G\'sungen & G\'spielt 4/2015
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MÅNNSBILD<br />
wie mir Hans am Modell demonstriert.<br />
Ganz ausgeklügelt fügen sich die einzelnen<br />
Holzteilchen ineinander. Ein Tüftler<br />
ist der Hans, das erkennt man allein<br />
an diesem Modell. Und man erkennt es<br />
an allem, was sonst in seiner Werkstatt<br />
steht, liegt oder hängt.<br />
Mittlerweile hat sich Wolfgang Schafferer<br />
dazugesellt und das Osttiroler Hackbrett<br />
aufgebaut, das er mitgebracht hat.<br />
Er sollte darauf zu Hause ein bisschen<br />
spielen, denn besser wird’s ja nicht,<br />
wenn es nur herumsteht. Eigentlich ist<br />
es für Hans‘ Enkelin gedacht, aber mit<br />
ihren knapp zwei Jahren wird es doch<br />
noch etwas dauern, bis die darauf spielen<br />
kann. Allein an der Einlegearbeit,<br />
die den Rand verziert, den kunstvoll<br />
geschnitzten dunklen Rosetten der vier<br />
Schalllöcher oder der Kleistermalerei<br />
am hölzernen Koffer merkt man: Hier<br />
war ein Könner am Werk! Dieser Könner<br />
ist – wie könnte es nach einem kurzen<br />
Blick in seine Werkstatt anders sein<br />
– Hans Knapp. Dabei hat er sich dieses<br />
Wissen und Können zum Hackbrettbau<br />
selbst angeeignet, und das, obwohl er<br />
selbst gar nicht Hackbrett spielt. Ein<br />
bisschen beigebracht hat ihm das Spielen<br />
der Wolfgang im Nachhinein dann<br />
aber schon, fügt er hinzu.<br />
Aus Not und Jux<br />
Wie kommt man dann aber quasi ohne<br />
Bezug zu diesem Instrument dazu, ein<br />
solches zu bauen? „Jå“, lacht Hans,<br />
„aus a Notsituation aussa und an Jux.“<br />
Mit „Notsituation“ bezieht er sich auf<br />
eine Anfrage seines Freundes Ludwig<br />
Knapp, ob Hans kein Osttiroler Hackbrett<br />
für seine Tochter Franziska wisse,<br />
die damals, vor etwa 15 Jahren, gerne<br />
eine Tanzlmusig damit begleitet hätte.<br />
Peter Brugger, der Altmeister des Osttiroler<br />
Hackbrettbaus, war damals schon<br />
verstorben. Woher also nehmen? Wäre<br />
diese Frage nicht in geselliger Runde<br />
auf einer Geburtstagsfeier gestellt worden,<br />
Hans hätte wohl nie damit begonnen,<br />
selbst ein Hackbrett zu bauen. „Die<br />
Schnapsln håbn irgendwenn g’wirkt.<br />
A bissl weart man goschat, und nåch<br />
a Weil hun i g’såg: ‚Wås sumst’s umadum,<br />
a selles bau i enk!‘“ Das war also<br />
der „Jux“, der schließlich zum Bau eines<br />
ersten Hackbretts führen sollte. Auf ein<br />
gutes Stück Haselfichte vom Gallzeiner<br />
Sägewerk war er ja schon vorher aufmerksam<br />
geworden, das er vorsichtshalber<br />
erworben hatte, um vielleicht einmal<br />
eine Harfe daraus zu bauen. Nun sollten<br />
daraus also der Boden und die Decke<br />
des zu bauenden Hackbretts entstehen.<br />
Gut, dass der gebürtige Osttiroler Flor<br />
Pedarnig, ein versierter Musikant und<br />
leidenschaftlicher Hackbrettspieler, am<br />
Kolsassberg wohnte und Hans sich dort<br />
ein uraltes Hackbrett zur Vorlage nehmen<br />
konnte. Eine Herausforderung waren<br />
die nicht aus Holz gefertigten Teile<br />
wie Saiten oder Wirbel, aber auch die<br />
Heber, die ja essentiell bei einem Tonartwechsel<br />
sind. Hans wäre kein Tüftler,<br />
hätte er nicht auch diese Probleme gemeistert.<br />
Für Wirbel und Saiten wurde<br />
er bei einem Klavierbauer fündig, und<br />
dass die Saiten an langen Stahlnägeln<br />
befestigt werden mussten, das sagte ihm<br />
der Hausverstand. Und schließlich hatte<br />
er in der Zwischenzeit auch andere<br />
Hackbretter in seine Werkstatt hereinbekommen,<br />
um sie zu reparieren. Den ein<br />
oder anderen Fehler, der zur Reparatur<br />
der diversen Hackbretter geführt hatte,<br />
wollte er also tunlichst vermeiden. Außerdem<br />
hatte er ja auch im Volkskunstmuseum<br />
in Innsbruck bereits mit alten<br />
Instrumenten zu tun gehabt. Wie das? Er<br />
verrät mir, dass er dort 22 Jahre lang als<br />
Schnitzer und Depotverwalter angestellt<br />
war, später dann auch als Restaurator.<br />
Nun verstehe ich langsam, woher diese<br />
Kunstfertigkeit, diese Geschicklichkeit,<br />
diese Liebe zum Detail und vor allem<br />
diese Ordnung rührt. Wer einmal über<br />
40.000 Gegenstände zu verwalten hatte,<br />
für den ist Ordnung quasi das täglich<br />
Brot.<br />
Das Modell Knapp<br />
„Und dieses Hackbrett hier ist also das<br />
Ergebnis?“, komme ich wieder auf das<br />
vor uns stehende Instrument zu sprechen.<br />
Er verneint. Nein, nein, das ist sein letztes,<br />
sein wirklich letztes. Da sind mittlerweile<br />
schon ein paar Raffinessen dazugekommen.<br />
Neben Haselfichte wurde<br />
hier Birnbaum-, Ahorn- und Nussholz<br />
verarbeitet, auch Esche und Eiche. Und:<br />
auch der Tisch, auf dem das Hackbrett<br />
steht, der Koffer und die gedrechselten<br />
Schläger sind selbstverständlich<br />
Eigenproduktion. Der hölzerne Koffer<br />
schützt die empfindlichen Heber beim<br />
Transport viel besser. Auch sie sind ein<br />
Knapp’sches Patent: sie können in der<br />
Höhe, aber auch in jede andere Richtung<br />
verstellt werden, denn die Heber<br />
so einzustellen, dass dann auch die Töne<br />
links und rechts vom Steg stimmen, das<br />
ist eine Wissenschaft. Der Tisch, den<br />
hat ihm Flor Pedarnig eingeredet. Der<br />
Klang soll sich dadurch besser entfalten<br />
können. Dafür ist das Knapp-Hackbrett<br />
etwas kleiner als das ursprüngliche Osttiroler<br />
Hackbrett. Schließlich soll man<br />
es ja auch noch gut transportieren können,<br />
das viele Holz. So ist also nicht<br />
nur das Instrument selbst, sondern das<br />
„Gesamtpaket“, wie Hans es nennt, eine<br />
Besonderheit. An die hundert Stunden<br />
hat der Künstler dabei jedes Mal in ein<br />
solches Instrument gesteckt. Ich staune<br />
und höre nicht auf zu staunen.<br />
Musik, Malerei …<br />
Man möchte meinen, Hans‘ Freizeit<br />
wäre damit reichlich ausgefüllt. Aber<br />
dann beginnt er erst von seinen anderen<br />
Hobbys zu erzählen, denen er teilweise<br />
auch schon während seiner Tätigkeit<br />
im Museum nachging: 30 Jahre lang<br />
spielte er Maultrommel bei den Weer-<br />
G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2015</strong> 49