G\'sungen & G\'spielt 4/2015
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INT´RESSANTERWEIS<br />
Bethlehem mit der Präsenz der Hirten.<br />
Gerade in den letzten Jahrzehnten hat<br />
das ‚Anklöpfeln‘ im beschriebenen geographischen<br />
Rahmen wieder einen starken<br />
Aufschwung erlebt. Immer mehr<br />
Gruppen, die sich vornehmlich aus<br />
Chören, aber auch aus anderen Gemeinschaften<br />
zusammenfinden, pflegen diese<br />
Tradition, wobei sich durchaus auch<br />
weitere Entwicklungen abzeichnen, wie<br />
beispielsweise die Erweiterung der einzelnen<br />
Lieder zu kleinen Hirtenspielen.<br />
Die drohende Kommerzialisierung des<br />
Brauches, etwa im Rahmen des Tourismus,<br />
hält sich noch in sehr engen Grenzen<br />
– nicht zuletzt aufgrund der Tatsache,<br />
dass das ‚Anklöpfeln‘ in eine ‚stille<br />
Zeit‘ vor dem Beginn der weihnachtlichen<br />
Hochsaison fällt.<br />
Der Brauch als Identitätsstifter<br />
Der alte Brauch entspringt der immer<br />
noch stark religiös geprägten Alltagskultur<br />
der dörflichen Gemeinschaft<br />
und wirkt gleichzeitig identitätsstiftend<br />
auf einer überschaubaren Ebene<br />
des menschlichen Zusammenlebens. In<br />
diesem Sinne stellt das ‚Anklöpfeln‘<br />
ein wesentliches Element des überkommenen,<br />
aber nicht erstarrten kulturellen<br />
Erbes dar, weshalb die Eintragung dieses<br />
Brauches in die nationale Liste des<br />
immateriellen Kulturerbes der UNES-<br />
CO nach Meinung des Unterzeichneten<br />
höchst angebracht ist – als eine Anerkennung<br />
für die Menschen, die diese<br />
Tradition heute pflegen, und zugleich<br />
auch als eine Ermutigung für sie und die<br />
nächsten Generationen, dies weiterhin<br />
zu tun.“<br />
Das Immaterielle Kulturerbe<br />
Zum Immateriellen Kulturerbe zählen Praktiken, Darstellungen, Ausdrucksformen,<br />
Wissen und Fertigkeiten, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls<br />
Einzelpersonen als Bestandteil ihres Kulturerbes verstehen. Konkret<br />
umfasst das immaterielle Kulturerbe mündlich überlieferte Traditionen und<br />
Ausdrucksformen, darstellende Künste, das Wissen und die Praktiken in<br />
Bezug auf die Natur und das Universum, gesellschaftliche Praktiken, Rituale<br />
und Feste sowie traditionelle Handwerkstechniken.<br />
Derzeit befinden sich 86 Traditionen in dem österreichischen Verzeichnis<br />
und erstmals zwei österreichische Traditionen auf der internationalen „Repräsentativen<br />
Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit“.<br />
Aus Tirol stammen u. a.:<br />
• Bergfeuer Ehrwald<br />
• Blochziehen in Fiss<br />
• Fasnacht Imst - Schemenlaufen<br />
• Fasnacht Nassereith - Schellerlaufen<br />
• Gauderfest in Zell am Ziller<br />
• Heiliggrab-Bruderschaft Pfunds<br />
• Mullen und Matschgern in den MARTHA-Dörfern<br />
• Ötztaler Mundart<br />
• Passionsspiele Erl<br />
• Reither Nikolausspiel<br />
• Sakramentsgarden in Tirol<br />
• Sternsingen im Villgratental (Außervillgraten und Innervillgraten)<br />
• Telfer Schleicherlaufen<br />
• Transhumanz – Schafwandertriebe in den Ötztaler Alpen<br />
• Wissen um die Haselfichte als Klangholz<br />
• Anklöpfeln im Tiroler Unterland<br />
Sogar bis nach New York hat es 1995 die<br />
Wildschönauer Anklöpfler verschlagen!<br />
G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2015</strong> 13