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Ein Versprechen ist eingelöst worden - AufgeHorcht

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Editorial<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Versprechen</strong> <strong>ist</strong> <strong>eingelöst</strong> <strong>worden</strong><br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Am 26. August 2010 stand der für das August Horch Museum nachgebaute Rennwagen<br />

vom Typ C erstmals auf den Rädern. Von der Idee, die Nachbildung des Originals aus eigener<br />

Kraft in der Region seines h<strong>ist</strong>orischen Ursprungs neu erstehen zu lassen, die Dipl.-Ing.<br />

Rainer Mosig am 16. Mai 2003 im Beirat des August Horch Museums aussprach, bis zur<br />

Fertigstellung und Übergabe (Baustufe 1 und 2) vergingen sieben Jahre und sechs Monate.<br />

Die Geschichte seiner Entstehung von den ersten Planungen, den Recherchen zu möglich<br />

noch vorhandenen Unterlagen, die Neuerstellung der Konstruktion nach modernsten 3D-<br />

Verfahren, althergebrachten Handwerksle<strong>ist</strong>ungen von Karosserieklempnern und Modellbauern,<br />

die erfolgreiche Mitwirkung von Unternehmen und Bildungseinrichtungen aus der<br />

Region und im Besonderen die ehrenamtliche Arbeit von berufserfahrenen Senioren aus<br />

dem Automobilbau sollen in dieser Ausgabe von „<strong>AufgeHorcht</strong>“ im Vordergrund stehen<br />

und gewürdigt werden.<br />

Mit dem Nachbau des Rennwagens Typ C wurde ein Gesamtwert von ca. 1,448 Millionen<br />

Euro geschaffen. Die Sponsorenle<strong>ist</strong>ungen im Sinne der Mitwirkung und Unterstützung, an<br />

denen 37 Unternehmen vorwiegend aus Südwestsachsen beteiligt waren, ergeben einen<br />

Wert von ca. 924.500 Euro. Für die in ehrenamtlicher Arbeit erbrachten Le<strong>ist</strong>ungen von im Ruhestand<br />

befindlichen Ingenieuren und Mechanikern ergibt sich die enorme Zahl von 11.900 Stunden im Wert von<br />

ca. 480.000 Euro. Die in das Projekt eingeflossenen finanziellen Zuwendungen durch Spenden von<br />

Institutionen wie der Sparkasse Zwickau, dem ADAC sowie von Firmen und <strong>Ein</strong>zelpersonen betragen<br />

43.500 Euro.<br />

Mitte Februar 2011 soll in einer feierlichen Veranstaltung das Exponat vom Förderverein offiziell an das<br />

August Horch Museum übergeben werden. Damit lösen wir das <strong>Versprechen</strong> ein: An der „Wiege der<br />

Rennwagen“ in Zwickau steht auf Dauer wieder ein „Silberpfeil“ der Auto Union. Noch dazu nicht irgend<br />

einer, sondern genau der, der in den Jahren 1936/37 als der auf technisch höchstem Niveau stehende<br />

Rennwagen im internationalen Automobilrennsport galt – der Typ C.<br />

<strong>Ein</strong> weiteres bedeutungsvolles Ereignis in diesen Wochen heißt 20 Jahre Volkswagen Sachsen. In dieser Ausgabe<br />

widmen wir uns rückblickend der Entwicklung des Unternehmens und seiner herausragenden Rolle<br />

als Arbeitgeber in der Region Südwestsachsen. Heute verlassen Spitzenprodukte des Automobilbaues bezüglich<br />

technischem Stand und Qualität die Werkhallen in Zwickau-Mosel und die der Motorenfertigung in<br />

Chemnitz. Nicht zu vergessen: Die Geschichte von Volkswagen in Sachsen geht auf ein Angebot des Vorstandes<br />

der Volkswagen AG Wolfsburg an die Regierung der DDR zur Lizenznahme und Herstellung der<br />

Alpha-Motorenbaureihe EA 111 im Jahre 1983 zurück. Vorsitzender des Vorstandes war seit 1982 Prof. Dr.<br />

Carl. H. Hahn, gebürtiger Chemnitzer. Auf seine persönliche Initiative gehen maßgeblich nachstehende<br />

Ereignisse zurück: Der Vertragsabschluss erfolgte am 12. November 1984. Ab 31. August 1988 gingen die<br />

ersten VW-Lizenzmotoren in den Barkas-Werken in die Fertigung. Allen anderen Unternehmen weit voraus<br />

wurde zwischen Volkswagen AG (BRD) und IFA-Kombinat Personenkraftwagen (DDR) bereits am 22.<br />

Dezember 1989 die „Volkswagen IFA – PKW GmbH“ mit strategischem Hintergrund für das Unternehmen<br />

gegründet. Am 12. Dezember 1990 erfolgte die Gründung der Volkswagen Sachsen GmbH, nachdem bereits<br />

am 21. Mai 1990 der erste VW Polo in Mosel vom Band gerollt war. Prof. Dr. Carl H. Hahn schreibt<br />

in seinem Buch: „Meine Jahre mit Volkswagen“ zu diesen Ereignissen: „Ohne die Schlüsselinvestitionen von<br />

VW wäre diese Region wohl vor kaum lösbare Aufgaben gestellt. So aber wurde der Fre<strong>ist</strong>aat Sachsen zum<br />

Musterstaat unter den neuen Bundesländern. Die Menschen waren die eigentlichen Gewinner. Sie erwiesen<br />

sich als so zuverlässig, so fleißig und so gut ausgebildet, wie ich sie in meinem Herzen erinnerte, als ich<br />

im Krieg als Lehrling und Fabrikarbeiter während der Sommerferien bei der Auto Union in Chemnitz<br />

arbeitete. Diese persönliche Erfahrung hatte besonderen <strong>Ein</strong>fluss auf den Entscheidungsprozess.“<br />

Das August Horch Museum widmet dem 20-jährigen Bestehen von Volkswagen Sachsen eine am<br />

11. Dezember 2010 beginnende Sonderausstellung.<br />

Dr. Rainer Albrecht<br />

Präsident des Gemeinnützigen Fördervereins Automobilmuseum August Horch Zwickau e.V.<br />

02/2010 3


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Aus dem Inhalt<br />

Von biederer Langweiligkeit zu rassiger Eleganz 6<br />

Horch Museum zeigt<br />

Sonderausstellung zu 125 Jahren Wanderer<br />

Sowjetische Motorräder zwischen<br />

Anspruch und Wirklichkeit 7<br />

Außergewöhnliche Sonderausstellung<br />

im Museum für sächsische Fahrzeuge Chemnitz<br />

Mit technischen Spitzenle<strong>ist</strong>ungen<br />

zu Grand Prix Erfolgen 8–11<br />

Der Weg zum Auto Union Rennwagen Typ C<br />

Und er entstand in Zwickau – damals wie heute 12–13<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Versprechen</strong> wurde <strong>eingelöst</strong>:<br />

Wie es zum Nachbau des Rennwagens Typ C kam<br />

<strong>Ein</strong> überaus anspruchsvolles Projekt auf die Räder gestellt 14–20<br />

Der Nachbau des Auto Union-Rennwagens Typ C<br />

steht als Ausstellungsstück für das Horch Museum bereit<br />

Das Sammlerstück<br />

DKW Sonderklasse 1001<br />

4<br />

02/2010


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Mit 420 Reifen zum Rennen nach Tripolis 25–28<br />

Aus dem Tagebuch eines<br />

Rennmechanikers der Auto Union – Teil 10<br />

Weltweit erstes Fahrzeug mit 29–31<br />

Common Rail-Diesel fuhr in der DDR<br />

<strong>Ein</strong>blicke in die Entwicklung von<br />

innovativen <strong>Ein</strong>spritzsystemen – Teil 2<br />

Der Trabi ging, Volkswagen kam 32–36<br />

Engagement des Automobilkonzerns war vor 20 Jahren<br />

die Initialzündung für die Renaissance des Autolandes Sachsen<br />

Gute Mitgift gegeben, gute Mitgift bekommen 37–38<br />

Schnellecke seit 20 Jahren<br />

engagiert unterwegs für die Zukunft Sachsens<br />

Dieser vierte Platz <strong>ist</strong> wie ein Sieg 39<br />

Erfolgreiches FES-Team bei der 8. Sachsen Classic 2010<br />

Wenn Oldtimersammler „fremd gehen“... 40<br />

... dann kommt eine beeindruckende<br />

Fahrzeugpräsentation zur 4. Chemnitzer Oldtimermesse heraus<br />

Kleinode kehren heim<br />

DKW-Sammlung von J. S. Rasmussen<br />

ab 23. Oktober im Industriemuseum Chemnitz<br />

02/2010 5


6<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Von biederer Langweiligkeit zu rassiger Eleganz<br />

Horch Museum zeigt Sonderausstellung zu 125 Jahren Wanderer<br />

Blick in die aktuelle Sonderausstellung im Horch Museum. Im Vordergrund<br />

der Wanderer W25 K Roadster.<br />

Wer den Wanderer W25 K Roadster aus dem Jahr 1936 in der<br />

aktuellen Sonderausstellung im Horch Museum Zwickau betrachtet,<br />

der kann kaum verstehen, dass man der Marke nur<br />

wenige Jahre zuvor noch „biedere Langweiligkeit“ vorgeworfen<br />

hat. Der rassige, von einem Kompressortriebwerk beschleunigte<br />

Sportwagen strahlt absolute Eleganz aus.<br />

Wie es zu diesem Sinneswandel kam, das war zur Eröffnung<br />

der Sonderschau „<strong>Ein</strong> Wanderer und kein anderer“ anlässlich<br />

des 125-jährigen Firmenjubiläums von H<strong>ist</strong>oriker Thomas<br />

Erdmann zu erfahren. Der profunde Kenner der Marke zeichnete<br />

ein informatives wie unterhaltsames Bild der Wanderer-<br />

Designgeschichte im Automobilbau.<br />

Mit dieser Produktion begann das 1886 als Chemnitzer Velociped-Depot<br />

gegründete Unternehmen 1913. Das erste Modell,<br />

das „Puppchen“, war ein typischer Vertreter aus der Kaiserzeit,<br />

bei dem es auf die Technik und weniger auf „Beiwerk“ ankam,<br />

so Erdmann. In den Jahren danach wurden immer mehr<br />

<strong>Ein</strong>zelteile in die Modelle integriert, so dass sich eine kompaktere<br />

Linienführung ergab. Beim W8 von 1925 war das einzige,<br />

was noch störte, der außenliegende Bremshebel. Mit dem<br />

Übergang zur Linkslenkung wurde auch dieses Element in den<br />

Innenraum verlegt.<br />

Mitte der 1920er Jahre begann Wanderer, bis dato immer<br />

offene Tourenwagen, mit dem Bau von Limousinen. Das Werk<br />

griff dazu bis 1929 im Gegensatz zu anderen Herstellern auf<br />

einen eigenen Karosseriebau zurück. Die Vielfalt der Karosserien<br />

erhöhte sich, aber der Grundaufbau blieb.<br />

Das änderte sich ab 1928 mit dem <strong>Ein</strong>tritt des Barons von<br />

Oertzen in den Vorstand. Seine Aufgabe war es, den Vertrieb<br />

neu aufzustellen. Er wollte mit Attributen wie hochwertig, elegant<br />

und zuverlässig den Verkauf ankurbeln. Die Karosseriegestaltung<br />

bei Spezial<strong>ist</strong>en wie Ambi Budd und Gläser trug bei,<br />

dass die Fahrzeuge mit dem geflügelten W immer schnittiger<br />

wurden.<br />

Mit der Integration in die Auto Union begann eine neue<br />

Design-Zeit, die sich u. a. an amerikanischen Linien orientierte.<br />

Die Gestaltung eines Corporate Designs für die einzelnen<br />

Konzernmarken begann bei Wanderer, weil deren Klientel laut<br />

Thomas Erdmann am ehesten einen Umbruch akzeptierte.<br />

02/2010<br />

Gerhard Winklhofer vorn im W3 zur Wanderer-Jubiläumsfahrt.<br />

Fotos: Horch Museum<br />

Heraus kamen dabei der eingangs beschriebene W25 K und<br />

eine Akzeptanz für die gesamte Linie.<br />

Die Sonderschau im Horch Museum zeigt neben diesem<br />

Roadster auch einen Wanderer-Prototyp von 1906, das W3<br />

„Puppchen“, einen W8 Phaeton und eine W11 Limousine. Auch<br />

die weiteren Wanderer-Produkte wie Fahr- und Motorräder,<br />

Schreib- und Rechenmaschinen sowie eine <strong>Ein</strong>fach-Fräsmaschine<br />

und ein Werksmodell um 1975 sind zu sehen.<br />

Die Sonderausstellung <strong>ist</strong> noch bis Anfang Dezember zu<br />

besichtigen. Ina Reichel<br />

Wanderer-Jubiläumsfahrt<br />

125 Automobile und 26 Motorräder starteten Ende Juli vom<br />

August Horch Museum Zwickau aus zur Jubiläumsfahrt „125<br />

Jahre Wanderer“. Vorbei an ehemaligen Fertigungsstätten von<br />

Wanderer in Chemnitz führte die Tour wieder zurück nach<br />

Zwickau. Als Schirmherr mit dabei war Gründerenkel Gerhard<br />

Winklhofer, der auch die Preise für verschiedene Ehrungen stiftete.<br />

Ausgezeichnet wurden Siegfried Marth aus Zwickau als ältester<br />

Fahrer, Manfred Firschke aus Morsbach, der das älteste Motorrad,<br />

eine Wanderer 2,5 PS aus dem Jahre 1919, sicher steuerte<br />

sowie Dr. Franz-Karl Tuppy aus Wien, der mit seinem Wanderer<br />

W 23 Kabriolett am weitesten auf eigener Achse angere<strong>ist</strong> war. Die<br />

Veranstaltung soll im nächsten Jahr wieder durchgeführt werden.<br />

Wanderer-Freunde gründen Club<br />

18 Wanderer-Freunde haben Anfang Juli in Zwickau den Wanderer-Automobil-<br />

und Motorradclub e. V. gegründet. Zweck des<br />

Vereins <strong>ist</strong>, die gemeinsamen Interessen von Automobil- und<br />

Motorradfahrzeugliebhabern der Marken Wanderer und (Vorkriegs-)<br />

Audi bis 1940 wahrzunehmen und zu fördern. Außerdem<br />

soll ein Reg<strong>ist</strong>er der Fahrzeuge dieser Marken geführt werden.<br />

Zum 1. Vorsitzenden wurde Uli Möhlmann gewählt.<br />

Der junge Verein hofft gerade im Jubiläumsjahr „125 Jahre Wanderer“<br />

auf zahlreiche neue Mitglieder. Mehr Informationen<br />

zu Anmeldungsformalitäten erhalten Interessenten unter der<br />

Anschrift von Uli Möhlmann, Moosäcker 22 in 90542 Eckental.


Sowjetische Motorräder<br />

zwischen Anspruch und Wirklichkeit<br />

Zu einer außergewöhnlichen Sonderausstellung lädt das Museum<br />

für sächsische Fahrzeuge Chemnitz noch bis Jahresende<br />

ein. „Sowjetische Motorräder – zwischen Anspruch und Wirklichkeit“<br />

heißt die Schau, die viele Beziehungen zu Sachsen<br />

offenbart. Bereits zu zar<strong>ist</strong>ischen Zeiten gab es Wanderer-<br />

Motorräder in Russland. In den 1920er Jahren bediente sich<br />

die junge Sowjetunion beim Aufbau einer Motorradindustrie<br />

des Know-how aus dem westeuropäischen Ausland. Die<br />

„Isch-3“ aus den Ischewsker Stahlwerken fuhr mit einem sächsischen<br />

Wanderer-Motor. Ihr Konstrukteur, der Ingenieur<br />

Peter Moscharow, hatte in Leipzig studiert. Moscharow war<br />

es auch, der nach der Verlagerung der Motorradentwicklung<br />

in die Tremass-Werke Leningrad federführend in diesem Bereich<br />

tätig war. Neben der Entwicklung eigener Typen galt das<br />

Augenmerk der sowjetischen Führung auch der Anpassung<br />

eines ausländischen Modells an Landesgegebenheiten. Die Wahl<br />

fiel dabei auf die DKW Luxus 300. Ihr simpler Aufbau mit Press-<br />

Stahlrahmen und Zweitakt-<strong>Ein</strong>zylindermotor empfahl sie für<br />

die sowjetische Massenproduktion, die 1932 unter dem Fabrikatsnamen<br />

L-300 bescheiden begann und zwischen 1936 und<br />

1939 größere Umfänge erreichte.<br />

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Produktionseinrichtungen<br />

des DKW-Motorradwerkes Zschopau demontiert<br />

und nach Ischewsk verlagert. Das erste Nachkriegsmodell<br />

„Isch-350“ zeigt deutlich die Urheberschaft der DKW NZ 350.<br />

Auch für die RT 125, dem me<strong>ist</strong> kopierten Motorrad der Welt,<br />

begann eine weitere Karriere in der Sowjetunion. Die Produktion<br />

fand kurz in Moskau statt, ehe sie nach Minsk verlegt<br />

wurde, wo heute noch Maschinen mit 125 Kubikzentimeter<br />

Zweitaktmotor gebaut werden. Die Komet K-125 aus der für<br />

zivile Produkte umgerüsteten Waffenfabrik Kowrow war ebenfalls<br />

eine Kopie der DKW RT 125. Anlagen der Wanderer-Werke<br />

kamen u. a. nach Kiew zur Produktion der K-1B, eine nahezu<br />

100-prozentige Wanderer 1-Sp.<br />

<strong>Ein</strong>ige dieser Modelle konnte das Team des Museums für sächsische<br />

Fahrzeuge e. V. um Vereinspräsident Ludwig Karsch ausfindig<br />

machen und die Leihgeber für eine Ausstellung gewinnen.<br />

Dazu gehören auch für den Rennsport gebaute Maschinen<br />

wie die L-100 von 1954, die insgesamt drei Tanks besitzt,<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Außergewöhnliche Sonderausstellung im Museum für sächsische Fahrzeuge Chemnitz<br />

Sowjetische Rennsportmaschinen. Im<br />

Vordergrund die L-100 mit drei Tanks.<br />

Die PMZ-A-750 gilt als die erste schwere<br />

Maschine, die zwischen 1930 und 1950<br />

in der Sowjetunion gebaut wurde.<br />

<strong>Ein</strong> aus Flugzeugkomponenten bestehendes<br />

Gespann Marke Eigenbau.<br />

Fotos: Frank Reichel<br />

die durch ein Überdrucksystem miteinander verbunden sind.<br />

Ebenso sehenswert <strong>ist</strong> ein aus Flugzeugkomponenten bestehender<br />

Gespann-Eigenbau. Der Boxermotor besitzt zwei Zylinder<br />

eines IL-18-Motors. Das Motorgehäuse wurde aus Aluminiumplatten<br />

zusammengeschweißt. Der Hubraum beträgt<br />

ca. 1800 Kubikzentimeter und die Reifen weisen eine Größe<br />

auf wie die des Geländewagens Lada Niva. Ina Reichel<br />

02/2010 7


8<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Mit technischen Spitzenle<strong>ist</strong>ungen<br />

zu Grand Prix Erfolgen<br />

Die Le<strong>ist</strong>ungen der Motoren lagen damals<br />

bei 5 PS, die Fahrzeugmasse bei<br />

1000 Kilogramm. Die ersten großen<br />

Innovationen der Fahrzeugtechnik waren<br />

das Zahnradgetriebe, und die Luftbereifung.<br />

Beides galt zunächst als unmöglich<br />

und die Verwirklichung <strong>ist</strong> ohne<br />

die fordernde und fördernde Wirkung<br />

des Rennsports nicht vorstellbar.<br />

Die Gebrüder Renault verwirklichten als<br />

erste die Zahnradgetriebe, Michelin bot<br />

als erster bei einem Rennwagen Luftreifen<br />

an, 1895 durfte der Fahrer des Peu-<br />

02/2010<br />

Der Weg zum Auto Union Rennwagen Typ C<br />

geot beim ersten Rennen allein 50 Mal<br />

die Reifen flicken. Erst 10 Jahre später<br />

kam die abnehmbare Felge…<br />

Seit der Jahrhundertwende wurden spezielle<br />

Rennwagenkonstruktionen auf die<br />

P<strong>ist</strong>en gebracht, aus leichtem Material,<br />

mit längeren Radständen, mit tiefem<br />

Schwerpunkt und mit vorn liegenden<br />

Motoren zur besseren Masseverteilung.<br />

Etwa seitdem gibt es auch Rennformeln<br />

(erstmals Gordon Bennett 1900), die<br />

gleiche Bedingungen für alle Teilnehmer<br />

fixierten. Die technische Ausbeute war<br />

Oben: Rosemeyer mit dem 520 PS Typ C auf dem Nürburgring.<br />

Unten: Das Bild widmete Rosemeyer seinem Monteur Max Biese.<br />

Die Rennwagen, die wir heute immer noch bewundern, empfinden nicht nur wir Heutigen als außerordentlich –<br />

sie waren bereits damals, vor 70 bis 75 Jahren, technische Spitzenle<strong>ist</strong>ungen ihrer Zeit. Man muss sich vergegenwärtigen,<br />

dass nur wenige Jahrzehnte vorher die allerersten Rennveranstaltungen überhaupt stattgefunden<br />

haben. Wie es dabei zuging, veranschaulicht am besten 1894 die Anweisung des Chefredakteurs einer Pariser<br />

Tageszeitung an seinen Sportredakteur, das Rennen zu verfolgen und Stimmungsberichte von den Fahrern einzufangen.<br />

Als geeignetes Begleitfahrzeug gab er ihm dazu ein Fahrrad!<br />

gewaltig: elektrische Zündung, Kardanantrieb,<br />

Kugellager, Spezialstähle und<br />

Leichtmetalle hielten <strong>Ein</strong>zug ebenso wie<br />

die mechanisch gesteuerten Ventile,<br />

Mehrganggetriebe und wesentlich verbesserte<br />

Schmierung.<br />

Die Kraftfahrzeugtechnik hat in den Jahrzehnten<br />

danach vor allem dank des in<br />

heute nicht mehr vorstellbarer Breite<br />

und Vielfalt betriebenen Motorsports<br />

geradezu einen Satz nach vorn gemacht.<br />

Damit war erneut eine Richtung gewiesen:<br />

Anordnung und Steuerung der Ven-


Oben: Großer Preis von Deutschland Nürburgring<br />

1937: Sechs auf einen Streich!<br />

Unten: Für Bergrennen wurde auch der Typ C auf<br />

der Hinterachse mit Zwillingsrädern ausgerüstet.<br />

tile, Form des Zylinderkopfes, das Vermeiden<br />

von Stau- und Wirbelbildungen<br />

in den Ansaugkanälen. Die Begrenzung<br />

der Kurbelwellenmassen brachten den<br />

OHC-Motor, die vierventiligen Köpfe<br />

und die Halbkugelform des Zylinderkopfes.<br />

Schon 1923 hatten sich die Drehzahlen<br />

und die Literle<strong>ist</strong>ungen verdoppelt.<br />

Den letzten Kick brachte genau zu<br />

dieser Zeit die Kompressoraufladung, die<br />

zusätzliche Le<strong>ist</strong>ungen von anfangs etwa<br />

40, später über 100 PS mobilisieren<br />

konnte.<br />

Die Motorle<strong>ist</strong>ungen lagen Ende der<br />

1920er Jahre im Rennwagenbau bei 135<br />

PS (Bugatti), 190 PS (Alfa Romeo P 3).<br />

Pionierarbeit le<strong>ist</strong>eten bei der <strong>Ein</strong>führung<br />

des Kompressors die Italiener (Alfa und<br />

Fiat), die Franzosen (Delage), die Engländer<br />

(Sunbeam) und die Deutschen<br />

(Mercedes-Benz).<br />

Alle Kraft galt dem Motor, das Fahrgestell<br />

interessierte kaum einen Konstruk-<br />

teur. Was das Chassis anbetraf, waren die<br />

Unterschiede zwischen dem Kompressor-Fiat<br />

vor 1922 und dem 2,9 l Maserati,<br />

der 1932 den Großen Preis von Frankreich<br />

gewann, minimal.<br />

Das war die Lage, als 1934 erstmals die<br />

deutschen Silberpfeile auftraten. Für die<br />

knapp zwei Jahre früher gegründete Auto<br />

Union war dies eine Premiere überhaupt.<br />

Als ihr Geburtszeichen hatten ihre<br />

Väter die vier ineinander verschlungenen<br />

Ringe gewählt. Damit wollten sie zum<br />

Ausdruck bringen: die enge Verbundenheit<br />

der beteiligten Marken Audi, DKW,<br />

Horch und Wanderer untereinander, die<br />

Assoziation zum Olympiajahr und damit<br />

eine Programmatik, innerhalb derer<br />

sportlich akzentuierte Ambitionen großen<br />

Spielraum hatten.<br />

Die Vielfalt motorsportlicher Veranstaltungen<br />

in jenen Jahren <strong>ist</strong> heute kaum<br />

noch vorstellbar. Turniere, Corso-Fahrten<br />

mit und ohne Blumen, Zielfahrten, Sternfahrten,<br />

Fuchsjagden, Geländeprüfungen<br />

und Nachtfahrten füllten die Jahresprogramme<br />

der kleinen und großen Clubs.<br />

Als besondere Konzentrationspunkte<br />

galten natürlich die großen und gar international<br />

besetzten Veranstaltungen auf<br />

den Rennstrecken und Fernstraßen.<br />

In diesen Jahren etablierte sich – nach<br />

Unterbrechung durch den Weltkrieg –<br />

der Motorsport als technische Sportdisziplin<br />

und geriet dabei sofort zum Massenerlebnis.<br />

Er wurde und blieb bis heute<br />

eine der zuschauerreichsten Sportarten.<br />

Die Kraftfahrzeugindustrie hatte<br />

schon frühzeitig begriffen, dass sich mit<br />

diesem Engagement nicht nur sehr effektiv<br />

technische Versuche, sondern vor<br />

allem auch außerordentlich wirksame<br />

Werbungen verbinden ließen.<br />

Insofern gab es auch für die Auto Union<br />

genügend Veranlassung, sich ebenso im<br />

Automobil-Grand-Prix-Sport neu unter<br />

die Konkurrenten zu mischen. Motorsportliches<br />

Engagement als Notwendigkeit<br />

für das eben erst gegründete Unternehmen<br />

hat in seiner Vorstandsetage nie<br />

in Zweifel gestanden.<br />

Die Auto Union trat zum Avus-Rennen<br />

1934 als erste und einzige deutsche<br />

Firma – Daimler-Benz war mit den Vorbereitungen<br />

nicht fertig ge<strong>worden</strong> – mit<br />

einem Werksrennstall in der neuen 750<br />

Kilogramm Formel an. Die war 1932 verkündet<br />

<strong>worden</strong>: Alles freigestellt bis auf<br />

das Maximalgewicht von 750 Kilogramm,<br />

das aber ohne Fahrer, Benzin, Öl, Wasser<br />

und Reifen gemessen wurde. Fahrbereit<br />

hatten die Wagen also durchweg eine<br />

Eigenmasse von über einer Tonne.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Der gesamte Motorsport war organisatorisch<br />

bei der Auto Union der Abteilung<br />

Öffentlichkeitsarbeit, wie wir sie<br />

heute nennen würden, unterstellt. Die<br />

Zwickauer Rennabteilung <strong>ist</strong> erst mit<br />

dem Bau des Grand Prix Rennwagens<br />

1933 entstanden. Richard Voelter war als<br />

Abteilungsleiter für die Mitarbeiter zwar<br />

Disziplinarvorgesetzter, besaß jedoch<br />

lediglich Vollmachten für die Personalpolitik.<br />

Alle entwicklungs- und fertigungsbezogenen<br />

Weisungen zum Rennwagenbau<br />

entzogen sich seiner Befugnis, sie bedurften<br />

der ausdrücklichen Zustimmung<br />

der Vorstandsmitglieder William Werner<br />

bzw. Dr. Bruhn.<br />

Mit dieser direkten Unterstellung unter<br />

den Unternehmensvorstand sollten Komplikationen<br />

überwunden werden, die<br />

voraussehbar waren für die Fälle, wo die<br />

Rennabteilung der Zuarbeit des Vorrichtungsbaues,<br />

der Härterei, des Werkzeugmaschinenbaus,<br />

der Dreherei usw. bedurfte.<br />

Denn dies war eine der Eigentümlichkeiten<br />

in Zwickau, dass man diese<br />

Rennabteilung weitgehend von der Serienfertigung<br />

abhängig bleiben ließ – jedenfalls<br />

was den Bau der Rennwagen betraf.<br />

Die Kurbelwelle für den Horchmotor<br />

und für den Rennwagen wurden von der<br />

gleichen Maschine bearbeitet – mit dieser<br />

Identität warb man auch in der<br />

Öffentlichkeit.<br />

Der Nachteil einer solchen Organisation<br />

lag auf der Hand: Als mit der gerade in<br />

diesen Jahren einsetzenden außerordentlichen<br />

Beschleunigung der Motorisierung<br />

in Deutschland, mit der Zunahme<br />

der Rüstungsprobleme in der Kraftfahrzeugfertigung,<br />

mit den komplizierter<br />

werdenden Zuliefererbeziehungen die<br />

Top-Manager, die sich dafür die Entscheidungsgewalt<br />

vorbehalten hatten,<br />

immer mehr überlastet wurden, litt darunter<br />

auch und vor allem die Rennabteilung.<br />

Sie verfügte zwar über zahlreiche<br />

moderne Hilfsmittel, wie Prüfstände,<br />

Simulatoren usw., scheiterte jedoch<br />

an der Notwendigkeit, ihre Belange in<br />

anderen Abteilungen des Hauses durchsetzen<br />

zu können, deren Zuarbeit sie<br />

dringend brauchte und die aus Überlastungsgründen<br />

immer weniger bereit<br />

und in der Lage waren, bei der Erfüllung<br />

von Sonderwünschen in notwendiger<br />

Weise entgegenkommend zu sein.<br />

Der Anstoß zur Entwicklung der Auto<br />

Union Rennwagen war schon früher erfolgt:<br />

1931 hatte der Wanderer-Generaldirektor<br />

Klee einen Entwicklungsauftrag<br />

an Ferdinand Porsche vergeben, der<br />

nach der Auto Union Gründung vom<br />

02/2010 9


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Oben links: Mai 1937: Rosemeyer erreicht mit dem Auto Union Typ C auf der Avus-Geraden sagenhafte 380 km/h.<br />

Unten links: Im April 1937 fanden auf der Avus Versuchsfahrten mit der Stromlinienkarosserie statt.<br />

Mitte: Typ C auf Rekordfahrt.<br />

neuen Konzern übernommen <strong>worden</strong> <strong>ist</strong><br />

und der einen Rennwagen nach der<br />

neuen 750 Kilogramm Formel zum Ergebnis<br />

haben sollte. Dieser Porsche-Entwurf<br />

sah zwei Achtzylinderblöcke mit<br />

einer aus einem Stück geschmiedeten<br />

Kurbelwelle sowie einer einzigen Nockenwelle<br />

für alle 32 Ventile vor. Der<br />

Motor hat eine Entwicklung in drei Stufen<br />

erlebt: Anfangs le<strong>ist</strong>ete er 295 PS bei<br />

4,4 l Hubraum (Typ A), ein Jahr später<br />

erzielte man 373 PS aus 5 l Hubraum<br />

(Typ B) und schließlich kam 1936 der<br />

Gipfelpunkt mit 520 PS aus 6 l Hubraum<br />

(Typ C). Dabei hatte sich das Grundkonzept<br />

der Konstruktion nicht geändert.<br />

Der 16 Zylinder V-Motor war in der<br />

Mitte des Wagens und hinter dem Fahrer<br />

angeordnet und nahm damit die heute<br />

im Rennwagenbau übliche Anordnung<br />

um Jahrzehnte vorweg. Der hinter dem<br />

Fahrer u-förmig angeordnete Tank (280 l)<br />

lag genau im Schwerpunkt des Wagens.<br />

Interesse verdient die Vorderradaufhängung:<br />

Es handelte sich um eine Doppelkurbelachse,<br />

oben mechanisch gedämpft,<br />

unten drehstabgefedert (Porsche-Erfindung).<br />

Der Motor war mit zuletzt 6 l Hubraum<br />

und nun mehrgliedriger Hirth-Kurbelwelle<br />

so elastisch (maximales Drehmoment<br />

87 kgm bei 2500 U/min), dass er<br />

mit einem Vierganggetriebe auskam. Bei<br />

diesem wurde der Schalthebel wie von<br />

alters her in einer Schaltkulisse geführt.<br />

10<br />

02/2010<br />

Und eigentlich war es ein Fünfganggetriebe,<br />

von dem aber der erste Gang wegen<br />

des nicht beherrschbaren Kraftüberschusses<br />

nicht verwendet <strong>worden</strong> <strong>ist</strong>.<br />

Der Auto Union Typ C war 1936 der<br />

erfolgreichste deutsche Grand Prix<br />

Rennwagen. Er gewann drei von fünf<br />

Großen Preisen, die Hälfte der Rundstreckenrennen<br />

und alle Bergrennen, an<br />

denen die Auto Union teilnahm. Über<br />

30 Weltrekorde sind damit aufgestellt<br />

<strong>worden</strong>.<br />

Seit 1936 arbeiteten die Auto Union<br />

Techniker gemeinsam mit den Aerodynamikern<br />

des Konstruktionsbüros<br />

Porsche im Windkanal an einer besonders<br />

strömungsgünstigen Rennwagenkarosserie.<br />

Diese wurde Ende April 1937<br />

zum ersten Mal auf der neu gestalteten<br />

Avus in Berlin erprobt und dort auch am<br />

31. Mai 1937 zum einzigen Mal in einem<br />

Rennen eingsetzt. Mit diesen strömungsgünstigen<br />

Aufbauten wurden jetzt<br />

Geschwindigkeiten erreicht, die bisher<br />

für unmöglich gehalten wurden.<br />

Hier und nur dieses einzige Mal traten<br />

die Stromlinien-Silberpfeile von Auto<br />

Union und Daimler-Benz gegeneinander<br />

im Rennen an. In zwei Vorläufen qualifizierten<br />

sich die Teilnehmer des Hauptfeldes.<br />

Die schnellsten Zeiten schafften<br />

dabei Bernd Rosemeyer (4:11:1 min) und<br />

Herrmann Lang (4:11:2 min). Das bedeutete<br />

auf der 19,2 km langen Avus-<br />

Runde einen Durchschnitt von über 275<br />

Rechts oben: Rosemeyer im Typ C Drive bei seinem<br />

letzten Rennen in Donington 1937.<br />

Rechts unten: Beim Stichlauf zur Deutschen Bergme<strong>ist</strong>erschaft<br />

auf dem Schauinsland.<br />

km/h. Unerreicht blieb die Rosemeyer-<br />

Zeit aus dem Training: <strong>Ein</strong>en Tag vor dem<br />

Rennen hatte er mit 4:04:2 min den absoluten<br />

Avus-Rekord aufgestellt. Auf der<br />

Geraden hatte er dabei legendäre 380<br />

km/h erreicht. Damit war er nicht nur<br />

erheblich schneller als heutige Formel 1<br />

Rennwagen sind, sondern er schaffte<br />

auch die schnellste Zeit, die je auf einem<br />

Rundkurs erzielt <strong>worden</strong> <strong>ist</strong>.<br />

Die aus einer Aluminiumlegierung hergestellte<br />

Außenhaut des Rennwagens wog<br />

27 Kilogramm und wies nach entsprechender<br />

Gestaltung im Windkanal und<br />

dank der Mittelmotoranordnung einen<br />

Frontwiderstandsbeiwert von cw = 0,23<br />

auf. Der Wagen besaß eine pneumatische<br />

Hebeanlage, um den Reifenwechsel<br />

zu ermöglichen.<br />

Dieser sogenannte Avus- oder auch<br />

Stromlinienwagen auf dem Fahrgestell<br />

des Typ C kennzeichnet einen Höhepunkt<br />

im Zusammenwirken von Leichtbau,<br />

Aerodynamik und Fahrwerkgestaltung.<br />

Im Juni und Oktober 1937 errang die<br />

Auto Union mit dem Typ C bei Rekordfahrten<br />

auf der Autobahn Frankfurt –<br />

Heidelberg mehrere Welt- und Klassenrekorde<br />

und dabei überschritt Rosemeyer<br />

zum ersten Mal die 400 km/h-<br />

Grenze auf einer normalen Straße.<br />

Die Auto Union Rennwagen verkörperten<br />

insgesamt einige der wichtigsten Entwicklungsschwerpunkte<br />

der Auto Union:<br />

Hochle<strong>ist</strong>ungsmotoren, Leichtbau und


Aerodynamik. Gleichzeitig verkörperten<br />

sie dank ihrer Mittelmotoranordnung<br />

und der stromlinienförmigen Formgestaltung<br />

einige der schönsten Rennwagenformen<br />

aller Zeiten.<br />

Auf diesen Silberpfeilen tummelte sich die<br />

Fahrerelite Europas: Rosemeyer, Stuck,<br />

v. Delius, Hasse, Müller, Varzi, Fagioli und<br />

Nuvolari. Der <strong>Ein</strong>satz verlangte einen<br />

physischen Aufwand, der heute kaum<br />

noch vorstellbar <strong>ist</strong>. Schlagende ungedämpfte<br />

Lenkräder sorgten für blutige<br />

Hände, glühende Bremsen reichten die<br />

Hitze an die Pedale weiter. Das Reglement<br />

erlaubte nur zwei Monteure pro<br />

Wagen, ein Dritter durfte lediglich einweisen,<br />

ein weiterer war nur für das<br />

Tanken zuständig. Für den Reifenwechsel<br />

und das Tanken von 200 l Kraftstoff<br />

brauchten sie anfangs fast eine Minute.<br />

1937 ernteten die Auto Union Monteure<br />

am Nürburgring den tosenden Beifall<br />

des Publikums, als sie dies in 25 Sekunden<br />

schafften.<br />

Mercedes und Auto Union waren damals<br />

gleichwertige Hauptkonkurrenten. Ohne<br />

diesen Wettbewerb waren und sind die<br />

Höchstle<strong>ist</strong>ungen im deutschen Rennwagenbau<br />

der 1930er Jahre nicht vorstellbar.<br />

Und es waren genau diese Auseinandersetzungen,<br />

die der Auto Union angesichts<br />

nicht mehr zu steigernder Le<strong>ist</strong>ung<br />

dieses Motors den Weg zur Aerodynamik<br />

gewiesen haben. Die Rekordfahrten im<br />

Sommer und Herbst 1937 mit im Wind-<br />

kanal entwickelter Stromlinienkarosserie<br />

bewiesen, dass auf diese Weise der sehr<br />

viel stärkere Motor der Konkurrenz überboten<br />

werden konnte.<br />

Mit der 3 Liter Formel sollte 1938 dieser<br />

Entwicklung <strong>Ein</strong>halt geboten werden,<br />

das Ziel wurde nicht erreicht. Die Autos<br />

wurden aufwändiger, die Aufladung<br />

höher, die Drehzahlen desgleichen: nach<br />

einem Jahr war man mit halb so großen<br />

Motoren wieder dort, wo man vorher<br />

aufgehört hatte.<br />

Rechnet man auch die Zeit der folgenden<br />

3 Liter Formel hinzu, so war der Ertrag<br />

des Rennwagen-Engagements zwischen<br />

1934 und 1939 für die Auto Union<br />

beträchtlich. In Zahlen ausgedrückt: Teilnahme<br />

an 61 Rennen, davon 24 gewonnen,<br />

23 zweite und 17 dritte Plätze belegt.<br />

Teilnahme an 23 Bergrennen, davon<br />

18 gewonnen, drei Mal die Deutsche<br />

Me<strong>ist</strong>erschaft (1934, 1936 und 1938),<br />

vier Mal Bergme<strong>ist</strong>erschaft.<br />

Errungen wurde dieser Erfolg durch<br />

Spitzenle<strong>ist</strong>ungen auf den Gebieten des<br />

Leichtbaus, der Hochle<strong>ist</strong>ungsmotoren<br />

und der Aerodynamik. Bedeutsam war<br />

er, weil damit das junge und unbekannte<br />

Unternehmen auf einen Schlag den gleichen<br />

Bekanntheitsgrad errang wie das<br />

älteste Automobilbau-Unternehmen der<br />

Welt. Le<strong>ist</strong>ungsstärke und die Fähigkeit,<br />

sich damit auch gegen etablierte Mächte<br />

durchzusetzen, prägen seitdem das Markenbild<br />

der Vier Ringe.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Oben links: Boxenstopps wurden im Werk von den Monteuren geübt…<br />

Unten links: … und dann mit höchster Präzision bei den Rennen ausgeführt.<br />

Rechts: Nuvolari probiert beim Großen Preis der Schweiz 1937 die Fahrerposition im Auto Union Typ C.<br />

Es <strong>ist</strong> bekannt, dass die Silberpfeile nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg ein sehr unterschiedliches<br />

Schicksal erlebten. Die mit<br />

dem Stern auf der Haube waren geschützt<br />

und bewahrt und gewähren so<br />

auch heute noch den Genuss des Blickes<br />

auf ein originales Kunstwerk von einst.<br />

Die mit den Vier Ringen wurden als<br />

Reparationsgut nach Moskau gebracht,<br />

ihre Spur verliert sich dort. <strong>Ein</strong>er von<br />

denen <strong>ist</strong> gerettet <strong>worden</strong> und zwar von<br />

einer Handvoll von Leuten, die es nicht<br />

mit ansehen wollten, wie so ein technisches<br />

Kunstwerk dem Schneidbrenner<br />

zum Opfer fiel. Mit Raffinesse und Trickreichtum<br />

schafften sie es auch. So hat<br />

auch ein alter und nicht mehr fahrfähiger<br />

Silberpfeil zu Engagement und Tatkraft,<br />

Ideenreichtum und Risikobereitschaft<br />

geführt – Tausende von Kilometern entfernt<br />

von den Stätten seiner einstigen<br />

Erfolge und bei Menschen, die ihn nie im<br />

Renneinsatz erlebt hatten.<br />

In Zwickau haben sich die Nachfolger<br />

der einstiger Tüftler und Techniker ans<br />

Werk gemacht. Sie wollten sich ihren<br />

Vätern als ebenbürtig erweisen und haben<br />

sich einer sehr hoch gelegten Messlatte<br />

gestellt: Sie wollten ebenfalls einen<br />

750 Kilogramm Wagen auf die Räder<br />

stellen – und der Erfolg hat ihnen Recht<br />

gegeben.<br />

Prof. Dr. Peter Kirchberg<br />

Fotos: Archiv des Autors<br />

02/2010 11


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Der Rennwagen Typ C als Leihgabe<br />

von Audi im Horch Museum Zwickau.<br />

Wer kam wann und wie auf die Idee in der heutigen Zeit einen Rennwagen aus der Serie der „Silberpfeile“ der Auto<br />

Union nachzubauen – und warum? Noch dazu nicht irgend einen, sondern genau den, der in den Jahren 1936/37 als<br />

der auf technisch höchstem Niveau stehende Rennwagen im internationalen Automobilrennsport galt – den Typ C.<br />

Die Vorgeschichte beginnt mit dem 12. Dezember 2000. An<br />

diesem Tag wurde die „Gemeinnützige August Horch<br />

Museum GmbH“ durch die Audi AG und die Stadt Zwickau<br />

gegründet.<br />

Dr. Franz-Josef Paefgen, damaliger Vorstandsvorsitzender von<br />

Audi, stellte anlässlich dieses Ereignisses fest: „Unsere Geschichte<br />

soll in Zwickau sichtbar bleiben. Die vielfältige H<strong>ist</strong>orie<br />

unseres Unternehmens bedeutet für uns eine besondere<br />

Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit“.<br />

Audi unterstützte den nachfolgenden Um- und Neubau des<br />

August Horch Museums an h<strong>ist</strong>orischer Stätte der 1909 gegründeten<br />

Audi-Werke in Zwickau mit 6,6 Millionen Euro.<br />

Dies war weit mehr als ein nachhaltiges Bekenntnis zu den<br />

h<strong>ist</strong>orischen Wurzeln von Audi in der Stadt Zwickau – es war<br />

eben genau die von Dr. Franz-Josef Paefgen ausgesprochene<br />

„besondere Verpflichtung“.<br />

Am 27. September 2002 erfolgte der 1. Spatenstich zum Investitionsvorhaben.<br />

Parallel zu den baulichen Veränderungen am<br />

Standort arbeitete die Zwickauer Firma Ö-Konzept am<br />

Gestaltungskonzept für das neue Museum. Diplom-Gestalter<br />

Matthias Kaluza überschrieb seine Gestaltungsziele mit dem<br />

Leitspruch „Automobile Geschichte erleben“. In der Detailplanung<br />

ging es ihm darum „die einhundertjährige Automobilgeschichte<br />

in Zwickau in ihrer Vielschichtigkeit dem Besucher<br />

in Zeitabschnitten nachvollzieh- und erlebbar zu machen“. Im<br />

Konzept war auch dem Automobilrennsport der 1930er Jahre<br />

12<br />

02/2010<br />

Und er entstand<br />

in Zwickau – damals wie heute<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Versprechen</strong> wurde <strong>eingelöst</strong>: Wie es zum Nachbau des Rennwagens Typ C kam<br />

ein bestimmter Umfang und exponierter Platz zugewiesen.<br />

„Glanzlicht“ – ein Auto Union Rennwagen Typ C. Den gab es<br />

nicht in der Exposition des August Horch Museums, aber im<br />

Bestand der Audi AG.<br />

In den Räumlichkeiten des zwischenzeitlich provisorisch eingerichteten<br />

Museums in der Crimmitschauer Straße fand am<br />

16. Mai 2003 eine turnusmäßige Sitzung des Museumsbeirates<br />

statt. Auf der Tagesordnung standen der Bericht zum aktuellen<br />

Stand der Bauvorhaben und die Gestaltungskonzeption für<br />

das neue Museum. Zur Ausstellung in Bezug auf den Rennsport<br />

wurde offenbar, dass die Präsentation des Typ C als Leihgabe<br />

von Audi in der Dauerausstellung nur zeitlich begrenzt<br />

erfolgen kann. Das hieß für uns – das „Glanzlicht“ bleibt letztlich<br />

ein „Loch“ in der Museumsausstellung. Somit war klar – an<br />

der „Wiege der Rennwagen“ in Zwickau wird kein „Silberpfeil“<br />

auf Dauer in der Ausstellung vorhanden sein.<br />

Als an der Beiratssitzung teilnehmendes Mitglied des Förderverein-Präsidiums<br />

ergriff Dipl.-Ing. Rainer Mosig das Wort. Er<br />

führte aus, dass die Erfolge der „Silberpfeile“ der Auto Union<br />

aus der Rennabteilung des Werkes Horch in Zwickau in den<br />

30er Jahren des 20. Jahrhunderts den Höhepunkt der Zwickauer<br />

Automobilgeschichte darstellen. Horch mit nahezu 60<br />

Prozent Anteil der in Deutschland verkauften Luxus-Pkw und<br />

mit dem höchsten technischen Niveau im internationalen<br />

Automobilrennsport war 1936/37 technisch führend in der<br />

Welt. „Das neu gestaltete Zwickauer August Horch Museum


leibt ohne die dauerhafte Ausstellung eines ‚Silberpfeils‘ ein<br />

Torso. Wir werden ein solches Fahrzeug nachbauen – wenn<br />

unsere Leute das hier in den 30er Jahren schafften, dann<br />

schaffen wir das heute auch“, so Rainer Mosig.<br />

Bei den Anwesenden ernteten diese Worte zum Teil sehr ungläubige<br />

Blicke. Mit dieser Aussage und dem „Kopfnicken“ des<br />

Präsidenten des Fördervereins dazu stand das Bekenntnis im<br />

Raum: Der Förderverein übernimmt den Nachbau eines Rennwagens<br />

Typ C für das Museum in eigener Regie. Sehr wichtig<br />

war für uns: Von den Audi-Vertretern im Beirat wurde spontan<br />

die Unterstützung dieses Vorhabens zugesagt. Wie war<br />

die Ausgangslage zu diesem Zeitpunkt für das Vorhaben?<br />

Finanzielle Mittel (über 2 Millionen DM – so der Preis für einen<br />

Nachbau bei einer Firma in England) standen nicht zur Verfügung.<br />

Der Nachbau kann nur am Ort in Zwickau in Eigenregie<br />

durch den Förderverein mit Unterstützung durch Sponsoren<br />

und der Le<strong>ist</strong>ungskraft der in der Region ansässigen Unternehmen<br />

realisiert werden.<br />

Rainer Mosig stellte sich von Anbeginn mit enthusiastischem<br />

<strong>Ein</strong>satz in den Dienst der neuen Aufgabe und übernahm mit<br />

seinem beruflichen Erfahrungsschatz im Automobilbau (Entwicklung,<br />

Konstruktion und Versuch) die Leitung des Projekts.<br />

Ersten Rückhalt gab dem Vorhaben die Geschäftsleitung der<br />

FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung Sachsen mit der Zusage für<br />

die aktive Unterstützung. Am 24. Juli und 1. August 2003 fanden<br />

bereits Gespräche zwischen Audi und FES statt. Dabei<br />

ging es um die Nutzbarmachung ggf. noch vorhandener technischer<br />

Dokumente und Daten und die Erschließung von<br />

Möglichkeiten zur Fotografie und Vermessungen an dem bei<br />

Audi vorhandenen Rennwagen Typ C. Am 10. Oktober 2003<br />

schlossen die Partner darüber einen Vertrag ab.<br />

Projektleiter Rainer Mosig erstellte einen ersten Entwurf zur<br />

Aufgabenstellung und zum Arbeitsablauf, der am 21. August<br />

2003 im Präsidium des Fördervereins beraten wurde. Am 18.<br />

September 2003 waren Aufgabenstellung, Ablaufplan, Kostenschätzung<br />

und das Nutzungskonzept beschlossen. Der Inhalt in<br />

Kurzfassung: Für das August Horch Museum Zwickau soll für<br />

Ausstellungszwecke ein Nachbau des Rennwagens Typ C der<br />

Auto Union, der in der Rennabteilung des Werkes Horch weiter<br />

entwickelt und in den Jahren 1936/1937 zum <strong>Ein</strong>satz kam, erfolgen.<br />

Für Karosserie, Fahrwerk und Chassis (außer teilweise<br />

für Triebwerk) sind keine Konstruktionsunterlagen verfügbar.<br />

Die Karosserie soll handwerklich lediglich nur mit unterstützenden<br />

Konstruktionsskizzen, Fotos und Auswertungen einer<br />

vorhandenen Klopfmodellehre und des zeitweise als Leihfahrzeug<br />

im August Horch Museum befindlichen Rennwagens<br />

Typ C Nr. 5 gefertigt werden.<br />

Für die übrigen Baugruppen <strong>ist</strong>, ausgehend von den verfügbaren<br />

Fahrzeugen, vorhandenen Abbildungen und Beschreibungen,<br />

CAD-gestützt im System CATIA V5, eine vollständige<br />

Rekonstruktion der Konstruktion in Baugruppen und Teilen<br />

soweit durchzuführen, dass alle Teile gefertigt und montiert<br />

werden können.<br />

Dabei sollen die Teile in den äußeren Abmessungen und im<br />

optischen Aussehen weitgehend identisch sein bzw. Originalität<br />

vermitteln. Die Montagefähigkeit und Funktion der Baugruppe<br />

sind zu gewährle<strong>ist</strong>en.<br />

<strong>Ein</strong>e Eignung für den echten Fahreinsatz wird nicht gefordert.<br />

Für Transport und Verlagerung des Ausstellungsfahrzeuges soll<br />

eine Lenkbarkeit und Bremsfähigkeit vorhanden sein.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Die Arbeiten sollen im Auftrag des Gemeinnützigen Fördervereins<br />

Automobilmuseum August Horch Zwickau unter<br />

Regie eines Projektleiters unter maßgebender Mitwirkung und<br />

Ausführung durch die Firmen FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung<br />

Sachsen, Auto-Entwicklungsring Sachsen GmbH sowie<br />

weiterer Firmen der Region Sachsen, der Audi AG und unter<br />

Nutzung möglicher Unterstützung von staatlichen und privaten<br />

Förderungen durchgeführt werden.<br />

Die weitere Nutzung der bei der Audi AG vorhandenen<br />

Erfahrungen, Daten, der verfügbaren Vergleichs- und Originalteile<br />

aus dem Originalfahrzeug und den bereits durchgeführten<br />

Nachbauten <strong>ist</strong> anzustreben.<br />

<strong>Ein</strong>e erste Kostenschätzung lag bei 600.000 Euro. Die zu Beginn<br />

der Arbeiten eingeleiteten Recherchen zu noch vorhandenen<br />

bzw. für den Nachbau nutzbaren technischen Unterlagen<br />

oder Daten brachten keine positiven Ergebnisse. Die am<br />

16. Oktober 2003 übergebenen zwei Daten-CD von Audi<br />

enthielten keine Umfänge zu Karosserie und Fahrwerk. Anfragen<br />

an Audi Tradition zu vorhandenen Unterlagen/Skizzen<br />

bei einer Firma in England wurden am 22. Januar 2004 negativ<br />

beschieden. <strong>Ein</strong> weiterer Hinweis von Audi Tradition zu einer<br />

Designer-Firma in Norditalien blieb nach Anfrage durch<br />

Kostenforderungen im März 2004 ohne Ergebnis.<br />

Erst die Vermessungen und angefertigte Fotos am Rennwagen<br />

Typ C, der anlässlich der Neueröffnung des August Horch Museums<br />

als Leihgabe von Audi zur Verfügung stand, ergaben für<br />

die Projektgruppe im September 2004 die ersten, für die<br />

Konstruktion verwertbaren Ausgangsdaten.<br />

Prof. Dr. Carl H. Hahn sprach anlässlich der Neueröffnung des<br />

August Horch Museums am 10. September 2004 die motivierenden<br />

Worte:„Unser neues Zwickauer Automobilmuseum <strong>ist</strong><br />

ein Schaufenster in Sachsen wie es in kaum einer anderen<br />

Region Deutschlands in den vergangenen 100 Jahren aufgebaut<br />

wurde. Pionierge<strong>ist</strong>, <strong>Ein</strong>satzwille und das Geschick der<br />

Ingenieure und Facharbeiter waren damals wie heute Grundpfeiler<br />

des automobilen Erfolgs.“<br />

Der schwere Weg <strong>ist</strong> zurückgelegt. Wir lösen unser <strong>Versprechen</strong><br />

ein. Das August Horch Museum kann einen „Silberpfeil“<br />

der Auto Union vom Typ C in der Dauerausstellung präsentieren<br />

– und er entstand in Zwickau.<br />

Dr.-Ing. Rainer Albrecht<br />

Im Museumsprovisorium an der Crimmitschauer Straße in Zwickau fiel<br />

die Entscheidung für den Nachbau des Rennwagens Typ C.<br />

Foto: Horch Museum<br />

02/2010 13


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

<strong>Ein</strong> überaus anspruchsvolles<br />

Projekt auf die Räder gestellt<br />

Der Nachbau des Auto Union Rennwagens Typ C<br />

steht als Ausstellungsstück für das Horch Museum bereit<br />

Der 26. August 2010 markiert einen Meilenstein in der siebenjährigen<br />

Geschichte des Rennwagen-Nachbaus Typ C. An diesem Tag stand der Bolide<br />

erstmals komplett auf eigenen Rädern. Das Projektteam um den erfahrenen Diplomingenieur<br />

Rainer Mosig konnte das Ende einer überaus engagierten, kraft- und zeitaufwändigen Arbeit<br />

verkünden. Ab Mitte Februar 2011 wird der Silberpfeil seinen festen Platz in der Dauerausstellung<br />

des August Horch Museums Zwickau erhalten und damit eine wesentliche Lücke zum Zwickauer<br />

Rennwagenbau schließen.<br />

Mit dem Präsidiumsbeschluss des Horch-<br />

Museum-Fördervereins vom 18. September<br />

2003 war der „Startschuss“ für den<br />

offiziellen Beginn der Arbeiten gefallen.<br />

Entgegen der geplanten Fertigstellung<br />

2007 ergaben sich laufend Verzögerungen.<br />

Gründe waren die geringen verfügbaren<br />

finanziellen Mittel und eine damit<br />

erforderliche Anpassung an die zeitlich<br />

mögliche <strong>Ein</strong>ordnung von Sponsorenle<strong>ist</strong>ungen<br />

bei den zur Unterstützung<br />

bereiten Firmen.<br />

Da 1946 alle technischen Unterlagen,<br />

Bauteile und Fahrzeuge des Auto Union<br />

Rennwagenbereiches als Reparationsle<strong>ist</strong>ungen<br />

in die UdSSR gebracht wurden<br />

und trotz Suche dort nicht mehr<br />

auffindbar sind, ließ sich ein Nachbau<br />

nicht darauf stützen. Trotz Recherchen<br />

eines Beauftragten der Audi Tradition<br />

konnten auch keine Fertigungszeichnungen<br />

o. a. durch die Audi AG bereitgestellt<br />

werden. Auf den von Audi übergebenen<br />

zwei CD waren nur Zeichnungen,<br />

Bilder und Skizzen für Motor und<br />

Getriebe, insbesondere von Crosthwaite<br />

& Gardiner, teilweise vorhanden. Digitale<br />

Messdaten der Karosserieaußenform,<br />

von Audi Mitte der 1990er Jahre für die<br />

Fertigung einer Typ C-Karosserie in Italien<br />

ermittelt, wären nur für einen hohen,<br />

nicht verfügbaren finanziellen Betrag von<br />

der Turiner Firma zu erhalten gewesen.<br />

Verfügbar waren:<br />

1. Sehr schlechte Zeitungskopien von<br />

technischen Skizzen von Baugruppen<br />

des Typ C aus den dreißiger Jahren.<br />

14<br />

Die ersten Schritte<br />

02/2010<br />

2. Am zeitweise von Audi an das<br />

August Horch Museum Zwickau als<br />

Leihgabe übergebenen Typ C/Nr. 5<br />

(Nachbau durch Crosthwaite &<br />

Gardiner) konnten Auswertungen<br />

vorgenommen werden. <strong>Ein</strong>e Demontage<br />

war nicht erlaubt!<br />

3. <strong>Ein</strong>e Klopfmodelllehre der Außenhaut<br />

des Typ C, die sich im Fundus<br />

des August Horch Museums befand.<br />

4. Schnittmodell Originalfahrzeug Typ C<br />

im Deutschen Museum München.<br />

5. Handelsübliche Bücher zu den<br />

Rennfahrzeugen der Auto Union AG<br />

der 1930er Jahre.<br />

6. <strong>Ein</strong> 1:18 Modell und ein 1:8 Modell<br />

des Typ C aus dem Handel als grobe<br />

Anschauungsmuster.<br />

Die nicht mögliche Demontage der<br />

Leihgabe Typ C bis in die <strong>Ein</strong>zelteile lässt<br />

eine allein werkstattmäßige Fertigung<br />

mit Skizzen, wie bei Nachbauten üblich,<br />

nicht zu. Da auch Zeichnungen nicht<br />

verfügbar waren, wurde eine „Nachkonstruktion“<br />

unumgänglich! Sie wurde<br />

mit dem System CATIA V5 mit den<br />

Schnittstellen 3D und 2D durchgeführt.<br />

Dieses Vorgehen vereint die Möglichkeiten<br />

der dreidimensionalen konstruktiven<br />

Bearbeitung von dünnwandigen<br />

Teilen (Karosserie) und dickwandigen<br />

Teilen (Fahrwerk, Triebwerk), aber auch<br />

Rotationsteilen (Wellen, Achsen usw.)<br />

sowie der räumlichen Strukturen ihres<br />

Zusammenbaues.<br />

Sehr wichtig für uns: Aus den körperlichen<br />

Darstellungen lassen sich Werkstattzeichnungen<br />

ableiten, die für handwerkliche<br />

Fertigung von quasi „Prototypenteilen“<br />

wie hier der Fall unerlässlich<br />

Projektleiter Rainer Mosig (l.) mit den<br />

studentischen Konstrukteuren 2004/2005.<br />

Praktikanten beim Nachkonstruieren.<br />

Die ausgekleidete Klopfmodelllehre mit<br />

Fugenlage.


<strong>Ein</strong> sieben Jahre währendes Projekt <strong>ist</strong><br />

vollendet: Am 26. August 2010 konnte der<br />

Nachbau des Typ C erstmals fürs Foto<br />

präsentiert werden.<br />

Projektleiter Rainer Mosig (.l) und das Team<br />

erfahrener Karosserieklempner der FES GmbH<br />

Fahrzeug-Entwicklung Sachsen.<br />

Karosserieklempner Lutz Böhme bei der<br />

Karosseriemontage des Typ C.<br />

sind. Generell <strong>ist</strong> zum Vorhaben festzuhalten,<br />

dass bisher kein vergleichbares<br />

Projekt bekannt <strong>ist</strong>, bei dem ein Fahrzeug<br />

mit technischem Stand der 1930er<br />

Jahre mit modernen Konstruktionsmethoden<br />

erfasst und dokumentiert<br />

wurde.<br />

Für diese Arbeiten bot sich im Zusammenwirken<br />

mit der Westsächsischen<br />

Hochschule Zwickau (WHZ) der <strong>Ein</strong>satz<br />

von Studenten aus den technischen<br />

Studiengängen, insbesondere der Fachrichtung<br />

Kraftfahrzeugtechnik an.<br />

Der „Funke“ sprang sofort über. Ab sofort<br />

gehörten Studenten der Hochschule<br />

dem Projektteam an. Im Spektrum der<br />

Le<strong>ist</strong>ungsumfänge, einen Rennwagen mit<br />

technischer Höchstwertigkeit der 1930er<br />

Jahre mit den Methoden und Instrumentarien<br />

der modernen Automobilentwicklung<br />

zu erstellen, ergaben sich Herausforderungen<br />

für die Durchführung von<br />

Praktika und der Bearbeitung von Ingenieurbelegen.<br />

Als Praktikanten waren<br />

Bernd Schob, Tino Schmidt, Rene Drechsel<br />

und nachfolgend Daniel Thorand,<br />

Daniel Kessler, Mario Zschiegner und<br />

später Chr<strong>ist</strong>ian Kühn im <strong>Ein</strong>satz.<br />

2003 bis 2007: Die erste Baustufe<br />

Diese Baustufe umfasste Karosserie mit<br />

Chassisrahmen, Cockpit mit Instrumententafel<br />

und Sitz, Lenksäule sowie<br />

Wasser- und Ölkühler, um eine zwischenzeitliche<br />

Ausstellung auf Gestell<br />

und die Weiterführung durch Montage<br />

des Fahrwerkes in einer zweiten Baustufe<br />

zu ermöglichen. Bereits in den ersten<br />

Planungsphasen begann das Projektteam<br />

unter Leitung von Dipl.-Ing. Rainer<br />

Mosig im August 2003 mit den Vorarbeiten<br />

für die Erstellung der Karosserie.<br />

Die erforderliche Fachkompetenz für<br />

den Karosseriebau konstruktiv und<br />

handwerklich, vor allem aber auch das<br />

notwendige Maß an Bege<strong>ist</strong>erung für das<br />

höchst anspruchsvolle Projekt fand der<br />

Förderverein bei der Zwickauer FES<br />

GmbH Fahrzeug-Entwicklung Sachsen<br />

und der Auto-Entwicklungsring Sachsen<br />

GmbH auf dem Firmengelände des ehemaligen<br />

Horchwerkes in Zwickau. Damit<br />

ergab sich die bemerkenswerte Konstellation,<br />

dass das Vorhaben unmittelbar<br />

dort realisiert wurde, wo sich in den<br />

1930er Jahren die Rennabteilung der<br />

Horchwerke befand. Die praktischen<br />

Arbeiten für die Karosserie begannen damit,<br />

dass an dem bei der Audi Tradi tion<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

in Ingolstadt befindlichen Typ C/Nr. 5<br />

eine ausführliche Studie über Teileaufgliederung<br />

der Karosseriestruktur sowohl<br />

in Skizzen als auch mit Bildern vorgenommen<br />

wurde. <strong>Ein</strong>e im August Horch<br />

Museum vorhandene Klopfmodell-lehre<br />

vom Rennwagen Typ C aus Hart-holz<br />

konnte leihweise übernommen werden.<br />

Dazu erfolgte deren Überführung in die<br />

Abteilung Versuchsbau der FES GmbH,<br />

deren Räumlichkeiten auch gleichzeitig<br />

zum Domizil des Projektteams wurden.<br />

Zur konstruktiven Festlegung der Karosseriestruktur<br />

und der Außenhaut wurden<br />

von der Klopfmodelllehre die Konturen<br />

der Spanten und Schottwände auf<br />

einer 3D-Messmaschine digital erstellt –<br />

ein erster wichtiger Schritt.<br />

Mit Abschluss der Messdatenaufnahme<br />

und den negativen Bescheiden zu angefragten<br />

technischen Unterlagen bzw.<br />

Daten beschloss das Projektteam im<br />

April 2004, um keine Zeit zu verlieren,<br />

die Arbeiten praktisch vom Stande Null<br />

an in Eigenle<strong>ist</strong>ung zu erbringen. Parallel<br />

dazu wurde die Klopfmodelllehre in den<br />

Hohlräumen zwischen den Spanten von<br />

den FES-Modellbauern Jens Brüderlein,<br />

Thomas Heydecke, Rene Schliebs, Mario<br />

Nitsch und Holger Lange mit Schaum<br />

verfüllt und geglättet, wodurch ein ganzflächiges<br />

Volumenmodell des Karosseriekörpers<br />

geschaffen wurde.<br />

Nach erneuter Abtastung der Gesamtoberfläche<br />

auf der 3D-Messmaschine im<br />

Oktober 2004 konnten die Daten der<br />

Karosserieoberfläche in ihrer Gesamtheit<br />

konstruktiv festgeschrieben werden. Auf<br />

Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse<br />

vom Leihfahrzeug Typ C waren nunmehr<br />

im Abgleich mit den digitalisierten<br />

Daten vom Modell die Fugenlagen der<br />

Karosserie auf die Außenhaut der Klopfmodelllehre<br />

übertragbar.<br />

Erfreulich: Die Abweichungen zwischen<br />

den Oberflächendaten der Klopfmodelllehre<br />

und denen vom Original Typ C waren<br />

nur gering und vermittelbar.<br />

Unter Regie von Berto Schubert, Leiter<br />

des FES-Karosseriebaus, erfolgte schrittweise<br />

die Fertigung der Außenhautteile<br />

in Aluminium in Handarbeit durch berufserfahrene<br />

Karosserieklempner wie<br />

Lutz Böhme, Jens Schubert, Michael<br />

Hartig, Ronald Mattivi und Bernd Härtel.<br />

Sie fertigten in traditioneller Handarbeit<br />

unter <strong>Ein</strong>bringung ihrer langjährigen Berufserfahrung<br />

die Teile der Außenhaut<br />

und der Struktur der Karosserie.<br />

Auf einem provisorischen Fertigungs-<br />

Chassisrahmen erfolgten der Karosserie-<br />

02/2010 15


aufbau und die Anpassung der <strong>Ein</strong>zelteile<br />

vom Chassisrohrrahmen aus mit<br />

den Schottwänden und Kleinteilen zu<br />

den Außenhautteilen hin.<br />

Parallel dazu wurden die Außenhautteile<br />

grob vorgefertigt und über die Klopfmodelllehre<br />

und den 5 Schottwänden des<br />

Fahrzeuges, welche die Außenkontur bestimmen,<br />

angepasst.<br />

Der Schwerpunkt der konstruktiven<br />

Unterstützung bestand in der vom<br />

Karosseriebau vorgegebenen Reihenfolge<br />

der Teile hinsichtlich Bereitstellung<br />

von Werkstattzeichnungen und Fotos<br />

für die Schottwände und Kleinteile. Von<br />

der Abteilung Karosseriekonstruktion<br />

der FES GmbH wirkten in dieser Phase<br />

die Dipl.-Ing. Sebastian Klein und<br />

Michael Krause und der Praktikant<br />

Mario Zschiegner mit.<br />

Zwischenzeitlich hatte der Praktikant<br />

Rene Drechsel den Chassisrohrrahmen<br />

konstruktiv erarbeitet. Unter Regie von<br />

Werner Seidel, Präsidiumsmitglied des<br />

Fördervereines, wurden über die Materialbeschaffung<br />

der ZIS Schweißtechnik<br />

Meerane und der Fertigung im Dampfkesselbau<br />

Meerane die Chassisrohre gefertigt.<br />

Das Schweißen des Rohrrahmens<br />

erfolgte in der FES GmbH. Am 15. März<br />

2007 fand eine Vor-Ort-Besichtigung des<br />

Arbeitstandes in der FES GmbH durch<br />

das Präsidium des Fördervereins gemeinsam<br />

mit dem Projektteam statt. Festgelegt<br />

wurde die weitere Vorgehensweise<br />

zur Lackierung der Karosserie und des<br />

Oberflächenfinish. Noch stand die Fertigung<br />

des Kühlers offen. Die Restaurationsfirma<br />

Werner Zinke Zwönitz prüfte<br />

die Übernahme dieser Fertigung.<br />

Im April 2007 wurden die Karosserieteile<br />

und der Chassisrahmen bei der ATC<br />

Autotechnikcenter GmbH in Glauchau<br />

mit der Farbe Al-Silber Star matt lackiert<br />

und anschließend bei der FES montiert.<br />

Des weiterem erfolgte der <strong>Ein</strong>bau des<br />

Cockpits mit Instrumenten, Lenksäule,<br />

Pedalwerk und Sitz. Die Vorbereitungen<br />

für die Anbindung von Öl- und Kühlkreislauf<br />

wurden vorgenommen und Kraftstoff-<br />

und Öltank eingebaut.<br />

Die Instrumente (Temperaturanzeigen<br />

für Wasser und Öl und Druckanzeigen<br />

für Öl und Kraftstoff) wurden in Abmessungen,<br />

Aussehen und Wirkprinzip konstruktiv<br />

festgelegt und von der Firma<br />

Zinke mit kleinen Betrieben in der<br />

Region voll funktionsfähig gefertigt. Die<br />

Sächsische Metall- und Kunststoffveredlung<br />

GmbH in Oberlungwitz mit<br />

Betriebsleiter Steffen Richter führte alle<br />

16<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

02/2010<br />

Matt- und Glanzverchromungen an den<br />

entsprechenden Karosserieaußenteilen,<br />

Lenksäule und Pedalwerkteilen aus. Damit<br />

soll für das Ausstellungsfahrzeug eine<br />

lange Lebensdauer ohne großen Pflegeaufwand<br />

erreicht werden. Sitzpolsterung,<br />

Lenkradummantelung in Rauleder sowie<br />

Kopfpolster führte Sattlerme<strong>ist</strong>er Wolfgang<br />

Dietrich aus Werdau originalgetreu<br />

aus. Auf die Pedalfertigung durch die IAV<br />

Chemnitz wird in der Darstellung Baustufe<br />

2 eingegangen. Die Montagearbeiten<br />

an der Karosserie (Baustufe 1) wurden<br />

am 1. Juni 2007 abgeschlossen. Noch<br />

fehlte der Wasserkühler.<br />

Zum 75. Jahrestag der Gründung der<br />

Auto Union am 29. Juni 2007 stand die<br />

fertiggestellte 1. Baustufe des Rennwagen-Nachbau<br />

Typ C erstmalig und als ein<br />

Höhepunkt in der Sonderausstellung<br />

„Rennen, Siege und Rekorde“ im August<br />

Horch Museum. Werner Zinke überrascht<br />

an diesem Tag mit der Übergabe<br />

der in seiner Firma gefertigten Wasserund<br />

Ölkühler, die noch, bevor der Nachbau<br />

Stufe 1 in die Dauerausstellung kam,<br />

im Fahrzeug montiert wurden. Damit<br />

hatten wir als Förderverein dem Museum<br />

die erste Baustufe im Wert von<br />

748.000 Euro mit Chassisrahmen, Karosserie,<br />

Cockpit mit Instrumenten und Pedalwerk<br />

bereitgestellt. In einer Gemeinschaftsveranstaltung<br />

des Fördervereins<br />

mit der Sparkasse Zwickau am 5. Juli<br />

2007 wurden die Mitwirkungsle<strong>ist</strong>ungen<br />

aller Sponsoren und Helfer gewürdigt<br />

und Dank gesagt.<br />

2004 bis 2010: Die Baustufe 2<br />

Diese Baustufe umfasste Konstruktion,<br />

Bau und Montage des Fahrwerkes mit<br />

Vorder- und Hinterachse, Lenk- und<br />

Bremssystem, äußerer Getriebeschaltung,<br />

Gas- und Kupplungsbetätigung,<br />

Kraftstoff-, Wasser- und Ölkühlsystem.<br />

Wie schon einleitend dargestellt, führten<br />

diese Arbeiten Studenten der Kraftfahrzeugtechnik<br />

der WHZ in Praktika an<br />

Computerterminals des Bereiches Fahrwerk<br />

der FES GmbH Zwickau unter<br />

ständiger fachlicher Betreuung des Projektleiters<br />

aus. Obwohl die Studenten<br />

bereits eine gute Grundausbildung in der<br />

Konstruktionsarbeit mit dem Softwaresystem<br />

CATIA V5 an der Hochschule<br />

erhalten hatten, war zur Arbeit mit diesem<br />

System zeitweise auch die Unterstützung<br />

von Fachingenieuren und Systemtechnikern<br />

der FES notwendig.<br />

Das fertige Cockpit des Rennwagens mit<br />

Instrumenten und Lenksäule.<br />

Restaurator Werner Zinke (l.) übergibt<br />

Wasser- und Ölkühler an Projektleiter Rainer<br />

Mosig.<br />

Übergabe der fertigen Bautstufe 1 am 29.<br />

Juni 2007 im Horch Museum. V. l. Prof. Dr.<br />

Carl H. Hahn, Rainer Mosig und Museumsdirektor<br />

Rudolf Vollnhals.


Die Aufnahme aus dem System CATIA V5<br />

zeigt die Konstruktion des Fahrgestells vorn.<br />

Stahlgussteile von der Firma Eurocomp.<br />

Radfelge mit Kerbschiebeverzahnung.<br />

Die Studenten waren zunächst damit<br />

beschäftigt, alle vorhandenen Unterlagen<br />

zu sichten und weiteres Material zu<br />

erfassen und auszuwerten. Das im<br />

Deutschen Museum in München befindliche<br />

Originalschnittmodell vom Rennwagen<br />

Typ C wurde mit in die Bewertung<br />

einbezogen. Mit der Neueröffnung<br />

des August Horch Museums am 10. September<br />

2004 stand auch der Rennwagen<br />

Typ C Nr. 5 als befr<strong>ist</strong>ete Leihgabe der<br />

Audi Tradition zur Verfügung. Diese<br />

Gelegenheit wurde zur Vermessung<br />

sowie Anfertigung von Fotografien und<br />

Skizzen intensiv genutzt.<br />

Die Arbeiten der Nachkonstruktion des<br />

Fahrwerkes und der entsprechenden<br />

Komponenten und <strong>Ein</strong>zelteile begann im<br />

September 2004 und und konnte größtenteils<br />

im Juni 2006 abgeschlossen werden.<br />

Die Überarbeitung von Gussteilzeichnungen<br />

und der Entwurf der Motor-<br />

Dummykonstruktion dauerte von September<br />

2008 bis Februar 2009. Für die<br />

Konstruktion des Fahrwerkes betrug<br />

der Zeitaufwand durch die Praktikanten<br />

insgesamt ca. 5500 Stunden. Zur fachlichen<br />

Betreuung und zur Kontrolle der<br />

Zeichnungen durch den Projektleiter<br />

waren 1150 Stunden ehrenamtliche<br />

Arbeit notwendig. Die Praktikanten der<br />

WHZ le<strong>ist</strong>eten eine insgesamt sehr gute<br />

intensive Arbeit am Projekt. Entsprechend<br />

der Forderungen legten die studentischen<br />

Konstrukteure eine hohe<br />

Sorgfalt auf die Detailtreue in Gestaltung,<br />

Dimensionierung und optischem Aussehen<br />

analog zur Bauausführung der originalen<br />

Rennwagen. Dazu ein Beispiel: Die<br />

Räder des Typ C sind mit Speichen ausgestattet.<br />

In den Rädern der Hinterachse<br />

befindet sich eine größere Anzahl<br />

von Speichen als in den Vorderrädern.<br />

Damit trugen die Auto Union Ingenieure<br />

den höheren Kräften an der Hinterachse<br />

Rechnung. Bei der Nachkonstruktion<br />

wurde diese Tatsache entsprechend<br />

berücksichtigt.<br />

<strong>Ein</strong> Schwerpunkt war auch die umfangreiche<br />

Erstellung der Rohteilzeichnungen,<br />

die im weiteren Verlauf der Fertigung<br />

z. B. der Gießmodelle in Abstimmung mit<br />

dem Modellbau und der Gießerei noch<br />

zweimal einer aufwändigen Überarbeitung<br />

beispielsweise der Bearbeitungsaufmaße<br />

notwendig machten.<br />

Mittels CATIA V5 erfolgte parallel in 3D<br />

ein Zusammenfügen der <strong>Ein</strong>zelteile zu<br />

Baugruppen bis hin zum Gesamtfahrzeug,<br />

um in Verbindung mit Maßkontrollen die<br />

Montagefähigkeit zu prüfen und Grund-<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

lagen für die Montagearbeiten zu schaffen.<br />

Dazu dienten später auch in der<br />

Montagewerkstatt die daraus abgeleiteten<br />

2D-Baugruppen-Zeichnungen.<br />

In die Konstruktion <strong>ist</strong> auch die Erarbeitung<br />

eines klaren, dem Aufbau des Fahrzeuges,<br />

der Haupt- und Unterbaugruppen<br />

entsprechenden Stückl<strong>ist</strong>ensystems<br />

aller Bauteile, Normteile und Kaufteile<br />

eingeflossen.<br />

Die eingesetzten Praktikanten untermauerten<br />

ihre erfolgreiche konstruktive<br />

Tätigkeit anschließend mit drei Ingenieurbelegen<br />

im Studium zu Schaltung,<br />

Lenkgetriebe und Antriebswelle, deren<br />

Ergebnisse im vollen Datenumfang in das<br />

Projekt integriert wurden.<br />

Fertigung Baustufe 2<br />

Diese Arbeiten umfassten die Materialund<br />

Teilebeschaffung sowie mechanischen<br />

Bearbeitungen aller Art, Gussmodellfertigung,<br />

Al- und Stahlgussherstellung,<br />

Schweißarbeiten und Oberflächenbehandlungen<br />

(Farbe, Chrom u. a.). Um<br />

ein den Originalen identisches Aussehen<br />

zu erreichen, galt es zu beachten, dass<br />

sich Fertigungsverfahren, Fertigungseinrichtungen<br />

sowie das Know-how des<br />

Fertigungspersonales gegenüber den<br />

1930er Jahren wesentlich geändert haben.<br />

Für das Finden von Unternehmen,<br />

die kostenlos oder zumindest sehr kostengünstig<br />

Le<strong>ist</strong>ungen erbrachten, sowie<br />

zur Koordinierung in dieser Phase<br />

waren organisatorische Veränderungen<br />

im Projekt erforderlich. Überschneidend<br />

mit Baustufe 1 begannen diese Arbeiten<br />

bereits 2005.<br />

Auf Basis der geschaffenen Konstruktionsunterlagen<br />

in CATIA V5 entstand<br />

unter Führung des Projektleiters mit<br />

Unterstützung der FES GmbH und AES<br />

GmbH sowie der umfangreichen ehrenamtlichen<br />

Mitwirkung von drei ehemaligen<br />

Mitarbeitern dieser Firmen, Rainer<br />

Fickert, Dr. Klaus Pischel und Jochen<br />

Müller, ein Arbeitszentrum zur technischen<br />

Vorbereitung und Koordinierung<br />

der Arbeiten mit vielen Firmen und Institutionen.<br />

Für die Erfassung und Lagerung<br />

der Fertigteile, die Beschaffung der<br />

Norm- und Kaufteile sowie für weitere<br />

Aufgaben war Bernd Simon aktiv tätig.<br />

Auch Vereinsmitglieder wie Dr. Bernd<br />

Czekalla, Roland Schulze, Wolfgang Neef,<br />

Werner Seidel, Dr. Melzer und Jürgen<br />

Pönisch unterstützten diese Realisierungsphase.<br />

Die Gewinnung von Firmen<br />

02/2010 17


zur Teilefertigung als Sponsorenle<strong>ist</strong>ung<br />

und Verhandlungen bzgl. Teilebereitstellung<br />

zu sehr günstigen Bedingungen<br />

stand im Mittelpunkt der Arbeit des<br />

Projektteams. Roland Schulze machte<br />

sich darüber hinaus um die Erreichung<br />

finanzieller Spenden sehr verdient. Kontrollen<br />

bzw. Koordinationen erfolgten in<br />

Arbeitssitzungen an Hand von Kontrolltabellen<br />

auf Stückl<strong>ist</strong>enbasis.<br />

Die Baustufe 2 mit Vorder- und Hinterachse,<br />

Lenk- und Bremssystem, äußerer<br />

Getriebeschaltung, Gas- und Kupplungsbetätigung,<br />

Kraftstoff-, Wasser- und Ölkühlsystem<br />

umfasste 465 mechanisch zu<br />

bearbeitende Teile, davon 38 Gussteile<br />

in Stahl- und Al-Guss mit hierzu erforderlichen<br />

18 Gießformen bzw. Gießmodellen,<br />

und 1517 Norm- und Kaufteile.<br />

Das Ziel, über alle Bau- und Kaufteile bis<br />

Ende 2009 zu verfügen, war hinsichtlich<br />

finanzieller Mittel, der angestrengten<br />

wirtschaftlichen Lage der Sponsorenfirmen<br />

und der damit verbundenen<br />

Verzögerung der Fertigung nicht<br />

erreichbar und konnte daher erst bis<br />

zum 10. März 2010 abgeschlossen werden.<br />

Dieser immense Fertigungsumfang<br />

kann im Folgenden nur an einigen ausgewählten<br />

Teilen dargestellt werden.<br />

Die IAV Chemnitz mit Standortleiter<br />

Dr.-Ing. Andreas Singer und den Mitarbeitern<br />

in der Fertigung Bernd Richter,<br />

Steffen Opp und Jens Schönherr gehörte<br />

zu den ersten Firmen, die wesentliche<br />

Teile bereits ab 2005 kostenlos auf Basis<br />

der übergebenen Zeichnungen gefertigt<br />

haben. Insgesamt waren es alle Radnaben,<br />

Kugelzapfen, das gesamte Pedalwerk<br />

mit Feststellbremse und die Lenksäule<br />

mit Lenkrad sowie weitere Stücke,<br />

die als <strong>Ein</strong>zelteile in hoher Qualität hergestellt<br />

wurden.<br />

Falk Michel hat als erfahrener Gießereiingenieur<br />

eine kostenlose Beratung und<br />

Vermittlung von Gießereien in den<br />

neuen Bundesländern für eine Reihe von<br />

Stahlgussteilen mit günstigen Preisen<br />

vorgenommen. Der wesentliche Umfang<br />

der Stahlgussteile und alle G-AlSiMg-<br />

Gussteile konnte durch Vermittlung leitender<br />

Mitarbeiter von VW Sachsen<br />

über den Werkzeugbau des VW-Werkes<br />

Kassel bei der Eurocomp Systems KG<br />

Gottmadingen mit ihren Betriebsteilen<br />

in der Nähe von Ostrava, Tschechien, gebunden<br />

werden. Nachdem alle 38 Gussteile<br />

bis März 2009 zur Verfügung standen,<br />

erfolgte auch deren mechanische<br />

Fertigung zu einen ca. 30 Prozent gesenkten<br />

Preis bis September 2009 durch<br />

18<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

02/2010<br />

diese Firma. Der Inhaber Dr.-Ing. Braun<br />

hat sich ebenso wie Dr.-Ing Bernd<br />

Czekalla als Präsidiumsmit-glied des<br />

Fördervereines persönlich um die günstige<br />

Abwicklung besonders verdient<br />

gemacht.<br />

Scherdel Marienberg hat nach Kontaktaufnahme<br />

durch Dr. Czekalla auf der Basis<br />

der übergebenen 3D-Daten aus<br />

CATIA V5 im Zeitraum Juli bis September<br />

2009 drei verschiedene Flächenfedern,<br />

die spezielle Fertigungseinrichtungen<br />

erforderlich machten, in einer kleinen<br />

genügenden Anzahl kostenlos gefertigt<br />

und übergeben. Die Herren Makosch<br />

und Sprung dieser Firma haben einen<br />

vorbildlichen Arbeitsablauf gesichert.<br />

Der Maschinenbau Thomas Hofmann<br />

Drebach hat mit der kostenlosen Herstellung<br />

einer von keiner anderen Firma<br />

machbaren Hypogloboid-Verzahnung für<br />

das Lenkgetriebe, von 22 Kerbschiebeverzahnungen<br />

unterschiedlichster Größen<br />

an den Fahrwerkbauteilen und von<br />

zwei komplizierten Federmitnehmern<br />

für die Hinterachse einen bedeutenden<br />

Beitrag bei der Schaffung der Fahrwerkteile<br />

gele<strong>ist</strong>et.<br />

Durch Beratung, Anpassung und Bereitstellung<br />

von Komponenten für das<br />

Brems-, Öl- und Kühlwassersystem war<br />

die AMR-Hydraulik Zwickau von Harry<br />

Güntner maßgeblich bei deren Realisierung<br />

durch unseren Projektteammitarbeiter<br />

Rainer Fickert, der umfangreich<br />

eigene Anpassungsarbeiten durchführte,<br />

beteiligt. Auf seine Initiative stellte Bremsen-Schnütgen<br />

aus Geimersburg an der<br />

Mosel kostenlos alle Haupt- und Radbremszylinder<br />

bereit.<br />

Die Stützrohre dienen als Querlenker,<br />

innen im Achsgetriebe gelagert, in Verbindung<br />

mit den Längslenkern zur Aufnahme<br />

und Führung der rechten und linken<br />

hinteren Radkörper mit hoher Beanspruchung<br />

durch Biegung und Querkräfte.<br />

In den Stützrohren laufen gleichzeitig<br />

die Antriebswellen links/rechts des<br />

le<strong>ist</strong>ungsstarken Antriebes mit 6,05 l<br />

Hubraum und erforderten eine spezielle<br />

konstruktive Innengestaltung. Zur Vermeidung<br />

der Fertigung durch Spezialfirmen,<br />

die nicht zum Sponsorenkreis gehören<br />

und hohe Kosten verursacht hätten,<br />

sollten die Stützrohre in je fünf Teilstücken<br />

auf Drehbänken hergestellt<br />

werden, um sie nachfolgend durch<br />

Metallkleben zu verbinden. Die mechanische<br />

Fertigung erfolgte bei Siemens<br />

Professional Education Chemnitz. Leiter<br />

Uwe Moebius und die Mitarbeiter<br />

Mitglieder des Projektteams bei<br />

Vormontagearbeiten.<br />

Bei der Endmontage des Fahrzeugs.<br />

Äußere Getriebeschaltung.


Achsnabe/Radbremsanlage Vorderachse.<br />

Blick auf die Vorderachse links.<br />

Hinterachse komplett.<br />

Schuster und Quellmalz haben in der<br />

Lehrausbildung auch eine große Anzahl<br />

anderer Teile kostenlos gefertigt und bereitgestellt.<br />

Die Verklebung wurde mit dem speziellen<br />

Metallkleber der Fa. Loctite an<br />

einem Proberohr unter Ass<strong>ist</strong>ierung<br />

durch den Regionalvertreter dieser Firma<br />

durchgeführt. Die anschließende<br />

Festigkeitsprüfung auf Biegung bei der<br />

FES ergab zwar eine hohe Festigkeit, die<br />

aber für die hohen spezifischen Belastungen<br />

des Bauteiles um ca. 50 Prozent<br />

zu niedrig war. Um die Fertigungsteile<br />

weiter verwenden zu können und den<br />

hohen Festigkeitsansprüchen gerecht zu<br />

werden, nahm die pro-beam AG & Co.<br />

KGaA in Neukirchen bei Chemnitz an<br />

Probeteilen und dann an den Stützrohren<br />

das Verschweißen mittels Kathodenstrahl<br />

vor. Dieses Verfahren verschmilzt<br />

unter Vakuum mit hoher Strahlenergie<br />

ohne Schweißmaterialzugabe die Teile<br />

an der Nahtfläche. Diese Arbeiten wurden<br />

kostenlos bzw. mit günstigem finanziellem<br />

Aufwand ausgeführt. Anschließend<br />

erfolgte an den beiden Stützrohren<br />

eine Nacharbeit durch Schleifen der<br />

Lagersitze bei Siebenwurst Zwickau und<br />

eine Oberflächenveredelung der äußeren<br />

Bereiche. Dieses Beispiel zeigt,<br />

welch hoher Aufwand bei der Verwirklichung<br />

der Bauteile in der Steuerung<br />

und Betreuung über die erfolgte konstruktive<br />

Erarbeitung von Fertigungsunterlagen<br />

hinaus durchgehend notwendig<br />

war.<br />

Die Komplettfertigung der Drehstäbe für<br />

Vorder- und Hinterachse durch Spezialfirmen<br />

war aus Kostengründen nicht<br />

machbar. Aus Federstahl 16 MnCr 4,<br />

bereitgestellt durch das Fertigungslabor<br />

des Wissenschaftsbereiches Fertigungstechnik<br />

der WHZ unter Leitung von<br />

Steffen Köhler (auch viele andere mechanische<br />

Teile des Fahrwerkes wurden<br />

hier für uns gefertigt), war die Realisierung<br />

durch angeschweißte Köpfe mit<br />

der Fügeverzahnung vorgesehen. Berechnungen<br />

ergaben, dass die möglichen<br />

Schweißquerschnitte die Festigkeitsanforderungen<br />

nicht erfüllen konnten.<br />

Deshalb erfolgte ein Anstauchen der<br />

Materialköpfe durch Schmiedeme<strong>ist</strong>er<br />

Trültsch in Ortmannsdorf mit nachfolgenderKerbschiebeverzahnungsfertigung<br />

bei der Firma Hofmann in Drebach.<br />

Auch weitere Firmen aus Südwestsachsen<br />

haben wesentliche Sponsorenle<strong>ist</strong>ungen<br />

erbracht. Die Firma Borsig ZM<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Compression GmbH Meerane mit dem<br />

besonders aktiven Herrn Müller fertigte<br />

mit anderen Firmen unter Koordinierung<br />

durch unseren Projektmitarbeiter<br />

Bernd Simon die Achsschenkel der Vorderachse<br />

und gab umfangreiche Unterstützung<br />

bei der Norm- und Kleinteilebeschaffung.<br />

Ebenso waren die AWEBA<br />

Aue (Herr Fuhrmann) mit den kompletten<br />

Teilen für die äußere Getriebeschaltung,<br />

die Koki Niederwürschnitz (Herr<br />

Krauße) mit mechanisch gefertigten<br />

Teilen, die Indikar Wilkau-Haßlau mit den<br />

Längslenkern der Hinterachse und weiteren<br />

Teilen, M-K-B Misselbeck Zwickau<br />

(Herr Meyer) mit mechanischer Fertigung<br />

und u. a. die. FAW Fortbildungsakademie<br />

Zwickau (Herr Will) mit der<br />

Bremstrommelfertigung und weiteren<br />

Arbeiten an dem Projekt sowie H&T<br />

ProduktionsTechnologie Crimmitschau<br />

(Herr Taubert) beteiligt.<br />

Die Oberflächenfarbbehandlung der<br />

Fahrwerkteile führten teilweise vor der<br />

mechanischen Bearbeitung das Autohaus<br />

Müller in Zwickau und abschließend<br />

teilweise das TAC Technikcenter<br />

Glauchau durch. Der Abschluss erfolgte<br />

letztlich durch das Projektteam selbst<br />

bei der Montage.<br />

Montage Baustufe 2<br />

Ab November 2009 haben wir uns auch<br />

auf die Montage des Fahrwerkes am<br />

Fahrzeug der Baustufe 1 konzentriert.<br />

Nach wie vor waren die FES und AES<br />

in Zwickau mit ihrer Unterstützung<br />

unserer ehrenamtlich tätigen Projektmitarbeiter<br />

und der Bereitstellung eines<br />

Werkstattraumes zur Montage des<br />

Fahrwerkes am Fahrzeug sowie umfangreicher<br />

Hilfele<strong>ist</strong>ungen bei operativen<br />

Fertigungsarbeiten mit Dr.-Ing. Hartmut<br />

Kaul, Frank Weidenmüller, Bernd<br />

Nestler und einer großen Anzahl weiterer<br />

Firmenmitarbeiter ein entscheidender<br />

Faktor für das Gelingen des Projektes.<br />

Neben den bisherigen Projektteammitarbeitern<br />

Jochen Müller, Dr.-Ing.<br />

Klaus Pischel, Rainer Fickert und Bernd<br />

Simon arbeiteten seit Anfang Januar<br />

2010 ehrenamtlich noch die vier ehemaligen<br />

Versuchsmechaniker aus der<br />

Sachsenring Versuchsabteilung Klaus<br />

Riedel, Klaus Striese, Heinz Dräger und<br />

Friedhold Günther, die sich alle schon<br />

in Rentenalter befinden, wöchentlich an<br />

einem Tag bei den Montagearbeiten<br />

intensiv mit.<br />

02/2010 19


Die Arbeiten umfassten :<br />

– Übernahme des Fahrzeuges Baustufe<br />

1 aus dem August Horch Museum<br />

(Chassisrahmen, Karosserie,<br />

Cockpit) am 4. Januar 2010<br />

– Demontage der Karosserie<br />

– Vormontage der Teilbaugruppen mit<br />

<strong>Ein</strong>passungen, Nacharbeiten u. a.<br />

– Nachschleifen der Lagersitze<br />

– Schaffung von Montagevorrichtungen<br />

– Montage aller Baugruppen am Fahrzeug<br />

(äußere Getriebeschaltung,<br />

Vorderachse, Hinterachse, Lenkung/<br />

Pedalwerk,Bremssystem, Wasser-<br />

und Ölkühlsystem, Kraftstoffanlage,<br />

Betätigungseinrichtungen für Vergaser<br />

und Kupplung)<br />

– Funktionsprüfungen,<br />

– teilweise Demontage für Oberflächenbehandlung<br />

– Oberflächenbehandlungen (Farbe,<br />

Chrom u. a.)<br />

– Wiedermontage Fahrwerk<br />

– Wiedermontage Karosserie<br />

– Fertigstellung/Stapellauf am 26.<br />

August 2010<br />

– Übergabe an das August Horch<br />

Museum Mitte Februar 2011<br />

Zu Beginn des Jahres 2005 stand bezüglich<br />

des Triebwerkes für den Förderverein<br />

die Frage, ob ein ex<strong>ist</strong>ierender Motor<br />

für das Fahrzeug gefunden werden<br />

kann oder ob ein Nachbau durchgeführt<br />

werden soll. Es war bekannt, dass ein 16-<br />

20<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Die dritte Baustufe<br />

Ambitionierte Le<strong>ist</strong>ung<br />

vieler Helfer<br />

Alle Mitwirkenden an diesem äußerst<br />

ambitionierten Projekt haben einen<br />

Gesamtwert von 1,448 Millionen Euro<br />

geschaffen. Dazu gehören Sponsorenle<strong>ist</strong>ungen<br />

von 37 Unternehmen vorwiegend<br />

aus Südwestsachsen im Wert<br />

von ca. 924.500 Euro, Spenden von<br />

Institutionen und Organisationen in<br />

Höhe von 43.500 Euro sowie die ehrenamtliche<br />

Arbeit von sich teilweise<br />

bereits im Ruhestand befindlichen Ingenieuren,<br />

Mechanikern u. a. im Umfang<br />

von 11.900 Stunden. Das kommt einem<br />

Wert von ca. 480.000 Euro gleich.<br />

Allen Unterstützern gilt ein herzlicher<br />

Dank. Ohne ihr Engagement wäre die<br />

Realisierung des Projektes nicht möglich<br />

gewesen!<br />

02/2010<br />

Zylinder-Motor aus der Baureihe der<br />

Auto Union-Rennwagen auf Initiative von<br />

Prof. Eberan-Eberhorst (Rennabteilung<br />

Auto Union) 1941 der TU Dresden übergeben<br />

wurde und dort die Zeit bis heute<br />

weitgehend unbeschadet überstand.<br />

Alle Aktivitäten und Bemühungen, diesen<br />

Motor, sei es auch leihweise, für den<br />

Rennwagen zu übernehmen, blieben<br />

ohne Erfolg. All dies darzustellen, ergäbe<br />

eine eigenständige Geschichte.<br />

<strong>Ein</strong>e Weiterführung des Projektes mit<br />

Bau eines Triebwerkes für den Fahreinsatz<br />

(Motor, Achs- und Schaltgetriebe) mit<br />

der notwendigen Schaffung von Bauunterlagen<br />

(Nachkonstruktion) kann nicht<br />

erfolgen, weil die erforderlichen Mittel in<br />

Höhe von mindestens 1,2 Millionen Euro<br />

nicht bereitgestellt werden können, geeignetes<br />

Personal für ehrenamtliche Arbeit,<br />

wie in den Baustufen 1 und 2, auch<br />

altersbedingt nicht mehr zur Verfügung<br />

steht, der finanzielle Aufwand für jeden<br />

Fahreinsatz in Höhe von 50.000 bis<br />

80.000 Euro vom Horch Museum nicht<br />

abgedeckt werden könnte und damit<br />

kein Effekt aus dem Aufwand zum Bau<br />

abgeleitet werden kann.<br />

Die künftige Ausstellung des Fahrzeuges<br />

im Zustand nach Baustufen 1 und 2 ohne<br />

Triebwerk – äußerlich optisch als vollständiges<br />

Fahrzeug erkennbar – als technisches<br />

Denkmal mit paralleler Ausstellung<br />

des im technischen Aufbau identischen,<br />

im Museum vorhandenen 16-<br />

Zylinder-Motor des Auto Union Silberpfeil<br />

Typ A <strong>ist</strong> eine effektive und gute<br />

Lösung für die nächste Zukunft.<br />

Dipl.-Ing. Rainer Mosig, Projektleiter<br />

Fotos: FES, Projektteam<br />

Teilmontage Hinterachse links.<br />

Pedalwerk und Lenkung.<br />

Unten: Es <strong>ist</strong> vollbracht: Die Mitglieder des<br />

Projektteams mit dem Rennwagen-Nachbau<br />

Typ C: V. l. Klaus Striese, Jochen Müller, Dr.<br />

Klaus Pischel, Friedhold Günther, Klaus Riedel,<br />

Rainer Fickert, Heinz Dräger und Projektleiter<br />

Rainer Mosig.


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

02/2010


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

02/2010


Technische Beschreibung<br />

Personenwagen DKW Sonderklasse 1001<br />

Hersteller Auto Union AG<br />

Baujahr 1933<br />

Produktion Dieses Sondermodell wurde eigens für die 1933 und 1934 ausgetragene<br />

2000-km-Fahrt durch Deutschland in 12 Exemplaren im<br />

Spandauer DKW Werk gefertigt.<br />

Es <strong>ist</strong> das einzige erhaltene Fahrzeug dieser Sportserie.<br />

Gesamtfahrzeug<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Bauart: 2-sitziger Roadster mit selbst tragender Sperrholzkarosserie<br />

mit Kunstlederbespannung. Aus Stabilitätsgründen ohne Türen.<br />

Mit aufklappbarem Stoffverdeck.<br />

Antrieb: Hinterradantrieb durch längs im Fahrzeugbug eingebauten<br />

4-Zylinder-Zweitakt-Motor mit dahinter liegendem<br />

4-Gang-Getriebe<br />

Abmessungen und Gewicht::<br />

Radstand: 2700 mm<br />

Spurweite vorn: 1250 mm<br />

Spurweite hinten: 1250 mm<br />

Gesamtlänge: 4150 mm<br />

Gesamtbreite: 1500 mm<br />

Gesamthöhe: 1560 mm<br />

Eigengewicht: 950 kg<br />

Bereifung: 5 x 17<br />

Höchstgeschwindigkeit: 105 km/h<br />

Kraftstoffverbrauch: 12 l/100 km<br />

Triebwerk<br />

Motor:<br />

Bauart: 4-Zylinder-V-Motor (90° Zylinderwinkel) mit je einer<br />

doppelt wirkenden Ladepumpe pro Zylinderbank<br />

Arbeitsverfahren: Zweikanal-Zweitaktmotor mit Nasenkolben<br />

Bohrung: 68 mm<br />

Hub: 68,5 mm<br />

Hubraum: 988 cm3<br />

Max. Le<strong>ist</strong>ung: 30 PS bei 3500 U/min<br />

Gemischaufbereitung: durch einen Doppelfallstromvergaser<br />

Kühlung: Wasserumlaufkühlung (Thermosyphon)<br />

Anordnung des Kühlers: über der Vorderachse<br />

Kupplung: <strong>Ein</strong>scheiben-Trockenkupplung<br />

Getriebe: 4-Gang-Getriebe mit Freilauf (Prometheus)<br />

Schaltung: Schalthebel auf Getriebe in Wagenmitte<br />

02/2010


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Kraftübertragung zur Hinterachse: durch Kardanwelle<br />

Zündung: Batteriezündung mit Zündzeitpunktverstellung<br />

Bordspannung: 6 Volt<br />

02/2010<br />

Fahrwerk rahmenlose Bauweise durch selbst tragende Holzkarosserie<br />

Vorderachse: Starrachse durch zwei am Boden befestigte Längsträger<br />

und hoch liegende Halbelliptikquerblattfeder geführt<br />

zwei einfach wirkende Hebelstoßdämpfer<br />

Hinterachse: Starrachse durch gabelförmigen, am Karosserieboden<br />

befestigten Längsträger geführt mit hoch liegender<br />

Halbelliptikquerblattfeder und zwei einfach wirkenden<br />

Hebelstoßdämpfern<br />

Lenkung: durch Schneckenlenkgetriebe hinter der Vorderachse links<br />

an der Karosserieseitenwand befestigt mit starrer Lenksäule<br />

Bremsen:<br />

Bauart: Vierrad-Innenbackentrommelbremse, hydraulisch betätigt<br />

Handbremse: mechanisch betätigt auf Getriebe wirkend<br />

Kraftstoffbehälter:<br />

Anordnung: im Motorraum an Stirnwand befestigt<br />

Inhalt: ca. 30 Liter<br />

Quellen: Technische Daten und Beschreibungen aus Unterlagen des Automobilmuseums August Horch.<br />

Fotos: FES GmbH vom Fahrzeug des Automobilmuseums August Horch in Zwickau.<br />

Zusammenstellung: Dipl. Ing. K.-H. Brückner, Förderverein Automobilmuseum August Horch e. V. Zwickau.<br />

Hintergründe zur Entstehung des Fahrzeugs<br />

Bei der Premiere der Langstreckenfahrt „2000 Kilometer durch Deutschland“ 1933 trat die Auto Union<br />

erstmals mit allen vier Marken an. Während die Audi-, Horch- und Wanderer-Modelle mit speziellen<br />

Coupékarosserien ausgestattet waren, ging DKW in offenen Zweisitzern an den Start, die auf der in<br />

diesem Typenblatt gezeigten Sonderklasse 1001 sowie auf dem DKW Front F2 basierten. Alle DKW-<br />

Wagen absolvierten die Fahrt erfolgreich. Die Sonderklasse-Roadster kamen 1933 bei weiteren Veranstaltungen<br />

zum <strong>Ein</strong>satz, z. B. bei der 3-Tage-Harzfahrt. „Alle vier Wagen strafpunktfrei am Ziel – einzige<br />

strafpunktfreie Fabrik-Mannschaft aller Wagen bis 1.200 ccm - vier Große Goldene Medaillen“, verkündete<br />

die Auto Union in einer ganzseitigen Anzeige.<br />

Auch bei der zweiten und letzten Auflage der 2000-km-Deutschlandfahrt 1934 war die Auto Union<br />

wieder mit all ihren Marken sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern am Start. Die DKW Sonderklasse-<br />

Sportwagen bewältigten die Strecke ohne Komplikationen mit einem Geschwindigkeitsdurchschnitt von<br />

nahezu 75 km/h.<br />

Die Teilnahme an der Langstreckenfahrt 1934 fand übrigens unter Leitung der neu geschaffenen Auto<br />

Union-Werkssportabteilung statt, die in den Zwickauer Horchwerken beheimatet war, nicht zu verwechseln<br />

mit der ebenfalls dort ansässigen Rennsportabteilung, in der die Auto Union Silberpfeile<br />

aufgebaut wurden.<br />

Das Regelwerk der Fahrt gestattete im Prinzip jedem Besitzer eines Führerscheines die Teilnahme. Sie<br />

wuchs sich zu einer Massenveranstaltung aus. 1934 gingen 603 Autos und 1046 Motorräder auf die<br />

Strecke. Es kam zu 140 Unfällen mit über 200 Verletzten und zwei Toten. Kritik wurde laut. Wegen<br />

dieser und wegen des enormen Aufwandes für Veranstalter und Industrie wurde diese Form des<br />

Massen-Motorsports eingestellt.<br />

Quelle: Thomas Erdmann „Vom Dampfkraftwagen zur Me<strong>ist</strong>erklasse“<br />

Autovision Verlag, 2003


Mit 420 Reifen zum<br />

Rennen nach Tripolis<br />

Aus dem Tagebuch eines<br />

Rennmechanikers der Auto Union<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Teil 10<br />

Rudolf Friedrich hat als Rennmechaniker der Auto Union die großen Erfolge der Silberpfeile in den 1930er Jahren<br />

miterlebt und genauso die Schattenseiten des Rennsports kennengelernt. In der Betriebszeitung des ehemaligen<br />

VEB Sachsenring Zwickau berichtete er Ende der 1950er Jahre über seine Zeit an der Seite von Stuck, Rosemeyer<br />

& Co. „<strong>AufgeHorcht</strong>“ veröffentlicht Auszüge aus diesem hochinteressanten Tatsachenbericht in der Serie<br />

„Aus dem Tagebuch eines Rennmechanikers der Auto Union“. Teil 10 befasst sich mit dem Grand-Prix-Rennen<br />

von 1937 in Tripolis, der damals modernsten Rennstrecke der Welt.<br />

Wieder hielt die Welt der Motorsportler den Atem an. Neue<br />

Sensationen in Tripolis standen bevor. <strong>Ein</strong> heißes Rennen, bei<br />

dem brennende Rennwagen, zerfetzte Reifen und kochende<br />

Kühler Begleiterscheinungen waren. Zehn deutsche Rennwagen<br />

waren für den Start zum zweitschnellsten Rennen und auf<br />

der modernsten Rennbahn der Welt gemeldet. Zum elften<br />

Mal wurde der „Gran Premio di Tripoli“ in Nordafrika, auf der<br />

Melaha-Rundstrecke bei Tripolis ausgetragen.<br />

Unsere Rennwagen waren schon längst unterwegs und fuhren<br />

vielleicht gerade durch den St.-Gotthard-Tunnel, als 17 Monteure<br />

und zwei Lastwagenfahrer ihre Koffer packten – soweit<br />

Die Auto Union Rennfahrer Ernst von Delius, Bernd Rosemeyer<br />

und Tazio Nuvolari (v. l.) vor dem Großen Preis von Tripolis 1937.<br />

sie nicht in den Lastwagen verstaut waren – und wie so oft,<br />

sich von Frau und Kind verabschiedeten.<br />

Über die Vorbereitung eines Rennens <strong>ist</strong> viel Interessantes zu<br />

berichten. Was le<strong>ist</strong>eten z. B. die Motoren dieser Tripolis-<br />

Rennwagen auf dem Prüfstand im Rennversuch? Der Rennmotor<br />

von Rosemeyer: n-2500-320 PS, n-4500-509 PS. Von<br />

allen fünf Rennmotoren lag Stucks Motor in der Le<strong>ist</strong>ung an<br />

vierter Stelle, während der Motor von Delius im günstigsten<br />

Drehzahlenbereich noch 500 PS le<strong>ist</strong>ete. Die technische Leitung<br />

hatte dem Spitzenfahrer Hans Stuck wieder einmal die<br />

schwächste Maschine zugeteilt, was Stuck im Training sofort<br />

02/2010 25


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

auffiel. Vielleicht hatte hier wieder Stucks Gegenspieler, Oberingenieur<br />

Jacob, seine Hände im Spiel. Trotzdem fuhr Stuck<br />

mit diesem Motor in Tripolis die Rekordrunde mit 229 km/Std.<br />

Rosemeyers Motor drehte bei 5000 Umdr. im fünften Gang<br />

mit 12:36 Hinterachsenübersetzung 330 Stundenkilometer, da<br />

sein Benzinverbrauch aber zu knapp errechnet wurde, maximal<br />

75 Liter auf 100 km – im Rennen 84 Liter auf 100 km –<br />

kam Rosemeyer um den sicheren Sieg.<br />

26<br />

Mit 420 Reifen für 10 Rennwagen nach Afrika<br />

„Über 400 Conti-Rennreifen auf dem Weg nach Afrika“, war<br />

in den Zeitungen zu lesen. Erstaunt werden sich die Leser fragen,<br />

wieso 400 Rennreifen für nur zehn Rennwagen? Nun,<br />

liebe Leser, der weitere Bericht über dieses Rennen wird das<br />

Rätsel lösen.<br />

Die Rennstrecke in Tripolis <strong>ist</strong> ein heimtückischer Reifenmörder,<br />

und der Sieger wird in der Hauptsache durch die Reifenfrage<br />

bestimmt. Aus diesem Grund liefen in Hannover auch<br />

Tag und Nacht diese 420 Rennreifen auf Schleuderständen bis<br />

600 km Geschwindigkeit, und jeder sechste Reifen musste<br />

stundenlang zwischen 350 bis 400 km Geschwindigkeit rollen,<br />

bevor er die Reise über das Mittelmeer antrat. Bei diesem<br />

Rennen traten Dinge auf, von denen sich der Laie keine Vorstellung<br />

machen kann. Der dünnste Tripolis-Reifen hatte einen<br />

Gummibelag von 4 mm Stärke. Bei diesem schnellen Rennen<br />

wäre ein stärkerer Protektor durch die Fliehkraft abgerissen<br />

<strong>worden</strong>.<br />

In verschiedenen Fahrzeugen und in gewissen Zeitabständen<br />

fuhren wir von Zwickau los. In Mittenwald überquerten wir<br />

die deutsche Grenze. In Bozen, Tirol, nahmen wir unser Abendbrot<br />

ein und besahen uns dabei die im Abendrot leuchtenden<br />

Dolomiten. Am anderen Tage ging es bei strömendem Regen<br />

weiter nach Rom. An der Autostrada leuchteten uns schon<br />

von weitem riesige, farbige Plakate entgegen, mit der Aufschrift:<br />

„Lotteria di Tripoli“. In allen Straßen wurden die Tripolis-<br />

Lotterielose ausgerufen. Dann endlich lag der blaue Golf von<br />

Neapel vor uns.<br />

Nun stand uns ein schönes<br />

Stück Arbeit bevor. Auf den<br />

Gleisen standen schon die<br />

deutschen Waggons mit unseren<br />

Rennwagen. Als wir<br />

Monteure die plombierten<br />

Waggontüren öffneten und<br />

die silbernen Rennwagen aus<br />

den Spezialwaggons schoben,<br />

machten die dunkelhäutigen,<br />

schwarzäugigen Hafenarbeiter<br />

mit aufgekrempelten<br />

Hemdärmeln erstaunte<br />

Gesichter. Gegenüber am Kai<br />

stand die „Cita di Palermo“<br />

bereit, unsere Rennwagen in<br />

ihrem Schiffsrumpf aufzunehmen.<br />

Das Aus- und <strong>Ein</strong>laden<br />

unserer Rennwagen<br />

war ein schweres Stück Arbeit.<br />

<strong>Ein</strong> wohl seltenes Schauspiel<br />

spielte sich im Hafen<br />

von Neapel ab, als neun sil-<br />

02/2010<br />

berne deutsche Rennwagen und sechs knallrote italienische an<br />

den Kränen durch die Luft schwebten und dann im Schiffsrumpf<br />

verschwanden.<br />

Gegen Abend ging ich die Kaimauer entlang und sah mir in der<br />

blauen Dämmerung das Hafenleben an. Tausende von Lichtern<br />

rings um den Hafen spiegelten sich in den leichten Wellen<br />

und funkelten auf dem dunklen Wasser. Zwischen weißen Häusern<br />

standen dunkle Pinien am Ufer. Alte Boote mit ockerfarbenen,<br />

weißen und blass roten Segeln schaukelten auf dem<br />

Wasser. Hoch über dem märchenhaften Lichtermeer im Golf<br />

von Neapel zog ein feiner, weißer Rauchschleier des Vesuvs in<br />

den dunkelblauen Himmel. Aus einer Straße drang der Gesang<br />

fröhlicher Menschen und die Klänge einer Gitarre. Malerisch<br />

lag dieses herrliche italienische Landschaftsbild vor mir. Das war<br />

die schöne, malerische Fassade Neapels in der Bucht am blauen<br />

Meer, wie sie die fremden Besucher sahen. Aber wer sich<br />

in die dunklen Straßen und Gassen der Innenstadt wagte, stieß<br />

auf das soziale Elend und die Not der armen Bevölkerung. In<br />

Lumpen gekleidete Menschen und ausgehungerte Kinder<br />

schlichen sich aus den Häusern und bettelten die Fremden an.<br />

Ich hatte mir die Innenstadt Neapels anders vorgestellt.<br />

11 Uhr nachts stach die „Cita di Palermo“ in See. Unser Schiff<br />

schaukelte unheimlich, wie ein alter Kasten, durch die Straße<br />

von Messina. Während am Morgen viele unserer Rennmannschaft<br />

mit ihrem Magen kämpften, sangen unsere Rennfahrer<br />

Hasse und Müller fröhlich auf dem Promenadendeck: „<strong>Ein</strong>e<br />

Seefahrt die <strong>ist</strong> lustig …“. Uns war die Lust zum Singen vergangen,<br />

und wir waren froh, als wir nach 22 Stunden im Hafen<br />

von Tripolis einliefen.<br />

Materialschlacht in sengender Hitze<br />

9. Mai 1937, 14 Uhr, in Tripolis. Seit Stunden strömten die Menschen<br />

zu Zehntausenden hinaus nach der Saline Melaha. <strong>Ein</strong><br />

Strom von Arabern, Italienern, Juden, Autos, Droschken und<br />

Eselreitern wälzte sich in der Sonnenhitze hinaus nach der<br />

Rennbahn. <strong>Ein</strong> malerisches Bild für uns Europäer; diese Bedu-<br />

Bernd Rosemeyers Wagen auf der Waage vor dem Rennen in Tripolis.


Startaufstellung am 9. Mai 1937: Im Vordergrund Luigi Fagioli, der<br />

dieses Rennen erstmals mit einem Auto Union Rennwagen bestritt.<br />

inen, die weißen Burnusse und rote Feze der Araber und die<br />

in der Rennstrecke aufgestellten bewaffneten Askaris.<br />

Fieberhafte Spannung lag über der wandernden Menschenmenge.<br />

Diesmal starteten die kleinen Wagen mit den großen.<br />

27 Rennwagen standen am Startplatz. Unsere Fahrer Rosemeyer,<br />

Stuck, Delius, Fagioli und Hasse in den vorderen Reihen.<br />

27 Motoren heulten und brüllten nervenaufpeitschend in<br />

der Sonnenglut.<br />

Wieder machte der Zeiger der Stoppuhr den letzten Sprung.<br />

Marschall Balbo senkte die Startflagge. <strong>Ein</strong> letztes Aufbrüllen<br />

einiger tausend PS, und Carracciola, Rosemeyer und Stuck<br />

schossen nach vorn. Zur gleichen Zeit ging auf der Zieltribüne<br />

eine Woge von Zuschauermassen in die Höhe, und anschließend<br />

begann das Rechnen in den Programmheften.<br />

<strong>Ein</strong>er war am Start stehengeblieben,<br />

das war unser Rudi<br />

Hasse. Zwei von unseren<br />

Monteuren sprangen schnell<br />

hin und warfen den Motor<br />

wieder an. Sekunden zu spät.<br />

Die Rennfahrer hatten bereits<br />

ein Viertel der Bahn<br />

hinter sich.<br />

Schon in der zweiten Runde<br />

hielt Stuck mit zerfetzten<br />

Reifen an der Boxe. Auch der<br />

stärkste Italiener, Nuvolari,<br />

fuhr schon in der dritten Runde<br />

an die Boxe wegen Kerzendefekt.<br />

Nach weiteren<br />

drei Runden gab er das Rennen<br />

auf. Da kam Rosemeyer<br />

auch schon mit zerfetzten Reifen<br />

an, er wurde sogleich aufgetankt.<br />

Jetzt lag Carracciola<br />

in Führung. Schon in der siebenten<br />

Runde hielten Stuck<br />

und Fagioli zum Tanken und<br />

Der Wagen von Ernst von Delius an den Boxen in Tripolis.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Reifenwechsel. Das fing ja gut<br />

an! Kritisch beobachteten die<br />

Fahrer das Erscheinen des<br />

Weißen Signalstreifens in ihren<br />

Hinterradreifen. Da le<strong>ist</strong>ete<br />

sich Carracciola auf Mercedes<br />

wieder eine seiner unsportlichen<br />

Gemeinheiten. Mechaniker<br />

an unserem Reservedepot<br />

beobachteten zwei Runden<br />

lang, wie Carracciola unseren<br />

Fahrer Fagioli beim Überholen<br />

behinderte und aus der<br />

Bahn trieb. Nur mit Mühe<br />

konnte sich Fagioli vor einem<br />

lebensgefährlichen Sturz retten.<br />

In jedem solcher Fälle<br />

wurde den Mercedesfahrern<br />

von der ONS geholfen. Besonders<br />

traten hier die Mercedessympathien<br />

des NSKK-<br />

Führers, Major Hühnlein, stark<br />

in Erscheinung.<br />

Drei Mercedes-Rennwagen<br />

lagen nun an der Spitze. In der 25. Runde fuhr Stuck schon<br />

zum vierten Male an die Boxe zum Reifenwechsel.<br />

18 unüberhöhte, schnelle Kurven we<strong>ist</strong> die Rennstrecke auf.<br />

Nun hielten auch die Mercedesfahrer Lang und Carracciola an<br />

der Boxe. Rosemeyer übernahm die Spitze. Da kam Brauchitsch<br />

an die Boxe gerollt und gab auf. <strong>Ein</strong> Stein hatte seinen<br />

Kühler zerschmettert. Lang lag nun wieder vorn, dicht gefolgt<br />

von Rosemeyer. Kaum waren Stuck und Fagioli mit vollem<br />

Tank und neuen Reifen von der Boxe weg, kam unerwartet<br />

Rosemeyer mit zerfetzten Reifen an die Boxe gefahren.<br />

Wir jagten an der Boxe nur noch hin und her und schnappten<br />

in der Hitze nach Luft. Um die Stirne hatten wir uns schon<br />

nasskalte Tücher gebunden. Gespannt wurden wir von der<br />

Mercedesboxe aus beobachtet.<br />

02/2010 27


28<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Packendes Finale in Melaha<br />

Und dann kam die Katastrophe. Durch den unerklärlichen<br />

hohen Benzinverbrauch und das damit verbundene öftere<br />

Tanken waren unsere fünf Tankanlagen fast leer. Fieberhaft<br />

wurde der Rest der fünf Fässer in eine Tankanlage geschüttet,<br />

damit wir Rosemeyers Wagen volltanken und er damit das<br />

Rennen zu Ende fahren konnte.<br />

Ausgerechnet jetzt wollte Rosemeyer zum Generalangriff auf<br />

den Mercedeswagen von Lang starten, und nun diese Pleite.<br />

Rosemeyer fluchte und tobte und war nicht zu beruhigen.<br />

<strong>Ein</strong>e Minute 45 Sekunden dauerte dieses Tanken. Hätten wir<br />

eine volle Tankanlage gehabt, hätten wir es in 50 Sekunden<br />

geschafft. Rosemeyer hätte mit einigen Sekunden Vorsprung<br />

das Rennen gewonnen.<br />

Doch da beging der Mercedesfahrer Lang einen Fehler. Er fuhr<br />

langsam seinen sicheren Sieg nach Hause, wobei ihm Rosemeyer<br />

bedenklich bis auf neun Sekunden näher kam.<br />

Delius fuhr das Tripolisrennen diesmal taktisch klug. Er wechselte<br />

während des ganzen Rennens nur zweimal die Reifen,<br />

während Stuck durch seine schnellen Runden sechsmal die<br />

Reifen wechselte und dadurch die gewonnene Zeit wieder<br />

einbüßte. Unglaublich, wie nahe Rosemeyer schon wieder an<br />

Lang herangerückt war.<br />

Vorsicht <strong>ist</strong> die Mutter der Weisheit, wir machten uns für den<br />

nächsten Reifenwechsel fertig und legten alles bereit. Und wir<br />

02/2010<br />

Boxenstopp von Rudolf Hasse.<br />

hatten richtig kalkuliert. Stuck kam zum fünften Male mit zerfetztem<br />

linken Vorderradreifen an die Boxe gefahren. Ich griff<br />

zum Wagenheber, Fritz M. hatte schon das Ersatzrad bereitgelegt<br />

und schlug die Radkappe los. Jetzt wollten wir auch<br />

einen Rekord aufstellen. <strong>Ein</strong> leichter Druck und der Wagen<br />

war hochgebockt. Während Fritz schon das Rad abzog, sausten<br />

wuchtige Schläge meines Kupferhammers auf die Radkappe.<br />

Da brach der Eichenholzstiel ab und der 3 kg schwere<br />

Kupferbrocken sauste an meinem Schienbein vorbei. Da kein<br />

dritter Mechaniker helfen durfte, konnte mir auch keiner<br />

einen neuen Hammer reichen. Mit drei Schritten war ich an<br />

der Boxe und hatte einen neuen Hammer. Alles ging rasend<br />

schnell. Ehe wir dazu kamen, die Radkappen festzuschlagen,<br />

war Stuck schon wieder weg. Da brach von der Zieltribüne<br />

ein orkanartiger Beifall los. Wir hatten mit 28 Sekunden die<br />

schnellste Zeit des Tages im Reifenwechsel aufgestellt.<br />

Auch Stuck fuhr in dieser Runde die schnellste Zeit des Tages<br />

mit 229 km Durchschnitt, kam aber schon wieder mit zerfetzten<br />

Reifen an, und der Tanz begann von neuem.<br />

Rosemeyer wechselte 3 Mal, Stuck 6 Mal, Delius 2 Mal, Fagioli<br />

3 Mal und Hasse 2 Mal die Reifen. Rosemeyer verbrauchte auf<br />

100 km 61 Liter Brennstoff, Stuck 84 Liter. Das Rennen<br />

gewann Lang auf Mercedes vor unseren Fahrern Rosemeyer,<br />

Delius, Stuck und Fagioli.<br />

Fotos: Archiv Jürgen Pönisch<br />

Fortsetzung folgt<br />

Ernst von Delius auf der Rennstrecke von Melaha.<br />

Bernd Rosemeyer fährt auf der Rennstrecke<br />

von Melaha seinem 2. Platz entgegen.


Diese Entwicklung war für DDR-Verhältnisse etwas völlig<br />

Neues. So gab es auch keine Prüf- und Abnahmevorschriften<br />

für ein solches komplexes <strong>Ein</strong>spritzsystem. Nach den erfolgreichen<br />

Tests aller Komponenten auf Stationärprüfständen galt<br />

es, selbst ein sinnvolles Programm zu realisieren und den<br />

Nachweis ausreichender Sicherheit für den Fahrzeugeinsatz<br />

auf der Straße zu erbringen.<br />

Es erfolgten:<br />

– Kaltstarttests in einer Thermokammer des Instituts für Leichtbau<br />

(IfL)Dresden<br />

+ Es war damals absolut – also auch international – unbekannt,<br />

wie ein CR-System (CR = Common Rail) sich<br />

beim Start mit Batterien allgemein und im Kaltstartbetrieb<br />

speziell verhält.<br />

Die Forderung bestand nach mindestens gleichwertigem<br />

Startverhalten zu einem konventionellen <strong>Ein</strong>spritzsystem.<br />

Also war es ein Killerkriterium!<br />

+ Entgegen den ungewissen Erwartungen wurde in einem<br />

über 350 Kaltstartversuche<br />

umfassenden Programm<br />

gleiches und teilweise besseres<br />

Startverhalten nachgewiesen<br />

und die optimierten<br />

Kaltstartdaten wurden für<br />

den Steuerungsrechner ermittelt.<br />

Voraussetzung waren<br />

ein möglichst schneller Systemdruckaufbau<br />

und sichere<br />

Magnetventilfunktion.<br />

+ <strong>Ein</strong> gutes Startverhalten<br />

konnte auch später mit dem<br />

Fahrzeugmotor während der<br />

Winterperiode nachgewiesen<br />

werden.<br />

– Dauerschwingversuche der elektronischen<br />

Baugruppen auf einer<br />

Hydropulsanlage im Automobilwerk<br />

Ludwigsfelde<br />

+ Steuergerät, Le<strong>ist</strong>ungselektronik<br />

und Fahrfußhebelsensor<br />

wurden an Stellen eines<br />

W53-Fahrerhauses befestigt,<br />

an denen auch der Anbau im<br />

Realfahrzeug erfolgen sollte<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Weltweit erstes Fahrzeug<br />

mit Common Rail-Diesel fuhr in der DDR<br />

<strong>Ein</strong>blicke in die Entwicklung von innovativen <strong>Ein</strong>spritzsystemen Teil 2<br />

Der 16. Mai 1985 war für den DDR-Automobilbau ein besonderer Tag.<br />

Das weltweit erste Straßenfahrzeug mit einem Common Rail-Dieselmotor, ein Lkw W50, startete<br />

in Karl-Marx-Stadt zu seiner Jungfernfahrt. Entwickelt haben das innovative <strong>Ein</strong>spritzsystem Ingenieure des<br />

Wissenschaftlich-Technischen Zentrums Automobilbau (WTZ) Karl-Marx-Stadt. Zu ihnen gehörte Dr.-Ing.<br />

Klaus Matthees. Im Teil 2 seiner Ausführungen beschreibt er u. a. die Systemerprobung.<br />

+ die Versuche erfolgten über vergleichsweise 40.000<br />

Straßenkilometer<br />

– Temperaturwechselbeaufschlagung der elektronischen Baugruppen<br />

in einer separaten Versuchseinrichtung des WTZ<br />

Automobilbau<br />

– Untersuchungen zum Eigen- und Fremdstörverhalten mit<br />

den Firmen Fahrzeugelektrik und Nahverkehrsbetrieb Karl-<br />

Marx-Stadt (Straßenbahn)<br />

+ Geringes Eigenstörverhalten im fahrzeugeigenem Radio<br />

war vorhanden (man hörte quasi die <strong>Ein</strong>spritzimpulse<br />

im Radio)<br />

+ <strong>Ein</strong> umfangreiches Versuchsprogramm zum Fremdstörverhalten<br />

erfolgte mit der Straßenbahn, weil durch sie<br />

der größte <strong>Ein</strong>fluss vermutet wurde. Weder durch Induktionsweichen<br />

noch durch Brems- und Beschleunigungsmanöver<br />

oder Zuschalten von Heizung und Lichtbogenziehen<br />

am Stromabnehmer waren Fremdstörungen auf<br />

das CR-<strong>Ein</strong>spritzsystem feststellbar.<br />

Versuchsträgerfahrzeug W 50 L/S mit fünf Tonnen Gussmassenlast.<br />

02/2010 29


30<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Weltweit erste CR-Systemerprobung in einem Fahrzeug<br />

Insgesamt konnte wegen nur geringfügiger Beanstandungen<br />

und vorgenommener Nachbesserungen im April 1985 eine<br />

CR-Systemfreigabe für den <strong>Ein</strong>satz im Fahrzeug Nkw W50 L/S<br />

mit Motor 6 VD 12,5/12 GRF und Hyperboloid-Verbrennungsverfahren<br />

auf der Straße gegeben werden.<br />

Die insgesamt 17.000 Kilometer umfassende Erprobungsphase<br />

startete am 16. Mai 1985. Die Messfahrten erfolgten<br />

nach einem 1000-Kilometer-Funktionslauf mit CR- und konventioneller<br />

<strong>Ein</strong>spritzung auf Flachland-, Mittelgebirgs- und<br />

Gebirgsrundstrecken. Dabei wurden nachstehende Ergebnisse<br />

erzielt:<br />

– Wesentliche fahrdynamische sowie Verbrauchsvorteile von<br />

über sieben Prozent durch Drehmoment und Le<strong>ist</strong>ungssteigerung<br />

– Positive Wintererprobung mit gleichwertigem, teilweise<br />

sogar besserem Startverhalten durch Dreifach-<strong>Ein</strong>spritzung<br />

unterhalb von + 10 °C (Erhöhung des luftverteilten Kraftstoffanteils)<br />

gegenüber dem konventionellen <strong>Ein</strong>spritzsystem<br />

– Temperaturabhängige Startmengendosierung ohne Fahrzeugführereinfluss<br />

(Schwarzrauchreduzierung)<br />

– Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) war ohne<br />

Fremdstöreinfluss<br />

– Abgasemissions- und Kraftstoffverbrauchsreduzierungen erreicht<br />

durch folgende Rechner-Programminhalte:<br />

+ Temperaturabhängige Startmengendosierung und Dreifacheinspritzung<br />

unterhalb von +10 °C/Vermeidung von<br />

02/2010<br />

Fahrereinflüssen (Schwarzrauchreduzierung )<br />

+ Temperaturabhängige Leerlauf-Kennlinienverschiebung<br />

mit Zweifacheinspritzung (Verbrauchsreduzierung)<br />

+ Übergang in Lastbereich (Fahrfußhebelwirkung) abhängig<br />

vom Öldruckniveau (Verschleißminderung)<br />

+ Zylinderabschaltung (3-Zylinderbetrieb) in Abhängigkeit<br />

von Fahrfuß- und Schalthebelstellung sowie Motortemperatur<br />

(70 Prozent Aldehydabsenkung)<br />

+ Lastabhängige Zweifacheinspritzung bis in mittleren<br />

Drehzahlbereich (Positivwirkung auf Verbrauch und<br />

Verbrennungsgeräusch)<br />

+ Optimale <strong>Ein</strong>spritzbeginnsteuerung sowie Volllastangleichung<br />

(<strong>Ein</strong>haltung ECE–Reglungen 24 und 49)<br />

+ Schubabschaltung abhängig von Fahrfußhebelstellung,<br />

Motortemperatur und -drehzahl (Verbrauchs- und Abgasreduzierung)<br />

Neben diesen Vorteilen waren die Versuchsfahrer auch sehr<br />

vom Fahrverhalten angetan. Auch ausländische Fachleute aus<br />

der ČSSR, der UdSSR und Polen waren sehr beeindruckt.<br />

Schutzrechtsanalyse<br />

Den Vorteil nutzend, dass im WTZ Automobilbau die zentrale<br />

Patentsammlung für den Fahrzeugbau der DDR konzentriert<br />

war, konnte durch permanente Auswertearbeit auch<br />

eine optische Darstellung zu den Schutzrechten erstellt werden.<br />

Die Lösungen im WTZ waren frei von Schutzrechten<br />

Dritter und damals durch 24 eigene Anmeldungen geschützt.<br />

Schutzrechtsanalyse zur elektronisch gesteuerten CR-<strong>Ein</strong>spritzung aus dem Jahr 1988.


Piezo-<strong>Ein</strong>spritzventil.<br />

Internationale Aktivitäten ab 1976 Dank<br />

Nach seiner Promotion im Jahre 1984 an der ETH Zürich zur<br />

„Akkumuliereinspritzung mit theoretischer und experimenteller<br />

Untersuchung eines elektronisch gesteuerten Dieseleinspritzsystems<br />

für PKW“ arbeitete Ganser unter seiner<br />

Firma HYDROMAG speziell an Elektromagnetventilen für<br />

verschiedene Firmen und le<strong>ist</strong>ete damit wesentliche Pionierarbeit<br />

zur allgemeinen Systemakzeptanz.<br />

Ende der 1980er Jahre erfolgten Entwicklungsarbeiten bei<br />

Magneti Marelli und der Fiat-Gruppe Elasis. 1994 übernahm<br />

Bosch diesen Entwicklungsstand und begann mit Serienvorbereitungen.<br />

1997 <strong>ist</strong> der Pkw Alfa Romeo 156 JDT das erste<br />

Serienfahrzeug mit CR-Technik und Injektoren der 1. Generation<br />

(elektromagnetisch gesteuert bei Systemdruck von p S = 1350<br />

bar). Im Jahr 2000 begann die Serienproduktion verbesserter<br />

Injektoren der 2. Generation und Systemdrucksteigerung auf<br />

p S = 1600 bar. 2003 erfolgte die endgültige Abkehr vom<br />

Magnet als Aktor und die <strong>Ein</strong>führung piezoelektrisch gesteuerter<br />

<strong>Ein</strong>spritzventile (3. Generation) mit weiter verbesserter<br />

Dynamik/Dosierbarkeit von Kleinstmengen. 2006 wurde der<br />

Systemdruck angehoben auf bis zu p S = 1800 (2000) bar. Das<br />

System der 4. Generation mit Variodüsen (schaltbare 2-Lochreihendüsen)<br />

befindet sich in Vorbereitung. Seit 2004 sind<br />

elektronisch gesteuerte CR-Systeme auch bei Schiffsdieselmotoren,<br />

z. B. MAN V8-900 CR, MTU 2000 CR im Serieneinsatz.<br />

Gegenwärtig <strong>ist</strong> das CR-<strong>Ein</strong>spritzsystem bei Neumotoren infolge<br />

seiner optimalen Anpassungsmöglichkeit absolut vorherrschend.<br />

In der DDR war man bereits in den 1980er<br />

Jahren auf einem guten Weg zum optimalen <strong>Ein</strong>spritzsystem,<br />

wobei 1985 im damaligen Karl-Marx-Stadt weltweit die erste<br />

erfolgreiche Straßenerprobung eines CR-Systems erfolgte.<br />

Außerdem war es durch 24 eigene Patentanmeldungen frei<br />

von Schutzrechten Dritter.<br />

Leider mussten 1986 die Entwicklungsarbeiten mangels „harter“<br />

Währung für eine technologische Umsetzbarkeit (Maschinenimporte)<br />

abgebrochen werden. Auch eine Weiterbearbeitung<br />

in K-Stufen nach Nomenklatur erfolgte nicht mehr, da<br />

damals mit dem 4-Takt-Pkw-Motorenprogramm alle Kapazitäten<br />

ausgereizt waren.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Der Dank gilt den aktiven Mitarbeitern an diesem Projekt wie<br />

Ing. K. Löffler, Ing. S. Müller, Ing. G. Haase und Dipl.-Ing. P.<br />

Templin sowie dem damaligen Leiter Dieselmotoren im WTZ<br />

Automobilbau, Obering. S. Grünert, der sich stets für die<br />

Fortführung der Forschungsaufgabe eingesetzt hat.<br />

Dr.- Ing. K. Matthees<br />

Abbildungen: Archiv des Autors<br />

CR-System im<br />

Mercedes-Benz CLC<br />

200/220 CDI.<br />

02/2010 31


20<br />

Der Trabi ging, Volkswagen kam<br />

32<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Engagement des Automobilkonzerns war vor 20 Jahren<br />

die Initialzündung für die Renaissance des Autolandes Sachsen<br />

Am 21. Mai 1990 begann in Mosel (heute Stadtteil von Zwickau) ein neues automobiles Zeitalter: Der erste, in Sachsen montierte VW lief vom<br />

Band – ein Polo alpinweiß mit Steilheck und 1,3-Liter-Motor.<br />

Anfang 1990 geschah, was man in den Jahren davor in der DDR für schlichtweg unmöglich gehalten hatte.<br />

Sozusagen über Nacht waren rund fünf Millionen Pkw-Bestellungen Makulatur ge<strong>worden</strong>. Keiner wollte mehr<br />

Trabi und Co. kaufen. Alles schielte auf die modernen Wagen aus dem Westen. Das Engagement von Volkswagen<br />

unter dem damaligen Vorstandsvorsitzenden und gebürtigen Sachsen Prof. Dr. Carl H. Hahn erweckte einen traditionsreichen<br />

Automobilbaustandort zu neuem Leben.<br />

Sachsenring Zwickau errichtete damals<br />

im heutigen Zwickauer Stadtteil Mosel<br />

ein zusätzliches Werk, in dem jährlich<br />

50.000 neue Trabis produziert werden<br />

sollten. Diese Autos und damit auch die<br />

Fabrikerweiterung wurden plötzlich<br />

nicht mehr gebraucht. Volkswagen reagierte<br />

und gründete 1990 gemeinsam<br />

mit der Treuhandanstalt eine Übergangsgesellschaft,<br />

deren Ziel es war, Arbeitsplätze<br />

zu erhalten und Signale für den<br />

Fortbestand des Automobilbaus in<br />

02/2010<br />

Sachsen zu geben: die Sächsische Automobilbau<br />

GmbH (SAB). In dem ursprünglich<br />

für die Produktionserweiterung des<br />

Trabant 1.1 vorgesehenen Werkteil in<br />

Mosel begann eine einzigartige Mixfertigung.<br />

Am 21. Mai 1990 wurden auf den<br />

eben fertiggestellten Montageanlagen die<br />

ersten Trabis mit VW-Motor und die<br />

ersten, in Sachsen gefertigten VW Polo<br />

hergestellt. Der Trabi verließ Mosel bereits<br />

wieder im September 1990 und<br />

wurde dann bis April 1991 nur noch im<br />

Altwerk Zwickau hergestellt. Ab Februar<br />

1991 begann in Mosel die Fabrikation<br />

des VW Golf. Bis Ende 1996 wurde auf<br />

diesen Anlagen produziert.<br />

Dann hatten die Übergangslösung und<br />

damit auch die SAB ihren Zweck erfüllt.<br />

Bereits 1990 war der Bau eines neuen<br />

Werkes beschlossen <strong>worden</strong>, das von der<br />

im Dezember 1990 gegründeten Volkswagen<br />

Sachsen GmbH betrieben werden<br />

sollte. Diese 100-prozentige VW-<br />

Tochter ging aus einem Joint-Venture von


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

VW und IFA hervor. Am 26. September<br />

1990 wurde der Grundstein für die neue<br />

Automobilfabrik gelegt. Trotz Rezession<br />

in der Automobilbranche Anfang der<br />

1990er Jahre hielt Volkswagen am Engagement<br />

in Sachsen fest. Das zeigte sich<br />

auch daran, dass im April 1992 alle Mitarbeiter<br />

der Motorenwerke Chemnitz<br />

GmbH in die VW Sachsen GmbH übernommen<br />

wurden.<br />

Seitdem baut das Unternehmen die<br />

Standorte Zwickau und Chemnitz kontinuierlich<br />

aus. Was mit dem VW Polo<br />

startete, wurde mit dem VW Golf konsequent<br />

fortgesetzt. Beginnend mit dem<br />

Golf II 1991 fertigte VW Sachsen seitdem<br />

alle Modelle dieses Kompaktwagens.<br />

Im August 2008 rollten die ersten<br />

Golf der sechsten Generation vom<br />

Fertigungsband. Seit 1996 kommt ein<br />

zweites VW-Erfolgsmodell aus Zwickau-<br />

Mosel – die Passat-Limousine. Neben<br />

der Passat- und Golffertigung sind die<br />

Lieferungen für das VW-Luxussegment<br />

ein weiteres wichtiges Standbein. In<br />

Zwickau werden die lackierten Karosserien<br />

für den Phaeton und für die<br />

Bentley-Continental-Baureihe hergestellt.<br />

Außerdem besitzt der Standort ein<br />

Kompetenzzentrum für Aluminium-<br />

Anbauteile und Sonderfahrzeuge.<br />

Ebenso werden aus dem Zwickauer<br />

Presswerk Karosserieteile für den<br />

Konzernverbund geliefert.<br />

<strong>Ein</strong>e ähnlich rasante Entwicklung erlebte<br />

34<br />

02/2010<br />

auch das Motorenwerk in Chemnitz. Es<br />

beliefert weltweit Fahrzeugwerke des<br />

VW-Konzerns mit modernen Otto- und<br />

Dieselmotoren sowie mit Motorbaugruppen.<br />

Chemnitz nimmt eine Vorreiterrolle<br />

bei der <strong>Ein</strong>führung von Produktund<br />

Prozessinnovationen ein. Das für<br />

sein Innovationsmanagement als „Fabrik<br />

des Jahres 2009“ ausgezeichnete Werk<br />

<strong>ist</strong> Exklusivlieferant für 1,4 Liter TSI-<br />

Motoren. Als erster Konzernstandort<br />

startete es auch mit der Produktion von<br />

FSI-Motoren und TDI-Aggregaten mit<br />

Common-Rail-Technologie. Ebenso lief<br />

in Chemnitz die Serienproduktion des<br />

weltweit ersten Erdgasantriebs mit effizienter<br />

Twincharge-Technologie an.<br />

Das Engagement von Volkswagen in<br />

Sachsen hat dazu geführt, dass in<br />

Zwickau rund 6200, in Chemnitz ca.<br />

1100, in der Gläsernen Manufaktur<br />

Dresden etwa 350 und im Volkswagen-<br />

Bildungsinstitut ca. 100 Menschen direkt<br />

für den Konzern tätig sind. Es bewirkte<br />

jedoch noch viel mehr. Über 30.000 Arbeitsplätze<br />

in vor- bzw. nachgelagerten<br />

Fertigungs- und Servicebereichen sind<br />

mit dem Wirken von VW in Sachsen<br />

verbunden. Allein im unmittelbaren<br />

Umfeld der Zwickauer Fahrzeugfertigung<br />

haben sich 14 Modullieferanten<br />

angesiedelt.<br />

Mit der Modulstrategie hat VW Sachsen<br />

ein Log<strong>ist</strong>ikkonzept verwirklicht, das als<br />

beispielgebend für die gesamte Auto-<br />

26. September 1990: Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl legte den Grundstein für das<br />

neue VW-Fahrzeugwerk in Zwickau-Mosel. Links der damalige VW-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.<br />

Carl H. Hahn.<br />

mobilindustrie gilt und 1998 mit dem<br />

Deutschen Log<strong>ist</strong>ikpreis honoriert<br />

wurde.<br />

Dabei stand ein Zwang Pate für diese<br />

„Produktion in Partnerschaft“ genannte<br />

neue Arbeitsteilung zwischen Herstellern,<br />

Lieferanten und Dienstle<strong>ist</strong>ern. Die<br />

räumliche Enge der einst für den Trabant<br />

konzipierten Fahrzeugfertigung<br />

kollidierte mit den Produktionsanforderungen<br />

der Golf-Montage. Der Ausweg<br />

lautete Modulbauweise. Den Anfang<br />

machten klassische Baugruppen<br />

wie Sitze oder Kabelbäume. Inzwischen<br />

<strong>ist</strong> die Zahl der Module auf 30 angewachsen.<br />

Regie in diesem Just-in-Time-<br />

Konzept führt der Faktor Zeit. So stehen<br />

oft nicht mehr als zwei Stunden zur<br />

Verfügung, um zwischen dem <strong>Ein</strong>lauf<br />

einer lackierten Karosse in die Montage<br />

und dem <strong>Ein</strong>treffen dieser Karosse am<br />

entsprechenden <strong>Ein</strong>bautakt das exakt<br />

für dieses Fahrzeug gewünschte Modul<br />

wie Cockpit, Sitz, Abgasanlage oder<br />

Mittelkonsole zu fertigen und am Band<br />

bereitzustellen.<br />

Rund 50 Prozent seiner Kaufteile bezieht<br />

VW Sachsen auf diese Weise von<br />

seinen Modulpartnern, die auch Prozessverantwortung<br />

besitzen. Alle anderen<br />

Kaufteile stellt ein externer Dienstle<strong>ist</strong>er<br />

bereit, der das gesamte Handling vom<br />

Wareneingang über <strong>Ein</strong>- und Auslagerung,<br />

Kommissionierung, teilweise Vormontagen<br />

sowie Transport und Materialbereit-<br />

Mit der Errichtung der VW-Fahrzeugfertigung<br />

entstand eine vierspurige Neubaustrecke der<br />

B93, welche die Stadt Zwickau mit der A4


Finisharbeiten am Golf VI im VW-Werk Zwickau.<br />

verbindet und kurze Transportwege zwischen<br />

den Modullieferanten und dem Fahrzeugwerk<br />

garantiert.<br />

Montage des VW Passat in Zwickau.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

02/2010 35


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

stellung am <strong>Ein</strong>bautakt übernimmt.<br />

Dank dieses innovativen Log<strong>ist</strong>ikkonzeptes<br />

kann das VW-Werk Zwickau sehr<br />

flexibel arbeiten. So werden die Modelle<br />

Golf und Passat nicht einfach parallel<br />

gefertigt, sondern ganz nach Bedarf im<br />

Mix. Täglich können bis zu 1350 Fahrzeuge<br />

montiert werden. Hinzu kommen<br />

80 lackierte Phaeton- bzw. Bentley-Karosserien.<br />

Das Motorenwerk Chemnitz<br />

besitzt eine Tageskapazität von 3000 Motoren<br />

und 4000 Ausgleichswellengetrieben.<br />

Nach 20 Jahren Engagement in und für<br />

36<br />

02/2010<br />

Sachsen stehen bis Anfang 2010 nicht<br />

nur mehr als 3,5 Millionen hier gefertigter<br />

Fahrzeuge und knapp 10 Millionen<br />

Motoren zu Buche. Das Vorgehen von<br />

Volkswagen war zugleich die Initialzündung<br />

für die Renaissance des Autolandes<br />

Sachsen. Im Sog von VW folgten Porsche<br />

und BMW und errichteten fahrzeugbauende<br />

Werke in Leipzig. Mittlerweile<br />

kommt fast jeder zehnte in Deutschland<br />

gebaute Pkw aus den sächsischen Automobilfabriken.<br />

Die breite Basis für die<br />

Automobilindustrie bilden die rund 750<br />

Zulieferer, Ausrüster und Dienstle<strong>ist</strong>er<br />

der Branche. Sie verfügen über die Kompetenzen,<br />

alle für die Herstellung eines<br />

Fahrzeuges notwendigen Komponenten<br />

zu entwickeln und zu fertigen. Die Hersteller<br />

und Lieferanten sind zugleich der<br />

Motor des verarbeitenden Gewerbes in<br />

Sachsen. Die über 70.000 Beschäftigten,<br />

davon mehr als 60.000 in der Zulieferindustrie,<br />

erbringen zirka ein Viertel der<br />

sächsischen Industrieproduktion.<br />

Ina Reichel<br />

Fotos: Volkswagen<br />

Motorenmontage im VW-Werk Chemnitz. Ende 2007 wurde der dreimillionste<br />

Volkswagen aus Sachsen gefeiert.<br />

Im Februar 2007 verließ der achtmillionste Motor das VW-Werk Chemnitz.<br />

Sonderausstellung<br />

zum 20-jährigen Jubiläum<br />

von VW in Sachsen<br />

Der Volkswagen-Konzern hat vor<br />

20 Jahren die Volkswagen Sachsen<br />

GmbH mit Sitz in Zwickau gegründet<br />

und damit wesentlich zur<br />

Wiedergeburt des Autolandes<br />

Sachsen beigetragen. An die<br />

Hintergründe, die Ereignisse, die<br />

Akteure und vor allem an die seitdem<br />

entstandenen Fahrzeuge erinnert<br />

das August Horch Museum<br />

Zwickau mit einer Sonderausstellung<br />

vom 11. Dezember 2010 bis<br />

zum 20. März 2011.<br />

Zur Ausstellungseröffnung am 10.<br />

Dezember 2010 werden hochrangige,<br />

eng mit diesem Geschehen verbundene<br />

Gäste erwartet.


Prof. Dr. Werner Olle, Vorstand der<br />

Schnellecke Log<strong>ist</strong>ics, stellte zur Jahrestagung<br />

des RKW Sachsen im Juni die<br />

erfolgreiche 20-jährige Entwicklung von<br />

Schnellecke in Sachsen vor.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Gute Mitgift gegeben,<br />

gute Mitgift bekommen<br />

Schnellecke seit 20 Jahren engagiert unterwegs für die Zukunft Sachsen<br />

Das Engagement von Volkswagen in Sachsen zog zahlreiche weitere Unternehmen in die Region. Zu ihnen gehörte<br />

die Schnellecke Group. Dass die damalige Spedition mit Hauptsitz in Wolfsburg und rund 100 Mitarbeitern in<br />

den letzten zwei Jahrzehnten zu einer an 40 Standorten weltweit tätigen Gruppe mit über 13.500 Beschäftigten<br />

gewachsen <strong>ist</strong>, hat viel mit Sachsen zu tun. Über diese Entwicklung sprach Schnellecke-Log<strong>ist</strong>ics-Vorstand,<br />

Prof. Dr. Werner Olle, der in den 1990er Jahren den Aufbau der Fahrzeugfertigung Zwickau auf VW-Seite aktiv<br />

mitgestaltet hat, auf der Jahrestagung der RKW Sachsen GmbH im Juni auf Schloss Wackerbarth Radebeul.<br />

Die Entscheidung von VW, in der Region Zwickau-Chemnitz<br />

eine moderne Fahrzeugproduktion aufzubauen, löste wesentliche<br />

Markt- und Kundenimpulse aus. Partnerfirmen mit Mut<br />

zum Risiko und schnellen <strong>Ein</strong>stiegslösungen wurden gebraucht.<br />

Die damalige Spedition Schnellecke war eine solche<br />

Firma. Sie übernahm 1990 die Fuhrparks der volkseigenen Betriebe<br />

Sachsenring Zwickau und Barkas Chemnitz inklusive 41<br />

Mitarbeitern und den vorhandenen Lkw W50. 1991 kamen<br />

Teile des ehemaligen Kraftverkehrs Zwickau inklusive 72 Mitarbeitern<br />

hinzu. Alle Firmen fusionierten 1993 zur Sachsentrans<br />

Spedition und Log<strong>ist</strong>ik GmbH mit Hauptsitz in Zwickau.<br />

Dass es der Schnellecke Group nicht um eine kurze Episode<br />

oder um vollmundige Versprechungen ging, sondern um Langfr<strong>ist</strong>igkeit<br />

und Nachhaltigkeit, zeigt der bereits 1990(!) entstandene<br />

Slogan „Wir fahren für die Zukunft Sachsens“, der<br />

weiß auf grün auf den Lkw deutlich sichtbar war. <strong>Ein</strong> Slogan,<br />

so verriet Prof. Olle, den der damalige Barkas-Geschäftsführer<br />

und heutige Werkleiter von Porsche Leipzig, Siegfried<br />

Bülow, kreierte.<br />

Das zweite Geschäftsfeld von Schnellecke – die Log<strong>ist</strong>ik –<br />

we<strong>ist</strong> Entstehungsbedingungen auf, die so typisch und wertvoll<br />

für diese Region Anfang der 1990er Jahre waren: Erfahrung<br />

mit einer langjährigen Mangelverwaltung und einer daraus<br />

geborenen Improvisationsfähigkeit unglaublichen Ausmaßes.<br />

In der sich entwickelnden VW-Produktion in einem ursprünglich<br />

für die Trabant-Fertigung gebauten Werk wurde sehr<br />

schnell deutlich: Für die beabsichtigten Stückzahlen reichten<br />

die Log<strong>ist</strong>ikflächen bei weitem nicht aus.<br />

Mit unternehmerischer Weitsicht und hoher Risikobereitschaft<br />

bot Schnellecke auf dem Gelände des ehemaligen Spinnstoffwerkes<br />

Glauchau Mitte 1990 erste Log<strong>ist</strong>ik-Flächen für die Lagerung<br />

von Großteilen an: einen alten Stückgutschuppen mit<br />

3000 Quadratmetern, umgeben von einem ausgedehnten Altlastenareal,<br />

dass es durch die vormalige Viskosefaser- und<br />

Fluatproduktion wahrlich „in sich“ hatte. Aus diesen Anfängen<br />

stammt die Äußerung der Schnellecke-Seniorchefin Margarete<br />

Schnellecke an ihren Sohn: „Rolf, dafür willst du unser hart erarbeitetes<br />

Geld ausgeben? So etwas habe ich noch nicht gesehen.“<br />

Noch unter dem Namen Sachsentrans wurden erste<br />

Großteile gelagert und ca. 30 Mitarbeiter für diese Aufgabe<br />

beschäftigt.<br />

Nach diesem Start Mitte 1991 überschlugen sich die Ereignisse.<br />

VW Sachsen wollte die Chance eines neuen Produktes,<br />

den Anlauf des Golf A3 Mitte 1992, nutzen, um ein neues<br />

Log<strong>ist</strong>ik-Konzept zu realisieren. Dies sollte in der bestehenden<br />

Fabrik Mosel I erfolgen – als Vorbereitung auf die geplante<br />

neue, moderne Fabrik Mosel II. Für Schnellecke bedeutete<br />

dies, sehr schnell auf den steigenden Flächenbedarf zu reagieren,<br />

die Belegschaft zu erweitern und Qualifizierungen für<br />

eine komplexe log<strong>ist</strong>ische Dienstle<strong>ist</strong>ung inklusive hoher Systemanforderungen<br />

in die Wege zu leiten.<br />

Parallel zu diesem Sofort-Bedarf galt es, auf dem Gelände in<br />

Glauchau umfangreiche Anlagen- und Gebäudeabrisse sowie<br />

eine komplette Flächensanierung vorzunehmen. Diese weitsichtigen<br />

Maßnahmen schufen die infrastrukturelle Voraussetzung<br />

für die stufenweise Entstehung von neuen, hochwertigen<br />

Log<strong>ist</strong>ikflächen; der nicht bebaubare Teil (versiegelte Deponiefläche)<br />

wird von der SAT als Abstellfläche für Fertigfahrzeuge<br />

genutzt.<br />

Die sich im Umfeld von VW Sachsen ergebenden Chancen<br />

führten dazu, dass Schnellecke ein eigenständiges Log<strong>ist</strong>ik-<br />

Unternehmen gründete. Auch die Namensgebung BMG Baugruppen-<br />

und Modulfertigung GmbH verriet Weitsicht und<br />

versprach Perspektive. Die BMG stand fortan für eine Strategie,<br />

verstärkt Wertschöpfung in die Log<strong>ist</strong>ik zu integrieren.<br />

Mit ersten Vormontagen wurde seit 1994 diese Kompetenz<br />

aufgebaut und über die Montagen von Hinterachsen und<br />

Tanks ständig weiterentwickelt. 2003 erfolgte der Start einer<br />

02/2010 37


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

just-in-sequence-Fertigung von Mehrlenker-Hinterachsen.<br />

Damit wurde die BMG zu einem Referenzstandort innerhalb<br />

der Schnellecke Group, mit einer Kombination von anspruchsvoller<br />

Log<strong>ist</strong>ik und High-Tech-Montage.<br />

Ergänzend zu den in die Log<strong>ist</strong>ik integrierten Wertschöpfungsumfängen<br />

bot sich für Schnellecke 1994 die Chance, ein weiteres<br />

Neuland zu betreten. Nämlich selbst zum Produzenten<br />

und Lieferanten zu werden, und daraus ein drittes Geschäftsfeld<br />

aufzubauen – die Produktion. Diese Möglichkeit bot die<br />

Übernahme der KWD (Karosseriewerke Dresden), die unter<br />

dem Markennamen Gläser in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

zu den führenden Karosseriebauern gehörten. Zum<br />

Zeitpunkt der Übernahme war die KWD noch am Standort<br />

Dresden-Klotzsche tätig; einem Standort, der durch den geplanten<br />

Flughafen-Ausbau allerdings keine Perspektive mehr<br />

hatte. Bis 1996 wurden Presswerk und Rohbau in Radeberg<br />

neu errichtet und der Standort verlegt. Es gelang der KWD<br />

rasch, sich als Lieferant hochwertiger Karosserie-<strong>Ein</strong>zelteile<br />

und -Baugruppen zu etablieren. Die KWD <strong>ist</strong> im Rahmen<br />

der sächsischen Schnellecke-Aktivitäten eine Besonderheit.<br />

Denn dieses sächsische Urgestein hat an den Grenzen des<br />

Fre<strong>ist</strong>aates nicht Halt gemacht. Seit 1998 entstanden<br />

Schwesterbetriebe in Wolfsburg, Pamplona/Spanien,<br />

Palmela/Portugal, Dobrovice/Tschechien und Dalian/China.<br />

Heute <strong>ist</strong> die Schnellecke Group an<br />

acht Standorten in Sachsen tätig und<br />

beschäftigt mehr als 1800 Mitarbeiter.<br />

Neben VW in Zwickau und in Dresden<br />

Ende 2008 haben die Karosseriewerke<br />

Dresden eine neue Pressenstraße eingeweiht.<br />

Foto: Reichel<br />

38<br />

02/2010<br />

Seit zwei Jahrzehnten <strong>ist</strong> Schnellecke<br />

gut unterwegs für die Zukunft Sachsens.<br />

Foto: Schnellecke<br />

werden auch die Werke von Porsche und BMW in<br />

Leipzig bedient. Seit 1990 investierte die Unternehmensgruppe<br />

175 Millionen Euro in Sachsen, davon je<br />

50 Prozent in die Produktion sowie in die Log<strong>ist</strong>ik/<br />

Spedition. Schnellecke hat dabei nicht nur gegeben,<br />

sondern auch wesentliche Impulse aus der Region bezogen.<br />

Deutliche Beschleunigungseffekte in der Unternehmensentwicklung<br />

wurden durch Kompetenzbündelung erreicht, z. B.<br />

bei der KWD durch Entwicklungspartnerschaften mit den<br />

Fraunhofer-Instituten in der Region und die Integration in die<br />

Technologieplattform TeMak; für die BMG bei der Vorbereitung<br />

auf hochwertige Achsmontagen und für alle Log<strong>ist</strong>ik-<br />

Standorte durch die <strong>Ein</strong>bindung in Automobilnetzwerke wie<br />

AMZ. „Sachsen <strong>ist</strong> auch im internationalen Vergleich eine Vorzeige-Region,<br />

die einen Teil ihrer Stärke aus eben dieser Vernetzung<br />

bezieht“, bilanzierte Prof. Olle und verwies darauf,<br />

dass das weltweit enorme Wachstum der Schnellecke Group<br />

auch auf einer weiteren „Mitgift“ aus Sachsen beruht: „Wesentlich<br />

war der Trend zum zunehmenden Outsourcing von<br />

Log<strong>ist</strong>ik-Le<strong>ist</strong>ungen, der Auf- und Ausbau der Produktion sowie<br />

die stetig wachsende Globalisierung. Zu dieser Entwicklung<br />

hat die Kompetenz aus Sachsen mit ihrer Mischung aus automobiler<br />

Tradition und modernen Log<strong>ist</strong>ik-Konzepten wesentliche<br />

Inputs geben können. Sachsen <strong>ist</strong> immer wieder Standort<br />

für modernste Log<strong>ist</strong>ik-Konzepte.“<br />

Und schließlich <strong>ist</strong> Sachsen das Geburtsland einer neuen Unternehmensstrategie<br />

der Schnellecke Group. Die Integration<br />

von Wertschöpfung in die Log<strong>ist</strong>ik hat deutlich erkennbare<br />

sächsische Wurzeln.<br />

Achsmontage bei BMG: Die Integration<br />

von Wertschöpfung in die Log<strong>ist</strong>ik hat<br />

sächsische Wurzeln.<br />

Foto: Schnellecke


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Ronny Tolliszus (r.) und Frank Weidenmüller Start auf dem Platz der Völkerfreundschaft in Zwickau zu rund 600 Kilometern durch Sachsen für<br />

bei letzten Absprachen vor dem Start zur das Team FES, das die Fahrt als hervorragende Vierte absolvierte.<br />

8. Sachsen Classic.<br />

Fotos: Frank Reichel<br />

Dieser vierte Platz <strong>ist</strong> wie ein Sieg<br />

Erfolgreiches FES-Team bei der 8. Sachsen Classic 2010<br />

Nach dem Blick auf die Ergebnisl<strong>ist</strong>en der<br />

8. Sachsen Classic 2010 vom 19. bis 21.<br />

August wird sich mancher verwundert die<br />

Augen gerieben haben. Als vierte in der<br />

Gesamtwertung platzierte sich das Zwickauer<br />

Team FES mit Ronny Tolliszus und<br />

Frank Weidenmüller im Trabant 1.1. Dieser<br />

sonst eher undankbare Rang kommt<br />

in diesem Falle einem Sieg gleich.<br />

An der Spitze gab es nach den drei Etappen<br />

mit insgesamt rund 600 Kilometern<br />

und 20 Zeitkontrollen bzw. Wertungsprüfungen<br />

eigentlich keine Überraschung.<br />

Es siegten die favorisierten Luciano<br />

Viaro und Enrico Mussinelli. Beide<br />

haben in diesem Jahr bereits die Silvretta<br />

Classic Montafon gewonnen. Luciano<br />

Viaro und Enrico Mussinelli fahren im<br />

Audi Quattro für das Team Audi Tradition<br />

und unter der Flagge von M.I.T.E. (Miteinander,<br />

Insieme, Together, Ensemble),<br />

einer Organisation, die Sehbehinderten<br />

die Teilnahme am Motorsport ermöglicht.<br />

Co-Pilot Mussinelli navigiert mit einem<br />

Roadbook, das in der Blindenschrift<br />

Braille ausgeführt <strong>ist</strong>. Zweitplatzierte<br />

wurden Prof. Dr. Peter Krieglsteiner und<br />

Thomas Linhardt im Porsche 911 SC.<br />

Rang 3 ging an das Skoda-Team mit den<br />

mehrfachen Deutschen Rallye-Me<strong>ist</strong>ern<br />

Matthias Kahle und Peter Göbel im Skoda<br />

110 R.<br />

Während es sich bei den ersten drei<br />

Teams um regelmäßige Teilnehmer an<br />

Classic- und weiteren Motorsportfahren<br />

handelt, besitzen die viertplatzierten<br />

Ronny Tolliszus und Frank Weidenmüller<br />

bei weitem nicht deren Erfahrung und<br />

Trainingseinheiten. Die Geschäftsführer<br />

der Zwickauer FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung<br />

Sachsen und Auto-Entwicklungsring<br />

Sachsen GmbH steigen lediglich<br />

zur Sachsen Classic in den Trabant 1.1, im<br />

Prinzip ohne vorherige Übungsstunden.<br />

„Wir haben am Vortag des Starts zirka eine<br />

halbe Stunde das Gleichmäßigkeitsfahren<br />

zwischen Laternenpfählen probiert“, beschreiben<br />

sie ihre Vorbereitung. Der Trabant<br />

sei dank seiner eckigen Karosserie<br />

gut geeignet, eine definierte Strecke in<br />

einer vorgeschriebenen Zeit zu absolvieren<br />

und Kontaktpunkte bzw. Lichtschranken<br />

gut zu treffen, sagen sie.<br />

Dass Ronny Tolliszus und Frank Weidenmüller<br />

mit Gefühl fahren, konnten sie bereits<br />

im Vorjahr beweisen, als sie mit dem<br />

Trabi die anspruchsvolle Wertungsprüfung<br />

an der berüchtigten „Steilen Wand“ von<br />

Meerane gewannen. Für die Sieger gab es<br />

übrigens zwei Stoppuhren, die ihnen als<br />

einzige Hilfsmittel bei der diesjährigen<br />

Sachsen Classic gute Dienste le<strong>ist</strong>eten.<br />

Ina Reichel<br />

02/2010 39


<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Wenn Oldtimersammler „fremd gehen“...<br />

... dann kommt eine beeindruckende Fahrzeugpräsentation zur 4. Chemnitzer Oldtimermesse heraus<br />

Teil der Wanderer-Sonderschau.<br />

Manchmal sind aller guten Dinge vier. Zumindest trifft das auf<br />

die vierte Auflage der Chemnitzer Oldtimermesse zu. Insbesondere<br />

Freunde h<strong>ist</strong>orischer Pkw aus der Region Sachsen/<br />

Thüringen kamen zur Veranstaltung am 18. und 19. September<br />

in der Messe Chemnitz voll auf ihre Kosten. Da fiel zum einen<br />

die Würdigung des 125-jährigen Wanderer-Geburtstages ins<br />

Auge. Für Messechef Michael Kynast ein „Herzensbedürfnis“, auf<br />

dem h<strong>ist</strong>orischen Areal der Wanderer-Werke eine würdige Sonderschau<br />

zu präsentieren. Das <strong>ist</strong> mit den vielen Leihgaben gelungen.<br />

<strong>Ein</strong> unrestauriertes und ein restauriertes W8 „Puppchen“<br />

waren genauso zu sehen wie ein W10 Cabriolet, ein W11, ein<br />

W23 Gläser-Cabriolet, eine W250 Limousine und ein rassiger<br />

W25K Roadster. Dazwischen auch ein W22, der von der Stellmacherei<br />

Piela in Zwönitz gerade aufgebaut wird. Die Chemnitzer<br />

Technikmuseen wie das Industriemuseum, das Fahrzeugmuseum,<br />

das Schulmuseum oder das Straßenbahnmuseum<br />

ergänzten diese Schau mit weiteren Wanderer-Produkten.<br />

Raritäten auf vier Rädern waren auch bei Wolfgang Ludwig zu<br />

finden. Der Geschäftsführer des Autohauses an der Lutherkirche<br />

in Chemnitz <strong>ist</strong> ein wahrer Glücksfall für die Veranstaltung. Von<br />

Anbeginn unterstützt der Oldtimerliebhaber den Aufbau der<br />

einzigen Oldtimermesse in den neuen Bundesländern mit immer<br />

Kleinode kehren heim<br />

DKW-Sammlung von J. S. Rasmussen<br />

ab 23. Oktober im Industriemuseum Chemnitz<br />

Europas wohl umfangreichste Oldtimersammlung der Marke<br />

DKW kehrt heim nach Sachsen. Jörgen Skafte Rasmussen,<br />

Enkel des gleichnamigen Gründers des DKW-Imperiums, hat<br />

dem Industriemuseum Chemnitz mehr als 20 wertvolle Exponate<br />

für 20 Jahre zur Verfügung gestellt.<br />

Ab 23. Oktober sind diese Kleinode des sächsischen Fahrzeugbaus<br />

in der ständigen Ausstellung zu sehen. Darunter befinden<br />

sich Automobile der Baujahre 1928 bis 1938, Motorräder<br />

wie die mit einem Sessel ausgerüstete DKW Golem<br />

sowie verschiedene Stationär- und Motorradmotoren.<br />

Bei den Automobilen handelt es sich u. a. um einen DKW P15<br />

Roadster sowie einen DKW P 600 Sportwagen. <strong>Ein</strong> F1, der<br />

erste, in Großserie gebaute Frontantrieb, fehlt ebenso wenig<br />

40<br />

02/2010<br />

Der Wartburg Sport<br />

gehörte zu den<br />

Schmuckstücken der<br />

4. Oldtimermesse.<br />

neuen Ideen und Aktionen. Waren es bisher me<strong>ist</strong> Opel-Oldtimer,<br />

die er gezeigt hat, so ging er dieses Jahr „fremd“, wie er<br />

schmunzelnd meinte. Mit seinem Team holte er all die Pkw nach<br />

Chemnitz, die in den 1940er und 1950er Jahren in der Sowjetischen<br />

Besatzungszone bzw. in der DDR gebaut wurden. Der<br />

Wartburg 313 Sport, die wohl gelungenste Karosseriekonstruktion<br />

der DDR, gehörte dazu, ebenso ein Wartburg 311, ein<br />

F8 Export Cabrio, eine F8 Cabriolimousine, ein F9, ein BMW<br />

321, ein EMW 340/2, ein Horch Sachsenring sowie ein P70 und<br />

ein Trabant P60 Kombi. Lediglich der EMW 327 fehlte. Diesen<br />

hatte Wolfgang Ludwig schon „an der Angel“, aber dann klappte<br />

es doch nicht. Mit dem Nutzfahrzeugmuseum Hartmannsdorf<br />

organisierte er übrigens noch eine zweite Sonderschau. Hier<br />

waren Vorkriegs-Pkw und Nutzfahrzeuge von Opel zu sehen.<br />

Mehr als 6500 Besucher kamen an beiden Tagen in die Messe<br />

Chemnitz, um Oldtimer zu schauen, interessante Vorträge im<br />

Rahmenprogramm zu hören oder schon lange gesuchtes Zubehör<br />

auf dem Teilemarkt zu finden. Im kommenden Jahr, so verriet<br />

Projektleiterin Karla Brinkmann, findet die Messe gemeinsam<br />

mit den Tagen der Industriekultur in Chemnitz statt.<br />

Ina Reichel<br />

Fotos: Frank Reichel<br />

Der erste, in Serie gebaute Fronttriebler<br />

weltweit war der DKW F1 aus Sachsen.<br />

Foto: Thieme<br />

wie Modelle der Sonder- und der Schwebeklasse. <strong>Ein</strong> Unikat<br />

<strong>ist</strong> der DKW Roadster von 1933, der eigens für Rasmussens<br />

Sohn Hans auf Basis eines F2-Fahrgestells gefertigt wurde.<br />

Neben den Exponaten wird auch das Lebenswerk des in<br />

Dänemark geborenen Ingenieurs und Industriellen Jörgen<br />

Skafte Rasmussen gewürdigt.


VERANSTALTUNGEN<br />

2. Halbjahr 2010/1. Halbjahr 2011<br />

Gemeinnütziger Förderverein Automobilmuseum August Horch Zwickau e. V.<br />

Donnerstag, 7. Oktober 2010, 16.30 Uhr<br />

Vortrag zum Thema: Formhärten – Neue Fertigungstechnologie<br />

für Tragstrukturbauteile im Automobilbau<br />

Vortragender: Dr.-Ing. Bernd Pögel, Entwicklungsleiter Schuler<br />

Automation GmbH & Co.KG<br />

August-Horch-Museum Zwickau, Aud<strong>ist</strong>raße 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 4. November 2010, 16.30 Uhr<br />

Vortrag zum Thema: OST-FORM<br />

Vortragender: Prof. Clauss Dietel, Formgestalter, Chemnitz<br />

August-Horch-Museum Zwickau, Aud<strong>ist</strong>raße 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 2. Dezember 2010, 16.30 Uhr<br />

Besichtigung und Erläuterung moderner Lehreinrichtungen<br />

und Forschungslabore der Fakultät Kraftfahrzeugtechnik –<br />

Labor für angewandte Simulation und Visualisierung –<br />

Erläuterungen: Prof. Dr. Wolfgang Kühn<br />

Ort: Westsächsische Hochschule Zwickau, Campus<br />

Scheffelberg, August Horch Bau<br />

Donnerstag, 3. März 2011, 16.30 Uhr<br />

Vortrag zum Thema: Neue Motorentechnologien von AUDI am<br />

Beispiel des EA 888<br />

Vortragender: Prof. Dr. Joachim Böhme, Audi AG<br />

August Horch Museum Zwickau, Aud<strong>ist</strong>r. 7, Vortragssaal<br />

Oldtimertermine 2010/11<br />

Messen<br />

16./17. Oktober 2010: Oldtema Halle/Saale<br />

27. November bis 5. Dezember 2010:<br />

Essen Motor Show 2010<br />

14. bis 16. Januar 2011: Sachsenkrad Dresden<br />

22./23. Januar 2011: Oldtema Erfurt<br />

4. bis 6. Februar 2011: Motorrad-Messe Leipzig<br />

4. bis 6. Februar 2011: Automobil DD Dresden<br />

10. bis 13. März 2011: Retro Classics Stuttgart<br />

31. März bis 4. April 2011: Techno Classica Essen<br />

Teilemärkte<br />

9. Oktober 2010: Herbstteilemarkt Stolpen<br />

9. Oktober 2010: Herbst Oldtimer-/Teilemarkt Reichenbach/V.<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Donnerstag, 7. April 2011, 16.30 Uhr<br />

Vortrag zum Thema: Mit Rennmaschinen von MZ – Berichte<br />

aus einem Rennfahrerleben<br />

Vortragender: Siegfried Merkel, Zwickau<br />

August Horch Museum Zwickau, Aud<strong>ist</strong>r. 7, Vortragssaal<br />

Sonnabend, 16. April 2011, 10.00 Uhr<br />

Jahresmitgliederversammlung mit Wahl des Präsidiums<br />

August Horch Museum Zwickau, Aud<strong>ist</strong>r. 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 5. Mai 2011, 16.30 Uhr<br />

Vortrag zum Thema: Log<strong>ist</strong>ik in der Automobilindustrie<br />

Vortragender: Prof. Dr. Gerhard Sommerer, TU Dresden<br />

August Horch Museum Zwickau, Aud<strong>ist</strong>r. 7, Vortragssaal<br />

Donnerstag, 9. Juni 2011, 16.30 Uhr<br />

Besichtigung und Erläuterung moderner Lehreinrichtungen<br />

und Forschungslabore der Fakultät Wirtschaftswissenschaften<br />

Erläuterungen: Prof. Dr. Tobias Teich<br />

Westsächsische Hochschule Zwickau, Campus Scheffelberg<br />

Änderungen vorbehalten!<br />

10. Oktober 2010: Teilemarkt am Speedway Stadion Meißen<br />

16./17. Oktober 2010: Teilemarkt Halle/Saale<br />

24. Oktober 2010: Herbst Teilemarkt Alberthafen Dresden<br />

31. Oktober 2010: Oldtimer Teilemarkt Greiz<br />

5./6. November 2010: Automobilia Auktion Ladenburg<br />

Veranstaltungen<br />

5. bis 7. November 2010: Internat. Militärfahrzeugtreffen<br />

Reichwalde<br />

6./7. November 2010: Zweiradausstellung Scheibenberg<br />

4. bis 6. Februar 2011: Classic Motorshow Bremen<br />

2. bis 5. Juni 2011: 19. Feuerwehr Sternfahrt Frankfurt/O.<br />

Änderungen vorbehalten! Alle Angaben ohne Gewähr!<br />

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42<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

02/2010<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Gemeinnütziger Förderverein<br />

Automobilmuseum August Horch Zwickau e.V.<br />

Aud<strong>ist</strong>raße 7<br />

08058 Zwickau<br />

Redaktion<br />

Ina Reichel, Freie Journal<strong>ist</strong>in, Chemnitz<br />

Anzeigenaquise, Layout, Satz<br />

Marketingagentur Reichel<br />

Kleinolbersdorfer Straße 6, 09127 Chemnitz<br />

Tel. 0371–7743510, Fax: 0371–7743511<br />

E-Mail: mareichel@ma-reichel.de<br />

Druck<br />

Druckerei Wagner GmbH<br />

Großschirma/OT Siebenlehn<br />

Redaktionsschluss dieser Ausgabe:<br />

20. September 2010<br />

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Information unter Tel. 0371-7743510.

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