G\'sungen & G\'spielt 4/2015
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RÜCKSICHT<br />
ADVENT- UND WEIHNACHTS-<br />
BRAUCHTUM IM TIROLER<br />
ADVENTSINGEN<br />
Das Brauchtum aus den verschiedensten Landesteilen ist<br />
integrativer Bestandteil des Tiroler Adventsingens.<br />
Text: Walter Pichler | Foto: Heinz Fechner<br />
Das Frauentragen, bei dem dieses Bild von Haus zu Haus getragen wird, ist bis heute<br />
lebendige Tradition in der Wildschönau.<br />
sowie die in das Dunkel der Vergessenheit<br />
versinkenden Formen und Inhalte<br />
in die Weihnachtsgeschichte aufzunehmen.<br />
Trotz der zum Teil grellen und lauten<br />
Formen, oder vielleicht sogar wegen<br />
dieser haben wir im Tiroler Adventsingen<br />
versucht, die viel stillere Kehrseite,<br />
die wesentlicherer Inhalt der Zeit vor<br />
der Wintersonnenwende war, erkennen<br />
zu lassen.<br />
„Sehnsucht nach dem Licht“<br />
Dazu zitiere ich aus dem Buch von<br />
Prof. Dr. Hermann Holzmann, dem unermüdlichen<br />
Sammler von mündlichem<br />
Volksgut, Erzählungen und Sagen, dem<br />
einfühlsamen Schilderer des Tiroler<br />
Volkslebens aus „Weihnacht am Tiroler<br />
Bergbauernhof“. Seine Zeugnisse sind<br />
echte Kleinode, in letzter Minute geborgen<br />
und so dem Vergessenwerden entrissen,<br />
wenn sich jemand findet, der sie<br />
weiterträgt:<br />
Durch das Tiroler Adventsingen versucht<br />
der Tiroler Volksmusikverein seit<br />
beinahe 50 Jahren, die Vorweihnachtszeit<br />
und die Vorfreude auf das Weihnachtsfest<br />
in Liedern und Instrumentalmusik<br />
in der ganz eigenständigen Art<br />
der alpenländischen, tirolischen Weise<br />
erleben zu lassen. Die musikalische Tradition<br />
und ihre heutigen Interpretationsformen<br />
durch Musizierende und Singende<br />
aus dem ganzen Land Tirol erklingen<br />
zu lassen, sind erster und unverwechselbarer<br />
Inhalt des Tiroler Adventsingens.<br />
Brauchtum im Wandel<br />
Eng verbunden mit der Musik zu dieser<br />
Zeit ist auch das tirolische Brauchtum<br />
zur Weihnachtszeit. So wie vieles andere<br />
auch hat das vorweihnachtliche und<br />
weihnachtliche Geschehen und Fühlen<br />
in den letzten Jahrzehnten einen radikalen<br />
Wandel erfahren. Brauchtum hat<br />
sich in neuen Erscheinungsformen erhalten<br />
oder ist schlichtweg in Vergessenheit<br />
geraten. Denken wir nur an die<br />
traditionellen Weihnachtsspeisen, so haben<br />
die oft ihre Einmaligkeit durch die<br />
ganzjährige Verfügbarkeit oder durch<br />
einen neuen „Zeitgeschmack“ verloren.<br />
Die sprichwörtlichen Rosinen aus<br />
dem Kuchen sind kaum mehr attraktiv.<br />
Andererseits erleben wir aber ein neues<br />
Wertschätzen der regionalen traditionellen<br />
Speisen, die sogar Eingang in die<br />
gehobene Wirtshauskultur finden. Auch<br />
das Brauchtum, angefangen vom Adventkranz<br />
bis zum Dreikönigssingen, ist<br />
diesen neuen Zeiten unterworfen, erlebt<br />
in neuen Formen ungeahnte Attraktivität<br />
oder verschwindet auch ganz aus dem<br />
Erinnern und Pflegen.<br />
Musik und Brauchtum<br />
Im Tiroler Adventsingen versuchte der<br />
Tiroler Volksmusikverein die musikalische<br />
Komponente lebendig zu halten<br />
und eine Bestandsaufnahme des alten,<br />
noch erhaltenen Brauchtums zu machen<br />
„Weihnacht war ein Fest der Stille und<br />
der Dunkelheit. In der Einsamkeit und<br />
Abgeschiedenheit der Höfe haben die<br />
Geheimnisse dieses Festes das Gemüt<br />
der Bergmenschen besonders stark beeindruckt.<br />
Aus diesem Zwang des Dunkels<br />
heraus erwuchs die Sehnsucht nach<br />
dem Licht. Was ahnen die Menschen<br />
der Gegenwart, wie dunkel das Land<br />
einst sein konnte. Das Brauchtum hat<br />
die Einsamkeit der Berghöfe beherrscht<br />
und überschattet. Heidentum und Christentum<br />
haben darin ihren Niederschlag<br />
gefunden, manchmal in wunderlicher<br />
und wundersamer Vermischung. Diese<br />
hintergründige Welt erweckt das Staunen<br />
des Menschen von heute.“<br />
Um diese Sehnsucht und dieses Staunen<br />
bemühen wir uns auch im Tiroler Adventsingen<br />
<strong>2015</strong>. Gemäß der Prophezeiung<br />
„Es wird ein Stern aufgehen“ führen<br />
die Könige, die Magier und vor allem<br />
die Musik zum Kind, zum Licht.<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2015</strong>