Makroökonomie & Wirtschaftspolitik
Alternative Ansätze in der Volkswirtschaftslehre
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Konstantin Ettl 2016<br />
14.09.1986<br />
MAKROÖKONOMIE & WIRTSCHAFTSPOLITIK<br />
AUSGABE 1 MÄRZ / 2016<br />
Alternative Ansätze in der Volkswirtschaftslehre
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Inhalt<br />
Relativität der Volkswirtschaftslehre – 2 Phasenö konomie<br />
Phasenindikator als neuer Modellparameter in der klassischen Volkswirtschaftslehre
Relativität der Volkswirtschaftslehre – 2 Phasenökonomie<br />
von Konstantin Quirin Ettl Diplom Betriebswirt (FH)<br />
Nachfolgend möchte ich einen wissenschaftlichen Beitrag leisten, der hoffentlich dazu führt, die<br />
derzeit vorherrschende Krise der Makroökonomik zu beenden. Ich beschäftige mich nun seit 15 Jahren<br />
mit <strong>Makroökonomie</strong> und habe internationales Finanzmanagement und Betriebswirtschaftslehre im Inund<br />
Ausland studiert. Zudem verfüge ich über mehrjährige Berufserfahrung in der Kreditwirtschaft und<br />
beschäftige mich täglich mit der europäischen Finanzkrise und der Entwicklung der internationalen<br />
Kapitalmärkte.<br />
Der nachfolgende Beitrag soll in erster Linie das Vorurteil ausräumen, dass Inflation durch eine reine<br />
Ausweitung der Geldmenge zustande kommt, so wie es eben leider in der traditionellen<br />
Volkswirtschaftslehre gelehrt wird. Ich bin überzeugt, dass dieser Beitrag (sofern er verstanden und<br />
gelesen wird), die Erneuerung der makroökonomischen Modelle bzw. der Volkswirtschaftslehre<br />
allgemein bedeuten könnte. Gleichzeitig möchte ich in diesem Kontext ein neues Konzept der<br />
makroökonomischen Lehre entwickeln und schaffen: Dieses neue Modell bezeichne ich als die „2-<br />
Phasenökonomie“.<br />
1. Grundüberlegungen zur Entstehung von Inflation<br />
Fragt man einen Volkswirt, wie sich Inflation erzeugen lässt, wird man in den meisten Fällen zu hören<br />
bekommen, dass diese durch eine Ausweitung der Geldmenge erreicht werden könne. Dass die<br />
Vielzahl der Volkswirte diese Ansicht vertreten ist auch verständlich (ich decke im weiteren Verlauf<br />
dieser Schrift noch auf, weshalb dies so ist).<br />
Die Aussage, Inflation ließe sich durch eine Ausweitung der Geldmenge realisieren, ist in dieser<br />
Reinform vollkommen falsch und fehlerhaft. Inflation lässt sich nur in sehr eingeschränkten Maße<br />
durch eine Ausweitung der Geldmenge realisieren und auch nur in einer bestimmten Phase der<br />
volkswirtschaftlichen Entwicklung. Um die Entstehung von Inflation nachvollziehen zu können, bedarf<br />
es neben der Betrachtung der Unternehmen bei der Preisgestaltung (aus mikroökonomischer<br />
Perspektive) auch der Betrachtung der Funktionsweise der Kreditwirtschaft, um die Entstehung von<br />
Inflation verstehen zu können.<br />
Die Neoklassik basiert auf der Überlegung, dass die volkswirtschaftlichen Parameter der<br />
volkwirtschaftlichen Preismodelle (für Zinsen, Güterpreise und Löhne) vollständig flexibel sind und sich<br />
diese mittelfristig auch immer ihrem Gleichgewichtswert annähern würden.<br />
Dagegen gehen die Keynesianer von einer Unterauslastung der Produktionskapazitäten (zumindest in<br />
einer kurzer Frist 1-3 Jahre) aus. Gleichzeitig basiert deren Überlegung darauf, dass sich das<br />
Güterpreisniveau ebenso wie der Lohnsatz bei Ausweitung der Produktionsmenge als gegeben<br />
angenommen wird.<br />
Die Neoklassik und die keynesianische Theorie sind vielleicht zur Klärung kurz- bis mittelfristiger<br />
Phänomene in einer Volkswirtschaft geeignet. Allerdings vernachlässigen beide Theorien vollkommen<br />
das Grundwesen unserer Kreditwirtschaft und die daraus resultierenden Interdependenzen mit den<br />
makroökonomischen Modellen.
2. Faktische Entstehung von Inflation<br />
Für die Erklärung meines 2-Phasenmodells muss zwischen 2 Arten von Inflation unterschieden werden.<br />
Inflation bringt allgemein die Teuerung (Zunahme des Preisniveaus) von Waren- Dienstleistungen und<br />
Anlageklassen (Assets) zum Ausdruck. In Deutschland wird die Inflation für Waren- und<br />
Dienstleistungen des täglichen Bedarfs durch den Verbraucherpreisindex ermittelt, der auf einem alle<br />
5 Jahre neu angepassten Warenkorb basiert. Für die Messung der Asset-Price-Inflation existiert kein<br />
vergleichbares amtlich vorgeschriebenes Messverfahren.<br />
Wenn wir von Inflation sprechen, müssen wir aber auch die Asset-Price Inflation mit berücksichtigen<br />
und immer eine Unterscheidung zwischen der Zunahme des Preisniveaus für Waren- und<br />
Dienstleistungen (nachfolgend von mir als „Produktinflation“ bezeichnet) des täglichen Bedarfs und<br />
der Zunahme des Preisniveaus für Anlage- und Investitionsgüter (Assets) vornehmen.<br />
In der klassischen makroökonomischen Lehre wird hier keine Unterscheidung getroffen. Die Preise für<br />
Anlage- und Investitionsgüter (sowohl für Privatpersonen als auch Unternehmern) kommen nur<br />
indirekt im Verbraucherpreisindex zum Ausdruck – dies lässt aber kein genaues Bild der Asset-Price-<br />
Inflation zu.<br />
Meine These lautet nun: während die Asset Price Inflation durch eine Senkung des Referenzzinsniveaus<br />
durch die Zentralbanken erreicht werden kann, lässt sich die Produktinflation nur durch höhere<br />
Lohnstückkosten steigern. Die Schlussfolgerung die man aus dieser These ziehen kann lautet nun: die<br />
Zentralbanken werden kaum in der Lage sein, den Verbraucherpreisindex bzw. Wirtschaftswachstum<br />
allgemein, durch eine Senkung des Leitzinses zu erzeugen. Sie werden durch Leitzinssenkungen<br />
lediglich die Asset-Price-Inflation (Teuerung für Aktien, Immobilien, technische Anlagen und sonstige<br />
Investitionsgüter) schüren, die dann wenn überhaupt mit erheblicher Verzögerung in den<br />
Verbraucherpreisindex eingepreist wird z.B. über steigende Mietpreise.<br />
Betrachtet man die Kostenkalkulation der Unternehmen die Waren und Dienstleistungen herstellen,<br />
wird man feststellen, dass in Ökonomien wie Deutschland (in der heutigen Form – Phase 2) nicht der<br />
Anteil von Kapital- und Investitionskosten (der Preis für Kapital ist der Zins) hauptsächlich ist, sondern<br />
die Lohnstückkosten. Jeder rational denkende Mensch müsst sich darüber hinaus an dieser Stelle die<br />
Frage stellen, weshalb sinkende Zinsen zu steigenden Waren- und Dienstleistungspreisen für Güter des<br />
täglichen Bedarfs führen sollen. Schließlich führen sinkende Zinsen zu geringeren Kapitalkosten, die in<br />
der Kostenkalkulation der Unternehmen mit einfließen (d.h. niedrigere Zinsen führen zu geringeren<br />
Produktpreisen). Nur über eine Steigerung der Lohnstückkosten lässt sich Inflation in<br />
Volkswirtschaften wie Deutschland (in der heutigen Form) generieren. Ich schreibe bewusst von<br />
„Volkswirtschaften wie Deutschland (in der heutigen Form)“, da dies die Grundüberlegung für mein<br />
Modell der 2-Phasenökonomie ist.<br />
Mein bisheriges Fazit lautet also: Der Anstieg der Verbraucherpreise, die über den<br />
Verbraucherpreisindex gemessen werden, lassen sich in Volkswirtschaften wie Deutschland (in der<br />
heutigen Form) nur durch steigende Lohnstückkosten erreichen, während die Asset Price Inflation über<br />
die Senkung des Leitzinses ausgelöst wird.<br />
Der Grund, warum sich Leitzinsveränderungen auf die Asset-Price-Inflation (allgemein Anlagegüter)<br />
auswirken, liegt an den komparativen Renditevorteilen von Investmententscheidungen.<br />
Kapitalanleger können Ihr Kapital auf verschiedenen Märkten wie beispielsweise den Aktien-, Kapitalund<br />
Geldmärkten anlegen. Die Märkte stehen faktisch untereinander in Konkurrenz. Sinkt der Leitzins,<br />
wird das Renditepotential der Geldmärkte geschwächt. Dies ist gleichbedeutend mit komparativ<br />
steigenden Preisen auf alternativen Anlagemärkten wie dem Immobilienmarkt. Grundgedanke ist<br />
nämlich, dass die Rendite mündelsichere Kapitalanlagen, wie Staatsanleihen, als Bewertungsmaßstab<br />
für alle anderen Anlageklassen dienen, da deren Verzinsung als sichere Rente eingestuft wird.<br />
Diskontiert man die erwarteten Cash-Flows aus Kapitalien, die ebenfalls eine sichere Rendite bieten
wie beispielsweise der Mietzins bei Immobilien, wird automatisch der Wert der Immobilie steigen,<br />
sobald der Leitzins und damit die Rendite für mündelsichere Anlagen sinkt.<br />
Ergo: Die Asset-Price-Inflation wird durch Leitzinsänderungen ausgelöst, während die Inflation für<br />
Verbraucherpreise nur durch die Lohnstückkosten erzeugt werden kann, sofern sich die<br />
Volkswirtschaft in einem bestimmten Zustand befindet, der von der Kreditwirtschaft ausgeht. Der VPI<br />
ist allgemein schlecht gewählt, da er keine saubere Trennung zwischen Anlagegütern und tatsächlichen<br />
Konsumprodukten zulässt. Meines Erachtens ist der VPI deshalb auch kein angemessener<br />
Steuerungsparameter für wirtschaftspolitische Entscheidungen, da man eigentlich eine exakte<br />
Trennung zwischen Teuerung für Konsum- und Anlagegüter benötigt. Dass sich die VPI Teuerung kaum<br />
durch die Senkung des Leitzinses erreichen lässt, beweist die Tatsache, dass die Zentralbank bereits 9-<br />
mal in Folge den Leitzins gesenkt hat und trotzdem keine Inflation erzeugt (dies ist meiner Meinung<br />
nach auch völlig verständlich). Genau an diesem Punkt leite ich nun über zu meinem Konzept des 2-<br />
Phasenmodells der Ökonomie.<br />
3. 2-Phasenökonomie<br />
Die Volkswirtschaftslehre unterscheidet bei der Interpretation kaum, dass sich Volkswirtschaften in<br />
unterschiedlichen Zuständen befinden können, die man zwingend in den makroökonomischen<br />
Modellen berücksichtigen müsste und dies auch möglich wäre. Die Grundlage für mein Phasenkonzept<br />
bildet die Entwicklung unserer Kreditwirtschaft.<br />
Den wenigsten Ökonomen ist bewusst, dass es sich bei unserer Kreditwirtschaft um ein exponentiell<br />
wachsendes Schneeballsystem handelt, das über Landesgrenzen hinaus global weiterwächst. Zur<br />
Darstellung unseres Kreditwirtschaftssystems dient die deutsche Volkswirtschaft als Paradebeispiel.<br />
Nach dem 2. Weltkrieg war der Kapitalstock in Deutschland nahezu bei null. Die Überlebenden aus<br />
dem 2. Weltkrieg waren zum Aufbau der Wirtschaft gezwungen, Kredite aufzunehmen, da sich im<br />
Rahmen der globalen Kreditwirtschaft neues Wachstum nur durch neue Schulden generieren lässt.<br />
Addiert man alle Schulden dieser Welt auf und schreibt diesen globalen Schuldenstand über die letzten<br />
Jahrzehnte hinfort, erhält man eine exponentiell wachsende Funktion. Analog lässt sich auch das<br />
Weltbevölkerungswachstum als exponentiell wachsende Funktion darstellen.<br />
Die nun heraufziehende globale Rezession, der wir bevorstehen, lässt sich mithilfe von 3 Grafiken<br />
spielend leicht erläutern.<br />
Bevölkerungswachstum, das exponentiell wächst:<br />
Quelle: http://images.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.oekosystem-erde.de%2Fhtml%2Fbilder%2Fbevoelkerung-industrie.gif&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.oekosystemerde.de%2Fhtml%2Fbevoelkerungszunahme.html&h=220&w=338&tbnid=xp1mXkrq0XY6XM%3A&docid=6wdwRNccu872kM&ei=5LyLVoREgbFTus2bsAw&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=182&page=1&start=0&ndsp=14&ved=0ahUKEwiExvjX25LKAhWB2BQKHbrmBsYQrQMIPDAK
Zinseszinseffekt, der das Kapital exponentiell wachsen lässt:<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zinseszinseffekt - Exponentialfunktion<br />
Jahr 1<br />
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Jahr 40<br />
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Jahr 58<br />
Jahr 61<br />
Jahr 64<br />
Jahr 67<br />
Jahr 70<br />
Jahr 73<br />
Jahr 76<br />
Jahr 79<br />
Datenreihen1<br />
Datenreihen2<br />
Schulden und Geldvermögen gehen Hand in Hand. Das Kapital verzinst sich durch den Zinseszinseffekt. Schulden wachsen<br />
ebenfalls exponentiell, sofern das Kapital nicht getilgt wird bzw. getilgt werden kann. Global betrachtet können Schulden<br />
nicht getilgt werden. Aus diesem Grund ist die Existenz von Nationalstaaten zur Wohlstandssicherung auch erforderlich.<br />
Globale Verschuldung – Darstellung der exponentiell wachsenden Kreditwirtschaft nach 1945
Quelle: http://www.marketoracle.co.uk/images/2009/Mar/Total_Credit_Market_Debt_vs__GDP.png<br />
Die Beispiele verdeutlichen, dass unsere Kreditwirtschaft exponentiell wächst, da neues Buchgeld nur<br />
durch Schulden bzw. die Geldschöpfung aus dem Nichts durch die Geschäftsbanken vollzogen wird.<br />
Aufgrund der Mindestreservevorschriften sind die Banken lediglich verpflichte 1% des aus dem Nichts<br />
geschöpften Buchgeldes als Liquiditätsreserve (Hartgeld) bei der Zentralbank zu hinterlegen. Im<br />
Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Geschäftsbanken ihre Renditen um das 100-fache bezogen auf<br />
den liquiden Kapitaleinsatz hebeln können.<br />
Aber betrachten wir das Beispiel Deutschlands, um die richtigen Schlussfolgerungen für die 2-<br />
Phasenökonomie ziehen zu können. Wie erläutert, hatte Deutschland keinen nennenswerten<br />
Kapitalstock. Der Krieg hat zudem die Bevölkerung stark dezimiert und das Land musste zwangsläufig<br />
wieder aufgebaut werden. Die Bevölkerung musste also zunächst über Verbindlichkeiten ihren<br />
Unterhalt bestreiten (Marshall-Plan). Der Marshall-Plan hat damit die Initialzündung für das Wachstum<br />
gegeben (bedingt durch die systemische Grundkonzeption unserer Kreditwirtschaft). Um aber nun die<br />
Zinslasten bedienen zu können, die aus den Krediten resultierten, war eine Zunahme der Bevölkerung<br />
notwendig. Um aber Kredite auch tilgen zu können ist nicht nur ein linear wachsender<br />
Bevölkerungszuwachs nötig, sondern ein exponentieller Anstieg der Bevölkerung.<br />
Der Zinssatz kann in diesem Kontext nämlich nicht nur als Preis für die Kapitalkosten interpretiert<br />
werden, sondern auch als Parameter zur Steuerung des Bevölkerungswachstums: je höher der Zins,<br />
desto schwerer tut sich die derzeitige Generation bei der Rückführung ihrer Kredite. Linderung kann<br />
in einer Kreditwirtschaft, die als Schneeballsystem konzipiert ist und exponentiell wächst, nur<br />
Nachwuchs oder Zuzug verschaffen, weil sichergestellt ist, dass sich die Nachkommen ebenfalls<br />
verschulden und so das Wachstum stimuliert und überhaupt gesteigert werden kann. Hier wird auch<br />
die Rolle des Staates ersichtlich: da sich ein Kind noch nicht gleich selbst verschulden kann, übernimmt<br />
diese Rolle der Staat für das Kind. Die oben dargestellten Grafiken dienen übrigens als eindeutiger<br />
Beweis, dass unsere Kreditwirtschaft exponentiell über die exponentielle Zunahme der<br />
Weltbevölkerung wächst.<br />
Die Kreditwirtschaft ist in Deutschland bedingt durch das Bevölkerungswachstum exponentiell<br />
gewachsen, das Land wurde wieder aufgebaut, weil es aufgebaut werden musste und die<br />
Investitionsquote war dementsprechend hoch. Die Währung war demensprechend ebenfalls stabil,<br />
weil sie über die Arbeitsleistung der Bevölkerung real werthaltig war. In einem exponentiell<br />
wachsenden Schneeballsystem wie unserer Kreditwirtschaft ist es im Zeitverlauf aber irgendwann so,<br />
dass reale Wachstumsgrenzen erreicht werden. Da Wachstum aber nur durch neue Schulden und<br />
damit neue Kreditnehmer erzeugt werden kann, ist es nötig neue Wachstumsmärkte im Ausland zu<br />
erschließen, damit die Kreditwirtschaft weiter exponentiell wachsen kann und die heimische Währung<br />
werthaltig bleibt. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem nennenswert Kapital ins Ausland transferiert wird,<br />
befindet sich die Volkswirtschaft in der ersten Phase: nämlich der heimischen Investitionsphase (1.<br />
Phase bzw. Aufbauphase). Ab diesem Zeitpunkt, befindet sich die Volkswirtschaft in der<br />
Globalisierungsphase (2. Phase) und der damit verbundenen Akkumulation von heimischen Kapital im<br />
Ausland.<br />
Meine These lautet nun, dass sich in der ersten Phase der Volkswirtschaft Geldmengenwachstum<br />
tendenziell stärker auf die Stimulierung der Binnenkonjunktur auswirken wird als in der zweiten Phase<br />
der Volkswirtschaft. Und genau dieser Umstand müsste in den makroökonomischen Modellen der<br />
Volkswirtschaftslehre auch Berücksichtigung finden. Nachdem wir uns gerade in der 2. Phase der<br />
Ökonomie befinden aber mittlerweile auch die Welt an reale Wachstumsgrenzen hinsichtlich des<br />
Bevölkerungswachstums und den endlichen Ressourcen gelangt ist, wird natürlich die Kreditwirtschaft<br />
nicht mehr weiter exponentiell wachsen können und es kommt zu erheblichen Verwerfungen an den<br />
Kapitalmärkten, die die Weltwirtschaftskrise in nächster Zeit einleiten werden.<br />
Aber im Rahmen der makroökonomischen Modelle kommt diese leicht beweisbare Entwicklung der<br />
Kreditwirtschaft überhaupt nicht zum Ausdruck und wird in keiner Weise berücksichtigt.
4. Fazit<br />
Man müsste einen Phasenindikator in die makroökonomischen Modelle integrieren und die bisherige<br />
Volkswirtschaftslehre phasenorientiert auf die jeweilige Entwicklung der nationalen Ökonomien<br />
ausrichten.<br />
Die Schlussfolgerung für die Bruttoinlandsproduktidentität wäre dann nicht mehr, dass Investitionen<br />
vom Zins abhängen sondern eben vom Zins unter Berücksichtigung des Phasenindikators. Der<br />
Phasenindikator selbst könnte zum Beispiel anhand der Reagibilität des Lohnes auf die<br />
Verbraucherpreise und der Reagibilität des Zinsniveaus auf die Investitionen und Assetpreise in einem<br />
Land gemessen werden und für weitere korrekte makroökonomische Schlussfolgerungen ins<br />
Verhältnis gebracht werden. Die Überlegung die dahinter steckt ist die, dass sich die Inflation für<br />
Verbraucherpreise in der ersten Phase einer Ökonomie stärker durch das Zinsumfeld stimulieren lässt,<br />
als in der 2. Phase der Ökonomie, wo eine Teuerung der Verbraucherpreise hauptsächlich durch die<br />
Lohnstückkosten ausgelöst wird.<br />
Auch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten wäre diese Unterscheidung elementar.<br />
Die gesamte makroökonomische Lehre ist zu relativieren und neu zu entwickeln, da in keinen Modellen<br />
die dynamischen Entwicklungen von Volkswirtschaften berücksichtigt werden, die durch unsere<br />
Kreditwirtschaft ausgelöst werden und diese interdependent auf die 2 Phasen der<br />
volkswirtschaftlichen Entwicklung einwirken.<br />
Bevor man makroökonomische Modelle also anwendet, müsste man zunächst einmal prüfen, in<br />
welcher Phase unserer Kreditwirtschaft wir uns überhaupt befinden. In der ersten Phase<br />
(Aufbauphase) wird die Zinselastizität in Bezug auf die Investitionen und den Kapitalstock<br />
logischerweise viel höher sein als in der Globalisierungsphase, wo die heimischen Investitionen<br />
stagnieren und der Kapitalstock auch bei niedrigen Zinsen nicht mehr nennenswert wächst. Somit kann<br />
in der 2. Phase auch keine quantitativ lockere Geldmengenpolitik der Zentralbank zu einem Anstieg<br />
der Inflation führen. Vielmehr wird diese nur noch durch die Steigerung der Lohnstückkosten erreicht.<br />
Augsburg 11. Februar 2016<br />
Konstantin Quirin Ettl<br />
Diplom Betriebswirt (FH)