gegen das Vergessen<br />

Seite 7<br />

Ehrenzeichen für Arbeit<br />

mit Leidenschaft<br />

Seite 13<br />

Engagement für Bildung:<br />

ZF-Chef Sommer<br />

Seite 15<br />

Altenhilfe<br />

Lebensräume:<br />

eine Erfolgsgeschichte<br />

Seite 20<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

Durchstarten mit dem<br />

Führerschein<br />

Seite 23<br />

Inklusion bleibt spannend<br />

Seite 24<br />

Gesundheit<br />

Odyssee nach Unfall<br />

Seite 28<br />

Bildung<br />

„Sprungbrett“ in den Job<br />

Seite 32<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Kin<strong>der</strong> kommen zu Wort<br />

Seite 33<br />

Den <strong>Anstifter</strong> finden Sie auch als e-book unter<br />

www.stiftung-liebenau.de/anstifter<br />

Auch die Tochtergesellschaften <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> informieren regelmäßig<br />

über neue Konzepte und Planungen und präsentieren Menschen hautnah.<br />

Näheres finden Sie unter:<br />

„anna live“ Deutschland: www.st.anna-hilfe.de/anna-live<br />

„anna live“ Österreich: www.st.anna-hilfe.at/anna-live<br />

„wir“: www.st.gallus-hilfe.de/wir<br />

„wir-mittendrin“: www.st.gallus-hilfe.de/wir-mittendrin<br />

„Auf Kurs“: www.bbw-rv.de/auf-kurs


Editorial<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,<br />

je<strong>der</strong> will Inklusion. Teilhabe an <strong>der</strong> Gesellschaft für alle. Gleiche Rechte für alle. Natürlich! Selbstverständlich!<br />

Alle Menschen sollen unabhängig von ethischer und religiöser Zugehörigkeit, gesellschaftlicher Identität<br />

und sexueller Orientierung, sozialer und familiärer Herkunft o<strong>der</strong> körperlicher und psychischer Verfassung frei<br />

und gleich am gesellschaftlichen Leben partizipieren können. Diese Leitvorstellung einer sozialen Teilhabe<br />

ist im Duktus <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention selbstverständlich im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Autonomievorstellung<br />

zu verstehen: Je<strong>der</strong> gestaltet selbstbestimmt und fürsorgend verantwortlich sein Leben, aber nicht<br />

isoliert, son<strong>der</strong>n in Bindung mit an<strong>der</strong>en und als Gemeinschaftswesen. Das Leben in Beziehung ist elementar,<br />

um seinen Lebensweg würdevoll zu finden und zu gestalten. Damit Menschen mit und ohne Handicap sich<br />

öffnen, bildet <strong>der</strong> Respekt vor <strong>der</strong> An<strong>der</strong>sartigkeit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en und <strong>der</strong>en Handlungs- und Lebensentwürfen<br />

das ethische Fundament. Je<strong>der</strong> ist in seiner Haltung und Handlung gleichwertig und mit <strong>der</strong> gleichen Würde<br />

ausgestattet.<br />

Aber Obacht. Mit <strong>der</strong>selben Würde ausgestattet zu sein, mit Gleichheit vor dem Gesetz und in <strong>der</strong> Menschenwürde,<br />

darf nicht dazu führen, dass Unterschiede ignoriert werden. Ein Beispiel aus unserer Arbeit: Wenn<br />

Menschen mit schwerer Behin<strong>der</strong>ung nicht mehr als solche bezeichnet werden dürfen, dann fallen sie möglicherweise<br />

auch als Träger eines beson<strong>der</strong>en För<strong>der</strong>bedarfes mit Anspruch auf spezielle Betreuungsangebote<br />

aus. Man wird damit aber ein Elend hervorrufen, weil völlig verunklart wird, wie diese Menschen zukünftig<br />

angemessen begleitet werden sollen.<br />

Ein Paradox: Die begriffliche Gleichstellung <strong>der</strong> Unterschiede schafft erst die lebensweltliche Diskriminierung,<br />

die man doch eigentlich verhin<strong>der</strong>n will. Wir können im Namen <strong>der</strong> Betroffenen nur davor warnen, die unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse so weit zu nivellieren, dass sie am Ende nicht mehr geltend gemacht werden können.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> positioniert sich klar zum Leitziel <strong>der</strong> Inklusion und Teilhabe. Wir entwickeln eine Kultur<br />

des Miteinan<strong>der</strong>s, die durch Respekt vor <strong>der</strong> An<strong>der</strong>sheit des An<strong>der</strong>en geprägt ist, in <strong>der</strong> je<strong>der</strong> – manchmal<br />

auch nur kleine – Schritt zum Besseren zählt und die Menschlichkeit des Menschen auch in seinen Brüchen<br />

und Fragmenten Leitbild ist. Deshalb gelten unsere Handlungsleitlinien immer dem Einzelnen und seinen<br />

Bedürfnissen. Da diese oft so grundlegend unterschiedlich sind, müssen unsere Angebote vielfältig sein. Also<br />

dürfen wir zum Beispiel ambulant begleitetes Wohnen und Arbeiten für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung nicht<br />

ausspielen gegen die Fachkompetenz einer Komplexeinrichtung. Beide Angebotsformen sind gleichermaßen<br />

notwendig, da sie den Bedürfnissen eben an<strong>der</strong>er Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung entsprechen.<br />

Daher sehen wir zwischen den so genannten „inklusiven“ sozialräumlichen Angeboten und einer Komplexversorgung<br />

keinen Gegensatz, wenn die Bedarfe <strong>der</strong> Adressaten ausschlaggebend sind. Unsere Angebote müssen<br />

so konzipiert sein, dass sie möglichst autonome Lebensgestaltung beför<strong>der</strong>n. Das schließt aber auch gelungene<br />

Lebensangebote ein für diejenigen, die den Anfor<strong>der</strong>ungen ambulant und sozialräumlich organisierter<br />

„inklusiver“ Angebote nicht entsprechen können. Reden wir nochmals über den Begriff Inklusion! Wir meinen,<br />

er darf nicht ausgrenzen.<br />

Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Dr. Markus Nachbaur Dr. Berthold Broll Prälat Michael H. F. Brock<br />

Wie ist Ihre Meinung?<br />

Die Vorstände <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> freuen sich auf Ihre Rückmeldung: vorstand@stiftung-liebenau.de


kurz und knapp<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Ursula Cantieni liest Geschichte von „Erzesel Gabriel“<br />

Die Schauspielerin Ursula Cantieni, Botschafterin <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>, begeisterte Anfang Dezember die Zuhörer im Schloss<br />

<strong>Liebenau</strong> mit <strong>der</strong> Geschichte vom „Erzesel Gabriel“. Gemeinsam<br />

mit Steffen Mark Schwarz, Kantor und Organist <strong>der</strong> Martinskirche<br />

Ebingen, ließ sie die Zuhörer an <strong>der</strong> Reise des Esels Gabriel<br />

teilhaben, <strong>der</strong> eigentlich eine Eselin ist, durch das Heilige Land<br />

– vom Stall in Bethlehem über den See Genezareth und Kapernaum<br />

bis nach Jerusalem, getrieben von <strong>der</strong> Suche nach <strong>der</strong><br />

Wahrheit. Ursula Cantieni erzählte nicht nur, sie lebte die Geschichte.<br />

„Es gibt Menschen, die unterhalten mit Verstand und<br />

erreichen dabei auch das Herz. Und heute war es sogar noch<br />

eine Spur mehr“, fasste Prälat Michael H. F. Brock, Vorstand <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, in seinen Dankesworten zusammen.<br />

Ravensburg<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Mehr Platz für Ausbildung<br />

Rasengräberanlage eingeweiht<br />

Über sechs neue Klassenzimmer, vier Gruppenräume, ein Lehrerzimmer<br />

sowie eine Tiefgarage kann sich das Institut für Soziale<br />

Berufe (IfSB) in Ravensburg freuen. Die neuen Räume entstehen<br />

auf 1000 Quadratmetern Fläche in <strong>der</strong> Kapuzinerstraße gegenüber<br />

vom bestehenden Gebäude. Erfreulicher Grund für den<br />

erhöhten Raumbedarf: kontinuierlich steigende Schülerzahlen,<br />

<strong>der</strong> Anstieg an Weiterbildungsteilnehmern und <strong>der</strong> Zuwachs an<br />

Fachschulen. Das IfSB in Ravensburg zählte im Jahr 2014 rund<br />

1400 Schüler und etwa 700 Teilnehmer in verschiedenen Weiterbildungen.<br />

Ende Oktober 2014 erfolgte <strong>der</strong> Spatenstich. Die<br />

Eröffnung des Neubaus ist für Februar 2016 geplant.<br />

Der <strong>Liebenau</strong>er Friedhof ist ein vertrauter Ort <strong>der</strong> Erinnerung für<br />

die Menschen, die von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> begleitet werden.<br />

Angehörigen von Verstorbenen war es ein Anliegen, dass Verwandte<br />

nicht anonym bestattet werden müssen. Die <strong>Stiftung</strong> hat<br />

nun eine mo<strong>der</strong>ne Anlage für Rasengräber errichtet. Die Anlage<br />

für die Urnengräber hat die Form eines Kreuzes. Durch einen Torbogen<br />

betritt man die Gedenkstätte. „Er soll an das Tor zum ewigen<br />

Leben erinnern“, erklärte Wolfgang Ilg vom Pastoralen Dienst<br />

bei <strong>der</strong> Einweihung. Zu beiden Seiten symbolisieren Lebensbäume<br />

Anfang und Ende. Im Sommer werden Rosen über das rhönradähnliche<br />

Gerüst klettern. Naturgrabsteine aus Tessiner Granit<br />

erinnern künftig an die Verstorbenen. Durch den befestigten<br />

Zugang zu den Gräbern haben auch Menschen, denen das Gehen<br />

schwer fällt, die Möglichkeit den Ort zu besuchen.<br />

4 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


<strong>Liebenau</strong><br />

11. Juli: Social 'n' Fun Festival<br />

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Am 11. Juli <strong>2015</strong><br />

veranstaltet die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> erstmals ein Fest für junge<br />

Menschen. Ein Name musste her: 90 Vorschläge gingen beim<br />

Orgateam ein. Gewonnen hat <strong>der</strong> Vorschlag <strong>der</strong> 27-jährigen Anna<br />

van Elk (Mitte): „Social 'n' Fun Festival“. Der Name ist Programm:<br />

Neben Infos über soziale Berufe gibt es ein attraktives Programm<br />

aus Workshops (z. B. Trommeln, Fotografieren, DJ) und Kursen<br />

und ein Abschlusskonzert mit verschiedenen Bands aus <strong>der</strong> Region.<br />

Es spielen Peter Pux, Taste of Trash und DJ Patrick. Anna<br />

van Elk, arbeitet übrigens selbst seit drei Jahren als Heilerziehungspflegerin<br />

und Altenpflegerin in <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik. „Es<br />

gibt in unserem Beruf immer wie<strong>der</strong> neue Überraschungen und<br />

dadurch wird es nie langweilig“, sagt sie selbst. „Je<strong>der</strong> Tag hier<br />

ist eine neue und spannende Herausfor<strong>der</strong>ung.“<br />

Das detaillierte Programm steht ab Mitte Mai auf <strong>der</strong> Website <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> www.stiftung-liebenau.de<br />

Meckenbeuren/Varna<br />

„Export“ <strong>der</strong> dualen Ausbildung nach Bulgarien<br />

Impressum<br />

<strong>Anstifter</strong><br />

Auflage: 6 500<br />

Herausgeber: <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Redaktion: Helga Raible (verantwortlich),<br />

Anne Oschwald, Susanne Droste-Gräff<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Siggenweilerstraße 11<br />

88074 Meckenbeuren<br />

Tel.: 07542 10-1181<br />

E-Mail: vera.ruppert@stiftung-liebenau.de<br />

Druck: Bodensee-Medienzentrum, Tettnang<br />

An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />

Elke Benicke, Michael H. F. Brock, Dr. Berthold Broll,<br />

Felix Kästle, Christof Klaus, Dr. Markus Nachbaur,<br />

Svenja Kranz, Claudia Wörner<br />

Eine Delegation aus Bulgarien besuchte zwei Tage lang die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>. Ziel des Besuches war, den bulgarischen Gästen<br />

konkrete Einblicke in die duale Berufsausbildung zu geben und<br />

auf die Übertragbarkeit in bulgarische Verhältnisse zu überprüfen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> initiiert zusammen mit dem bulgarischen<br />

Verband sozialer Nichtregierungsorganisationen (FSSB)<br />

die duale Ausbildung in Bulgarien. Der Bezug <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

zu Bulgarien besteht über das Bulgarisch-Deutsche Sozialwerk<br />

St. Andreas, an dem die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> beteiligt ist.<br />

Die Texte in Leichter Sprache (S. 26 und 34) wurden<br />

geprüft von <strong>der</strong> Prüfergruppe <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe.<br />

Spendenkonto: <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Sparkasse Bodensee<br />

BLZ 690 500 01, Kt. 20 994 471<br />

IBAN: DE35 6905 0001 0020 9944 71<br />

BIC: SOLADES1KNZ<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

5


...<br />

Foto: Kästle<br />

6 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Gegen das Vergessen<br />

Gedenkgottesdienst für die Opfer des nationalsozialistischen Terrors<br />

von Claudia Wörner<br />

LIEBENAU – Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung gehörten zu den ersten Opfern<br />

des nationalsozialistischen Terrors. Beim Gottesdienst <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

zum Tag des Gedenkens am 27. Januar standen die Namen <strong>der</strong><br />

501 Männer, Frauen und Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Kirche im Mittelpunkt.<br />

Zusammen mit <strong>der</strong> Orgelimprovisation von Georg En<strong>der</strong>witz entstand ein<br />

eindrückliches Sinnbild gegen das Vergessen.<br />

Ein Name nach dem an<strong>der</strong>en ist beim Betreten <strong>der</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>er Kirche zu hören. Endlos scheint ihre Zahl<br />

zu sein. Zwischen den Namen hält die Stimme für ein<br />

paar Sekunden inne, so dass je<strong>der</strong> einzelne für kurze<br />

Zeit im Raum stehen bleiben kann. Je<strong>der</strong> Name<br />

gehörte einem Menschen – einem Menschen aus <strong>Liebenau</strong>,<br />

<strong>der</strong> von den Nationalsozialisten ermordet<br />

wurde. Im Altarraum steht das große Bild mit dem<br />

grauen Bus, auf den Stufen reihen sich die Kerzen.<br />

Plötzlich und machtvoll setzt die Orgel ein. Nein,<br />

diese Musik ist nicht gefällig. Sie jagt einem Schauer<br />

über den Rücken, erzeugt ein Gefühl des Unwohlseins.<br />

Die dissonante Musik wird leiser und die<br />

Namen schieben sich wie<strong>der</strong> in den Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Auszubildende <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> haben sich im<br />

Archiv mit Dokumenten aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Ermordung<br />

<strong>der</strong> 501 Menschen auseinan<strong>der</strong>gesetzt: Transportlisten,<br />

Briefe, Belege für Nachforschungen bis in die<br />

heutige Zeit. Sie gingen den Spuren nach, betrieben<br />

„Spurensicherung“. In sachliche Worte fassten sie die<br />

Tatsachen und verlasen sie von ihrem Platz in <strong>der</strong><br />

Kirchenbank aus. Verbunden mit den Jahreszahlen<br />

ab 1933 wurde einmal mehr deutlich, dass <strong>der</strong> Boden<br />

für die grausame Ermordung „min<strong>der</strong>wertigen“<br />

Lebens früh bereitet war. „Im Vor<strong>der</strong>grund stand<br />

eine Kosten-Nutzen-Rechnung“, sagte eine <strong>der</strong> Auszubildenden.<br />

Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken<br />

Nachwuchses“ zog zahlreiche Zwangssterilisierungen<br />

nach sich. Am 1. Juli 1940 kamen die ersten Busse<br />

nach <strong>Liebenau</strong>. Ihr Ziel: Grafeneck auf <strong>der</strong> Schwäbischen<br />

Alb. „Das Wissen <strong>der</strong> Bewohner verdichtete<br />

sich, dass diejenigen, die in die Busse einsteigen,<br />

nicht mehr zurückkommen“, war zu hören. Auch<br />

dass die Hinterbliebenen durch fingierte Krankheiten<br />

bewusst getäuscht wurden, riefen die Auszubildenden<br />

in Erinnerung.<br />

Je<strong>der</strong> Besucher des Gedenkgottesdienstes erhielt ein<br />

Kärtchen mit dem Namen eines ermordeten Menschen<br />

aus <strong>Liebenau</strong>. Wie<strong>der</strong> spielte Organist Georg<br />

En<strong>der</strong>witz und reihte Töne aneinan<strong>der</strong>, die ihre<br />

Angst nochmals greifbar machte. „Hinter jedem<br />

Namen steht ein Schicksal, ein Mensch, eine Persönlichkeit<br />

und eine politische Bewertung“, sagte Prälat<br />

Michael H. F. Brock, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

„Eine Abwertung des Lebens, eine Einteilung in<br />

lebenswert und lebensunwert.“ Auch seine Worte<br />

sind unterlegt von <strong>der</strong> Stimme, die die Namen <strong>der</strong><br />

501 Ermordeten liest. So als gäbe es kein Lernen aus<br />

<strong>der</strong> Geschichte, würden auch im Jahr <strong>2015</strong> Menschen<br />

auf die Straße gehen und die Angst vor Menschen<br />

an<strong>der</strong>er Kultur und Religion schüren, spielte Brock<br />

auf die aktuellen „Pegida“-Demonstrationen an.<br />

Brock for<strong>der</strong>te dazu auf, das Kärtchen mit dem<br />

Namen mitzunehmen und für die Seele dieses Menschen<br />

zu beten. „Was diesen Personen wi<strong>der</strong>fahren<br />

ist, möge sich in unser Gewissen einprägen.“<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

7


Beihilfe zur Selbsttötung<br />

Ethikkomitee <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> legt Stellungnahme vor<br />

Die Fragen stellte Susanne Droste-Gräff<br />

LIEBENAU – Die organisierte Beihilfe zur Selbsttötung soll in Deutschland<br />

künftig unter Strafe gestellt werden. An <strong>der</strong> Diskussion über den<br />

Gesetzentwurf zum § 217 StGB beteiligt sich auch die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Allein in Deutschland betreut die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> mehr als 3000<br />

alte Menschen. Ihre Begleitung in den letzten Lebenstagen, mit dem<br />

Anspruch, ein würdevolles Leben bis zuletzt möglich zu machen, ist<br />

dabei eine wichtige Aufgabe. Eine Stellungnahme des Ethikkomitees <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> befasst sich mit rechtlichen und ethischen Aspekten <strong>der</strong> Suizidbeihilfe.<br />

Wir sprachen mit Aufsichtsratsmitglied Professor Dr. Bruno<br />

Schmid, dem Vorsitzenden des Ethikkomitees.<br />

Vor wenigen Monaten hat das Ethikkomitee <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> seine Stellungnahme zur Beihilfe<br />

zum Suizid vorgelegt. Auf welche Resonanz<br />

ist sie bisher gestoßen? Gab es Unterschiede zu<br />

den Stellungnahmen <strong>der</strong> Vergangenheit?<br />

Wir unterscheiden normalerweise bei unseren Stellungnahmen,<br />

ob sie eher nach außen gerichtet sind –<br />

wie zum Beispiel die Stellungnahme zur Präimplantationsdiagnostik<br />

aus dem Jahr 2011 – o<strong>der</strong> ob sie eher<br />

innerhalb <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> Anlass und Grundlage<br />

für eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit einem Thema<br />

sein sollen. Die aktuelle Stellungnahme will beides.<br />

Professor Dr. Bruno Und so haben wir sowohl von Experten gründliche<br />

Schmid ist Mitglied Rückmeldungen erhalten, aus <strong>der</strong> Politik eher wenig.<br />

des Aufsichtsrats <strong>der</strong> Innerhalb <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> waren die Diskussionen<br />

dagegen sehr lebhaft und kontrovers. Einigen<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

und Vorsitzen<strong>der</strong> des war das Nein zur Selbsttötung im christlichen Kontext<br />

nicht stark genug. Auch das Infragestellen <strong>der</strong><br />

Ethikkomitees.<br />

Foto: privat<br />

kirchlichen Tradition, nach <strong>der</strong> die Selbsttötung als<br />

Missachtung des Lebens als Gottes Geschenk scharf<br />

verurteilt wurde, war für einige irritierend. Das<br />

gehört aber zum Prozess <strong>der</strong> Urteilsbildung.<br />

Philosophen und Theologen haben sich seit jeher<br />

auch mit <strong>der</strong> Selbsttötung auseinan<strong>der</strong>gesetzt.<br />

Wie erklären Sie sich die neuerliche Diskussion<br />

über die Beihilfe zum Suizid? Gab es „Auslöser“?<br />

Seit einigen Jahren ist eine Art „Sterbetourismus“ in<br />

die Beneluxlän<strong>der</strong> zu beobachten. Hier ist die Tötung<br />

auf Verlangen unter bestimmten Umständen nicht<br />

strafbar, wenn sie durch einen Arzt erfolgt. Auch in<br />

die Schweiz reisen viele Sterbewillige. Der Schweizer<br />

Verein Dignitas hat im Jahr 2012 bei 177 Menschen<br />

Beihilfe zum Suizid geleistet, davon waren 172 Auslän<strong>der</strong>,<br />

77 kamen aus Deutschland. In <strong>der</strong> Schweiz<br />

ist, ähnlich wie in Deutschland, die Beihilfe zum<br />

Suizid nicht gesetzlich geregelt, die Tötung auf Verlangen<br />

jedoch strafbar. Der deutsche Gesundheitsminister<br />

Hermann Gröhe hat 2013 diese gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen aufgenommen und will nun<br />

die organisierte Beihilfe zum Suizid unter Strafe<br />

stellen.<br />

Worin liegt Ihrer Einschätzung nach die größte<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> in<br />

Bezug auf die Beihilfe zum Suizid?<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in <strong>der</strong> Pflege<br />

befinden sich in einem Dilemma, das nicht aufgelöst<br />

werden kann. Auf <strong>der</strong> einen Seite wollen sie Menschen<br />

bis zuletzt in Würde begleiten und <strong>der</strong>en<br />

Leben erhalten. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sollen sie den<br />

Willen <strong>der</strong> Bewohner respektieren und Autonomie<br />

ermöglichen. Gilt das auch für den Willen nach<br />

einem organisierten Tod? Das Gewissen des Einzelnen<br />

entscheidet. Es gibt kein Dogma <strong>der</strong> Moral. Dieses<br />

Dilemma anzunehmen ist das Hauptthema. Das<br />

Anliegen des Ethikkomitees hierbei ist es, die Mitarbeiter<br />

zur Urteilsbildung zu befähigen, um dann in<br />

<strong>der</strong> konkreten Situation bewusst mit allen Aspekten<br />

umgehen zu können.<br />

In <strong>der</strong> Stellungnahme – und auch in <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Diskussion – ist immer wie<strong>der</strong> die Rede von<br />

<strong>der</strong> „Suizidprävention“. Wie könnte diese konkret<br />

aussehen? Womit beginnt sie?<br />

Wenn wir von <strong>der</strong> Suizidprävention im Alter sprechen,<br />

gibt es durchaus mehrere Ansätze. Da sind<br />

natürlich die Hospizarbeit und die Palliativpflege zu<br />

nennen. Vor allem aber zuvor gelernt zu haben, das<br />

8 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


eigene Altern anzunehmen und damit auch die<br />

„Zumutung“ des Älterwerdens, scheint mir wesentlich.<br />

Auch die Mitarbeiter könnten – zum Beispiel<br />

über Fortbildungen – dazu angeregt werden, das Altwerden<br />

zu reflektieren. Und wenn die Pflegekräfte in<br />

<strong>der</strong> Lage sind, den Bewohnern Lebensfreude zu vermitteln<br />

und ihnen dabei beistehen können, Verluste<br />

zu bewältigen, kann das präventiv wirken.<br />

Info<br />

Die Stellungnahme „Beihilfe zum Suizid in<br />

ethischer Bewertung“ ist zu finden unter<br />

www.stiftung-liebenau.de und erhältlich<br />

unter <strong>der</strong> Tel.: 07542 10-1207.<br />

Die Position <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zur Sterbehilfe<br />

Der Respekt vor <strong>der</strong> Autonomie des Suizidwilligen steht für das Ethikkomitee an oberster Stelle. Es schlägt<br />

daher in <strong>der</strong> Diskussion um die Beihilfe zur Selbsttötung die Prüfung einer gesetzlichen Regelung auf Ebene<br />

des Verwaltungsrechts vor – wie zum Beispiel Bußgel<strong>der</strong> für organisierte Suizidunterstützer – und auf eine<br />

Anwendung des Strafrechts zu verzichten Die aktive Beihilfe zum Suizid ist den Mitarbeitern <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> untersagt. Wichtig war dem Ethikkomitee zudem eine Begriffsklärung, um Unschärfen und Missverständnisse<br />

in <strong>der</strong> öffentlichen Diskussion zu vermeiden. Unter den Begriff „Sterbehilfe“ fallen sowohl<br />

strafbare als auch nicht strafbare Handlungen.<br />

Aktive Sterbehilfe > steht in Deutschland unter<br />

Strafe<br />

Gezielter Eingriff auf Verlangen des Patienten mit <strong>der</strong><br />

Absicht <strong>der</strong> Tötung<br />

Beihilfe zum Suizid > bisher nicht verboten<br />

Verschreiben/Besorgen tödlicher Medikamente, die<br />

<strong>der</strong> Patient selbst einnimmt<br />

Passive Sterbehilfe > nicht strafbar<br />

Einen Patienten auf dessen Wunsch an seiner Krankheit<br />

sterben lassen, indem eine Therapie beendet<br />

o<strong>der</strong> nicht ausgeweitet wird<br />

Indirekte Sterbehilfe > nicht strafbar<br />

Einsetzen von schmerzlin<strong>der</strong>nden Maßnahmen auf<br />

Wunsch des Patienten, die möglicherweise lebensverkürzend<br />

wirken<br />

Sterbebegleitung > nicht strafbar<br />

Pflegerische, symptom- und schmerzlin<strong>der</strong>nde sowie<br />

seelsorgerische Maßnahmen (Hospiz/Palliativ Care)<br />

Neue Finanzierung für die Sozialwirtschaft<br />

Der Ansatz des Wirkungsorientierten Investierens (WI)<br />

von Susanne Droste-Gräff<br />

LIEBENAU – Soziale Dienstleistungen sind in Deutschland regelfinanziert:<br />

Ausgehend vom Hilfebedarf des Einzelnen und <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Einstufung finanzieren verschiedene Leistungsträger diesen Bedarf<br />

– seien es die Sozialversicherungsträger, die Arbeitsagentur o<strong>der</strong> die<br />

öffentliche Hand. Mit dem demografischen und gesellschaftlichen Wandel<br />

kommen große Herausfor<strong>der</strong>ungen auf diese Finanzierungsform zu.<br />

Die dann notwendigen Innovationen und präventiven Maßnahmen, um<br />

das Sozialsystem stabil und ausbaufähig zu halten, sind jedoch mit dem<br />

regelfinanzierten System nicht abgedeckt. Ein ergänzen<strong>der</strong> Ansatz ist das<br />

so genannte „Wirkungsorientierte Investieren (WI)“ o<strong>der</strong> auch „Social<br />

Impact Investment“.<br />

„Wirkungsorientiertes Investieren (WI)“ soll sich<br />

verstärkt privates Kapital zunutze machen, um<br />

gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen. „Das bedeutet<br />

nicht, den Staat aus <strong>der</strong> Verantwortung zu entlassen,<br />

son<strong>der</strong>n es geht hier um ein komplementäres<br />

System“, betont Dr. Markus Nachbaur, Vorstand <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. „Die staatlich garantierte<br />

Daseinsvorsorge – eine Errungenschaft des deutschen<br />

Systems – muss unberührt bleiben.“ Nachbaur<br />

war <strong>der</strong> einzige süddeutsche Vertreter <strong>der</strong> Sozialwirtschaft<br />

einer nationalen Expertengruppe, die im<br />

Auftrag <strong>der</strong> G8-Staaten Empfehlungen zu künftigen<br />

Finanzierungsmöglichkeiten gab.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil „Wirkungsorientierten<br />

Investierens“ ist <strong>der</strong> Beweis einer positiven Wirkung.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

9


Dr. Markus Nachbaur, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>, war Teil einer nationalen Expertengruppe,<br />

die im Auftrag <strong>der</strong> G8-Staaten Empfehlungen<br />

zu künftigen Finanzierungsmöglichkeiten<br />

gab. Foto: Kästle<br />

Zum einen, um die Investitionen zu legitimieren,<br />

zum an<strong>der</strong>en, um (potenzielle)<br />

Investoren zu überzeugen. Für die Finanzierung<br />

<strong>der</strong> Gemeinwesenarbeit in den<br />

„Lebensräumen für Jung und Alt“, die seit vielen<br />

Jahren durch die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und die jeweilige<br />

Gemeinde gedeckt und neuerdings über Bürgerstiftungen<br />

und künftig durch Genossenschaftsmodelle<br />

finanziert wird, ist dieser Beweis bereits erbracht.<br />

Eine SROI (Social Return on Invest)-Analyse, die die<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> in Auftrag gegeben hatte, hat<br />

unter an<strong>der</strong>em ergeben, dass bei älteren Bewohnern<br />

Pflegebedürftigkeit hinausgezögert o<strong>der</strong> unter<br />

Umständen verhin<strong>der</strong>t werden kann. Wünschenswert<br />

wäre nun die Bereitschaft des Leistungsträgers beziehungsweise<br />

des Staates, die Rendite zu zahlen, die<br />

sich aus den vermiedenen Kosten <strong>der</strong> Pflege ergibt.<br />

„Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Pflegeversicherung<br />

eine Ausschüttung an die Lebensräume tätigt“,<br />

erläutert Nachbaur.<br />

Um vermiedene Kosten im Gesundheitssystem geht es<br />

zum Beispiel auch beim Projekt „Discovering Hands“,<br />

das <strong>der</strong> Frauenarzt Dr. Frank Hoffmann iniziiert<br />

hatte: Blinde Frauen, die häufig auf dem Arbeitsmarkt<br />

schwer Fuß fassen können, werden zu medizinischen<br />

Tastuntersucherinnen für die Brustkrebsfrüherkennung<br />

ausgebildet. Das Projekt vereint<br />

Arbeitsintegrationsziele, und senkt durch die frühzeitige<br />

Entdeckung von Karzinomen hohe Behandlungs-<br />

und Folgekosten. Möglich war das Projekt nur<br />

durch Privatinvestoren. Die Rendite <strong>der</strong> vermiedenen<br />

Kosten zahlen hier bereits die Krankenkassen.<br />

Je wirksamer die präventive Maßnahme für eine<br />

bestimmte Zielgruppe ist und je bedeutsamer die<br />

Kosten für die Solidargemeinschaft wären, desto<br />

mehr tritt <strong>der</strong> Staat als Renditegeber auf den Plan.<br />

„Es gilt also, Sozialleistungen mit präventivem Charakter<br />

vorzufinanzieren und den Beweis zu erbringen,<br />

dass die angebotenen Leistungen wirksam sind“,<br />

fasst Nachbaur zusammen. So könne zum Beispiel<br />

langfristig auch <strong>der</strong> von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> aus<br />

Überzeugung vorangetriebene Bürger-Profi-Mix in ein<br />

regelfinanziertes System überführt werden – immer<br />

unter <strong>der</strong> Voraussetzung, dass <strong>der</strong> Nutzen nachgewiesen<br />

ist.<br />

Etablierte Finanzierungsquellen <strong>der</strong><br />

Sozialen Arbeit<br />

Social Impact Investment ist zusätzlich eine<br />

Möglichkeit, privates Kapital zu nutzen.<br />

Bereits etabliert sind:<br />

Entgelte/Pflegesätze<br />

Nutzungsentgelte<br />

EU-För<strong>der</strong>ung<br />

Vermögenserträge<br />

Kirchensteuern<br />

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb<br />

Mitgliedsbeiträge<br />

Sponsoring<br />

Spenden<br />

Testate<br />

Quelle: Halfar (1999)<br />

Hintergrund<br />

Vertreter aus Sozial- und Finanzwirtschaft,<br />

<strong>Stiftung</strong>en, Wissenschaft und öffentlicher Hand<br />

haben im Rahmen eines „National Advisory<br />

Boards (NABs)“ für die „Social Impact Investment<br />

Taskforce“ <strong>der</strong> G8-Staaten vor einem guten<br />

halben Jahr einen Bericht vorgelegt, <strong>der</strong> innovative<br />

Finanzierungsinstrumente für die sozialen<br />

Dienstleistungen darlegt, diskutiert und<br />

bewertet. Vorstand Dr. Markus Nachbaur war<br />

Mitglied in diesem Gremium.<br />

WirkungsorientierteS<br />

InvestiEREn:<br />

Neue Finanzierungsquellen zur Lösung<br />

gesellschaftlicher Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Der Abschlussbericht kann unter<br />

www.stiftung-liebenau.de unter News<br />

(10.10.2014) als pdf heruntergeladen werden.<br />

10 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


In unserer Mitte – Der Mensch<br />

<strong>Stiftung</strong>stag zum Leitwort <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

von Susanne Droste-Gräff<br />

LIEBENAU – „In unserer Mitte – Der Mensch“. Vor nahezu 25 Jahren<br />

fasste die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ihre Haltung in diesem Leitwort zusammen.<br />

Es ist seitdem Wegweiser für die Arbeit, für den Umgang mit Bewohnern,<br />

Mitarbeitern und auch mit sich selbst. Beim <strong>Stiftung</strong>stag 2014, zu dem<br />

traditionell Führungs- und Leitungskräfte eingeladen werden, nahm die<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> nun dieses Leitwort in ihre Mitte. Rund 200 Teilnehmer<br />

waren eingeladen seine Bedeutung zu entdecken, wie<strong>der</strong>zuentdecken<br />

und zu überprüfen.<br />

Mit unterschiedlichen Aussagen von Philosophen,<br />

Theologen und Schriftstellern ging Prälat Michael<br />

H. F. Brock, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, <strong>der</strong><br />

Die Bedeutung von Frage nach, was <strong>der</strong> Mensch sei. Brock machte auf<br />

Begegnung stellte diese Weise Wi<strong>der</strong>sprüche und Ambivalenzen deutlich,<br />

die sich dabei ergeben, wenn über den Men-<br />

Prälat Michael H. F.<br />

Brock ins Zentrum schen geredet wird.<br />

seiner Gedanken zum Sichtbar machte Brock die Vielfalt menschlichen<br />

Leitwort <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> Daseins anhand von 100 Menschenfotos: Glück, Verzweiflung,<br />

Macht, Ohnmacht, Grausamkeit und Lie-<br />

<strong>Liebenau</strong>.<br />

Foto: Droste-Gräff benswürdigkeit waren auf diesen Bil<strong>der</strong>n zu sehen.<br />

Brock for<strong>der</strong>te die Anwesenden anschließend auf,<br />

den Blick nun auf sich selbst zu richten: Mittels<br />

Taschenspiegeln begaben sich die Teilnehmer auf<br />

„Selbst-Entdeckung“, die bewusst machen sollte,<br />

dass je<strong>der</strong> Mensch am Anfang seines Lebens auf Hilfe<br />

angewiesen ist. Deutlich wurde so auch: Noch vor<br />

dem eigenen Wirken steht das Empfangen. Brock<br />

ging in dem Zusammenhang ein auf die Gefahr <strong>der</strong><br />

Selbstaufgabe in Bezug auf an<strong>der</strong>e Menschen: Über<br />

Generationen galt es als christlich, sich selbst aufzuopfern<br />

und nicht wichtig zu nehmen.<br />

Das Leitwort <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, häufig in caritativer<br />

Verengung ausschließlich verstanden als das<br />

Handeln aus <strong>der</strong> Nächstenliebe heraus, soll aber<br />

jeden Menschen in die Mitte stellen. Denn Zuwendung<br />

und Beziehung im Sinne von Martin Bubers<br />

Satz „Der Mensch wird am Du zum Ich“ könne nur<br />

gelingen, wenn man sich manchmal auch selbst in<br />

die Mitte stelle und Zuwendung durch an<strong>der</strong>e<br />

erhalte. Die vier Grundsätze des Leitwortes – christliche,<br />

wirtschaftliche, gesellschaftliche und individuelle<br />

Aspekte – sollen dabei keine Wi<strong>der</strong>sprüche darstellen.<br />

Es gehe um die Wie<strong>der</strong>entdeckung des dialogischen<br />

Lebens, immer im Bewusstsein, dass die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> inmitten von Regelsystemen dieser<br />

Welt handle.<br />

Im zweiten Teil des <strong>Stiftung</strong>stages stellten Mitarbeiter<br />

aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> in kurzen Statements Erfahrungen,<br />

Geschichten, Prozesse aus ihrer Arbeit vor.<br />

Immer auf das Leitwort „In unserer Mitte – Der<br />

Mensch“ bezugnehmend, reflektierten sie Begegnungen,<br />

fachliche Entwicklungen, Bemühungen um<br />

individuelle Lösungen. So kamen auch Spannungsfel<strong>der</strong><br />

zur Sprache, die entstehen, wenn zum Beispiel<br />

im Einzelfall abgewägt werden muss zwischen Kundenwunsch<br />

und Arbeitsbelastung des Mitarbeiters.<br />

Die Schauspieler Jutta Klawuhn und Alexan<strong>der</strong> Niess<br />

vom Theater Ravensburg setzten diese Schil<strong>der</strong>ungen<br />

in kurze, burlesk improvisierte Szenen um und<br />

gaben ihnen so überraschende Wendungen und neue<br />

Perspektiven.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

11


Tausend neue Schritte<br />

von Prälat Michael H. F. Brock<br />

Das hört sich viel an: tausend neue Schritte. Zählen<br />

Sie Ihre Schritte, die täglichen, gewohnten? Ich tue<br />

das. Nicht immer, aber hin und wie<strong>der</strong>. Die ersten<br />

Schritte früh morgens. Die gequälten, halb verschlafenen<br />

hinüber zum Bad, unter die Dusche, zurück in<br />

die Küche, hinab zur Zeitung und die erste geplante<br />

Ruhephase nach den ersten Schritten beim Kaffee.<br />

Dann die Schritte, die gewohnten, alltäglichen: zur<br />

Arbeit, zum Schreibtisch, in Besprechungen. Treppen,<br />

Flure, Gänge. Das übliche „Guten Morgen“ und<br />

die vielen Worte zwischen den immer weniger werdenden<br />

Schritten. Bei manchen ist es umgekehrt: die<br />

immer weniger werdenden Worte bei den immer größer<br />

werdenden Laufwegen – von Zimmer zu Zimmer<br />

in unseren Pflegeheimen, auf den Wohngruppen. Die<br />

immer gleich eingefor<strong>der</strong>te Freundlichkeit. Die immer<br />

gleichen Wege. Dieselben Menschen: die freundlichen,<br />

mürrischen, wortgewandten und murrenden.<br />

Die Pausengespräche und die wie<strong>der</strong> gewohnten<br />

Schritte in den gewohnten Bahnen. Der abendliche<br />

Einkauf, zurück in die Wohnungen und Häuser und<br />

bald schon wie<strong>der</strong> ins Bad, <strong>der</strong> letzte Blick in den<br />

Nachthimmel, in ein Buch, ein Blick in Nachrichten<br />

und einen Film o<strong>der</strong> die gewohnten Gespräche vor<br />

dem Schlafengehen. Dann hätten wir sie wie<strong>der</strong> beisammen.<br />

Bei den meisten von uns sind es zwischen<br />

dreitausend und viertausend Schritte. So viele? Ja,<br />

und doch so wenige. Die gewohnten reichen nicht<br />

aus. Das sagen jedenfalls die „Apps“ auf unseren<br />

„Gesundheitstelefonen“. Die Uhren an <strong>der</strong> Hand o<strong>der</strong><br />

besser noch unser gesun<strong>der</strong> Menschenverstand. Die<br />

gewohnten Schritte werden wir meist nicht verän<strong>der</strong>n<br />

können. Aber viertausend Schritte sind zum<br />

Glücklichsein auch nicht ausreichend. Und <strong>der</strong> Weg<br />

vom Bett zum Bad, in die Arbeit und wie<strong>der</strong> zurück<br />

ist auch noch kein ausgefülltes Leben. Und die sorgenvollen<br />

Schritte allemal machen den Tag noch<br />

nicht zu dem Tag, den ich meine. Ich habe tausend<br />

Schritte übersprungen bei meiner Beschreibung. Es<br />

sind die tausend Schritte, die Sie hinzufügen dürfen,<br />

wenn Sie neben den gewohnten und notwendigen<br />

Schritten ein paar glückliche und fürsorgende noch<br />

mit hinzunehmen. Nehmen Sie die Schritte, die Sie<br />

abseits des Gewohnten heute noch einmal zu einem<br />

Menschen führen, an dem Sie am Morgen noch vorübergingen<br />

in Gedanken. Jene Wege, die Sie zu<br />

einem Menschen führen, <strong>der</strong> Sie noch sehnlichst<br />

erwartet, obwohl doch eigentlich gar keine Zeit übrig<br />

war. O<strong>der</strong> jene Schritte, auf die Sie sich den ganzen<br />

Tag gefreut haben, Sie am Abend noch gemeinsam<br />

gehen zu dürfen. Manchmal sind es auch Fluchtschritte.<br />

Auch die muss es manchmal geben. Schritte,<br />

die Sie einfach weg führen von den gewohnten<br />

Gängen. Suchende, hoffende, sehnsüchtige Schritte<br />

paaren sich mit den liebevollen, gewohnten und<br />

neuen. Ja, überhaupt: Gönnen Sie sich noch neue<br />

Schritte? Sagen wir tausend am Tag. Tausend neue<br />

Schritte. Das schafft man in einer Stunde. Ich hab‘s<br />

probiert. Und es ist keinesfalls anstrengend. Tausend<br />

neue Schritte sind nicht nur gesund für den Körper.<br />

Sie führen uns auch auf Wege, die wir gewohnt so<br />

gar nicht beschreiten würden. Es muss ja nicht<br />

gleich unser ganzes Leben verän<strong>der</strong>n. Aber ein Blick,<br />

eine Begegnung, ein Augenblick Verän<strong>der</strong>ung am Tag<br />

lässt uns ja auch den gesamten Tag an<strong>der</strong>s erscheinen.<br />

Ich jedenfalls plädiere für die tausend Schritte<br />

mehr am Tag – neue Schritte, damit uns die<br />

gewohnten nicht im Weg stehen.<br />

michael.brock@stiftung-liebenau.de<br />

12 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Arbeit mit viel Leidenschaft und Herzblut<br />

Alois Gohm mit dem Ehrenzeichen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ausgezeichnet<br />

von Felix Kästle<br />

LIEBENAU – Herzlichen Glückwunsch: Mit <strong>der</strong> Verleihung des Ehrenzeichens<br />

hat die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> am 29. Januar im Schloss <strong>Liebenau</strong> die<br />

Verdienste von Alois Gohm um die Satzungszwecke <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

gewürdigt und ihn im Rahmen einer Feierstunde zugleich verabschiedet.<br />

Dreizehn Jahre lang hat <strong>der</strong> ehemalige Bürgermeister von Bermatingen<br />

im Auftrag des <strong>Stiftung</strong>svorstands gewirkt.<br />

So wie er mit viel Leidenschaft, Herzblut und Engagement<br />

für die Gemeinde Bermatingen gearbeitet<br />

habe, habe er auch in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> gewirkt, sagte<br />

Dr. Berthold Broll, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Gerade Gohms kommunaler Blick von außen auf die<br />

<strong>Stiftung</strong> sei wertvoll gewesen. Als Berater des Vorstandes<br />

und <strong>der</strong> Geschäftsführungen habe er seinen<br />

reichhaltigen Erfahrungsschatz eingebracht, wichtige<br />

Entwicklungen begleitet und Beziehungen geknüpft.<br />

„Beson<strong>der</strong>s lag Alois Gohm die Gemeinwesenorientie-<br />

rung am Herzen“, sagte Broll. Entsprechend habe er<br />

sich für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Gemeinwesenarbeit<br />

in den „Lebensräumen für Jung und Alt“ engagiert.<br />

Gefragter Ratschlag<br />

Gohm habe auch die Idee <strong>der</strong> Bürgerstiftungen eingebracht<br />

und <strong>der</strong>en Entwicklung in den Gemeinden<br />

Oberteuringen, Eriskirch, Deggenhausertal, Maikammer<br />

und Tettnang vorangetrieben. Kurzum: „Gohms<br />

Ratschlag war und ist in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

gefragt und hat Gewicht“, sagte Broll bei <strong>der</strong> Verleihung<br />

des Ehrenzeichens an Gohm, <strong>der</strong> „stets eine<br />

hohe Loyalität und Identifikation mit den sozialen<br />

Zielen und christlichen Werten <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong>“ gezeigt<br />

habe. Deshalb sei die Entscheidung für das Ehrenzeichen<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> leicht gewesen, das seit 2002<br />

inzwischen 21 Mal verliehen wurde.<br />

Partnerschaftlich viel erreichen<br />

Für die Kollegen aus den Kommunen würdigte Karl-<br />

Heinz Beck, Bürgermeister von Oberteuringen,<br />

Gohms Wirken. „Alois Gohm ist im Zweitberuf aufgegangen<br />

und hat so sorgfältig gearbeitet wie im Erstberuf<br />

als Bürgermeister“, lobte er. Gohm habe wichtige<br />

Impulse in die Gemeinde getragen. Gohm selbst<br />

sagte nach <strong>der</strong> Verleihung des Ehrenzeichens: „Ich<br />

bin überzeugt, dass die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und Kommunen<br />

weiterhin in Zukunft vieles gemeinsam zum<br />

Wohle <strong>der</strong> Menschen erreichen können, wenn sie<br />

partnerschaftlich und vertrauensvoll miteinan<strong>der</strong><br />

umgehen. Ich sehe auf dieser Basis <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

noch viel Potenzial für die Entwicklung und Projekte.“<br />

Für seine Verdienste um die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> erhielt Alois<br />

Gohm (rechts) das Ehrenzeichen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> vom<br />

Vorstand (v.l.) Dr. Berthold Broll, Prälat Michael H. F. Brock,<br />

Dr. Markus Nachbaur. Foto: Kästle<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

13


Als kompetenter Partner in die Metropole<br />

<strong>Stiftung</strong> Hospital zum Heiligen Geist übernimmt Einrichtungen in Frankfurt<br />

von Helga Raible<br />

KISSLEGG – Vom Allgäu in die Metropolregion: Die <strong>Stiftung</strong> Hospital zum<br />

Heiligen Geist, Kisslegg, übernimmt die Trägerschaft eines gemeinnützigen<br />

Bildungsunternehmens in Frankfurt/Main. Am 14. Januar <strong>2015</strong><br />

unterzeichneten <strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong>, vertreten durch Prälat Michael<br />

H. F. Brock und Dr. Markus Nachbaur, und <strong>der</strong> Vertreter des bisherigen<br />

Trägers Pädagogisches Bildungswerk e. V., Geschäftsführer Ulrich Spielmann,<br />

den Übernahmevertrag für die Rhein-Main-Bildung gGmbH.<br />

Die Rhein-Main-Bildung bietet ambulante Hilfen zur<br />

Erziehung, ambulante Dienste für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung sowie Hilfen für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen<br />

im Raum Frankfurt/Main und<br />

ist Träger einer Grund-, Haupt- und Realschule in<br />

Offenbach. Aufgrund interner Neuausrichtungen hatten<br />

die bisherigen Verantwortlichen einen verlässlichen<br />

Partner für die Übernahme ihrer gemeinnützigen<br />

Gesellschaft gesucht und Kontakt zur <strong>Stiftung</strong><br />

Hospital zum Heiligen Geist aufgenommen, da diese<br />

in ihrer Satzung ähnlichen Zwecksetzungen folgt.<br />

„Wir sind froh, dass wir mit <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> einen kom-<br />

petenten Partner gewonnen haben, <strong>der</strong> die Fortführung<br />

unserer inhaltlichen Arbeit, den Erhalt unserer<br />

sozialen Angebote für rund 200 Menschen und <strong>der</strong><br />

70 Arbeitsplätze gewährleistet“, kommentiert Geschäftsführer<br />

Spielmann. Bei den neuen Aufgaben in<br />

Frankfurt/Main werden künftig auch die Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> einfließen, mit <strong>der</strong> die <strong>Stiftung</strong><br />

Hospital zum Heiligen Geist eng verbunden ist.<br />

Christoph Gräf künftig auch in Frankfurt<br />

Das operative Geschäft <strong>der</strong> Rhein-Main-Bildung übernimmt<br />

<strong>der</strong> bisherige Leiter des Bereichs Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugend in Hegenberg, Christoph Gräf. Jörg Munk,<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe, meinte bei seiner<br />

Verabschiedung, die Rhein-Main-Bildung sei ein<br />

kleiner, aber spannen<strong>der</strong> Träger <strong>der</strong> Jugend-, Suchtund<br />

Einglie<strong>der</strong>ungshilfe. Munk nannte es ehrenhaft,<br />

dass sich Gräf auf dieses Neuland einlasse. Drei<br />

Arbeitstage die Woche verbringt Gräf vor Ort in<br />

Frankfurt, zwei Tage in <strong>Liebenau</strong>. Hier ist er für die<br />

St. Gallus-Hilfe weiterhin verantwortlich für Dienste<br />

aus dem Bereich <strong>der</strong> „Frühen Hilfen“ im Raum<br />

Bodensee-Oberschwaben wie etwa die Frühför<strong>der</strong>stelle,<br />

den Integrationsfachdienst, den Kin<strong>der</strong>hospizdienst,<br />

die sozialtherapeutische Nachsorge und wellcome.<br />

Christoph Gräf kam 1995 zur St. Gallus-Hilfe und<br />

übernahm die Leitung des Kin<strong>der</strong>- und Jugendbereichs<br />

in Hegenberg. „Sie sind frühzeitig zum Botschafter<br />

<strong>der</strong> UN-Kin<strong>der</strong>rechtskonvention geworden,<br />

die Sie in die fachpolitische Arbeit und ebenso in die<br />

praktische Arbeit in Hegenberg übertragen haben.“<br />

www.rheinmainbildung.de<br />

Nach <strong>der</strong> Vertragsunterzeichnung: (v.l.) Dr. Markus Nachbaur<br />

und Prälat Michael H. F. Brock, Vorstände <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

Hospital zum Heiligen Geist; Christoph Gräf und Jörg Munk,<br />

St. Gallus-Hilfe; Rechtsanwalt René Liepold und Geschäftsführer<br />

Ulrich Spielmann, beide Pädagogisches Bildungswerk<br />

und Dr. Berthold Broll, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

Hospital zum Heiligen Geist. Foto: Droste-Gräff<br />

14 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Möchte sich künftig für die berufliche<br />

Bildung von jungen Menschen<br />

einsetzen: Dr. Stefan Sommer,<br />

Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> ZF<br />

Friedrichshafen AG (3.v.l.) mit<br />

(v.l.) Prälat Michael H. F. Brock,<br />

Vorstand <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>; Herbert<br />

Lüdtke, Geschäftsführer BBW<br />

Adolf Aich; Dr. Joachim Senn,<br />

Aufsichtsratsvorsitzen<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> sowie die beiden<br />

Vorstände <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Dr. Berthold Broll und Dr. Markus<br />

Nachbaur. Foto: Klaus<br />

Gemeinsame Grundsätze verbinden<br />

ZF-Chef Dr. Stefan Sommer engagiert sich für die berufliche Bildung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG/LIEBENAU/FRIEDRICHSHAFEN – Gemeinsam im Einsatz für<br />

benachteiligte Jugendliche: Der Vorstandsvorsitzende <strong>der</strong> ZF Friedrichshafen<br />

AG, Dr. Stefan Sommer, hat die Schirmherrschaft für die berufliche<br />

Bildung in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> übernommen. Bei einem „Werkstatt-<br />

Frühstück“ mit zahlreichen Teilnehmern aus Wirtschaft und Politik im<br />

Ravensburger Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW) wurde die Zusammenarbeit<br />

offiziell bekanntgegeben.<br />

„Sie haben sich bereit erklärt, uns mit Ihrer Expertise,<br />

Ihrer Erfahrung und Ihren Netzwerken zur Seite<br />

zu stehen“, freute sich Dr. Berthold Broll, Vorstand<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, über die Unterstützung des<br />

ZF-Chefs bei <strong>der</strong> Qualifizierung und Ausbildung von<br />

Menschen mit beson<strong>der</strong>em Teilhabebedarf. Die ZF<br />

Friedrichshafen AG zählt zu den weltweit führenden<br />

Technologiekonzernen in <strong>der</strong> Antriebs- und Fahrwerktechnik.<br />

Nachhaltigkeit und Verantwortung –<br />

diese Grundsätze <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> seien auch<br />

zentrale Begriffe, die man mit <strong>der</strong> ZF verbinde, betonte<br />

Broll. Umso erfreulicher sei es, mit Dr. Stefan<br />

Sommer einen prominenten Schirmherren gewonnen<br />

zu haben – als „Brückenbauer zwischen Bildung und<br />

Arbeitsmarkt, zwischen Sozialeinrichtung und Wirtschaftsunternehmen“.<br />

Mit ihren gemeinnützigen Tochtergesellschaften<br />

engagiert sich die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> seit vielen Jahrzehnten<br />

in <strong>der</strong> beruflichen Bildung, um auch benachteiligten<br />

jungen Menschen einen Zugang zum<br />

Arbeitsmarkt zu ermöglichen, sei es durch den<br />

Berufsbildungsbereich <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe für Menschen<br />

mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> im BBW. Dort<br />

absolvieren gut 900 Jugendliche und Erwachsene mit<br />

beson<strong>der</strong>em För<strong>der</strong>bedarf, mit psychischen o<strong>der</strong> sozialen<br />

Problemen eine Berufsvorbereitung o<strong>der</strong> Ausbildung<br />

in einem von mehr als 50 anerkannten Berufen.<br />

Mit großem Erfolg, wie die jährlichen Vermittlungsquoten<br />

zeigen.<br />

„ZF för<strong>der</strong>t ein respektvolles und faires Miteinan<strong>der</strong><br />

und schätzt die Vielfalt unterschiedlicher Menschen“,<br />

sagte ZF-Chef Sommer. Soziale Verantwortung sei<br />

dem Konzern und seinen Mitarbeitern ein hohes Gut.<br />

„Daher übernehme ich gerne die Schirmherrschaft für<br />

die berufliche Bildung in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.“<br />

Zudem lege ZF selbst großen Wert auf eine umfassende<br />

Berufsausbildung seiner Facharbeiter. „Unsere<br />

langjährige praktische Erfahrung in Sachen Berufsausbildung<br />

geben wir daher sehr gerne an die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> weiter“, betonte Sommer, „um die Menschen<br />

dort bei ihrem Berufseinstieg zu unterstützen.“<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

15


Schmerzlicher Rückblick<br />

Gewalterfahrungen in <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

„Beim Streben nach Dezentralisierung und<br />

Normalisierung dürfen wir nicht vergessen:<br />

Menschen brauchen Orte, an denen ihnen<br />

Halt gegeben wird.“<br />

Monsignore Dr. h. c. Norbert Huber, früherer Vorstand<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

„Wer die Vergangenheit nicht kennt,<br />

nicht aus ihr lernt, hat keine Zukunft.“<br />

von Helga Raible<br />

LIEBENAU – „Hilfe, Gewalt“ – Unter diesem Titel stand ein zweitägiges<br />

Fachsymposium zur Aufbereitung von Gewalterfahrungen und ihren Konsequenzen.<br />

Ausgangspunkt <strong>der</strong> Diskussion war ein Forschungsprojekt im<br />

Auftrag <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zur Analyse von Gründen, Anlässen und<br />

Bedingungen erzieherischer Gewalt in <strong>der</strong> Zeit von 1945 bis 1975.<br />

Anhand von Zeitzeugenberichten und auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

von vielfältigen Dokument- und Textmaterialien<br />

haben Professor Dr. Susanne Schäfer-Walkmann und<br />

Professor Dr. Birgit Hein (Institut für angewandte<br />

Sozialwissenschaften an <strong>der</strong> Dualen Hochschule<br />

Stuttgart) eine Periode von 30 Jahren betrachtet und<br />

den Alltag in <strong>der</strong> damaligen Heil- und Pflegeanstalt<br />

<strong>Liebenau</strong> untersucht. Sie werteten zahlreiche Dokumente<br />

und Texte aus und führten qualitative Interviews<br />

mit Zeitzeugen. Das Ergebnis zeigt: In den Jahren<br />

1945 bis 1975 haben auch in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Menschen Gewalt und Leid erfahren müssen, ihre<br />

Würde wurde nicht immer ausreichend geachtet und<br />

geschützt.<br />

Dafür bat Dr. Berthold Broll im Namen des Vorstands<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ausdrücklich um Verzeihung:<br />

„Wir wissen: Geschehenes Unrecht lässt sich nicht<br />

rückgängig machen. Dennoch bitten wir die Betroffenen<br />

und ihre Angehörigen um Verzeihung und<br />

danken all denen, die über ihre Erfahrungen berich-<br />

Michael Löher, Vorstand Deutscher Verein für öffentliche<br />

und private Fürsorge<br />

tet haben, für ihren Mut und ihre Wachsamkeit.“ Die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Geschichte sei Auffor<strong>der</strong>ung<br />

an alle heute Tätigen in Leitungspositionen<br />

und in <strong>der</strong> Betreuungsarbeit, achtsam zu sein und zu<br />

bleiben.<br />

An <strong>der</strong> Studie nahmen 21 ehemalige Bewohnerinnen<br />

und Bewohner teil, 19 Interviews konnten vollständig<br />

ausgewertet werden. Ihre Berichte machen deutlich,<br />

dass <strong>der</strong> Lebensalltag wenig Selbstbestimmung<br />

und Privatheit zuließ: Große Schlafsäle, stark strukturierte<br />

Tagesabläufe, eine strenge Geschlechtertrennung<br />

waren kennzeichnende Aspekte. Die unmittelbaren<br />

Nachkriegsjahre waren zudem von Mangel<br />

geprägt – an Räumen, Ausstattung, Nahrung, (Fach-)<br />

Personal. Im Heimalltag herrschten strenge Regeln,<br />

<strong>der</strong>en Einhaltung auch mittels körperlicher Gewalt<br />

eingefor<strong>der</strong>t wurde. Auch in Konflikten unter den<br />

Bewohnern kam es zu Gewaltanwendung, ebenso<br />

wird von Übergriffen von Bewohnern gegen Mitarbeiter<br />

berichtet. Gleichzeitig, so die Wissenschaftlerinnen,<br />

hätten die Gesprächspartner immer wie<strong>der</strong><br />

eine hohe Verbundenheit mit „<strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>“ erkennen<br />

lassen, die für sie Heimat gewesen sei.<br />

Außerdem wurden Gespräche mit zehn ehemaligen<br />

Mitarbeitern geführt. Auch hier gab es Hinweise auf<br />

gewaltbegünstigende und -auslösende Momente.<br />

Angesichts des geringen Personalschlüssels und einer<br />

fehlenden fachlichen Qualifizierung fühlten sich die<br />

Mitarbeiter häufig überfor<strong>der</strong>t und allein gelassen.<br />

Wie die Wissenschaftlerinnen weiter erläuterten, war<br />

diese Zeit hierzulande immer noch stark geprägt von<br />

einer gesellschaftlichen Ausgrenzung von Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung. Und diese Form <strong>der</strong> „kulturellen<br />

16 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


„In allen Abhängigkeitsverhältnissen<br />

besteht die Gefahr <strong>der</strong> Gewaltandrohung<br />

o<strong>der</strong> gar Gewaltausübung,<br />

unabhängig von <strong>der</strong> Organisationsform.“<br />

Prof. Dr. Michael Seidel, Ärztlicher Direktor in den<br />

v. Bodelschwinghschen <strong>Stiftung</strong>en Bethel<br />

Gewalt“ habe sich in den damaligen Anstalten – als<br />

in sich weitgehend geschlossenen Einrichtungen –<br />

manifestiert.<br />

Die unterschiedlichen Bedingungsfaktoren von<br />

Gewalt gegen Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung skizzierte<br />

Professor Dr. Michael Seidel, Ärztlicher Direktor in<br />

den v. Bodelschwinghschen <strong>Stiftung</strong>en Bethel.<br />

Abhängigkeit, Überfor<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> unreflektierte<br />

Nähe zwischen Personen könnten ebenso gewaltför<strong>der</strong>nd<br />

wirken wie <strong>der</strong> Mangel an fachlicher Kompetenz<br />

und das fehlende Verständnis für Ursachen und<br />

Funktionen auffälligen Verhaltens, so die Erfahrung<br />

des Psychiaters und Psychotherapeuten.<br />

Prälat Michael H. F. Brock, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>, warf einen Blick auf die heutige Realität<br />

<strong>der</strong> Hilfe für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. Er nannte<br />

die Vielzahl an differenzierten Wohnformen, eine<br />

Professionalisierung <strong>der</strong> Arbeit und spezialisierte<br />

Ausbildungsgänge und Fortbildungsprogramme und<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Organisationsstruktur als<br />

wesentliche Merkmale <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung. Auch werde<br />

heute aktiv die Beteiligung <strong>der</strong> Bewohner an <strong>der</strong><br />

Gestaltung ihrer Lebensräume geför<strong>der</strong>t, zum Beispiel<br />

in Heim- und Werkstattbeiräten. „Alle diese<br />

Faktoren helfen, das Risiko gewalthafter Begegnungen<br />

zu verringern und Folgen zu mil<strong>der</strong>n“, so<br />

seine Schlussfolgerung. Dennoch sei es notwendig,<br />

das Erreichte auch heute stets kritisch zu hinterfragen.<br />

Konkreten Fragestellungen zum fachlichen Umgang<br />

mit dem Thema Gewalt widmete sich <strong>der</strong> zweite Tag<br />

des Symposiums. In verschiedenen Workshops,<br />

mo<strong>der</strong>iert von Fachleuten aus unterschiedlichen Einrichtungen<br />

<strong>der</strong> Hilfe für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung,<br />

ging es zum Beispiel um die Sensibilisierung von<br />

Mitarbeitern für Gewalt-Anfälligkeiten, um Strategien<br />

zur Prävention und Deeskalation und um Möglichkeiten<br />

zur emotionalen Verarbeitung von<br />

Gewalterlebnissen.<br />

Experten zu Gast beim Symposium „Hilfe, Gewalt“: (v.l.) Dr. Berthold Broll,<br />

Michael Löher, Deutscher Verein; Matthias Haag, Ethikkomitee <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>;<br />

Jörg Munk, Geschäftsführer St. Gallus-Hilfe; Prof. Dr. Birgit Hein, Institut für angewandte<br />

Sozialwissenschaften an <strong>der</strong> Dualen Hochschule Stuttgart; Prälat Michael<br />

H. F. Brock, Vorstand <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>; Prof. Dr. Susanne Schäfer-Walkmann,<br />

Institut für angewandte Sozialwissenschaften an <strong>der</strong> Dualen Hochschule Stuttgart;<br />

Prof. Dr. Michael Seidel, Ärztlicher Direktor in den v. Bodelschwinghschen <strong>Stiftung</strong>en<br />

Bethel. Foto: Klaus<br />

Susanne Schäfer-Walkmann, Birgit Hein<br />

„Das Schweigen dahinter“<br />

Der Umgang mit Gewalt im lebensweltlichen<br />

Kontext von Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zwischen<br />

1945 und 1975<br />

Herausgegeben von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Lambertus Verlag, Freiburg i. Breisgau <strong>2015</strong><br />

ISBN: 978-3-7841-2682-1<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

17


„Wir möchten keine Familie abweisen!“<br />

Spenden ermöglichen Sozialmedizinische Nachsorge<br />

Die Fragen stellte Svenja Kranz<br />

RAVENSBURG – Wenn Kin<strong>der</strong> zu früh geboren werden o<strong>der</strong> schwer krank<br />

sind, ist die Situation für die Eltern meist belastend und voller Ängste.<br />

Gerade nach einem langen Krankenhausaufenthalt sind die ersten Wochen<br />

zu Hause eine große Herausfor<strong>der</strong>ung. Immer häufiger betreut die Sozialmedizinische<br />

Nachsorge auch Familien mit Migrationshintergrund. Aber<br />

für Familien, die die deutsche Sprache wenig beherrschen, ist es noch<br />

schwieriger, mit <strong>der</strong> Situation klarzukommen. Oft herrscht kulturbedingt<br />

eine an<strong>der</strong>e Einstellung zu Krankheit o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung, die Mütter leben<br />

isoliert und nutzen kaum Hilfsangebote von außen. Zu ganz normalen<br />

Nachsorge-Themen kommen an<strong>der</strong>e Probleme, und im Zuge <strong>der</strong> Flüchtlingswelle<br />

verschärft sich die Situation. Susanne Dietrich und Nadja Nobis<br />

von <strong>der</strong> Sozialmedizinischen Nachsorge helfen in solchen Situationen,<br />

sind dafür jedoch auf Spenden angewiesen. Rund 50.000 Euro aus Spendenmitteln<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> sind 2014 in die Nachsorge geflossen.<br />

Was belastet diese Familien am meisten?<br />

Nadja Nobis: Die Familien sind vielfältigen Stress-<br />

Faktoren ausgesetzt: Wohnungsnot, Arbeitssuche,<br />

die Unsicherheit über den Asyl-Status o<strong>der</strong> Existenzangst.<br />

Hinzu kommt meistens ein Gefühl von Entwurzelung<br />

und die Ratlosigkeit, wie man all die<br />

Dinge finanziert, wenn man mit dem Frühgeborenen<br />

aus <strong>der</strong> Klinik nach Hause geht. Solche Sorgen stehen<br />

viel mehr im Vor<strong>der</strong>grund als das kranke Kind<br />

und müssen erst geklärt werden.<br />

Gibt es Erlebnisse, die Sie beson<strong>der</strong>s bewegten?<br />

Susanne Dietrich: Ich habe eine Flüchtlingsfamilie<br />

betreut, die mit einem Frühgeborenen mit Atemproblemen<br />

in einem Wohnheim lebte. Überall in den<br />

Wohnräumen war Schimmel, und da stellt sich die<br />

Frage, wo man mit Helfen anfangen soll.<br />

Nadja Nobis: Seit ein paar Monaten betreue ich eine<br />

Wir sagen Danke!<br />

Peter Ziemer aus Tettnang unterstützt die Werkstatt <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er<br />

Arbeitswelten Rosenharz mit einer großzügigen Spende. In einer Feierstunde<br />

überreichte Ziemer (Bildmitte) den Verantwortlichen einen Spendenscheck<br />

in Höhe von 6.000 Euro für die Verschönerung <strong>der</strong> Gartenanlage<br />

auf dem Gelände <strong>der</strong> Werkstatt.<br />

Spenden statt Geschenke: Nach diesem Grundsatz hat sich die Firma<br />

F. K. Systembau (im Bild links Geschäftsführer Frank Bechle) entschieden,<br />

in diesem Jahr auf Weihnachtsgeschenke an ihre Kunden zu verzichten<br />

und stattdessen die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> mit einer Spende in Höhe von<br />

2.000 Euro zu bedenken.<br />

18 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Wenn sie Flüchtlingsfamilien<br />

betreuen, stoßen<br />

Susanne Dietrich und<br />

Nadja Nobis von <strong>der</strong><br />

Sozialmedizinischen<br />

Nachsorge auf vielfältige<br />

Probleme. Foto: Kranz<br />

Flüchtlingsfamilie aus Syrien mit einem mehrfach<br />

behin<strong>der</strong>ten Kind. Die Familie gehört zu den sogenannten<br />

Kontingentflüchtlingen, ist legal nach<br />

Deutschland eingereist, weil ein hier leben<strong>der</strong><br />

Bekannter für sie und alle aufkommenden Kosten<br />

bürgt. Die Situation ist dramatisch, weil dringende<br />

Krankenhausaufenthalte anstehen und alles privat<br />

finanziert werden muss. Meine Unterstützung für die<br />

Familie wurde durch Spendengel<strong>der</strong> möglich.<br />

Auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie?<br />

Nadja Nobis: Unsere Arbeit ist auf 20 Stunden<br />

begrenzt, und in dieser Zeit müssen wir die Familien<br />

so gut vernetzen, dass die Hilfe anschließend weitergeht.<br />

Manchmal bräuchten wir mehr Zeit, die wird<br />

aber von den Kassen nicht finanziert. Und bei<br />

Flüchtlingsfamilien wird <strong>der</strong> Antrag auf Nachsorgeleistungen<br />

von den Ämtern oft gar nicht erst genehmigt.<br />

In dem Fall sind wir über Spenden sehr dankbar,<br />

denn wir möchten keine Familie abweisen, die<br />

Nachsorge möchte und braucht.<br />

Susanne Dietrich: Eine große Schwierigkeit ist die<br />

sprachliche Barriere. Wie soll ich einen Termin vereinbaren,<br />

wenn niemand zum Übersetzen da ist? Wir<br />

brauchen dringend ehrenamtliche Dolmetscher, vor<br />

allem für Arabisch, denn auch das zahlt die Krankenkasse<br />

nicht.<br />

Die Sozialmedizinische Nachsorge ist eine Kooperation<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und <strong>der</strong> Oberschwabenklinik<br />

(OSK). Damit die Nachsorge<br />

schnell und unbürokratisch helfen kann, ist<br />

<strong>der</strong> Dienst auf Spenden angewiesen.<br />

www.netzwerkfamilie.de/nachsorge.html<br />

Spendenkonto: Sparkasse Bodensee<br />

IBAN: DE35 6905 0001 0020 9944 71<br />

BIC: SOLADES1KNZ<br />

Stichwort: Nachsorge<br />

Die Baden-Württembergische Bank (BW-Bank) in Ravensburg und Friedrichshafen<br />

hat dem Berufsbildungswerk Adolf Aich 4.000 Euro gespendet.<br />

Edmund Rupp (vorn l.: BW-Unternehmenskunden Kreise Ravensburg und<br />

Bodensee) und Markus Kistler (hinten 3.v.r.; Unternehmenskundengeschäft<br />

Baden-Württemberg Süd-Ost) überbrachten die Spende.<br />

Der Ambulante Kin<strong>der</strong>hospizdienst im Landkreis Ravensburg und im<br />

Bodenseekreis freut sich über Spenden aus <strong>der</strong> Aktion Radio 7 Drachenkin<strong>der</strong>.<br />

Einen Scheck über 5.000 Euro überbrachte Projektleiterin Ilona<br />

Leicht (2.v.r.) von Radio 7 den Verantwortlichen des Kin<strong>der</strong>hospizdienstes,<br />

<strong>der</strong> von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und den Maltesern getragen wird.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

19


Die „Motoren“ <strong>der</strong> Lebensräume: 20 Gemeinwesenarbeiterinnen und Gemeinwesenarbeiter mo<strong>der</strong>ieren in den <strong>der</strong>zeit 27 Wohnanlagen <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er<br />

Altenhilfe Deutschland im süddeutschen Raum. Foto: privat<br />

20 Jahre Lebensräume für Jung und Alt<br />

Generationenübergreifendes Zusammenleben feiert Erfolgsgeschichte<br />

von Anne Oschwald<br />

LIEBENAU – „Lebensräume für Jung und Alt“ <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> stehen<br />

für generationenübergreifendes Zusammenleben mit dem Anreiz zum<br />

bürgerschaftlichem Engagement und zur Netzwerkarbeit. Zum 20-jährigen<br />

Jubiläum kamen Ende November zahlreiche Gäste nach <strong>Liebenau</strong>: Bürgermeister<br />

aus den Partnergemeinden feierten mit Verantwortlichen und<br />

Mitarbeitern <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und ihrer Tochtergesellschaften. Das<br />

Konzept <strong>der</strong> Lebensräume erhielt an diesem Tag viel Lob.<br />

Die Altenhilfe Deutschland <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

betreibt inzwischen 27 solcher Wohnanlagen im süddeutschen<br />

Raum. Im vorarlbergischen Bregenz<br />

betreibt die österreichische Schwestergesellschaft<br />

eine Wohnanlage. „Die Lebensräume sind zum Markenzeichen<br />

für die Aktivierung <strong>der</strong> Selbsthilfekräfte<br />

in unserer Gesellschaft geworden“, erklärte Dr. Berthold<br />

Broll, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, beim<br />

Festakt. Sein Dank galt nicht nur den Bürgermeistern,<br />

die sich schon früh auf das Konzept eingelassen<br />

haben, son<strong>der</strong>n vor allem auch den vielen Gemeinwesenarbeiterinnen<br />

und Gemeinwesenarbeitern, die das<br />

Konzept mit Leben füllen.<br />

Diesem Dank schloss sich Gerhard Schiele (Geschäftsführer<br />

<strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Altenhilfe Deutschland) an. Er<br />

war maßgeblich an <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Lebensräume<br />

beteiligt. Den Gästen schil<strong>der</strong>te er die Entstehungsgeschichte<br />

und gab Einblick in die Erfahrungen <strong>der</strong><br />

vergangenen 20 Jahre. Anfang <strong>der</strong> 90er-Jahre habe<br />

es eine Aufbruchsstimmung in <strong>der</strong> Altenhilfe gegeben.<br />

In diese Zeit fiel auch die Gründung des<br />

Bereichs <strong>der</strong> Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. „In<br />

Freiheit Beziehung zu gestalten, stand damals wie<br />

heute ganz oben auf <strong>der</strong> Agenda“, erläuterte Schiele.<br />

Der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen und soweit<br />

wie möglich selbst entscheiden.<br />

Gemeinwesenarbeit: die soziale Basis<br />

Die erste Wohnanlage in Vogt wurde kurz vor Weihnachten<br />

1994 bezogen. Es folgten rasch weitere<br />

Wohnanlagen in Amtzell, Meckenbeuren, Kressbronn<br />

und Ravensburg. Vertraglich wird die Zusammenarbeit<br />

mit den Kommunen im sogenannten Grundlagenvertrag<br />

geregelt. „Die Fachkraft <strong>der</strong> Gemeinwesenarbeit<br />

mo<strong>der</strong>iert, schafft Gelegenheiten, ist Netzwerker,<br />

um Menschen miteinan<strong>der</strong> in Kontakt zu<br />

bringen“, so Schiele. Menschen sollen selbst aktiv<br />

werden. Nicht die Defizite stehen im Vor<strong>der</strong>grund,<br />

vielmehr sollen die Fähigkeiten <strong>der</strong> Einzelnen verknüpft<br />

werden. Strukturen wie Bewohnerbeirat,<br />

diverse Teams o<strong>der</strong> die Notrufkette bilden die wichtige<br />

Basis für das Zusammenleben. Die mo<strong>der</strong>ierte<br />

Gemeinwesenarbeit sowie <strong>der</strong> Gemeinschaftsraum in<br />

je<strong>der</strong> Wohnanlage, <strong>der</strong> für Aktivitäten genutzt werden<br />

kann, sind daher zentrale Bestandteile des Konzeptes.<br />

Der Begriff <strong>der</strong> „sorgsamen Nachbarschaft“ wurde<br />

geprägt. Rasch wurde die Fachöffentlichkeit auf das<br />

Konzept aufmerksam: Viele Besuchergruppen interessierten<br />

sich. Einen Höhepunkt stellte 2002 <strong>der</strong><br />

Besuch des damaligen Bundespräsidenten Johannes<br />

Rau dar. Im Laufe <strong>der</strong> Jahre wurde deutlich, dass ein<br />

Paradigmenwechsel gelungen war: weg von <strong>der</strong> Ver-<br />

20 Altenhilfe


sorgungseinrichtung hin zum Selbsthilfesystem, das<br />

bei Senioren erwiesenermaßen Pflegebedürftigkeit<br />

hinauszögern, wenn nicht sogar verhin<strong>der</strong>n kann.<br />

Lebensräume bilden Sozialkapital<br />

Wissenschaftlich begleitet wurde die Entwicklung<br />

durch verschiedene Forschungsprojekte unter Leitung<br />

von Prof. Dr. Sigrid Kallfaß. „Es gibt wenige<br />

Konzepte in <strong>der</strong> Altenhilfe, die so intensiv empirisch<br />

begleitet wurden wie die Lebensräume“, sagte die<br />

Leiterin <strong>der</strong> Steinbeis Transferzentren Sozialplanung,<br />

Qualifizierung und Innovation. Die Erhebungen ergaben,<br />

dass die Lebensräume Sozialkapital bilden. Das<br />

bedeutet, dass eigene Kräfte entwickelt werden, die<br />

dem Gemeinwesen zur Verfügung stehen. „Je höher<br />

das Sozialkapital in einem System ist, desto besser<br />

geht es den einzelnen Menschen“, so die Erkenntnis.<br />

Paul Locherer (Mitglied des Landtags, ehemaliger<br />

Bürgermeister von Amtzell und Aufsichtsratsmitglied)<br />

nannte die Lebensräume eine Erfolgsgeschichte,<br />

die er und seine Kollegen verschiedener Kommunen<br />

mitgestalten konnten. Für ihn sei immer wichtig<br />

gewesen, dass alte Leute „unter uns“ leben. Die<br />

Gesellschaft brauche eine Beteiligungskultur, so wie<br />

sie sich in Amtzell entwickelt habe. Wichtig sei auch,<br />

dass die präventive Arbeit anerkannt werde, was sich<br />

auch finanziell nie<strong>der</strong>schlagen müsse. Die kommu-<br />

Feierten gemeinsam mit ihren Gästen 20 Jahre Lebensräume für Jung und Alt (v.l.):<br />

Dr. Berthold Broll, Vorstand <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>; Dr. Joachim Senn, Aufsichtsratsvorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>; Stefanie Locher und Gerhard Schiele, Geschäftsführung<br />

<strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Altenhilfe Deutschland; Alexan<strong>der</strong> Künzel, Sprecher von Netzwerk SONG;<br />

Karin Bruker, Gemeinwesenarbeiterin; Prof. Dr. Sigrid Kallfaß, Leiterin <strong>der</strong> Steinbeis<br />

Transferzentren Sozialplanung, Qualifizierung und Innovation; Dr. Markus Nachbaur,<br />

Vorstand <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>; Paul Locherer, ehemaliger Bürgermeister von Amtzell,<br />

MdL, Aufsichtsratsmitglied; Monsignore Dr. h.c. Norbert Huber, ehemaliger Vorstand<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und Mitinitiator <strong>der</strong> Lebensräume und Prälat Michael H. F. Brock,<br />

Vorstand <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Gerhard Schiele, Geschäftsführer <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Altenhilfe,<br />

hat das Konzept <strong>der</strong> „Lebensräume für Jung und Alt“ maßgeblich<br />

mitentwickelt. Gemeinweserarbeiterin Karin Bruker<br />

(links) hat bei <strong>der</strong> Veranstaltung mit einem humoristischen<br />

Sketch die Gemeinwesenarbeit veranschaulicht. Zusammen<br />

mit <strong>der</strong> allerersten Gemeinwesenarbeiterin Christa Welle-<br />

Lebherz freuen sie sich über den Erfolg. Fotos: Oschwald<br />

nalen Kompetenzen reichten auch in die sozialen<br />

Handlungsfel<strong>der</strong>. „Wir können die Familienpolitik<br />

nicht <strong>der</strong> Landes-, Bundes- und EU-Ebene überlassen“,<br />

so Locherer.<br />

Verknüpfung von Haupt- und Ehrenamt<br />

Provokativ war <strong>der</strong> Titel des Vortrags von Alexan<strong>der</strong><br />

Künzel, Sprecher des „Netzwerk: Soziales neu gestalten<br />

(SONG)“: Wer pflegt, wenn wir alle in Rente<br />

gehen? Netzwerk SONG – ein Zusammenschluss verschiedener<br />

sozialer Träger – sucht Lösungen zu<br />

grundlegenden Fragen <strong>der</strong> Sozialpolitik. Nach seinem<br />

Lob an die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zum Konzept <strong>der</strong><br />

Lebensräume widmete er sich <strong>der</strong> Frage wie die Versorgung<br />

von Senioren künftig gewährleistet werden<br />

kann. Von den rund 42 Millionen Beschäftigten sind<br />

rund zehn Prozent im Gesundheitswesen tätig. Diese<br />

Zahl <strong>der</strong> Erwerbstätigen schrumpft bis zum Jahr 2023<br />

auf 32 Millionen. Die Versorgungslücke im Gesundheitswesen<br />

wird dann deutlich spürbar. Der Rückgang<br />

auf etwa 3,2 Millionen Beschäftigte in diesem<br />

Sektor fällt außerdem mit dem Rentenalter <strong>der</strong> letzten<br />

geburtenstarken Jahrgänge zusammen.<br />

Man müsse sich von <strong>der</strong> Vorstellung verabschieden,<br />

dass Altenhilfe zu 100 Prozent von Profis geleistet<br />

werden könne. Er nahm die 60- bis 70-jährigen Senioren<br />

in den Blick, die in das soziale Leben eingebunden<br />

werden müssen. Sie hätten Zeit, seien meist fit<br />

und suchten nach Bestätigung und Sinnhaftigkeit.<br />

Es gelte Strukturen für das Zusammenwirken von<br />

Haupt- und Ehrenamt zu schaffen. Das Netzwerk<br />

SONG leistet hier bereits Unterstützung etwa über<br />

das Qualifizierungsprojekt „Lokale Verantwortungsgemeinschaften<br />

in kleinen Lebenskreisen (kurz:<br />

LoVe)“.<br />

Altenhilfe<br />

21


Sina Imhof, Teamleiterin <strong>der</strong> Wohngruppe<br />

Lindenallee, im Gespräch mit einem<br />

Bewohner. Foto: Gräfer<br />

Interkulturelle Verständigung im Heim<br />

Kultursensible Pflege am Beispiel des Pflegeheims Helios<br />

von Elke Benicke<br />

GOLDACH (SCHWEIZ) – Rund 21 Prozent <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung sind<br />

Menschen mit Migrationshintergrund 1 . Die einstigen „Gastarbeiter“ sind<br />

heute im Rentenalter und so wird eine Pflege, die Rücksicht auf kulturelle<br />

Hintergründe nimmt, immer wichtiger. Längst Alltag ist diese Pflege<br />

in <strong>der</strong> Schweiz, wo <strong>der</strong> Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund<br />

bei rund 35 Prozent 2 liegt. Viel Erfahrung haben zum Beispiel die Mitarbeiter<br />

des Schweizer Pflegeheims Helios, das im vergangenen Jahr sein<br />

30-jähriges Jubiläum feierte. Hausleiter Karl Eugster erklärt, worauf es<br />

ankommt.<br />

„Kommen raus o<strong>der</strong> bleiben?“ – diese Frage könnte<br />

womöglich zum morgendlichen Dialog gehören zwischen<br />

einer Pflegekraft, die kein Albanisch spricht,<br />

und einer Bewohnerin, die aus dem Kosovo stammt.<br />

Letztere konnte vielleicht schon einmal besser<br />

Deutsch, doch haben ihre sprachlichen Fähigkeiten<br />

aufgrund ihrer Demenzerkrankung nachgelassen. Die<br />

deutsche Frage verwirrt und frustriert sie. „Kenntnisse<br />

<strong>der</strong> Muttersprache und Kultur <strong>der</strong> Herkunftslän<strong>der</strong><br />

unserer Bewohner sind Türöffner, die Wertschätzung<br />

und Interesse signalisieren“, erklärt Karl<br />

Eugster. „Deshalb schauen wir, dass unsere Pflegekräfte<br />

dieselbe Sprache sprechen wie die älteren<br />

Menschen, die sie betreuen.“ Das Erzählen, das Mitteilen<br />

von Erlebnissen und Bedürfnissen funktioniere<br />

eben am besten über die Muttersprache – „natürlich<br />

aber nur, wenn zwischen den Gesprächspartnern eine<br />

Beziehung besteht“, bemerkt Pflegekraft Drita Byci,<br />

die selbst aus dem Kosovo kommt. „Es geht ja nicht<br />

ums Dolmetschen, son<strong>der</strong>n um Vertrauen.“<br />

„Mirëmëngjes, ju doni të ngriteni ose qëndrojnë ende<br />

mbetet një grimë?“, fragt Drita Byci. Sie freut sich<br />

über das entspannte Lächeln <strong>der</strong> Seniorin auf ihre<br />

Frage: „Guten Morgen, möchten Sie aufstehen o<strong>der</strong><br />

noch ein bisschen liegenbleiben?“ Sollte einmal<br />

keine muttersprachliche Pflegekraft für eine Bewohnerin<br />

im Dienst sein, lassen sich viele grundlegende<br />

Bedürfnisse und Belange auch anhand von Gestik,<br />

Mimik, Piktogrammen und Bil<strong>der</strong>n kommunizieren.<br />

„Neben <strong>der</strong> verbalen o<strong>der</strong> nonverbalen Kommunikation<br />

spielen allerdings auch an<strong>der</strong>e kulturelle Aspekte<br />

wie Religion o<strong>der</strong> Tradition und die eigene Kulturverbundenheit<br />

eine wichtige Rolle“, sagt <strong>der</strong> Hausleiter.<br />

„Deshalb singen, kochen und feiern wir im Pflegeheim<br />

Helios auch wie in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n gesungen,<br />

gekocht und gefeiert wird, reflektieren regelmäßig<br />

unsere Umgangsweisen o<strong>der</strong> auch unser persönliches<br />

Erscheinungsbild.“<br />

Es reiche jedoch nicht, die Menschen einer bestimmten<br />

Kultur zuzuordnen, <strong>der</strong> italienischen o<strong>der</strong> türkischen.<br />

Sie unterscheiden sich ja nicht nur durch<br />

ihre Herkunft und Religion, son<strong>der</strong>n auch durch ihre<br />

Biografie und Bildung, das Geschlecht, den sozialen<br />

Status und ihren Gesundheitszustand. „Es geht um<br />

eine individuelle Pflege, bei <strong>der</strong> kulturelle Prägungen<br />

und Bedürfnisse beson<strong>der</strong>s berücksichtigt werden“,<br />

fasst <strong>der</strong> Hausleiter zusammen.<br />

1 destatis (Statistisches Bundesamt), Mikrozensus für das Jahr 2013.<br />

2 Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE) für das Jahr 2013.<br />

Pflegeheim Helios<br />

Entstanden vor 30 Jahren aus einem ehemaligen<br />

Wohnhaus – <strong>der</strong> Villa Helios – , ist das<br />

Pflegeheim Helios heute eine mo<strong>der</strong>ne Pflegeeinrichtung.<br />

Es ist die erste in <strong>der</strong> Schweiz, in<br />

<strong>der</strong> das Konzept <strong>der</strong> Hausgemeinschaften realisiert<br />

wurde. Außerdem hat sie sich auf die<br />

Betreuung von Menschen mit Demenz spezialisiert.<br />

Heute leben rund 120 Menschen dort.<br />

Das Pflegeheim wird von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> Helios<br />

betrieben, die eng mit <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

zusammenarbeitet.<br />

www.pflegeheim-helios.ch<br />

22 Altenhilfe


Der Mann für alle Fälle<br />

Dem Gemüsebau gehört die Leidenschaft des WfbM-Beschäftigten<br />

von Christof Klaus<br />

LIEBENAU – Großer Erfolg für einen langjährigen WfbM-Beschäftigten <strong>der</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten: Sven Lohrey hat seit kurzem den Führerschein<br />

Klasse L für Traktoren in <strong>der</strong> Tasche. Ohnehin als Gemüsebau-Allroun<strong>der</strong><br />

bei Vorgesetzten und Kollegen in <strong>Liebenau</strong> geschätzt, kann er nun in seinem<br />

Traumberuf noch mehr durchstarten.<br />

Beruflich voll auf Der Gemüsebau ist sein Metier. Seit fast an<strong>der</strong>thalb<br />

Kurs: Sven Lohrey, Jahrzehnten schon kümmert sich Sven Lohrey in den<br />

langjähriger <strong>Liebenau</strong>er Gewächshäusern um Karotten und Co.<br />

Beschäftigter <strong>der</strong> Sein Lieblingsgemüse? „Gurken“, kommt es wie aus<br />

<strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten,<br />

ist <strong>der</strong> Mann liefert er gleich hinterher: „Bei Tomaten bekommt<br />

<strong>der</strong> Pistole geschossen. Die scherzhafte Begründung<br />

für alle Fälle in man grüne Hände, bei Gurken nicht“, schmunzelt <strong>der</strong><br />

Sachen Gemüsebau. 33-Jährige, <strong>der</strong> an seinem Arbeitsplatz am kompletten<br />

Anbau-, Kulturpflege- und Ernteprozess maß-<br />

Foto: Klaus<br />

geblich beteiligt ist und dabei für<br />

seinen geschickten Umgang mit<br />

den technischen Geräten<br />

geschätzt wird. Er sorgt mit <strong>der</strong><br />

Dämpfmaschine dafür, dass <strong>der</strong><br />

Boden gut präpariert und frei von<br />

Schädlingen ist. Er leitet die<br />

Pflanzen an, sodass sie an den<br />

Schnüren auch korrekt hochwachsen,<br />

und er befreit sie per<br />

Ausgeizen von störenden Seitentrieben.<br />

„Gurken wachsen nicht<br />

von alleine“, weiß seine Gruppenleiterin<br />

Susanne Nahrmann: „Das<br />

ist Handarbeit.“<br />

Und die beherrscht Sven Lohrey längst aus dem Effeff.<br />

„Er erledigt viele Arbeiten komplett selbstständig“,<br />

lobt Susanne Nahrmann. Und woher kommt bei<br />

ihm die Leidenschaft für seinen Job? „Ich habe mich<br />

eigentlich schon immer für Gemüsebau interessiert“,<br />

erzählt er. Trotzdem schnupperte er nach dem<br />

Besuch <strong>der</strong> För<strong>der</strong>schule während seines Berufsvorbereitungsjahres<br />

in mehrere Bereiche hinein. So war<br />

er bei den Schreinern und Malern, in <strong>der</strong> Hauswirtschaft<br />

– und eben im Gemüsebau. Mit <strong>der</strong> Fachwerker-<br />

Ausbildung hat es dann zwar nicht geklappt, eine<br />

Arbeitsstelle im Gemüsebau wurde trotzdem daraus.<br />

„Das war die richtige Wahl“, sagt er rückblickend.<br />

Längst gehört Sven Lohrey zum festen Inventar in<br />

<strong>der</strong> „Grünen Welt“ <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten.<br />

Beliebt bei Kollegen und Vorgesetzten ist er dort ein<br />

bekanntes Gesicht – wie auch auf dem Wochenmarkt<br />

in Wangen. Dort steht er jeden Donnerstag am Stand<br />

des <strong>Liebenau</strong>er Landlebens und verkauft den Kunden<br />

Obst und Gemüse. Schon um fünf Uhr in <strong>der</strong> Früh<br />

beginnt dann <strong>der</strong> Arbeitstag für Sven Lohrey, <strong>der</strong> oft<br />

mit dem Fahrrad von seiner Wohnung in Tettnang<br />

nach <strong>Liebenau</strong> pendelt.<br />

Doch eines hatte ihm an seinem Arbeitsplatz noch<br />

gefehlt: Der so wichtige Führerschein Klasse L, <strong>der</strong> es<br />

ihm erlaubt, sich an das Steuer <strong>der</strong> hauseigenen<br />

Traktoren zu setzen. Doch die Hürde <strong>der</strong> theoretischen<br />

Prüfung ist hoch. Zu hoch? Nein, die Verantwortlichen<br />

bei den <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten trauten<br />

dem 33-Jährigen zu, es zu schaffen. Als Arbeitgeber<br />

unterstützten sie ihn bei dem Vorhaben, gaben ihm<br />

die nötigen Stunden frei und stellten ihm mit Willi<br />

Brinkmann – dem Vater eines Arbeitskollegen –<br />

einen vertrauten Mentor zur Seite. Der ehrenamtlich<br />

engagierte Rentner übte regelmäßig mit Sven<br />

Lohrey. 14 Monate lang saß er mit ihm gemeinsam<br />

an den Fragebögen, motivierte ihn und begleitete<br />

ihn am Ende zur Prüfung. „Es war ein harter, steiniger<br />

Weg“, sagt Willi Brinkmann und lobt seinen<br />

„Schüler“, dass er so gut mitgezogen habe. Und die<br />

Mühen haben sich gelohnt. Im Oktober 2014 bestand<br />

Sven Lohrey seine Theorieprüfung. Susanne Nahrmann<br />

erinnert sich noch genau, als ihr Mitarbeiter<br />

freudestrahlend und erleichtert nach <strong>Liebenau</strong><br />

zurückkam. Eigentlich, lacht Sven Lohrey, hätte er<br />

sich damals auch gleich auf einen Traktor setzen und<br />

seinen Kollegen entgegen fahren sollen.<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

23


Inklusion ist und bleibt spannend<br />

För<strong>der</strong>ung von Aktion Mensch leistet wichtige Starthilfe<br />

von Anne Oschwald<br />

DUSSLINGEN/LEUTKIRCH/SALEM/ULM – Damit Inklusion nicht zum<br />

Schlagwort wird, muss sie gemeinsam gestaltet werden. Zusammen mit<br />

Aktion Mensch, die inklusionsför<strong>der</strong>nde Projekte finanziell unterstützt,<br />

ist die St. Gallus-Hilfe als kompetenter Träger von Hilfen für Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung auf dem Weg. Vier Beispiele zeigen, wie Inklusion im<br />

Gemeinwesen gelingen kann.<br />

Die Projekte <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe mit wohlklingenden<br />

Titeln verraten bereits die Ziele. Menschen je<strong>der</strong> Couleur<br />

sollen an <strong>der</strong> Gesellschaft teilhaben können:<br />

Menschen mit einer Einschränkung o<strong>der</strong> starken<br />

Behin<strong>der</strong>ung, Menschen mit Migrationshintergrund,<br />

junge und alte Mitbürger. Teilhabe findet dort statt,<br />

wo Menschen miteinan<strong>der</strong> leben, aktiv sind, sich einbringen<br />

möchten o<strong>der</strong> Unterstützung brauchen. Also<br />

im Sozialraum. Und <strong>der</strong> ist immer einzigartig<br />

geprägt.<br />

Durch die Vernetzung<br />

vieler unterschiedlicher<br />

Akteure<br />

kann im Gemeinwesen<br />

eine tragfähige<br />

Basis für Inklusion<br />

geschaffen werden.<br />

Susanne Kick,<br />

zuständig für För<strong>der</strong>ungen<br />

bei <strong>der</strong><br />

St. Gallus-Hilfe,<br />

schil<strong>der</strong>t das<br />

Anliegen von<br />

Aktion Mensch:<br />

„Nicht die Institution<br />

soll im<br />

Mittelpunkt<br />

stehen.“ Vielmehr<br />

sollen<br />

Kooperationen<br />

Alle an einem Strang –<br />

ein Netzwerk für Inklusion in Leutkirch<br />

SCHWERPUNKTE: Behin<strong>der</strong>tenbeirat, DRK-Klei<strong>der</strong>laden,<br />

NeLe – Informationsplattform für Nachbarschaftshilfe,<br />

Gremium von Schirmherren für<br />

repräsentative Aufgaben<br />

IDEEN: Arbeit für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung im<br />

Klei<strong>der</strong>laden, inklusives Kin<strong>der</strong>ferienprogramm u.v.a.<br />

die Inklusion tragen: Träger von Hilfen für Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung, aber ebenso Sport- und Musikvereine<br />

o<strong>der</strong> Bildungsträger. Als Kooperationspartner<br />

sei die entsprechende Stadt o<strong>der</strong> Gemeinde immer<br />

unerlässlich. Deren Unterstützung des Projekts ist<br />

Aktion Mensch beson<strong>der</strong>s wichtig. Aber am wichtigsten<br />

sind die betroffenen Menschen, die Partner<br />

und Akteure schlechthin sein sollen, weil den Bedarf<br />

und die Erfor<strong>der</strong>nisse am besten kennen.<br />

Große Bereitschaft vor Ort<br />

Daniel Ohmayer vom Projekt in Leutkirch berichtet:<br />

„Es gab in Leutkirch schon eine gute Ausgangssituation,<br />

bevor das Projekt gestartet ist. In <strong>der</strong> Stadtverwaltung<br />

gibt es eine große Bereitschaft für Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zum Thema Inklusion. Die St. Gallus-Hilfe<br />

unterstützt die Stadt mit ihrem Know-how bei <strong>der</strong><br />

Umsetzung ihrer inklusiven Ziele.“ Inzwischen gibt<br />

es den Behin<strong>der</strong>tenbeirat als Gremium <strong>der</strong> Mitbestimmung.<br />

Ein Projekt ist auch <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong>laden mit dem<br />

Deutschen Roten Kreuz als Partner. NeLe – eine<br />

Internetplattform für Nachbarschaftshilfe in Leutkirch<br />

– soll Mitte dieses Jahres online gehen.<br />

An<strong>der</strong>e Gemeinden o<strong>der</strong> Städte haben eine an<strong>der</strong>e<br />

Ausgangsbasis. Im Vorlaufprojekt in Dußlingen, das<br />

ebenfalls von Aktion Mensch geför<strong>der</strong>t wurde, standen<br />

die Suche nach Kooperationspartnern und eine<br />

Befragung aller Haushalte im Mittelpunkt. Die Verantwortliche<br />

vor Ort, Teresa Roth, hat über die<br />

zurückgesendeten Bögen erfahren, dass die Gemeindemitglie<strong>der</strong><br />

sich mehr Begegnungs- und Kontaktmöglichkeiten<br />

wünschen. Auch die bauliche Barrierefreiheit<br />

ist hier ein wichtiges Thema <strong>der</strong> Bürger.<br />

Teresa Roth will daher mit Interessierten und Engagierten<br />

vor Ort eine Bestandsaufnahme bezüglich<br />

Barrieren machen. Für mehr Begegnungen stößt sie<br />

Angebote an, wie etwa das Inklusions-Café im vergangenen<br />

Jahr o<strong>der</strong> eine Lesung in <strong>der</strong> örtlichen<br />

Bücherei mit einer Autorin mit Asperger Syndrom.<br />

Beide Aktivitäten wurden sehr gut von Bürgern<br />

angenommen. „Wir fangen in den Projekten oft klein<br />

an. Daraus ergeben sich womöglich neue Aktivitäten<br />

24 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


Dußlingen auf dem Weg zur inklusiven<br />

Gemeinde<br />

SCHWERPUNKTE: Begegnungsmöglichkeiten schaffen<br />

wie Inklusionscafé, Erhebung von Barrieren vor Ort<br />

IDEEN: Initiierung eines Runden Tisches, Inklusionsverantwortliche<br />

<strong>der</strong> Gemeinde, Vernetzung mit Kreisbehin<strong>der</strong>ten-beauftragten,<br />

Wegweiser in Einfacher<br />

Sprache u.v.a.<br />

P!NK – Projekt Inklusion in Ulm<br />

SCHWERPUNKTE: Inklusiver Mittagstisch in Ulmer<br />

Weststadthaus<br />

IDEEN: Kooperation mit Bildungsträgern und Kirchengemeinden,<br />

Freizeitbegleiter für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung in Vereinen, Sensibilisierung <strong>der</strong> Bevölkerung,<br />

Inklusionsfachtag u.v.a.<br />

o<strong>der</strong> Kooperationen.<br />

Es ist oft<br />

wie ein Schneeball-System“,<br />

so<br />

die Erfahrungen<br />

von Teresa Roth.<br />

Ihre Kollegen<br />

pflichten ihr<br />

bei.<br />

In Ulm ist für<br />

Christiane<br />

Zeman ein zentrales<br />

Projekt<br />

die Umsetzung<br />

eines<br />

inklusiven<br />

Mittagstischs<br />

im Ulmer Weststadthaus.<br />

Junge Menschen, die im Regionalen Ausbildungszentrum<br />

(RAZ) die Berufsvorbereitende Einrichtung<br />

(BVE) besuchen, kochen einmal die Woche<br />

unter Anleitung einer Küchenmeisterin. Die kompetente<br />

Fachfrau leitet die Jugendlichen beim Schneiden<br />

und Hacken, Kochen und Servieren an. Für den<br />

künftigen Berufsweg möglicherweise ein Plus. Beson<strong>der</strong>s,<br />

dass die Jugendlichen vermehrt im Service<br />

tätig sein werden, ist für Christiane Zeman wichtig:<br />

Hierbei können sich Gäste und Jugendliche begegnen.<br />

„Heute läuft <strong>der</strong> Mittagstisch von selbst“, so Christiane<br />

Zeman. Es kommen regelmäßig etwa 45 Gäste.<br />

Die Bekanntheit ist sicher auch dem<br />

medialen Interesse<br />

zu verdanken.<br />

Christiane Zeman<br />

sieht sich bestätigt,<br />

dass<br />

Bewusstseinsbildung<br />

und Sensibilisierung<br />

<strong>der</strong><br />

Bevölkerung beim<br />

Prozess <strong>der</strong> Inklusion<br />

wichtig sind.<br />

Allein an diesem<br />

einzelnen Projekt<br />

sind bereits etliche<br />

Kooperationspartner<br />

beteiligt. Eine gute<br />

Basis, weitere Akteure<br />

ins Boot zu holen.<br />

Starthilfe für drei Jahre<br />

Die Verantwortlichen haben in dem jeweiligen Projektzeitraum<br />

von drei Jahren die Aufgabe, Aktivitäten<br />

anzustoßen, die danach möglichst alleine laufen<br />

sollen. Dafür braucht es Akteure, die sich <strong>der</strong><br />

Sache annehmen. So berichtet etwa Daniel Ohmayer<br />

von einem Mann in Leutkirch, <strong>der</strong> seit einem Unfall<br />

mit 18 Jahren selbst eingeschränkt ist. Er kenne<br />

ausgesprochen viele Menschen in Leutkirch und sei<br />

sehr interessiert. Ohmayer konnte ihn als ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter gewinnen, und somit als einen<br />

wichtigen Multiplikator für Inklusion. Ähnliches<br />

berichtet Teresa Roth von einer sehr regen Bewohnerin<br />

im Wohnhaus <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe. Von ihrer<br />

Fortbildung „Bürger in <strong>der</strong> Gemeinde“ in <strong>Liebenau</strong><br />

kehre sie immer voller Inspirationen und Ideen<br />

zurück. Aber zum Beispiel auch die Apothekerin in<br />

Dußlingen, die gleichzeitig im Vorstand <strong>der</strong> Bürgerstiftung<br />

ist, sei eine zentrale Person im örtlichen<br />

Netzwerk. Inklusion brauche solche Schlüsselpersonen.<br />

Salem – Das Miteinan<strong>der</strong> gewinnt<br />

SCHWERPUNKTE: Freizeitangebote für Kin<strong>der</strong>,<br />

Jugendliche/junge Erwachsene, z. B. Tanzgruppe<br />

„Alle in Bewegung“, inklusive Erlebnistage für<br />

Jugendliche/junge Erwachsene<br />

IDEEN: Freizeit- und Begegnungsmöglichkeiten für<br />

erwachsene Menschen, Begleitung von Migranten,<br />

Theateraktionen, Inklusionspaten für Vereine,<br />

Zusammenarbeit mit Trägern <strong>der</strong> Erwachsenenbildung,<br />

World-Café für Austausch u.v.a.<br />

Beim Projekt in Salem im<br />

westlichen Bodenseekreis ist Felix Heckenberger verantwortlich.<br />

Derzeitige Schwerpunkte liegen im<br />

Bereich Freizeitmöglichkeiten für junge Menschen,<br />

etwa mit inklusiven Märchenerlebnistagen und<br />

Jugendtagen. Partner sind zum Beispiel die Erleb-<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

25


nispädagogen von EOS-Bodensee, die Familientreffs<br />

und verschiedene Jugendtreffs sowie das Mehrgenerationenhaus<br />

in Markdorf. „Wir wollen im Rahmen<br />

des Projekts auch Angebote für erwachsene Menschen<br />

schaffen“, so Heckenberger zur Zielsetzung.<br />

Bei <strong>der</strong> Aktion „4x4 Begegnungen“ <strong>der</strong> Katholischen<br />

Erwachsenenbildung Bodenseekreis e. V. im kommenden<br />

April wird zum Beispiel an bestehende<br />

Angebote in Gemeinden angeknüpft. Mit <strong>der</strong> Volkshochschule<br />

Bodenseekreis setzt man sich für ein<br />

inklusives Kursangebot ein.<br />

Heckenberger spricht aber auch eine Hürde an, nämlich<br />

die <strong>der</strong> Mobilität, die im Gegensatz zu Ulm, in<br />

<strong>der</strong> ländlich geprägten Region mitunter eingeschränkt<br />

ist. Das hält ihn aber nicht davon ab, Kooperationspartner<br />

und Engagierte für weitere Ideen<br />

wie die „Open Stage“ o<strong>der</strong> die „Burger-Night“ zu<br />

suchen. Inklusion bleibt spannend.<br />

Die Verantwortlichen <strong>der</strong> vier Projekte <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe,<br />

die von Aktion Mensch für drei Jahre geför<strong>der</strong>t werden (v.l.):<br />

Felix Heckenberger (Salem), Christiane Zeman (Ulm),<br />

Teresa Roth (Dußlingen) und Daniel Ohmayer (Leutkirch).<br />

Foto: Oschwald<br />

Inklusion heißt dabei sein<br />

Inklusion heißt, dass je<strong>der</strong> bei vielem dabei sein kann.<br />

Das einfache Wort für Inklusion heißt Teilhabe.<br />

Die Teilhabe von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung muss begleitet werden.<br />

Dafür gibt es Fachleute.<br />

Sie überlegen sich, wer helfen kann, dass Menschen teilhaben können.<br />

Sie sprechen deswegen den Bürger-Meister an.<br />

Der ist bei <strong>der</strong> Inklusion wichtig.<br />

Aber beson<strong>der</strong>s wichtig sind die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />

Sie wissen am besten was sie selbst brauchen.<br />

Die Fachleute knüpfen zum Beispiel Kontakt zur Volks-Hochschule.<br />

Dann können Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung was Neues lernen.<br />

Wichtig ist, dass sie mit an<strong>der</strong>en Menschen zusammen lernen.<br />

In Ulm gibt es zum Beispiel einen Mittags-Tisch.<br />

Junge Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung kochen hier für an<strong>der</strong>e.<br />

Dabei lernen sie viel.<br />

Das hilft ihnen fürs Berufs-Leben.<br />

26 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


Pädagogische Herausfor<strong>der</strong>ungen meistern<br />

Wie sieht die inklusive Schule aus?<br />

von Anne Oschwald<br />

HEGENBERG/TETTNANG – Nirgends wird das Thema Inklusion so heftig<br />

diskutiert wie in Schulen. Wie kann <strong>der</strong> Unterricht gestaltet werden, wie<br />

die Lehrpläne angepasst, wenn junge Menschen aus einer För<strong>der</strong>schule<br />

gemeinsam mit Schülern einer Regelschule in die Klasse gehen? Wolfgang<br />

Közle, Schulleiter <strong>der</strong> Don-Bosco-Schule in Hegenberg, schil<strong>der</strong>t,<br />

wie mit Hilfe von Modellprojekten Erkenntnisse zur inklusionsorientierten<br />

Schul- und Unterrichtsentwicklung gewonnen werden sollen.<br />

Fünf Don-Bosco-Schüler besuchen aktuell die fünfte<br />

Klasse <strong>der</strong> Manzenbergschule in Tettnang, die seit<br />

dem Schuljahr 2014/15 für die Klassen 1 bis 10 als<br />

Gemeinschaftsschule anerkannt ist. An seinem Einzelarbeitsplatz<br />

lernt je<strong>der</strong> Schüler die eigenen Aufgaben<br />

ungestört zu bearbeiten. „Je<strong>der</strong> Schüler hat<br />

einen individuellen För<strong>der</strong>plan“, erklärt Wolfgang<br />

Közle, <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Don-Bosco-Schule. „Die Lernatmosphäre<br />

ist sehr konzentriert, sehr fokussiert“, so<br />

So könnten die<br />

Klassenzimmer <strong>der</strong> die ersten Erfahrungen. Der Lehrer wird hier zum<br />

Zukunft aussehen: Lernbegleiter.<br />

Gemeinsamer An dem Modellprojekt <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> Freie Katholische<br />

Unterricht in <strong>der</strong> Schulen <strong>der</strong> Diözese Rottenburg-Stuttgart nehmen<br />

Manzenbergschule neben <strong>der</strong> Don-Bosco-Schule fünf weitere Schulen<br />

für Regelschüler und teil, die Erkenntnisse zur inklusiven Schule liefern<br />

För<strong>der</strong>schüler <strong>der</strong> sollen. Ein zentrales Thema ist etwa die Zusammenarbeit<br />

<strong>der</strong> Lehrer – das Teamteaching – <strong>der</strong> Regel- und<br />

Don-Bosco-Schule.<br />

Foto: Cammareri För<strong>der</strong>schule o<strong>der</strong> <strong>der</strong> zieldifferente Unterricht, bei<br />

dem Schüler mit unterschiedlichen För<strong>der</strong>bedarfen<br />

nach verschiedenen Bildungsplänen unterrichtet<br />

werden.<br />

Ein an<strong>der</strong>es Projekt des Regierungspräsidiums Tübingen<br />

mit fünf privaten Schulen sowie wissenschaftlicher<br />

Begleitung durch die PH Ludwigsburg widmet<br />

sich dem Thema, wie junge Menschen mit komplexen<br />

Behin<strong>der</strong>ungen an Erziehung und Bildung teilhaben<br />

können. Sogenannte „Systemsprenger“ können<br />

durch aggressives, gewalttätiges, selbstverletzendes<br />

o<strong>der</strong> grenzüberschreitendes Verhalten auffallen.<br />

Verhaltensauffälligkeiten haben in den vergangenen<br />

15 Jahren zugenommen. Für Eltern, Lehrer und Mitschüler<br />

kann dies sehr belastend und for<strong>der</strong>nd sein.<br />

Das Projekt soll klären, was eine zusätzliche psychiatrische<br />

Diagnose für Kin<strong>der</strong> bezogen auf Teilhabe,<br />

Selbstbestimmung und Empowerment bedeutet und<br />

vor allem welche Unterstützung diese Schüler brauchen.<br />

Aber auch wie sich Unterrichtsmodelle anpassen<br />

o<strong>der</strong> übertragen lassen.<br />

„Die fünf Schulen betreuen sehr unterschiedliche<br />

Schüler. Es wird also keinen generellen Leitfaden<br />

geben. Vielmehr wollen wir schauen, welche Faktoren<br />

för<strong>der</strong>lich sind“, so Közle.<br />

Die Don-Bosco-Schule bietet seit längerem etwa differenzierte<br />

Lerngruppen beziehungsweise Module,<br />

um den jeweiligen Schülern gerecht zu werden.<br />

Auch ein verän<strong>der</strong>tes Raumkonzept trägt dazu bei,<br />

differenziert und konzentriert arbeiten zu können.<br />

Einer deeskalierenden Atmosphäre dient <strong>der</strong> KAZ-<br />

Raum, <strong>der</strong> Raum für kreative Auszeit. Gute Erfahrungen<br />

gibt es auch mit multi-professionellen<br />

Teams, die aus Son<strong>der</strong>pädagogen, Erziehern und<br />

Erzieherinnen, Heilpädagogen, Ergo-Physiotherapeuten<br />

und Betreuungskräften bestehen. Sie sind<br />

jeweils zuständig für eine größere Schülergruppe mit<br />

unterschiedlichem För<strong>der</strong>bedarf. Ihr flexibles auf<br />

den Einzelnen abgestimmtes Handeln birgt ein<br />

hohes Potenzial, Überfor<strong>der</strong>ung und Stress im Vorfeld<br />

zu minimieren. Unterstützend wirken auch die<br />

regelmäßigen kollegiale Fallbesprechungen zu pädagogischen<br />

Fragestellungen und Problemen.<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

27


Ein gutes Ende nach einem schweren Weg<br />

Sozialtherapeutisches Heim wird zum Zuhause<br />

von Helga Raible<br />

LIEBENAU – Nicht je<strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> mit einer geistigen Behin<strong>der</strong>ung<br />

lebt, wird auch mit dieser geboren. Eine Krankheit, ein Unfall, Komplikationen<br />

bei einer Operation: Das sind Ereignisse, die zu dem führen<br />

können, was Fachleute als „erworbene Hirnschädigung“ bezeichnen. Oftmals<br />

verän<strong>der</strong>t sich dabei auch die Persönlichkeit. Die Menschen haben<br />

es schwer, in ihrem bisherigen sozialen Umfeld zu leben. Verschiedene<br />

Therapien schlagen nicht an, die Menschen gelten als „austherapiert“.<br />

Im Sozialtherapeutischen Heim <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik in <strong>Liebenau</strong> können<br />

diese Menschen einen Lebensraum finden, in dem die Komplexität <strong>der</strong><br />

„neuen“ Behin<strong>der</strong>ung zentral zur Therapie gehört. Auch Holger Roth lebt<br />

dort seit fast zehn Jahren.<br />

Der Anruf kam an einem Dienstag im November:<br />

„Hier ist die Polizei Fürth. Ihr Sohn hatte einen Verkehrsunfall.<br />

Er ist lebensgefährlich verletzt.“ Konrad<br />

Roth brauchte ein paar Sekunden, bis er die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Nachricht verstand. Und von da an war sein<br />

Leben ein an<strong>der</strong>es. „Ich war fertig“, erinnert er sich.<br />

Und konnte doch anfangs nur warten – auf den<br />

nächsten Anruf, auf neue Informationen, auf<br />

jemanden, <strong>der</strong> ihn nach Erlangen in die Spezialklinik<br />

fahren konnte.<br />

Holger Roth war damals gerade 30 geworden – und<br />

nach turbulenten Jugendjahren endlich in seinem<br />

Wunschberuf als Modellbauer angekommen. Die zweijährige<br />

Ausbildung lag hinter ihm. Er war auf dem<br />

Weg zur Gesellenprüfung, als er auf <strong>der</strong> Autobahn<br />

Zeuge eines Unfalls wurde. Er stieg aus, wollte helfen<br />

– und wurde von einem vorbeifahrenden Auto<br />

erfasst, dessen Fahrer dem Unfallwagen ausweichen<br />

wollte. In hohem Bogen wurde er über die Leitplanke<br />

auf die Böschung geschleu<strong>der</strong>t.<br />

Sechs Wochen lag Holger Roth mit schweren Kopfverletzungen<br />

im Koma. Sein Vater pendelte zwischen<br />

Krankenbett und dem heimischen Gengenbach. Holgers<br />

Freundin unterbrach ihr Studium, um täglich bei<br />

ihm sein zu können. Als Holger Roth aus dem Koma<br />

Holger Roth lebt seit fast zehn Jahren im Sozialtherapeutischen<br />

Heim <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik. Hier ist sein Zuhause.<br />

Foto: privat<br />

erwachte, schöpfte die Familie Hoffnung. Er war<br />

mittlerweile vom Krankenhaus in eine neurologische<br />

Fachklinik verlegt worden, wo sein körperlicher<br />

Zustand sich allmählich normalisierte. „Als er mich<br />

eines Tages selber zu Hause anrief, war für mich<br />

klar: Jetzt geht es aufwärts“, erzählt Konrad Roth.<br />

Aber er musste feststellen, dass die Kopfverletzungen<br />

sich auf das Verhalten seines Sohnes auswirkten.<br />

Holger Roth wurde von Tag zu Tag aggressiver,<br />

ging auf Mitpatienten und Pflegekräfte los.<br />

Schließlich wollte ihn die Klinik nicht mehr behalten.<br />

Eine Odyssee begann. Verschiedene psychiatrische<br />

Kliniken und Therapiezentren wechselten sich ab,<br />

jede Verlegung verbunden mit <strong>der</strong> Hoffnung auf Besserung.<br />

Aber Holger ging es immer schlechter. Der<br />

Vater war verzweifelt, wenn er seinen Sohn<br />

besuchte: Unter starkem Medikamenteneinfluss,<br />

manchmal sogar ans Bett fixiert, verlor er selbst die<br />

Fähigkeiten, die er nach dem Unfall gerade mühsam<br />

wie<strong>der</strong> erlernt hatte.<br />

28 Gesundheit


Fünf Monate nach dem Unfall bekam Konrad Roth<br />

den Tipp, sich an die Psychiatrische Abteilung <strong>der</strong><br />

St. Lukas-Klinik zu wenden. Der erste Eindruck war<br />

überzeugend: „Ich habe gemerkt: Hier ist <strong>der</strong> Patient<br />

etwas wert. Und die Angehörigen auch!“ Tatsächlich<br />

konnte Holger Roth in <strong>der</strong> Akutstation aufgenommen<br />

werden. Die Behandlung dort bekam ihm sichtlich<br />

gut. Seine Aggressivität ließ allmählich nach, er<br />

nahm viel weniger Medikamente als zuvor. Schon einige<br />

Monate später konnte er ins Sozialtherapeutische<br />

Wohnheim in <strong>Liebenau</strong> einziehen. Fast zehn Jahre<br />

lebt Holger Roth schon in <strong>Liebenau</strong>. Sein Vater ist<br />

beruhigt, denn: „Wir merken, hier geht es ihm gut.“<br />

Ein gutes Ende für einen schweren Weg, auch für den<br />

Vater: Die dauerhafte Behin<strong>der</strong>ung seines Sohnes zu<br />

akzeptieren, war nicht leicht. „Anfangs bin ich<br />

immer mit großen Hoffnungen zum Besuch gefahren.<br />

Und wenn Holger dann schlecht drauf war, war ich<br />

am Boden zerstört.“ Geholfen hat Konrad Roth, dass<br />

seine Lebensgefährtin immer zu ihnen beiden<br />

gestanden habe. „Wenn Sie allein sind, ist das<br />

schwer auszuhalten.“ Die Möbel seines Sohnes habe<br />

er noch viele Jahre aufbewahrt – „Man kann das ja<br />

nicht einfach wegwerfen!“. Inzwischen habe er sich<br />

zwar davon getrennt, aber: „Holger hat seinen festen<br />

Platz in unserem Leben!“<br />

Was Konrad Roth allerdings immer noch verbittert:<br />

Das Verfahren gegen den Unfallverursacher wurde<br />

eingestellt. Wegen Geringfügigkeit.<br />

Im Sozialtherapeutischen Heim werden Menschen<br />

mit geistigen Behin<strong>der</strong>ungen und<br />

schwerwiegenden Problemen betreut, die<br />

sich in einer konventionellen Wohngruppe<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Familie nicht bewältigen lassen.<br />

Die Bewohner erhalten einen stabilen Rahmen:<br />

klar strukturierte Tagesabläufe, feste<br />

Bezugspersonen, Ärzte und Psychologen, die<br />

die Gruppe begleiten – auch in Krisensituationen.<br />

Außerdem werden kreative, musische,<br />

handwerkliche und körpertherapeutische<br />

Aktivitäten angeboten. Jugendliche haben<br />

die Möglichkeit zum Schulbesuch, Erwachsene<br />

Zugang zu Arbeits-, Beschäftigungs- und För<strong>der</strong>angeboten.<br />

www.st.lukas-klinik.de<br />

Abenteuer Ausbildung<br />

NEUKIRCH – Raus aus <strong>der</strong> Klinik, rein in den Wald:<br />

Der erlebnispädagogische Tag für 21 Auszubildende,<br />

Vorpraktikanten und FSJ-ler <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik<br />

Ende Oktober diente den jungen Leuten zum gegenseitigen<br />

Kennenlernen. Im Mittelpunkt standen Aktionen<br />

zur Teambildung, Sozialkompetenztraining,<br />

Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls und <strong>der</strong><br />

Gemeinschaftsbildung. Begleitet wurde die Gruppe<br />

von Laura Decker, einer <strong>der</strong> Mitorganisatorinnen,<br />

und vom Erlebnispädagogen Michi Hofmann, einem<br />

ehemaligen Mitarbeiter <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik.<br />

Im Nie<strong>der</strong>seilparcours im Wald konnte die Gruppe<br />

Hin<strong>der</strong>nisse und Gefahren gemeinsam überwinden.<br />

Gekocht und gegessen wurde ebenfalls in <strong>der</strong> freien<br />

Natur. Zum abschließenden Bogenschießen ging es<br />

auf eine nahegelegene Wiese. Hier galt es noch einmal<br />

alle Aufmerksamkeit zu bündeln und sich in<br />

Konzentration, Körperspannung und Treffsicherheit<br />

zu üben. Zwischen all den Spielen, Aufgaben und<br />

Begegnungen gab es genug Zeit den Tag zu genießen,<br />

viele interessante Gespräche zu führen und<br />

neue Bekanntschaften zu knüpfen. Die jungen Teilnehmer<br />

waren sich einig: Der Tag war rundum gelungen<br />

und hatte viele schöne und lustige Momente von<br />

bleiben<strong>der</strong> Erinnerung.<br />

Gesundheit<br />

29


Marc nutzt seine zweite Chance<br />

Durchgefallener Azubi startet neuen Anlauf im Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW)<br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG – Ob Ausbaufacharbeiter, Fachlageristen o<strong>der</strong> Verkäuferinnen:<br />

Nahezu alle Azubis im Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW)<br />

schaffen ihre Abschlussprüfungen. Auch Marc (Name geän<strong>der</strong>t) war schon<br />

mit einem Bein im Arbeitsleben, ehe er seine Zukunft leichtfertig aus<br />

<strong>der</strong> Hand gab. Nun will er unbedingt seine zweite Chance nutzen.<br />

Eigentlich wäre Marc gar nicht mehr hier im BBW.<br />

Eigentlich sollte er – wie die meisten seiner ehemaligen<br />

Azubikollegen des Abschlussjahrganges 2014 –<br />

als ausgelernte Fachkraft längst einen Arbeitsplatz<br />

gefunden haben und beruflich auf eigenen Beinen<br />

stehen. Eigentlich. Er war zwar kein einfacher Fall,<br />

aber das sind die meisten Jugendlichen im BBW<br />

nicht. Und wie bei so vielen an<strong>der</strong>en Azubis auch,<br />

haben es Marcs Ausbil<strong>der</strong> ja trotz aller Startschwierigkeiten<br />

und Rückschläge geschafft, ihn fit zu<br />

machen für den Arbeitsmarkt, ihm nach dreijähriger<br />

Ausbildung das nötige Rüstzeug für den späteren Job<br />

mitzugeben. Die praktische Prüfung meistert er<br />

jedenfalls ohne Probleme.<br />

DURCHGEFALLEN<br />

Doch dann scheitert Marc an sich selbst, nimmt die<br />

schulischen Prüfungen trotz aller Warnungen auf die<br />

leichte Schulter. Es hagelt ein, zwei Fünfen zu viel.<br />

Gesamtnote: 4,9. Durchgefallen. „Damit habe ich<br />

nicht gerechnet.“ Umso größer dann <strong>der</strong> Schock, <strong>der</strong><br />

ihm einen gehörigen Strich durch die Rechnung<br />

macht. Zu dieser Zeit hat Marc seine Zelte in Oberschwaben<br />

nämlich schon abgebrochen, ist nach<br />

Bayern gezogen, um dort eine Stelle anzutreten. Nur<br />

zur Prüfung ist er noch einmal nach Ravensburg<br />

zurückgekommen. Und jetzt das: Als einer <strong>der</strong> ganz<br />

wenigen BBW-Son<strong>der</strong>berufsschüler besteht er die<br />

Prüfung nicht. Sein Arbeitsvertrag, <strong>der</strong> ihm unterschriftsreif<br />

vorliegt? Hinfällig.<br />

Was war los? „Ich habe zu wenig getan – o<strong>der</strong> besser<br />

gesagt: gar nichts“, räumt er heute kleinlaut ein.<br />

Seine Bildungsbegleiterin im BBW, Irina Naumov, die<br />

für ihn in <strong>der</strong> letzten Phase <strong>der</strong> Ausbildung zuständig<br />

war, drückt es etwas deutlicher aus: „Der Marc<br />

war stinkfaul.“ Immer wie<strong>der</strong> habe er sich in Ausreden<br />

geflüchtet, die Ratschläge aus seinem Umfeld<br />

ignoriert. „Wir bieten den Jugendlichen hier im BBW<br />

eine intensive und individuelle Unterstützung in<br />

allen Bereichen, natürlich auch bei <strong>der</strong> Prüfungsvorbereitung.“<br />

Naumov zuckt mit den Schultern: „Aber<br />

die Azubis müssen die Hilfe eben annehmen und<br />

auch von sich aus einen Beitrag leisten.“<br />

Rückblende: Nach <strong>der</strong> För<strong>der</strong>schule kommt Marc vor<br />

knapp fünf Jahren ins BBW, durchläuft dort das Vorqualifizierungsjahr<br />

Arbeit/Beruf – kurz: VAB. Während<br />

dieses Berufsvorbereitungsjahres macht er seinen<br />

Hauptschulabschluss und erlangt schließlich die<br />

Ausbildungsreife. Das Berufsziel: Ausbaufacharbeiter.<br />

„In dem Bereich habe ich früher teilweise schon<br />

gejobbt, das liegt mir.“ 2011 startet er im BBW in die<br />

Ausbildung und in einen neuen Lebensabschnitt –<br />

weg vom Elternhaus. „Zuhause hat es nicht mehr<br />

funktioniert, da gab es immer Streit“, erinnert sich<br />

Marc. „Ich bin dann zum Jugendamt gegangen.“ Und<br />

schließlich von daheim ausgezogen. Über die<br />

Jugendhilfe bekommt er einen Platz im Betreuten<br />

Wohnen. Dort geht es für ihn erst einmal darum,<br />

grundsätzliche lebenspraktische Dinge zu lernen:<br />

Wäsche waschen, den Haushalt in Ordnung halten,<br />

Einkäufe erledigen und mit Geld umgehen. Immer<br />

wie<strong>der</strong> übt er solche Sachen mit seinem Bezugserzieher.<br />

Und macht langsam Fortschritte.<br />

Auch in <strong>der</strong> Ausbildungswerkstatt des BBW ist aller<br />

Anfang schwer. „Ich war in einer Außenseiterrolle“,<br />

sagt er. Er fühlt sich seinerzeit als Opfer, teilt aber<br />

auch selbst aus. Es gibt Probleme mit Kollegen, oft<br />

gerät er in Konflikte hinein. „Er ist schon eine ganz<br />

30 Bildung


Hat sich dafür eingesetzt,<br />

dass Marc<br />

eine zweite Chance<br />

bekommt: BBW-<br />

Bildungsbegleiterin<br />

Irina Naumov.<br />

Foto: Klaus<br />

harte Nuss gewesen“, sagt Naumov mit<br />

Blick in Marcs Akte. Von respektlosem<br />

Umgang wird dort berichtet, vom Einschlafen<br />

im Unterricht, vom Zuspätkommen. Seine<br />

Motivation lässt zu wünschen übrig, er lässt sich<br />

leicht ablenken. Dazu kommen Probleme mit seiner<br />

Merkfähigkeit und Lernschwächen.<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit kommt er dann aber immer besser<br />

zurecht mit sich und den Mitschülern. Er nimmt an<br />

Trainings teil, die die Psychologen des BBW-Fachdienstes<br />

Diagnostik und Entwicklung anbieten. Er<br />

macht Fortschritte in puncto soziale Kompetenz und<br />

verinnerlicht die fachpraktischen Ausbildungsinhalte<br />

als angehen<strong>der</strong> Ausbaufacharbeiter. In einem „normalen“<br />

Ausbildungsbetrieb – da sind sich alle Beteiligten<br />

einig – wäre Marc längst schon auf <strong>der</strong> Strecke<br />

geblieben. Mit seinem Netzwerk aus Ausbil<strong>der</strong>n, Lehrern,<br />

Erziehern, Psychologen und Bildungsbegleitern<br />

bringt das BBW dagegen schon seit mehr als drei<br />

Jahrzehnten junge Menschen mit beson<strong>der</strong>em Teilhabebedarf<br />

o<strong>der</strong> auch Jugendliche mit psychischen Störungen<br />

und Krankheiten sowie schweren Benachteiligungen<br />

beruflich und persönlich auf Kurs. Auch<br />

Marc?<br />

Verpatzte Prüfung wirkt heilsam<br />

Die verpatzte Prüfung ist offenbar für ihn ein heilsamer<br />

Schock. Ebenso, dass er bei <strong>der</strong> Absolventenfeier<br />

mit ansehen muss, wie seine Kollegen mit dem<br />

Gesellenbrief in <strong>der</strong> Tasche von dannen ziehen, während<br />

er selbst leer ausgeht. Marc entschließt sich,<br />

2. CHANCE<br />

noch einmal<br />

von vorne anfangen. Er<br />

startet in Bayern eine Schreinerausbildung,<br />

die er dann jedoch schnell wie<strong>der</strong> abbricht. „Das ist<br />

überhaupt nicht mein Ding.“ Wie<strong>der</strong> einmal steht<br />

seine Zukunft auf <strong>der</strong> Kippe. Doch wo bekommt er<br />

jetzt eine zweite Chance, um die verpatzte Prüfung<br />

nachzuholen?<br />

Marc gibt sich einen Ruck, meldet sich bei seiner<br />

ehemaligen Bildungsbegleiterin im BBW und landet<br />

dann im Büro von Susanne Weiss, stellvertretende<br />

Leiterin in <strong>der</strong> BBW-eigenen Josef-Wilhelm-Schule<br />

(JWS).<br />

Die greift zum Telefon, kurze Zeit später ruft sie<br />

Marc wie<strong>der</strong> zu sich: „Ich habe einen Job für Dich.“<br />

Eine Zimmerei aus dem Landkreis Ravensburg hat<br />

sich bereit erklärt, Marc als Azubi im dritten Lehrjahr<br />

einzustellen. Irina Naumov verhandelt <strong>der</strong>weil<br />

mit <strong>der</strong> Agentur für Arbeit, die schließlich grünes<br />

Licht für einen Einglie<strong>der</strong>ungszuschuss gibt. Zumindest<br />

bis zur Prüfung im Juni <strong>2015</strong> arbeitet Marc jetzt<br />

in diesem Partnerbetrieb des BBW. Und fühlt sich<br />

wohl dort. Sein Chef hat schon vor ihm mehrere<br />

BBW-Azubis unter seinen Fittichen gehabt und weiß<br />

genau, wo die Jugendlichen <strong>der</strong> Schuh drückt und<br />

wie man mit ihnen umgehen muss. Auch Irina<br />

Naumov ist überzeugt, dass <strong>der</strong> 21-Jährige dort gut<br />

aufgehoben ist. Die Bildungsbegleiterin ist zuversichtlich,<br />

dass Marc seine Lektion gelernt hat und<br />

die schulische Prüfung im zweiten Anlauf besteht.<br />

Das Umfeld dafür ist optimal: In einer kleinen Klasse<br />

<strong>der</strong> JWS lernt er nun an zwei Schultagen in <strong>der</strong><br />

Woche für die Prüfungen. Hinzu kommt <strong>der</strong> Stützund<br />

För<strong>der</strong>unterricht, in dem ganz individuell an<br />

seinen schulischen Schwächen gearbeitet wird. Ja,<br />

jetzt hat er kapiert, um was es geht, beteuert er. Die<br />

Unterstützung, die ihm im Berufsbildungswerk geboten<br />

wird, weiß er inzwischen zu schätzen: „Ich bin<br />

froh, dass ich wie<strong>der</strong> im BBW bin.“ Und er hat sich<br />

fest vorgenommen, gut vorbereitet in die Prüfung zu<br />

gehen – und diese natürlich zu bestehen. Sein<br />

Wunsch für die Zukunft? „Optimal wäre es, wenn<br />

mein Chef mich übernimmt.“ Irina Naumov glaubt an<br />

Marc und ist zuversichtlich, was seine beruflichen<br />

Aussichten angeht: „Ich denke, wenn er in <strong>der</strong> richtigen<br />

Firma ist, in <strong>der</strong> er sich wohlfühlt, wird er sich<br />

weiter positiv entwickeln.“<br />

Bildung<br />

31


Ein „Sprungbrett“ in den Job<br />

Teilzeitausbildung im Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW)<br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG – Alleinerziehend, ohne Ausbildung und ohne eine klare<br />

berufliche Perspektive? Die vom Jobcenter des Landkreises Ravensburg<br />

finanzierte „Sprungbrett“-Maßnahme hilft insbeson<strong>der</strong>e Müttern ab 25<br />

Jahren beim Einstieg in einen Beruf – dank Teilzeitausbildung. Und so<br />

funktioniert‘s: Das erste Lehrjahr machen die Azubis im Berufsbildungswerk<br />

Adolf Aich (BBW), danach sollen sie möglichst von einem Betrieb<br />

übernommen werden.<br />

Die angehende Raumausstatterin Maja Pawlowa ist<br />

froh, dank „Sprungbrett“ den Einstieg in die Ausbildung<br />

geschafft zu haben. Der kreative und gestaltende<br />

Aspekt ihres Berufes habe sie schon immer fasziniert.<br />

„Aber ohne dieses Teilzeitmodell hätte es<br />

überhaupt nicht funktioniert“, sagt die 26-Jährige.<br />

Zumindest nicht, solange ihr Sohn noch so jung ist.<br />

„Sprungbrett“ richtet sich an Alleinerziehende ohne<br />

verwertbare Berufsausbildung, an Wie<strong>der</strong>einsteigerinnen<br />

nach <strong>der</strong> Familienphase o<strong>der</strong> Pflege sowie an<br />

Frauen mit Migrationshintergrund. Das Beson<strong>der</strong>e:<br />

Die Azubis machen ihre Ausbildung in Teilzeit, haben<br />

also nur eine 30-Stunden-Woche. Optimal, um Lehre<br />

„Ohne dieses Teilzeitmodell<br />

hätte es überhaupt<br />

nicht funktioniert“:<br />

Dank „Sprungbrett“<br />

können Olga<br />

Bosche-Krasavina<br />

(links) und Maja<br />

Pawlowa Familie und<br />

Berufsausbildung gut<br />

miteinan<strong>der</strong> vereinbaren.<br />

Foto: Klaus<br />

und Familie gut unter einen Hut zu bringen.<br />

Das findet auch Olga Bosche-Krasavina. Erst vor zwei<br />

Jahren war die alleinerziehende Mutter aus Russland<br />

hier her gekommen und musste rasch erkennen:<br />

„Ohne Ausbildung ist es in Deutschland schwer.“<br />

Auch sie landete schließlich im BBW, auch sie entschied<br />

sich für eine Raumausstatter-Ausbildung.<br />

Renovieren und dekorieren, das sei schon immer<br />

eine Herzensangelegenheit gewesen. „Und jetzt ist<br />

es sozusagen Hobby und Beruf in einem“, freut sich<br />

die 30-Jährige.<br />

Im Rahmen von „Sprungbrett“ stehen die verschiedensten<br />

Berufe zur Wahl: zum Beispiel in <strong>der</strong> Gastronomie,<br />

im Verkauf, Lager o<strong>der</strong> in den Bereichen<br />

Holz, Bau, Kfz und Metall. „Wir vermitteln hier im<br />

BBW die Inhalte des ersten Ausbildungsjahres“,<br />

erklärt BBW-Bildungsmanagerin Monika Kordula.<br />

„Und wir unterstützen die Teilnehmer bei <strong>der</strong> Ausbildungsplatzsuche<br />

für das zweite Ausbildungsjahr.“<br />

Dann soll laut „Sprungbrett“-Programm die Ausbildung<br />

in einem Betrieb fortgesetzt werden.<br />

Im Schreinerzentrum des BBW steht eine weitere<br />

„Sprungbrettlerin“ an <strong>der</strong> Werkbank. Mit ihren<br />

Arbeitszeiten seien Ausbildung und Familie gut zu<br />

vereinbaren, meint Aysim Ermin in Hinblick auf ihre<br />

Aufgaben als alleinerziehende Mutter. Zudem<br />

erfüllte sie sich mit dem Start in eine Tischlerlehre<br />

einen alten Traum. Aysim Ermin schwärmt von ihrem<br />

Job, <strong>der</strong> für sie alles an<strong>der</strong>e ist als ein reiner Männerberuf.<br />

Kreativität sei gefragt, auch ihr Gespür für<br />

Details und ihre weibliche Intuition könne sie in <strong>der</strong><br />

Arbeit zur Geltung bringen. Und ihre Zuverlässigkeit<br />

sowieso: „Als Alleinerziehende weiß man, was Verantwortung<br />

heißt.“ Was denkt sie denn über ihre<br />

Zukunftschancen? Die schätzt sie als ziemlich gut<br />

ein. Schließlich sei das BBW ein „starker Partner“<br />

und schaffe im ersten Lehrjahr eine gute Basis.<br />

Monika Kordula kann das angesichts <strong>der</strong> Erfolgsbilanz<br />

von „Sprungbrett“ bestätigen: „Von unseren 13<br />

Teilnehmerinnen des vergangenen Jahres konnten<br />

zwölf weitervermittelt werden.“<br />

32 Bildung


Ein Fest für die<br />

beteiligten Kin<strong>der</strong> in<br />

Hegenberg, die sich am<br />

Kin<strong>der</strong>rechteprojekt<br />

beteiligten. Es war<br />

ein Dankeschön für<br />

die jungen Menschen<br />

für die offene und<br />

konstruktive Mitarbeit.<br />

Foto: Scheidel<br />

Kin<strong>der</strong> kommen zu Wort<br />

Kin<strong>der</strong>rechte: Achtung, Beteiligung, Schutz und För<strong>der</strong>ung<br />

von Anne Oschwald<br />

HEGENBERG – Das Thema Kin<strong>der</strong>rechte stand zwei Jahre lang im Rahmen<br />

eines Projektes in sieben Einrichtungen im süddeutschen Raum im Fokus<br />

(s. auch <strong>Anstifter</strong> 1 2014). Mit den teilnehmenden jungen Bewohnerinnen<br />

und Bewohnern <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe in Hegenberg und dem Heimbeirat<br />

gab es zum Projektende ein Fest, bei dem Ergebnisse vorgestellt wurden.<br />

Grund zu feiern in Hegenberg: Die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

sollten zum Projektende mit einem Fest<br />

Dank und Wertschätzung für ihre offene Mitarbeit<br />

erfahren. Denn ihre Stimmen waren während des Projekts<br />

maßgeblich gefragt. „Kin<strong>der</strong> haben ein Grundrecht<br />

auf Freizeit, auf Beteiligung und Unterstützung“,<br />

verdeutlichte die Projektkoordinatorin Stephanie<br />

Rundel von <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe noch einmal<br />

beim Abschlussfest. Sie erklärte auch, was dies im<br />

Konkreten heißen kann: „Internet ist für viele wichtig<br />

sowie Freizeit, Taschengeld und nette Erzieher.<br />

Jede Einrichtung erhielt zum Projektschluss die<br />

Ergebnisse sowie den Projektverlauf in <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Einrichtung dargestellt in einem Bil<strong>der</strong>-Buch. Es ist<br />

in einfacher Sprache geschrieben und wurde den<br />

Wohngruppen zur Verfügung gestellt. Im Kin<strong>der</strong>rechte-Buch<br />

für Hegenberg finden sind zum Beispiel<br />

die Antworten auf die Frage, ob es einen Ort gibt, an<br />

dem sich die angesprochenen Kin<strong>der</strong> richtig sicher<br />

fühlen: „Ja, meine Gruppe (mehrfach genannt). Bei<br />

den Erziehern. Nein. In meinem Geheimversteck“.<br />

Richtig gut verlassen können sich die Kin<strong>der</strong> laut<br />

eigener Aussagen auf die Erzieher und auf die Freundin.<br />

Einzelne gaben an, dass sie sich auf niemanden<br />

verlassen können.<br />

Ausgesprochen differenzierte Antworten von Chillen<br />

bis Zocken gaben Kin<strong>der</strong> auf die Frage, was wichtig<br />

in <strong>der</strong> eigenen Wohngruppe ist: unter an<strong>der</strong>em Playstation,<br />

PC, Essen und Trinken o<strong>der</strong> auch Klettern,<br />

Schwimmen und Fußball. Auch die Besuche bei an<strong>der</strong>en<br />

sind wichtig. Und dass sie selbst for<strong>der</strong>n und<br />

bestimmen dürfen.<br />

„Damit wir Kin<strong>der</strong>rechte wahren können, braucht es<br />

gute, verlässliche Mitarbeiter“, schil<strong>der</strong>t Stephanie<br />

Rundel. Kin<strong>der</strong>rechte müssen im Bewusstsein <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter einen festen Platz haben. Im „Praxishandbuch<br />

Kin<strong>der</strong>rechte im Alltag von Kin<strong>der</strong>heimen.<br />

Geachtet, beteiligt, geför<strong>der</strong>t, beschützt!“ werden<br />

Erkenntnisse, Erfahrungen und Ergebnisse aus dem<br />

zweijährigen Kin<strong>der</strong>rechteprojekt veröffentlicht. Vor<br />

allem die 25 Arbeitsblätter, die <strong>der</strong>zeit von Gruppenmitarbeitern<br />

geprüft werden, stellen eine praxisorientierte<br />

Reflexionshilfe für Fachkräfte in stationären<br />

Einrichtungen bei ihrer täglichen Arbeit dar. Zum<br />

Schutz und Wohl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>.<br />

Die Publikation erscheint Ende dieses Jahres<br />

beim Beltz Juventa Verlag.<br />

Aktion Mensch hat das Projekt geför<strong>der</strong>t.<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

33


Kin<strong>der</strong> haben Rechte<br />

Kin<strong>der</strong>-Rechte gelten für Kin<strong>der</strong><br />

auf <strong>der</strong> ganzen Welt.<br />

Jedes Kind hat Rechte.<br />

Es gibt viele Kin<strong>der</strong>-Rechte.<br />

Sie stehen in einem Gesetz.<br />

Kin<strong>der</strong> sollen geachtet, beteiligt,<br />

geför<strong>der</strong>t und beschützt werden.<br />

7 Kin<strong>der</strong>-Heime in Baden-Württemberg sagten:<br />

„Kin<strong>der</strong> sind bei unserer Arbeit das Wichtigste.“<br />

Sie wollten von den Kin<strong>der</strong>n wissen:<br />

Sind die Kin<strong>der</strong>-Rechte in den Wohngruppen gut umgesetzt?<br />

Was ist Kin<strong>der</strong>n im Heim beson<strong>der</strong>s wichtig?<br />

Stephanie Rundel hat die Kin<strong>der</strong>-Heime besucht.<br />

Und sie hat die Kin<strong>der</strong> genau gefragt.<br />

Zum Beispiel hat sie erfahren:<br />

Kin<strong>der</strong>n ist <strong>der</strong> Kontakt zu ihren Eltern wichtig.<br />

Viele wollen mit ihnen telefonieren.<br />

Sie möchten auch selbst entscheiden, was sie anziehen.<br />

Das heißt, sie möchten sich beteiligen.<br />

Kin<strong>der</strong>n ist auch die Freizeit wichtig.<br />

Beson<strong>der</strong>s wichtig ist vielen,<br />

dass sie sich sicher und geschützt fühlen können.<br />

Alle Antworten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> stehen in einem Buch.<br />

Kin<strong>der</strong> und Betreuer können das Buch lesen.<br />

34 Kin<strong>der</strong> und Jugend


Weitere Informationen finden Sie unter:<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

www.stiftung-liebenau.de<br />

www.christliche-hospizstiftung.de<br />

www.zustifterrente.de<br />

www.ausbildung-stiftung-liebenau.de<br />

Altenhilfe<br />

www.st.anna-hilfe.at<br />

www.altenhilfe-liebenau.de<br />

www.pflegeheim-helios.ch<br />

www.dorfplatz-sg.ch<br />

www.gaestehaus-st-anna.at<br />

www.casa.or.at<br />

www.stiftung-helios.ch<br />

Hilfe für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

www.st.gallus-hilfe.de<br />

WWW<br />

www.christliches-sozialwerk-ggmbh.de<br />

www.don-bosco-schulen.de<br />

www.liebenauer-arbeitswelten.de<br />

Bildung<br />

Gesundheit<br />

www.ausbildung-bbw.de<br />

www.st.lukas-klinik.de<br />

www.bbw-rv.de<br />

www.kjp-bernsteinstrasse.de<br />

www.bbw-produkte.de<br />

www.cafe-miteinan<strong>der</strong>.de<br />

Dienstleister und <strong>Stiftung</strong>sbetriebe<br />

www.fortbilden-entwickeln.de<br />

www.lise-gmbh.de<br />

www.max-gutknecht-schule.de<br />

www.kochwerk-rv.de<br />

www.raz-ulm.de<br />

www.kurhaus-badwurzach.de<br />

www.ifsb.rv.schule-bw.de<br />

www.lbu-gmbh.com<br />

www.rheinmainbildung.de<br />

www.lbu.ag<br />

www.ligas-gmbh.de<br />

Hilfe für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche www.liebenauer-landleben.de<br />

www.netzwerkfamilie.de<br />

www.liebenauer-brennholz.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospiz-nikolaus.de<br />

www.kin<strong>der</strong>nachsorge-rv.de<br />

Sonstige Tätigkeiten<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-ravensburg.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-bodensee.de<br />

www.wellcome-online.de<br />

www.geschwisterzeit.de<br />

www.schloss-badwurzach.de<br />

www.bulgarisch-deutsches-sozialwerk.de<br />

www.bruesseler-kreis.de<br />

www.netzwerk-song.de<br />

www.stiftung-heilig-geist.de<br />

www.bürgerbürokontakt3.de<br />

Krimi-Theater<br />

inkl. 4-Gänge-Menü & Aperitif<br />

Termine<br />

So. 17. Mai, 19 Uhr<br />

Sa. 28. Nov., 19 Uhr<br />

Tickets + Infos<br />

www.zimtundzyankali.de<br />

Tel. 08382 9994099<br />

o<strong>der</strong> im Kurhaus Bad Wurzach<br />

Tel. 07564 93180<br />

nur 69,- € pro Person<br />

Whisky-Dinner<br />

Feuerwerk <strong>der</strong> Aromen<br />

Mit Profi-Verkoster Arthur Nägele und<br />

exklusivem 4-Gänge-Menü<br />

Termin<br />

Sa. 18. April, 19 Uhr<br />

Tickets + Infos<br />

Kochwerk Ravensburg<br />

Tel. 0751 24662<br />

nur 69,- € pro Person<br />

Bildnachweis: ZIMT & ZYANKALI, T. Wejkszo – Fotolia<br />

Anzeigen<br />

35


an<br />

Spot an<br />

Ihre Meinung ist gefragt, Eberhard Bleher!<br />

Eberhard Bleher,<br />

verheiratet,<br />

4 Kin<strong>der</strong>,<br />

Leitung stationärer<br />

Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendbereich <strong>der</strong><br />

St. Gallus-Hilfe<br />

Hegenberg<br />

Seit wann arbeiten Sie in <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong>?<br />

Seit 26 Jahren.<br />

Was lesen Sie am liebsten?<br />

Romane, zum Beispiel von Zsuzsa<br />

Bank, und „Die Zeit“.<br />

Welche Musik hören Sie gerne?<br />

Manu Chao, Jan Garbarek, Cesario<br />

Evora.<br />

Ihr Traum vom Glück?<br />

Sonne und Schnee.<br />

Haben Sie Vorbil<strong>der</strong>?<br />

Helden des Alltags. Ich lerne von<br />

vielen alltäglichen Begegnungen<br />

mit Menschen.<br />

Ihr größtes Talent?<br />

Das müssten die Menschen beurteilen,<br />

die mit mir zu tun haben.<br />

Welche Fähigkeit möchten Sie<br />

besitzen?<br />

Ich wäre gerne künstlerisch kreativer<br />

und würde gerne ein Musikinstrument<br />

gut spielen können.<br />

Wie halten Sie es mit <strong>der</strong><br />

Religion?<br />

Sie ist Orientierung und Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

fürs Leben.<br />

Haben Sie ein Lebensmotto?<br />

Es gibt nichts Gutes, außer man<br />

tut es (Erich Kästner).<br />

Was schätzen Sie an <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>?<br />

Die <strong>Stiftung</strong> ist ein innovatives<br />

und solides Unternehmen mit sehr<br />

differenzierten Angeboten.<br />

Was gefällt Ihnen beson<strong>der</strong>s an<br />

Ihrer Tätigkeit?<br />

Sie ist vielseitig, abwechslungsreich<br />

und bringt täglich viele<br />

interessante Begegnungen mit<br />

Menschen. Dieser Alltag ist immer<br />

wie<strong>der</strong> eine neue Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit<br />

erreichen?<br />

Die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen sollen<br />

in Hegenberg einen Ort finden, an<br />

dem sie die Hilfe bekommen, die<br />

sie benötigen, um sich gut entwickeln<br />

zu können. Die Mitarbeiter<br />

sollen Arbeitsbedingungen vorfinden,<br />

die es ihnen ermöglichen,<br />

diese Hilfe gut zu gestalten. Dazu<br />

möchte ich meinen Teil beitragen.<br />

Ihre Meinung zum „<strong>Anstifter</strong>“?<br />

Ein Informationsmedium, welches<br />

einen guten Überblick über die verschiedenen<br />

Gesellschaften gibt.<br />

Christliche Werte in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

sind für mich...<br />

…wegweisend für die Würde des<br />

Menschen.<br />

Soziale Berufe sind wertvoll,<br />

weil ...<br />

…sie Menschen in beson<strong>der</strong>en<br />

Lebenslagen unterstützen.<br />

Das Image sozialer Berufe könnte<br />

verbessert werden,…<br />

…wenn wir diese notwendige und<br />

anspruchsvolle Arbeit selbstbewusst<br />

darstellen.

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