5 Neue Ansätze und Instrumente für die Praxis: der Arbeitszeit-TÜV
5 Neue Ansätze und Instrumente für die Praxis: der Arbeitszeit-TÜV
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<strong>Arbeitszeit</strong>-<strong>TÜV</strong><br />
Das Arbeiten <strong>und</strong> Schlafen gegen <strong>die</strong> »innere Uhr«, also <strong>die</strong><br />
Verschiebung <strong>der</strong> Phasenlage von Arbeit <strong>und</strong> Schlaf, stellt<br />
<strong>die</strong> eigentliche Belastung bei Nacht- <strong>und</strong> Schichtarbeit dar.<br />
Aktuelle Daten konkretisieren, unter welchen Beschwerden<br />
Schichtarbeiter/innen im Einzelnen leiden. Rücken- <strong>und</strong><br />
Kopfschmerzen, Schlafstörungen <strong>und</strong> psychische Erschöpfung<br />
rangieren auf den »Spitzenplätzen«. Signifikant ist, dass<br />
Schicht- <strong>und</strong> Nachtarbeiter/innen deutlich stärker von ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Störungen betroffen sind als Beschäftigte, <strong>die</strong> zu<br />
regelmäßigen Tageszeiten zwischen 35 <strong>und</strong> 40 Wochenst<strong>und</strong>en<br />
arbeiten (siehe Abbildung 3.5).<br />
Auch <strong>die</strong> gravierenden sozialen Einschränkungen von Beschäftigten<br />
in Schichtarbeit sind von großer Bedeutung <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Betroffenen: Häufige Beeinträchtigungen familiärer <strong>und</strong> sozi-<br />
Ab. ..: Bescherdehukeit bei<br />
Reelarbetszeit <strong>und</strong> Schchtarbeit<br />
Rückenschmerzen<br />
Kopfschmerzen<br />
Nervosität<br />
Psych. Erschöpfung<br />
Schlafstörungen<br />
Magenschmerzen<br />
Herz-/Kreislaufprobleme<br />
Quelle: Bauer u.a. 2004<br />
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35 bis 40 St<strong>und</strong>en<br />
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regelmäßige Schicht-<br />
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<strong>der</strong> Nachtarbeit<br />
5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55<br />
aler Aktivitäten durch Schichtarbeit finden sich in Kontakten<br />
zu schulpflichtigen Kin<strong>der</strong>n, partnerschaftlichen Beziehungen,<br />
Kontakten zu Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Verwandten. Beeinträchtigt ist<br />
auch <strong>die</strong> regelmäßige Teilnahme an sportlichen, politischen<br />
o<strong>der</strong> kulturellen Veranstaltungen, <strong>die</strong> Teilnahme an Wochen-<br />
endaktivitäten o<strong>der</strong> Weiterbildungskursen. Schicht- <strong>und</strong><br />
Wochenendarbeit führt zu einer Entkopplung vom sozialen<br />
Rhythmus <strong>der</strong> eigenen Umgebung.<br />
Flexibilisierung <strong>der</strong> <strong>Arbeitszeit</strong><br />
Obwohl <strong>die</strong> <strong>Arbeitszeit</strong>flexibilisierung in <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Debatte gerade mit dem Argument steigen<strong>der</strong> Zeitsouveränität<br />
vorangetrieben wurde, zeigt <strong>die</strong> betriebliche <strong>Praxis</strong><br />
ein an<strong>der</strong>es Bild. <strong>Arbeitszeit</strong>gestaltung unter dem Diktat<br />
<strong>der</strong> Markt- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enorientierung stellt <strong>die</strong> Planbarkeit<br />
individueller Arbeits- <strong>und</strong> Lebenszeit sowie <strong>die</strong> Zeitsouveränität<br />
zunehmend in Frage. Individuelle Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an <strong>die</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Zeit drohen unter <strong>die</strong> Rä<strong>der</strong> zu geraten.<br />
So kann es nicht verw<strong>und</strong>ern, dass viele Beschäftigte<br />
in flexiblen <strong>Arbeitszeit</strong>systemen über <strong>die</strong> Kurzfristigkeit klagen,<br />
mit <strong>der</strong> Dauer <strong>und</strong> Lage <strong>der</strong> <strong>Arbeitszeit</strong> verän<strong>der</strong>t werden:<br />
Je nach Auftragsanfall »atmen <strong>die</strong> Fabriken«, indem<br />
<strong>Arbeitszeit</strong>en ohne o<strong>der</strong> mit äußerst kurzen Ankündigungsfristen<br />
hoch- o<strong>der</strong> runtergefahren <strong>und</strong> Zusatzschichten am<br />
Wochenende angesetzt werden. Und auch in Bereichen, in<br />
denen selbst gesteuerte <strong>Arbeitszeit</strong>en formal mehr Zeitsouveränität<br />
bieten, passen <strong>die</strong> Beschäftigten eigenständig<br />
ihre Zeiten den betrieblichen Erfor<strong>der</strong>nissen an. Die<br />
sozialen Folgen <strong>die</strong>ser Entwicklung sind nicht zu übersehen:<br />
Der Verlust von verbindlichen <strong>Arbeitszeit</strong>regelungen<br />
erschwert <strong>die</strong> Gestaltung sozialer Beziehungen <strong>und</strong> Lebensformen,<br />
setzt sie doch <strong>die</strong> Planbarkeit von Arbeits- <strong>und</strong><br />
Lebenszeit voraus. Familiäre <strong>und</strong> sonstige private Zeitanfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten werden zu nachrangigen<br />
Randbedingungen degra<strong>die</strong>rt. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>für</strong> Eltern,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Versorgung ihrer Kin<strong>der</strong> sicher stellen müssen, ist<br />
eine gestörte »work-life-balance« häufig <strong>die</strong> Konsequenz<br />
von flexiblen <strong>Arbeitszeit</strong>en.<br />
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