Turnerpost 3 2006 - Gütersloher Turnverein von 1879 eV
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triathlon<br />
34<br />
DER EIGENTLICHE IRONMAN<br />
FINDET VOR DEM WETTKAMPF STATT<br />
... und nicht nur für den Sportler!<br />
Der Ironman, für jeden Triathleten die<br />
absolute Herausforderung! Eine unglaubliche<br />
Distanz: 3,8km Schwimmen, 180km<br />
Rennrad fahren und noch 42km laufen,<br />
unglaublich... aber glauben Sie mir, nicht<br />
nur für den Sportler!<br />
»Wo ist Jan?« fragt mich mein Sohn an<br />
einem schönen Sonntagnachmittag. Schon<br />
automatisch antworte ich: »Auf dem Rennrad,<br />
in den Laufschuhen oder im Kanal<br />
schwimmen.« So genau weiß ich es mittlerweile<br />
nicht mehr. Als mein Partner, Jan<br />
Hendrik Heudtlass im September 2005 die<br />
Entscheidung traf am 26.August <strong>2006</strong> seinen<br />
ersten Ironman in Angriff zu nehmen,<br />
wusste ich ehrlich gesagt nicht worauf ich<br />
mich eingelassen hatte…<br />
In den ersten Monaten stiegen die Heizkosten<br />
in unnatürlicher Weise. In der Vorbereitung<br />
auf den Ironman musste Jan im Winter<br />
Rennrad fahren. So lief die Sauna im Hause<br />
täglich, um den halb erfrorenen Menschen<br />
auf dem Rad wieder aufzutauen. Dann wurden<br />
die Trainingseinheiten länger, Koppeltraining,<br />
lange Läufe, Stunden auf dem Rad<br />
und zu Wasser, anfänglich nur das halbe,<br />
später fast das ganze Wochenende, das wir<br />
auf Jan verzichteten mussten. Dafür wurden<br />
aber insbesondere die Werktage auch<br />
für mich wesentlich länger. Nachdem Jan<br />
beschlossen hatte, aus Zeitgründen, sein<br />
Rad und Schwimmtraining vor seine Arbeitszeit<br />
zu legen, klingelte unser Wecker<br />
schon um 4.15 Uhr.<br />
Natürlich blieb bei allem Trainingsstress<br />
auch Zeit für gemeinsame Aktivitäten: So<br />
zum Beispiel das Suchen nach der geeigneten<br />
Sportkleidung, das Erstellen <strong>von</strong> Speiseplänen,<br />
die auch dem Rest der Familie<br />
zusagen. Nicht zu vergessen, das gemeinsame<br />
Beobachten der körperlichen Fitness.<br />
Ein wirklich sehr zeitintensives und interessantes<br />
Unterfangen. Im Vordergrund die<br />
berechtigte Sorge einer akuten Verletzung<br />
und der Ironman wäre dahin. Um diesem<br />
prophylaktisch vorzubeugen, hörte Jan täglich<br />
in seinen Körper, maß Blutdruck und<br />
Puls und kritisch blickten wir auf diese<br />
Werte. Die Muskulatur, äußerst wichtig,<br />
wurde begutachtet, beklopft, gestreichelt<br />
und jedes kleine Ziehen ebenfalls mit gerunzelter<br />
Stirn betrachtet. Daher widmeten<br />
wir uns natürlich auch den präventiven<br />
Maßnahmen und hielten Ausschau nach<br />
geeigneten Nahrungsergänzungsmitteln,<br />
durchblutungsfördernden Saunaaufgüssen<br />
und allem was die Kneippsche Kur so hergab.<br />
So tingelten wir durch das letzte Jahr und<br />
ich frage mich mittlerweile, was haben wir<br />
eigentlich vor dem Ironman gemacht? Er ist<br />
ein fester Bestandteil auch meiner Welt<br />
geworden und selbst ich wundere mich<br />
schon über Fragen des Unverständnisses<br />
unserer Umwelt.<br />
Doch der große Tag kommt erst noch! Noch<br />
zwei Wochen bis zum Wettkampf. Immerhin,<br />
das Training haben wir ohne größere<br />
Blessuren überstanden, aber jetzt kommt<br />
die große Aufregung, der eigentliche Stress:<br />
Unter welchen Bedingungen starten wir<br />
denn? Die erste Frage ist die des Wetters,<br />
okay, können wir nicht wirklich beeinflussen.<br />
Aber dann: Die erste Mahlzeit an diesem<br />
Tag, welches Getränk zu welcher Zeit,<br />
die neueren oder älteren Laufschuhe, welche<br />
Hose, welches Shirt, an welcher Stelle<br />
baue ich die Verpfllegungsstation auf, hat<br />
der Rucksack genügend Pflaster, Vaseline<br />
und... die Liste ist unendlich lang. Auch<br />
meine Blutdruckwerte steigen derzeit mit<br />
einem sorgenvollen Blick und auch ich frage<br />
mich wie ich diesen Wettkampf überstehe,<br />
nicht nur der Sportler.<br />
Angelika Bakos<br />
* Wegen des Redaktionsschlusses der <strong>Turnerpost</strong> wurde<br />
dieser Artikel 2 Wochen vor dem Austria Triathlon in<br />
Podersorf/Österreich geschrieben. Zum Ergebnis der<br />
Anstrengungen »pflegender Angehöriger« später mehr.