Ausgabe 2 (2011) Wohnkultur - SPÖ Simmering
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Von der Industrie- & Familiengeschichte zum neuen Wohnpark<br />
Mautner-Markhof hat Geschichte<br />
Die „Mautner-Gründe“<br />
Als <strong>Simmering</strong> noch ein Dorf war, besaß<br />
die heutige Mautner-Markhof-Gasse<br />
(vormals Dorfgasse) den Charakter der<br />
Hauptstraße des Ortes, an der sich die<br />
Häuser aneinandergereiht hatten. Die<br />
heutige <strong>Simmering</strong>er Hauptstraße wurde<br />
als Verbindungsstrecke nach Ungarn von<br />
Postkutschen sowie für den Warenverkehr<br />
genutzt und war so nur spärlich<br />
besiedelt. Noch heute zeugen zwei<br />
Gebäude an der Mautner-Markhof-Gasse<br />
vom ländlichen Aussehen des alten<br />
Dorfes, nämlich der Kastanienhof<br />
(Thurnhof) sowie der Rosenhof.<br />
Der Kastanienhof (Thurnhof)<br />
An der heutigen Mautner-Markhof-Gasse<br />
Nr. 40 gelegen, ist der Kastanienhof ein<br />
gut erhaltenes Kleinod <strong>Simmering</strong>s. Erstmals<br />
1405 urkundlich erwähnt, stand<br />
dieser Hof unter dem Schutz der Herren<br />
von Ebersdorf. Relativ zeitig wurde auf<br />
diesem Areal Bier gebraut. Bereits 1622<br />
konnte das ansässige Brauhaus „zwei<br />
Eimer“ Bier an das Wiener Bürgerspital<br />
liefern. Im Jahre 1677 übernahm das<br />
Nonnenkloster „Zur Himmelpforten“ die<br />
Grundherrschaft über <strong>Simmering</strong> und<br />
somit auch den mitten im Ort gelegenen<br />
Herrschaftssitz „Thurnhof“ (heute Kastanienhof).<br />
Von Kaiser Josef II. wurde im<br />
Jahre 1783 das Nonnenkloster „Zur<br />
Himmelpforten“ aufgegeben und der<br />
4<br />
Der Mautnersche Rosenhof 1934 in der damaligen Dorfgasse Arbeiten am Fabriksgelände Fotos: Bezirksmuseum <strong>Simmering</strong><br />
Thurnhof (Kastanienhof) der Staats güteradministration<br />
übergeben. Johann Georg<br />
Dietman erwarb 1802 bei einer Versteigerung<br />
das Brauhaus samt Hof. Einige Jahre<br />
später gelangte der Betrieb in die Hände<br />
von Georg Meichl. Vier Generationen der<br />
Familie Meichl brauten hier das so beliebte<br />
„Märzenbier“ in <strong>Simmering</strong>. Im<br />
Jahre 1913 entstand eine Fusion der drei<br />
Brauereien St. Marxer Bier (Mautner-<br />
Markhof), Drehers Brauereien AG<br />
(Schwechat) und Firma Meichl (<strong>Simmering</strong>),<br />
welche in weiterer Folge unter<br />
dem Namen „Vereinigte Brauereien<br />
Schwechat, St. Marx, <strong>Simmering</strong> – Dreher,<br />
Mautner, Meichl AG“ Bier verkauften.<br />
Im ersten Weltkrieg wurde die Brauerei<br />
vorübergehend gesperrt. Nach kurzem<br />
Aufleben der Produktion zwischen 1927<br />
und 1930 wurde die Brauerei schlussendlich<br />
geschlossen.<br />
Der Rosenhof<br />
Ebenfalls an der Mautner-Markhof-Gasse,<br />
jedoch auf Nr. 50 gelegen, entstand der<br />
Rosenhof wesentlich später als der Kastanienhof.<br />
Um etwa 1670 ließ Siegfried Graf<br />
Breuner diesen Hof erbauen, der jedoch<br />
grundherrlich dem Nonnenkloster „Zur<br />
Himmelpforten“ unterstand. Bereits<br />
zwei Jahre später wurde dieser Besitz an<br />
Barbara Perpetua Gräfin Urschenböck<br />
veräußert. Durch den Sturm der Osmanen<br />
im Jahr 1683 wurde dieser Herrensitz<br />
stark zerstört, das Hauptgebäude dürfte<br />
sich jedoch großteils erhalten haben. Im<br />
Jahr 1848 war eine Spirituosenfabrik in<br />
diesem Gebäude ansässig. Einige Zeit<br />
später, 1861, wurde Adolf Ignaz Mautner<br />
Ritter von Markhof Eigentümer des Rosenhofes,<br />
der als Herrenhaus für die Familie<br />
gedient hat. Noch heute lässt sich die<br />
einstige Pracht dieses Hauses erkennen.<br />
Die Familie<br />
Mautner-Markhof<br />
Ursprünglich aus Böhmen stammend,<br />
zog es Adolf Ignaz Mautner (1801–1889),<br />
wie viele jüdische Kaufleute, um etwa<br />
1840 nach Wien. Hier ansässig geworden,<br />
übernahm er die St. Marxer Brauerei vorerst<br />
in Pacht und erlangte, durch die<br />
Erfindung der Presshefe, den wohl lang<br />
ersehnten Reichtum und konnte somit<br />
1856 die Brauerei erwerben.<br />
Adolf Ignaz Mautner wurde aufgrund<br />
seiner Verdienste 1872 vom Kaiser zu<br />
Mautner Ritter von Markhof erhoben. Am<br />
24. Dezember 1889 verstarb er in Wien.<br />
Der Enkel Viktor war jedoch nicht so<br />
geschäftstüchtig, sondern als Lebemann<br />
in Wien bekannt. Er brachte das nicht<br />
unbeträchtliche Familienvermögen als<br />
>> Fortsetzung Seite 8