TC Ausgabe April bis Juni 2016
Kunst- und Kulturzeitung für Dresden und Umland
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SEITE 14<br />
WWW.THEATERCOURIER.DE<br />
AUFGELESEN AUS KUNST UND KULTUR<br />
20 Jahre Sächsische Akademie der Künste<br />
l<br />
Ein Gespräch mit dem<br />
Präsidenten Prof. Dr. Wilfried<br />
Krätzschmar und dem Präsidialsekretär<br />
Dr. Klaus Michael<br />
Das Gründungsdatum 29. Februar<br />
1996 liegt 20 Jahre zurück und so bietet<br />
es sich für den Theater Courier an, die<br />
Sächsische Akademie der Künste vorzustellen,<br />
denn sie ist eine von nur vier<br />
Akademien dieser Art in Deutschland.<br />
Neben Sachsen gibt es diese Institution<br />
in Bayern, Hamburg und Berlin.<br />
Herr Prof. Krätzschmar, welche Aufgaben<br />
nimmt die Akademie wahr?<br />
Die Akademie bildet nicht aus, sondern<br />
ist eine Versammlung von verdienten<br />
Künstlern aus allen Kunstsparten,<br />
die in fünf Klassen aufgeteilt sind: die<br />
Baukunst, die bildende Kunst, die Darstellende<br />
Kunst, Literatur & Sprachpflege<br />
und Musik, die von den so genannten<br />
Sekretären geleitet werden.<br />
Die Akademie hat zur Zeit 170 Mitglieder,<br />
die sich zusammensetzen aus rund<br />
einem Drittel Mitgliedern aus Sachsen,<br />
einem Drittel aus anderen deutschen<br />
Bundesländern und einem Drittel ausländischer<br />
Mitglieder.<br />
Die Akademie ist kein Club, sondern<br />
sie hat den Auftrag, sich mit Themen<br />
der Kunst auseinander zu setzen und<br />
veranstaltet öffentliche Podiumsdiskussionen<br />
Tagungen, Ausstellungen und<br />
Konzerte und berät die Politik in Fragen<br />
der Kunst.<br />
Wie berät die Akademie denn<br />
Herrn Tillich und Frau Stange im<br />
Hinblick auf die überall diskutierten<br />
Theaterfusionen und Einsparungen<br />
im Kunstbereich?<br />
Prof. Krätzschmar: Die Akademie veranstaltet<br />
u.a. zum Städtebau, zur Entwicklung<br />
der Theaterlandschaft, zur Situation<br />
der Künste vor und nach 1989<br />
in beiden Teilen Deutschlands und zu<br />
aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen<br />
z.T. länderübergreifende Tagungen,<br />
deren Ergebnisse unsere Beratung<br />
darstellen. Wir verstehen uns als sächsische<br />
Einrichtung mit mitteldeutschem<br />
Verständnis und arbeiten ebenfalls eng<br />
mit den tschechischen und polnischen<br />
Nachbarn zusammen.<br />
Dr. Michael: Es gibt im Hinblick auf<br />
die Überarbeitung des Kulturraumgesetzes<br />
die Empfehlung, dass die Versorgung<br />
mit Kultur in der Fläche unbedingt<br />
erhalten bleiben sollte. Und zwar<br />
erstens als Stabilitätsanker und Netzwerk<br />
und zweitens als Neuschaffung<br />
für (regionale) Identität. Dabei können<br />
gerade Theater auch neue Aufgaben als<br />
Kulturzentren übernehmen.<br />
Prof. Krätzschmar weist darauf hin,<br />
dass sich die Akademie auch bei ganz<br />
konkreten Themen positioniert, z.B. zu<br />
TTIP, zur Flüchtlingsfrage, zur Situation<br />
der Künstler in der Ukraine u.a.. Zur<br />
Fusion der Elblandphilharmonie sagt<br />
er: „Da werden Orchester regelrecht<br />
verschlissen und die Qualität leidet.“<br />
Dr. Michael: Die Akademie hat vor<br />
dem Bau der Gläsernen Manufaktur<br />
übrigens gefordert, dass VW die Abrisskosten<br />
bei der Landeshauptstadt<br />
Dresden hinterlegt für den Fall, dass<br />
das Phaeton-Geschäftsmodell mit dem<br />
Phaeton sich einmal überholen sollte<br />
und das Gebäude wieder abgerissen<br />
werden muss. Der Architekt Günter<br />
Behnisch hat sich seinerzeit im Auftrag<br />
der Klasse Baukunst der Akademie für<br />
diese Forderung stark gemacht.<br />
Ist eine Kooperation mit Wroclaw,<br />
der europäischen Kulturhauptstadt<br />
<strong>2016</strong> geplant?<br />
Prof. Krätzschmar: Mit Breslau verbindet<br />
uns eine gute Zusammenarbeit.<br />
Wir haben dort u.a. Konzerte, deutschpolnische<br />
Lesungen, und ein großes<br />
Symposium zur Zukunft der Nachkriegsarchitektur<br />
durchgeführt. Da wir<br />
in diesem Jahr wahrscheinlich nicht die<br />
Ressourcen für ein eigenständiges Projekt<br />
in Breslau haben, hoffen wir auf<br />
eine zusätzliche Förderung durch den<br />
Freistaat Sachsen für ein Kulturhauptstadt-Projekt<br />
oder die Mitwirkung an<br />
bereits bestehenden Initiativen wie dem<br />
Kulturzug.<br />
Wer unterstützt die Sächsische<br />
Akademie der Künste finanziell?<br />
Prof. Krätzschmar: Das ist hauptsächlich<br />
der Freistaat Sachsen. Die Firma<br />
Vattenfall sponsert einen Architekturpreis,<br />
den Gottfried Semper Architekturpreis,<br />
der mit 25.000 Euro dotiert<br />
ist. Außerdem stiftet die Hildegard und<br />
Hans Theo Richter-Stiftung einen Preis<br />
für Grafik und Zeichnung (Dotierung<br />
20.000 Euro).<br />
Was ist die derzeit brennendste<br />
Frage für die sächsische Kultur?<br />
Prof. Krätzschmar: Wir wollen künftig<br />
daran festhalten, Jahresthemen zu setzen.<br />
Im Moment überrollt die gesellschaftliche<br />
Entwicklung die Diskussion.<br />
Unser aktuelles Motto „Wohin mit<br />
der Schönheit?“ bedeutet, wohin entwickelt<br />
sich die Gesellschaft?<br />
Die Gesellschaft ist derart im Umbruch,<br />
dass die Frage, was aus der<br />
Kunst wird, bedeutet, was eigentlich<br />
aus der Gesellschaft wird. Unsere Diagnose<br />
momentan: Die Gesellschaft<br />
funktioniert nicht mehr störungsfrei<br />
und dazu müssen wir eine Position<br />
entwickeln. Und ich sage zugespitzt:<br />
Gesellschaft funktioniert auch deshalb<br />
nicht mehr, weil die Künste nicht mehr<br />
die Rolle spielen, die sie spielen sollten.<br />
Herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
INFO/VA-PROGRAMM<br />
www.sadk.de<br />
facebook.com/SaechsischeAkademiederKuenste<br />
01097 Dresden / Palaisplatz 3.<br />
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