24.02.2016 Aufrufe

G\'sungen & G\'spielt 4/2015

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

MÅNNSBILD<br />

wie mir Hans am Modell demonstriert.<br />

Ganz ausgeklügelt fügen sich die einzelnen<br />

Holzteilchen ineinander. Ein Tüftler<br />

ist der Hans, das erkennt man allein<br />

an diesem Modell. Und man erkennt es<br />

an allem, was sonst in seiner Werkstatt<br />

steht, liegt oder hängt.<br />

Mittlerweile hat sich Wolfgang Schafferer<br />

dazugesellt und das Osttiroler Hackbrett<br />

aufgebaut, das er mitgebracht hat.<br />

Er sollte darauf zu Hause ein bisschen<br />

spielen, denn besser wird’s ja nicht,<br />

wenn es nur herumsteht. Eigentlich ist<br />

es für Hans‘ Enkelin gedacht, aber mit<br />

ihren knapp zwei Jahren wird es doch<br />

noch etwas dauern, bis die darauf spielen<br />

kann. Allein an der Einlegearbeit,<br />

die den Rand verziert, den kunstvoll<br />

geschnitzten dunklen Rosetten der vier<br />

Schalllöcher oder der Kleistermalerei<br />

am hölzernen Koffer merkt man: Hier<br />

war ein Könner am Werk! Dieser Könner<br />

ist – wie könnte es nach einem kurzen<br />

Blick in seine Werkstatt anders sein<br />

– Hans Knapp. Dabei hat er sich dieses<br />

Wissen und Können zum Hackbrettbau<br />

selbst angeeignet, und das, obwohl er<br />

selbst gar nicht Hackbrett spielt. Ein<br />

bisschen beigebracht hat ihm das Spielen<br />

der Wolfgang im Nachhinein dann<br />

aber schon, fügt er hinzu.<br />

Aus Not und Jux<br />

Wie kommt man dann aber quasi ohne<br />

Bezug zu diesem Instrument dazu, ein<br />

solches zu bauen? „Jå“, lacht Hans,<br />

„aus a Notsituation aussa und an Jux.“<br />

Mit „Notsituation“ bezieht er sich auf<br />

eine Anfrage seines Freundes Ludwig<br />

Knapp, ob Hans kein Osttiroler Hackbrett<br />

für seine Tochter Franziska wisse,<br />

die damals, vor etwa 15 Jahren, gerne<br />

eine Tanzlmusig damit begleitet hätte.<br />

Peter Brugger, der Altmeister des Osttiroler<br />

Hackbrettbaus, war damals schon<br />

verstorben. Woher also nehmen? Wäre<br />

diese Frage nicht in geselliger Runde<br />

auf einer Geburtstagsfeier gestellt worden,<br />

Hans hätte wohl nie damit begonnen,<br />

selbst ein Hackbrett zu bauen. „Die<br />

Schnapsln håbn irgendwenn g’wirkt.<br />

A bissl weart man goschat, und nåch<br />

a Weil hun i g’såg: ‚Wås sumst’s umadum,<br />

a selles bau i enk!‘“ Das war also<br />

der „Jux“, der schließlich zum Bau eines<br />

ersten Hackbretts führen sollte. Auf ein<br />

gutes Stück Haselfichte vom Gallzeiner<br />

Sägewerk war er ja schon vorher aufmerksam<br />

geworden, das er vorsichtshalber<br />

erworben hatte, um vielleicht einmal<br />

eine Harfe daraus zu bauen. Nun sollten<br />

daraus also der Boden und die Decke<br />

des zu bauenden Hackbretts entstehen.<br />

Gut, dass der gebürtige Osttiroler Flor<br />

Pedarnig, ein versierter Musikant und<br />

leidenschaftlicher Hackbrettspieler, am<br />

Kolsassberg wohnte und Hans sich dort<br />

ein uraltes Hackbrett zur Vorlage nehmen<br />

konnte. Eine Herausforderung waren<br />

die nicht aus Holz gefertigten Teile<br />

wie Saiten oder Wirbel, aber auch die<br />

Heber, die ja essentiell bei einem Tonartwechsel<br />

sind. Hans wäre kein Tüftler,<br />

hätte er nicht auch diese Probleme gemeistert.<br />

Für Wirbel und Saiten wurde<br />

er bei einem Klavierbauer fündig, und<br />

dass die Saiten an langen Stahlnägeln<br />

befestigt werden mussten, das sagte ihm<br />

der Hausverstand. Und schließlich hatte<br />

er in der Zwischenzeit auch andere<br />

Hackbretter in seine Werkstatt hereinbekommen,<br />

um sie zu reparieren. Den ein<br />

oder anderen Fehler, der zur Reparatur<br />

der diversen Hackbretter geführt hatte,<br />

wollte er also tunlichst vermeiden. Außerdem<br />

hatte er ja auch im Volkskunstmuseum<br />

in Innsbruck bereits mit alten<br />

Instrumenten zu tun gehabt. Wie das? Er<br />

verrät mir, dass er dort 22 Jahre lang als<br />

Schnitzer und Depotverwalter angestellt<br />

war, später dann auch als Restaurator.<br />

Nun verstehe ich langsam, woher diese<br />

Kunstfertigkeit, diese Geschicklichkeit,<br />

diese Liebe zum Detail und vor allem<br />

diese Ordnung rührt. Wer einmal über<br />

40.000 Gegenstände zu verwalten hatte,<br />

für den ist Ordnung quasi das täglich<br />

Brot.<br />

Das Modell Knapp<br />

„Und dieses Hackbrett hier ist also das<br />

Ergebnis?“, komme ich wieder auf das<br />

vor uns stehende Instrument zu sprechen.<br />

Er verneint. Nein, nein, das ist sein letztes,<br />

sein wirklich letztes. Da sind mittlerweile<br />

schon ein paar Raffinessen dazugekommen.<br />

Neben Haselfichte wurde<br />

hier Birnbaum-, Ahorn- und Nussholz<br />

verarbeitet, auch Esche und Eiche. Und:<br />

auch der Tisch, auf dem das Hackbrett<br />

steht, der Koffer und die gedrechselten<br />

Schläger sind selbstverständlich<br />

Eigenproduktion. Der hölzerne Koffer<br />

schützt die empfindlichen Heber beim<br />

Transport viel besser. Auch sie sind ein<br />

Knapp’sches Patent: sie können in der<br />

Höhe, aber auch in jede andere Richtung<br />

verstellt werden, denn die Heber<br />

so einzustellen, dass dann auch die Töne<br />

links und rechts vom Steg stimmen, das<br />

ist eine Wissenschaft. Der Tisch, den<br />

hat ihm Flor Pedarnig eingeredet. Der<br />

Klang soll sich dadurch besser entfalten<br />

können. Dafür ist das Knapp-Hackbrett<br />

etwas kleiner als das ursprüngliche Osttiroler<br />

Hackbrett. Schließlich soll man<br />

es ja auch noch gut transportieren können,<br />

das viele Holz. So ist also nicht<br />

nur das Instrument selbst, sondern das<br />

„Gesamtpaket“, wie Hans es nennt, eine<br />

Besonderheit. An die hundert Stunden<br />

hat der Künstler dabei jedes Mal in ein<br />

solches Instrument gesteckt. Ich staune<br />

und höre nicht auf zu staunen.<br />

Musik, Malerei …<br />

Man möchte meinen, Hans‘ Freizeit<br />

wäre damit reichlich ausgefüllt. Aber<br />

dann beginnt er erst von seinen anderen<br />

Hobbys zu erzählen, denen er teilweise<br />

auch schon während seiner Tätigkeit<br />

im Museum nachging: 30 Jahre lang<br />

spielte er Maultrommel bei den Weer-<br />

G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2015</strong> 49

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!