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Blickpunkt Mittelstand<br />
Die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland, die als sogenannte zweite<br />
Säule zur Sicherung des Einkommens im Alter gilt, ist ein Erfolgsmodell.<br />
Sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen und Staat profitieren davon.<br />
Die anhaltende Phase mit historisch <strong>niedrig</strong>en Zinsen stellt für viele Formen<br />
der betrieblichen Altersvorsorge allerdings eine erhebliche Herausforderung dar.<br />
Dies gilt insbesondere für die gerade auch in mittelständischen Unternehmen<br />
verbreitete Direktzusage, bei der das Unternehmen seinen Mitarbeitern eine fest<br />
definierte Pensionsleistung im Alter zusagt.<br />
Was ist das Problem?<br />
Die <strong>niedrig</strong>en Zinsen belasten Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Altersvorsorgeleistungen<br />
gewähren, in zweierlei Hinsicht. Zum einen führen sie dazu, dass<br />
mit den zur Finanzierung der späteren Leistungen benötigten Vermögensanlagen<br />
immer weniger Kapitalerträge erwirtschaftet werden. Daneben müssen für die<br />
erteilten Pensionszusagen aufgrund des anhaltend <strong>niedrig</strong>en Zinsniveaus immer<br />
höhere Rückstellungen in der Bilanz gebildet werden. Dies geht zu Lasten des<br />
Jahresergebnisses und des Eigenkapitals der Unternehmen. Aufgrund der für<br />
die Bewertung von Pensionsrückstellungen bislang geltenden Vorschriften im<br />
Handelsgesetzbuch (HGB) ist die Belastung für Unternehmen gerade jetzt besonders<br />
hoch. Dies hat auch die Bundesregierung erkannt und will mit einer<br />
Gesetzesänderung Abhilfe schaffen.<br />
Die Bedeutung des § 253 HGB<br />
Seit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (Bil-MoG)<br />
im Jahre 2009 sind gemäß § 253 HGB für die Ermittlung von Pensionsrückstellungen<br />
die Altersversorgungsverpflichtungen mit dem durchschnittlichen<br />
Die Wirkung der Gesetzesinitiative der Bundesregierung<br />
Auf Initiative der Bundesregierung hat der Bundestag am 18. Februar 2016 beschlossen,<br />
dass der Zeitraum, über den der Durchschnittszinssatz für die handelsrechtliche<br />
Abzinsung von Pensionsrückstellungen berechnet wird, von sieben<br />
auf zehn Jahre verlängert wird. Die erforderliche Zustimmung des Bundesrats<br />
erfolgte am 26. Februar 2016. Das Gesetz tritt einen Tag nach der Verkündigung<br />
im Bundesgesetzblatt in Kraft, was bis spätestens Ende März erwartet<br />
wird. Seine Anwendung ist für alle handelsrechtlichen Jahres- und Konzernabschlüsse<br />
für das nach dem 31. Dezember 2015 endende Geschäftsjahr verpflichtend.<br />
Allerdings kann die Neuerung auch freiwillig bereits auf Abschlüsse<br />
für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen, angewendet<br />
werden – also insbesondere auch auf Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2015.<br />
Die Folge: Der Rechnungszins würde zum 31. Dezember 2015 nicht mehr auf<br />
3,89% sinken, sondern lediglich auf 4,3%. Gegenüber dem Vorjahr betrüge<br />
der Rückgang somit statt rund 0,6 Prozentpunkten lediglich rund 0,2 Prozentpunkte.<br />
Während der maßgebliche Rechnungszinssatz für die Bewertung der Pensionsrückstellungen<br />
zukünftig also über einen 10-Jahres-Zeitraum berechnet wird,<br />
sind die Unternehmen aber zusätzlich verpflichtet, für jeden Abschlussstichtag<br />
die Pensionsrückstellungen auch weiterhin mit dem bisherigen 7-Jahres-Durchschnittssatz<br />
zu berechnen. Für den Unterschiedsbetrag zwischen beiden Wertansätzen<br />
gilt künftig eine Ausschüttungssperre, und es sind zusätzliche Angaben<br />
im Anhang zu machen.<br />
Die Entlastungswirkung der verabschiedeten Gesetzesänderung geht vielen<br />
Wirtschaftsverbänden nicht weit genug. Auch wird kritisiert, dass es sich lediglich<br />
um eine kurzfristige Entlastung handele, die Problematik aber grundsätzlich<br />
fortbestehe. Das Institut der Wirtschaftsprüfer schlägt vor, den Betrachtungszeitraum<br />
auf 15 Jahre zu verlängern oder alternativ statt des variablen Zinssatzes<br />
wieder einen festen Zinssatz mit einer Festschreibung auf 4,5% einzuführen.<br />
Pensionsrückstellungen in der Niedrigzinsphase:<br />
Entlastung für die Bilanz<br />
Marktzinssatz der letzten sieben Jahre abzuzinsen. In der Regel wird dabei eine<br />
angenommene Restlaufzeit der Pensionsverpflichtungen von 15 Jahren zugrunde<br />
gelegt. Die Entwicklung des zu verwendenden Kalkulationszinssatzes hat für die<br />
Bewertung eine erhebliche Bedeutung. Mit jedem Prozentpunkt, den der Zinssatz<br />
sinkt, erhöhen sich die Pensionsrückstellungen um etwa 15 bis 20 Prozent<br />
und belasten entsprechend das Ergebnis des Unternehmens.<br />
Zwischen Ende 2009 (5,25%) und 2013 (4,88%) veränderte sich der anzuwendende<br />
Zinssatz zunächst nur geringfügig um 0,37 Prozentpunkte. Aufgrund der<br />
Durchschnittsbildung schlägt die seit 2009 anhaltende Niedrigzinsphase in den<br />
letzten beiden Jahren allerdings immer stärker durch. So liegt der maßgebliche<br />
Zinssatz zum 31. Dezember 2015 bereits bei 3,89%, was allein für 2015 einen<br />
Rückgang von mehr als 0,6 Prozentpunkten bedeutet.<br />
Die Folgen des gesunkenen Rechnungszinses für die Wirtschaft<br />
Die Folgen dieser Entwicklung sind erheblich: So schätzte der Deutsche Industrie-<br />
und Handelskammertag im Juli 2015, dass allein im Mittelstand die<br />
Pensionsrückstellungen seit 2008 um mindestens 1,7 Mrd. Euro erhöht werden<br />
mussten – mit entsprechend negativen Folgen für die geplanten Investitionen.<br />
Die Forderungen der Wirtschaft an die Politik waren daher eindeutig: Zum einen<br />
sollte der Zeitraum für die Berechnung des durchschnittlichen Marktzinssatzes<br />
von derzeit sieben auf zwölf oder 15 Jahre deutlich verlängert werden. Als<br />
noch dringender wurde vielfach angesehen, den sinkenden handelsrechtlichen<br />
Rechnungszinssatz auch steuerlich anzuerkennen. Denn anders als in der Handelsbilanz<br />
liegt der für die Ermittlung der Ertragsteuern zu verwendende Rechnungszins<br />
unverändert bei 6%. Dies führt dazu, dass die aufgrund der Niedrigzinsphase<br />
zusätzlich zu bildenden Rückstellungen steuerlich ohne Auswirkung<br />
bleiben, denn die entsprechenden Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen<br />
führen nicht zu steuerlich abzugsfähigem Aufwand.<br />
Fazit<br />
Die kürzlich beschlossene Gesetzesänderung führt aufgrund des Glättungseffekts<br />
zweifelsohne zu einem langsameren Absinken des Kalkulationszinssatzes<br />
und damit zu einer Entlastung im handelsrechtlichen Jahresabschluss. Hält die<br />
derzeitige Niedrigzinsphase allerdings auch in den nächsten Jahren an, wovon<br />
die meisten Experten ausgehen, wird dieser Effekt nur von kurzer Dauer sein.<br />
Zudem erhöht die Verpflichtung, zukünftig zwei Wertansätze zu ermitteln, die<br />
Komplexität der Jahresabschlusserstellung und führt zu zusätzlichen Kosten.<br />
Noch schwerwiegender erscheint, dass der steuerliche Rechnungszinssatz unverändert<br />
bei 6% verbleibt. Somit wird auch zukünftig ein Teil der Aufwendungen<br />
für die Erhöhung der Pensionsrückstellungen in der steuerlichen Gewinnermittlung<br />
ausgeblendet, was letztlich zur Besteuerung von Scheingewinnen<br />
führt. Im Zuge der aktuellen Gesetzesänderung sollten Unternehmen in jedem<br />
Fall prüfen, ob eine vorzeitige Anwendung der neuen Regeln im Jahresabschluss<br />
zum 31. Dezember 2015 für sie vorteilhaft ist.<br />
Siegbert Weber<br />
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater<br />
Partner bei PwC Freiburg<br />
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