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ALLGÄU ALTERNATIV Sommerausgabe 2015

- "Auf ein Wort": Erdgas Schwaben Geschäftsführer Klaus Peter Dietmayer / - Altbau: Praktische Hilfe für den Hausbesitzer / - Regional Bauen: Individuelle Fertighäußer / - E-Mobilität Schwerpunkt Übersicht: Welches Pedelec passt zu mir? E-Mobilität auf dem Land: Studienergebnisse der Hochschule Biberach geben Aufschluss / 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020: Situationsanalyse mit Einschätzungen von Tobias Sirch und Peter Schneider / Energieaudit für größere Unternehmen wird Pflicht: eza! hilft bei der Umsetzung der gesetzl. Vorgaben / Energiesparen: Innovative Straßenbeleuchtung für Schloss Neuschwanstein installiert / Messe RENEXPO: Gebäudehülle im Mittelpunkt / Staat heizt mit: Zuschüsse für Erdwärmepumpen / Industrie 4.0: Chancen und Risiken der digitalen Vernetzung für Unternehmen / Windkraft: Grünes Licht für 122 mögliche Anlagen / Energiepioniere: Lorenz Schädler brachte die Wasserkraft nach Scheidegg

- "Auf ein Wort": Erdgas Schwaben Geschäftsführer Klaus Peter Dietmayer / - Altbau: Praktische Hilfe für den Hausbesitzer / - Regional Bauen: Individuelle Fertighäußer / - E-Mobilität Schwerpunkt Übersicht: Welches Pedelec passt zu mir? E-Mobilität auf dem Land: Studienergebnisse der Hochschule Biberach geben Aufschluss / 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020: Situationsanalyse mit Einschätzungen von Tobias Sirch und Peter Schneider / Energieaudit für größere Unternehmen wird Pflicht: eza! hilft bei der Umsetzung der gesetzl. Vorgaben / Energiesparen: Innovative Straßenbeleuchtung für Schloss Neuschwanstein installiert / Messe RENEXPO: Gebäudehülle im Mittelpunkt / Staat heizt mit: Zuschüsse für Erdwärmepumpen / Industrie 4.0: Chancen und Risiken der digitalen Vernetzung für Unternehmen / Windkraft: Grünes Licht für 122 mögliche Anlagen / Energiepioniere: Lorenz Schädler brachte die Wasserkraft nach Scheidegg

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Ausgabe 2/<strong>2015</strong><br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Schwerpunkt-Thema:<br />

E-Mobil – Chancen und Probleme<br />

im ländlichen Raum


Auf ein Wort<br />

Mut und Standfestigkeit!<br />

Unsere Gesellschaft steht vor großen Veränderungen,<br />

sei es der demografische Wandel,<br />

seien es die technischen Entwiklungen, der<br />

Klimawandel oder das sich ändernde Demokratieverständnis<br />

einer selbstbewussten Bürgerschaft. Diese<br />

Veränderungen werden auch einen Energieversorger<br />

nicht unverändert lassen. Die Menschen werden andere<br />

Bedürfnisse haben, und hierfür müssen wir Antworten,<br />

also Angebote entwickeln. Sonst werden dies<br />

die neuen Wettbewerber wie Google, Amazon oder<br />

Tesla tun.<br />

Eine Vereinigung von Erdgas Schwaben mit den-<br />

Stadtwerken Augsburg ermöglicht eine starke Zukunftsfähigkeit<br />

des Unternehmens für die Region.<br />

Eine sogenannte Machbarkeitsstudie wurde Anfang<br />

des Jahres abgeschlossen – sie zeigt, dass eine Fusion<br />

von Erdgas Schwaben und den Stadtwerken sinnvoll<br />

ist. Die Studie hat das mit harten, belastbaren Fakten<br />

untermauert. Die Anteilseigner können nun nach Faktenlage<br />

entscheiden. Auch die Kommunen in der Region<br />

profitieren von einem Zusammenschluss. Zur bestehenden<br />

vertrauensvollen Zusammenarbeit kommt<br />

eine stabile Stärkung der Region durch Investitionen<br />

und damit eine höhere Attraktivität für Fachkräfte.<br />

Die Arbeitsplätze werden zukunftsfähig. Insgesamt<br />

wird die Region im Wettbewerb der Regionen gestärkt.<br />

Bestes Beispiel: der Breitband-Glasfaserausbau<br />

für Kommunen.<br />

Die zukünftigen Ziele sind neben der Arbeitsplatzsicherung<br />

in den sieben Betriebsstellen in Schwaben<br />

und im Allgäu ganz sicher der Ausbau des Erdgasnetzes,<br />

die Erweiterung des Angebotes durch ein<br />

schnelles Breitband-Glasfasernetz und die Sicherung<br />

von langfristig stabilen Energiepreisen. Auch, wenn<br />

wir derzeit einen Schwerpunkt unserer Arbeit in<br />

Augsburg sehen: Das Allgäu war, ist und wird immer<br />

eine Kernregion für Erdgas Schwaben bleiben. Wir engagieren<br />

uns in der Netzerweiterung, investieren ganz<br />

wesentlich in KWK-Technik und vieles mehr. Das zurzeit<br />

herausragende Engagement finden Sie in Kaufbeuren<br />

– hier sanieren wir den Standort des historischen<br />

Gaswerkes in Millionenhöhe für einen attraktiven<br />

Neubau.<br />

Foto: Erdgas Schwaben<br />

Derzeit ein schwer beschäftigter Mann:<br />

Doppel-Geschäftsführer Klaus Peter Dietmayer<br />

Wir wollen Schwaben zu einer Leitregion in Sachen<br />

Energiewende und Energiezukunft machen: Der<br />

erste Schritt wurde mit dem höchst erfolgreichen<br />

Energiekongress im März getan. Durch die offene Beteiligungsplattform<br />

im Internet wurden so viele Beiträge<br />

eingebracht, dass wir heute noch an der Bewertung<br />

arbeiten. Ich hoffe, noch vor der Sommerpause<br />

erste Ergebnisse präsentieren zu können.<br />

Energiepolitik ist ein inzwischen leider hochemotionales<br />

Thema geworden. Fakt ist, dass wir schon<br />

1972 vom Club of Rome den Auftrag erhielten, uns<br />

um die Energieversorgung der Zukunft zu kümmern.<br />

Inzwischen ist zwar allen Beteiligten klar, wie zwingend<br />

der Auftrag ist, um unsere Gesellschaft enkeltauglich<br />

zu machen. Doch sachlicher ist die Suche<br />

nach Lösungen nicht geworden. Hier wünsche ich mir<br />

mehr Kompetenz in der Sache, Demut vor der Schöpfung<br />

und den kommenden Generationen und Mut,<br />

auch unbequeme Entscheidungen mit Standfestigkeit<br />

durch die Debatte zu tragen.<br />

Klaus Peter Dietmayer,<br />

Geschäftsführer Erdgas Schwaben<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

3


Inhalt<br />

Impressum<br />

Verlag und Herstellung:<br />

Verlag HEPHAISTOS<br />

EDITION <strong>ALLGÄU</strong><br />

Lachener Weg 2<br />

87509 Immenstadt-<br />

Werdenstein<br />

Tel. 08379/728616<br />

Fax 08379/728018<br />

info@heimat-allgaeu.info<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

Herausgeber:<br />

Peter Elgaß<br />

Redaktion:<br />

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),<br />

Thomas Niehörster,<br />

Annette Müller<br />

Gekennzeichnete Beiträge<br />

stellen die Meinung des<br />

Ver fassers, nicht aber des<br />

Verlages dar.<br />

Layout:<br />

Bianca Elgaß,<br />

Ramona Klein,<br />

Dominik Ultes<br />

Anzeigen:<br />

Sven Abend (Ltg.), E-Mail:<br />

sven.abend@heimat-allgaeu.info<br />

Gültige Anzeigenpreisliste:<br />

1/<strong>2015</strong><br />

Bankverbindung Verlag:<br />

Raiffeisenbank Kempten-<br />

Oberallgäu, IBAN:<br />

DE97733699200007126999<br />

BIC: GENODEF1SFO<br />

Auf ein Wort Seite 3<br />

Altbau<br />

Kostenfalle bei der Sanierung Seite 6<br />

Bauen<br />

Individuelle Fertighäuser Seite 8<br />

Barrierefrei in Biberach Seite 12<br />

E-Mobil<br />

Volle Elektrokraft voraus Seite 14<br />

Länger mobil mit dem E-Rad Seite 17<br />

E-Power auch auf dem Land Seite 18<br />

Leitmarkt oder Schlusslicht Seite 20<br />

E-Mobil: Umfage<br />

Es wird noch etwas dauern! Seite 24<br />

E-Mobil<br />

Post kommt per E-Mobil Seite 25<br />

Verkehrsbund<br />

Das Allgäu rückt zusammen Seite 26<br />

Energieeffizienz<br />

Netzwerke vor Ort gewinnen Seite 27<br />

Energie<br />

Energieaudit wird Pflicht Seite 28<br />

Photovoltaik<br />

Eine Frau greift an Seite 30<br />

78<br />

Energiesparen<br />

Neuschwanstein Seite 32<br />

Meldungen<br />

Memminger Sonnenforscher Seite 34<br />

Neues AÜW-Kundencenter in Kempten Seite 34<br />

Ein Buch, das »elektrisiert« Seite 35<br />

Erstes nachhaltiges Kinderhotel Seite 35<br />

Dickes Lob für den Landkreis Oberallgäu Seite 35<br />

Klimafreundlicher Bergsport mit dem DAV Seite 36<br />

Kempten und Oberallgäu: Öko-Modellregion Seite 36<br />

Schmökern im Denkraum Seite 36<br />

Förderprogramm für Hausbesitzer Seite 37<br />

Besucher »stromern« nach München Seite 37<br />

Allgäuer Energieberatung Seite 38<br />

Ausstellung: Schule und Energie Seite 38<br />

Staatspreis für Herz & Lang Seite 38<br />

Spannender Energietag zur Festwoche Seite 39<br />

Preis für EnergiePLUS-Masterarbeit Seite 39<br />

Pflanzaktionen im Allgäu Seite 40<br />

Wohnpark mit moderner Lüftung Seite 41<br />

Holzige Termine Seite 41<br />

Wasserstoff<br />

Die Produktion verbessern Seite 42<br />

Die Natur macht es vor Seite 42<br />

Energie<br />

Die Renexpo in Augsburg Seite 44<br />

Energiesparen<br />

Green Factory Allgäu Seite 46<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

digital lesen?<br />

Einfach QR-Code scannen!<br />

Unsere Partnerzeitschrift<br />

im Bayerischen Oberland:<br />

oberland<strong>ALTERNATIV</strong><br />

4 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


44<br />

48<br />

Wasserkraft<br />

Grünes Licht vom Landrat Seite 48<br />

Digitalisierung<br />

Bad Hindelang ist dabei Seite 50<br />

Erdwärme<br />

Der Staat heizt mit Seite 52<br />

Industrie 4.0<br />

Aus Gliedern wird eine Kette Seite 53<br />

Windkraft<br />

Grünes Licht für Windräder Seite 56<br />

Bergfest auf hoher See Seite 58<br />

Mächler und Pioniere<br />

Im elektrischen Loch Seite 60<br />

Natur-Klima<br />

Hundert Prozent bis 2050 Seite 64<br />

68<br />

46<br />

Landschaftserhalt<br />

Ziegen für die Adelegg Seite 68<br />

Genetik<br />

Gute und böse Manipulation Seite 70<br />

Natur<br />

Artenvielfalt per Display Seite 74<br />

Eine kalte Kinderstube Seite 76<br />

Umwelt<br />

Die unwillkommenen Gäste Seite 78<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />

Ausgabe ist der 2. Oktober <strong>2015</strong><br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> 5


Altbau<br />

Kostenfalle bei der Sanierung<br />

Praktische Hilfe für den Altbau-Hausbesitzer<br />

Fassadendämmung, neue Heizung, bessere Fenster: Nicht jede empfohlene und<br />

ge förderte Maßnahme zur energetischen Sanierung ist für jedes Gebäude sinnvoll.<br />

Ein interdisziplinäres Team der TU Darmstadt stellt die Energiepolitik auf den<br />

Prüfstand und arbeitet im Rahmen einer Studie an Empfehlungen, an denen sich<br />

Besitzer kleiner wie großer Immobilien orientieren können. Das Ziel: mit möglichst<br />

geringen Kosten einen möglichst großen Beitrag zum Klimaschutz zu erzielen.<br />

Foto: Kara/fotolia<br />

Sanierungen müssen sinnvoll<br />

und bezahlbar sein. Bei der<br />

Dacherneuerung kann<br />

man viele Fehler machen<br />

Auf Gebäude entfallen rund 40 Prozent des<br />

deutschen Endenergieverbrauchs und etwa<br />

ein Drittel der hierzulande verursachten<br />

CO2-Emissionen. Die energetische Sanierung des Gebäudebestandes<br />

ist somit der wichtigste Schritt auf<br />

dem Weg zum erfolgreichen Klimaschutz. Dennoch<br />

werden nur etwa 0,8 Prozent der Gebäude jährlich<br />

energetisch saniert und damit deutlich weniger als die<br />

2,2 Prozent, die nötig wären, um die CO2-Emissionen<br />

im Gebäudesektor schnell und bedeutend zu reduzieren.<br />

Die Ursache liegt im gegenwärtig verfolgten Ansatz<br />

der Politik. Er ist darauf ausgerichtet, bei jeder Gebäudesanierung<br />

das Maximum an Energieeinsparung<br />

zu erzielen. Damit allerdings sind sowohl Eigentümer<br />

als auch Nutzer häufig finanziell überfordert, sodass<br />

viele prinzipiell mögliche Sanierungen aus wirtschaftlichen<br />

Gründen ganz unterbleiben.<br />

Darüber hinaus stellen Eigentümer und Nutzer<br />

diejenigen Maßnahmen in Frage, die die Wohnqualität<br />

beeinträchtigen oder gar zu beträchtlichen Proble-<br />

6<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


men der Behaglichkeit oder des Raumklimas und zu<br />

Bauschäden wie zum Beispiel Schimmel führen können.<br />

Hier beschreitet die Studie der TU Darmstadt andere<br />

Wege: Sie lotet aus, wie mit dem zur Verfügung<br />

stehenden Budget ein bestmöglicher Beitrag zum Klimaschutz<br />

geleistet werden kann. Die Studie zielt konkret<br />

darauf ab, unter den für die Gebäudesanierung<br />

zur Verfügung stehenden Maßnahmen diejenigen auszuwählen,<br />

die besonders kosteneffizient und sinnvoll<br />

sind.<br />

Ganzheitliche Betrachtung<br />

Damit widmet sich das Team der Fachbereiche<br />

Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Fachgebiet<br />

Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre,<br />

sowie Bau- und Umwelt-Ingenieurwissenschaften,<br />

Institut für Massivbau, der Aufgabe, Instrumente zu<br />

entwickeln, um die energetische Sanierung in puncto<br />

Nachhaltigkeit neu zu bewerten. Erstmals betrachten<br />

die Wissenschaftler dafür die Gebäude, die möglichen<br />

Sanierungsmaßnahmen und deren Effekte in ihren<br />

Zusammenhängen und Wechselwirkungen, also als<br />

Ganzes.<br />

Bisher wurden in der Regel nur Endenergieverbrauch<br />

und Investitionskosten verglichen. In der Studie<br />

kamen nun auch Aspekte wie etwa Behaglichkeit im<br />

Wohnbereich, Energieverbrauch und Baumaterialien in<br />

Betracht. Den Wissenschaftlern ist vor allem an Transparenz<br />

gelegen. »Viele Eigentümer sanieren nicht, weil<br />

sie nicht wissen, welche Maßnahme in ihrem Fall am<br />

besten geeignet ist. Wir möchten ihnen aus diesem Dikkicht<br />

heraushelfen«, sagt Nikolas Müller, der für den<br />

Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften am<br />

Projekt mitarbeitete. »Was lässt sich im Gebäude an<br />

Energie einsparen, habe ich dann ein behagliches<br />

Wohnklima und was kostet das – das sind die Faktoren,<br />

die Eigentümer interessieren«, resümiert er.<br />

Echte Gebäude im Fokus<br />

So entwickelten die Forscher konkrete Empfehlungen<br />

für verschiedene Beispielimmobilien mit unterschiedlicher<br />

baulicher Ausstattung. In diesen<br />

»Roadmaps« lässt sich auf einen Blick ablesen, welche<br />

Maßnahmen in welcher Reihenfolge ausgeführt werden<br />

müssen und bei der Sanierung den Geldbeutel<br />

und die Umwelt gleichermaßen schonen. »Nicht jeder<br />

hat auf einen Schlag eine große Geldsumme zur Verfügung«,<br />

erklärt Müller. Die Studie ist umfassend, berücksichtigt<br />

Aspekte der Bausubstanz und Technik<br />

ebenso wie Betriebskosten, Investitionen und Wohnkomfort<br />

und ist daher als interdisziplinäres Projekt angelegt.<br />

»Einen Bauphysiker interessieren andere Dinge<br />

als einen Immobilienwirtschaftler«, sagt Müller.<br />

Die Politik ist gefordert<br />

Die Wissenschaftler stellten im Rahmen des Projektes<br />

auch politische Strategieansätze auf den Prüfstand.<br />

»Die besten Optionen, die wir in den Berechnungen<br />

herausgefiltert haben, entsprechen nicht unbedingt<br />

dem, was die Politik zurzeit fördert. In der<br />

Praxis treten die erwarteten Effekte bei der Energieeinsparung<br />

oft nicht ein oder reichen nicht, um die Sanierungsinvestitionen<br />

zu refinanzieren«, erklärt Müller.<br />

Auch seien die Normen, die für Förderungen herangezogen<br />

würden, nicht immer realitätsnah, oder sie<br />

legten verzerrende Werte zugrunde.<br />

Ferner stellen die Forscher einen weiteren Aspekt<br />

heraus: Die staatliche Förderung begünstigt oft ineffiziente<br />

Maßnahmen. Gibt es zum Beispiel schon eine<br />

dünne Fassadendämmung, müsste in die – vom Staat<br />

geforderte oder auch geförderte – verbesserte Dämmung<br />

deutlich mehr Geld investiert werden, um spürbar<br />

Energie einzusparen, als in einem noch gar nicht<br />

gedämmten Haus, bei dem dieselbe Investition dann<br />

deutlich stärkere Effekte brächte. Ineffizient ist das in<br />

diesem Fall sowohl für den Eigentümer der Immobilie<br />

als auch im Hinblick auf die staatliche Mittelvergabe.<br />

Neu: individuelle Konzepte<br />

Die Analysen zeigen auch, dass die Mindestanforderungen<br />

zur bauphysikalischen Behaglichkeit im<br />

Verhältnis zu den bislang geforderten und geförderten<br />

Lösungen bereits mit geringen Aufwendungen sowohl<br />

beim Material als auch bei den Kosten erreicht werden<br />

können. Nach Abschluss des Projektes empfehlen die<br />

Forscher, in Gesetzesverordnungen nicht mehr einzelne<br />

Maßnahmen nur unter dem Aspekt der Energieeinsparung<br />

singulär zu betrachten und zu fördern<br />

nach der pauschalen Devise: »Insbesondere Fassadendämmung<br />

ist das A und O«, sondern individuelle Sanierungskonzepte<br />

einzelner Gebäude unter Berücksichtigung<br />

der Endenergie- und CO2-Vermeidungskosten<br />

auf ihre Förderwürdigkeit hin zu bewerten.<br />

Darüber hinaus zeichnet sich weiterer Forschungsbedarf<br />

ab: Wie wirtschaftlich ist die energetische Gebäudesanierung<br />

in der Fläche? Und können künftig öffentliche<br />

Fördermittel zweckmäßiger verteilt werden?<br />

Wenn viele Menschen sich Sanierungen leisten können,<br />

wird auch ein großer Effekt fürs Klima erzielt, so<br />

die Überlegung.<br />

Ein Handbuch für die Praxis<br />

Die Wissenschaftler arbeiten derzeit an<br />

einem Handbuch zur energetischen Gebäude -<br />

sanierung. In dem Buch werden die Effekte<br />

energieeffizienter Maßnahmen in ihren Zu -<br />

sammenhängen nachvollziehbar hergeleitet<br />

und verständlich dargestellt. Mit dem Hand -<br />

buch wollen die Wissenschaftler einerseits<br />

dazu beitragen, die Diskussion um das Für<br />

und Wider energetischer Sanierungen zu<br />

versachlichen sowie andererseits Gebäude -<br />

eigentümern mit Handlungsleitfäden unter -<br />

stützen, die darstellen, wann und unter wel -<br />

chen Umständen welche Maßnahmen be -<br />

sonders sinnvoll sind. Das Buch zielt mit die -<br />

ser Doppelstrategie mittelfristig darauf ab,<br />

Grundlagen zu schaffen, auf deren Basis<br />

sowohl die Sanierungsquote als auch die<br />

Sanierungs effizienz gesteigert werden kann.<br />

Das Buch wird Ende <strong>2015</strong> erscheinen.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> wird dieses Handbuch<br />

vorstellen, sobald es verfügbar ist.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

7


Bauen<br />

Individuelle Fertighäuser<br />

Regionale Unternehmen wissen, wie<br />

Häuser aus dem Katalog sucht sich kein Mensch mehr aus, Fassaden mit<br />

fingerbreiten Fugen ernten bestenfalls ein mildes Lächeln. Nach Angaben des<br />

Deutschen Holzfertigbau-Verbandes e.V. (DHV) sind die Ansprüche ans Bauen<br />

und Wohnen mit der Zeit enorm gestiegen. Lediglich ein Dach über dem Kopf<br />

ist längst nicht mehr alleiniges Ziel der Bauherren und ihrer Familien.<br />

Mit Herz, Hand und Sachverstand:<br />

Fertighausanbieter im Allgäu sind erfolgreiche<br />

Holzbaubetriebe, die über<br />

tra di tio nelles handwerkliches Können ebenso verfügen<br />

wie über modernste Technik. Hier bleibt nichts<br />

dem Zufall überlassen – beispielsweise wird die<br />

Holzfeuchte mehrmals gemessen. »Kreativität, Flexibilität,<br />

Schnelligkeit und Energieeffizienz sind Parameter,<br />

an denen sich moderne Hausbauunternehmen<br />

messen lassen müssen. Ebenso spielen die Qualität<br />

der Bauausführung und die gesundheitliche Unbedenklichkeit<br />

der verwendeten Materialien eine<br />

Schlüsselrolle«, betont Erwin Taglieber, Präsident des<br />

Deutschen Holzfertigbau-Verbandes e.V. (DHV). Er<br />

ist selbst Holzbauunternehmer und weiß, wovon er<br />

spricht. »Zur Individualität des Hausentwurfs«, sagt<br />

er, »gibt es bei Neubauvorhaben praktisch keine Alternative.«<br />

8<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Holzhaus Buhmann und DHV<br />

Foto vorhergehende Seite:<br />

Moderne Gestaltung –<br />

ein Kinder garten im Passiv haus -<br />

standard mit architektonischem<br />

Anspruch.<br />

Foto links:<br />

Interessant gestalteter<br />

Materialmix im Fassaden -<br />

bereich gibt dem Anbau<br />

eine filigrane Note<br />

Großer Vorteil eines Holzhauses<br />

ist die Vorfertigung. Auf dem<br />

Foto ganz links ist ein Haus zu<br />

sehen, das von Holzbau<br />

Buhmann in einen fertigen<br />

Garten gesetzt würde, ohne<br />

dass die bestehende<br />

Bepflanzung Schaden nahm.<br />

Foto links: Die farbige Holz fas -<br />

sade schmiegt sich perfekt in<br />

die natürliche Umgebung<br />

(gebaut von Holzbau Buhmann,<br />

geplant von VitalArchitektur<br />

Martin Maurer)<br />

Andere Zeiten, andere Häuser<br />

Früher war das alles völlig anders: Im eigenen<br />

Haus zu wohnen, galt als Lebenstraum, für dessen<br />

Verwirklichung man lange eisern sparte. Oft dauerte<br />

es Monate, bis das Haus – meist Stein auf Stein in<br />

Handarbeit – errichtet war, zuweilen sogar länger.<br />

Nach dem Richtfest musste der Baukörper erst einmal<br />

austrocknen, bevor er verputzt, innen fertiggestellt<br />

und dann endlich bezogen werden konnte. Viel Zeit<br />

musste man als Bauherr also haben, einen guten Architekten<br />

und natürlich auch das Geld, um all die vielen<br />

Bauhandwerker zu bezahlen. Von den Nerven, die<br />

manchen Bauherrn das Projekt kostete, ganz zu<br />

In der Fertigung:<br />

eine moderne Abbinde-Anlage


Bauen<br />

Auf dem Montagetisch ist<br />

bereits die Form der<br />

Hausfassade erkennbar<br />

Kurzinfo<br />

Weitere Informationen über<br />

modernes Bauen und<br />

gesundes Wohnen in einem<br />

Fertighaus aus Holz gibt es<br />

beim DHV, Deutscher<br />

Holzfertigbau-Verband e.V.,<br />

Hellmuth-Hirth-Str. 7, 73760<br />

Ostfildern, www.d-h-v.de<br />

schweigen – die vielen Gewerke und Handwerker »im<br />

Zaum« zu halten, war eine Kunst, die nur wenige beherrschten<br />

– denn auf Erfahrungswerte konnte ja<br />

kaum ein Bauherr zurückblicken.<br />

Wachsende Nachfrage<br />

Doch schon damals war Zeit Geld – weshalb die<br />

Idee, ein standardisiertes Haus zu kaufen, rasch Anhänger<br />

fand. Einfach das passende Modell in einer der<br />

vielen Musterhaus-Siedlungen aussuchen und beim<br />

Versandhandel bestellen – mit Eingang links oder<br />

rechts, das Dach mit Fenster oder ohne, Garagenanbau<br />

oder Erker auf der Giebelseite – an Wahlmöglichkeiten<br />

gab es nicht allzu viele. Denn die Grundrisse<br />

waren samt und sonders vorgezeichnet. Das hat freilich<br />

kaum jemanden gestört, wenn es galt, der Familie<br />

zu einem bezahlbaren Dach über dem Kopf zu verhelfen.<br />

Genau diesen Zweck haben Fertighäuser aus dem<br />

Katalog erfüllt – damals, in den 1960er- und 1970erund<br />

auch noch in den frühen 1980er-Jahren. Heute<br />

dürften solche »Häuser von der Stange« kaum noch<br />

Käufer finden.<br />

Vorfertigung macht Vielfalt<br />

Beim Holzrahmen- und Holztafelbau bringt der<br />

Einsatz von Maschinentechnik große Vorteile mit sich:<br />

vom Präzisions- und Zeitgewinn im Zuschnitt und bei<br />

der Montage über die realisierbare Vielfalt der Entwürfe<br />

bis zur Beschleunigung des Durchlaufs großer<br />

Elemente. Alle Decken- und Wandanschlüsse sitzen<br />

so, dass sie beim Richten des Gebäudes exakt verbunden<br />

werden können. Der Aufbau des Hauses ist nur<br />

noch eine Sache weniger Tage. Nimmt man den kompletten<br />

Innenausbau mit hinzu – dauert es vom ersten<br />

Hammerschlag bis zum Einzug allenfalls ein Vierteljahr.<br />

Stetige Weiterentwicklung der Produktionstechnologie<br />

hat im Holzfertigbau einen Quantensprung<br />

bewirkt, der von der Einführung von Schmetterlingstischen<br />

zum Wenden großer Wände über CNC-gesteuerte<br />

Abbinde-Anlagen bis zum Einsatz vollautomatischer<br />

Industrieroboter reicht. Dämmstoffbahnen<br />

werden millimetergenau in die Gefache eingelegt,<br />

schwere Holzwerkstoffplatten keineswegs von Hand<br />

getragen, sondern von Greifarmen angesaugt, bevor<br />

sie von der einen Bearbeitungsstation zur nächsten<br />

durch die Halle schweben. Das alles ähnelt sehr der<br />

Herstellung moderner Autos: Kaum ein Anbieter<br />

käme mehr auf die Idee, Karosserieteile in Handarbeit<br />

mit Schrauben zu verbinden. Im Holzfertigbau ist das<br />

kaum anders; hier helfen zum Beispiel Druckluftnagler,<br />

Dämmplatten mit Edelstahlklammern im Holzrahmen<br />

zu verankern.<br />

Ansprüche sind gestiegen<br />

Das Ziel, nur ein Dach über dem Kopf zu haben,<br />

ist längst dem Wunsch nach gesundem Wohnen, Behaglichkeit<br />

und Energieeffizienz gewichen. Hübsch<br />

anzusehen soll das Haus natürlich sein, hochwertig,<br />

werthaltig und gut gedämmt auf alle Fälle. Genau wie<br />

10 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Ein Mitarbeiter der Holzbaufirma bei der Feuchtemessung<br />

die vielen wunderschönen Häuser, die die rund 160<br />

Mitgliedsunternehmen im Deutschen Holzfertigbau-<br />

Verband ganz nach Bauherrenwunsch entwerfen, wettergeschützt<br />

vorfertigen, exakt zum Bedarfszeitpunkt<br />

auf den jeweiligen Bauplatz liefern, dort fachgerecht<br />

montieren und mit viel Liebe zum Detail von innen<br />

und außen komplettieren. Handwerkliches Können<br />

und maschinelle Unterstützung gehen dabei Hand in<br />

Hand. Im Verbund ergeben sie ein Haus aus Holz von<br />

meisterlicher Qualität, das werthaltig und zukunfts -<br />

fähig ist. Eben ein Holzfertighaus, wie es sich in<br />

Deutschland immer mehr Bauherren wünschen: individuell<br />

geplant, meisterlich gebaut und doch erschwinglich.<br />

Im Allgäu hilft noch ein weiterer Aspekt dem<br />

Bauwilligen, sich für ein Holz-Fertighaus zu entscheiden:<br />

In kaum einer anderen Gegend in Deutschland<br />

gibt es so viele organisierte Fachbetriebe wie in unserer<br />

Region. allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat sie in einer<br />

Adressliste zusammengestellt (siehe Kasten). Weitere<br />

Kriterien kommen hinzu: Ökologisch sinnvoll ist es,<br />

dass die Werkstoffe möglichst kurze Lieferwege haben<br />

und auch die fertigen Bauelemente nicht über Hunderte<br />

von Kilometern per Tieflader angeliefert werden<br />

müssen.<br />

Ein weiterer Vorteil: Regionale Firmen sind bei<br />

Nachbesserungen und Sonderwünschen sofort greifbar.<br />

Die räumliche Nähe spart Wegekosten und bringt<br />

zusätzliche Sicherheit – denn lokaler Service ist in jedem<br />

Fall günstiger.<br />

Holzbau-Unternehmen im DHV in der Region<br />

Holzbau Buhmann GmbH & Co. KG<br />

Eisenbolz 15<br />

87480 Weitnau<br />

Tel.: 08375 92080<br />

info@holzbaubuhmann.de<br />

http://www.holzbaubuhmann.de<br />

M & M HolzHaus GmbH<br />

Füssener Straße 57<br />

87484 Nesselwang<br />

Tel.: 08361 92100<br />

info@mm-holzhaus.de<br />

http://www.mm-holzhaus.de<br />

Anton Ambros GmbH<br />

Hauptstraße 5<br />

87659 Hopferau<br />

Tel.: 08364 983430<br />

info@ambros-haus.de<br />

http://www.ambros-haus.de<br />

Bau-Fritz GmbH & Co. KG, seit 1896<br />

Alpenstraße 25<br />

87746 Erkheim<br />

Tel.: 08336 900-0<br />

Fax: 08336 900-222<br />

dfv@baufritz.net<br />

http://www.baufritz.de<br />

Weizenegger Objektbau GmbH<br />

Ziegelwiesenweg 1<br />

88410 Bad Wurzach<br />

Tel.: 07564 93470<br />

info@weizenegger.de<br />

http://www.weizenegger.de<br />

Holzbau Leiter-Witzemann GbR<br />

Liebenau<br />

Mühlenweg 4<br />

88074 Meckenbeuren<br />

Tel.: 07542 3810<br />

bernhard.leiter@t-online.de<br />

http://www.leiter-witzemann.de<br />

BUNZ bauart GmbH<br />

Biberacher Straße 37<br />

88477 Schwendi<br />

Tel.: 07353 980440<br />

info@bunz-bauart.de<br />

http://www.bunz-bauart.de<br />

Architekturpartner ist die Planungsgruppe PGR<br />

Blumenstraße 11<br />

86956 Schongau<br />

Tel.: 08861 8003<br />

orader@proligna.de<br />

http://www.proligna.de<br />

Fördermitglied ist die<br />

Fermacell GmbH<br />

Am alten Sportplatz 1<br />

87749 Hawangen<br />

jens.morscheid@xella.com<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

11


Bauen<br />

Barrierefrei in Biberach<br />

Ein Lehrgang für Fachplaner<br />

Barrierefreies Bauen ist eine zentrale Gestaltungsherausforderung für<br />

unsere Gesellschaft ebenso wie für Planungs- und Architekturbüros: Die<br />

gebaute Umwelt muss und kann die Anforderungen erfüllen, die – nicht<br />

nur durch den demografischen Wandel – in unserer Gesellschaft entstehen.<br />

Die Akademie der Hochschule Biberach bietet diesen Berufsgruppen<br />

erneut den Lehrgang »FachplanerIn Barrierefreies Bauen« an.<br />

Architektin Dr.-Ing. Sigrid Loch<br />

(oben) und Referentin Nadine<br />

Metlitzky (darunter) leiten den<br />

Lehrgang in Biberach<br />

Weitere<br />

Informationen<br />

http://www.akademiebiberach.de/barrierefrei<br />

http://www.hochschulebiberach.de<br />

Fotos: privat<br />

Die Zusammenarbeit der Hochschule Biberach<br />

mit dem Institut Fortbildung Bau der<br />

Architektenkammer Baden-Württemberg<br />

zeigt, dass Barrierefreiheit den Berufsalltag von Planern<br />

erreicht hat«, so Pascal Steinert, Mitglied der Geschäftsführung<br />

der Akademie der Hochschule<br />

Biberach. Denn die Anforderungen in der Praxis sind<br />

komplex: Was bedeutet barrierefreies Bauen tatsächlich?<br />

Was ist in der konkreten Planung zu berücksichtigen?<br />

Welche funktionalen und kreativen Spielräume<br />

kann der Planer nutzen? Wie funktionieren barrierefreie<br />

Baudetails? Und schließlich: Was kostet barrierefreies<br />

Bauen und wem nutzt es?<br />

Diese und weitere Fragen sollen im Lehrgang<br />

»Barrierefreies Bauen« beantwortet werden. Der Lehrgang,<br />

der nach dem erfolgreichen Start in diesem Jahr<br />

erneut vom 1. Oktober <strong>2015</strong> bis 28. Januar 2016 angeboten<br />

wird, bietet Planern und Architekten fundierte<br />

Grundlagen sowie spezifisches Fachwissen zum barrierefreien<br />

Bauen und eröffnet damit neue Handlungspotenziale<br />

für die Praxis.<br />

Der nächste Lehrgang greift auch aktuelle Diskussionen<br />

auf – etwa mit einem Expertenbeitrag zum<br />

Thema AAL-unterstützende Technik. Im Fokus stehen<br />

technische Assistenzsysteme, innovative Produkte und<br />

Dienstleistungen, die ein selbstbestimmtes Leben im<br />

Alter oder bei Behinderung unterstützen können.<br />

Die Akademie der Hochschule Biberach hat das<br />

Angebot zusammen mit zwei Expertinnen für barrierefreies<br />

Bauen entwickelt: Dr.-Ing. Sigrid Loch, Architektin,<br />

hat sich in Forschung und Lehre an der Universität<br />

Stuttgart sowie als Referentin im Bereich Fortund<br />

Weiterbildung auf anpassungsfähige Wohnkonzepte,<br />

barrierefreies und generationengerechtes Planen<br />

und Bauen spezialisiert. Lehraufträge und die Leitung<br />

zahlreicher Fortbildungsveranstaltungen u.a. für<br />

die Architektenkammer ergänzen ihre Arbeit. Ihre<br />

Kollegin, Dipl.-Ing. (FH) Nadine Metlitzky, hat das<br />

»Factus 2 Institut« mit Sitz in Nordhausen und Erfurt<br />

gegründet und bietet in freier Tätigkeit die Planung,<br />

Beratung und Begutachtung von Bauprojekten unter<br />

dem Aspekt der Barrierefreiheit an. Auch ein Fortbildungsprogramm<br />

für Planer und Architekten gehört<br />

zum Angebot des Instituts. Nadine Metlitzky gilt als<br />

Koryphäe auf diesem Gebiet, insbesondere im Bereich<br />

der Wissens-vermittlung.<br />

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Verpassen Sie nicht die nächste Ausgabe!<br />

Die Herbst-/Winterausgabe von allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> erscheint<br />

am 6. November <strong>2015</strong> bei unseren Leserinnen und Lesern.<br />

Bestellen Sie jetzt kostenlos und unverbindlich Ihr Exemplar.<br />

Fotos: RainerSturm/pixelio.de,<br />

Andreas Hermsdorf/pixelio.de<br />

Sie möchten die nächste Ausgabe von<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

kostenfrei zugeschickt bekommen?<br />

Dann rufen Sie uns jetzt an, Tel. +49 (0)8379 728016 oder senden Sie uns eine E-Mail an<br />

info@heimat-allgaeu.info mit dem Betreff »PROBEHEFT 3/<strong>2015</strong>«.


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E-Mobil<br />

Volle Elektrokraft voraus<br />

Welches Pedelec passt zu welchem Radler-Typ?<br />

Pedelecs sind voll im Trend. Die Umsätze der Hersteller haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Die<br />

Technik der Räder ist perfektioniert worden. Beim Kauf von E-Bikes sollte man nicht nur auf den Preis, sondern<br />

auch auf seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse achten. Eco-top-ten, die Plattform für ökologische<br />

Spitzenprodukte, hat Daten und Merkmale von Pedelecs in einer Kaufberatung zusammengestellt.<br />

Hersteller<br />

Modell<br />

Feldmeier<br />

FE05<br />

Stepless<br />

M1 Sport -<br />

technik<br />

GmbH & Co.<br />

Secede Sahel Com -<br />

pact Impulse<br />

8R/8<br />

Kalkhoff Kalkhoff Kalkhoff Kalkhoff Kalkhoff Prophete<br />

Tasman<br />

Impul se<br />

8R /8<br />

Pro Connect<br />

B10 Disc<br />

Agattu Impul -<br />

se 7R HS /<br />

7 HS<br />

Agattu<br />

B8 HS<br />

52555-<br />

0111<br />

Kaufpreis (€) 2.199 € 4.824 € 2.499 € 2.199 € 2.399 € 1.999 € 2.199 € 1.700 €<br />

Typ City-Pedelec Falt-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec Touren- City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec<br />

Pedelec<br />

Stromkosten (€/Jahr) 4 5 6 6 6 6 6 6<br />

Gesamtkosten (€/Jahr) 349 602 404 361 381 341 361 291<br />

CO2-Emissionen 18 19 21 21 21 21 21 21<br />

(kg/CO2e/Jahr)<br />

Stromverbrauch (kWh/Jahr) 15 16 20 20 20 20 20 20<br />

Anzahl Ladezyklen 500 500 1100 1100 1100 1100 1100 500<br />

Rekuperation nein ja nein nein nein nein nein nein<br />

Anzahl Gänge stufenlos 10 8 8 10 7 8 7<br />

Position Motor Mitte Hinten Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte<br />

Kosten Ersatzakku (€) 500 399 729 599 599 599 599 400<br />

Hersteller CUBE Bikes Feldmeier<br />

Riese & Riese & Riese & Riese & Riese &<br />

Müller Müller Müller Müller Müller<br />

ROSE<br />

Modell TOURING<br />

HYBRID<br />

FE06 Big<br />

Pack<br />

blueLABEL<br />

SWING city<br />

Avenue city<br />

rücktritt<br />

Culture city<br />

rücktritt<br />

Homage<br />

dualdrive<br />

blueLABEL<br />

WAVE city<br />

XTRA<br />

WATT-2<br />

rücktritt<br />

rücktritt<br />

Kaufpreis (€) 2.399 € 2.399 € 2.799 € 3.999 € 4.199 € 4.599 € 2.799 € 2.299 €<br />

Typ Touren-<br />

Pedelec<br />

Touren-<br />

Pedelec<br />

City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec Touren-<br />

Pedelec<br />

City-Pedelec City-<br />

Pedelec<br />

Stromkosten (€/Jahr) 6 6 6 6 6 6 6 6<br />

Gesamtkosten (€/Jahr) 398 391 436 556 576 618 436 390<br />

CO2-Emissionen 22 22 22 22 22 22 22 22<br />

(kg/CO2e/Jahr)<br />

Stromverbrauch (kWh/Jahr) 20 20 20 20 20 20 20 20<br />

Anzahl Ladezyklen 500 500 500 500 500 500 500 500-600<br />

Rekuperation nein nein nein nein nein nein nein nein<br />

Anzahl Gänge 10 stufenlos 8 8 8 27 8 8<br />

Position Motor Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte<br />

Kosten Ersatzakku (€) 769 700 749 749 749 769 749 789<br />

14 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Pedelecs – umgangssprachlich fälschlicherweise<br />

häufig als E-Bikes bezeichnet – mit<br />

einer Tretunterstützung bis zu 25 Stundenkilometern<br />

und Motoren mit max. 250 Watt gelten<br />

rechtlich als Fahrräder. Das ist auch dann der Fall,<br />

wenn sie eine Anfahr- oder Schiebehilfe bis sechs<br />

Stundenkilometer haben. Daher gibt es kein<br />

Mindestalter für FahrerInne und es besteht keine Versicherungs-<br />

oder Führerscheinpflicht. Pedelecs brauchen<br />

seit August 2013 keinen Dynamo mehr und<br />

dürfen ihre Beleuchtung entweder per Dynamo oder<br />

mit Batterie/Akku betreiben (Nennleistung mindes -<br />

tens 3 Watt und Nennspannung 6 Volt).<br />

Eine besondere Klasse stellen die S-Pedelecs<br />

und E-Bikes dar. Sie gelten als Kleinkrafträder und<br />

brauchen ein Versicherungskennzeichen, so wie Mofas<br />

und Mopeds. Das Mindestalter der Fahrer liegt<br />

bei 15 Jahren, alleine schon deswegen, weil mindes -<br />

tens eine Mofa-Prüfbescheinigung vorgeschrieben<br />

ist.<br />

w<br />

Raleigh Raleigh Raleigh Raleigh SFM CUBE Bikes CUBE Bikes CUBE Bikes<br />

Dover<br />

Impulse 7<br />

HS / 7R HS<br />

Stoker<br />

Impulse 9<br />

Cardiff B8<br />

HS<br />

Leeds Impul -<br />

se Compact<br />

8 / 8R<br />

Saxonette<br />

Deluxe 250<br />

TRAVEL<br />

HYBRID<br />

ELLY CRUISE<br />

HYBRID<br />

DELHI<br />

HYBRID PRO<br />

1.999 € 1.999 € 2.199 € 2.499 € 1.799 € 2.199 € 2.399 € 2.799 €<br />

City-Pedelec Touren- City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec<br />

Pedelec<br />

6 6 6 6 6 6 6 6<br />

341 341 361 404 321 378 398 438<br />

21 21 21 21 21 22 22 22<br />

20 20 20 20 20 20 20 20<br />

1100 1100 1100 1100 500 500 500 500<br />

nein nein nein nein nein nein nein nein<br />

7 9 8 8 8 7 7 stufenlos<br />

Mitte Mitte Mitte Mitte Vorne Mitte Mitte Mitte<br />

599 599 599 729 599 769 769 769<br />

ROSE ROSE ROSE ROSE ROSE Kalkhoff Raleigh Feldmeier<br />

XTRA<br />

WATT-3<br />

XTRA<br />

WATT-4<br />

XEON EL-3<br />

XTRA<br />

WATT-5<br />

XEON EL-2 Sahel Impul -<br />

se 8R / 8<br />

Leeds Impul -<br />

se 8R Lite<br />

HS<br />

FE02 Big<br />

Trip<br />

2.699 € 2.995 € 2.999 € 3.599 € 3.999 € 2.399 € 2.699 € 2.899 €<br />

Touren-<br />

Pedelec<br />

Touren-<br />

Pedelec<br />

Touren-<br />

Pedelec<br />

Touren-<br />

Pedelec<br />

Touren-<br />

Pedelec<br />

City-Pedelec City-Pedelec City-Pedelec<br />

6 6 6 6 6 6 6 8<br />

428 457 458 518 558 391 421 443<br />

22 22 22 22 22 22 22 27<br />

20 20 20 20 20 21 21 28<br />

500-600 500-600 500-600 500-600 500-600 500-600 1100 1100<br />

nein nein nein nein nein nein nein nein<br />

11 stufenlos 10 14 14 8 8 8<br />

Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte Mitte<br />

769 769 769 769 769 699 699 699<br />

Stand Tabelle: April <strong>2015</strong><br />

Kaufpreis = Preis empfehl ung<br />

des Herstellers. Die Preise<br />

können für jedes Mo dell<br />

schwanken, je nach Ausstat -<br />

tungsgrad des Rades und<br />

Leistung des Akkus.<br />

Die jährlichen Gesamtkosten<br />

setzen sich aus den An schaf -<br />

fungskosten und den Kosten<br />

für einen Ersatzakku (anteilig<br />

entschprechend der Gesamt -<br />

lebensdauer),den jährlichen<br />

Stromkosten sowie den Kos ten<br />

für War tung und Repa ra tur<br />

zusammen.<br />

Grundlage für die Berech nung<br />

der jährlichen Strom kosten ist<br />

der Stromver brauch, der für<br />

50 Akku ladungen benötigt wird<br />

und dessen Höhe von der Akku-<br />

Kapazität des jeweiligen Ele k -<br />

tro fahrrads abhängt. Für eine<br />

Kilowatt stunde werden 0,296<br />

Euro angenommen (Ar beits -<br />

preis inkl. Grundpreis, eigene<br />

Erhebung März <strong>2015</strong>). Die<br />

Wartungskosten werden mit<br />

durchschnittlich 75 Euro pro<br />

Jahr ange nommen. Dies<br />

beinhaltet die jährliche War -<br />

tung bei einem Fachhändler<br />

und kleinere Reparaturen wie<br />

z.B. das Auswechseln der Kette<br />

oder Bremsbeläge (anteilig ent -<br />

sprechend der Gesamtlebens -<br />

dauer).<br />

Jährliche Emissionen an CO2-<br />

Äquivalenten: Hier wur den die<br />

CO2-Emissionen an hand des anfallenden<br />

Strom verbrauchs für<br />

50 Akku ladungen im Jahr be -<br />

rechnet. Für eine Kilo watt -<br />

stunde Strom werden in<br />

Deutschland klima relevante<br />

Emissionen in Höhe von<br />

durchschnitt lich 666g CO2-<br />

Äquivalenten frei<br />

(Quelle: EcoInvent 3.01).<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

15


E-Mobil<br />

Unser Vergleich legt den Fokus auf die Kategorie<br />

der Pedelecs, da sie verkehrsrechtlich als Fahrräder<br />

gelten und daher weder ein Mindestalter erfordern<br />

noch einer Versicherungs- oder Führerscheinpflicht<br />

unterliegen.<br />

Ein technischer Zusatz, der im Alltag sehr hilfreich<br />

sein kann, ist die Schiebe- oder Anfahrhilfe. Dabei<br />

handelt es sich um eine Motorunterstützung ohne<br />

Pedalbewegung bis sechs Stundenkilometer. Besonders<br />

gut beim Bergaufschieben, Anfahren an der Ampel<br />

oder, um das Rad aus dem Fahrradkeller zu holen.<br />

Normalerweise wird sie über einen Hebel in der Nähe<br />

des Schalthebels betätigt.<br />

Der Motor an einem Pedelec kann an drei verschiedenen<br />

Stellen platziert sein. Als Nabenmotor im<br />

Vorderrad (Frontantrieb) oder im Hinterrad (Heckantrieb)<br />

sowie als Mittelmotor im Bereich des Tretlagers.<br />

Je tiefer der Motor angebracht ist, desto besser ist<br />

das Fahrverhalten. Der Vorderradantrieb kann sich<br />

bei kräftigem Einsatz an den Pedalen und rutschiger<br />

Fahrbahn negativ auswirken. Das Vorderrad kann bei<br />

heftigen Lenkbewegungen ausbrechen. Grundsätzlich<br />

sollte man vor dem Kauf zumindest eine Probefahrt<br />

machen. Noch besser ist es, sich bei den vielen inzwischen<br />

etablierten Pedelec-Verleih-Stationen unterschiedliche<br />

Räder auszuleihen und ein eigenes Profil<br />

für das zukünftige Kaufobjekt zu erstellen. Kriterien<br />

könnten sein: hohe Leistungskraft auf Kurzstrecke,<br />

möglichst lange Schubhilfe im<br />

Eco-Modus auf der Langstrecke<br />

für ausgedehnte<br />

Rad-Touren oder Abstimmung<br />

der Bedürfnisse<br />

mit einem Partner, der mit<br />

einem Normal-Fahrrad unterwegs<br />

ist. In der Regel liegt<br />

die Reichweite bei 30 bis<br />

100 Kilometern. Die<br />

Foto: Volker Wille<br />

Reichweite ein und derselben Batterie kann stark variieren<br />

und hängt von mehreren Faktoren (Fahrweise,<br />

Topografie, Alter der Batterie, gewählte Unterstützungsart<br />

und sogar vom Reifenluftdruck) ab. Unterschiede<br />

gibt es auch bei der Kapazität der Akkus.<br />

Ein Ersatz-Akku für ein Pedelec kostet zwischen<br />

450 und 950 Euro. Die zu erwartende Lebensdauer<br />

moderner Akkus beträgt ca. 500-1000 Vollladezyklen.<br />

Bei einer durchschnittlichen Distanz von 50 Kilometern<br />

pro Akkuladung entsprechen 500 Zyklen ca.<br />

25.000 Kilometern. Falscher Umgang mit den Akkus<br />

kann jedoch zu einem schnelleren Verschleiß führen<br />

und die Lebensdauer deutlich verkürzen. EcoTopTen<br />

empfiehlt ausschließlich Lithium-Ionen-Akkus, da sie<br />

am effektivsten Energie speichern und dadurch leichter<br />

sind als z.B. NiMhd-Akkus. Batterien jeglicher Art<br />

verlieren über die Zeit hinweg jedoch auch einen Teil<br />

ihrer ursprünglichen Speicherkapazität. Hersteller geben<br />

für die Akkus daher oft nur eine Garantie von<br />

zwei Jahren. Bei sachgerechter Lagerung und Anwendung<br />

sind aber auch Lebenszeiten von mehr als fünf<br />

Jahren gut möglich.<br />

Der Akku sollte, wenn möglich, nach jeder Fahrt<br />

bei Zimmertemperatur wieder aufgeladen und gelagert<br />

werden. Besonders im Winter tun Sie Ihrem Akku<br />

einen Gefallen, wenn Sie ihn nicht bei Minustemperaturen<br />

draußen lagern. Das Fahren bei Temperaturen<br />

unter null hat keinen großen Einfluss auf die Leistung<br />

Ihres Elektrofahrrads. Akkus mit größerer Kapazität<br />

ermöglichen eine größere Reichweite, bedeuten allerdings<br />

auch etwas mehr Gewicht am E-Bike.<br />

Im Kennzeichen ist die Haftpflichtversicherung<br />

inklusive. Pedelecs, also E-Bikes bis 25 Stundenkilometer<br />

Motorunterstützung, sind in den meisten Fällen<br />

über die private Haftpflichtversicherung gedeckt. Eine<br />

Bestätigung durch Ihre Versicherung sollten Sie aber<br />

einholen, falls Elektrofahrräder in Ihrer Police nicht<br />

ausdrücklich erwähnt sind. Für Pedelecs mit Anfahrhilfe<br />

ist dies ganz besonders notwendig. Viele Versicherer<br />

nehmen Pedelecs mit Anfahrhilfe aber mit in die<br />

Privathaftpflicht auf, wenn sich die Anfahrhilfe bei spätestens<br />

6 Stundenkilometern abschaltet.<br />

Als Zugfahrzeuge für Kinderfahrradanhänger<br />

sind nur normale Fahrräder und Pedelecs zugelassen.<br />

Helm auf. Eine Helmpflicht besteht bei Elektrofahrrädern<br />

nicht, Fachleute raten jedoch, bei jeder<br />

Fahrradfahrt einen Helm zu benutzen – zu Ihrer eigenen<br />

Sicherheit.<br />

Pedelecs werden rechtlich wie Fahrräder behandelt<br />

und müssen, wenn ein Fahrradweg vorhanden ist,<br />

diesen auch benutzen. Außerdem dürfen sie auf Einbahnstraßen<br />

in die Gegenrichtung bewegt werden,<br />

wenn dies für Fahrräder gestattet ist. Ebenso dürfen<br />

Fußgängerzonen mit Freigabe für Räder sowie<br />

Waldwege mit Pedelecs befahren werden.<br />

16<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


E-Mobil<br />

Länger mobil mit dem E-Rad<br />

Spezial-Fahrzeug fürs Seniorenheim<br />

Seit 1992 entwickelt, konstruiert und baut die<br />

Firma Draisin in ihrer Werkstatt in Achern im<br />

Schwarzwald Spezial-Fahrräder und Sonder -<br />

lösungen für Behinderte und gebrechliche<br />

Personen. Dabei kommt auch moderne<br />

E-Technologie zum Einsatz. Mit den Fahr -<br />

zeugen von Draisin können auch Menschen an<br />

Ausflügen teilnehmen, die sonst nicht mehr<br />

mobil sind.<br />

Probefahrt: Bürgermeister<br />

Sebastian Seemüller,<br />

und Heimleiterin<br />

Diana Birghan-Wagner<br />

Fotos: Edition <strong>ALLGÄU</strong><br />

Vom Kinderfahrrad bis zum Behinderten-<br />

Fahrrad reicht das Angebot der Schwarzwälder<br />

Spezialisten. Viele der angebotenen<br />

Räder sind Einzelstücke. Erfahrung aus vielen Jahren<br />

mit Seniorenheimen und Behinderten-Betreuern ste -<br />

cken in den Fahrzeugen. Oft werden spezielle Anforderungen<br />

gestellt und erfüllt. So gibt es Tandems, bei<br />

denen der hintere Mitfahrer samt Rollstuhl auf die<br />

Konstruktion fährt und sicher befestigt wird. Für Mütter<br />

mit kleinen Kindern gibt es Fahrräder mit Kindersitz<br />

vor dem Lenker. Besonders beliebt ist das Rad, auf<br />

dem zwei Personen nebeneinander sitzen können.<br />

Die Schwarzwälder gehen bewusst auf den Kunden<br />

ein: »Die unterschiedlichen Komponenten und<br />

Anbauteile werden individuell mit unseren Kunden abgestimmt<br />

und in liebevoller Handarbeit verbaut. Hier<br />

setzen wir auf Marken-Qualität, die eine lange Lebensdauer<br />

verspricht. Ob Shimano-Schalttechnik oder<br />

Bremssysteme von Magura, ein Fahrrad von Draisin<br />

ist nur mit hochwertigen Ausstattungsmerkmalen ausgerüstet«,<br />

sagt Geschäftsführer Werner Müller.<br />

Draisin-Produkte werden europaweit von einem<br />

Fachhändler-Netz und Vermietstationen angeboten.<br />

Diese Draisin-Partner beraten die Kunden natürlich<br />

bei speziellen Anforderungen. So wie der Allgäuer Gebietsverkaufsleiter<br />

Lothar Hörmann, der dem Kreis-<br />

Seniorenheim in Mindelheim einen E-Zweisitzer<br />

übergeben hat. Dabei handelt es sich um ein motorisiertes<br />

Rad mit eingebautem Rollstuhl. Chauffiert von<br />

einem Mitarbeiter des Kreis-Seniorenwohnheims oder<br />

einem Angehörigen, können damit künftig auch Senioren,<br />

die nicht mehr so gut zu Fuß sind, einen Ausflug<br />

in die Umgebung machen. Türkheims Bürgermeis ter<br />

Sebastian Seemüller, Heimleiterin Diana Birghan-<br />

Wagner, Pflegedienstleiterin Stefanie Santa und Heimbeiratsmitglied<br />

Edeltraud Rehle freuten sich, dass<br />

Kommunen, Privatpersonen und Firmen den Kauf des<br />

Fahrzeuges mit ihren Spenden ermöglicht haben.<br />

Hier finden Sie<br />

Fachberater<br />

In unserem Verbreitungs ge -<br />

biet beraten folgende Fach ge -<br />

schäfte Kunden, die sich für<br />

Draisin-Produkte interes -<br />

sieren:<br />

Fahrrad Trübenbacher<br />

Türkheimerstraße 1a<br />

86825 Bad Wörishofen<br />

www.fahrradtruebenbacher.de<br />

Fahrrad Center Kempten<br />

Immenstädter Straße 62<br />

87435 Kempten<br />

www.fahrradcenter.zegfach<br />

haendler.de<br />

Fahrrad-Hauf<br />

Sonthofenerstrasse 53<br />

87509 Immenstadt<br />

www.hauf-immenstadt.de<br />

E-Bike Allgäu<br />

Handelspartner +<br />

Mietstation<br />

Bahnhofsplatz 1a<br />

87561 Oberstdorf<br />

www.e-bike-allgaeu.de<br />

Rad & Roller Center Heiss<br />

Werner-von-Braun-Straße 18<br />

87700 Memmingen<br />

Der Fahrer bestimmt Power<br />

und Geschwindigkeit.<br />

Die Begleitperson hat sicheren<br />

Halt in den Pedalen<br />

www.rad-heiss.de<br />

S`Radlgschäft Babenhausen<br />

Fürst-Fugger-Straße 1<br />

87727 Babenhausen<br />

www.sradlgschaeft.de<br />

Zweirad-Center-Durach<br />

GmbH<br />

Achenerweg 11<br />

Fahrradhändler<br />

88316 Isny im Allgäu<br />

www.fahrrad-durach.de<br />

Rolf Gölz Fahrräder<br />

Claude-Dornier-Straße 1<br />

88339 Bad Waldsee<br />

www.goelz-raeder.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

17


E-Mobil<br />

Das Team der Hochschule (v.l.):<br />

Prof. Dr. Verena Rath und die Studierenden<br />

Vera Gruber und Laura in het Panhuis<br />

E-Power auch auf dem Land<br />

Studienergebnisse der Hochschule Biberach<br />

Welche Rolle spielt Elektromobilität im Raum Oberschwaben – und welche<br />

Rolle könnte E-Mobility hier in der Zukunft spielen? Dieser Frage gingen<br />

die Studentinnen Laura in het Panhuis (Allensbach) und Vera Gruber (Bad<br />

Buchau) am Ende ihres Studiums der Energiewirtschaft an der Hochschule<br />

Biberach HBC nach. Die beiden gehören zum ersten Absolventenjahrgang<br />

des im Herbst 2011 gestarteten betriebswirtschaftlichen Bachelorstudienganges<br />

mit Spezialisierung auf die Energiebranche.<br />

Der Studiengang<br />

Energiewirtschaft<br />

(Bachelorstudium)<br />

• 48 Studierende/Jahr<br />

• Regelstudienzeit: 7 Semester<br />

• Abschluss: Bachelor of Arts<br />

• Studienbeginn:<br />

Wintersemester<br />

• Bewerbungsfrist: 15. Juli<br />

Hochschule Biberach<br />

Hochschule für angewandte<br />

Wissenschaften<br />

Karlstraße 11<br />

88400 Biberach<br />

http://www.hochschulebiberach.de<br />

Die 23-jährige Laura in het Panhuis wollte herausfinden,<br />

wie ihre Kommilitonen zur Elektromobilität<br />

stehen: Rund 500 Studierende<br />

aus unterschiedlichen Studiengängen und Semestern<br />

der HBC befragte sie dafür (Mobilität der Generation<br />

Y – eine empirische Befragung unter Studierenden der<br />

Hochschule Biberach mit dem Schwerpunkt Elektromobilität).<br />

Die gleichaltrige Vera Gruber widmete sich<br />

der Unternehmensseite und wollte von 20 Firmen in<br />

der Region wissen, wie aufgeschlossen Flottenmanager<br />

und Flottennutzer der Elektromobilität gegenüberstehen<br />

(Nutzung von alternativen Antrieben in betrieblichen<br />

Flotten – eine empirische Studie mit dem<br />

Schwerpunkt Elektromobilität im ländlichen Raum<br />

Oberschwaben). Oftmals wird das Thema Elektromobilität<br />

ausschließlich als Mobilität für die Großstadt untersucht,<br />

so die betreuende Professorin Dr. Verena<br />

Rath. Mit ihren Bachelor-Thesen leisten die Studentinnen<br />

einen Beitrag dazu, die Aufgeschlossenheit der<br />

Bürger und Unternehmen in der ländlich geprägten<br />

Region Oberschwaben zu untersuchen.<br />

Studenten wissen mehr<br />

Kürzlich haben die beiden Studentinnen ihre Abschlussarbeit<br />

verfasst, die Bachelor-Thesis, betreut von<br />

Professorin Dr. Verena Rath, selbst eine Expertin auf<br />

diesem Gebiet. Das Ergebnis der Arbeiten war –<br />

grundsätzlich betrachtet – gleichlautend: Interesse ja –<br />

hohe Kosten und mangelnde Reichweite stehen jedoch<br />

noch meist dagegen. Im Detail freilich bringen die Befragungen<br />

durchaus unterschiedliche Ergebnisse an<br />

den Tag: zum Beispiel, dass Studierende aufgrund ihres<br />

Studiums im Bereich der Erneuerbaren Energien mehr<br />

über das Potenzial der E-Mobility wissen als andere.<br />

Wobei das schmale Studenten-Budget in der Regel gegen<br />

die umweltfreundliche Anschaffung spricht. Auf<br />

18<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


der anderen Seite sind sehr viele Studierende auf ein<br />

eigenes Auto angewiesen; in der Regel kommen sie aus<br />

dem Umland von Biberach und fahren u.a. aufgrund<br />

der schlechten ÖPNV-Anbindungen mit dem Auto in<br />

die Stadt. Auch Bequemlichkeit mag hierfür im einen<br />

oder anderen Fall ein Grund sein, vermutet Verena<br />

Rath. Oder, dass Unternehmen, die einen ausreichend<br />

großen Fuhrpark haben, durchaus bereits Dienstwagen<br />

angeschafft haben, die E-betrieben funktionieren. Firmen<br />

in der Region, darauf weist Vera Gruber hin, sind<br />

sich auch ihrer Vorbildrolle bewusst, die sie einnehmen<br />

können, um den Blick der Menschen in der Region auf<br />

das Thema Elektro-Mobilität zu lenken. Denn auch das<br />

haben die Befragungen deutlich gemacht: Das Wissen<br />

über E-Mobility ist nicht ausreichend. Die Sichtbarkeit<br />

muss verbessert werden, sagt Laura in het Panhuis. Unternehmen<br />

könnten dies sogar imagefördernd einsetzen,<br />

ergänzt Vera Gruber.<br />

Eignung für Kurzstrecke<br />

Neue Geschäftsmodelle könnten hierfür die Lösung<br />

sein, schlagen die beiden Studentinnen vor. Denn<br />

auch eine ländliche Region halten sie für E-betriebene<br />

Fahrzeuge gut geeignet: Im Alltag werden oft Kurzstrecken<br />

gefahren, Elektrofahrzeuge können bequem<br />

in der Garage oder über die hauseigene PV-Anlage geladen<br />

werden, und in Haushalten mit mehreren Autos<br />

kann das E-Fahrzeug für kurze Fahrten genutzt werden<br />

– die geringere Reichweite spielt dann keine Rolle.<br />

Das Fahrverhalten auf dem Land passt zur Elektromobilität,<br />

fasst Vera Gruber zusammen. Welche Ideen<br />

wären denkbar? Autohäuser könnten E-Fahrzeuge als<br />

Ersatzwagen bereitstellen, Unternehmen könnten einen<br />

solchen Kleinwagen für Kurzstrecken anbieten<br />

und Familien könnten beim Zweitwagen auf Elektrofahrzeuge<br />

setzen oder entsprechende Angebote des<br />

ÖPNV nutzen, wenn dieser künftig auf gemischte<br />

Flotten setzt, etwa bei Anrufsammeltaxis, die spät<br />

abends Fahrgäste aus der Stadt zurück nach Hause<br />

bringen – skizzieren die angehenden Energiewirtinnen<br />

ihre Ideen.<br />

Anzeigen<br />

Hybrid vor E-Mobil?<br />

Dennoch gehen Laura in het Panhuis und Vera<br />

Gruber davon aus, dass es noch einige Zeit dauern<br />

wird, bis sich E-Mobility durchsetzt. Sie vermuten, dass<br />

zunächst Hybrid-Fahrzeuge verstärkt auf den Markt<br />

kommen. Am Potenzial der Technik E-Mobility aber<br />

haben sie keinen Zweifel. Die intensive Beschäftigung<br />

mit dem Thema Elektromobilität hat sie zu Expertinnen<br />

gemacht. Vera Gruber will nach ihrem Studium,<br />

das sie Ende März abgeschlossen hat, den Einstieg in<br />

diesem Berufsfeld suchen. Laura in het Panhuis hat<br />

sich auf weiterführende Master-Studiengänge beworben.<br />

Ob auch in diesem Studium die Elektromobilität<br />

eine Rolle spielt, wird sich zeigen.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

19


E-Mobil<br />

Leitmarkt oder Schlusslicht<br />

Läuft uns die Konkurrenz davon?<br />

Bis 2020 sollen nach dem Plan der Bundesregierung eine Million Elektrofahrzeuge auf<br />

deutschen Straßen sein. Kurz vor Halbzeit sind wir weit davon entfernt. Verliert Deutschland<br />

den Anschluss an die Elektromobilität? Eine Betrachtung von Michael Valentine-Urbschat.<br />

Im Auftrag der Nationalen<br />

Platt form Elektromobilität (NPE)<br />

wur de eine Hochlaufkurve zur<br />

Er reichung des Eine-Million-<br />

Elektro auto-Ziels der Bundesre -<br />

gie rung erarbeitet. Im Jahr<br />

2011 be fanden sich Plan und<br />

Ist-Absatz zahl noch in perfekter<br />

Harmo nie. Doch seitdem<br />

entwickeln sich beide Werte<br />

dramatisch auseinander<br />

Knappe fünf Jahre nach Verkündung des<br />

ehrgeizigen 2020-Ziels zeigt es sich, dass<br />

Deutschland bereits hinterherläuft. Nicht<br />

nur hinter dem eigenen Eine-Million-Ziel, das von der<br />

Bundesregierung 2010 ausgegeben wurde, sondern<br />

auch im Vergleich zu anderen Ländern.<br />

In den Jahren 2011 bis 2014 wurden in Deutschland<br />

statt der geplanten 100.000 nur circa 28.000 reine<br />

Electric Vehicles (EVs) und Plug-in-Hybride(PHEV)<br />

verkauft.<br />

In diesem Jahr müssten nach Plan fast 100.000<br />

weitere Elektrofahrzeuge hinzukommen – aktuell sind<br />

kaum mehr als 20.000 Fahrzeuge zu erwarten. Das Ziel<br />

von einer Million EVs und PHEVs bis 2020 ist eigentlich<br />

nicht mehr zu erreichen. Dabei machen es uns<br />

Trendsetter wie Kalifornien und Norwegen vor, wie es<br />

gehen könnte. Dort liegen die Entwicklungen weit über<br />

den angestrebten Zielwerten der Bundesregierung.<br />

Das Fahrzeugangebot wird größer<br />

Am mangelnden Angebot und der Reichweite<br />

der Elektroautos, wie es immer von vielen Beteiligten<br />

und Journalisten in Deutschland vorgebracht wird,<br />

kann es eigentlich nicht liegen – denn die meisten<br />

Elektrofahrzeuge werden von den Herstellern weltweit<br />

angeboten, stehen also in Deutschland genauso zur<br />

Verfügung wie in Kalifornien oder Norwegen.<br />

Außerdem müsste die begrenzte Reichweite der<br />

Fahrzeuge den EV-Käufern in diesen beiden Ländern<br />

eigentlich viel größere Probleme bereiten. Den Amerikanern,<br />

weil sie täglich deutlich längere durchschnittliche<br />

Fahrstrecken zurücklegen, und den Norwegern,<br />

weil sie aufgrund der kalten Winter besonders<br />

unter den Reichweitenverlusten der EVs bei niedrigen<br />

Temperaturen leiden. Aber das scheint den dortigen<br />

Markterfolgen keinen Abbruch zu tun.<br />

Deutschland hinkt hinterher<br />

Bei genauerem Hinsehen kann man nur einen<br />

wirklichen Unterschied zu erfolgreichen Märkten wie<br />

Kalifornien und Norwegen ausmachen: die fehlende öffentliche<br />

Förderung, sowohl bei der Anschaffung als<br />

auch beim Infrastrukturaufbau. In Deutschland beschränkt<br />

sich die Förderung bisher ausschließlich auf<br />

Pilotprojekte, begleitende Forschung und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Doch das reicht ganz offensichtlich<br />

nicht.<br />

Die Hoffnung der Bundesregierung, dass die Breite<br />

der Autokäufer von alleine auf die neue Antriebstechnologie<br />

schwenkt, hat sich zerschlagen. Dafür sind die<br />

München ist das rote Schlusslicht. Die auf massiven<br />

Förderprogrammen beruhenden Erfolge in Elektro-<br />

Hochburgen wie Oslo und LA zeigen, was in den letzten<br />

Jahren in München schon möglich gewesen wäre


konventionellen Fahrzeuge einfach zu gut, die Aufpreise<br />

der ersten EVs zu gravierend, die öffentliche Infrastruktur<br />

zu mangelhaft, der »innere Schweinehund« der potenziellen<br />

Käufer zu groß und die Bereitschaft der etablierten<br />

Auto-Hersteller, die neue Technologie mit massiven<br />

Mitteln in den Markt zu drücken, aus verständlichen<br />

Gründen zu wenig ausgeprägt. Wer kannibalisiert<br />

schon gerne eine erfolgreiche Produktpalette konventioneller<br />

Fahrzeuge früher, als es unbedingt sein muss?<br />

Wer schlachtet ohne Not eine Cash Cow?<br />

Vom Winde verweht<br />

Es ist müßig, im Nachhinein über den Erfolg<br />

oder Misserfolg der deutschen Förderprogramme zu<br />

philosophieren. Dennoch stimmt es traurig, wenn<br />

man sich überlegt, was man mit den öffentlichen und<br />

privaten Mitteln von fast 800 Millionen Euro aus dem<br />

Konjunkturpaket II und den seit 2011 installierten<br />

Schaufensterprojekten hätte machen können, um den<br />

Markt in Deutschland in Schwung zu bringen.<br />

Nur eine einfache Beispielrechnung: Wir hätten<br />

alternativ jedem der bis heute eingeplanten 100.000<br />

EV-Käufer eine Kaufförderung von 5000 Euro in die<br />

Hand drücken, die Innenstädte unserer zehn größten<br />

Metropolregionen mit jeweils mindestens 1000 Ladesäulen<br />

– zu einem Preis von 10.000 Euro pro Ladesäule<br />

inklusive Installationskosten – bestücken und immer<br />

noch 200 Miollionen Euro in eine zielgerichtete<br />

Begleitforschung stecken können.<br />

Und hätten heute mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

eine Dynamik und Aufbruchstimmung im Markt, die<br />

»elektrisierend« wäre. Eine Dynamik, die private Unternehmen<br />

ganz sicher motivieren würde, freiwillig weitere,<br />

eigene Mittel in den Hochlauf des Marktes zu investieren,<br />

um an diesem Markterfolg zu partizipieren.<br />

Stattdessen sind die öffentlichen Mittel in viele<br />

sicherlich gut gemeinte Pilotprojekte zu den verschiedensten<br />

Forschungsthemen geflossen, ohne dass die<br />

Öffentlichkeit wirklich viel davon mitbekommen hat.<br />

Es macht sich eine spürbare Enttäuschung breit, und<br />

Autohändler berichten von einer eher sinkenden<br />

Nachfrage nach E-Fahrzeugen.<br />

Verlieren wir damit endgültig den Anschluss an<br />

die führenden Leitmärkte dieser Welt?<br />

Bringt das EmoG die Wende?<br />

Wird das gerade verabschiedete Elektromobilitätsgesetz<br />

(EmoG) der Bundesregierung und dem<br />

deutschen »Leitmarkt« endlich zum Durchbruch verhelfen?<br />

Nein, ganz sicher nicht. Dafür ist es zu kurz<br />

gesprungen, weil es eine Kaufförderung außer Acht<br />

lässt und nur den rechtlichen Rahmen für mögliche<br />

Fördermaßnahmen setzt, die dann noch auf kommunaler<br />

Ebene umgesetzt werden müssen.<br />

Aber es ist ein Startsignal, um Regionen auf die<br />

Sprünge zu helfen, statt immer nur nach Berlin zu<br />

schielen. Denn das Konzept der Metropolregionen ist<br />

möglicherweise der Schlüssel zur Trendwende im<br />

Straßenverkehr. Fürsprecher wie Prof. Benjamin Barber<br />

aus den USA sehen Lokalregierungen sogar in der<br />

Führungsrolle zur Lösung vieler anstehender Menschheitsprobleme<br />

– nicht nur beim Klimaschutz. Man<br />

traut ihnen mehr Marktnähe und Umsetzungskraft zu,<br />

denn sie kennen ihre Einwohner, Rahmenbedingungen<br />

und Zielgruppen ganz genau.<br />

Es bedarf mehr Förderung<br />

Die Stadtverwaltung der Weltstadt mit Herz hat<br />

erkannt, dass die Elektromobilität enorme Chancen<br />

für ihre Metropolregion bietet. Denn der konventionelle,<br />

straßengebundene Verkehr stellt auch hier eines<br />

der Kernprobleme dar – sowohl bei der Feinstaubbelastung<br />

der Bürger als auch beim Erreichen der selbst<br />

gesteckten Klimaschutzziele. Noch immer liegen die<br />

Feinstaubbelastungen an besonders verkehrsreichen<br />

Straßen über den in der EU zulässigen Höchstwerten.<br />

Und eine CO2-Halbierung bis 2030, die sich der<br />

Münchner Stadtrat als Ziel gesetzt hat, ist ohne einen<br />

signifikanten Beitrag des Straßenverkehrs nicht zu erreichen.<br />

Auch, wenn die Umstellung auf rein elektrische<br />

Antriebe das permanente Stau- und Parkplatzproblem<br />

im Innenstadtbereich nicht verschwinden<br />

lässt, wäre doch die Schadstoff- und Lärmbelastung<br />

der Anwohner erheblich reduziert – und die Lebensqualität<br />

in München noch mal deutlich gesteigert.<br />

Aber der bis heute erzielte Absatz von weniger als<br />

1500 EVs und PHEVs in der bayerischen Metropolregion<br />

ist bis dato kaum besser als der bundesdeutsche<br />

Durchschnitt. Um das Eine-Million-Ziel der Bundesregierung<br />

zu unterstützen, müssten 2020 alleine in<br />

München 50.000 Elektroautos fahren. Und um einen<br />

signifikanten Beitrag zur Feinstaubreduzierung und<br />

zur CO2-Halbierung in der Stadt zu leisten, sollten bis<br />

2030 mindestens 25 Prozent des Münchner Fahrzeugbestandes<br />

und damit circa 300.000 Fahrzeuge auf elektrischen<br />

Antrieb umgestellt sein. Bei aktuell weniger<br />

als 1000 verkauften Elektroautos pro Jahr in der Region<br />

sind diese Ziele völlig utopisch.<br />

Das könnte sich nur ändern, wenn die Metropolregion<br />

München ein eigenes, auf ihre Kernzielgruppen<br />

abgestimmtes, massives Förderprogramm auf den Weg<br />

bringt, das den lokalen Elektroauto-Markt richtig ins<br />

Rollen bringt. Und zwar schnell. Ein erstes Förderprogramm<br />

befindet sich aktuell in den Endzügen seiner<br />

Entstehung. Doch hat es das Kaliber, um die Trendwende<br />

im Münchner Straßenverkehr einzuläuten? Nein, in<br />

der aktuellen Fassung ganz sicherlich nicht. Dafür<br />

springt es zu kurz und nicht zielgerichtet genug.<br />

Im Fokus stehen aktuell Kaufanreize in Höhe von<br />

2500 bis 4000 Euro für gewerbliche Fahrzeughalter,<br />

ein erstes Beschaffungsprogramm für die kommunale<br />

Flotte und die Installation von bis zu 200 Ladesäulen<br />

ohne eine exklusive Reservierung der dazugehörigen<br />

Parkflächen. Damit sind wichtige Themen wie EV-<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

21


E-Mobil<br />

Der mit Abstand größte<br />

Ver ur sacher von CO2-Emissionen<br />

im Münchner Straßenverkehr<br />

sind die Mehr-Auto-Haushalte.<br />

Ge paart mit einer oft<br />

geeigneten Wohn- und Parkplatzsituation,<br />

müs sen sie zur<br />

Kernzielgruppe jedes<br />

EV-Förderprogramms werden<br />

Sonderparkplätze in attraktiven Innenstadtlagen, der<br />

kostenfreie Strombezug an den öffentlichen Ladesäulen<br />

oder eine generelle Parkgebührenbefreiung –<br />

Kernerfolgsfaktoren zum Beispiel für den EV-Markthochlauf<br />

in Oslo – nicht Bestandteil des ersten Förderprogramms.<br />

Es fehlt an der Basisarbeit<br />

Die Krux beginnt schon in der Analysephase.<br />

Wie verteilen sich heute die Kraftstoffverbräuche bzw.<br />

Schadstoffemissionen auf die einzelnen Fahrzeug- und<br />

Nutzergruppen innerhalb der Metropolregion München?<br />

Und welche dieser Gruppen sollte sich aufgrund<br />

ihrer Mobilitätsanforderungen und betriebswirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen mit einer Umstellung<br />

auf EVs am leichtesten tun? Nur auf Basis dieser<br />

Erkenntnisse lässt sich eigentlich ein fokussiertes und<br />

damit erfolgversprechendes Förderprogramm erstellen.<br />

Doch diese Basisarbeit scheint bisher zu fehlen –<br />

oder ist aufgrund fehlenden statistischen Materials<br />

schlicht nicht darstellbar.<br />

Im Zuge unserer umfangreichen Recherchen für<br />

einen Roman waren wir zumindest in der Lage, ein<br />

erstes, klares Bild zur Aufteilung des jährlichen Kraftstoffverbrauchs<br />

im Münchner Straßenverkehr zu ermitteln.<br />

Mit sehr interessanten Erkenntnissen. Die Privathaushalte<br />

mit mehr als einem Pkw vor der Tür stehen<br />

für nahezu 40 Prozent aller Münchner CO2-Emissionen<br />

aus dem Straßenverkehr. Die größte Einzelgruppe und<br />

eine sehr interessante Zielgruppe alleine deswegen, weil<br />

sie mit ihren Zweitwagen natürlich grundsätzlich am<br />

wenigsten Probleme mit der Umstellung auf ein EV haben<br />

sollte – und in den meisten Fällen auch noch über<br />

einen eigenen Parkplatz oder eine Garage für das sichere<br />

und bequeme Zuhauseladen verfügt. Dagegen werden<br />

sich Ein-Auto-Haushalte, die größtenteils in Apartmentanlagen<br />

ohne eigenen Parkplatz wohnen, anfangs<br />

deutlich schwerer mit der Umstellung tun. Da helfen<br />

auch keine 200 oder 2000 Laternenladesäulen.<br />

Der Pkw-basierte Wirtschaftsverkehr ist im Vergleich<br />

dazu eine deutlich kleinere Zielgruppe, die zudem<br />

noch harten betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

beim Betrieb ihres Fuhrparks unterworfen<br />

ist. Hier stehen Preis und permanente Verfügbarkeit<br />

im Vordergrund, was einen schnellen und breiten Umstieg<br />

auf EVs sehr schwierig macht. Ausgenommen<br />

sind eigentlich nur gewerbliche Flotten mit täglich wiederkehrenden,<br />

klar definierten Routen, die heute bereits<br />

problemlos mit den realen EV-Reichweiten von<br />

kaum über 100 Kilometer zurechtkommen, und die<br />

höheren Anschaffungskosten durch hohe jährliche Ki-<br />

22 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


lometerleistung kompensieren können. Somit fällt das<br />

Augenmerk auf die Linienbusse, die immerhin für fast<br />

5% der straßenbasierten CO2-Emissionen in München<br />

stehen. Das Angebot an rein elektrisch betriebenen Bussen<br />

hat im Gegensatz zu Lkw in den letzten beiden Jahren<br />

stark zugenommen.<br />

Linienbusse und Zweitwagen<br />

Damit ergeben sich zwei ganz klare Zielgruppen,<br />

auf die sich ein Förderprogramm in der Münchner Region<br />

in den nächsten Jahren fokussieren sollte: die privaten<br />

Zweitwagenbesitzer und die Linienbusse.<br />

Die Umstellung der MVG-Busflotte mit mehr als<br />

500 Fahrzeugen hat die Stadt komplett in der eigenen<br />

Hand. Bei der Gruppe der Zweitwagenbesitzer muss die<br />

Stadtverwaltung dagegen alle Register eines Anreizsys -<br />

tems ziehen, um diese Leute kurzfristig zur massiven<br />

Umstellung auf EVs zu bewegen. Im Vordergrund sollten<br />

dabei Privilegien stehen, die täglich zu spüren sind:<br />

exklusive Parkplätze an attraktiven Orten, kombiniert<br />

mit kostenloser Aufladung, eine generelle Befreiung<br />

von Parkgebühren und, wenn möglich, die Freigabe von<br />

Sonderwegen. Kombiniert mit einer einmaligen Förderung<br />

beim Kauf des EVs und einer Heimladestation<br />

sollte dies, ähnlich wie in Oslo, zu einer massiven<br />

Trendwende beim Kaufverhalten führen. Und sobald<br />

ein Großteil der Münchner Autofahrer die vielen Vorteile<br />

des EV-Fahrens am eigenen Leib erlebt hat, ist dieser<br />

Trend auch kaum mehr umzudrehen. Unabhängig<br />

davon, ob die Förderung dann noch Bestand hat. Es<br />

geht vielmehr um eine massive Initialzündung.<br />

Die Wirksamkeit eines solchen Förderprogramms<br />

kann dabei sehr leicht gemessen werden:<br />

Schafft die Region München ihre Hochlaufkurve auf<br />

50.000 EVs bis 2020 oder nicht?<br />

Wer soll das bezahlen?<br />

Damit steht nur noch die Frage nach der Finanzierbarkeit<br />

eines solchen Programms im Raum. Eine<br />

Stadt wie München, die in den letzten Jahren konstant<br />

Überschüsse erwirtschaftet hat, sollte sich ein derartig<br />

zukunftsorientiertes Programm leisten können. Besonders,<br />

seitdem die EU beim Thema Feinstaub mit<br />

Strafzahlungen droht und die Elektromobilität die einzig<br />

verbliebene Maßnahme zu sein scheint.<br />

Alternativ gibt es aber auch mehrere Gegenfinanzierungsmodelle,<br />

von denen eines unbedingt auf den<br />

Tisch gebracht werden sollte: Nämlich eine innerstädtische<br />

Einfahr-Maut für verbrennungsmotorbasierte<br />

Fahrzeuge – so, wie sie seit Jahren zum Beispiel in<br />

London existiert. Die tägliche Einfahrgebühr von zehn<br />

Pfund führt heute in der englischen Hauptstadt nicht<br />

nur zu Einnahmen von täglich mehr als einer Million<br />

Pfund, die in ein massives Förderprogramm für EVs<br />

investiert werden, sondern auch zu einer nennenswerten<br />

Reduzierung des Innenstadtverkehrs. Dabei macht<br />

modernste Technik heute die Umsetzung deutlich<br />

leichter und effizienter. Auch, wenn eine solche Maut<br />

natürlich immer ein sehr emotionales Thema ist.<br />

Warten auf den großen Wurf<br />

Viel Zeit bleibt nicht mehr. Der große Wurf muss<br />

jetzt gelingen, wenn Deutschland den Anschluss nicht<br />

verlieren will. Führende Unternehmen beginnen bereits,<br />

sich woandershin zu orientieren. Es gibt genügend<br />

Länder und Metropolen, die die Leitmarkt-Rolle<br />

sofort mit Handkuss übernehmen würden – heute ja<br />

eigentlich schon übernommen haben. Dazu darf es auf<br />

Dauer nicht kommen. Sonst werden wir in Deutschland<br />

die Rolle als »Leit-Anbieter-Markt« verlieren.<br />

Leitmarkt Metropolregion München<br />

Kernelemente, die zwingender Bestandteil eines massiven<br />

lokalen Förderprogramms zur Elektromobilität sein müssen:<br />

1. Umstellung aller Linienbusse auf rein elek trischen<br />

Betrieb: Ab sofort werden nur noch E-Busse beschafft,<br />

bis die komplette Flotte von ca. 1500 Linienbussen in<br />

der Region zu 100 Prozent emissionsfrei fahren<br />

2. Umwidmung von mindestens 1000 hochattraktiven<br />

Parkplätzen innerhalb des mitt leren Rings (davon min -<br />

destens 30 Prozent innerhalb des Altstadtrings) zu<br />

exklusiven EV-Parkplätzen mit Ladesäulen zum bar -<br />

rierefreien und kostenlosen Strombezug (bis min -<br />

destens 31.12.2017)<br />

3. Grundsätzliche Befreiung aller Elektrofahr zeuge von<br />

Park gebühren in der gesamten Region (bis mindestens<br />

31.12.2017)<br />

4. Kaufförderung in Höhe von 5000 Euro für private und<br />

gewerbliche Käufer von Elektrofahrzeugen (für bis zu<br />

10.000 Fahrzeuge oder mindestens bis Ende 2017)<br />

5. Kaufförderung für Heimladesysteme in Höhe von 50<br />

Prozent der Anschaffungs- und Installationskosten (bis<br />

max. 1000 Euro) für bis zu 10.000 Systeme (oder min -<br />

destens bis Ende 2017)<br />

6. Verbot aller benzinbetriebenen Zweiräder innerhalb der<br />

Stadtgrenzen ab 1.1.2018<br />

7. Prüfung einer Einfahr-Maut für Nicht-E-Fahrzeuge: Ver -<br />

gabe eines fundierten Prüfungs auftrages zur Technik<br />

und Umsetzung eines modernen Einfahr-Maut-Systems<br />

(für eine mögliche Einführung ab 1.1.2018) als Basis für<br />

eine Entscheidung im Jahr 2016<br />

8. Absatz-Monitoring: Etablierung eines detaillierten, öffentlich<br />

zugänglichen Monitoring-Systems für den EV-Absatzerfolg<br />

innerhalb der Metropolregion (auf Monatsbasis)<br />

mit Start spätestens im September <strong>2015</strong><br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

23


Umfrage<br />

Es wird noch etwas dauern!<br />

So schätzen Allgäuer Händler E-Mobilität ein<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat sich bei regionalen Händlern umgehört, wie die Akzeptanz für E-Mobile ist<br />

und welche Argumente dafür und dagegen sprechen. Außerdem wollten wir wissen, wie die Händler<br />

die Situation in Deutschland sehen – im Vergleich zu anderen Ländern<br />

Tobias Sirch,<br />

Renault-Händler im Allgäu<br />

Dass die Deutschen im Vergleich zu den anderen<br />

europäischen Ländern nachhängen, liegt zum großen<br />

Teil an den deutschen Autoherstellern, die andere Interessen<br />

haben. Auch die Presse rückt oftmals die E-<br />

Mobilität nicht in das richtige Licht. Sicherlich würde<br />

ein finanzieller Anreiz der Regierung den Absatz von<br />

Elektroautos deutlich puschen.<br />

Wir bei Sirch bieten fünf verschiedene rein elektrisch<br />

betriebene Modelle an und haben daher die<br />

Möglichkeit, für unsere Kunden das Passende zu finden.<br />

Durch die Reichweiten von mittlerweile bis zu<br />

240 Kilometern und Ladezeiten von unter einer Stunde<br />

an einer öffentlichen Ladesäule werden alle Stre -<br />

cken im Kurzstreckenverkehr abgedeckt. Mit einem<br />

Anschaffungspreis von aktuell nur 16.500 Euro für einen<br />

Renault Zoe mit einer hohen Serienausstattung<br />

kann der E-Flitzer auch preislich leicht mit einem<br />

Fahrzeug mit Verbrennungsmotor in der Klasse mithalten.<br />

Wenn Interessenten zu uns kommen, fahren<br />

sie meistens mit einem E-Fahrzeug nach Hause.<br />

Wir vermarkten bereits im fünften Jahr erfolgreich<br />

E-Mobile und waren das erste Autohaus weit über<br />

das Allgäu hinaus, das für die Reparatur von Elektrofahrzeugen<br />

zertifiziert war. Das umfangreiche Fachwissen<br />

und die jahrelange Erfahrung sind bei der Beratung<br />

ausschlaggebend. Es ist natürlich noch ein gewisser<br />

Aufklärungsbedarf bei den herkömmlichen Autofahrern<br />

da. Wir haben bereits eine Vielzahl von Privatpersonen,<br />

Unternehmen und Kommunen auf die neue Art<br />

der Fortbewegung umgestellt, wenn es so weiterläuft,<br />

sehen wir das Ziel bis 2020 als erreichbar.<br />

Peter Schneider,<br />

Renault-Händler, Sonthofen<br />

Warum Deutschland eventuell den Anschluss<br />

verpasst: Ich denke das Hauptproblem liegt derzeit<br />

noch bei den relativ hohen Anschaffungskosten und<br />

der noch zu geringen Reichweite. Meiner Meinung<br />

nach hätte es für Deutschland schon längst eine attraktive<br />

»Kaufprämie« geben müssen, um die Interessenten<br />

zu bestärken – sowohl von »Wollen« als auch vom<br />

finanziellen Aspekt her. Leider gibt es in ländlichen<br />

Regionen noch kein flächendeckendes Netz von Ladesäulen.<br />

Hauptthema bei unseren Kunden ist aber immer<br />

noch die Reichweite. Wenn wir uns E-Fahrzeuge bis<br />

jetzt ansehen, haben wir im Sommer (moderate Temperaturen)<br />

eine Reichweite von 150 bis 200 Kilometern,<br />

im Winter bei Minustemperaturen sinkt die<br />

Reichweite um etwa die Hälfte. Da fragt uns der Kunde:<br />

»Was soll ich mit 70 Kilometern Reichweite anfangen?«<br />

In Städten wie beispielsweise Kempten mag das<br />

besser funktionieren.<br />

Meine persönliche Meinung ist, dass die E-Mobilität<br />

mit Sicherheit sehr stark kommen wird, aber<br />

es wird noch ein paar Jahre dauern. Rein vom Fahrgefühl<br />

fehlt es schon heute an nichts! Eher im Gegenteil.<br />

Fotos: Redaktion, Sirch<br />

24<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


E-Mobil<br />

Post kommt per E-Mobil<br />

Sechs neue Mobilitätspartner im Allgäu<br />

Seit rund einem Jahr läuft die heiße Testphase im Projekt Schaufenster<br />

Elektromobilität E-Lieferungen im Allgäu. Das Forscherteam der Hochschule<br />

Kempten freut sich nun über sechs weitere regionale Mobilitätspartner aus<br />

dem Wirtschafts- und Lieferverkehr, die seit Kurzem acht Elektrofahrzeuge der<br />

Hochschule in ihren Einsatzbereichen testen.<br />

Die Rückmeldungen unserer Mitarbeiter sind<br />

durchaus positiv. Sie waren begeistert, dass<br />

wir uns dem Projekt angeschlossen haben«,<br />

berichtet Michael Lulei, Leiter der allgäumail GmbH,<br />

bei einem internen Austausch an der Hochschule<br />

Kempten von seinen ersten Erfahrungen im praktischen<br />

Gebrauch. Neben diesem Dienstleister konnte<br />

die Hochschule mittlerweile auch den ASB Regionalverband<br />

Allgäu e.V., die Bäckerei Reitberger GmbH,<br />

die Diakonie Kempten, stadtflitzer Carsharing sowie<br />

den Taxidienst Schaber für das Projekt E-Lieferungen<br />

im Allgäu gewinnen.<br />

Die Elektrofahrzeuge aus dem Bestand der Hochschule<br />

Kempten ergänzen oder ersetzen einen Teil der<br />

bestehenden Fahrzeugflotten in den Allgäuer Unternehmen<br />

und Organisationen.<br />

Der Wirtschafts- und Lieferverkehr stellt einen<br />

vielversprechenden Einsatzbereich für die Elektromobilität<br />

dar. Die Fahrzeuge sind für feste Strecken innerhalb<br />

ihrer Reichweite eingeplant und den ganzen Tag<br />

über im Einsatz, wodurch die gefahrene Kilometerleistung<br />

wesentlich höher ist als im privaten Bereich. Die<br />

Fotos: Hochschule Kempten, Deutsche Post DHL<br />

Nutzung stellt damit nicht nur einen nachhaltigen Ansatz<br />

von Mobilität dar, der von Mitarbeitern und Kunden<br />

der Unternehmen geschätzt wird, sie kann für die<br />

Firmen auch wirtschaftlich interessant sein.<br />

E-Fahrzeuge vor der Tür der Hochschule in Kempten<br />

Oben: Zusteller mit einem<br />

Streetscooter der Deutschen<br />

Post DHL und Briefzustellerin<br />

mit einem E-Bike.


Verkehrsverbund<br />

Das Allgäu rückt zusammen<br />

Einheitliche Tarife im Nahverkehr<br />

Zehn regionale Verkehrsunternehmen machen auf Initiative des Oberallgäuer Landrats<br />

Anton Klotz und Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle einen wichtigen Schritt zu<br />

einem attraktiven öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) für das Allgäu. Im Vordergrund<br />

stehen dabei einheitliche Tarife, bessere Information und ein flächendeckendes Angebot.<br />

Foto: Archiv<br />

Kemptens Oberbürgermeister<br />

Thomas Kiechle und Landrat<br />

Toni Klotz enthüllen in<br />

Gegenwart von Vertretern<br />

der ÖPNV-Unternehmen<br />

das neue MONA-Logo<br />

Im öffentlichen Nahverkehr im Allgäu wurden<br />

punktuell in den letzten Jahren recht gute Angebote<br />

geschaffen. Derzeit werden pro Jahr rund 21<br />

Millionen Fahrgäste im Oberallgäu, Ostallgäu und den<br />

beiden kreisfreien Städten Kaufbeuren und Kempten<br />

befördert. Was bisher nicht gelungen ist: Es gibt keine<br />

ausreichende Verbindung des öffentlichen Nahverkehrs<br />

über die Landkreisgrenzen hinaus. Es fehlen<br />

auch eine zentrale Anlaufstelle für den öffentlichen<br />

Personennahverkehr und umfassende Fahrgastinformation.<br />

Eine einheitliche Tarifstruktur sucht man vergeblich.<br />

Es gibt nach wie vor große Potenziale für die<br />

Verbesserung im Allgäu und darüber hinaus. Der Bedarf<br />

ist da, die »Zielgruppen« warten darauf: Allgäuer<br />

Pendler, die über die Landkreisgrenzen hinaus den<br />

ÖPNV für den täglichen Arbeitsweg nutzen. Touristen,<br />

die mit dem ÖPNV unkompliziert zu attraktiven Zielen<br />

im ganzen Allgäu kommen oder ihn für grenzüberschreitende<br />

Aktivitäten nutzen. »Die Verbesserung der<br />

Verkehrsinfrastruktur und des regionsübergreifenden<br />

ÖPNV-Angebotes ist von zentraler Bedeutung für die<br />

Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Allgäus«,<br />

sagt Allgäu-GmbH-Geschäftsführer Klaus Fischer. Wer<br />

in Oberstaufen mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen<br />

Besuch der Königsschlösser bei Füssen plant, muss<br />

etwa den gleichen Aufwand betreiben wie jemand, der<br />

von Paris nach Moskau reisen will.<br />

Landrat Klotz aus dem Oberallgäu ist sich sicher:<br />

»Die Gründung der Gesellschaft MONA ist ein weiterer<br />

Meilenstein auf dem Weg zu einem attraktiven<br />

Nahverkehrsangebot auf Schiene und Straße. Eine<br />

Aufgabe von MONA muss sein, in enger Zusammenarbeit<br />

aller Verkehrsunternehmen auf Straße und<br />

Schiene eine einheitliche Tarifstruktur zu schaffen.<br />

Diese neue Struktur ist die Grundlage für die weitere<br />

Harmonisierung bestehender und für die Entwicklung<br />

neuer Tarifangebote. Darüber hinaus gilt es, unter<br />

Nutzung der modernen Techniken die Fahrgastinformation<br />

zu vereinheitlichen und auszubauen.«<br />

Seit 2009 beschäftigen sich Experten und Arbeitsgruppen<br />

unter Federführung der Allgäu GmbH<br />

mit dem Thema »Verkehrskonzept Allgäu«. Ende<br />

2014 war es dann soweit: Auf Initiative des Landkreises<br />

Oberallgäu und der Stadt Kempten gründeten die<br />

Mitglieder der Verkehrsgemeinschaft Kempten eine<br />

neue Organisationsform, die Mobilitätsgesellschaft für<br />

den Nahverkehr im Allgäu, kurz MONA GmbH. Gesellschafter<br />

sind bisher die Busunternehmen Berchtold,<br />

Gromer, Haslach, KVB Kempten (Stadtbus), Morent,<br />

Pfahler, RBA, RVA, Schattmeier und Schweighart.<br />

Weitere sollen schon bald folgen. Die genannten<br />

Unternehmen sind übrigens alle gleichberechtigt in<br />

der neuen GmbH, obwohl sie von recht unterschiedlicher<br />

Größe und Gesellschaftsform sind.<br />

Mit der MONA GmbH ist nun die Basis geschaffen<br />

worden, aus der ein Verkehrsverbund im Allgäu entstehen<br />

soll. Aufgaben der MONA sind Kooperationen mit<br />

allen Verkehrsbetrieben, Landkreisen und Städten im<br />

Allgäu, die Bereitstellung einer ganzheitlichen Informationsplattform<br />

und Tarifstruktur. Das klar formulierte<br />

Ziel: Verbesserung der Mobilität in der Region Allgäu<br />

durch Stärkung des regionalen ÖPNV. Beispielgebend<br />

könnte die Region Bregenz sein, die schon seit rund 20<br />

Jahren Verbindungen in Vorarlberg vernetzt hat.<br />

Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle:<br />

»MONA schafft die strukturellen, organisatorischen<br />

und personellen Voraussetzungen für die Weiterentwicklung<br />

des ÖPNV in Kempten und im Landkreis<br />

Oberallgäu.« Das versteht Kiechle als Nahziel.<br />

Mit dem Slogan »MONA – bringt mich weiter«<br />

startete die Führung von MONA. Ziel: Sichtbare Ergebnisse<br />

und Angebote für die Fahrgäste sowie eine<br />

erste Informationskampagne im Allgäu noch in diesem<br />

Jahr. Die Geschäftsleitung in der Aufbauphase<br />

wird von Martin Haslach (Haslach Bus), Herbert<br />

Beck (KVB) und Peter Gerke (Schweighart) übernommen.<br />

Als Kontrollinstanz wurde ein Aufsichtsrat<br />

eingerichtet, bestehend aus Oberbürgermeister Thomas<br />

Kiechle (Vorsitz), Landrat Anton Klotz, Helmut<br />

Berchtold (stellv. Vorsitz), Hans Haslach und Klaus<br />

Wittmann.


Energieeffizienz<br />

Netzwerke vor Ort gewinnen<br />

Allgäuer Kommunen wurden ausgezeichnet<br />

Kommunen im Alpenraum auf die<br />

Auswirkungen vorzubereiten und<br />

zugleich die Effekte mit einer<br />

nachhaltigen Energieplanung<br />

abzuschwächen, so lautete das Ziel<br />

des europäischen Projektes<br />

»SEAP_Alps« (Substainable<br />

Energy Action Plans). Mit einer<br />

Abschluss konferenz im bayerischen<br />

Umweltministerium endete<br />

jetzt die dreijährige Projektphase.<br />

Dabei wurden auch 15 der<br />

insgesamt 60 Pilotkommunen –<br />

darunter Kempten, Sonthofen,<br />

Wertach und Wiggensbach – für<br />

ihr Engagement ausgezeichnet.<br />

Foto: Bayerisches Umweltministerium<br />

Im Rahmen der SEAP_Alps-Abschlusskonferenz unter zeich nete Kemptens Klima schutz manager<br />

Thomas Weiß unter den Augen von Ministerial diri gen tin Dr. Mo nika Kratzer (rechts) und Chrysoula<br />

Argyriou von der Generaldirektion Ener gie der Europäischen Union den »Konvent der Bürger meis ter<br />

für lokale und nachhaltige Energie«<br />

Auch im Allgäu macht sich der Klimawandel<br />

immer stärker bemerkbar. Wertach und<br />

Kempten nahmen zudem die Konferenz zum<br />

Anlass, dem »Konvent der Bürgermeister für lokale<br />

und nachhaltige Energie« beizutreten und verpflichten<br />

sich damit freiwillig zur Steigerung der Energieeffizienz<br />

und Nutzung nachhaltiger Energiequellen.<br />

Selbst auferlegtes Ziel der Unterzeichner des Konvents<br />

ist es, die energiepolitischen Vorgaben der Europäischen<br />

Union – Reduzierung der CO2-Emissionen um<br />

20 Prozent bis zum Jahr 2020 – noch zu übertreffen.<br />

Helfen sollen dabei Energiekonzepte und Aktionspläne,<br />

die mithilfe örtlicher Energieteams erarbeitet<br />

und umgesetzt werden. Ein gelungenes Beispiel dafür<br />

sei Wertach, so Dr. Hans-Jörg Barth vom Energieund<br />

Umweltzentrum Allgäu (eza!), der Wertach im<br />

SEAP_Alps-Projekt begleitete. Unter anderem versorgen<br />

zwei neue Heiznetze, die mit Pellets betrieben<br />

werden, rund 80 Häuser, darunter alle kommunalen<br />

Gebäude, CO2-neutral mit Wärme. Im Rahmen des<br />

kommunalen Energiemanagements wurde die Anlagetechnik<br />

in den gemeindeeigenen Liegenschaften optimiert.<br />

»Uns ist es gelungen, den CO2-Ausstoß um<br />

1200 Tonnen zu senken«, stellt Bürgermeister Eberhard<br />

Jehle fest.<br />

Ob Vertreter aus der Verwaltung, von Unternehmen,<br />

der Land- und Forstwirtschaft und den Vereinen<br />

oder lokale Experten – es ist enorm wichtig, die Akteure<br />

vor Ort in die Klimaschutzaktivitäten einzubeziehen,<br />

lautete eine der Erkenntnisse, die Barth aus dem<br />

SEAP_Alps-Projekt gezogen hat. Und: Beim Thema<br />

Anpassung an den Klimawandel bestünden große Informationsdefizite.<br />

Barth nennt das Beispiel Hochwasserschutz:<br />

»Oft fehlt das Verständnis dafür, dass nicht<br />

im Überflutungsbereich eines 100-jährigen Hochwassers<br />

gebaut werden soll. Das Problem ist abstrakt, da das<br />

mögliche Schadensereignis in der Zukunft liegt.«<br />

Länderübergreifende Erfahrungen zu sammeln<br />

und weiterzugeben, war eines der Ziele des SEAP_<br />

Alps-Projektes, das vom European Regional Development<br />

Fund im Rahmen des Alpine-Space-Programms<br />

der EU gefördert wurde. Tatsächlich lasse sich vieles<br />

übertragen, hat Barth festgestellt. »Es muss ja nicht jeder<br />

das Rad neu erfinden.«<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

27


Energie<br />

Energieaudit wird Pflicht<br />

Aufgabe für größere Unternehmen<br />

Foto oben: In vielen<br />

Betrieben schlum mern<br />

große Einsparpoten ziale, die<br />

beim Energie au dit offen -<br />

gelegt werden – auch im<br />

Bereich Heizungs technik<br />

Größere Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern und mitunter auch Kommunalunternehmen<br />

müssen bis 5. Dezember <strong>2015</strong> ein Energieaudit durchgeführt haben.<br />

Viele der von der Neuerung betroffenen Firmen wissen von der Verpflichtung noch gar<br />

nichts, so die Einschätzung des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (eza!). Neben<br />

der Aufklärungsarbeit leistet eza! Hilfe bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben.<br />

Die Erfassung der Energie -<br />

verbräuche ist der erste<br />

Schritt bei der Durch füh -<br />

rung des Energie audits,<br />

das ab jetzt für größere<br />

Unter nehmen Pflicht ist<br />

Im März hatte der Bundesrat den Gesetzentwurf zur<br />

Einführung der Energieaudit-Pflicht für größere<br />

Unternehmen gebilligt. Ziel ist es, Einsparpotenziale<br />

in den Unternehmen festzustellen und zu nutzen. Mit<br />

den neuen Vorgaben setzt Deutschland einen Teil der<br />

EU-Energieeffizienzrichtlinien um. Die Unternehmen<br />

sollen auf diese Weise einen Beitrag zur Senkung der<br />

CO2-Emissionen und damit zur Erfüllung der europäischen<br />

Klimaschutzziele leisten. Bis 2020 soll nämlich die<br />

Energieeffizienz um 20 Prozent gesteigert werden.<br />

Obwohl also das Gesetz schon vor ein paar Monaten<br />

verabschiedet worden ist, hat so mancher Un-<br />

Fotos: eza!<br />

28


Anzeige<br />

ternehmer noch gar nicht mitbekommen, dass ihn die<br />

Energieaudit-Pflicht betrifft. Unter die Pflicht fallen<br />

alle Unternehmen – egal, ob aus dem produzierenden<br />

Gewerbe, dem Handel oder Dienstleistungssektor –<br />

mit mehr als 250 Mitarbeitern, einem Umsatz von<br />

mehr als 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme<br />

von über 43 Millionen Euro. Auch Kommunalunternehmen<br />

mit einer Beteiligung von Körperschaften des<br />

öffentlichen Rechts von mehr als 25 Prozent müssen<br />

künftig alle vier Jahr ein Energieaudit durchführen.<br />

Weil die Firmenkonstrukte und Verflechtungen<br />

mit Tochterunternehmen und Beteiligungen bisweilen<br />

kompliziert sind, empfiehlt Felix Geyer von eza!, als<br />

erstes mithilfe des Steuerberaters abzuklären, ob die<br />

Energieaudit-Pflicht überhaupt besteht. »Falls ja, ist<br />

das alles halb so wild«, beschwichtigt der Leiter des<br />

Bereiches Energiemanagement bei eza! Zuerst werde<br />

eine Energiedatenanalyse erstellt. Wie groß ist der<br />

Energieverbrauch, welche Energieträger werden eingesetzt,<br />

gibt es Bedarfsspitzen? So lauten dabei die Fragen.<br />

Im nächsten Schritt gilt es dann, Verbesserungsmöglichkeiten<br />

herauszuarbeiten und diese auf ihre<br />

Wirtschaftlichkeit hin zu bewerten.<br />

Das Energie- und Umweltzentrum Allgäu führt<br />

auf Wunsch das Energieaudit durch und verfügt über<br />

reichlich Erfahrung auf diesem Gebiet. Denn schon<br />

vor der Einführung des neuen Gesetzes hatten sich<br />

zahlreiche Firmen für ein Energieaudit entschieden –<br />

aus Eigeninteresse. Weil das Energieaudit Voraussetzung<br />

für die Befreiung von der EEG-Umlage für Betriebe<br />

aus energieintensiven Branchen war oder Steuerrückerstattungen<br />

– Stichwort »Spitzenausgleich« –<br />

versprach. Aber auch, fügt Geyer hinzu, weil die Firmen<br />

erkannt haben, dass das Auditverfahren interessante<br />

Einsparungsmöglichkeiten zutage fördert. »Besonders<br />

in den Bereichen Beleuchtung, Druckluft,<br />

Lüftung, Klimatisierung und Motoren schlummern<br />

häufig große Effizienzpotenziale«, haben Geyer und<br />

seine Kollegen bei ihrer täglichen Arbeit festgestellt.<br />

Alternativ zur Auditierung leistet eza! Hilfe zur<br />

Selbsthilfe. Um die neuen gesetzlichen Vorgaben zu<br />

erfüllen, können Firmen nämlich auch mit Unterstützung<br />

von eza!-Experten den kostenlosen und bewährten<br />

Online-Leitfaden »mod.EEM« nutzen. Die Abkürzung<br />

»mod.EEM« steht für »modulares Energie-Effizienz-Modell«<br />

und führt die Unternehmen mit<br />

Checklisten, Tabellenvorlagen und umfassenden Informationen<br />

zum Thema Energieeffizienz durch das<br />

Audit oder sogar zum Energiemanagementsystem.<br />

Egal, für welchen Weg sich ein Unternehmen<br />

entscheide, Energiesparen lohne sich auf jeden Fall,<br />

betont Geyer. »Mit einem Energieaudit oder Energiemanagementsystem«,<br />

so der eza!-Fachmann, »haben<br />

Unternehmen den Energieverbrauch und damit auch<br />

die Energiekosten dauerhaft im Griff und können sich<br />

damit sorgenfreier um ihr Kerngeschäft kümmern.«<br />

Kurzinfo<br />

Weitere Infos bietet eza! unter<br />

Telefon 0831/960286-50 oder www.eza.eu<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

29


Photovoltaik<br />

Eine Frau greift an<br />

Geballte Kompetenz in Sachen PV<br />

Sylvia Höhentinger führt im oberbayerischen Raubling eine vom<br />

Beratungsunternehmen Optimale Qualitätsmanagement Systeme (OQS),<br />

Frankfurt/Main, geprüfte und von der Deutschen Landwirtschafts-<br />

Gesellschaft (DLG), Frankfurt/Main, zertifizierte Reinigungsfirma<br />

für Photovoltaik-(PV)-Anlagen. Die gelernte Thermografin ist<br />

darüber hinaus vom TÜV zertifizierte PV-Gutachterin und lässt<br />

Installationsfehlern, Hot-Spots, Moosen und Flechten keine Chance.<br />

Fotos: Solarreinigung Höhentinger<br />

Seit vier Jahren ist Sylvia Höhentinger (Foto<br />

links) in der Solarbranche tätig. Sie blickt zurück<br />

auf 30.000 kW gereinigte PV-Fläche,<br />

mehr als 700 thermografierte Anlagen und eine Weiterbildung<br />

zur Gutachterin, die sie im November 2014<br />

beim TÜV Rheinland erfolgreich abgeschlossen hat.<br />

Dabei hat sie die Weiterbildung eigentlich nur gemacht,<br />

um ihr Profil abzurunden. Als Schwerpunkte<br />

ihrer Arbeit nennt sie nach wie vor die Reinigung von<br />

PV-Anlagen sowie – zunehmend – die professionelle<br />

Thermografie solcher Anlagen zur Fehleranalyse.<br />

Nicht selten wird nämlich der Anruf eines Anlagenbetreibers<br />

beim Reinigungsbetrieb durch einen<br />

Leistungsabfall des PV-Generators ausgelöst. »In diesen<br />

Fällen hilft mir der Gutachter sehr«, erzählt sie.<br />

»Meistens ist es gar nicht der Schmutz auf der Anlage,<br />

der den Leistungsabfall verursacht, sondern ein Fehler<br />

in der Anlage.« Die Herausforderung besteht in solchen<br />

Fällen darin, das gesamte PV-System zu erfassen<br />

und beim Besuchstermin zu beurteilen: Welche Leis -<br />

tungseinbußen kommen von der Verschmutzung,<br />

welche sind auf Komponenten oder Installationsfehler<br />

zurückzuführen?<br />

»Maximal 15 Prozent Leistungsverlust können<br />

normalerweise einer Verschmutzung zugeschrieben<br />

werden«, so die Erfahrung von Sylvia Höhentinger.<br />

»Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, aber bei einer<br />

Minderleistung von über 20 Prozent kann man davon<br />

ausgehen, dass der Fehler in der Anlage selbst zu finden<br />

ist.«<br />

In solchen Fällen steht die Reinigung der Anlage<br />

an erster Stelle. »Es macht keinen Sinn, eine Anlage<br />

zu thermografieren, deren Leistung durch starke Verschmutzung<br />

reduziert wird«, erklärt sie. »Der Dreck<br />

muss als erstes runter und der Generator wieder die<br />

Möglichkeit haben, das volle Sonnenlicht aufzunehmen<br />

und in Strom umzuwandeln.« Erst dann folgen<br />

die Thermografie und die weitere Prüfung der gesamten<br />

Anlage.<br />

30<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Know-how aus Erfahrung<br />

Nach über 700 Thermografien kann sich die Expertin<br />

anhand der Thermografie-Aufnahmen schnell<br />

einen Überblick über die Leistung der Module und<br />

Strings verschaffen. Ist das geklärt, überprüft sie Kabel<br />

und Wechselrichter.<br />

Bringt die Anlage nach Reinigung und Prüfung<br />

der Komponenten nicht die zu erwartende Leistung,<br />

holt Sylvia Höhentinger, wenn möglich, den Installateur<br />

der Anlage dazu. Allein auf eine Kennlinienmessung<br />

will sie sich nicht verlassen, denn »damit bleiben<br />

die Module als Einzelkomponenten außen vor, und ich<br />

habe nur ein Ergebnis für die Strings«. Um eine ordentliche<br />

Aussage über die Leistung der Module treffen<br />

zu können, braucht sie eine Thermografie.<br />

Immer wieder trifft die Gutachterin auf Anlagenbetreiber,<br />

die überzeugt sind, PV-Anlagen seien völlig<br />

ohne Wartung und Pflege zu betreiben. Das bringt die<br />

bodenständige Oberbayerin dann regelmäßig zum<br />

verständnislosen Kopfschütteln: »Bei PV handelt es<br />

sich um elektrische Anlagen, die meist auf dem Dach<br />

installiert sind; unten im Gebäude werden elektrische<br />

Geräte mindestens einmal im Jahr geprüft, gereinigt<br />

und gewartet – auf dem Dach soll dann alles anders<br />

sein und die elektrische Anlage 20 Jahre wartungsfrei<br />

laufen?« Aber Sylvia Höhentinger ist hartnäckig und<br />

erklärt ihr Business überzeugend. In den vier Jahren,<br />

in denen sie ihr PV-Reinigungsgeschäft betreibt, hat<br />

sie bereits viele Stammkunden gewonnen.<br />

Vermitteln statt streiten<br />

Professionell: Ein festes Team aus<br />

freien Mitarbeitern übernimmt<br />

das Reinigen der PV-Anlagen. Der<br />

Unterschied ist deutlich sichtbar<br />

Als Reinigungsunternehmerin gerufen, entdeckt<br />

Sylvia Höhentinger bei Anlagen gelegentlich recht<br />

offensichtliche Installationsmängel. Die Anlagen -<br />

betreiber wollen sie dann gerne in ihrer Eigenschaft<br />

als Gutachterin zu einer Stellungnahme bewegen. Damit<br />

ist sie sehr zurückhaltend, denn die gutachterliche<br />

Arbeit ist nicht ihr Schwerpunkt, sondern Ergänzung.<br />

Sie setzt ganz auf Kommunikation und Vermittlung<br />

statt auf Konfrontation. »Rechtsstreitigkeiten sind<br />

langwierig, teuer und nervenaufreibend«, weiß sie und<br />

bietet sich im Falle von Installationsmängeln als Mediator<br />

zwischen Installateur und Anlagenbetreiber an<br />

mit dem Ziel, die Parteien zum Gespräch zusammenzuführen<br />

und eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.<br />

Auf die Frage, wie sie ihre Arbeit als Vermittler<br />

zwischen Installateur und Anlagenbetreiber angeht,<br />

erklärt sie: »Mein Auftraggeber ist immer der Anlagenbetreiber,<br />

seine Rechte und Interessen vertrete<br />

ich.« Manchmal existiert der Installationsbetrieb ja<br />

auch gar nicht mehr.<br />

Die Expertin sieht ihre Aufgabe in erster Linie<br />

darin, ihre Auftraggeber in allen Bereichen und<br />

Möglichkeiten der Instandsetzung bis zu Details bei<br />

Komponenten und Leistungsgarantien für Module zu<br />

beraten. »Die wenigsten Betreiber wissen zum Beispiel,<br />

dass eine Garantielaufzeit auch ausgesetzt werden<br />

kann.«<br />

Bei der PV-Reinigung arbeitet Sylvia Höhentinger<br />

mit einem festen Team aus freien Mitarbeitern. Die<br />

Beratung der Kunden übernimmt sie aber ausschließlich<br />

allein. »Die kann ich nicht delegieren, die Kunden<br />

wollen mich als Ansprechpartner und ihre Probleme<br />

mit mir besprechen. Auch bei der Reinigung bin ich<br />

meist wenigstens kurz dabei, weil das meine Kunden<br />

so wollen.« Ihre Kunden sind vor allem Gewerbe -<br />

betriebe und landwirtschaftliche Unternehmen in<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ihr Geschäft<br />

hat sich gut entwickelt in den vergangenen Jahren.<br />

Im Dreiklang gefragt<br />

Bei immer mehr Anlagen aus der Boomzeit der<br />

Photovoltaik zeigen sich mittlerweile Installations -<br />

fehler in Form von Leistungsverlusten. Da ist Sylvia<br />

Höhentinger im Dreiklang als Gutachterin, Reinigungsexpertin<br />

und Thermografin gefragt. »Dass Photovoltaikanlagen<br />

nicht gereinigt und gewartet werden<br />

müssen, hat sich inzwischen zunehmend als Fehl -<br />

einschätzung herausgestellt«, so die Erfahrung der<br />

Expertin. Insbesondere hält sie es für »kompletten<br />

Blödsinn, dass Schmutz von Modulen durch Schnee,<br />

Regen und einen hohen Selbstreinigungseffekt einfach<br />

abrutscht«, denn: »Bei einem Auto ist auch jedem klar,<br />

dass es gewaschen werden muss, wenn der Schmutz<br />

runter soll.«<br />

Nach ihrer Erfahrung verschmutzen alle Oberflächen<br />

irgendwann in irgendeiner Form. Manche weniger,<br />

andere mehr – »aber in jedem Fall hilft nur noch<br />

reinigen«. Sylvia Höhentinger weiß, wovon sie spricht:<br />

Vor ihrem Sprung in die Selbstständigkeit mit der Reinigung<br />

und Wartung von Photovoltaikanlagen war sie<br />

im professionellen Reinigungsgeschäft tätig. »Wer fünf<br />

Jahre seine Anlage nicht reinigt und Bewuchs auf den<br />

Modulen hat, der hat zu lange gewartet«, sagt sie und<br />

empfiehlt: »Solche Anlagen sollten mindestens alle<br />

zwei Jahre gereinigt werden.«<br />

mgo<br />

Gibt Sicherheit: das<br />

Prüfsiegel von OQS<br />

Nähere Info<br />

und Kontakt<br />

Solarreinigung<br />

Höhentinger GbR<br />

Grünthalstraße 21<br />

83064 Raubling<br />

Tel. +49 (0)8035 9684290<br />

Fax +49 (0)8035 9684292<br />

anfrage@solar-reinigung.info<br />

www.solar-reinigung.info<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

31


Energiesparen<br />

Advertorial<br />

Neuschwanstein<br />

setzt auf innovative solare Straßenbeleuchtung<br />

Vierzig solare Designleuchten des Herstellers<br />

Photinus beleuchten seit Jahresbeginn die von<br />

Besuchern stark frequentierte Schlossauffahrt.<br />

Neuschwanstein gehört zu den meistbesuchten<br />

Schlössern und Burgen Europas. Jährlich besuchen<br />

rund 1,5 Millionen Menschen »die Burg<br />

vomMärchenkönig Ludwig II«. Im Sommer werden<br />

im Durchschnitt täglich mehr als 6000 Besucher<br />

durch die Räume des Schlosses geführt. Zur<br />

Beleuchtung und Wegesicherung der Schloss -<br />

auffahrt bei Nacht wurden im Winter 2014/<strong>2015</strong><br />

insgesamt vierzig Solarleuchten aufgestellt.<br />

Ausführendes Unternehmen war die in Buchenberg<br />

bei Kempten ansässige Olaf Hoyer<br />

GmbH. Der im Allgäu und über dessen Grenzen<br />

hinaus bekannte Regionalpartner für Schraubfundamente<br />

sowie Dienstleister für Spreng-, Betonbohrund<br />

-sägearbeiten ist seit 2011 Kompetenzpartner für<br />

die Solarlampen des österreichischen Herstellers Photinus.<br />

Die Olaf Hoyer GmbH setzte sich in einer Ausschreibung<br />

des Staatlichen Bauamtes Kempten mit der<br />

Solarleuchte Photinus merkur300 gegen den Wett -<br />

bewerb anderer Anbieter solarer Straßen- und Wegebeleuchtung<br />

durch. Innovation, gepaart mit<br />

zurückhaltendem, aber dennoch sehr ansprechendem<br />

Design und bester Lichtqualität: Das gewonnene Projekt<br />

bestätigt, dass moderne Technik und Denkmalschutz<br />

zusammenpassen. Insgesamt wurden vierzig<br />

netzunabhängige Solarlampen zwischen Ticket-Center<br />

Hohenschwangau und Schloss Neuschwanstein entlang<br />

der 1,5 km langen Schlossauffahrt aufgestellt.<br />

32<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Franca Hoyer, Olaf Hoyer<br />

Die Mitarbeiter der Buchen -<br />

berger Firma Hoyer bei der<br />

Montage der Solarleuchten<br />

Linke Seite: Moderne Lichtgestaltung direkt vor dem Schloss Neuschwanstein und an der Auffahrt zum Schloss: die Solarleuchte Photinus merkur300<br />

Die Solarleuchte merkur300 überzeugte den Auftraggeber<br />

durch das für eine Straßenlampe auf Solarbasis<br />

außergewöhnliche und moderne Design. Durch<br />

den kubischen Aluminium-Aufbau mit 16 Photinus-<br />

High-Performance-Photovoltaik-Modulen wird gezielt,<br />

besonders in Schlechtwetterregionen mit Schnee<br />

und Nebel, auch über den diffusen Lichtanteil ausreichend<br />

Energie erzeugt. Die senkrecht angeordneten<br />

Module verhindern zudem Schneeablagerungen im<br />

Winter, was gerade bei der im alpinen Bereich gelegenen<br />

Neuschwansteinstraße von größter Bedeutung ist.<br />

Das intelligente Lichtmanagement der Solarleuchte<br />

gewährleistet auch bei Schlechtwetter-Perioden eine<br />

sichere Beleuchtung über mehrere Nächte hinweg. Die<br />

im Mastfuß frostsicher integrierte Batterie wird am<br />

Tag über die Photovoltaikmodule geladen. Mit Beginn<br />

der Dämmerung wird diese Sonnenenergie dann zum<br />

effizienten Betrieb des LED-Lichtkopfes genutzt.<br />

Die Fundamentierung der Solarleuchten erfolgte<br />

mit den umweltfreundlichen KRINNER-Schraubfundamenten,<br />

die von der Olaf Hoyer GmbH als KRIN-<br />

NER-Regionalpartner ebenfalls seit 2007 vertrieben<br />

und montiert werden. Diese umweltfreundliche, minimalinvasive<br />

Fundamentierung wurde vom Bauherrn<br />

ausdrücklich gewünscht, damit die Leuchten<br />

entlang der Schlossauffahrt zum Beispiel bei Baumfällarbeiten<br />

einfach demontiert beziehungsweise bei<br />

Bedarf auch problemlos versetzt werden können.<br />

Mit den Leuchten hat sich die Bayerische Schlösserverwaltung<br />

für ein mehrfach erprobtes und kostensparendes<br />

System zur Beleuchtung von Wegen, Parkplätzen<br />

und öffentlichen Anlagen entschieden. Das autarke<br />

solare LED-Licht ist eine Antwort im Zeitalter der<br />

Energiewende und vereint eine große Anzahl von Vorteilen<br />

wie beispielsweise freie und kostenlose Energie,<br />

flexible Verfügbarkeit ohne Stromnetzanschluss, ökonomischer<br />

Betrieb, insektenneutrales Licht, intelligente<br />

Lichtsteuerung sowie null CO2-Ausstoß. Moderne<br />

Technik und Denkmalschutz: Das Projekt wird über die<br />

Grenzen hinweg Zeichen setzen. Sylvia Novak<br />

Die mit Solarleuchten belichtete<br />

Schlossauffahrt bei Nacht<br />

Kontakt<br />

OLAF HOYER GmbH<br />

Ludwig-Geiger-Straße 24<br />

D-87474 Buchenberg<br />

Tel. 08378 9402-11<br />

E-Mail: info@olafhoyer.de<br />

www.olafhoyer.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

33


Meldungen<br />

Memminger Sonnenforscher sind ausgerüstet<br />

Info<br />

Mehr Infos zur LEW-<br />

Bildungsinitiative »3malE –<br />

Bildung mit Energie« gibt es<br />

unter www.lew-3malE.de<br />

Dilara, Jennifer und Melissa<br />

öffnen ein Entdecker-Paket<br />

und machen sich<br />

mit dem Inhalt vertraut<br />

Wie kann die Sonne einen Propeller<br />

antreiben? Dieser und anderen<br />

Fragen rund um das Zukunftsthema<br />

Energie können die Kinder der<br />

Foto: Birk/Pressestelle Stadt Memmingen<br />

Kindertagesstätte Westermannstraße<br />

nun selbst nachgehen. Josef Nersinger,<br />

Kommunalbetreuer der<br />

Stadt Memmingen von der Lechwerke<br />

AG (LEW), übergab fünf Solar-Experimentiersets<br />

an die Kindergartenleiterin<br />

Andrea Walzer.<br />

Die Pakete enthalten unter anderem<br />

Lampen- und Solar-Module sowie<br />

Holzstäbe mit integrierten Solarmotoren.<br />

So können die jungen<br />

Forscher sicher experimentieren<br />

und spielerisch die Zusammenhänge<br />

zwischen Sonne und Strom verstehen.<br />

Das Entdecker-Programm<br />

ist ein Angebot der LEW-Bildungsinitiative<br />

»3malE – Bildung mit<br />

Energie« und gilt für alle Vorschuleinrichtungen<br />

im Netzgebiet der<br />

LEW. Es soll die Jüngsten auf unterhaltsame<br />

Weise für das Zukunftsthema<br />

Energie begeistern. Gleichzeitig<br />

wendet sich das Programm<br />

an Erzieher: Die enthaltenen Fortbildungspakete<br />

bieten Anregungen<br />

zur kindgerechten Vermittlung von<br />

Energiethemen.<br />

ve<br />

Neues AÜW-Kundencenter in Kempten<br />

Das Allgäuer Überlandwerk hat einen<br />

neuen Draht zu seinen Kunden:<br />

Im Frühjahr eröffnete ein Kundencenter<br />

am Kemptener Rathausplatz.<br />

Durch den Standort mitten in der<br />

Stadt ist es für Interessierte gut zu erreichen.<br />

Alle Dienstleistungen aus<br />

der Palette des AÜW werden hier<br />

angeboten, ob es nun um Fragen zur<br />

aktuellen Stromrechnung geht, um<br />

neue Stromprodukte oder um eine<br />

kostenfreie Energieberatung. ve<br />

Neues AÜW-Kundencenter<br />

am Rathausplatz in Kempten<br />

Info<br />

Das neue AÜW-Kundencenter<br />

am Rathausplatz Nr. 14 in<br />

Kempten ist montags bis<br />

freitags von 8 bis 16 Uhr<br />

geöffnet: www.auew.de<br />

Foto: AÜW<br />

34<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Ein Buch, das »elektrisiert«<br />

Der Kampf um die letzten noch unerschlossenen<br />

Ölreserven hat begonnen.<br />

In aller Härte. Ohne Rücksicht<br />

auf Mensch und Natur. Eric<br />

Brinneau, Experte der International<br />

Energy Agency für die Reduzierung<br />

der CO2-Emissionen im Straßenverkehr,<br />

erhält einen heiklen Auftrag<br />

von seinem Chef: Er soll ein<br />

Geheimtreffen mit der deutschen<br />

Kanzlerin vorbereiten. Unwetter in<br />

Deutschland und eine schleppende<br />

Energiewende zwingen sie zum<br />

Handeln. Der Klimawandel muss<br />

aufgehalten werden. Eric und sein<br />

Team sollen eine Lösung entwi -<br />

ckeln. Eine Aufgabe, die nicht nur<br />

sein Leben verändern wird. Da<br />

kristallisiert sich überraschend ein<br />

Ausweg heraus. Doch mächtige<br />

Gegner aus Industrie und Politik<br />

schrecken vor nichts zurück. Zu<br />

hoch sind die Einsätze.<br />

Vier Haupthandlungsstränge führen<br />

durch diesen Roman – bis zum<br />

ersten Höhepunkt: dem Geheimtreffen<br />

mit der deutschen Kanzlerin<br />

in Paris. Über 600 Seiten umfasst die<br />

packende Geschichte. Dieses Buch<br />

wurde von den Autoren Michael<br />

und Nancy Valentine-Urbschat frei<br />

erfunden. Allerdings vor einem<br />

sehr realen Hintergrund. Denn der<br />

Klimawandel, die Energiezukunft<br />

und die Mobilität sind für sie keine<br />

Fremdworte. Über das Buch schreiben<br />

sie selbst: »Mit unserem Debut-<br />

Roman ‚Elektrisiert‘ hoffen wir, zur<br />

Diskussion und Lösung dieses Themas<br />

beitragen zu können, indem<br />

wir einer breiteren Leserschaft die<br />

prekäre Ausgangssituation, die sehr<br />

unterschiedlichen Sichtweisen und<br />

Zwänge der beteiligten Spieler, aber<br />

auch mögliche Lösungsansätze vor<br />

Augen führen. Das alles haben wir<br />

versucht, in eine möglichst spannende<br />

Geschichte zu packen – wir<br />

wollen Sie als interessierten Leser ja<br />

auf keinen Fall verlieren auf diesem<br />

etwas umfangreicheren Exkurs.«<br />

Michael Valentine-Urbschat, Mit-<br />

Autor dieses Buches, hat den Fachbeitrag<br />

»Leitmarkt oder Schlusslicht«<br />

über die Entwicklung des<br />

deutschen E-Mobil-Marktes auf<br />

Seite 20 geschrieben.<br />

Info<br />

geb. Ausgabe, 608 Seiten,<br />

Euro 28,95 (Teil 1 als ebook<br />

zu Euro 1,99), über:<br />

www.valentine-urbschat.com<br />

Erstes nachhaltiges Kinderhotel<br />

Die Zertifizierungsstelle des Deutschen<br />

Instituts für Nachhaltigkeit<br />

und Ökonomie vergab an das Kinderhotel<br />

Oberjoch bei Bad Hindelang<br />

– und somit erstmals an ein<br />

Kinderhotel in Europa – das internationale<br />

Prüfsiegel für »gesicherte<br />

Nachhaltigkeit«. Damit bescheinigte<br />

das Institut dem Hotel eine<br />

umfassende Nachhaltigkeitsprüfung<br />

in den Bereichen Ökologie,<br />

Ökonomie und Sozialkompetenz.<br />

Ein Expertenteam nahm die Bereiche<br />

Produkt-, Service- und Bera-<br />

tungsqualität unter die Lupe. Ferner<br />

bewertete das Institut positiv<br />

die wirtschaftliche Zukunftsausrichtung,<br />

das Hotel-Management<br />

sowie die ökologische und soziale<br />

Verantwortung. Dass das Kinderhotel<br />

Oberjoch für seine Nachhaltigkeit<br />

ausgezeichnet wurde, sei ein<br />

großartiger Erfolg, gratuliert Bad<br />

Hindelangs Bürgermeister Adalbert<br />

Martin: So gingen das Ökomodell<br />

Hindelang und das Konzept<br />

des dort größten Hotels Hand<br />

in Hand.<br />

ve<br />

Foto: Kinderhotel Oberjoch<br />

Erfolgreicher Saisonstart für das Kinderhotel Oberjoch: Neben dem Nach hal -<br />

tigkeits-Siegel verzeichneten die Betreiber noch einen neuen Übernachtungs -<br />

rekord von 51.000 Besuchern zwischen Weihnachten und Ostern<br />

Dickes Lob für den Landkreis Oberallgäu<br />

Rainer Feldmann verfügt über<br />

reichlich Erfahrung – als Referent,<br />

aber auch als Sachverständiger für<br />

Gebäudeeffizienz im Auftrag der<br />

KfW-Bankengruppe. Umso mehr<br />

war der deutschlandweit bekannte<br />

Experte überrascht von den sehr<br />

guten Vorkenntnissen der Teilnehmer<br />

am eza!-Fachseminar »Expertenwissen<br />

für KfW-Sachverständi-<br />

ge«. Man habe sofort gemerkt,<br />

»dass die Teilnehmer voll im Geschäft<br />

stecken«. Am 30. September<br />

wird das Seminar mit Rainer Feldmann<br />

nochmals angeboten. Es sind<br />

noch Plätze frei.<br />

Ein dickes Lob gab es von Feldmann<br />

auch für den Landkreis Oberallgäu,<br />

der Hausbesitzer bei der energetischen<br />

Gebäudesanierung mit bis zu<br />

4000 Euro für die Baubegleitung unterstützt<br />

– zusätzlich zur KfW-Förderung.<br />

»Ich bin schwer beeindruckt«,<br />

so Feldmann. »Ein besseres<br />

Angebot kann man einem Bauherrn<br />

nicht machen.« Was für potenzielle<br />

Kunden von Planern, Architekten<br />

und Handwerksfirmen interessant<br />

sein dürfte: Es ist noch Geld im<br />

Landkreis-Fördertopf für <strong>2015</strong>.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

35


Meldungen<br />

Klimafreundlicher Bergsport mit dem DAV<br />

Info<br />

www.alpenverein.de/Natur-<br />

Umwelt/Mobilitaet<br />

Ein neues Projekt möchte Bergsportlerinnen<br />

und Bergsportlern<br />

helfen, ihre Touren klimafreundlich<br />

zu gestalten. Der Alpenverein bietet<br />

dafür im Internet einen neuen Bereich<br />

»Klimafreundlicher Bergsport«<br />

an, in dem Tipps und Infos<br />

zu klimaneutralen Aktivitäten in<br />

den Bergen zusammengestellt sind.<br />

Dort finden sich bereits zahlreiche<br />

Touren, die gut mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln erreichbar sind.<br />

Dieses Angebot wird stetig erweitert,<br />

um der gestiegenen Nachfrage<br />

Rechnung zu tragen. Im Rahmen<br />

des Projektes möchte der DAV einen<br />

Denkanstoß für alternative Anreisemöglichkeiten<br />

geben. Außerdem<br />

wird in Kürze eine interaktive<br />

Karte lokale, regionale und internationale<br />

Bus- und Bahnfahrpläne im<br />

Alpenraum zusammenfassen. Dieser<br />

Service soll die Aktiven bei der<br />

Suche nach günstigen Angeboten<br />

für die öffentlichen Verkehrsmittel<br />

unterstützen.<br />

Das Projekt, das diese und viele<br />

weitere Maßnahmen auf den Weg<br />

bringt, wurde Ende 2013 ins Leben<br />

gerufen. Das dreijährige Projekt<br />

zielt darauf ab, Sensibilität für das<br />

Thema zu schaffen und den CO2-<br />

Fußabdruck der Bergsportlerinnen<br />

und Bergsportler und des DAV<br />

durch wirkungsvolle Maßnahmen<br />

zu verkleinern.<br />

Kempten und Oberallgäu: Öko-Modellregion<br />

Foto: Stadt Kempten<br />

Die Stadt Kempten und der Landkreis<br />

Oberallgäu sind »Staatlich<br />

anerkannte Öko-Modellregion«.<br />

Im Vorjahr hatte die Region sich<br />

beim gleichnamigen Wettbewerb<br />

des bayerischen Landwirtschaftsministeriums<br />

beworben. Nun erhielten<br />

Oberbürgermeister Thomas<br />

Kiechle und Landrat Anton<br />

Klotz aus den Händen des bayerischen<br />

Landwirtschaftsministers<br />

Helmut Brunner die Auszeichnungsurkunde.<br />

Die Stadt Kempten<br />

Die Offiziellen bei der Auszeichnung<br />

zur Okö-Modellregion<br />

und der Landkreis Oberallgäu sind<br />

somit die erste »Öko-Modellregion«.<br />

Als solche haben sich beide<br />

dazu verpflichtet, den Ökolandbau<br />

in der Region zu fördern. Für Stadt<br />

und Landkreis stehen dabei vor allem<br />

der Ausbau der lokalen Logis -<br />

tikketten, die Erschließung weiterer<br />

Absatzmärkte für regional erzeugte<br />

Biolebensmittel sowie die<br />

damit verbundene Bewusstseinsbildung<br />

im Vordergrund. Um diese<br />

Ziele zu erreichen, fördert das<br />

bayerische Landwirtschaftsminis -<br />

terium die Stelle eines Projektmanagers<br />

für die »Öko-Modellregion«<br />

Kempten-Oberallgäu. ve<br />

Schmökern im Denkraum<br />

Info<br />

Das Wissensmagazin wird an<br />

Haushalte in Liechten stein,<br />

Buchs und Vorarl berg verteilt.<br />

Eine elektron i sche Version<br />

steht unter<br />

www.uni.li/publikationen als<br />

PDF und im ISSUU Blätter -<br />

modus zum Download zur<br />

Verfügung.<br />

Seit Mai ist die zweite Ausgabe des<br />

Wissensmagazins »Denkraum« für<br />

die Region Alpenrheintal-Bodensee<br />

erhältlich. Die Zeitschrift informiert<br />

verständlich über Forschung<br />

und Innovationsimpulse der Universität<br />

Liechtenstein für Wirtschaft<br />

und Gesellschaft. Die aktuelle<br />

Ausgabe widmet sich dem Thema<br />

»Wert schaffen«: Welchen Beitrag<br />

können Unternehmer zur gemeinsamen<br />

Wertschöpfung in Ge-<br />

sellschaft und Wirtschaft leisten?<br />

Wie wirken sich Unternehmenswerte<br />

auf die Wertschöpfung aus?<br />

Welche Chancen hat die Region im<br />

Wettbewerb um Nachwuchstalente<br />

gegenüber Metropolen? Diesen<br />

und weiteren Fragen widmet sich<br />

das Wissenschaftsmagazin, das<br />

auch als Inspiration für andere Regionen<br />

dienen kann.<br />

ve<br />

Das Cover der neuen Ausgabe<br />

von »Denkraum«<br />

Foto: Universität Liechtenstein<br />

36<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Förderprogramm für Hausbesitzer<br />

Jetzt heißt es schnell sein: Bayern<br />

unterstützt seine Bürger bei energetischen<br />

Maßnahmen im Gebäude<br />

mit dem 10.000-Häuser-Programm.<br />

Ab dem 15. September gibt<br />

es zusätzliche Förderung von insgesamt<br />

90 Millionen Euro für private<br />

Hausbesitzer, die entweder Sanierungen<br />

ihrer Immobilie vornehmen<br />

oder in die Jahre gekommene<br />

Heizungen austauschen.<br />

Zielgruppe sind Eigentümer und<br />

Bauherren selbstgenutzter Ein- und<br />

Zweifamilienhäuser. Die Förderung<br />

beträgt 1000 bis 18.000 Euro. Der<br />

sogenante »EnergieBonusBayern«<br />

ist kombinierbar mit den Programmen<br />

des Bundes (KfW/BAFA). Die<br />

Laufzeit des Programmes ist bis<br />

2018 geplant.<br />

Allerdings heißt es für Eigenheimbesitzer<br />

trotzdem schnell handeln.<br />

Denn die Zuschüsse des Freistaates<br />

werden nach dem Windhund-Prinzip<br />

vergeben. Das heißt, wer zuerst<br />

kommt, mahlt zuerst.<br />

Berichten verschiedener Fachleute<br />

zufolge ist die Beantragung der Zuschüsse<br />

leichter, wenn ein Energieberater<br />

hinzugezogen wird. Vom<br />

Energie- und Umweltzentrum Allgäu<br />

(eza!) wird diese Beratung bereits<br />

angeboten.<br />

Info<br />

www.energiebonus.bayern<br />

www.energieatlas.bayern.de/<br />

buerger/10000_haeuser_pro<br />

gramm.html<br />

Besucher »stromern« nach München<br />

Das Thema Elektromobilität gewinnt<br />

in Tourismus-Regionen an<br />

Bedeutung. Auf der Sonderschau<br />

»Elektromobilität in der Hotel- und<br />

Touristikbranche« zeigt die eCar-<br />

Tec Munich <strong>2015</strong> deshalb innovative<br />

Mobilitätskonzepte speziell für<br />

das Gästegewerbe. Auch wird der<br />

eCarTec Award <strong>2015</strong> verliehen:<br />

Entwicklungen und nachhaltige<br />

Konzepte im Bereich Elektro- und<br />

Hybrid-Mobilität können bis Juli<br />

eingereicht werden. Der »eCarTec<br />

Award Winner« wird sein Produkt<br />

auf der Messe einem internationalen<br />

Fachpublikum präsentieren. ve<br />

Die eCarTec Munich ist die weltweit<br />

größte Geschäftsmesse im Bereich<br />

Elektro- und Hybrid-Mobilität<br />

Info<br />

eCarTec Munich, Termin: 20. bis<br />

22. Oktober; Bewerbungsschluss<br />

eCarTec Award <strong>2015</strong>: 31. Juli<br />

Die Anmeldeunterlagen stehen<br />

unter www.ecartec.com zum<br />

Download bereit.<br />

Foto: eCarTec Munich <strong>2015</strong><br />

Anzeige<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

37


Meldungen<br />

Info<br />

Efficiency Consulting GmbH, Albertgasse<br />

35, A-1080 Vienna,<br />

Tel. +43 (0)660/6582649,<br />

E-Mail: prem@efficiencyconsulting.at<br />

Energy Consulting Allgäu<br />

GmbH, Heisinger Straße 12,<br />

87437 Kempten/Allgäu, Tel.<br />

+49 (0)831/5758-121, Fax:<br />

+49 (0)831/5758-124,<br />

www.energy-consultingallgaeu.de<br />

Allgäuer Energieberatung über erste Grenze hinweg<br />

Seit einigen Monaten wird die innovative<br />

Energieeffizienzberatung<br />

Mar ke »Energy Consulting<br />

Allgäu«auch in Österreich angeboten.<br />

In Wien gründeten Richard<br />

Prem und Matthias Voigtmann, Geschäftsführer<br />

der Energy Consulting<br />

Allgäu GmbH, die Efficiency Consulting<br />

GmbH. Deren Schwerpunkte<br />

sind wie im Allgäu die Unternehmensberatung<br />

und Unterstützung<br />

bei der Einführung von Energie- und<br />

Materialeffizienzsystemen für Firmen.<br />

Auch Energieaudits und Schulungen<br />

werden angeboten. Die Partnerfirmen<br />

Energy Consulting Allgäu<br />

mit Sitz in Kempten und Efficiency<br />

Consulting in Wien arbeiten eng zusammen<br />

und unterstützen sich gegenseitig<br />

mit ihren Experten. ve<br />

Richard Prem und Matthias Voigtmann<br />

sind Geschäftsführer der Efficiency Consulting<br />

GmbH in Wien<br />

Fotos: privat<br />

Die Wanderausstellung<br />

fasziniert Alt und Jung<br />

Ausstellung: Schule und Energie<br />

Eine Wanderausstellung von Erdgas<br />

Schwaben tourt derzeit durch<br />

verschiedene Schulen im Allgäu<br />

und in Schwaben. In Marktoberdorf,<br />

Immenstadt und Füssen war<br />

die interaktive Ausstellung bereits.<br />

In der Mittelschule in Krumbach<br />

wird sie demnächst aufgebaut. Den<br />

Ausstellungsgestaltern des heimi-<br />

Foto: allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

schen Energieversorgers geht es bei<br />

dieser kompakten Präsentation in<br />

erster Linie nicht um Eigenwerbung,<br />

sondern um Aufklärung über<br />

Energie und das Wecken von Schüler-Interessen<br />

für Energieproduktion,<br />

Energieverwendung und Energiesparen.<br />

Die Ausstellung von<br />

Erdgas Schwaben zeigt, wie sich die<br />

Energieversorgung in Bayerisch<br />

Schwaben entwickelt hat: von den<br />

Anfängen vor über 100 Jahren bis<br />

zu den modernen Technologien der<br />

heutigen Zeit. In der Ausstellung<br />

erfahren Kinder und Jugendliche,<br />

was man mit Erdgas alles machen<br />

kann: z.B. heizen, kochen, grillen,<br />

Wäsche trocknen und sogar Auto<br />

fahren. Bestandteil der Wanderausstellung<br />

»Energie: gestern – heute –<br />

morgen« ist ein Quiz. Auf Bildschirmen<br />

werden Fragen eingeblendet,<br />

die Antworten können per<br />

Touch screen gegeben werden. An<br />

jeder Station erfahren die Schülerinnen<br />

und Schüler etwas über<br />

Energie: Wie haben die Urgroßeltern<br />

geheizt? Woher kommt heute<br />

unser Erdgas? Woraus werden wir<br />

in Zukunft Strom erzeugen?<br />

Die nächste Station der Ausstellung<br />

ist vom 6. bis 17. Juli die Mittelschule<br />

Krumbach, Talstraße 70, 86381<br />

Krumbach. Eröffnungsabend am 7.<br />

Juli um 18 Uhr. Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag, 8 bis 13 Uhr.<br />

Staatspreis für Herz & Lang<br />

Info<br />

Der Staatspreis Architek tur<br />

und Nachhaltigkeit wird im Rah -<br />

men von klimaaktiv, der Ini tia ti -<br />

ve für aktiven Klima schutz, vom<br />

Bundes minis ter ium für Landund<br />

Forst wirt schaft, Umwelt<br />

und Wasser wirtschaft<br />

(BMLFUW) ausgeschrieben.<br />

Bauherren: BIG Bundes im mo -<br />

biliengesellschaft mbH,<br />

Bundesministerium für Jus tiz<br />

Architektur: ARGE Dieter<br />

Mathoi Architekten & DIN A4<br />

Architektur<br />

Fachplanung: Energie effi zien tes<br />

Bauen Herz & Lang GmbH<br />

Auszeichnung für die Allgäuer<br />

Bauplaner der Herz & Lang GmbH:<br />

Sie zählen zu den fünf Preisträgern,<br />

die Anfang des Jahres in Wien vom<br />

Ministerium für ein lebenswertes<br />

Österreich den Staatspreis für Architektur<br />

und Nachhaltigkeit erhalten<br />

haben.<br />

Das Justizzentrum Korneuburg ist<br />

weltweit das erste Gerichtsgebäude<br />

mit Vollzugsanstalt, das als Passivhaus<br />

geplant und umgesetzt wurde.<br />

Es setzt in dieser Größenordnung<br />

und Nutzungsart, in Baugestaltung<br />

und energetischer Performance<br />

nachhaltige Maßstäbe.<br />

Foto: privat<br />

Österreichische Gebäude für nachhaltige<br />

und qualitätsvolle Bauweise<br />

bringen anspruchsvolle Architektur<br />

und Umwelt in Einklang.<br />

»Das Zusammenspiel von innovativen<br />

und energieeffizienten Lösungen<br />

sowie höchster architektonischer<br />

Qualität leistet einen wichtigen<br />

Beitrag für ein lebenswertes<br />

Österreich«, sagte Bundesminister<br />

Andrä Rupprechter anlässlich der<br />

Verleihung.<br />

Fünf besonders engagierte Projekte<br />

wurden am 13. Januar im ORF<br />

RadioKulturhaus ausgezeichnet.<br />

»Alle Prämierten stellten unter Beweis,<br />

dass anspruchsvolle Architektur,<br />

ressourcenschonende Bauweise,<br />

Energieeffizienz und ein<br />

Baustil im Einklang mit Umwelt<br />

und Natur keine Widersprüche<br />

sind«, unterstrich der Minister.<br />

www.klimaaktiv.at/staatspreis.html<br />

Dieter Herz freut sich über einen<br />

Staatspreis im Nachbarland Österreich<br />

38<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Spannender Energietag zur Festwoche<br />

Der Allgäuer Energietag im Rahmen<br />

der Allgäuer Festwoche ist inzwischen<br />

zu einer festen Einrichtung<br />

geworden. Dieses Jahr findet<br />

er am Donnerstag, 13. August, im<br />

Kornhaus in Kempten statt (ab 10<br />

Uhr). »Pflicht zum Energieaudit –<br />

sinnloser Zwang oder nützliche<br />

Hilfe?«lautet ein Schwerpunktthema,<br />

das von Volkmar Schäfer bestritten<br />

wird. Er berichtet aus der<br />

Arbeit seines Ingenieurunternehmens<br />

mit dem Tätigkeitsschwerpunkt<br />

Energieaudit. In seinem Vortrag<br />

bringt er praktische Erfahrungen<br />

aus Unternehmen unterschiedlicher<br />

Größe ein, vom kleinen und<br />

mittelständischen Unternehmen bis<br />

hin zum namhaften Großunterneh-<br />

men. Ein Erlebnis der besonderen<br />

Art verspricht der Auftritt von<br />

Martin Buchholz – seines Zeichens<br />

deutscher Meister im Science Slam<br />

im Jahr 2010. Auch über den Slam<br />

hinaus ist er als Redner mit populärwissenschaftlichen<br />

Vorträgen<br />

aus dem Bereich Energiewandlung<br />

und deren Grenzen im gesamten<br />

deutschsprachigen Raum tätig.<br />

Buchholz vermittelt Wissen(schaft)<br />

mitreißend und witzig wie kein<br />

Zweiter in Deutschland und regt<br />

zum Nachdenken an – allein schon<br />

mit der Eingangsfrage seines Beitrags<br />

beim Allgäuer Energietag:<br />

»Energie – wie verschwendet man<br />

etwas, das nicht weniger werden<br />

kann?«.<br />

Der gebürtige Bochumer begann<br />

2002 seine Arbeit am Institut für<br />

Thermodynamik der TU Braunschweig,<br />

an dem er heute noch Vorlesungen<br />

in den Fächern Thermodynamik<br />

sowie Wärme- und Stoffübertragung<br />

hält. 2010 holte sich<br />

Buchholz den Deutschen Meistertitel<br />

im Science Slam. Die FAZ hat<br />

einmal geschrieben: »...in zehn Minuten<br />

Entropie erklären, das muss<br />

Buchholz erst mal einer nachmachen.«<br />

Die Teilnahme am Allgäuer Energietag<br />

ist kostenlos. Anmeldungen<br />

beim Veranstalter eza! sind erwünscht.<br />

Telefon 0831 960286-0,<br />

Fax 0831 960286-90, E-Mail:<br />

info@eza-allgaeu.de<br />

Preis für EnergiePLUS-Masterarbeit<br />

Für seine Master-Thesis hat der Biberacher<br />

Student Christian Kley<br />

den ersten Preis der Bälz-Stiftung<br />

Berlin erhalten. Kley studierte an<br />

der Hochschule Biberach Energieund<br />

Gebäudesysteme. In seiner abschließenden<br />

Masterarbeit be-<br />

schäftigte er sich mit dem Thema<br />

Aktivhäuser: Basis der Masterthesis<br />

war ein bereits realisiertes, bewohntes<br />

und einem wissenschaftlichen<br />

Monitoring unterzogenes<br />

Einfamilienhaus, das mithilfe einer<br />

Photovoltaikanlage mehr Energie<br />

erzeugt, als es verbraucht. Für das<br />

Netto-Energie-Plus-Gebäude testete<br />

Kley mit Hilfe eines Gebäudeund<br />

Anlagenmodells zwei Energie-<br />

PLUS-Konzepte. Ziel ist es, eine<br />

hohe Eigenstromnutzung zu erreichen.<br />

ve<br />

Christian Kley (Mitte) mit dem<br />

be treuenden Professor Dr.-Ing.<br />

Roland Koenigsdorff sowie Dr.-Ing.<br />

Martin Becker, Mitglied der Jury<br />

Foto: HBC<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

39


Meldungen<br />

Pflanzaktionen im Allgäu<br />

Immer mehr Städte und Gemeinden<br />

bemühen sich um eine »Verblümung«von<br />

freien Rasenflächen.<br />

Vom Tulpenweg bis zum Verteilen<br />

von Samentütchen – die Bewohner<br />

werden bei den Projekten eigebunden<br />

und gestalten mit. Die bepflanzten<br />

Flächen sind nicht nur<br />

schön anzusehen: Hier wächst der<br />

Lebensraum für Biene und Co. –<br />

und das menschliche Bewusstsein<br />

für die Schönheit der Natur.<br />

Kempten:<br />

Weg der Bäume<br />

Mit Begeisterung pflanzten die<br />

Schüler der Klasse 3A der Konrad-<br />

Adenauer-Grundschule in Kempten-Lenzfried<br />

zusammen mit Bürgermeister<br />

Josef Mayr am Weg der<br />

Bäume auf der Ludwigshöhe in<br />

Kempten einen Feldahorn. Seit<br />

2004 wird am Weg der Bäume auf<br />

Initiative der Kemptener Agenda<br />

der jeweilige »Baum des Jahres«gepflanzt.<br />

Meist wird versucht, den<br />

Pflanztag auf den »Tag des Baumes«zu<br />

legen, der am 25. April gefeiert<br />

wird.<br />

Lindau: »Unser Landkreis<br />

blüht auf«<br />

In den letzten Jahren sind viele Rasenflächen<br />

im Landkreis Lindau zu<br />

blühenden Wiesen geworden. Mehr<br />

blühende Flächen sollen im priva-<br />

ten und kommunalen Bereich entstehen<br />

und so dem Artenschwund<br />

und mangelnden Nahrungsangebot<br />

für Insekten entgegenwirken. Denn<br />

in Wildblumenwiesen herrscht eine<br />

große Vielfalt an Pflanzen, Insekten<br />

und anderen Tieren. 18 Landkreisgemeinden<br />

beteiligen sich heuer an<br />

der Aktion sowie 22 Seniorenheime<br />

und Kindergärten.<br />

Kempten: Versuchsreihe<br />

mit torffreier Blumenerde<br />

Die auszubildenden Gärtner an den<br />

Beruflichen Schulen Kempten III in<br />

Kempten führen einen Pflanzversuch<br />

mit der torffreien Blumenund<br />

Pflanzerde der Allgäuer Moor -<br />

allianz durch. Dazu setzten sie die<br />

Hälfte der Jungpflanzen in die torffreie<br />

Erde, die andere Hälfte in herkömmliche<br />

Substrate. Über die Saison<br />

hinweg beobachten die Auszubildenden<br />

ihre Versuchspflanzen<br />

und sammeln Ergebnisse. Diese<br />

werden sie im September präsentieren.<br />

Unter dem Motto »global denken<br />

– regional handeln«hat die Allgäuer<br />

Moorallianz die Allgäuer<br />

torffreie Blumen- und Pflanzerde<br />

gemeinsam mit unterschiedlichen<br />

Partnern entwickelt.<br />

Bunte Wildblumen<br />

für Memmingen<br />

»Unsere Stadt blüht auf«heißt die<br />

Gemeinschaftsaktion der Sparkasse<br />

Memmingen-Lindau-Mindelheim<br />

und der Stadt Memmingen, bei der<br />

dieses Jahr bereits zum dritten Mal<br />

kostenlos Tütchen mit Wildblumensamen<br />

verteilt werden: Ob<br />

Mohn, Schlüsselblumen, Margeriten<br />

oder Schafgarben, es ist immer<br />

mit einer kleinen Überraschung<br />

verbunden, welche Blumen später<br />

im Beet wachsen. Die Sommerblumen-Mischung<br />

ist kostenlos in allen<br />

Memminger Sparkassen-Filialen<br />

erhältlich.<br />

Bad Wörishofen: Tulpenpfad<br />

und Blumenweg<br />

Lockte im Frühjahr in Bad Wörishofen<br />

noch der »Tulpenpfad«alle Duftund<br />

Blumenfreunde in die Innenstadt,<br />

so sind es nun die Sommerblumen,<br />

die Bad Wörishofen verschönern.<br />

Der in diesem Jahr eröffnete<br />

Blumenweg führt vom Luitpold-<br />

Leusser-Platz über die Ka -<br />

threinerstraße beim Wasserrad in<br />

die Kneippstraße, vorbei am Kurhaus<br />

und Denkmalplatz sowie der<br />

Ludwig-Geromiller-Straße bis zum<br />

Ende der Kneippstraße. Er ist einen<br />

Kilometer lang und hat 40 Info-Stationen<br />

mit entsprechenden Tafeln.<br />

In den Sommermonaten bis in den<br />

Herbst wachsen in den Beeten Begonien,<br />

Fuchsien und Dahlien, daneben<br />

Kartoffelblumen und Salbei<br />

oder auch exotische Pflanzen wie<br />

Palmen, Blumenrohr und Bananenpflanzen.<br />

Insgesamt wurden 32.500<br />

Blumen in 130 Arten und Sorten<br />

von der Stadtgärtnerei Bad Wörishofen<br />

für den neuen Blumenweg gepflanzt.<br />

Der Blumenweg Bad Wörishofen<br />

blüht bis Mitte Oktober. Dann<br />

werden die Blumenzwiebeln gelegt<br />

und Herbstpflanzung aufgebracht.<br />

Fotos: Stadt Kempten, Landratsamt Lindau, Julia Mayer/Pressestelle Stadt Memmingen, Kur- und Tourismusbetrieb Bad Wörishofen<br />

40<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Wohnpark mit moderner Lüftung<br />

Anzeigen<br />

Foto: LTM<br />

An der Fassade des Gebäudes sind die<br />

Außenhauben der Thermo-Lüfter zu<br />

erkennen. Jede Wohnung wird durch<br />

mehrere Geräte rund um die Uhr mit<br />

wohltemperierter Frischluft versorgt.<br />

Auf dem Gelände nahe dem Wasserkraftwerk<br />

Keselstraße in Kempten<br />

wurden in der alten Baumwollfabrik<br />

23 moderne Neubau-Wohnungen<br />

mit Blick auf die nahe gelegene Iller<br />

bezugsfertig. Bei allen Wohnungen<br />

mit an Bord ist eine kontrollierte<br />

Wohnungslüftung. In den fünf Geschossen<br />

entstanden 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen<br />

mit Wohnflächen<br />

von knapp 60 bis gut 120 Quadratmetern.<br />

Die Ausstattung der Wohnungen<br />

ist – wie bei solchen Mehrgeschosswohnbauten<br />

üblich – von<br />

gutem Standard. Das Gebäude wurde<br />

als KfW-Effizienzhaus 70 ausgeführt,<br />

also in einem etwas besseren<br />

Energiestandard, als es der Gesetzgeber<br />

verlangt. Auffallend ist jedoch<br />

ein anderer Aspekt, der in der Baubeschreibung<br />

nur am Rande Erwähnung<br />

findet: »Die Be- und Entlüftung<br />

der Wohnräume erfolgt über<br />

ein dezentrales Frischluftsystem mit<br />

hoher Wärmerückgewinnung«.<br />

Bei dem Projekt sind die dezentralen<br />

Lüftungsgeräte »Thermo-Lüfter«<br />

des deutschen Herstellers LTM<br />

im Einsatz. Insgesamt 80 wurden<br />

Thermo-Lüfter 1230 eingebaut.<br />

Jede Wohnung ist autark: Über eine<br />

Zentralsteuerung je Wohneinheit<br />

können die Lüftungsgeräte eigenständig<br />

und unabhängig von den<br />

anderen Bewohnern geregelt werden.<br />

Die Entscheidung für LTM fiel<br />

erst im Planungsprozess. Zunächst<br />

war eine zentrale Lüftungsanlage in<br />

Erwägung gezogen worden; die Erfahrungen<br />

des Planungsbüros<br />

Claudia Echtler aus Kaufbeuren<br />

und des Bauunternehmens Paul<br />

Bau und Putz aus Mauerstetten<br />

sprachen aber dagegen. Die LTM-<br />

Lüfter werden direkt in der Außenwand<br />

platziert und erfordern keinerlei<br />

Luftkanäle.<br />

Die Erfahrungen der Bewohner<br />

sind gut: Neben der ständig guten<br />

Raumluft fällt der Thermo-Lüfter<br />

vor allem dadurch auf, dass er nicht<br />

auffällt; das Gerät arbeitet nämlich<br />

besonders leise.<br />

allgäu <strong>ALTERNATIV</strong><br />

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Werbe auftritt für die<br />

Herbst/Winter ausgabe <strong>2015</strong>!<br />

Redaktions- und Anzeigen -<br />

schluss ist der 02.10.<strong>2015</strong><br />

Anzeigen-Kontakt:<br />

Sven Abend,<br />

Tel. +49 (0)8379 728616<br />

Holzige Festwochen-Termine<br />

Foto: allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Am 24. Juli eröffnet die Ausstellung<br />

»Bauen mit Holz in Bayerisch-<br />

Schwaben«in der Kunsthalle in<br />

Kempten. Zur Eröffnung wird sich<br />

der Verein »Holzforum Allgäu«in<br />

seiner ganzen Bandbreite vorstellen.<br />

Im Anschluss referiert Prof.<br />

Referent Prof. Dr. Stefan Winter<br />

Stefan Winter zum Thema »Zukunft<br />

Holzbau«. Bis zum 16. August<br />

ist die Ausstellung anschließend<br />

zu besichtigen.<br />

Am Mittwoch, den 12. August, findet<br />

eine Fachtagung des Holz -<br />

forums im Kemptener Kornhaus<br />

statt. Zwischen 10 und 12 Uhr referieren<br />

Prof. Hermann Kaufmann<br />

vom Lehrstuhl Holzbau der TU<br />

München und DI Rüdiger Lex, Geschäftsführer<br />

von proHolz Tirol,<br />

zum Thema »Leben und Arbeiten<br />

mit Holz im Allgäu«. Im Anschluss<br />

bekommen alle Teilnehmer der Tagung<br />

eine Eintrittskarte zum Besuch<br />

der Allgäuer Festwoche. ve<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

41


Wasserstoff<br />

Die Produktion verbessern<br />

Effekte zur Effizienzsteigerung entdeckt<br />

Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger der Zukunft. Ein Ansatz für seine Gewinnung ist die<br />

Photokatalytische Wasserspaltung. Dabei wird mithilfe von Licht Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff<br />

und Sauerstoff gespalten. Seit Jahren arbeitet Peter Schmeller aus Bad Hindelang an diesem Thema.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat ihn mit dem folgenden wissenschaftlichen Bericht des Leibniz-Instituts konfrontiert.<br />

Demonstration: Mit einer<br />

Schau-Anlage zeigt Peter<br />

Schmeller, wie Wasserstoff<br />

erzeugt wird. Die Gas flam -<br />

me beweist, dass es gut<br />

funktioniert<br />

Fotos: Susanne Elgaß<br />

Wissenschaftler des Leibniz-Institutes für<br />

Photonische Technologien (IPHT)<br />

haben entdeckt, dass bei einer Anregung<br />

mit grünem Licht Elektronen direkt vom lichtabsorbierenden<br />

Zentrum zum Ort der Spaltung transferiert<br />

werden. Je schneller die Elektronen übertragen werden,<br />

desto effizienter kann Licht für die Wasserspaltung<br />

genutzt werden. Welche Schritte bei der<br />

Wasserspaltung nach Absorption des Lichts stattfinden,<br />

wird in molekularen Photokatalysatoren beobachtet.<br />

Das Verständnis der einzelnen Schritte zur<br />

Wasserspaltung ist wichtig, um die Wasserspaltung für<br />

die industrielle Verwertung nutzbar zu machen. Besonderes<br />

Augenmerk der IPHT-Wissenschaftler liegt<br />

auf dem Transfer der Elektronen vom lichtabsorbierenden<br />

Zentrum zum Ort der Spaltung. Der Elektronentransfer<br />

läuft in einem Zeitfenster von einem<br />

millionsten Teil einer millionsten Sekunde ab. Die<br />

Prozesse auf dieser Zeitskala konnten mit bisherigen<br />

Methoden nicht genau untersucht werden.<br />

In Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität<br />

Mailand haben IPHT-Wissenschaftler dieses<br />

Zeitfenster mit 20 Femtosekunden Zeitauflösung beobachtet.<br />

Sie stellten fest, dass bei Anregung mit grünem<br />

Licht die Elektronen vom lichtabsorbierenden<br />

Zentrum direkt zum Ort der Spaltung transferiert<br />

werden. Bei Anregung mit Licht anderer Wellenlängen<br />

dagegen dauert es 1000-mal länger. Dies erhöht die<br />

Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von effizienzmindernden<br />

Nebenprozessen. Die Beobachtung kohärenter<br />

Schwingungsdynamik, die exklusiv unter Anregung<br />

mit grünem Licht auftritt, illustriert die Effizienz<br />

des Prozesses. Ermöglicht wurden die Messungen<br />

durch die Unterstützung des LaserLab Europe.<br />

Die Natur macht es vor<br />

Peter Schmeller: Verfahren gibt es genug<br />

Verfahren, die mittels Photokatalytischer Wasserspaltung Wasserstoff erzeugen, sind schon lange bekannt<br />

und werden auch von Organismen genutzt (z.B. einem bestimmten Schmetterling). Es gibt etwa 36 bekannte<br />

Verfahren, Wasserstoff zu erzeugen. Es gibt aber sicher noch 100 Verfahren, die noch nicht bekannt sind.<br />

Peter Schmeller:<br />

»Keine grundlegend neuen<br />

Erkenntnisse«<br />

In Neuseeland läuft ein Pilotprojekt, bei dem Bakterien<br />

mit Sonnenlicht Wasserstoff erzeugen. Dieser<br />

Wasserstoff wird in Brennstoffzellen in Strom<br />

umgewandelt. In Saudi Arabien wird in einem Klärwerk<br />

mit Sonne und Bakterien Wasserstoff erzeugt.<br />

Mit dem daraus erzeugten Strom wird die gesamte<br />

Anlage betrieben und dazu noch ein großer Schulkomplex<br />

mit Energie versorgt.<br />

Die Effizienz ist bei der Wasserstoff-Erzeugung<br />

ein relativer Begriff, der nur dann eine Rolle spielt,<br />

wenn ich z.B. aus Strom Wasserstoff und aus Wasserstoff<br />

wieder Strom herstellen möchte (Verluste). Bei<br />

einem Fahrzeug ist so etwas wichtig, damit der »Tank«<br />

klein und die Reichweite groß wird.<br />

Wasserstoff ist ja nur Energieträger oder ein wichtiges<br />

Element für Prozesse wie z.B. die Reinigung von<br />

Erdöl. Der größte Anteil des weltweit benötigten Wasserstoffs<br />

wird mit Erdgas als Primärenergie hergestellt.<br />

Wasserstoff ist keine Primärenergiequelle, sondern<br />

ein umweltfreundlicher Energieträger (-speicher).<br />

Trotzdem könnte Wasserstoff (wenn er beispielweise<br />

aus Biomasse erzeugt wird) den Gesamtenergiebedarf<br />

der Welt abdecken, ohne dass dadurch irgendjemand<br />

hungern müsste. Viele Antworten findet man unter<br />

http://www.bio-wasserstoff.de/<br />

Das darf keinesfalls mit dem Irrsinn der heutigen<br />

Biogasanlagen verwechselt werden. Ich könnte im Allgäu<br />

problemlos ein Haus mit Biowasserstoff und einer<br />

kleinen Photovoltaik-Anlage autonom betreiben,<br />

wenn man mir die Chance geben würde. Es ist keine<br />

Frage der verfügbaren Techniken – die sind vorhanden.<br />

Peter Schmeller<br />

42<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Energie<br />

Fotos: Renexpo/Messe Augsburg<br />

Die Renexpo in Augsburg<br />

Gebäudehülle steht im Mittelpunkt<br />

Die Energiefachmesse Renexpo vom 1. bis 4. Oktober, ist die wichtigste<br />

Messe für den Energiemarkt und im Bereich energieeffizientes Bauen im<br />

süddeutschen Raum. Hochkarätige Fachtagungen, innovative Produkte<br />

und Vorträge ausstellender Firmen zeigen die aktuelle und zukünftige Ent -<br />

wicklung der Energieversorgung und wesentliche Einsparpotenziale auf.<br />

Wer steht dahinter?<br />

Messe Augsburg ASMV GmbH:<br />

Die Messe Augsburg als drittgrößter Messe -<br />

platz in Bayern ist ein Wirtschaftsmotor mit<br />

Aus strahlung weit über die Grenzen Bayerisch-<br />

Schwabens hinaus. Augsburg punktet mit ei -<br />

nem gut erreichbaren Messegelände, per sön -<br />

lichem Service und dem Charme der zweit -<br />

ältes ten Stadt Deutschlands. Die Messe ist<br />

Full-Service-Partner für Messen und Events:<br />

Zwölf Hallen mit 48.000 Quadrat metern<br />

Brutto fläche, 10.000 Quadratmeter Frei ge -<br />

lände, ein Tagungscenter, vier Eingangs be -<br />

reiche, beste Verkehrsanbindung sowie 2.400<br />

Parkplätze in der Nähe bie ten eine Viel zahl an<br />

individuell planbaren Ver anstal tungs möglich -<br />

keiten. Info unter: www.messeaugsburg.de<br />

Die Akademie für nachhaltige Gebäudetech -<br />

nologie Karlsruhe-Mosbach e.V. beschäftigt<br />

sich mit der Ressourceneffizienz von Gebäu -<br />

de technologien, insbesondere mit Glas-, Fen s -<br />

ter-, Türen-, Sonnenschutz- und Fassaden -<br />

tech nologien. Akademievorsitzender Prof.<br />

Dr. h.c. Klaus Layer ist gelernter Tisch ler- und<br />

Gla sermeister, zertifizierter Thermo graf, und<br />

zusätzlich öffentlich bestellter und ver-eidigter<br />

Sachverständiger der Handwerks kammer<br />

Mannheim sowie Bauphysiker, Ener gieberater<br />

und Dozent für Konstruktionslehre und<br />

angewandte Bauphysik an der dualen<br />

Hochschule Baden-Württemberg, Campus<br />

Mosbach.<br />

Weitere Informationen<br />

unter www.akademie-ngt.de<br />

Die Renexpo ist als Bayerns Energiefachmesse<br />

die Plattform der Energiewende für Politik,<br />

Industrie, Handel und Handwerk, aber auch<br />

für interessierte zukünftige Anwender. Die Schwerpunkte<br />

liegen dabei auf rationeller Energiegewinnung,<br />

intelligenter Energieverteilung, effizienter Energieverwendung<br />

sowie der optimalen Energiespeicherung bei<br />

Strom und Wärme.<br />

Erstmals wird in diesem Jahr ein eigener Bereich<br />

speziell für Fachaussteller und Sponsoren in Halle 7 direkt<br />

angrenzend an das Tagungscenter vorgesehen. Auf<br />

interessiertes Publikum treffen die Aussteller in Halle<br />

5 und im Freigelände. Sowohl Privat- wie auch Fachbesucher<br />

erwarten praktikable Lösungen zum Anschauen<br />

und Anfassen. Ob E-Mobil und Energiespeicher<br />

mit Lademöglichkeiten im und ums Gebäude, von<br />

Solarthermie über Photovoltaik bis zur Wärmeversorgung<br />

durch Scheitholz, Hackschnitzel oder Pellets mit<br />

Wärmespeicher reicht das umfassende Angebot.<br />

Die Gebäudehülle ist weitaus mehr als eine bloße<br />

Außenwand, sie ist die Membran des Hauses: Energieverluste<br />

soll sie möglichst gering halten, gleichzeitig<br />

aber das Gebäude mit Licht, Wärme, Frischluft oder<br />

sogar mit Strom versorgen.<br />

Neu ist die 1. Fachtagung »GHI – Gebäudehülle<br />

innovativ«. Sie macht Ressourceneffizienz erlebbar.<br />

Ausführlich widmet sich die Fachtagung mit Ausstel-<br />

44<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Energie in allen Varianten: Das Angebot an den Ständen ist breit gestreut<br />

Der drittgrößte Messeplatz in Bayern: die Messe in Augsburg<br />

lerangebot und Kongresskomponenten allen Facetten<br />

der energieeffizienten Gebäudehülle. Dahinter stehen<br />

als Kooperationspartner als Messe Augsburg, die<br />

Hinte Expo & Conference und die Akademie für<br />

nachhaltige Gebäudetechnologie Karlsruhe-Mosbach<br />

e.V.<br />

»Das Forum passt perfekt zur Renexpo. Speziell<br />

die Bereiche Wärmedämmung, Lüftung, Fenster und<br />

Fassade ergänzen die Renexpo-Kernthemen Energiegewinnung,<br />

intelligente Energieverteilung, effiziente<br />

Energieverwendung und Energiespeicherung, da sie<br />

sich mit der Energieeffizienz der Gebäude – im Speziellen<br />

der Gebäudehülle – auseinandersetzen. Und<br />

diese ist ein wichtiger Faktor für alle Zielgruppen der<br />

Renexpo und ein weiterer Schritt zur Positionierung<br />

des Messeplatzes Augsburg«, sagt Gerhard Reiter, Geschäftsführer<br />

der Messe Augsburg.<br />

Fachbetrieben, Herstellern, Architekten und<br />

Bauherren bietet die 1. Fachtagung »GHI – Gebäudehülle<br />

innovativ« die einmalige Möglichkeit, sich über<br />

neueste Entwicklungen und Techniken im Bereich der<br />

Glas-, Fenster-, Fassaden- und Sonnenschutzsysteme,<br />

über Bauanschlüsse, Anlagetechnik oder Architektur<br />

der Gebäudehülle zu informieren.<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

45


Energie sparen<br />

Auszubildende in der<br />

Green Factory Allgäu<br />

Fotos: Jensen media/Alois Müller, AT-Fachverlag<br />

Vorfertigung in der<br />

Green Factory Allgäu.<br />

Green Factory Allgäu<br />

Ein gutes Beispiel für ganz Europa<br />

Eine große Auszeichnung gab es kürzlich für die Green<br />

Factory Allgäu in Ungerhausen im Unterallgäu: Für das<br />

bahnbrechende Projekt der weltweit ersten nahezu energieautarken<br />

Produktions- und Ausbildungshalle erhielt die<br />

Alois Müller GmbH (Memmingen) auf der Fachmesse ISH<br />

in Frankfurt/Main den begehrten Marketingpreis des<br />

Sanitär-, Heizung- und Klimahandwerks (SHK).<br />

Die Alois Müller GmbH ist ein Spezialist für<br />

Heizung, Lüftung, Sanitär und Klimatechnik.<br />

Mit innovativen Ideen wie der Green Factory<br />

Allgäu sorgt das Unternehmen immer wieder für Aufsehen.<br />

Die Auszubildenden der Alois-Müller-Gruppe<br />

erlernen hier ihre Berufe in einer der modernsten und<br />

gleichzeitig energiesparendsten Ausbildungshallen des<br />

SHK-Handwerks überhaupt.<br />

Die 2800 Quadratmeter große und 2,5 Millionen<br />

Euro teure Halle ist die weltweit erste ihrer Art, die mit<br />

ihrer ebenfalls 2800 Quadratmeter großen Photovoltaikanlage<br />

nicht nur ganzjährig Heizung und Kühlung<br />

selbstständig betreiben kann, sondern die dank einer<br />

Leistung von 350 MWh auch zusätzlich fast den gesamten<br />

Strombedarf für den Betrieb der Produktionsmaschinen<br />

deckt. Energiekosten und der CO2-Ausstoß<br />

sinken damit auf Null. Außerhalb der Betriebszeiten<br />

speichert ein großer Pufferspeicher im Betonkern<br />

der Halle die gewonnene Energie, oder sie wird<br />

ins allgemeine Stromnetz eingespeist und vergütet.<br />

»Wir mussten wirklich viel Durchsetzungsvermögen<br />

beweisen, zum Beispiel, als es um die Kühlung<br />

unseres Laserroboters ging. Der Hersteller wollte partout<br />

eine zusätzliche Kühlmaschine installieren, aber<br />

wir haben darauf bestanden, die dafür nötige Energie<br />

aus unserem Heiz- und Kühlkreislauf der Halle zu<br />

verwenden, also unser Wasser aus dem Tiefenbrunnen.<br />

Allein durch diese Maßnahme sparen wir beim<br />

Betrieb des Roboters auf einen Schlag 80 Prozent der<br />

üblichen Energiekosten ein«, sagte Andreas Müller,<br />

Geschäftsführer der Alois Müller GmbH, als er den<br />

Marketingpreis in Frankfurt entgegennahm.<br />

Seit beinahe zwei Jahrzehnten wird der Marketingpreis<br />

für das deutsche SHK-Handwerk von einem<br />

Fellbacher Fachverlag und der »Initiative Marketingpreis«<br />

vergeben. Diese wird unterstützt von der Fachmesse<br />

ISH Frankfurt, der Deutschen Handwerks Zeitung<br />

sowie Bosch Thermotechnik Junkers Deutschland.<br />

Im Rahmen eines Galaabends ehrt die Fachjury<br />

jedes Jahr mittelständische Betriebe für außergewöhnliche<br />

Konzepte und innovative Ideen.<br />

Nicht nur die Fachjury, sondern auch namhafte<br />

Wissenschaftler sehen in der Green Factory Allgäu ein<br />

leuchtendes Beispiel für die gelebte Energiewende und<br />

ein einzigartiges Modellprojekt mit Vorbildcharakter<br />

für ganz Europa. »Mit Ihrer Halle verwirklichen Sie<br />

bereits Forderungen, die wir unter dem Gesichtspunkt<br />

der Energieflexibilität stellen. Sie können sich damit<br />

schnell und flexibel an kurzfristige Änderungen des<br />

Energiemarktes anpassen«, sagte beispielsweise der<br />

46<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Diplom-Wirtschaftsingenieur Emin Genc, Gruppenleiter<br />

Adaptive Produktionsorganisation beim Fraunhofer-Institut<br />

für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />

(IWU) mit Sitz in Augsburg, bei einem Expertentreffen<br />

von Planern für die Technische Gebäudeausrüstung<br />

(TGA) in Ungerhausen.<br />

Die Green Factory Allgäu dient der Alois-Müller-Gruppe<br />

als Produktionshalle für die Vorfertigung<br />

von technischen Komponenten und Bauteilen bis hin<br />

zu schlüsselfertigen Container-Lösungen, die dann<br />

vor Ort auf der Baustelle nur noch im Plug-and-Play-<br />

Modus angeschlossen und in Betrieb genommen werden<br />

müssen. »Wenn wir in unserer Hightech-Halle in<br />

Ungerhausen Leitungen schweißen können, hat dies<br />

eine ganz andere Qualität, als wenn jemand die Leitungen<br />

vor Ort bei wechselnden Witterungs- und<br />

Temperaturbedingungen schweißen müsste«, erklärt<br />

Andreas Müller. Das Konzept der hohen Vorfertigungsleistung<br />

mit gut ausgebildeten Handwerkern<br />

kommt an, denn neben der Qualitätssteigerung profitieren<br />

die Auftraggeber auch von der höheren Projektsicherheit.<br />

In Ungerhausen produziert die zur Alois-Müller-<br />

Gruppe gehörende Müller Produktions GmbH in ers -<br />

ter Linie versorgungstechnische Anlagen, unter anderem<br />

PE-Bauteile für Geothermie wie Erdsonden-Anlagen<br />

oder Erdkollektoren, Rohrleitungssysteme aus<br />

Stahl und Edelstahl oder Gehäusekomponenten für<br />

Windkraftanlagen und Wärmepumpen. Im Bereich<br />

der Lüftungstechnik stellt Alois Müller unter anderem<br />

Lüftungskanäle, Luftauslasssysteme und Sonderkomponenten<br />

für Lüftungsanlagen her. Auch für die Kühlung<br />

von Werkzeugmaschinen bietet das Unternehmen<br />

aus Memmingen innovative Systeme an. Außerdem<br />

dient die Green Factory in Ungerhausen als Ausbildungshalle<br />

für den Nachwuchs in den Unternehmen<br />

der Müller-Gruppe.<br />

Bei der Preisverleihung, von<br />

links: Laudator Thorsten<br />

Schröder, Moderatorin Angelika<br />

Demmerschmidt, Andreas<br />

Müller und Stargast Markus<br />

Rehm<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

47


Wasserkraft<br />

Grünes Licht vom Landrat<br />

Kraftwerk Älpele weiterhin umstritten<br />

Das Wasserkraftwerk Älpele im Hintersteiner Tal darf gebaut werden. Landrat Toni Klotz<br />

hat den Bauantrag der Planungsgesellschaft Kraftwerk Älpele mbH unterschrieben,<br />

nachdem auch der Kreistag Oberallgäu sich mehrheitlich dafür ausgesprochen hatte.<br />

Allerdings meldete auch das Umweltministerium in München Bedenken an. Das<br />

Kraftwerk ist weiterhin umstritten – es wurden bereits Klagen dagegen eingereicht.<br />

Die sogenannte »Eisenbreche«<br />

ist vom Bau des Kraftwerks<br />

nicht direkt betroffen<br />

Wir legen mit unserem neuen Wasserkraftwerk<br />

nachhaltig das Fundament zu<br />

einer ökologischen Stromversorgung für<br />

die nächsten Generationen«, sagt Engelbert Wille,<br />

Geschäftsführer der Planungsgesellschaft Kraftwerk<br />

Älpele mbH. Die Internationale Alpenschutzkommission<br />

Cipra hält dagegen: »Das Umweltministerium in<br />

München sieht die Pläne mit großer Skepsis, Naturschutzverbände<br />

und der Deutsche Alpenverein (DAV)<br />

sowieso.« Konkret geht es um ein Kraftwerk in einem<br />

bisher unberührten, urtümlichen Tal im Naturschutzgebiet<br />

Allgäuer Hochalpen. Die Ostrach fließt durch<br />

eine Klamm, die gleich fünffach geschützt ist: nationales<br />

und europäisches Schutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet,<br />

Naturdenkmal und Vogelschutzgebiet.«<br />

Zwist im eigenen Haus<br />

Landrat Toni Klotz hatte wegen des Bauantrages<br />

in seinem eigenen Hause Probleme. Seine Juristen und<br />

Berater im Landratsamt wollten den Antrag nicht unterschreiben.<br />

Sie hatten rechtliche Bedenken. Klotz<br />

nahm deshalb selbst den Füller in die Hand und segnete<br />

das Vorhaben persönlich ab. Er vertritt die Ansicht,<br />

dass die Energiewende nur geschafft wird, wenn<br />

alle Möglichkeiten vor Ort ergriffen werden. Damit tat<br />

der Oberallgäuer Landrat einen mutigen Schritt. Er erinnerte<br />

zuvor bei diversen Gelegenheitedaran, dass er<br />

nicht mit der zögerlichen Handlungweise der Politik<br />

in München und Berlin einverstanden ist. Er bekräftigte,<br />

dass er das selbstgesteckte Ziel des Kreistages, 70


Fakten zum geplanten Bürgerkraftwerk<br />

Leistung:<br />

ca. 4,4 MW<br />

Durchschnittliche Jahreserzeugung: ca. 9 Mio. kWh<br />

Nettofallhöhe:<br />

ca. 95 m<br />

Restwassermenge: 0,75-1,5 m 3 /s<br />

Jährliche Betriebstage:<br />

ca. 215 Tage<br />

Investitionssumme:<br />

ca. 10 – 11 Mio. € netto<br />

Landrat Toni Kotz<br />

Der Oberallgäuer Landrat Toni Klotz<br />

setzte sich über Bedenken seiner<br />

Juris ten und Naturschutzbeauftragten<br />

hinweg: »Alle regionalen Anstren g ungen<br />

für die Energiewende müssen<br />

unternommen werden.«<br />

Prozent der Energie bis 2022 durch erneuerbare Quellen<br />

zu erzeugen, noch nicht ganz aus den Augen verloren<br />

habe. Da inzwischen die regionale Windkraft<br />

durch die 10-H-Regelung von Ministerpräsident Horst<br />

Seehofer lahme Flügel bekommen hat, haben die ehrgeizigen<br />

Ziele im Oberallgäu einen herben Rückschlag<br />

erlitten.<br />

»Wir zerstören nichts«<br />

Den Vorwurf, Naturzerstörer zu sein, wollen die<br />

vier Gesellschafter Elektrizitätswerk Hindelang eG,<br />

Wald- und Weidegenossenschaft Bad Oberdorf, Marktgemeinde<br />

Bad Hindelang und Galtalpe Erzberg nicht<br />

auf sich sitzen lassen. Sie kontern: »Bei der Konzeption<br />

für das Bürgerkraftwerk Älpele stand im Fokus, dass<br />

sich das Wasserkraftwerk gut in die Landschaft integriert<br />

und die Planungen unter Naturschutzgesichtspunkten<br />

bestmöglich optimiert werden. So wird folgendes<br />

berücksichtigt: eine sehr hohe Restwassermenge,<br />

die immer in der Ostrach verbleibt; erdverlegte Rohrleitungen<br />

und Stromkabel ein nicht einsehbares Krafthaus<br />

und eine ebensolche Wasserfassung. Umfangreiche<br />

Gutachten belegen, dass die Eingriffe in das Naturschutzgebiet<br />

und somit die Lebensraumverluste für Flora<br />

und Fauna bei gesamtheitlicher Betrachtung gering<br />

sind. Teilweise erfolgen die Eingriffe auch nur temporär<br />

in der Bauphase. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden<br />

diese Flächen wieder naturnah gestaltet. Zur Kompensation<br />

des geringen Lebensraumverlustes sind Ausgleichsmaßnahmen<br />

geplant, die um den Faktor 3 höher<br />

sind als die Anforderungen gemäß Natura 2000. Nachhaltige<br />

Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft<br />

und Erholung ergeben sich nicht, somit ist der Tourismus<br />

nicht beeinträchtigt.«<br />

Kein Konflikt vorhanden<br />

Fotos: Wolfgang B. Kleiner, Gästeinfo xxxx, Edition <strong>ALLGÄU</strong><br />

Weiter teilen die Planer mit: »Die Ergebnisse der<br />

Planung und der umfangreichen Bewertungen des neuen<br />

Wasserkraftwerkes in Bad Hindelang zeigen deutlich,<br />

dass es keinen Widerspruch zwischen der sauberen,<br />

CO2-freien Stromerzeugung im Hintersteiner Tal<br />

und dem vorhandenen Naturschutzgebiet geben muss.<br />

Ganz im Gegenteil, beide wichtigen Ziele – Erhalt der<br />

Natur und regenerative Stromversorgung – können gemeinsam<br />

und erfolgreich umgesetzt werden. So kann<br />

mit der geplanten jährlichen Stromerzeugung des Bürgerkraftwerkes<br />

von ca. neun Millionen Kilowattstunden<br />

ein erheblicher CO2-Ausstoß in die Umwelt von ca.<br />

4500 Tonnen vermieden werden, Jahr für Jahr. Dabei<br />

darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es in unmittelbarer<br />

Nähe zu dem geplanten Bürgerkraftwerk<br />

bereits zwei Wasserkraftwerke gibt (eines aus dem Jahr<br />

1923), die eindrucksvoll diesen Einklang belegen.«<br />

Andere Ziele wichtiger<br />

Gegen den Bau des Kraftwerkes im Hintersteiner<br />

Tal haben Umweltorganisationen, Verbände und auch<br />

Privatpersonen an verschiedenen Stellen Klage eingereicht,<br />

um dieses Naturjuwel zu schützen und zu verhindern,<br />

dass ein Präzedenz-Fall geschaffen wird. »Unsere<br />

erste Priorität muss es sein, den Energieverbrauch<br />

in unserer Gesellschaft zu verringern, Modelle umzusetzen<br />

wie die 2000-Watt-Gesellschaft in der Schweiz«,<br />

so Katharina Conradin, Präsidentin der CIPRA. Dazu<br />

gehören auch ein Baustopp für neue Wasserkraftwerke<br />

und die Optimierung bestehender Anlagen. »Die Alpenflüsse<br />

sind nicht erneuerbar«, so Conradin.<br />

Bild oben: Im Bereich der<br />

Alpwiesen soll eine verbesserte<br />

Bachlandschaft geschaffen<br />

werden.<br />

Links: Die Ostrach windet sich<br />

im Hintersteiner Tal durch<br />

eine enge Klamm<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

49


Digitalisierung<br />

Bad Hindelang ist dabei<br />

Wettbewerb Zukunftsstadt – Vision 2030+<br />

Die Marktgemeinde Bad Hindelang hat beim bundesweiten Wettbewerb<br />

»Zukunftsstadt« mitgemacht. Der Wettbewerb soll zeigen, wie Bürger<br />

und Forschung schon heute dazu beitragen können, Orte nachhaltig<br />

und lebenswert zu gestalten. Obwohl Bad Hindelang keine Stadt ist, war<br />

die Bewerbung erfolgreich. Die Marktgemeinde ist eine von 52 geförderten<br />

Kommunen in Deutschland, davon sind nur fünf in Bayern.<br />

Bürgermeister<br />

Adalbert Martin: »Die<br />

Chance schnell nutzen!«<br />

Bürger, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und<br />

Verwaltung entwickeln gemeinsam Visionen<br />

für die Zukunft ihrer Kommunen und erproben<br />

diese vor Ort: Es geht um sichere Energie, klima -<br />

angepasstes Bauen, bezahlbares Wohnen, um Arbeiten,<br />

Freizeit, Kultur, Bildung, Mobilität und vieles mehr.<br />

Unterstützt wird die Gemeinde durch die an den Universitäten<br />

Augsburg und Bayreuth ansässige Projektgruppe<br />

Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT.<br />

Die Digitalisierung verändert spätestens seit Zeiten<br />

des Internets die Gesellschaft. Trends rund um<br />

Smartphones, Tablets und Apps begeistern längst nicht<br />

mehr nur junge Zielgruppen. Aufgrund vorangegangener<br />

Initiativen gibt es in Bad Hindelang bereits erfolgreiche<br />

Digitalisierungsprojekte wie beispielsweise<br />

eine »virtuelle Pistenabfahrt« oder die Gästekarte Bad<br />

Hindelang Plus, die unterschiedliche Freizeitangebote<br />

und den öffentlichen Nahverkehr miteinander vernetzt.<br />

»Im Zuge der erfolgreichen Projektbewerbung<br />

wollen wir nun die Chancen der Digitalisierung für<br />

unsere Marktgemeinde weiter nutzen und ausbauen«,<br />

so Bürgermeister Adalbert Martin. »Durch die Vernetzung<br />

unterschiedlicher Lebensbereiche können digitale<br />

Lösungen uns dabei unterstützen, die Herausforderungen<br />

unserer Zeit anzugehen. Beispielsweise<br />

kann ich mir gut vorstellen, dass wir durch innovative<br />

digitale Angebote ein Alleinstellungsmerkmal für unsere<br />

Gemeinde schaffen und spannende Gesundheitsund<br />

Freizeitangebote für unsere Bürger und Besucher<br />

anbieten können. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit<br />

mit der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik<br />

des Fraunhofer FIT, die uns schon während der Bewerbung<br />

kreativ unterstützt und nun zu diesem Erfolg<br />

verholfen hat.«<br />

50<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeige<br />

Fotos: Wolfgang B. Kleiner, Dominik Ultes<br />

Bad Hindelang wurde im Wettbewerb »Zukunfts stadt«<br />

ausgewählt. In der Allgäuer Marktgemeinde gibt es bereits<br />

erfolgreiche Digitalisierungsprojekte. Unser Bild zeigt auf der<br />

linken Seite Benjamin Bichler und Andrea Kircher von Bad<br />

Hindelang Tourismus<br />

Neben Bad Hindelang entwickeln 51 weitere ausgewählte<br />

Städte, Gemeinden und Landkreise gemeinsam<br />

mit Bürgern, Wissenschaft, lokaler Politik, Wirtschaft<br />

und Verwaltung eine ganzheitliche und nachhaltige<br />

Vision 2030+ für ihre Kommune. In Bad Hindelang<br />

haben sich bereits Partner gemeldet: das Elektrizitätswerk<br />

Hindelang eG, der Tourismusbeirat Bad Hindelang<br />

und das Hotel Prinz-Luitpold-Bad. Weitere Projektpartner<br />

werden noch hinzugezogen. »Die Entwicklung<br />

einer digitalen Zukunftsvision für Bad Hindelang<br />

wird sich strikt an den Bedürfnissen und Wünschen der<br />

Bevölkerung orientieren«, so Prof. Dr. Gilbert Fridgen<br />

von der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik an der<br />

Universität Bayreuth. »Im Rahmen des Projektes werden<br />

wir daher viel Wert auf einen interaktiven Austausch<br />

mit den Bürgern legen. Dazu wird es neben einer<br />

Projektwebsite, mehreren Workshops und einer Bürgerbefragung<br />

auch einen Ideenwettbewerb geben, mit<br />

dem wir auf viele kreative Ideen aus der Bevölkerung<br />

hoffen. Wir freuen uns, Bad Hindelang bei der Durchführung<br />

des Projektes zu unterstützen.«<br />

Zukunftsstadt in drei Stufen<br />

Bundesweit konnten sich bis zum 27. März <strong>2015</strong> Städte,<br />

Gemeinden und Landkreise mit einem Konzept für die<br />

Ent wicklung einer nach hal tigen Vision 2030+ bewerben.<br />

52 Kommunen wurden jetzt von einer unabhängigen Ex -<br />

pertenjury aus 168 Bewerbungen ausgewählt Aus dem<br />

Allgäu ist nur Bad Hindelang dabei, sonst aus Bayern Graf -<br />

ing, Rottal/Inn, Er langen und Freyung. In der ersten<br />

Phase des Wettbe werbes während des Wissen schafts -<br />

jahres <strong>2015</strong> – Zukunftsstadt werden die Kom munen im<br />

Bürgerbeteiligungsprozess eine Vision mit dem Zeit hori -<br />

zont 2030+ für ihre Kommune entwickeln und Hand -<br />

lungs- be ziehungsweise Umsetzungsvorschläge erar bei -<br />

ten. 1,75 Millionen Euro stellt das BMBF dafür insgesamt<br />

bereit. In der zweiten Phase ab 2016 prüfen bis zu 20<br />

ausgewählte Kommunen diese Vorstellungen wissen -<br />

schaftl ich und erarbeiten ein umsetzungsreifes Konzept.<br />

In der dritten Phase ab 2018 werden bis zu acht ausge -<br />

wählte Kom mun en erste innovative Ideen in sogenann ten<br />

»Rea llaboren« in die Praxis umsetzen. Der Wett be werb<br />

»Zukunftsstadt« startet im Rah men des Wissen -<br />

schaftsjahres <strong>2015</strong> – Zu kunftsstadt, einer gemeinsamen<br />

Ini tiative des Bundes mini s teriums für Bildung und For -<br />

schung (BMBF) mit Wissenschaft im Dialog (WiD).<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

51


Erdwärme<br />

Fotos und Grafik: Bundesverband Wärmepumpe<br />

Der Staat heizt mit<br />

Investitionszuschüsse für Erdwärmepumpe<br />

Die populäre Idee eines Steuerbonus für Dämmer und Heizungssanierer ist<br />

gescheitert, gleichwohl muss die Energiewende endlich auch im Wärmemarkt<br />

ankommen. Von vielen unbemerkt hat die Bundesregierung im Schatten der<br />

Steuerdebatte mit der Novellierung des Marktanreizprogramms (MAP) ein<br />

großzügiges Förderprogramm für regenerative Heizungen aufgelegt.<br />

Generationenübergreifende<br />

Energiequelle: Eine Erdsonde<br />

hat eine Lebensdauer von über<br />

Qualität ist oberstes Gebot:<br />

Um Fördergelder zu erhalten,<br />

benötigen die Bohrunterneh men<br />

eine spezielle Qualifikation.<br />

Unten: Die schematische<br />

Darstellung des Erdwärme -<br />

kreislaufs<br />

Wer seine Heizung auf regenerative Energien<br />

umstellt, erhält seit dem 1. April<br />

deutlich höhere Investitionszuschüsse<br />

vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />

(BAFA). Erneuerbare Heizungsanlagen wie Pellets, Solarthermie<br />

und Wärmepumpen sollen in den Fokus<br />

der Sanierer rücken. Eine effiziente Erdwärmepumpe,<br />

die vom ausgewiesenen Fachmann installiert wurde,<br />

wird mit 4500 Euro Investitionszuschuss gefördert,<br />

Luftwärmepumpen erhalten bis zu 1500 Euro. Diese<br />

Basisförderung kann zusätzlich mit diversen Varianten<br />

kombiniert werden, beispielsweise mit dem Kombinationsbonus<br />

bei gleichzeitiger Errichtung einer weiteren<br />

regenerativen Heizung (+500 Euro) oder dem<br />

Lastmanagement-Bonus mit SG Ready Label (+500<br />

Euro). Für Optimierungsmaßnahmen wie einem<br />

Heizkörpertausch bekommen Sanierer nochmals 2250<br />

Euro extra. Schlussendlich kann der tatkräftige Sanierer<br />

bis zu 9500 Euro erhalten.<br />

Auch für den Neubau<br />

Sogar im Neubau können Wärmepumpen, Solarthermie<br />

und Pellets gefördert werden mit dem sogenannten<br />

Innovationsbonus. Denn auch hier dominieren<br />

nach wie vor die fossilen Heizungen. Das Förderprogramm<br />

verfolgt dabei die Maxime »Qualität vor<br />

Schnellschuss«. So müssen Bohrunternehmen über<br />

eine spezielle Zertifizierung verfügen und eine verschuldensunabhängige<br />

Versicherung für eventuelle<br />

Schäden abschließen. Auch der von Energieexperten<br />

empfohlene Heizungscheck nach dem ersten Betriebsjahr<br />

wird gefördert.<br />

52 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Industrie 4.0<br />

Aus Gliedern wird eine Kette<br />

Chancen und Risiken digitaler Vernetzung<br />

Was heißt Industrie 4.0? Wie unterscheidet sich diese Weiterentwicklung vorheriger Entwicklungsschritte<br />

in der industriellen Produktion? Vereinfacht gesagt: Maschinen und Produktionsanlagen werden durch<br />

moderne Informationstechnik (IT) verbunden. Die Verknüpfung bietet ein erhebliches Potenzial, um Arbeitsabläufe<br />

zu verschlanken und flexible Strukturen zu schaffen. Auch bei Bosch in Immenstadt und Blaichach<br />

und in größeren Allgäuer Maschinenbau-Unternehmen hat Industrie 4.0 längst Einzug gehalten.<br />

Im Bereich der Montage werden die Arbeitstätigkeiten<br />

je nach Montagefortschritt visualisiert –<br />

große Kontroll-Einrichtungen (Andon-Boards)<br />

zeigen schematisch den Grad des Fortschritts. Dies<br />

hilft den Mitarbeitern, mehr Disziplin bis hin zu<br />

selbststeuernden Regelkreisen zu entwickeln. Die Digitalisierung<br />

und Integration von Checklisten in den<br />

Montageprozess bringt einen Anstieg an Qualität und<br />

das Ausweiten von Standards mit sich. Nicht mehr der<br />

einzelne Mitarbeiter und »seine« Maschine, seine<br />

Drehbank oder sein Produktionsautomat stellen eine<br />

Einheit dar, sondern ganze Fertigungs-Stränge. Es ergibt<br />

sich eine komplette Produktionsüberwachung<br />

über die gesamte Wertschöpfungskette.<br />

Zurück zur Werkbank<br />

Die Schlagwörter heißen: Digitale Visualisierung<br />

und »Shopfloor-Management«. Sie sollen nachhaltigen<br />

Erfolg schaffen. In den letzten Jahren haben sich<br />

die Führungskräfte nicht selten zu weit von der Werkbank<br />

in Richtung Schreibtisch bewegt. Statt um Verwaltung<br />

und Bürokratie sollen sich die Facharbeiter<br />

und ihre Meister und Ingenieure wieder verstärkt um<br />

die Produktion kümmern.<br />

Am Info-Punkt (BDE-Terminal) werden verschiedene<br />

Prozesse bereits vom Mitarbeiter aktiv eingegeben.<br />

Er erhält an diesem Info-Punkt sofort Rückmeldungen:<br />

System läuft, die Produkte sind qualitativ perfekt, Stückzahlen<br />

werden eingehalten, die Vorgänge greifen ineinander.<br />

Es ist noch gar nicht so lange her, dass zwischen<br />

den Maschinen Auffangbehälter standen, weil ein Teil<br />

der Fertigungskette zu schnell lief – Überproduktion<br />

musste gepuffert werden. An anderer Stelle ging ein<br />

Werkzeug kaputt. Die Maschine fiel aus, die nächsten<br />

Fertigungsschritte mussten gestoppt werden.<br />

Der Monitor zeigt alles<br />

Bei Industrie 4.0 sorgt die Vernetzung für den<br />

synchronen Lauf der Produktion. Auf den Monitoren<br />

werden in Echtzeit Daten übertragen, somit findet<br />

auch eine aktuelle Störungsmeldung statt. Die Daten<br />

erscheinen und werden verständlich visualisiert. Es<br />

entsteht ein realistisches Abbild der Produktionssysteme<br />

auf dem Monitor.<br />

Mithilfe der Ausweitung auf weitere Bereiche des<br />

Betriebes sollen Kapazitätsengpässe direkt den folgenden<br />

Abteilungen gemeldet werden. Ziel ist es, von der<br />

Zulieferung bis zum fertigen Produkt, ja sogar bis zum<br />

Foto oben: Industrie 4.0 ist<br />

ein Schwerpunkt der Deutschen<br />

Messe in Hanover<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

53


Industrie 4.0<br />

Die »Helfer« im<br />

Produktionsablauf<br />

werden immer präziser<br />

Verkauf und zum Marketing für das Produkt eine geschlossene<br />

IT-Kette zu bilden. Sprach man bisher von<br />

Just-in-time-Logistik, um die manuelle Lagerhaltung<br />

möglichst gering zu halten, geht man bei Industrie 4.0<br />

davon aus, dass von der Zulieferung über die internen<br />

Produktionsstränge bis zur Auslieferung keine Reibungspunkte<br />

mehr zu verzeichnen sind.<br />

Eine flexible und echtzeitnahe Produktionsplanung<br />

wird zunehmend auf die Marktnachfrage automatisch<br />

reagieren, Simulationen über die<br />

gesamte Wertschöpfungskette bilden und<br />

daraus die Ableitung von Kapazitäten darstellen.<br />

Dies fordert eine zunehmend<br />

strengere Kommunikation und bringt<br />

zahlreiche Berücksichtigungen von Abhängigkeiten<br />

und Wechselwirkungen im System mit sich. Die<br />

Leitmesse für Automation, Produktionsprozesse und<br />

Industrie 4.0 ist die Deutsche Messe in Hannover.<br />

Dort werden die neuesten Entwicklungen gezeigt und<br />

verkauft.<br />

Die grünen Teile passen<br />

Industrie 4.0 geht aber auch an einem einzelnen<br />

Arbeitsplatz, wenn es keine Produktionsketten gibt, sondern<br />

nur einen Montage-Mitarbeiter und ein Produkt,<br />

das er vollständig alleine herstellt bzw. aus technischen<br />

Gründen bewusst nicht in den Produktionskreislauf<br />

einbezogen ist. Jeder, der in einer Fabrikhalle arbeitet,<br />

kennt das Problem: Ein Werker hat verschiedene in<br />

Kisten gelagerte Werkstücke vor sich und setzt diese von<br />

Hand zusammen. Dabei kann es schnell passieren, dass<br />

er den Überblick verliert und das Produkt fehlerhaft<br />

montiert. Um hier entgegenzuwirken, hat die Firma<br />

Schnaithmann aus dem schwäbischen Remshalden ein<br />

neuartiges Montageassistenzsystem mit Visualisierungsfunktion<br />

entwickelt. Ein Pick-by-light-System zeigt dem<br />

Werker mit grünem Licht an, welches Bauteil als nächs -<br />

tes montiert werden muss. Die Kisten, in die er nicht<br />

greifen darf, werden rot angeleuchtet. Das Put-to-light-<br />

System zeigt dem Monteur die Verbauposition an. Eine<br />

räumliche Bauteilerkennung überprüft, ob das Werkstück<br />

richtig verbaut wurde. Parallel zum Montageprozess<br />

werden In-situ-Projektionen auf der Arbeitsfläche<br />

abgebildet, die mit Videos eine weitere Hilfestellung zur<br />

richtigen Montage bieten. Die Produktion verläuft effizienter<br />

und ist weniger fehleranfällig. Besonders geeignet<br />

ist dieses System zum Beispiel für Behindertenwerkstätten,<br />

die mit der Anwendung verschiedene Produkte<br />

gleichzeitig herstellen können.<br />

Industrie 4.0 ersetzt Menschen?<br />

Industrie 4.0 wird sehr schnell vor allem die Arbeitsplätze<br />

in den größeren technischen Betrieben verändern.<br />

Autohersteller, Maschinenbauer, Montagewerke<br />

und IT-Betriebe werden die ersten sein, die von Industrie<br />

4.0 erfasst werden. Die Anfänge laufen schon<br />

erfolgreich. Wie bei vielen anderen »Vorgänger-Ent-<br />

Excellence + Innovation = Zukunft<br />

Bosch gewinnt Wettbewerb »Land der Ideen«<br />

Das Bosch-Werk in Immenstadt/Blaichach ist mit über 3000 Mitarbeitern der größte indus -<br />

trielle Arbeitgeber im Allgäu und fertigt elektronische Bremssysteme (ABS und ESP ® ), Ein spritz -<br />

komponenten, Turbolader und Sensoren für die Antriebstechnik. Die Allgäuer Boschler sind mit allen<br />

anderen acht Schwesterwerken (bald sollen es elf sein) weltweit vernetzt. 75 Produktions -<br />

maschinen sind bereits miteinander vernetzt. Die Kontrolle übernehmen Mitarbeiter mit Tablet-<br />

Rechnern, oder sie informieren sich über die großen Bildschirme, die in der Halle installiert sind.<br />

Innerhalb des Konzerns sind die beiden Standorte Blaichach und Immenstadt in Sachen In dus trie<br />

4.0 die Leitbetriebe. Die Werkleitung will mit Excellence und Innovation in die Zukunft gehen.<br />

Im Bereich Excellence will Bosch Geschichte schreiben und wesentlich daran beteiligt sein, ein<br />

Produktionswerk der Zukunft zu entwickeln. Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges Werk sind<br />

schlanke Prozesse in allen Bereichen. Innovationen entstehen in einem Umfeld der Offenheit und<br />

der Bereitschaft, Neues auszuprobieren. In der Bosch-Ideenschmiede haben Ideenträger die<br />

Möglichkeit, mit breitem Technologieportfolio völlig neue Ansätze zu entwickeln. Wenn Rah men -<br />

bedingungen stimmen und internationales Know-how an einem Ort gebündelt wird, will Bosch<br />

mit der ISEC-Organisation (International Simultaneous Engineering Organization) den Grund stein<br />

für den Markterfolg neuer Produkte legen.<br />

Zukunft schafft das Management bei Bosch, indem möglichst alle Mitarbeiter am gleichen<br />

Strang ziehen. Wichtig dabei: Mut, Offenheit, Verlässlichkeit und Wertschätzung. Die Bosch -<br />

werke in Immenstadt und Blaichach wurden damit Sieger beim Wettbewerb »Deutsch land -<br />

Land der Ideen«<br />

Fotos: Steve Juvertson, Deutsche Messe


wicklungen« ist diese Evolution nicht aufzuhalten. Und<br />

wie bei vielen Modernisierungsschritten davor gibt es<br />

Zweifel an der Weiterentwicklung der Produktion.<br />

Kritiker sprechen davon, dass der Trend zur Digitalisierung<br />

der Arbeitsplätze die Mitarbeiter wieder<br />

zu »Leibeigenen« der Maschinenbesitzer macht. Unbestritten<br />

ist, dass in geschlossenen digitalisierten<br />

Kreisläufen bei Weitem nicht mehr so viele Werker gebraucht<br />

werden wie in den Prozessen vor Industrie 4.0.<br />

Der Havard-Ökonom Richard Freeman aus New<br />

York glaubt, die Lösung gefunden zu haben, wie Mitarbeiter<br />

und die Firmen »zusammenkommen« können.<br />

Damit auch die Arbeitnehmer von den neuesten<br />

Technologien in den Betrieben profitieren können,<br />

müssten sie deren Miteigentümer werden. Ansonsten<br />

drohen diese Technologien nicht nur einfache Arbeitsplätze<br />

durch Roboter zu ersetzen, sondern auch hochqualifizierte<br />

Mitarbeiter. Bei einer Beteiligung der Mitarbeiter<br />

wächst die Akzeptanz für den Einsatz der Roboter<br />

und die geschlossenen IT-Produktionsketten.<br />

Mensch und Maschine würden sich ergänzen. Davon<br />

würden auch die Unternehmen profitieren, davon ist<br />

Freeman überzeugt.<br />

Schon die nahe Zukunft wird zeigen, ob er damit<br />

recht hat oder ob Industrie 4.0 umgetauft werden<br />

muss in die 4. Industrierevolution.<br />

Wieso Industrie 4.0?<br />

Die erste industrielle Revolution brachte die<br />

Nutzung der Wasserkraft und danach die<br />

Dampfmaschine.<br />

Die zweite industrielle Revolution leitete<br />

Henry Ford ein. Die Massenfertigung am<br />

Fließband wurde eingeführt, und die<br />

elektrische Energie hielt Einzug.<br />

Blick in die Messehalle der<br />

Deutschen Messe in Hannover<br />

Die dritte industrielle Revolution wurde<br />

durch den Einsatz der digitalen Medien<br />

eingeleitet. Die Elektronik brachte weitere<br />

Automatisierung in der Produktion.<br />

In der vierten industriellen Revolution<br />

entsteht die »intelligente Fabrik«. Ihr Ziel:<br />

Vernetzung der Medien, Integration der<br />

Kundenbedürfnisse in die Vorstufe und die<br />

Produktionsprozesse.<br />

Wenige Menschen und viele<br />

Roboter in der Automation:<br />

Industrie 4.0 im Einsatz bei<br />

Tesla in den USA


Windkraft<br />

Grünes Licht für Windräder<br />

Bund Naturschutz: 122 Anlagen möglich<br />

So konsequent wie der Bund Naturschutz<br />

in Schwaben neue Wasserkraftwerke ablehnt,<br />

so vehement fordert er den Ausbau<br />

der Windenergie. In der Planungsregion<br />

Donau Iller, zu der neben den Landkreisen<br />

Neu-Ulm und Günzburg auch das<br />

Unterallgäu gehört, wurden 23 Vorrang-<br />

Ge biete untersucht. Der Bund Naturschutz<br />

hat davon 16 positiv bewertet.<br />

Zwischen 78 und 122 neue Windräder<br />

könnten darauf gebaut werden.<br />

Thomas Frey, der Regionalreferent des Bund<br />

Naturschutz in Schwaben, fordert: »Die fundierte<br />

Arbeit des Regionalverbandes würde<br />

eine für Mensch und Natur verträgliche Nutzung der<br />

Windenergie in der Region Donau-Iller ermöglichen.<br />

Die Bundesregierung und der bayerische Ministerpräsident<br />

Horst Seehofer sollen die politischen Rahmenbedingungen<br />

so setzen, dass diese gute Planung<br />

umgesetzt werden kann. Die 10H-Regelung von Seehofer<br />

hebelt die Planung derzeit komplett aus.«<br />

In seiner Stellungnahme an den regionalen Planungsverband<br />

Donau-Iller ließ der Bund Naturschutz<br />

die sogenannte »10H-Regel« außer Acht, die bedeutet,<br />

dass die nächste Siedlung von einem 150 Meter hohen<br />

Windrad mindestens 1500 Meter entfernt sein muss.<br />

Nur drei Vorranggebiete wurden vom Bund Naturschutz<br />

abgelehnt. Die Bewertung wurde nach vier<br />

Hauptfaktoren durchgeführt: 1. ökologische Energieerzeugung<br />

und Klimaschutz, 2. Natur- und Artenschutz,<br />

3. Schutz des Landschaftsbildes und 4. Immissionsschutz.<br />

Der Schutz des Rotmilans und des Schwarzstorches<br />

steht beim Bund Naturschutz im Vordergrund.<br />

Aber nur bei drei vorgesehenen Standorten war dieser<br />

Schutzfaktor so gravierend, dass eine Ablehnung ausgesprochen<br />

wurde. Bei vier weiteren Standorten sind<br />

noch weitere Nachforschungen erforderlich. 16 Vorranggebiete<br />

fanden die Zustimmung des Bundes. Allerdings<br />

sind an der einen oder anderen Stelle Ausgleichsmaßnahmen<br />

nötig. Beispielsweise Wiederherstellung<br />

von Grünlandflächen und Kleegrasflächen<br />

weit ab von Windrädern, die als Lebensraum vom<br />

Rotmilan bevorzugt werden. So würde der Greifvogel<br />

von den gefährlichen Windrad-Flügeln ferngehalten.<br />

56 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Im Unterallgäu könnten sich deutlich mehr Windkraft -<br />

anlagen drehen, ginge es nach dem Bund Naturschutz<br />

Neun der 23 Prüfflächen in der Planungsregion<br />

Donau-Iller liegen im Landkreis Unterallgäu. Fünf<br />

Flächen sind nach Meinung des Bund Naturschutz<br />

ohne Einschränkung für 18 bis 30 Windkraftwerke<br />

nutzbar. Drei sollten noch eingehender untersucht<br />

werden, eine Fläche wurde negativ bewertet.<br />

Fotos: Archiv allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Die Bewertung der<br />

Vorranggebiete im Einzelnen<br />

Kirchhaslach-Waltenhausen: Windräder<br />

möglich. Die schnelle Aufforstung der<br />

Rodungs flächen minimiert die Konflikte mit<br />

dem Rot milan.<br />

Breitenbrunn: Windräder möglich. Aufgrund<br />

der Rotmilan-Vorkommen sollte der Wald -<br />

rand nicht mit Windrädern bestückt werden.<br />

Das Gebiet könnte deshalb nach Osten hin<br />

erweitert werden.<br />

Arlesried: Windräder uneingeschränkt mög -<br />

lich.<br />

Tussenhausen-Mattsies: Windräder<br />

möglich. Die Rodungsflächen sollten schnell<br />

wieder aufgeforstet werden.<br />

Stadtwald Mindelheim: Windräder möglich.<br />

Auch hier wird schnelle Aufforstung<br />

erwartet.<br />

Holzerwald Markt Rettenbach: Windräder<br />

möglich – Abstand zum FFH-Gebiet ist nach<br />

Meinung der Fachleute ausreichend.<br />

Dirlewang Rosskopf: Keine Windräder mög -<br />

lich. Landschaftsbild würde leiden, es sind<br />

biotopkartierte Waldbereiche vorhanden. Im<br />

Suchraum findet man reich strukturierte,<br />

teilweise sehr alte Laubgehölze, die land -<br />

schafts prägend sind.<br />

Amberg/Wertach: Weitere Prüfung er for -<br />

derlich. Hohe Rotmilan-Dichte und Jagd -<br />

gebiet des schützenswerten Vogels.<br />

Babenhausen-Allmannshorn: Reduzierung<br />

des Vorranggebietes. Waldrand sollte frei<br />

bleiben. Beengende Wirkung auf den Ort<br />

Unterschön egg.<br />

Der Bund Naturschutz empfiehlt dem<br />

Planungs verband Donau-Iller, das<br />

bestehende Vorranggebiet Ollazried in den<br />

neuen Regionalplan zu übernehmen.<br />

In der zweiten Allgäuer Planungsregion 17, die<br />

die Landkreise Oberallgäu, Westallgäu und<br />

Ostallgäu umfasst, besteht seit See hofers<br />

10H-Regelung in der Untersuchung der Vor -<br />

ranggebiete Stillstand, so der Planung s ver -<br />

bands-Vorsitzende Stefan Bosse. Lediglich im<br />

Bereich des Lechs sind derzeit Windräder<br />

denk bar. Das Flugfunkfeuer Kempten – das<br />

angeblich im Umkreis von 15 Kilometern<br />

keine Windräder verträgt – hat sämtliche<br />

Unter suchungen der Vorranggebiete auf Eis<br />

gelegt. Allerdings wurde die Bannmeile rund<br />

um die Flugfunkfeuer in anderen<br />

Bundesländern be reits gekippt. Beim<br />

Planungsverband wartet man ab, wie die<br />

Klagen einiger Anlieger aus gehen.<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

57


Windkraft<br />

40 Windkraftanlagen im<br />

Wind park Borkum sind bereits<br />

gebaut<br />

Bergfest auf hoher See<br />

Windpark Borkum mit AÜW-Beteiligung<br />

»Mit der Beteiligung am Trianel Windpark Borkum setzen die Allgäuer Überlandwerke (AÜW)<br />

einmal mehr auf erneuerbare Energien und investieren in eine ökologisch verträgliche<br />

Energiezukunft« heißt es in einer Pressemitteilung derAÜW. Über die Hälfte der Anlagen<br />

des Trianel Windparks Borkum rund 45 Kilometer vor der gleichnamigen Nordseeinsel sind<br />

am Netz. Er gilt als erster rein kommunaler Windpark in Europa.<br />

Diese Karte zeigt die Lage des<br />

Windparks in der Nordsee und<br />

seine Anbindung an die<br />

Umspannwerke an der Küste<br />

Rund 45 Kilometer von der Küste der Insel<br />

Borkum entfernt wird der Windpark derzeit<br />

auf einer Fläche von 56 Quadratkilometern<br />

errichtet. 80 Windkraftanlagen – Windräder Areva<br />

Wind M5000 – werden dafür in zwei Bauabschnitten<br />

von je 40 Anlagen im Meeresboden verankert. Der<br />

erste Bauabschnitt ist abgeschlossen. Die Wassertiefe<br />

Fotos: AÜW und Trianel<br />

in diesem Areal beträgt zwischen 28 und 33 Meter.<br />

Der Windenergieanlagen-Hersteller bietet mit dem<br />

M5000 das weltweit erste Windrad der Fünf-Megawatt-Klasse,<br />

das ausschließlich für den Offshore-Einsatz<br />

entwickelt wurde.<br />

Ein kurzer Blick in die Beteiligungen: Trianel<br />

wurde 1999 als Gemeinschaftsunternehmen von Stadtwerken,<br />

kommunalen und regionalen Versorgungsunternehmen<br />

gegründet, um eine gemeinsame Beschaffung<br />

auf den liberalisierten deutschen und europäischen<br />

Energiemärkten zu organisieren und Synergien<br />

zu erschließen. Der Sitz von Trianel ist in Aachen. Die<br />

fünf größten Eigentümer der Gesellschaft sind die<br />

Ewmr – Energie- und Wasserversorgung Mittleres<br />

Ruhrgebiet GmbH (24,69 Prozent Beteiligung), die<br />

Stadtwerke Aachen AG (11,97), RhönEnergie Fulda<br />

GmbH (7,50), Stadtwerke Bonn GmbH (5,85), Stadtwerke<br />

Lübeck Holding GmbH (5,16). Insgesamt sind<br />

54 Unternehmen an der Trianel GmbH beteiligt.<br />

Die Allgäuer Überlandwerke sind mit 1,74 Prozent<br />

Beteiligung der zwölftgrößte unter den 54 Partnern.<br />

Auch die Stadtwerke Lindau (0,97 Prozent) befinden<br />

sich in der Liste der Teilhaber (Stand Februar<br />

2014). Ein Part der Gesellschaft ist die Trianel Windkraftwerk<br />

Borkum GmbH & Co. KG, die federführend<br />

den Windpark vor Borkum verwirklicht. An ihr sind<br />

wiederum insgesamt 33 Stadtwerke und regionale


Energieversorger als Gesellschafter an dem bislang<br />

größten Windpark in der deutschen Nordsee beteiligt.<br />

Der Anteil des AÜW an dieser Gesellschaft beträgt 2,2<br />

Prozent. Damit ist der Trianel Windpark Borkum auch<br />

der erste kommunale Offshore-Windpark Europas<br />

und unabhängig von den großen Energiekonzernen.<br />

»Die Netzanbindung läuft stabil, und auch der<br />

Frühjahrssturm Niklas hat keine Schäden verursacht«,<br />

berichtet Klaus Horstick, Geschäftsführer des Trianel<br />

Windkraftwerks. Seit Februar <strong>2015</strong> liefert der Windpark<br />

Strom.<br />

Bei der Inbetriebnahme der einzelnen Anlagen<br />

ist das Wetter ein wichtiger Faktor und entscheidet<br />

darüber, ob die Techniker auf See arbeiten können.<br />

»Bei relativ ruhigem Seewetter mit Wellenhöhen von<br />

unter 1,50 Metern können die Techniker gut arbeiten.<br />

Bei niedrigem Wellengang werden laufend neue Anlagen<br />

ans Netz genommen«, erklärt Horstick.<br />

Da bei den ersten Anlagen bereits die vorgeschriebene<br />

»500-Stunden-Wartung« im Gang ist, sind<br />

nicht alle Anlagen am Netz. Bei der »500-Stunden-<br />

Wartung« wird die Anlage stillgelegt und vollständig<br />

überprüft. Die Prüfungen umfassen beispielsweise die<br />

Rotorarretierung, die Rotorbremsbeläge, das Getriebe,<br />

die Hydraulik des Gondelkranes und alle weiteren Anlagenteile.<br />

Jede Schraube wird hierbei angefasst und<br />

nachgezogen. Insgesamt befinden sich über 110 Wartungspositionen<br />

im Wartungshandbuch.<br />

Im Internetauftritt wirbt die Windkraft Borkum:<br />

»Gemeinsam wollen wir umweltfreundlichen Strom<br />

aus Windkraft erzeugen. Dadurch leisten wir einen<br />

wichtigen Beitrag zum Ausbau der Energie-Erzeugung<br />

aus erneuerbaren Energien und fördern den Wettbewerb.<br />

Mit Ökostrom aus dem eigenen Kraftwerk werden<br />

wir unabhängiger von den vier großen Energiekonzernen<br />

und können unseren Kunden klimafreundlichen<br />

Strom zu fairen Preisen anbieten.« Das<br />

ist auch das Ziel der AÜW.<br />

Eine von 40 Anlagen in der<br />

Nordsee trägt das Logo der<br />

Allgäuer Überlandwerke<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

59


Mächler und Pioniere<br />

Im elektrischen Loch<br />

Wie das Licht nach Scheidegg kam<br />

In Scheidegg stand eines der ersten Elektrizitätswerke in Bayern. Das ist ein<br />

sehr frühes Beispiel für die beginnende Energieversorgung in Bayern durch<br />

Wasserkraft, vorangetrieben von der Idee eines einzigen Mannes. Wie alle<br />

Pioniere wurde Lorenz Rädler mit seiner Kraftwerks-Idee aber erst einmal<br />

skeptisch bis ablehnend behandelt.<br />

Foto unten: die Scheidegger<br />

Wasserfälle, heute ein Natur -<br />

denkmal und zu Zeiten von<br />

Lorenz Rädler eine Energie -<br />

quelle (Foto daneben)<br />

Wenn man am Rickenbach und am Hammerbach<br />

entlanggeht, findet man immer<br />

wieder Mauerreste von ehemaligen<br />

Mühlen und Sägewerken. Die Wasserkraft wurde hier<br />

jahrhundertelang genutzt. Bis vor über 100 Jahren<br />

reihten sich zahlreiche Mühlen und Sägen entlang des<br />

Ufers. Zu einer Zeit, als man die Wasserkraft nur direkt<br />

durch Wasserräder vor Ort nutzen konnte, waren<br />

hier viele Handwerker angesiedelt. Oberhalb liegt die<br />

Gretenmühle; der Mahlstein, der bei den Scheidegger<br />

Wasserfällen zu sehen ist, stammt von der Fürstenmühle;<br />

es gab eine Seilerei, eine Schmiede, eine Knochenstampfmühle,<br />

eine Säge am Rickenbach und eine<br />

in Bieslings. Als es möglich wurde, die Energie des<br />

Wassers in Elektrizität umzuwandeln und über weite<br />

Strecken zu transportieren, wanderten die Gewerbe in


Foto:: Archiv allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> und Gemeindearchiv Scheidegg<br />

die nahegelegenen Ortschaften ab. Auch die Industrie<br />

konnte sich rascher weiterentwickeln. Die Mühlen<br />

wurden verlassen, verfielen, brannten ab oder wurden<br />

vom Hochwasser mitgerissen.<br />

Lorenz Rädler (1833-1904) war ein Pionier für<br />

die Umsetzung der Wasserkraft in elektrischen Strom.<br />

Auf der Weltausstellung in Frankfurt, die er 1891 besuchte,<br />

hatte er die Möglichkeiten des elektrischen<br />

Stromes kennengelernt. Dort holte er sich die Idee, am<br />

Rickenbach nahe seinem Heimatort Lindenberg ein<br />

Elektrizitätswerk zu errichten. Lorenz Rädler erwarb<br />

das Anwesen Fürstenmühle bei den Scheidegger Wasserfällen,<br />

wo bis dahin eine Seilerei, eine Knochenstampfmühle<br />

und eine Schleifmühle von einem Wasserrad<br />

angetrieben wurden. Gegen große Ängste und<br />

Widerstände seiner Zeitgenossen nutzte er schon seit<br />

1893 den Strom, den er hier gewann, für die elektrische<br />

Straßenbeleuchtung von Scheidegg und Lindenberg.<br />

Am 25. August 1893 wurde das Wasserkraftwerk<br />

in Betrieb genommen. Elektrisches Licht erleuchtete<br />

erstmals im Hause des Lorenz Rädler in Lindenberg<br />

in der Hauptstraße 72 und in den Gasthäusern Zum<br />

Hirschen und Zum Löwen. Ab September 1893 wurden<br />

die Straßen Scheideggs mit sieben Lampen beleuchtet.<br />

Teile der Bevölkerung hatten Angst vor dem<br />

Strom und seinen Leitungen. Es gab strenge Auflagen<br />

für die Überlandleitungen, zum Beispiel beim Überführen<br />

über Straßen. Jeder Standort der Strommasten<br />

musste von einem Vertreter des königlichen Bauamtes<br />

überprüft und bewilligt werden.<br />

Diese Pioniertat von Lorenz Rädler im Allgäu ist<br />

nicht zu unterschätzen, besonders, weil der Strom einschneidende<br />

Änderungen der handwerklichen und<br />

industriellen Struktur mit sich brachte. Die ersten<br />

stromerzeugenden Wasserkraftwerke waren meist<br />

Selbstversorgeranlagen. Es waren Fabriken oder Gewerbeunternehmen,<br />

die ihre bestehenden mechanischen<br />

Anlagen nun mit indirektem Antrieb versahen.<br />

Aber die Folge war, dass die produzierenden Unternehmen<br />

seit jener Zeit nicht mehr ortsgebunden an<br />

den Wasserläufen angesiedelt werden mussten, sondern<br />

in die Städte abwandern konnten, da der Strom<br />

ja dorthin transportiert werden konnte. Die Elektrizität<br />

machte auch unabhängig vom Wechsel der Jahreszeiten<br />

und vom Lauf der Sonne.<br />

Was hatte Lorenz Rädler in Frankfurt gesehen?<br />

Was hatte ihn so fasziniert? Ein zeitgenössischer Bericht<br />

macht es deutlich: »Die elektrische Fernleitung<br />

und Verteilung des elektrischen Stroms wurde auf dieser<br />

Ausstellung (Frankfurter Elektrizitätsausstellung<br />

von 1891) in einer Vollkommenheit vorgeführt, wie sie<br />

früher nur in das Reich der frommen Wünsche gehörte,<br />

und neue Systeme des elektrischen Stromes, wie sie<br />

früher nicht geahnt werden konnten, zeigten sich in ihrer<br />

nützlichen Verwendung. Ferner wurden die Elektrizität<br />

erzeugenden Maschinen in einer Größe vorgeführt,<br />

wie sie auf früheren Ausstellungen noch nicht<br />

gesehen worden waren und durch welche ermöglicht<br />

wird, große Städte und weit umgrenzte Bezirke von einer<br />

Zentralstation aus zu beleuchten und durch den<br />

elektrischen Strom mit Betriebskraft zu versehen.«<br />

Eines der ältesten Wasser kraft -<br />

werke in Österrreich: Das<br />

E-Werk von Friedrich Wilhelm<br />

Schindler in Andelsbuch produ -<br />

ziert noch heute Strom<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

61


Mächler und Pioniere<br />

Der Wasserspeicher des Kraftwerks Andelsbuch<br />

Lorenz Rädler<br />

Friedrich Wilhelm Schindler<br />

Strom heute:<br />

VKW und Illwerke<br />

Die VKW ist ein Unternehmen von illwerke<br />

vkw. Die Unternehmen Vorarlberger Illwerke<br />

AG und Vorarlberger Kraftwerke AG sind seit<br />

Anfang 2001 gesellschaftsrechtlich verbun -<br />

den. Durch Einbringung der ursprünglich vom<br />

Land Vorarlberg gehaltenen Aktienanteile an<br />

der VKW in die Illwerke sind die Illwerke nun -<br />

mehr zu rund 98,05 Prozent am Grundkapi -<br />

tal der VKW beteiligt, die restlichen rund zwei<br />

Prozent befinden sich im Streubesitz. Die Zentrale<br />

Bregenz befindet sich in der Wei dach -<br />

straße in Bregenz. Wichtige Organisa -<br />

tionseinheiten sowie die Vorarlberger Ener -<br />

Kaum aus Frankfurt zurückgekehrt, machte sich<br />

Rädler ans Werk. Am Rickenbach entstand sein Wasserkraftwerk.<br />

In Scheidegg und Lindenberg gab es<br />

Stromabnehmer, besonders in der Lindenberger<br />

Indus trie. Die anfangs eingebaute Gleichstrom-Dynamomaschine<br />

musste bald gegen einen Wechselstromgenerator<br />

ausgetauscht werden. Für diesen lieferte der<br />

Rickenbach aber zu wenig Wasser. Deshalb wurde<br />

1898 eine Lokomobile (Dampfmaschine, die zusätzlich<br />

Strom erzeugt) zugeschaltet. Auf alten Bildern<br />

sieht man daher immer einen hohen Kamin im Hintergrund<br />

des Kraftwerkes. Diese 300 Zentner schwere<br />

Dampfmaschine wurde schon vier Jahre später (1902)<br />

in das neu errichtete Elektrizitätsgebäude in der Prinz-<br />

Ludwig-Straße in Lindenberg gebracht (dieses Gebäude<br />

wurde 1985 abgerissen).<br />

Kurz nach der Jahrhundertwende wurde in Andelsbuch<br />

in Vorarlberg ein großes Wasserkraftwerk<br />

geplant. Die Firma Jenny und Schindler, die Vorgängerfirma<br />

der Vorarlberger Kraftwerke (VKW), kaufte<br />

auf der Suche nach Kunden kleinere Kraftwerke auf.<br />

So auch nach längeren Verhandlungen in Scheidegg<br />

das Wasserkraftwerk Rädler. Lorenz Rädler war 1904<br />

gestorben, und sein Nachfolger Hugo Rädler freute<br />

sich über die Kooperationsmöglichkeit. 1909 wurde<br />

der gesamte Besitz an Jenny und Schindler verkauft.<br />

Die waren aber nicht am Werk, sondern an der Vergrößerung<br />

ihres Netzes interessiert.<br />

gienetze GmbH – ein weiteres Unternehmen<br />

von illwerke vkw – sind dort untergebracht.<br />

Zu dem befinden sich dort die Kraft werke<br />

»Rie den-Alt« (1914–2004), »Rieden-Neu« (ab<br />

2005) und die Um spann anlage Rieden.<br />

Das Arbeitsgebiet von illwerke vkw bietet zahlreiche<br />

attraktive Ausflugsziele. Auch Besicht i -<br />

gungen von Kraftwerksanlagen sind möglich.<br />

Schulen, Universitäten, Unternehmen und<br />

Ver eine nützen dieses Angebot, das ab einer<br />

Gruppengröße von zehn Personen bei Vor -<br />

anmeldung an Werktagen ganz jährig gebucht<br />

werden kann. Die Führungen sind kosten los.<br />

Informieren Sie sich über die Mög lichkeiten,<br />

Energie zu erleben: www.illwerkevkw-welten.at<br />

In Vorarlberg gab es mit Friedrich Wilhelm<br />

Schindler ebenfalls einen Pionier. Der hatte bei der<br />

Elektrizitätsausstellung 1881 in Paris schon die elektrische<br />

Energie mit den vor allem Anwendungsformen<br />

kennengelernt. Ihn faszinierte besonders die<br />

Kohlefadenglühbirne von Thomas Edison. Am 26. Januar<br />

1908 wurde das damals größte Wasserkraftwerk<br />

der k.k-Monarchie in Andelsbuch in Betrieb genommen.<br />

Was danach kam, ist schnell erzählt: Gegen die<br />

produzierten Strommengen aus Andelsbuch kam die<br />

kleine Turbine am Rickenbach nicht an. 1927 wurden<br />

die Anlagen ausgebaut und das Werk eingestellt. Vier<br />

Jahre später (1931) wurde das Grundstück dann von<br />

der Scheidegger Gemeinde gekauft.<br />

Heute sind die Scheidegger Wasserfälle ein beliebtes<br />

Ausflugsziel. 2004 wurden sie von der bayerischen<br />

Landesregierung in die Liste »Bayerns schönster<br />

Geotop« aufgenommen. Zur Demonstration der mechanischen<br />

Kraft des Wassers wurde 2007 eine mechanische<br />

Widderanlage errichtet. 2009 wurden eine<br />

Schauturbine aufgestellt, diverse Wasserspiele und ein<br />

Kinderkarussell eröffnet. All das wird durch Wasserkraft<br />

angetrieben.<br />

Während die Natur bei den Scheidegger Wasserfällen<br />

wieder Einzug hielt und ein touristischer »Hotspot«<br />

entstand, blieb das Wasserkraftwerk in Andelsbuch<br />

am Netz. Eingebettet in die umliegenden Wälder<br />

und Wiesen, versteckt sich das Wasserkraftjuwel noch<br />

heute im Ortsteil Bersbuch. Das Kraftwerk Andelsbuch<br />

gehört mittlerweile zu den ältesten Kraftwerken<br />

Österreichs, die noch in Betrieb sind. Die Anlage, etwas<br />

abseits der Bregenzerach gelegen, bezieht das<br />

Wasser zur Energieerzeugung aus einem Staubecken.<br />

Von dort aus fließen die Wassermassen auf die<br />

Francis-Turbinen des Krafthauses und treiben die fünf<br />

Maschinensätze an. Jedes Jahr liefert das Kraftwerk<br />

heute noch rund 50,5 Millionen Kilowattstunden<br />

Strom – damit lässt sich der jährliche Strombedarf von<br />

10.000 Haushalten decken.<br />

Das im Jugendstil errichtete Gebäude zieht nach<br />

wie vor Gäste wie Einheimische an. Nie wieder wurden<br />

in der folgenden Technik-Geschichte solch architektonisch<br />

faszinierende Industriegebäude errichtet.<br />

Früher spielte eben über die Funktion hinaus auch die<br />

Ästhetik noch eine tragende Rolle.<br />

62 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Natur-Klima<br />

Hundert Prozent bis 2050<br />

»Klima schützen – Kempten handelt«<br />

Mit dem »Masterplan 100 Prozent Klimaschutz bis 2050 hat der<br />

Stadtrat der Allgäu-Metropole das lokale Masterplankonzept und die<br />

langfristige Klimaschutz-Strategie der Stadt Kempten bis zum<br />

Jahr 2050 beschlossen. Die Handlungs schwerpunkte des Klimaschutz-<br />

Masterplankonzeptes liegen in den Bereichen Stadtplanung, Mobilität,<br />

Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung.<br />

Die Stadt Kempten (Foto oben)<br />

im Allgäu will Vorbild im Klima -<br />

schutz sein. Car-Sharing mit den<br />

Stadtflitzern (Foto linke Seite)<br />

ist schon heute im Angebot<br />

Das wissenschaftliche Konzept entstand in<br />

einem etwa anderthalbjährigen Prozess unter<br />

der Federführung des Klimaschutzmanagers<br />

der Stadt Kempten, Thomas Weiß, gemeinsam mit dem<br />

Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!). Die quantitative<br />

Grundlage bildet eine aktualisierte Bilanz der<br />

Energie- und Treibhausgas-Emission. Darauf aufbauend<br />

wurden Zukunftsszenarien für den Zeitraum bis<br />

zum Jahr 2050 erarbeitet, die aufzeigen, wie die Ziele<br />

des Masterplanprojektes in Kempten erreicht werden<br />

können. Die übergreifenden Ziele sind die Halbierung<br />

des derzeitigen Energieverbrauchs sowie eine drastische<br />

Absenkung klimaschädigender Treibhausgas- und CO2-<br />

Emissionen um bis zu 95 Prozent. Bemerkenswert ist,<br />

dass bereits das Konzeptpapier kein solches mehr ist.<br />

Denn es wurde nicht gedruckt, sondern einfach ins Internet<br />

gestellt. Hätte Thomas Weiß den Plan 20.000-mal<br />

drucken lassen, wären bei 64 Seiten 15.003 Kilogramm<br />

CO2 angefallen. Das Klimaschutzmanagement Kempten,<br />

das derzeit mit einer Vollzeitstelle (Thomas Weiß)<br />

besetzt ist, hat in einem eigenen »Visionskapitel« am<br />

Anfang des Planes beschrieben, wie die zu einer Klimaschutzstadt<br />

umgebaute Allgäu-Metropole im Jahr 2050<br />

aussehen wird und wie sich das Leben im Jahr 2050 in<br />

Kempten gestalten könnte.<br />

Das Herzstück des Plans<br />

Herzstück des Masterplankonzeptes ist das Kapitel<br />

»Leit- und Schlüsselprojekte«. Darin findet sich<br />

eine umfangreiche Klimaschutz-Projektliste, die unter<br />

Beteiligung des Energieteams der Stadt Kempten, der<br />

im Stadtrat vertretenen Fraktionen sowie der Teilnehmer<br />

am ersten Kemptener »Klimaschutz-Bürgerforum«<br />

entwickelt wurde. Die dort gesammelten Klimaschutz-Ideen<br />

wurden in Leitprojekten zusammengefasst,<br />

von denen der Umweltausschuss insgesamt zehn<br />

als sogenannte Schlüsselprojekte ausgewählt hat, deren<br />

Umsetzung erforderlich ist, um die hochgesteckten<br />

Ziele des Masterplans in Kempten umzusetzen. Ein<br />

weitgehendes Überwachen der Fortschritte soll die mit<br />

der Umsetzung der verschiedenen Klimaschutzprojekte<br />

erreichten Energie- und Emissionseinsparungen<br />

zählbar und sichtbar machen und gleichzeitig der<br />

Qualitätssicherung dienen.<br />

Die ersten vier konkreten Projekte aus dem Konzept<br />

sind bereits in Arbeit:<br />

• Pilotprojekt Energieeffizienz im Einzelhandel und<br />

Auswahl eines Stadtquartiers, in dem eine umfassende<br />

energetische Sanierung durchgeführt wird<br />

• Planung und Errichtung eines Fahrrad-Parkhauses<br />

64<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


• Umgestaltung des Masterplankonzeptes zu einer<br />

Bürgerbroschüre, die jetzt bereits vorliegt<br />

• Projekt zur Steigerung der Energieeffizienz in privaten<br />

Haushalten<br />

Das Pilotprojekt im Einzelhandel läuft derzeit in<br />

der Bahnhofsstraße zwischen Forum und Freudenberg.<br />

Alle Geschäfte in diesen Bereich wurden besucht, die<br />

Analyse ist gemacht, die Ergebnisse werden demnächst<br />

vorgestellt. Ob und wie die Einzelhändler sich an die<br />

Umsetzung machen, kann vom Klimaschutz-Manager<br />

nur beobachtet werden. Eine Vorschrift dazu gibt es<br />

nicht. Allerdings hofft Thomas Weiß, dass dieses Pilotprojekt<br />

so große Öffentlichkeitswirkung entfaltet, dass<br />

das Konzept sich über das ganze Stadtgebiet ausweitet<br />

– es gibt schließlich den Anreiz der Einsparpotenziale.<br />

»Zukünftig weniger Geld auszugeben – das muss doch<br />

interessant sein«, so der Klimamanager.<br />

Das Fahrrad-Parkhaus ist weiterhin im Plan für<br />

die Stiftstadt Ost, wurde aber zugunsten anderer Projekte<br />

zunächst zurückgestellt. In Sachen Energie-Effizienz<br />

in privaten Haushalten dagegen ist man in<br />

Kempten schon einen Schritt weiter. Der Stromspar-<br />

Check der Diakonie ist laut Weiß ein voller Erfolg. Zusammen<br />

mit dem Landkreis Oberallgäu wird kontinuierlich<br />

an diesem Thema weitergearbeitet.<br />

Der Masterplan stellt in vier Kapiteln vor, was jeder<br />

einzelne Kemptener tun kann, um das Ziel 2050 zu erreichen.<br />

Konsum, Mobilität, Wohnen und Energieversorgung<br />

sind die Bereiche, die näher beschrieben werden.<br />

In allen vier Bereichen wird der Bürger aufgeklärt,<br />

wie der Stand der Dinge ganz allgemein in Deutschland,<br />

Europa und der Welt ist. Aber immer wieder wird auf<br />

die spezielle Situation in der Stadt eingegangen.<br />

Einkauf und Konsum<br />

Es wird allgemein darauf hingewiesen, dass in<br />

Zukunft bei Einkauf und Konsum mehr als bisher persönliche<br />

Dinge getauscht, geteilt oder ausgeliehen werden<br />

sollen. Speziell für Kempten informiert der Plan,<br />

dass überflüssig gewordene Elektrogeräte in Kempten<br />

in Second-Hand-Läden verkauft werden können.<br />

Gleiches gilt für Möbel, die im Kaufhaus Allerhand zu<br />

günstigen Konditionen neue Besitzer suchen. Im Repair-Cafe<br />

im Kempodium stehen Experten in den verschiedensten<br />

Fachrichtungen bereit, Dinge zu retten,<br />

die zum Wegwerfen viel zu schade sind.<br />

Zum Konsum gehört die Ernährung. Der Leitfaden<br />

der Stadt Kempten empfiehlt: »Am besten regional, saisonal,<br />

bio und fair.« Logisch, dass an dieser Stelle der<br />

Hinweis auf den Kemptener Wochenmarkt steht. Aber<br />

auch der Tipp, sich über die Interessengemeinschaft »Essbare<br />

Stadt Kempten« oder die Aktion »Foodsharing«<br />

über weitere nachhaltige Möglichkeiten zu informieren.<br />

Mobilität und Verkehr<br />

35.090 Pkw gibt es augenblicklich in Kempten.<br />

Das bedeutet, dass pro Einwohner 0,53 Autos zugelassen<br />

sind. Derzeit verbrauchen die Fahrzeuge im Stadtgebiet<br />

288.165 Quadratmeter Stellfläche – also etwa so<br />

viel wie 40 Fußballfelder. Das Ziel 2050: 0,31 Pkw/Einwohner.<br />

Kempten will dabei eine deutliche Umgestaltung<br />

des Verkehrs in Richtung E-Mobil, Carsharing<br />

und Klimafreundlichkeit in den Unternehmen. Der<br />

Masterplan weist an dieser Stelle auf die Möglichkeit<br />

hin, in der Stadt schon heute über www.stadtflitzercarsharing.de<br />

E-Autos zu mieten.<br />

Abschreiben<br />

oder neu erfinden?<br />

Oberbürgermeister Thomas Kiechle sagt in<br />

seinem Vorwort zum Klimaschutz-Master -<br />

plan: »Diese Bürgerbroschüre möchte Sie<br />

motivieren, sich mit den aufgezeigten The -<br />

men auseinanderzusetzen, für den Klima -<br />

schutz und für mehr Lebensqualität aktiv zu<br />

werden.« Damit spricht er vor allem seine<br />

Kemptener Bürger an. Dass die vorbildliche<br />

Klimaschutz-Arbeit der Stadt Kempten aber<br />

im Internet mit dem Copyright-Schutz ver -<br />

sehen ist, finden wir bedauerlich. Eig ent lich<br />

sollte die Vorarbeit vom Klima schutz-Team<br />

Bereits heute haben<br />

Bürgerinnen und Bürger in<br />

Kempten die Möglichkeit,<br />

sich »Stadtflitzer« im<br />

Carsharing auszuleihen<br />

um Thomas Weiß zumindest für alle Allgäuer<br />

Kommunen Vorbild sein und zur<br />

Nachahmung empfohlen wer den – ins -<br />

besondere, weil das Projekt vom Bundes -<br />

mini s terium für Umwelt gefördert wurde.<br />

Wir von allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> gehen aber<br />

davon aus, dass der Rechts schutz nicht zu<br />

eng gemeint ist. Wir versto ßen mit diesem<br />

Bericht gerne etwas da ge gen. Denn der<br />

Klimawandel macht weder vor den Toren<br />

Kemptens noch vor den Allgäu-Por talen halt.<br />

So großartige Ziele, wie Kemp ten sie sich<br />

vorgenommen hat, erreichen wir nur<br />

gemeinsam. Und manchmal ist »ab -<br />

schreiben« besser als »neu erfinden«.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

65


Natur-Klima<br />

Schwimmbäder tragen beim Energiesparen intensiv zu einem guten Gesamtergebnis bei.<br />

Das Cambomare, Kemptens attraktives Bad, ist vorbildlich in den Klimaschutz eingebunden<br />

Bereits im Kindergarten werden die Jüngsten mit einfachen Versuchen und Spielen auf den<br />

Klimaschutz vorbereitet (Foto oben). Klimaschutz-Manager Thomas Weiß (Foto unten, ste hend)<br />

bespricht mit Oberbürgermeister Thomas Kiechle den Internet-Auftritt des Masterplanes<br />

Den Umbau des Stadtverkehrs geht Kempten mit<br />

einer groß angelegten Bürgerbeteiligung an. Etwa 80 interessierte<br />

Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche<br />

Verantwortliche aus Verwaltung und Politik kamen am<br />

19. Mai in den Saal des Kornhauses zur Auftaktveranstaltung<br />

für die Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes<br />

2030. Das Verkehrsplanungsbüro ModusConsult und<br />

das Büro »Urbanes Wohnen« begleiten dieses Beteiligungsverfahren.<br />

Bis Januar 2016 sollen die Bürger viermal<br />

zusammenkommen. An diesem ersten Abend markierten<br />

die Teilnehmer auf einem großen Luftbild der<br />

Stadt ihren Wohnort. Die beiden Büros und die Stadtverwaltung<br />

setzen beim Umbau des Stadtverkehrs auf<br />

das Detailwissen der Bürgerinnen und Bürger. Keiner<br />

kennt die Situation in seinem Viertel besser als der<br />

Mensch, der dort wohnt. An fünf regionalen Tischen<br />

brachten die Teilnehmer ihre Alltagsexpertise in die Bestandsaufnahme<br />

ein. Auf insgesamt ca. 250 Kärtchen<br />

wurden die Probleme und Notwendigkeiten notiert und<br />

jeweils mit einem Fähnchen im Stadtplan verortet.<br />

Wohnen, Strom & Wärme<br />

Mehr noch als der Verkehr belasten Wärme und<br />

Stromverbrauch die deutsche Umweltbilanz. In Kempten<br />

werden heute pro Einwohner 1152 kWh Strom<br />

und 5983 kWh für Wärmeerzeugung verbraucht. 2050<br />

sollen diese Werte auf 740 kWh Strom und 1700 kWh<br />

für Heizung sinken. Nicht unerwähnt bleibt im Masterplan,<br />

dass Kempten bereits heute 23 Prozent der<br />

Wärme aus Holz, Altholz und energetischer Abfallverwertung<br />

bezieht. Ziel des Masterplans ist es, die Fernwärmenetze<br />

weiter auszubauen, die kostenfreie Energieberatung<br />

durch eza!, die Diakonie und weitere Partner<br />

für einkommensschwache Haushalte durch geschulte<br />

Stromsparhelfer zu unterstützen.<br />

Die Energiewerkstatt Kindergarten, die Energiewerkstatt<br />

Schule, das Programm Fifty-Fifty und die<br />

Azubi-Klimaschutzgruppe führen den Nachwuchs gezielt<br />

an die Aufgaben des Energiesparens und des Klimaschutzes<br />

heran. Bereits voll im Gang ist die Umrüstung<br />

der Straßenbeleuchtung auf stromsparende<br />

LEDs. Von 2009 bis heute konnte der Verbrauch um<br />

38 Prozent gesenkt werden – mehr als eine Million Kilowattstunden<br />

wurden eingespart. Die Stadt geht bei<br />

ihren eigenen Gebäuden mit einem ausgeklügelten<br />

Management voran. Von 2000 bis 2013 wurden die<br />

kommunalen Emissionen bereits um 60 Prozent reduziert.<br />

Beratung von Unternehmen und Handel sollen<br />

auch in diesem Bereich erhebliche Einsparungen möglich<br />

machen.<br />

Ein ganz großes Feld, um messbare Erfolge zu generieren,<br />

ist der Wohnungsbau. Altbausanierung und<br />

energieeffiziente Neubauten tragen dazu bei, die gesteckten<br />

2050er-Ziele zu erreichen. Die Altbautage, die<br />

jährlich in der Hochschule Kempten stattfinden, werden<br />

im Masterplan als Info-Plattform genannt: »Etwa<br />

10.000 Besucher nutzen das Angebot, sich bei 80 Aus-


Fotos: Peter Elgaß, Cambomare, Dr. Hans Jörg Barth (eza!), Stadt Kempten<br />

Oben: sympathische Werbung für ein vorbildliches<br />

Klimaschutz-Langzeitprojekt. Die beiden Fotos rechts wurden bei der<br />

ersten Veranstaltung zum Mobilitätskonzept aufgenommen.<br />

80 Bürger kamen und beteiligten sich intensiv<br />

stellern über Bau- und Sanierungsthemen praktisch<br />

und theoretisch zu informieren.«<br />

Erneuerbare Energien<br />

Bundesweit, so die Information des Kemptener<br />

Konzeptes, ist es das Ziel, von Kohle, Erdöl und Erdgas<br />

wegzukommen und die klimafreundlichen Energiequellen<br />

Wind, Wasser, Sonne und Biomasse möglichst sinnvoll<br />

zu fördern. Kempten will bis 2050 seinen Strom-Mix<br />

zu 95 Prozent aus erneuerbaren Quellen gewinnen.<br />

Wichtig zum Erreichen dieses Ziels ist es, den Jahresverbrauch<br />

der Stadt von derzeit über 1.800.000 MWh auf<br />

700.000 MWh mehr als zu halbieren. Mit den Allgäuer<br />

Überlandwerken (AÜW), die zu 82 Prozent der Stadt<br />

gehören, hat Kempten in Sachen Wasserkraft gegenüber<br />

vielen anderen Kommunen, die auf die »großen Vier«<br />

im Strommarkt angewiesen sind, heute schon die Nase<br />

vorne. Technische Ausbauten und Verbesserungen bestehender<br />

Anlagen sind aber noch möglich.<br />

Die Solarenergie ist laut Masterplan auf einem<br />

guten Weg. Der Bürger-Solarpark Ursulasried ist ein<br />

Vorzeigeprojekt und das Solarkataster-Allgäu die Voraussetzung<br />

für weiteren gezielten Zubau an Solaranlagen.<br />

Weniger bedeutsam für die lokale Versorgung<br />

sind in der Allgäu-Metropole Wind und Biogas. Von<br />

regionaler Bedeutung aber ist der in der Stadt angesiedelte<br />

Zweckverband Abfallwirtschaft Kempten, der<br />

immerhin 1400 Haushalte über seine Biomüll- und<br />

Grüngut-Vergärungsanlage in Kempten mit Strom<br />

versorgt. Alle Biogasanlagen der Stadt sorgen aber nur<br />

für zwei Prozent des notwendigen Stroms. Als Stadt<br />

verfügt Kempten nicht über große landwirtschaftliche<br />

Flächen. Biogas wird also nur die Nummer vier bei<br />

den Alternativen bleiben. Ähnlich verhält es sich in<br />

Sachen Windenergie. Hier führt der Masterplan aus:<br />

»Windkraft gehört im Allgäu zu einem ausgewogenen<br />

Strom-Mix. Der Wind bläst vor unserer Haustür. Laut<br />

der vom AÜW in Auftrag gegebenen Studie (PEESA)<br />

sogar mit einem Potenzial von 140 Windkraftanlagen.<br />

Wegen der festgelegten Ausschlussgebiete kann derzeit<br />

nur ein kleiner Teil der Anlagen realisiert werden.«<br />

Info:<br />

Klimaschutzmanager Tho mas Weiß ist<br />

An sprech par tner bei der Stadt<br />

Kempten für alle Fragen rund ums<br />

Thema Klimaschutz. Telefon: 0831<br />

2525-8123; E-Mail:<br />

klimaschutz@kempten.de<br />

Im Internet ist das Konzept zu finden unter:<br />

www.kempten.de/de/media/masterplankonzeptklimaschutz2050-kempten1213.pdf<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

67


Landschaftserhalt<br />

Weidende Ziegen sollen dafür sorgen, dass die<br />

Adelegg als Kulturlandschaft erhalten bleibt<br />

Ziegen für die Adelegg<br />

Natur- und Kulturlandschaft erhalten<br />

Die Adelegg ist ein ganz besonderer Lebensraum – für Mensch, Fauna und Flora. Das Tal ist aber<br />

einem grundlegenden Wandel unterworfen, weil die Landwirtschaft sich stark verändert, sich in der<br />

kleinräumigen Voralpenlandschaft nicht mehr lohnt. Eine Stiftung und die Öffentlichkeit setzen sich<br />

dafür ein, dass die Kulturlandschaft erhalten bleibt – die Ziegenhaltung spielt dabei eine große Rolle.<br />

Umweltministerin Ulrike Scharf<br />

stand Schülerinnen und<br />

Schülern bei der Feierstunde<br />

als Interviewpartnerin<br />

zur Verfügung<br />

Die Adelegg im Dreieck zwischen Isny, Leutkirch<br />

und Buchenberg ist eine weitgehend bewaldete<br />

Mittelgebirgslandschaft im westlichen<br />

Landkreis Oberallgäu (und im östlichen Landkreis Ravensburg,<br />

(Baden-Württemberg). Die Adelegg mit dem<br />

Glasmacherdorf Kreuzthal im Zentrum ist knapp 150<br />

Quadratkilometer groß. Ein besonderes Kennzeichen<br />

sind blütenreiche Magerrasen, Extensivwiesen und<br />

-weiden in noch vergleichsweise hoher Dichte als Zeugen<br />

einer jahrhundertealten Kulturlandschaft. Es handelt<br />

sich meist um sehr steile und klimatisch ungünstige<br />

Höhenlagen, die kaum mit Maschinen bearbeitet werden<br />

können.<br />

Die unrentablen Bewirtschaftungsbedingungen<br />

und der Strukturwandel in der Landwirtschaft haben<br />

Fotos: Sepp Bauer, ,Leona Post, Redaktion<br />

dazu geführt, dass die landwirtschaftliche Nutzung in<br />

den letzten Jahrzehnten auf immer mehr Flächen aufgegeben<br />

und die Bergwiesen aufgeforstet wurden. Bei<br />

den verbliebenen Flächen ist teilweise eine stark fortschreitende<br />

Verkrautung und Verbuschung festzustellen.<br />

Auch hier würde über kurz oder lang wieder Wald<br />

entstehen. Die Folge wäre der Verlust einer bedeutenden<br />

Kulturlandschaft, zahlreiche gefährdete Offenlandarten<br />

würden verschwinden, und die Attraktivität<br />

der abwechslungsreichen Landschaft für Bewohner<br />

und Erholungsuchende würde verloren gehen.<br />

Um die vielfältige, aber wirtschaftlich eher unrentable<br />

Kulturlandschaft der Adelegg langfristig zu<br />

erhalten, hat sich die Adelegg-Stiftung gegründet und<br />

sich zum Ziel gesetzt, den Biotopverbund für Magerund<br />

Trockenstandorte langfristig zu sichern und zu<br />

entwickeln, die Flächennutzung nach naturschutzfachlichen<br />

Kriterien zu optimieren und begleitend<br />

Maßnahmen zur Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit<br />

umzusetzen. Die Adelegg-Stiftung als Projektträger<br />

hat dazu einen Landschaftspflegehof mit einer<br />

Heubergehalle errichtet, der an einen Milchziegenhalter<br />

verpachtet wird. Der Ziegenhalter verpflichtet sich,<br />

aus der Bewirtschaftung fallende Wiesen und Weiden<br />

zu pachten und deren extensive Beweidung mit Rindern<br />

und Ziegen zu übernehmen. Die Intensität wird<br />

über ein naturschutzfachlich ausgerichtetes Beweidungskonzept<br />

gesteuert. Künftig soll die Ziegenmilch<br />

in der am Landschaftspflegehof geplanten Käserei zu<br />

hochwertigen regionalen Produkten verarbeitet und<br />

vermarktet werden.<br />

Im Projektgebiet kommt eine Vielzahl wertvoller<br />

Lebensräume vor. Dazu zählen farbenprächtige Berg-


Ende Juni wurde der Landschaftspflegehof<br />

mit Heubergehalle eingeweiht<br />

Extensive Landwirtschaft prägt heute das Bild<br />

der Allgäuer Vorgebirgs-Landschaft<br />

Mähwiesen, Silikat-Magerrasen (sogenannte Borstgrasrasen),<br />

extensive Bergweiden und sehr kleinflächig<br />

auch Kalk-Magerrasen. Oftmals sind sie mit<br />

Quellaustritten, Tümpeln und kleinen Vermoorungen<br />

durchsetzt und an den Rändern mit naturnahen Laubwäldern<br />

und Gehölzen verzahnt.<br />

Das vielfältige Lebensraummosaik bietet zahlreichen<br />

Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum –<br />

über 110 typische und bedrohte Arten kommen hier<br />

vor. Zu den floristischen Kostbarkeiten zählen Kleines<br />

Knabenkraut, Arnika, Silberdistel und Schwalbenwurz-Enzian.<br />

Die blütenreichen Bestände sind für Insekten<br />

ein wahrer Genuss. Schmetterlinge wie Brauner<br />

Feuerfalter, Silberfleck-Perlmuttfalter und Hauhechel-<br />

Bläuling finden hier Nektar und Eiablagepflanzen.<br />

Bundesweit nur in der Adelegg nachgewiesen wurde<br />

der Nachtfalter mit dem sonderbaren Namen »Gebirgs-Zwerg-Sackträger«.<br />

Typisch für die mageren und<br />

trockenen Standorte sind Heidegrashüpfer, Warzenbeißer<br />

und Feldgrille. Eine Württemberger Rarität ist<br />

das Vorkommen der Alpinen Gebirgsschrecke.<br />

An Quellen findet man die Gestreifte Quelljungfer,<br />

kleine Vernässungen und Tümpel auf den Weiden<br />

werden von der europaweit bedrohten Gelbbauchunke<br />

zum Laichen genutzt.<br />

In einem ersten Projektschritt wurde Ende Juni<br />

der Landschaftspflegehof eingeweiht. Dazu kam Umweltministerin<br />

Ulrike Scharf höchstpersönlich, um<br />

dem Projekt Adelegg Gewicht zu verleihen. Sie überbrachte<br />

dem neuen Projektleiter Oliver Post einen<br />

Scheck über 130.000 Euro, eine Förderung aus dem<br />

Bayerischen Naturschutzfond und der Glücksspirale.<br />

Da die Adelegg in Bayern und Baden-Württemberg<br />

grenzübergreifend liegt, kamen auch aus Stuttgart<br />

36.000 Euro aus der Stiftung Naturschutz Baden-<br />

Württemberg. Die Umsetzung des BayernNetzNatur-<br />

Projektes wird weiterhin ermöglicht durch eine Förderung<br />

des Stallgebäudes (35 Prozent) und der geplanten<br />

Ziegenmilch-Käserei (25 Prozent) durch das Bayerische<br />

Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />

und Forsten. Weitere Förderung der extensiven<br />

Flächenbewirtschaftung und der Landschaftspflegemaßnahmen<br />

wird durch Mittel der Landschaftspflegerichtlinie<br />

in Baden-Württemberg und der Agrarumweltmaßnahmen<br />

und Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinie<br />

in Bayern ermöglicht.<br />

Informationen<br />

zu BayernNetzNatur<br />

Am Anfang stand 1986 das Bayerische<br />

Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP).<br />

Nachdem der bayerische Landtag 1998 die<br />

»Schaffung eines landesweiten Biotopver -<br />

bundes« im Bayerischen Naturschutzgesetz<br />

verankert hatte, wurde aus den ABSP-Pro -<br />

jekten das BayernNetzNatur. Die Staats re -<br />

gierung beschloss, die Anzahl der<br />

BayernNetz Natur-Projekte von damals 150<br />

auf 300 zu verdoppeln. Aktuell existieren 392<br />

Bayern NetzNatur-Projekte, die zur Erhaltung<br />

der bayerischen Naturvielfalt beitragen. Die<br />

Grundprinzipien von BayernNetzNatur sind<br />

Freiwilligkeit und Kooperation.<br />

»Freiwilligkeit« bedeutet, dass auf hoheitliche<br />

Maßnahmen (z.B. die Ausweisung von Schutz -<br />

gebieten) verzichtet wird. Der Freistaat<br />

Bayern unterstützt BayernNetzNatur viel -<br />

mehr im Rahmen verschiedener Förder -<br />

programme, z.B. des Vertragsnaturschutz -<br />

programms oder der Landschaftspflege- und<br />

Naturparkrichtlinien. Auch Gelder des Baye -<br />

rischen Naturschutzfonds stehen für die Um -<br />

setzung von BayernNetzNatur zur Verfügung.<br />

»Kooperation« steht für die Zusammenarbeit<br />

Kreuzthaler Bürgerstiftung<br />

KulturLandschaft Adelegg<br />

Die Kreuzthaler Bürgerstiftung KulturLand -<br />

schaft Adelegg will als Träger, Initiator und För -<br />

derer von Projekten und Initiativen auf tre ten,<br />

die zum Erhalt der Schön heit dieser histo -<br />

rischen Kulturlandschaft beitra gen. Neben der<br />

Bedeutung der Adelegg als Er holungsraum<br />

und dem Schutz seltener Pflan zen und Tiere,<br />

die hier ihre Rückzugs ge biete haben, geht es<br />

den Stiftern vor allem um die Bewahrung<br />

eines landschaftlichen Juwels – um den Erhalt<br />

ihrer wunderschönen Heimat.<br />

Die Stiftung will ihre Ziele nach Möglichkeit<br />

durch Hilfe zur Selbsthilfe verwirklichen. Sie<br />

will regionale Kreisläufe anstoßen, nach bar -<br />

schaftliche, regionale und kulturelle Bezie -<br />

aller relevanten Akteure vor Ort. Dazu ge hör e<br />

z.B. Landnutzer, Grundeigentümer, Kom -<br />

munen, Verbände und Behörden, aber auch<br />

interessierte Bürgerinnen und Bürger.<br />

Dahinter steht die Überzeugung, dass sich<br />

Naturschutzprojekte nur dann erfolgreich<br />

umsetzen lassen, wenn alle relevanten Institutionen<br />

»an einem Strang ziehen«.<br />

Für BayernNetzNatur-Projekte gelten fo lgen -<br />

de formalen Kriterien:<br />

• Eine wenigstens überregionale Bedeutung<br />

für den Arten- und Biotopschutz, zumindest<br />

auf Teilflächen.<br />

• Eine Projektgebietsgröße von mindestens<br />

einem Quadratkilometer.<br />

• Mindestens ein Projektträger muss die Verantwortung<br />

für das Projekt übernehmen. Er<br />

kümmert sich um die Abwicklung des<br />

Projekts und übernimmt in der Regel den<br />

Eigenanteil bei der Finanzierung.<br />

• Untere und höhere Naturschutzbehörde<br />

bescheinigen dem Projekt formlos, dass es<br />

sich um ein Projekt im Sinne des<br />

Naturschutzes handelt.<br />

www.naturvielfalt.bayern.de/strategie<br />

www.bayernnetznatur.de<br />

hungs netze knüpfen und soziales und gesell -<br />

schaft liches Engagement fördern. Sie lädt alle<br />

Bürgerinnen und Bürger und Unter nehmen<br />

der Region ein, sich ent sprech end ihren<br />

Möglichkeiten, Fähigkeiten und Inter essen<br />

materiell und ideell für die Ziele der Kreuz -<br />

thaler Bürgerstiftung KulturLandschaft<br />

Adelegg zu engagieren. Die Stiftung wurde im<br />

Frühjahr 2011 von 46 Kreuzthaler Gründungs -<br />

stiftern mit dem notwendigen Grund stockver -<br />

mögen von 50.000 Euro ins Leben gerufen.<br />

Der Stiftung gehören derzeit über 50 Einzel -<br />

personen vor allem aus der Adelegg an. Der<br />

Landkreis Oberallgäu und die Kommunen Isny,<br />

Leutkirch, Kempten und Buchenberg sind<br />

dabei. Firmen, Verbände und Einzel personen<br />

sind bereits als Spender auf ge tre ten. Die<br />

Laufzeit des Adelegg-Projektes ist bis Ende<br />

2017 vorgesehen.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

69


Genetik<br />

Gute und böse Manipulation<br />

Zwischen Sojabohne und Vaterschaftstest<br />

Solange es um den medizinischen Fortschritt geht, hat kaum jemand etwas<br />

gegen Gentechnik. Was auf unseren Tellern landet, soll dagegen frei sein von<br />

verändertem Erbgut. Der Fachjournalist Roland Knauer gibt Einblicke in die<br />

Debatte zwischen Wissenschaftlern und ihren Kritikern<br />

Die Schlagzeilen waren eindeutig: »Ja, gentechnisch<br />

veränderte Organismen sind giftig«<br />

titelte die französische Zeitung Nouvel<br />

Observateur am 20. September 2012. In der ZDF-<br />

Nachrichtensendung »Heute« hieß es am gleichen Tag<br />

zum selben Thema »Höheres Krebsrisiko durch Gen-<br />

Mais«, etliche Medien in Europa brachten ähnliche<br />

Berichte. Ein Wissenschaftler der Universität Caen<br />

hatte eine Studie veröffentlicht, nach der gentechnisch<br />

veränderter Mais in Ratten Krebs verursache. Zwar<br />

warfen die allermeisten Fachkollegen dem Forscher<br />

rasch schwerwiegende wissenschaftliche Fehler vor.<br />

Das aber machte weit weniger Schlagzeilen. Vielleicht,<br />

weil die Gentechnik in der Öffentlichkeit und in den<br />

Medien selbst unter Generalverdacht steht?<br />

Nicht auf dem Bauernhof<br />

Immerhin sorgen sich nach einer im Januar <strong>2015</strong><br />

von der Nationalen Akademie der Wissenschaften<br />

Leopoldina und dem Institut für Demoskopie Allensbach<br />

veröffentlichten Umfrage 82 Prozent der über 16-<br />

Jährigen in Deutschland über den Einsatz der Gentechnik<br />

in der Landwirtschaft. Nur zehn Prozent verbinden<br />

damit Hoffnungen. In der gleichen Umfrage<br />

behaupten allerdings gerade einmal sieben Prozent,<br />

sich ganz gut mit der Gentechnik in der Landwirtschaft<br />

auszukennen, während 56 Prozent unumwunden<br />

zugeben, darüber kaum etwas zu wissen.<br />

Was ist das also überhaupt, Gentechnik? Weshalb<br />

lehnen in Deutschland viele Menschen diese Methode<br />

ab, wenn sie auf Mais, Soja und andere Nutzpflanzen<br />

angewendet wird? Zugleich ist die Gentechnik aus vielen<br />

anderen Lebensbereichen nicht mehr wegzudenken<br />

– vom Vaterschaftstest bis zu gentechnisch erzeugten<br />

Impfstoffen. Kriminalbeamte halten den genetischen<br />

Fingerabdruck längst für genauso unverzichtbar<br />

wie Ärzte genetische Diagnosen. Die Gentechnik arbeitet<br />

mit dem Erbgut, also mit der Grundlage allen<br />

Lebens: Mit gerade einmal vier Bausteinen liefert das<br />

Erbgut die Konstruktionspläne für alle Organismen<br />

auf der Erde. Die Reihenfolge dieser in langen Strängen<br />

angeordneten Bausteine wird nach einem festen<br />

Code in die Moleküle des Lebens übersetzt – und dieser<br />

Code ist in jedem bisher untersuchten Organismus<br />

der gleiche. Seit der Entstehung des Lebens, also seit<br />

dreieinhalb Milliarden Jahren, hat sich auf dieser relativ<br />

einfachen Grundlage eine riesige Vielfalt entwi -


ckelt, von winzigen Bakterien und anderen Einzellern<br />

über Moose, Algen, Gräser und Bäume bis zu Insekten,<br />

Würmern, Vögeln und Säugetieren.<br />

Die Auswahl ist groß<br />

Gentechniker können daher aus dem Vollen<br />

schöpfen und zum Beispiel Erbeigenschaften zwischen<br />

Organismen verschiedener Arten übertragen. Da der<br />

Code in allen Lebewesen gleich ist, sollte die Information<br />

intakt bleiben. Damit können die Forscher zum<br />

Beispiel Bakterien mit der Erbeigenschaft für menschliches<br />

Insulin ausrüsten. Die Mikroorganismen stellen<br />

dann dieses Hormon her, das anschließend als Medikament<br />

für Diabetes-Patienten eingesetzt werden<br />

kann. Genau das Gleiche macht die Natur: Sie tauscht<br />

Erbeigenschaften zwischen verschiedenen Bakterien,<br />

aber auch zwischen Bakterien und Pflanzen, Viren<br />

und Säugetieren sowie vielen anderen Organismen<br />

aus. 1978 holte der Gentechnologe Paul Berg von der<br />

Stanford Universität in Kalifornien diesen Vorgang ins<br />

Labor, als er ein Stück Erbgut von einem Kaninchen<br />

auf die Zellen eines Affen übertrug. Die Information<br />

funktionierte dort genau wie vorher: Die Affenzellen<br />

produzierten ein Eiweiß, das vorher nur die Kaninchenzellen<br />

bilden konnten. Eine neue Wissenschaft<br />

war entstanden, die Gentechnologie.<br />

Insulin dank Gentechnik<br />

Nicht einmal ein Jahrzehnt später begann diese<br />

Technik, im großen Maßstab Menschenleben zu retten.<br />

Bis dahin wurde Insulin für Diabetes-Patienten<br />

aus der Bauchspeicheldrüse von Rindern und Schweinen<br />

gewonnen. Immer wieder gab es Probleme, weil<br />

ein Baustein des Schweineinsulins vom menschlichen<br />

Fotos: Dominik Ultes, phokrates/fotolia, Syda Productions/fotolia<br />

Insulin abweicht, beim Rinderinsulin unterscheiden<br />

sich sogar drei Bausteine. Diese Unterschiede führten<br />

dazu, dass etliche Patienten – allein in Deutschland<br />

leiden mehr als eine halbe Million Menschen an Diabetes<br />

vom Typ I – dieses Insulin aus dem Schlachthof<br />

nicht vertrugen. Dabei waren sie darauf angewiesen,<br />

weil ihr Körper das Hormon nicht mehr produzierte.<br />

Gentechniker haben bereits 1979 die Erbinformation<br />

für das menschliche Insulin auf Bakterien und Hefezellen<br />

übertragen, die das Hormon dann auch produzierten.<br />

1987 erhielt dieses Humaninsulin erstmals die<br />

Zulassung als Medikament.<br />

Weitere Erfolgsgeschichten folgten bald: 1991<br />

kam das menschliche Wachstumshormon Somatotro-<br />

Foto linke Seite und oben:<br />

Mais und Sonnenblumen-<br />

Monokulturen stehen in der<br />

Kritik der Verbraucher und<br />

Verbände – Genmanipula -<br />

tion wird hier nicht<br />

gewünscht<br />

Gentechnik in der moder nen<br />

Medizin hingegen wird kaum<br />

beachtet und kritisiert


Genetik<br />

Medizinische Lebensretter<br />

Rund 8000 Blutern in Deutschland steht seit 1993<br />

ein gentechnisch hergestellter Blutgerinnungsfaktor<br />

zur Verfügung. Die seit 1994 zugelassene humane<br />

DNAse lässt 6000 bis 8000 Kinder leichter atmen, die<br />

an Mukoviszidose leiden. Erythropoetin hilft rund<br />

60.000 Patienten mit Nierenversagen – die Liste der<br />

gentechnisch erzeugten Substanzen wird nicht nur in<br />

der Medizin jedes Jahr länger. Diese Erfolge zählen so<br />

selbstverständlich zum Alltag, dass die Medien kaum<br />

noch darüber berichten.<br />

Ein großer Teppich von<br />

Begriffen dokumentiert: Die<br />

Gentechnik ist bereits<br />

vielfach verbreitet<br />

Der Autor<br />

Ständige Neugier beschreibt das Leben von<br />

Roland Knauer wohl seit seiner Geburt 1957.<br />

Ein Studium der Chemie weckte seine erste<br />

pin auf den Markt, durch das 100.000 Deutsche mit<br />

einer Unterproduktion dieser Substanz eine normale<br />

Körpergröße erreichen konnten. Vorher wurde der<br />

Wirkstoff aus den Körpern Verstorbener gewonnen;<br />

in wenigen Fällen ist dabei die Creutzfeldt-Jakob-<br />

Krankheit übertragen worden, die das Gehirn der Betroffenen<br />

zerstört.<br />

Neugier nach dem Abitur, die 1987 abge -<br />

schlossene Promotion führte ihn in die<br />

damals noch jungen Disziplinen der Moleku -<br />

larbiologie, Virologie und Immunbiologie, die er<br />

ausgiebig mit Biologie-Vorlesungen er gänzte.<br />

Danach blieb ihm eigentlich nur noch der<br />

Journalismus, um seine Neugier auch<br />

beruflich auf weitere Felder der Natur -<br />

wissenschaften auszudehnen und seine<br />

neuen Informationen auch postwendend an<br />

andere Neugierige weiterzugeben. Mehr<br />

über ihn und seine Arbeit lesen Sie unter<br />

www.naturejournalism.info<br />

Regeln sind noch unklar<br />

Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn die Gentechnik<br />

auf den Acker soll. Wenn das Erbgut von Mais<br />

oder Baumwolle verändert wird, damit die Pflanzen<br />

schädliche Insekten abwehren oder besser mit Unkrautvernichtungsmitteln<br />

klarkommen, laufen Umweltverbände<br />

wie Greenpeace und BUND dagegen<br />

Sturm. Sie befürchten unkalkulierbare Risiken. Die<br />

EU erlaubt den Anbau einiger gentechnisch veränderter<br />

Pflanzenarten. Allerdings sollen die Mitgliedsstaaten<br />

die Möglichkeit bekommen, per Ausstiegsklausel<br />

den Anbau zu verbieten. Ob es dafür in Deutschland<br />

eine bundesweite Regelung geben oder der Bund die<br />

Entscheidung den Ländern überlassen wird, ist noch<br />

nicht klar.<br />

Eine der zugelassenen Genpflanzen ist der Mais:<br />

So haben Gentechniker eine Erbinformation aus einem<br />

Bakterium in Maispflanzen eingebaut. Dadurch<br />

produziert der Mais einen Wirkstoff, der den Darm<br />

von Insekten zerstört, aber Säugetiere und Vögel nicht<br />

schädigt. Das hilft im Kampf gegen einen Schädling<br />

namens Maiszünsler, der zu den Insekten gehört. Allerdings<br />

steckt im Mais jetzt die Erbinformation eines<br />

Bakteriums, die dort nicht hingehört. »Die Versprechen,<br />

mit gentechnisch veränderten Pflanzen höhere<br />

Erträge und weniger Chemie auf dem Acker zu haben,<br />

haben sich nicht erfüllt«, sagt Martha Mertens, Sprecherin<br />

des Arbeitskreises Gentechnik im BUND. Es<br />

würden erheblich mehr Herbizide eingesetzt, die Artenvielfalt<br />

im Agrarraum werde weiter reduziert. Mertens:<br />

»Schließlich gefährden sie auch die Gesundheit,<br />

denn neben den geplanten neuen Eigenschaften können<br />

unerwartete Effekte auftreten, die die Sicherheit<br />

der daraus hergestellten Produkte beeinträchtigen.«<br />

Vorteile durch Gentechnik?<br />

Reinhard Pröls kennt diese Argumente. Er<br />

forscht an der Technischen Universität München zu<br />

Pflanzenkrankheiten. Ein ähnliches Misstrauen, sagt<br />

er, habe es anfangs auch gegen Gentechnik in der Medizin<br />

gegeben: »Schon aus ethischen Gründen aber<br />

setzten sich die neuen Produkte mit der Zeit durch,<br />

weil die Patienten eindeutige Vorteile hatten.«<br />

Solche Vorteile gebe es auch bei gentechnisch<br />

veränderten Pflanzen. »Wenden Züchter biotechnolo-<br />

72 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


gische Verfahren an, können sie zum Beispiel erheblich<br />

schneller und zielgerichteter als mit herkömmlichen<br />

Methoden neue Sorten entwickeln«, sagt Pröls.<br />

Auch sparen die Bauern Arbeit, wenn sie zum Beispiel<br />

keine Insektenvernichtungsmittel ausbringen müssen,<br />

weil eine gentechnisch veränderte Sorte sich selbst gegen<br />

solche Schädlinge wehrt. Der Käufer im Supermarkt<br />

aber sieht von diesen Vorteilen wenig. Umweltschutzorganisationen<br />

wenden ein, dass die gentechnisch<br />

veränderten Sorten durchaus Risiken bergen<br />

können. Sie übersehen dabei jedoch, dass genau diese<br />

Artgrenzen auch in der Natur offensichtlich gar nicht<br />

so selten überschritten werden. So stammen rund acht<br />

Prozent des Erbguts eines Menschen ursprünglich aus<br />

einer Virus-Gruppe, zu der zum Beispiel der AIDS-<br />

Erreger HIV gehört.<br />

Ein falsches Weltbild?<br />

An Pflanzen mit gentechnisch eingebauter<br />

Schädlingsabwehr tauchen nach einiger Zeit oft<br />

Schädlinge auf, denen der Wirkstoff nichts mehr ausmacht.<br />

»Das passiert aber nicht nur bei gentechnisch<br />

veränderten Pflanzen, sondern auch beim Einsatz in<br />

der konventionellen Landwirtschaft«, sagt Reinhard<br />

Pröls. Weshalb aber wird dann die grüne Gentechnik<br />

so heftig abgelehnt? Im Rahmen eines größeren Projektes<br />

zu diesem Thema kam dem Forscher der Verdacht,<br />

dass unterschiedliche Weltbilder ein Grund dafür<br />

sein könnten: »Viele Menschen stellen sich eine intakte<br />

Natur vor, die sie bewahren wollen«, fasst Pröls<br />

das Weltbild vieler Kritiker zusammen. Naturwissenschaftler<br />

aber wissen, dass ein Bauer, der mit dem<br />

Pferdegespann seinen Acker bestellt, keineswegs natürlich<br />

arbeitet: Dort sollte eigentlich ein Urwald<br />

wachsen, den die ersten Bauern bereits vor etlichen<br />

Jahrtausenden gerodet haben. Und auch das Erbgut<br />

der Gerste, die Reinhard Pröls erforscht, hat sich in<br />

diesen Jahrtausenden erheblich verändert, in denen<br />

Bauern aus Wildgräsern der Natur das heutige Getreide<br />

gezüchtet haben. »Seit er die Landwirtschaft erfunden<br />

hat, greift der Mensch massiv in die Natur ein«,<br />

sagt Reinhard Pröls. Die Gentechnik bringt also nichts<br />

grundlegend Neues.<br />

Farbenlehre der Gene<br />

Gentechnik wird heute in verschiedenen Be -<br />

reichen kommerziell angewendet, die sich oft<br />

überschneiden. Zur Unterscheidung dienen<br />

Farben, mit denen die Bereiche begrifflich<br />

voneinander abgegrenzt werden:<br />

Rote Gentechnik umfasst den gesamten me -<br />

dizinischen und pharmazeutischen Be reich,<br />

die Farbe bezieht sich auf das Blut des Men -<br />

schen. Angewendet wird die Gentechnik pra k -<br />

tisch im gesamten Spektrum der Medizin bis<br />

hin zu Heil methoden. Vor allem werden viele<br />

Medi kamente und Impfstoffe mit den Metho -<br />

den der Gentechnik hergestellt, auch basie -<br />

ren immer mehr Diagnose-Instrumente auf<br />

dieser Tech nik. Weil die Patienten sehr deut -<br />

lich profitieren, hat die rote Gentech nologie<br />

meist ein positives Image.<br />

Grüne Gentechnik bezieht sich auf die grüne<br />

Farbe der Pflanzen, die verändert und ge züch -<br />

tet werden. Meist handelt es sich um Nutz -<br />

pflanzen, oft ist der Vorteil zumindest in hoch -<br />

entwickelten Gesellschaften für den Ver -<br />

brauch er nicht oder kaum sichtbar. Wohl deshalb<br />

wird dieser Bereich besonders heftig diskutiert,<br />

bei großen Teilen der Bevölkerung hat<br />

Ein gelbes Meer, soweit das<br />

Auge reicht. Rapspflanzen<br />

sind auf Ölhaltigkeit gezüch -<br />

tet – daraus wird meist<br />

Bio-Kraftstoff hergestellt<br />

die grüne Gentechnik ein schlechtes Image.<br />

Weiße Gentechnik ist der Begriff für In dus trie -<br />

prozesse, die gentechnisch ver än derte Enzy -<br />

me, Zellen oder Mikroorganismen bei der Pro -<br />

duktion von Industriechemikalien oder Medi ka -<br />

menten wie etwa Insulin ein setzen. Dieser Be -<br />

reich wird in der Öffentlichkeit kaum dis kutiert.<br />

Blaue Gentechnik nutzt die Erbeigenschaften<br />

von Mikroorganismen, die unter extremen Bedingungen<br />

wie hohem Druck und hohen Tem -<br />

peraturen leben, zum Beispiel am Meeres -<br />

grund an Unterwasser-Vulkanen. Die be -<br />

sonders widerstandsfähigen Proteine sollen<br />

Industrieprozesse verbessern, die oft unter<br />

ähnlich harten Bedingungen ablaufen.<br />

Graue Gentechnik hat mit der Reinigung von<br />

Wasser, Böden und Luft zu tun. So gibt es<br />

zum Beispiel eine gentechnisch veränderte<br />

Pappel, die Schwermetalle und Pestizide<br />

auf nehmen kann und so zur Sanierung von<br />

Alt lasten in Böden beitragen kann. Genau wie<br />

die blaue Gentechnik wird auch die graue in<br />

der öffentlichen Meinung eher positiv einge -<br />

schätzt.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

73


Natur<br />

Artenvielfalt per Display<br />

Smartphone-App zum Download<br />

Wissenschaftler am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum<br />

in Frankfurt haben gemeinsam mit Kollegen von<br />

der Yale-Universität und weiteren Institutionen die Smartphone-App<br />

»Map of Life« entwickelt. Die Anwendung erlaubt es, mit dem Mobiltelefon<br />

Arten zu erkennen, die Umgebung auf Tier- oder Pflanzen -<br />

arten zu überprüfen sowie eigene Beobachtungen zu dokumentieren<br />

und zu teilen. Die App kann kostenlos heruntergeladen werden.<br />

Die Senckenberg Gesellschaft<br />

Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an<br />

Lebensformen zu erforschen und zu ver -<br />

stehen, um sie als Lebensgrundlage für zu -<br />

künftige Generationen erhalten und nachhal -<br />

tig nutzen zu können – dafür arbeitet die Sen -<br />

ckenberg Gesellschaft für Naturforschung<br />

seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese inte -<br />

grative »Geobiodiversitätsforschung« sowie<br />

die Vermittlung von Forschung und Wissen -<br />

schaft sind ihre Aufgaben. Drei Naturmuseen<br />

in Frankfurt, Görlitz und Dres den zeigen die<br />

Vielfalt des Lebens und die Ent wicklung der<br />

Erde über Jahrmillionen.<br />

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturfor -<br />

schung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemein -<br />

schaft. Das Senckenberg Naturmuseum in<br />

Frank furt am Main wird von der Stadt Frank -<br />

furt am Main sowie vielen weiteren Partnern<br />

ge fördert. Mehr Informationen unter<br />

www.senckenberg.de<br />

Genau 112 Schmetterlinge, 173 Vögel und 60<br />

Säugetiere – das sind unter anderem die<br />

»Arten in meiner Umgebung«, wenn man in<br />

Frankfurt die Smartphone-App »Map of Life« befragt.<br />

Zu jeder der Tier- und Pflanzenarten gibt es einen<br />

Steckbrief mit Informationen zur Verbreitung, zum<br />

Aussehen sowie Fotos. »Mit der heute neu erschienenen<br />

App kann man sich die Tiere in seiner unmittelbaren<br />

Umgebung anzeigen und erläutern lassen – und<br />

das weltweit«, erklärt Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese,<br />

Direktorin am Senckenberg Biodiversität und Klima<br />

Forschungszentrum in Frankfurt, und ergänzt: »Ein<br />

Eichhörnchen erkennt wahrscheinlich jeder, die Unterscheidung<br />

einer Wald- von einer Feldspitzmaus ist<br />

schon schwieriger.«<br />

Die von der Universität Yale in Zusammenarbeit<br />

mit Senckenberg und weiteren Institutionen entwi -<br />

ckelte App ist nicht nur ein digitales Nachschlagewerk.<br />

Böhning-Gaese hierzu: »Jeder Nutzer kann seine Tierbeobachtungen<br />

direkt dokumentieren und leistet so<br />

einen wichtigen Beitrag zur Erfassung der Artenvielfalt.«<br />

Aktuell sind bereits über 31.000 Arten in der App<br />

dokumentiert. In der hinter der Anwendung stehenden<br />

Datenbank des »Map of Life«-Projektes sind es<br />

knapp eine Millionen erfasste Arten. »Es gibt aber<br />

nach wie vor große ‚weiße Flecken‘ auf der Weltkarte.<br />

Langfristig wollen wir Informationen über die Verbreitung<br />

aller bekannten Tier- und Pflanzenarten bündeln<br />

und visualisieren. Das wird uns zeigen, wie viel<br />

oder wie wenig wir über ihr Vorkommen überhaupt<br />

schon wissen«, so Böhning-Gaese.<br />

Darüber hinaus lassen sich anhand der »Map of<br />

Life« Hotspots der biologischen Vielfalt und der Bedrohung<br />

von Arten besser identifizieren. Damit können<br />

zum Beispiel im Naturschutz und Naturmanagement<br />

leichter Prioritäten gesetzt werden. »Die Welt<br />

verändert sich schnell, und Arten verschwinden, bevor<br />

wir überhaupt wussten, wo es sie gab, welche Rolle sie<br />

spielten und wie wir sie hätten schützen können. Unser<br />

Wissen ist auf zu wenige Gebiete und Arten beschränkt.<br />

Weltweit Arten zu erkennen und zu dokumentieren<br />

birgt ein großes Potenzial für eine geografisch<br />

und taxonomisch vollständige Erfassung der Artenvielfalt«,<br />

fasst Dr. Walter Jetz, Professor an der Universität<br />

Yale und Leiter des »Map of Life«-Teams, zusammen.<br />

Die kostenlose App ist in sechs Sprachen für<br />

Apple- und Android-Smartphones verfügbar unter<br />

https://mol.org/mobile<br />

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75


Natur<br />

Eine kalte Kinderstube<br />

Allgäutypische Stauden aus Kimratshofen<br />

Das raue Klima des Allgäus ist die Kinderstube<br />

der Pflanzen von Ulrike Bosch und<br />

Peter Koch. Ihre Stauden-Gärtnerei liegt<br />

auf knapp 800 Metern Höhe in Kimratshofen.<br />

Anders als die Gärtnereien, die es in<br />

beinahe jedem Ort gibt, sind Stauden-<br />

Gärtnereien rar gesät. So kommen die<br />

Käufer sogar aus München ins Allgäu.<br />

Bioland-Richtlinien eingehalten<br />

Vorwitzig strecken die Allgäu-<br />

Stauden-Gewächse ihre Blüten -<br />

köpfe aus den Anzuchtkisten<br />

Das Sortiment umfasst rund 1300 Arten und<br />

Sorten. Außer Stauden sind Gräser, Farne und<br />

eine Vielzahl Kräuter dabei. Zudem eine Auswahl<br />

robuster Rosen. In der großen »Säuglingsstation«<br />

im Gewächshaus wachsen die über Aussaat, Teilung,<br />

Stecklinge oder durch Wurzelschnitt gewonnenen<br />

Pflänzchen heran. Die Gewächshäuser sind nicht beheizt.<br />

Im Winter herrschen hier zeitweise bis zu zweistellige<br />

Minusgrade. Daher sind die »Allgäu«-Stauden<br />

alles andere als verhätschelt und an raue Bedingungen<br />

gewöhnt. Nach den ersten Wochen im Gewächshaus<br />

müssen pro Jahr rund 80.000 Zöglinge zur Abhärtung<br />

ins Freiland umziehen. Die Betreiber der Stauden-Gärtnerei,<br />

Ulrike Bosch (44) und Peter Koch (51), legen<br />

größten Wert darauf, dass ihre Pflanzen überwiegend<br />

aus eigener Anzucht stammen. Denn nur so können sie<br />

die Qualität ihres Sortiments im Griff behalten.<br />

Auch, wenn anders als bei den Kräutern die Stauden<br />

nicht auf dem Teller landen, wird konsequent<br />

nach Bioland-Richtlinien produziert. Gedüngt wird<br />

ausschließlich mit organischen Substanzen. (Wühl-)<br />

Mäusen rücken die Gärtner mit Lebend-Fallen und<br />

Katzen (Pech gehabt!) auf den Leib. Die große Vielfalt<br />

des Sortiments kommt der ökologischen Produktion<br />

zugute, da die unterschiedlichsten Pflanzen Seite an<br />

Seite stehen und somit wesentlich weniger anfällig für<br />

Schädlinge sind als in Monokulturen. Die Produktion<br />

nach Bioland-Richtlinien hat zudem der Vielfalt der<br />

Insekten- und Schmetterlingswelt gut getan, da diese<br />

oft auf spezielle Pflanzen geprägt sind, die sie in einer<br />

Agrarlandschaft nicht mehr finden.<br />

Handschäufelchen als Werkzeug<br />

Peter Koch ist Gärtner von der Pike auf: »Ich wurde<br />

mit einem Schäufelchen in der Hand geboren«,<br />

meint er mit einem Grinsen. Als gelernter Gärtner und<br />

Gartenbautechniker stehen »seine« Pflanzen immer im<br />

Mittelpunkt seines Schaffens. Dabei sieht man ihm<br />

nicht an, dass er ausgerechnet die zarten Pflanzen liebt<br />

und ihm besonders Veilchen ans Herz gewachsen sind.<br />

76<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Über das Veilchen und dessen Geschichte kann Koch<br />

begeisternde Vorträge halten. Ulrike Bosch, eine studierte<br />

Landschaftsplanerin, ist mehr für die »Stimmigkeit«<br />

eines Staudengartens verantwortlich. Sie berät<br />

Kunden, wie Pflanzen miteinander harmonieren und<br />

sich gegenseitig zur Geltung bringen können. Da nicht<br />

jeder ihrer Kunden einen »grünen Daumen« hat oder<br />

einen stimmungsvollen Garten kreieren kann, oder keinen<br />

hohen Aufwand dafür betreiben möchte, stellt sie<br />

zueinander passende Sortimente von Stauden wie den<br />

»romantischen Blütentraum« zusammen. Andere Sortiments-Zusammenstellungen<br />

eignen sich besonders<br />

gut für alte Gemäuer oder stehen wirkungsvoll im Kontrast<br />

zu moderner Architektur.<br />

Viola – Lieblingstochter<br />

Das Veilchen ist Peter Koch ans Herz gewachsen.<br />

Seine fantastische Farbenvielfalt während der kalten<br />

Jahreszeit macht es zu einer der beliebtesten Rabattenstauden.<br />

Die bescheidenen Stauden blühen und duften<br />

mit vornehmer Zurückhaltung im Frühjahr, sobald<br />

die Sonne die ersten kleinen Böschungen und Gehölzränder<br />

erwärmt hat. Bis zum Ersten Weltkrieg waren<br />

Veilchen als Schnittblumen weitverbreitet. Großkulturen<br />

gab es vor allem England, aber auch in Deutschland<br />

wurden sie als Treibveilchen unter Glas kultiviert.<br />

Für Parfümeriezwecke und für die Konditorei (kandierte<br />

Veilchen) wurden Veilchen ebenfalls verwendet,<br />

nach Einführung synthetischer Veilchenduftstoffe ist<br />

diese Nutzung praktisch bedeutungslos geworden.<br />

Heute wird der kommerzielle Anbau nur noch in geringem<br />

Umfang in der Umgebung von Toulouse betrieben.<br />

Darüber hinaus sind sie in den beiden Städten<br />

Parma und Toulouse von hoher folkloristisch-touristischer<br />

Bedeutung.<br />

Wer auf Kunden wartet, wartet oft lange<br />

Kunden, die speziell an Stauden oder einem Staudengarten<br />

interessiert sind, machen sich zwar gerne<br />

auf den Weg nach Kimratshofen, das in einer wunderschönen<br />

Wandergegend liegt, aber allein davon lässt<br />

sich weder wirtschaften noch leben. So packen Ulrike<br />

Bosch und Peter Koch von April bis Oktober ein gerade<br />

jahreszeitlich aktuelles Sortiment ihrer »Zöglinge«<br />

zusammen, um sie auf Gartenmärkten zu verkaufen.<br />

Auf rund 20 Märkten und Gartentagen sind sie<br />

bei jedem »Wind und Wetter« von Isny bis Lindau<br />

und von Bregenz bis Maikammer in der Pfalz präsent.<br />

Mit einem viermal pro Jahr erscheinenden »Staudenblitz«<br />

machen die Gärtner ihre Kunden auf Trendthemen<br />

und Pflanztermine aufmerksam. Beliebt sind<br />

bei den Kunden »Komplettlösungen«. Im Frühjahr beginnt<br />

es mit einem Veilchenset oder »Sonnenhungrigen<br />

Stauden-Zwergen«, gefolgt vielleicht von einem<br />

farbenfrohen Primelsortiment. Über den Sommer erfreuen<br />

dann Wiesenstauden – entweder als »genügsame«<br />

oder »anspruchsvolle Gesellen«. Ulrike Koch<br />

stellt auf Wunsch spezielle Sortimente für die unterschiedlichsten<br />

Ansprüche zusammen. Rund 100 Postsendungen<br />

an online-Kunden verlassen täglich die<br />

Gärtnerei. Liebevoll verpackt in Papier und Bio-Stroh.<br />

Thomas Niehörster<br />

Fotos: Thomas Niehörster<br />

Ulrike Bosch und Peter Koch<br />

(Foto unten) bei der Arbeit in<br />

ihrer Gärtnerei in Kimratshofen<br />

AllgäuStauden<br />

Mittelberg 3<br />

87452 Altusried-Kimratshofen<br />

mobil 01578/7830559<br />

Büro/Postadresse:<br />

AllgäuStauden<br />

Schmidsfelden 6<br />

88299 Leutkirch<br />

Telefon 07567/9887404<br />

info@allgaeustauden.de<br />

www.allgaeustauden.de<br />

Was ist was? Blume, Staude, Strauch.<br />

Der Unterschied ist nicht im mer leicht zu erklären, da wie<br />

die Tulpe auch Staude und Strauch Blüten haben (können),<br />

die über wiegend der Fortpflanzung dienen. Bei der »Blume«<br />

geht man zumeist von einer ein jähr igen Pflanze wie z.B.<br />

einer Tu lpe aus, die allein dazu dient, abgeschnitten und zu<br />

einem Strauß gebunden zu werden. Die Stauden hin gegen<br />

sind mehrjährige ausdauernde Pflan zen, deren oberirdische<br />

Pflanzenteile im Gegen satz zu Bäumen und Sträuchern<br />

nicht verholzen. Stauden (Pfingstrose) überdauern meh rere<br />

Jahre und blühen und fruchten in jedem Jahr erneut.<br />

Sträucher (Forsythie) sind Pflanzen, die bodendeckend oder<br />

aufrecht wachsen und verholzen.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

77


Umwelt<br />

Die unwillkommenen Gäste<br />

Fremde Einwanderer in unserem Ökosystem<br />

Die Schnappschildkröte<br />

ist in den Gewässern<br />

Nordamerikas zuhause.<br />

Als »Lotti aus dem Allgäu«<br />

geisterte eine solche<br />

Alligatorschildkröte in den<br />

letzten Jahren durch die<br />

internationale Medien<br />

Seit 1. Januar <strong>2015</strong> gilt in allen EU-Staaten eine neue Verordnung über invasive<br />

gebietsfremde Arten (Neophyten). Damit will die Europäische Union gegen einen<br />

der Faktoren aktiv vorgehen, die die Artenvielfalt und damit Ökosystemleistungen<br />

bedrohen. Die auf Verordnung hat weitreichende Auswirkungen auf die Arbeit der<br />

Behörden sowie auf den Handel mit Tieren und Pflanzen.<br />

Sie können sich noch erinnern: Im August<br />

2013 wurde ein achtjähriger Bub beim Baden<br />

im Oggenrieder Weiher im Ostallgäu angeblich<br />

von einer Schnappschildkröte gebissen. Seine<br />

Achillessehne wurde dabei zweifach durchtrennt. Die<br />

Boulevardpresse stürzte sich damals auf das Thema.<br />

Das Phantom-Tier bekam den Namen Lotti. Das<br />

Ostallgäu war in aller Munde. Es wurde vergeblich mit<br />

Ködern und Lebendfallen nach dem Tier gesucht. Im<br />

Juni 2014 will dann eine Frau das Tier im benachbarten<br />

Klosterteich von Irsee gesehen haben. Wir können<br />

darauf warten, ob auch dieses Jahr wieder mysteriöse<br />

Berichte über Lotti auftauchen.<br />

Fakt ist, dass auch bei uns im Allgäu immer wieder<br />

Tiere und Pflanzen gefunden werden, die hier eigentlich<br />

nicht heimisch sind. Lotti ist eine Alligatorschildkröte,<br />

die in den Sümpfen Nordamerikas zu Hause<br />

ist. Bei uns wird sie von Tierliebhabern privat eingeführt,<br />

gezüchtet und gehalten. Es gibt immer wieder<br />

Berichte, dass solche bis zu einem halben Meter großen<br />

Schildkröten von ihren Haltern ausgesetzt werden, weil<br />

sie nicht mehr in das heimische Aquarium passen.<br />

Die EU wird handeln<br />

In der Europäischen Union (EU) und den angrenzenden<br />

europäischen Ländern kommen über 12.000 ge-<br />

78<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Ein erstaunliches Wachstum<br />

legt der Riesen-Bärenklau an<br />

den Tag. Er hat sich im Allgäu<br />

festgesetzt<br />

bietsfremde Arten vor, von denen geschätzte 10 bis 15<br />

Prozent als invasiv gelten. Das heißt, diese invasiven Arten<br />

verdrängen einheimische Arten, beeinträchtigen<br />

funktionierende Ökosysteme oder verursachen ökonomische<br />

Schäden. Das Allgäu stellt in dieser Hinsicht keine<br />

Insel der Glückseligen dar. Wie viele dieser 12.000<br />

Arten auch hier zu finden sind, ist nicht erforscht.<br />

Da es inzwischen sehr viele invasive gebietsfremde<br />

Arten gibt, muss die Politik Prioritäten setzen. Bis<br />

zum 2. Januar 2016 soll dazu die sogenannte »Unionsliste«<br />

erstellt werden für Arten, von denen länderübergreifende<br />

Gefahren ausgehen. Voraussetzung für die<br />

Aufnahme in diese Liste ist, dass die entsprechende<br />

Art in mindestens drei EU-Staaten als »invasiv gebietsfremd«<br />

eingestuft wird.<br />

europäische Länder vergleichsweise klein sind. Rein<br />

nationale Konzepte können deshalb nicht effektiv sein,<br />

da die Arten bekanntermaßen nicht an den Grenzen<br />

haltmachen.<br />

Invasion im Allgäu<br />

Die biologische Invasion betrifft auch das Allgäu<br />

– und es sind überwiegend nicht Tierarten, die sich<br />

hier breitmachen, sondern Pflanzen wie der Riesen-<br />

Bärenklau, der aus dem Kaukasus eingewandert ist<br />

und sich auch bei uns recht wohlfühlt. Er wird hier<br />

Zunehmend große Sorgen<br />

mach en sich Allgäuer Landwirte<br />

wegen der Ausbreitung von<br />

Jak obskreuzkraut, das für Vieh<br />

gefährlich werden kann. Auf der<br />

Wiese meiden die Tiere die<br />

giftige Pflanze, im Heu können<br />

sie das Kraut nicht mehr<br />

identifizieren<br />

Keine »Gleichbehandlung«<br />

Zwischen 2005 und 2008 haben Forscher eine<br />

Datenbank erstellt, die inzwischen detaillierte Informationen<br />

zu 12.122 Arten sowie 2440 Experten zu<br />

biologischen Invasionen in Europa enthält. Außerdem<br />

wurde auch eine Liste der 100 problematischsten Arten<br />

erstellt – inklusive Vorkommen und Risikobewertung.<br />

Die EU und ihre Mitgliedsländer stehen jetzt vor<br />

der Herausforderung, zu entscheiden, welche davon<br />

in die Unionsliste übernommen werden sollen. Dabei<br />

dürfen sie aber nicht bei einer reinen Risikobetrachtung<br />

stehenbleiben, sondern müssen auch den Nutzen<br />

von Arten und regionale Aspekte einbeziehen. Eine<br />

Art, die zum Beispiel in Norwegen ein Problem sein<br />

kann, muss dies im Süden Italiens nicht sein.<br />

»Es wird nicht leicht, sich auf einen europaweiten<br />

Nenner zu einigen und trotzdem die regionalen Bedingungen<br />

bei der Abschätzung der gesundheitlichen,<br />

ökonomischen und ökologischen Gefahren zu berücksichtigen«,<br />

schätzt der Biologe Dr. Stefan Klotz vom<br />

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) die<br />

Lage ein. In der europäischen Regelung sieht er trotzdem<br />

einen großen Schritt in die richtige Richtung, da<br />

Fotos: Klaus-Dieter Sonntag,fotoplusdesign.de/UFZ, André Künzelmann/UFZ, Archiv EDITION <strong>ALLGÄU</strong>, Udo Rose<br />

79


Umwelt<br />

Publikationen und Links<br />

Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Euro -<br />

päischen Parlaments über die Prä ven tion und<br />

das Management der Einbringung und Ausbreitung<br />

invasiver gebietsfremder Arten<br />

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/<br />

TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R1143&from...<br />

http://ec.europa.eu/environment/nature/in<br />

vasivealien/index_en.htm<br />

Link im Internet: Datenbank des EU-<br />

Forschungsprojektes DAISIE (Delivering Alien<br />

Invasive Species Inventories for Europe):<br />

http://www.europe-aliens.org/ und http://<br />

easin.jrc.ec.europa.eu/ (Info in englischer<br />

Sprache). Informationen in deutscher<br />

Sprache zu den Forschungen des Helmholtz-<br />

Zentrums für Umweltforschung (UFZ) gibt es<br />

im Internet unter<br />

http:/www.ufz.de/index.php?de=16302<br />

wohl nicht mehr ausgerottet werden. Er ist in Gärten,<br />

Parks, an Straßenrändern, in Bach- und Flusstälern<br />

sowie auf Brachen anzutreffen und kann dort die heimische<br />

Vegetation verdrängen. Aufgrund seiner guten<br />

Aussamung wurde er schnell zu einer Plage und bildet<br />

in kürzester Zeit große Bestände, die sich nur sehr<br />

schwer entfernen lassen.<br />

In feuchten Allgäuer Wirtschaftswiesen, aber auch<br />

gelegentlich in Streuwiesen tritt in den letzten Jahren<br />

vermehrt das Wasserkreuzkraut auf. Neben dem Wasserkreuzkraut<br />

(auch Greiskraut genannt) wird die Zunahme<br />

von anderen Kreuzkräutern (Senecio-Arten),<br />

beispielsweise von Jakobskreuzkraut in etwas trockeneren<br />

Wiesen – auch in Viehweiden – festgestellt. In<br />

den Bergregionen des Allgäus wandert das Alpenkreuzkraut<br />

derzeit in etwas tiefere Lagen ein, und entlang<br />

von größeren Straßen breitet sich schrittweise auch<br />

das Schmalblättrige Kreuzkraut aus, ein aus Afrika eingewanderter<br />

Neophyt. Von Seiten der Landwirtschaft<br />

und des Naturschutzes wird dies mit gewisser Sorge beobachtet,<br />

da diese Pflanzen Giftstoffe enthalten, die sich<br />

auf die Nutztiere (Rinder, Pferde, Schafe) negativ auswirken<br />

können. Seit 2010 werden bei uns mit einem<br />

Fragebogen mit Bestimmungshilfe Grunddaten über<br />

das Vorkommen zu Kreuzkräutern erhoben. Damit<br />

können Verbreitungs-Schwerpunkte, insbesondere des<br />

Wasserkreuzkrautes, identifiziert und die Problemlagen<br />

eingegrenzt werden. Regulierungsansätze zur Verdrängung<br />

von Wasserkreuzkraut am Öschlesee gab es im<br />

Jahr 2013. Am Standort »Oberdorfer Moos« bei Martinszell<br />

werden mechanische Maßnahmen (Ausstechen<br />

und Mähregime) getestet. Weitere Informationen über<br />

das Kreuzkraut im Allgäu findet man im Internet unter<br />

http://www.lfu.bayern.de/natur/streuwiesen/kreuzkraeuter/index.htm<br />

Vorschriften einhalten<br />

Solche regionalen Initiativen machen aber nur<br />

Sinn, wenn sie im größeren Rahmen betrachtet werden.<br />

Im Gegensatz zu einer Richtlinie, die nur den<br />

Rahmen vorgibt und erst in nationales Recht umgesetzt<br />

werden muss, gilt die neue EU-Verordnung direkt<br />

seit Jahresbeginn in allen Mitgliedstaaten. Unmittelbare<br />

Rechtsfolgen ergeben sich aber erst, wenn die<br />

Unionsliste erarbeitet ist. »Die Unionsliste ist das<br />

Schlüsselelement der Verordnung. Sobald die Liste<br />

vorliegt, gelten für die dort gelisteten Arten umfassende<br />

Besitz- und Vermarktungsverbote. Außerdem ergeben<br />

sich für die Mitgliedsstaaten Verpflichtungen,<br />

nicht nur diese Verbote durchzusetzen, sondern auch<br />

weitergehende Management- und Beseitigungsmaßnahmen<br />

zu treffen, sofern dies mit angemessenem<br />

Aufwand möglich ist«, unterstreicht der Umweltjurist<br />

Prof. Wolfgang Köck vom UFZ Konsequenzen, die vor<br />

allem den kommerziellen Handel treffen werden. Für<br />

Privatpersonen mit Haustieren gilt eine Übergangsregelung.<br />

Sie dürfen ihr »fremdes« Haustier, auch wenn<br />

es auf der Unionsliste geführt wird, bis zum Tode behalten,<br />

sofern alles getan wird, um eine Fortpflanzung<br />

oder ein Entkommen auszuschließen.<br />

Wissenschaft im Boot<br />

Bereits jetzt hat sich die Beratung durch die Wissenschaft<br />

gelohnt: »Es war ursprünglich einmal ge-<br />

Die Beifuß-Ambrosie stammt<br />

ursprünglich aus Nordamerika<br />

und hat sich bereits in weiten<br />

Tei len Europas ausgebreitet.<br />

Ihre Pollen sind aggressive<br />

Allergie-Auslöser<br />

Fotos: Dakota L./Wikipedia, An0002/Wikipedia, Sage Ross/Wikipedia<br />

80 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


plant, die Liste der Arten, die aktiv bekämpft werden<br />

sollen, durch politischen Willen auf 50 Arten zu beschränken«,<br />

berichtet Biologe Prof. Ingolf Kühn vom<br />

UFZ. »Nach Protesten aus der Wissenschaft sind diese<br />

Pläne dann aber wieder fallengelassen worden. Es ergibt<br />

einfach keinen Sinn, willkürlich eine Zahl festzulegen,<br />

bevor die Mitgliedsstaaten nicht ihre Informationen<br />

abgeliefert haben. Außerdem können sich Ökosysteme<br />

sehr dynamisch entwickeln. Wir müssen daher<br />

auch in Zukunft flexibel auf die aktuellen Entwicklungen<br />

reagieren können.«<br />

Vorsorge ist billiger<br />

Die neue Verordnung ist keine reine Bekämpfungsverordnung,<br />

sondern hat einen stark präventiven<br />

Charakter, da Arten, wenn sie sich erst einmal etabliert<br />

haben, kaum oder nur mit hohen Kosten noch zu bekämpfen<br />

sind. Daher sollen vorrangig Arten in die Liste<br />

aufgenommen werden, die noch nicht in der EU<br />

vorkommen oder erst am Anfang stehen, aber ein großes<br />

Gefahrenpotenzial besitzen. Beim berüchtigten<br />

Riesen-Bärenklau oder der allergieauslösenden Beifuß-Ambrosie<br />

rechnen Experten deshalb nicht damit,<br />

dass sie auf der Unionsliste landen, da sie bereits sehr<br />

verbreitet sind und die Kosten einfach zu hoch wären.<br />

»Aussichtsreiche Kandidaten« sind bisher mehrere Arten,<br />

die bereits in einer früheren Naturschutzverordnung<br />

enthalten waren und daher in der neuen Verordnung<br />

explizit genannt werden. Dazu zählen Schönhörnchen<br />

aus Asien sowie Grauhörnchen und Fuchshörnchen<br />

aus Amerika. Sie haben in England die heimischen<br />

Eichhörnchen schon fast verdrängt und sind<br />

auch bei uns auf dem Vormarsch. Die ursprünglich in<br />

Nordamerika beheimateten Schwarzkopfruderenten<br />

zählen in Europa zu den Gefangenschaftsflüchtlingen,<br />

Die Helmholtz-Forschung<br />

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung<br />

(UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ur -<br />

sachen und Folgen der weitreichenden Ver -<br />

änderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit<br />

Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den<br />

Folgen des Klimawandels und An passungs -<br />

möglichkeiten, Umwelt- und Bio tech nologien,<br />

Bioenergie, dem Verhalten von Chemi kalien in<br />

der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit,<br />

Modellierung und sozialwissenschaftlichen<br />

Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere For -<br />

schung dient der nachhaltigen Nutzung na tür -<br />

licher Ressourcen und hilft, diese Lebens -<br />

grund lagen unter dem Einfluss des globalen<br />

Wan dels langfristig zu sichern. Das UFZ be -<br />

schäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und<br />

Magdeburg mehr als 1100 Mitarbeiter. Es<br />

Die Grauhörnchen verdrängen<br />

die einheimischen Eichhörnchen<br />

aus ihren angestammten<br />

Revieren<br />

wird vom Bund sowie von Sachsen und<br />

Sachsen-Anhalt finanziert. http:/www.ufz.de/<br />

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge<br />

zur Lösung großer und drängender Fragen<br />

von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirt -<br />

schaft durch wissenschaftliche Spitzenleistun -<br />

gen in sechs Forschungsbereichen: Energie,<br />

Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsse l tech -<br />

no logien, Struktur der Materie sowie Luft -<br />

fahrt, Raumfahrt und Verkehr. Die Helmholtz-<br />

Gemeinschaft ist mit 35.000 Mitarbeite -<br />

rinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungs -<br />

zent ren und einem Jahresbudget von rund<br />

3,8 Milliarden Euro die größte Wissen -<br />

schafts organisation Deutschlands. Ihre Arbeit<br />

steht in der Tradition des großen<br />

Naturforschers Hermann von Helmholtz<br />

(1821-1894). http:/www.helmholtz.de/<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

81


Der Große Höckerflohkrebs<br />

frisst eine Wasserassel<br />

Die Mahonie stammt aus dem<br />

Nordwesten der USA und kam<br />

als Zierstrauch nach Europa.<br />

Seitdem breitet sie sich<br />

invasionsartig aus<br />

die sich mittlerweile in Europa fest etabliert haben. Da<br />

sie sich stark mit den sehr seltenen einheimischen<br />

Weißkopfruderenten vermischen und diese langfristig<br />

zu verdrängen drohen, sind umfangreiche Maßnahmen<br />

eingeleitet worden, diese Art innerhalb Europas<br />

einzudämmen.<br />

Klein, aber oho!<br />

Nicht alle Eindringlinge in unsere heimische Natur<br />

sind gleich sichtbar. Der Große Höckerflohkrebs<br />

ist ein bis zu zwei Zentimeter großer Süßwasserkrebs,<br />

im englischsprachigen Raum auch als Killershrimp<br />

bezeichnet, der in den 1990er-Jahren über den Main-<br />

Donau-Kanal in den Rhein eingewandert ist und sich<br />

von dort aus schnell über ganz Europa verbreitet hat.<br />

Er stammt ursprünglich aus den Zuflüssen des<br />

Schwarzen Meeres. Über Donau und Bodensee kam<br />

er auch in unsere Region. Der Große Höckerflohkrebs<br />

ist ein Allesfresser und kann sich sowohl räuberisch<br />

ernähren als auch Algen oder vom Ufer eingetragenes<br />

Laub fressen. In Laborversuchen wurde von anderen<br />

Arbeitsgruppen beobachtet, dass er sich unter Laborbedingungen<br />

deutlich räuberischer verhält als Bachflohkrebse,<br />

seine einheimischen Verwandten. Wissenschaftler<br />

der Universität Koblenz-Landau untersuchen<br />

derzeit, wie sich das Eindringen des Großen Höckerflohkrebses<br />

auf das Okösystem unserer Fließgewässer<br />

und Seen auswirkt.<br />

Große Naturschutz-Aufgaben<br />

Auf die Naturschutzbehörden kommt also in den<br />

nächsten Jahren einiges an Arbeit zu: Sie müssen innerhalb<br />

von eineinhalb Jahren die Wege ermitteln, auf<br />

denen die geächteten Arten in die EU eingeschleppt<br />

werden, Aktionspläne aufstellen und ein Überwachungssystem<br />

etablieren. Gleichzeitig soll so der Informationsaustausch<br />

verbessert werden und eine Art<br />

»Frühwarnsystem« entstehen, damit noch nicht betroffene<br />

Regionen rechtzeitig reagieren können. Mit<br />

der neuen EU-Verordnung wird ein zentrales Element<br />

der 2011 verabschiedeten EU-Strategie zum Schutz<br />

der Biodiversität umgesetzt. Die Verordnung wird in<br />

den kommenden Jahren weitreichende Konsequenzen<br />

haben für Behörden und Händler bis hin zum Endverbraucher,<br />

denn sie setzt ehrgeizige Ziele zur Lösung<br />

von Problemen, die die zunehmende Globalisierung<br />

für die Natur mit sich bringt.

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