G\'sungen & G\'spielt 4/2015
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INT´RESSANTERWEIS<br />
nomen handeln muss. Allerdings gibt es<br />
aus dieser Zeit keine Aufzeichnungen<br />
über eine Supernova.<br />
„Die heißesten Kandidaten für den Stern<br />
von Bethlehem sind Konjunktionen.<br />
Darunter versteht man ein Naheverhältnis<br />
zwischen zwei Himmelskörpern“,<br />
erklärt Walter Saurer, Professor am<br />
Innsbrucker Institut für Astro- und Teilchenphysik.<br />
Im Zeitraum zwischen 8 v.<br />
Chr. und 1 v. Chr. gab es zwei Konjunktionen,<br />
die als Stern von Bethlehem in<br />
Frage kommen würden. „Informationen<br />
bekommt man aus den Aufzeichnungen<br />
der Assyrer oder Babylonier. Diese haben<br />
den Himmel beobachtet. Die Palästinenser<br />
haben sich nicht für Sternkunde<br />
interessiert“, beschreibt Saurer weiter.<br />
Im Jahr 7 v. Chr. kam es zu einer außerordentlichen<br />
Begegnung von Jupiter<br />
und Saturn am Himmel: Die beiden Planeten<br />
kamen sich sehr nahe (Konjunktion),<br />
und das innerhalb eines Jahres sogar<br />
dreimal. Für die Sterndeuter waren<br />
die Planeten nicht nur Himmelskörper,<br />
sie hatten eine Bedeutung: So stand der<br />
Planet Jupiter, der ‚Königsstern’, für den<br />
höchsten babylonischen Gott ‚Marduk’.<br />
Saturn entsprach dem Gott ‚Kajmanu’<br />
(Kaimun), einem Wandelstern, der mit<br />
dem König Israels in Verbindung gebracht<br />
wurde. Die Planetenkonjunktion<br />
fand im Sternbild Fische statt. Dieses<br />
Sternbild stand in Babylon auch für<br />
das Land Palästina. Daraus entstand die<br />
Interpretation, dass ein neuer König in<br />
Palästina geboren werden muss. Gegen<br />
diese Theorie spricht allerdings, dass es<br />
sich dabei um zwei Planeten handelt,<br />
die zu keinem Zeitpunkt so nahe beieinander<br />
gestanden haben, dass sie wie<br />
ein einziger heller Stern leuchteten. Im<br />
Matthäusevangelium ist aber nur von einem<br />
einzigen hellen Stern die Rede.<br />
Die wahrscheinlichste Erklärung<br />
Eine andere in Frage kommende Konjunktion<br />
ist die im Jahre 3 bzw. 2 v. Chr.<br />
Dort ereigneten sich sechs Ereignisse<br />
hintereinander. Am 12. August 3 v.<br />
Chr. passierte nämlich Venus den Jupiter<br />
im Sternbild des Löwen. Bei dieser<br />
Konjunktion schienen die Planeten mit<br />
bloßem Auge betrachtet fast miteinander<br />
zu verschmelzen. So waren sie als<br />
gemeinsamer Morgenstern in der Dämmerung<br />
zu sehen. Nach diesem Treffen<br />
mit Venus führte der ‚königliche’ Planet<br />
Jupiter seine Oppositionsschleife direkt<br />
oberhalb des Königsterns Regulus aus,<br />
wobei er dreimal in enge Konjunktion<br />
mit dem Hauptstern des Löwen kam.<br />
Am 17. Juni 2 v. Chr. verschmolz die<br />
Venus erneut mit dem Planeten Jupiter.<br />
Diese Konjunktion war ebenfalls<br />
im ganzen Nahen und Mittleren Osten<br />
sichtbar, dieses Mal am Westhimmel in<br />
der Abenddämmerung, während über<br />
dem entgegengesetzten Osthorizont der<br />
Vollmond stand. Zur Zeit des geringsten<br />
Abstandes erschienen die beiden Planeten<br />
für das bloße Auge zu einem Punkt<br />
verschmolzen. Die Annäherung war<br />
zuvor über mehrere Wochen am nächtlichen<br />
Westhimmel zu verfolgen und daher<br />
gut als Wegweiser von Babylon oder<br />
Persien her geeignet. Auch die Symbolik<br />
spricht Bände: Der ‚Königsstern’<br />
Jupiter trifft auf die Fruchtbarkeitsgöttin<br />
Venus. Beide Planeten kommen mit Regulus,<br />
dem hellsten Stern im Sternbild<br />
Löwe, zusammen, dessen lateinischer<br />
Name ‚Kleiner Prinz’ bedeutet.<br />
Diese Theorie verlangt jedoch, das Todesjahr<br />
des Herodes auf einen späteren<br />
Zeitpunkt zu verlegen. Vermutlich ist<br />
Jesus auch gar nicht im Dezember geboren,<br />
sondern irgendwann im Sommer.<br />
Das Weihnachtsfest im Winter hat<br />
seine Wurzeln im römischen Fest ‚Sol<br />
invictus’, der Sonnwendfeier. „Bei der<br />
Christianisierung wurde das ‚Sol invictus’-Fest<br />
als Weihnachten übernommen“,<br />
erklärt Saurer.<br />
Der Stern in der Musik<br />
Es gibt eine ganze Reihe an Weihnachtsliedern,<br />
in denen der Stern von Bethlehem<br />
vorkommt. Josef Rheinberger<br />
(1839-1901) schrieb beispielsweise eine<br />
Weihnachtskantate mit dem Titel ‚Der<br />
Stern von Bethlehem’. Auch Alfred<br />
Böswalds Festliche Intrade ‚Stern über<br />
Bethlehem’ ist bestens für Kirchen-,<br />
Advents- oder Weihnachtskonzerte<br />
geeignet. In unserem Nachbarland<br />
Deutschland zählt Alfred Hans Zollers<br />
Lied ‚Stern über Bethlehem’ zu den<br />
beliebtesten Weihnachts- und Sternsinger-Liedern.<br />
Der Text lautet folgendermaßen:<br />
Stern über Bethlehem, zeig uns den<br />
Weg, führ uns zur Krippe hin, zeig, wo<br />
sie steht. Leuchte du uns voran, bis<br />
wird dort sind, Stern über Bethlehem,<br />
führ uns zum Kind.<br />
Stern über Bethlehem, bleibe nicht<br />
stehn. Du sollst den steilen Pfad vor<br />
uns hergehn. Führ uns zum Stall und zu<br />
Esel und Rind, Stern über Bethlehem<br />
führ uns zum Kind.<br />
Stern über Bethlehem, nun bleibst du<br />
stehn. Und läßt uns alle das Wunder<br />
hier sehn, das da geschehen, was niemand<br />
gedacht, Stern über Bethlehem,<br />
in dieser Nacht.<br />
Stern über Bethlehem, wir sind am<br />
Ziel, denn dieser arme Stall birgt doch<br />
so viel. Du hast uns hergeführt, wir<br />
danken dir. Stern über Bethlehem, wir<br />
bleiben hier.<br />
Stern über Bethlehem, kehrn wir<br />
zurück. Steht doch dein heller Schein<br />
in unsrem Blick, und was uns froh<br />
gemacht, teilen wir aus. Stern über<br />
Bethlehem, schein auch zuhaus.<br />
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