nws_0316_gesamt_niedrig
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Ortsporträt<br />
Ortsporträt<br />
GEMEINDE MARCH<br />
Wir wissen, was gut für uns ist<br />
Idyllisch gelegen zwischen den Ausläufern<br />
des Kaiserstuhls und des Schwarzwalds,<br />
am Lauf der Dreisam, befinden sich die vier<br />
Marchdörfer Buchheim, Holzhausen, Hugstetten<br />
und Neuershausen. Sie bilden nach<br />
dem Fusionsvertrag vom 01. Dezember<br />
1973 die Gemeinde March mit heute etwa<br />
9.000 Bürgerinnen und Bürgern.<br />
Seit einem Jahr ist er im Amt: Helmut Mursa,<br />
Bürgermeister der Gemeinde March,<br />
gelegen im Speckgürtel vor den Toren Freiburgs.<br />
Aber selbstständig und durchaus stolz<br />
darauf. Was plant der junge Bürgermeister<br />
(35 Jahre alt)? Was sind aktuelle Aufgaben,<br />
denen er sich stellen muss? Stefan Pawellek<br />
sprach mit dem Bürgermeister von March,<br />
Helmut Mursa.<br />
netzwerk südbaden: Helmut Mursa in<br />
March, Raphael Walz in Gundelfingen: findet<br />
derzeit ein Generationenwechsel in den Rathäusern<br />
statt, die Revolution der Jugend gegen<br />
die Alten?<br />
Helmut Mursa: Nein, ich denke, so kann<br />
man das nicht sehen. Mein Vorgänger Josef<br />
Hügele war auch Anfang 30, als er sein Amt<br />
übernahm. Gut, Generationenwechsel sicher,<br />
aber nichts Ungewöhnliches – was hier<br />
geschieht ist die Normalität.<br />
netzwerk südbaden: Sie stammen nicht aus<br />
der Verwaltung – ist das Vor- oder Nachteil?<br />
Helmut Mursa: Beides. Natürlich wäre mehr<br />
Verwaltungserfahrung manchmal nicht<br />
schlecht, da ich mich erst eingewöhnen<br />
musste. Aber andererseits habe ich auch eine<br />
ganze Menge Berufserfahrung gesammelt,<br />
die mir einen anderen Blick auf die Verwaltung<br />
und ihre Abläufe ermöglicht. Ich habe<br />
inzwischen zum Beispiel erkannt, warum<br />
Verwaltungsentscheidungen im Vergleich<br />
zu Entscheidungen der Wirtschaft so lange<br />
brauchen: sie müssen wasserdicht sein, sie<br />
müssen oft vom Gemeinderat behandelt<br />
werden und nicht selten sind die Bürger<br />
auch noch direkt einbezogen. Das erfordert<br />
Zeit, ist aber richtig. Um all dies zu verstehen<br />
und einzuordnen hilft es mir, dass ich<br />
von Haus aus Jurist bin.<br />
Tradition und Moderne zwischen Dreisam und Kaiserstuhl<br />
Bürgermeister Helmut Mursa<br />
netzwerk südbaden: Was sind die Grundsätze,<br />
die sie bei Ihrer Politik für March leiten?<br />
Helmut Mursa: Ich will vor allem die Menschen<br />
mitnehmen, Konsens herstellen. Und,<br />
aus eigener Erfahrung – da spielt mein Alter<br />
eine Rolle – weiß ich, was junge Familien<br />
wollen, brauchen. Da will ich dran arbeiten!<br />
netzwerk südbaden: Wie beschreiben Sie<br />
nun also Ihre Aufgabe als Bürgermeister?<br />
Helmut Mursa: Ich weiß, dass es Kollegen<br />
gibt, die das als Managementaufgabe sehen.<br />
Und es ist ja auch gar nicht mal so falsch,<br />
ja, es gibt Parallelen: man ist – zum Beispiel<br />
in der March – Chef von 200 Mitarbeitern.<br />
Und dennoch, als Bürgermeister ist man<br />
mehr als ein Manager: Moderator, Partner,<br />
Helfer.<br />
netzwerk südbaden: Als Sie antraten, hatten<br />
Sie Pläne, Vorstellungen für March. Was ist daraus<br />
geworden, ein Jahr danach?<br />
Helmut Mursa: Naja, ein Jahr ist ja nun<br />
nicht lang, das muss man auch sehen. Aber<br />
Sie haben insofern recht, als sich doch einiges<br />
anders entwickelt hat als ich es erwartete<br />
– und nicht nur ich. Grundsätzlich – wir<br />
haben es schon angesprochen – dauern Entscheidungsprozesse<br />
länger als ich das gedacht<br />
habe. Aber was wohl keiner in dieser Form<br />
erwartet hätte, das ist die Flüchtlingsthematik:<br />
die beansprucht die Arbeitszeit meiner<br />
Mitarbeiter und von mir doch ganz erheblich,<br />
in einem höheren Maße, als wir uns das<br />
je hätten vorstellen können!<br />
netzwerk südbaden: Was bedeutet die Migrationsproblematik<br />
konkret für March?<br />
Helmut Mursa: Derzeit sind 50 Flüchtlinge<br />
da, wir erwarten auf Basis des Verteilschlüssels<br />
ins<strong>gesamt</strong> für dieses Jahr weitere 90 Migranten.<br />
Unsere seit 20 Jahren bestehende<br />
Asylbewerberunterkunft mit 20 Plätzen war<br />
schnell voll, da auch Obdachlose untergebracht<br />
waren, die wir nicht einfach auf die<br />
Straße setzen konnten. Daher werden als Behelfsunterkünfte<br />
ein ehemaliges Feuerwehrgerätehaus<br />
und Container genutzt. Am Rande<br />
des Gewerbegebiets Buchheim haben wir<br />
nun einen ehemaligen Supermarkt zu einer<br />
Unterkunft umgebaut – wir brauchen, da<br />
im Gewerbegebiet, für die Eröffnung noch<br />
das OK des Landratsamtes. Die Anwohner<br />
haben nun nicht „Hurra!“ geschrien, aber<br />
wir haben informiert, was da passieren wird<br />
und werden noch einen Tag der Offenen<br />
Tür machen, damit die Bürgerinnen und<br />
Bürger sich auch vorstellen können, wie sich<br />
das Leben in der Unterkunft abspielen wird.<br />
Große Unterstützung ist bei diesem Thema<br />
unser Helferkreis. Die Mehrheit, so unsere<br />
Erfahrung, der Neuankömmlinge sind ruhige<br />
Zeitgenossen, die sich integrieren wollen;<br />
sehr hilfreich war, dass viele bei Veranstaltungen<br />
der Gemeinde geholfen haben und<br />
damit Begegnungen ermöglicht, Ängste<br />
und Vorurteile abgebaut haben. Aber, das<br />
will ich nicht verhehlen, die relativ große<br />
Zahl macht Bürger skeptisch: Bisher war die<br />
größte Einheit, zusammen, 20 Asylbewerber<br />
in einer Unterbringung im Zentralgebiet.<br />
netzwerk südbaden: Neben den „großen“<br />
Herausforderungen – welche „kleinen“ gibt es?<br />
Helmut Mursa: Nun, wir hatten bisher vor<br />
allem Afrikaner, die Französisch oder Eng-<br />
lisch konnten: da kam relativ rasch eine Verständigung<br />
zustande. Nun kommen Syrer –<br />
die sprechen nur Arabisch. Und schon sind<br />
sie – ungewollt – isoliert. Nun bieten wir,<br />
zum Beispiel mit Unterstützung der VHS,<br />
Deutschkurse an, die aber einen Obolus<br />
verlangen – wir wollen klar machen: „Leistungen<br />
kosten Geld!“ Wichtigste Herausforderung<br />
wird aber sein, diesen Menschen in<br />
naher Zukunft eine Wohnraumversorgung<br />
bieten zu können. Das wird nicht einfach<br />
werden!<br />
netzwerk südbaden: Anderes Thema:<br />
Ortszentrum – March ist eine Kunstgemeinde,<br />
Kind der Gemeindereform. Was planen Sie,<br />
um daraus eine Kommune zu formen?<br />
Helmut Mursa: Da sind leider die letzten 40<br />
Jahre nicht genutzt worden, da hätte man<br />
mehr machen können, ja müssen. In March<br />
ist noch ein starkes Ortsteildenken vorhanden<br />
und die Chance, hier etwas entgegenzuwirken<br />
hat man zum Beispiel verpasst,<br />
als man kein zentrales Rathaus zwischen<br />
Hugstetten und Buchheim baute. Meine<br />
Vorstellung ist, dennoch dort, wo jetzt Feuerwehr<br />
und Edeka sind, einen Dorfplatz zu<br />
schaffen, einen Treffpunkt, einen von drei<br />
Seiten eingefassten Raum, wo es beispielsweise<br />
Ärzte, Bank, und – ein Wunsch vieler<br />
Bürger – ein Café gibt, eine Kombination<br />
von Wohnen und Gewerbe. Aber: der Einzelhandel<br />
muss in den Ortsteilen erhalten<br />
bleiben – das funktioniert heute, ich nenne<br />
das Beispiel der Bäckereien mit den Lebensmittelangeboten,<br />
sehr gut.<br />
netzwerk südbaden: Und wie ist die ökonomische<br />
Situation?<br />
Helmut Mursa: Leider, leider ist die Wirtschaft<br />
in March nicht besonders stark. Ich<br />
würde es begrüßen, wenn der Wirtschaftskreis<br />
wieder stärker würde. Und<br />
man darf eines nicht vergessen: Wir<br />
haben hier sehr gute Handwerksbetriebe<br />
– es wäre toll, wenn die stärker<br />
zusammen verknüpft aufträten.<br />
Wir, die Gemeinde, stellen dafür<br />
gerne eine Plattform zur Verfügung!<br />
Das Bürgerhaus<br />
netzwerk südbaden: Und wie ist es<br />
mit Neubauflächen bzw. Gewerbeflächen?<br />
Helmut Mursa: March hat mit seinen<br />
gut 9.000 Einwohnern eine<br />
relativ kleine Gemarkungsfläche<br />
– große Möglichkeiten gibt es also<br />
nicht. Die Gewerbeflächen konzentrieren<br />
sich vor allem auf Hugstetten und<br />
Holzhausen, wobei wir hier Probleme mit<br />
dem hohen Grundwasserstand haben. In<br />
Holzhausen kommt noch das ungeklärte<br />
Problem der Tank- und Rastanlage hinzu.<br />
Mitte des Jahres soll sich hier etwas bewegen<br />
– bis dahin ist alles mehr oder weniger<br />
aufgehalten.<br />
netzwerk südbaden: Und Neubaugebiete?<br />
Helmut Mursa: Abgeschlossen wird gerade<br />
„Neumatten“, ein Neubaugebiet am Ortseingang<br />
von Hugstetten, direkt gegenüber<br />
vom Bahnhof – da ist alles ausgenutzt. In<br />
Neuershausen am „Kapellenweg“ bieten<br />
wir 40 Bauplätze für Doppelhäuser, Einfamilienhäuser<br />
und kleine Wohneinheiten.<br />
Die Nachfrage ist enorm, das zeigt, wie<br />
viel Bedarf vorhanden ist. Deshalb denken<br />
wir über eine Erweiterung von Buchheim<br />
entlang der Nimburger Straße Richtung<br />
Neuershausen nach. Es gibt, so ist es nicht,<br />
Die Kirche in Holzhausen<br />
durchaus noch Entwicklungsmöglichkeiten<br />
– aber, das muss man eben auch sehen, aufgrund<br />
unserer Lage haben wir starke Probleme<br />
mit den Hochwassergefahrenbereichen.<br />
Aber mit der Ausweisung von Neubaugebieten<br />
ist es ja nicht getan: Ein relativ kleiner<br />
Ort wie die March muss erst mal 1.000 oder<br />
mehr Neubürger verkraften, integrieren. In<br />
den Neumatten hatten wir recht hohe m²-<br />
Preise – und dennoch kamen Leute aus Freiburg<br />
und sagten „Wie groß darf ich bauen,<br />
wie groß ist die Wohnung?“ Für Freiburger<br />
Verhältnisse war eine Neubausiedlung direkt<br />
gegenüber dem Bahnhof, von dem aus<br />
man in acht Minuten am Hauptbahnhof<br />
Freiburg ist, ein Schnäppchen. In Neuershausen<br />
dagegen, eher ab von den ÖPNV-<br />
Strömen, sind wir billiger – und dennoch<br />
sagen vor allem einheimische Interessenten.<br />
„Hoppla, das ist nicht billig!“<br />
netzwerk südbaden: Die Gemeinde March<br />
ist ein Kind der Gemeindereform –<br />
gibt es etwas, wo Sie sagen: das wäre<br />
als Teil Freiburgs anders, vielleicht<br />
besser gelaufen?<br />
Helmut Mursa: Nein, absolut<br />
Nein. Es ist nie verkehrt, selbst<br />
entscheiden zu können. Wir hier<br />
wissen am besten, was für uns gut<br />
ist!<br />
netzwerk südbaden: Es wäre gar<br />
nichts anders, besser?<br />
Helmut Mursa: Na, vielleicht die<br />
Bus-Anbindung, der ÖPNV –<br />
obwohl ich denke, dass wir da<br />
auch ganz gut aufgestellt sind! <br />
netzwerk südbaden<br />
netzwerk südbaden<br />
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